731 Art. 69 der schwier Verfassung die Genehmigung der Kreisgemeinden erlangt haben wird.

Bern, den 4. Juli 1867.

Ramens der Minderheit dex ständeräthlichen Rekurskommission (Blanta und Borel) :

Eugen Borel.

#ST#

II. Bericht der natinonalräthlichen

Kommission.

(Vom 17. Juli 1867.)

Tit.!

Als faktische Grundlage dieses Rekurses erscheint ein Beschluss des Kautonsrathes von Schwyz vom 29. Dezember 1865, betreffend die Subventionirung des Projektes der Erstellung eiuer Eisenbahn über den Gotthard.

bekanntlich kam in Folge bezüglicher Unterhandlungen vom August 1 863 unter dreizehn Kantonen , in Verbindung mit den Direktionen der Nord-Ost-Bahn und Zentralbahn , zu Luzern eine Vereinigung zu Staude, welche sich die Austrebuug einer über den St. Gotthard si.hrenden Eisenbahn zur .Aufgabe setzte Als Organ sur die Betätigung dieses Zweckes wurde eine ständige Kommission ausgestellt, welche unterm 21. August 1865, iu Konstruirung einer Skala zur Repartition von 20 Millionen Subsidieu auf die beteiligtet Kautone uud Eisenbahugesellsehasten , dem Kanton Schwyz eine Beitragssumme vou 1 ,250,000 Fr. zumuthete. Ausdrücklich wurde

beigesügt, dass die ausgestellte Skala eiue unmagssebliehe und die all-

fälligen Beitragssummen dem freien Ermessen der betreffenden Kantine und Gesellschaften anheimgegeben seien.

Unterm 29. Dezember 1865 beschloss der Kantousrath von Schwyz,

mit Rückficht auf die Verhältniffe des Kantons uud dessen Stellung zum

732 Unternehmen einer Gotthardbahn, sich mit einer Subvention von einer

Million Franken zu betheiligen. Von dieser Million hatte der ..Bezirk Schw.^ zum Vorauf erklart, eine Portion von Fr. 450,00l) unter gewissen Bedingungen aus seine Rechnung übernehmen zu wollen, während

Fr. 50,000 dem löbl. Stiste Einsiedeln zugedacht waren. ^u Lasten des Kantons Schw^ selbst sollten somit noch Fr. 500,000 verbleiben.

Gegen den genannten Beschluss des Kantonsrathes hat die Gemeinde .Lachen, an der Spi^e von neun andern Gemeinden nebst der Bezirks^ gemeinde von Einfädeln, mittels B..schu.erdeschrift vom 18,^25. Febrnar 1866 an den Bundesrath Rekurs ergriffen , in der Meinung , dass der Kantonsrath durch sein Vorgehen die Verfassung verleg habe, in^ dem er nach Massgabe der ^ 43 bis 72 der Kantonsverfassung nicht in kompetenter Stellung gehandelt, da er unterlassen habe, seinen Beschiuss nach Vorschrift der ^ 6.), 15l und 152 den Kreisgemeinden zur Genehmigung vorznlegen.

Die Rernrrenten stellten demgemäss das Gesuch uni Aushebung des rekurrirten Beschlusses.

J.. ihrer Vernehmiassung vom 31. März 1866 snehte die Regierung von Schw..z mit Rücksicht ans Versassung, Gese^gebung und Praxis ihre Kompetenz zu begründen und namentlich nachzuweisen, dass es sieh im gegebenen Falle nicht um einen Staatsvertrag im Sinne des ^ 69 der Versassnng handle , welcher den Kreisgemeinden zu... Genehmigung hätte vorgelegt werden mnssen.

Dieser Anschauung trat sodann auch der Bundesrath bei , als er unterm 13. April 1.^66 die Beschwerde der reknrrirenden Geu.einden als unbegründet von der .^and ^ies.

^ Hiemit aber nicht zufrieden , zogen die eingangs genannten Gemeinden mittels Eingabe von. 25. Juni 1866 ihren Relnrs an die sehweizerische Bundesversammlung.

Der schweiz. Ständerath, welchen in diesen. Geschäfte die Priorität zukam, hat dasselbe bereits unterm 4. J..li abhin behandelt. ^..ine Rekurskommission schied sich in eine Mehrheit und eine Minderheit , welche lettere den Anschauungen der Rekurrenten beitrat, ^vähr.^nd der Ständerath nach dem Antrage der Mehrheit seiner Kommission den Beschluss des Bundesrathes anfreeht erhielt.

Die Kommission des Nationalrathes, welche mit der .^..gutachl.n..g dieses Rekurses betraut wnrde, ist, trol^ der grossen Verschiedenheit ihrer Mitglieder nach geographischer H^rknnst , in ihren Anträgen durchaus

einig, indem sie Jlmen vorschlägt, dem ständeräthlichen Beschlösse bei-

zutreten, resp. den Reknrs der G.m^.inde Lachen und Konsorten zu verwerfen.

Die Gründe, welche die Kommission geleitet haben, sind wesentlich dieselben, durch welche auch der Beschluss ^des Bundesrathes vom

^

733 13. April getragen wird. Es bedarf daher auch keiner besondern Rechtserti^ung, wenn dieselben nur in Kürze hier angedeutet werden.

Rach ^ 3 der Kantonsversassung von Sch.v.^ kann es allerdings einem Zweifel nieht unterliegen , das.. die Souveränität grnndsä^lich im Volke beruht, dieselbe wird aber im Verlaufe der weitern VersassungsBestimmungen zu Gunsten des Kantonsrathes so mannigfach beschränkt, dass derselbe als der oberste Präger der gesammten Verwaltung nach all' ihren Richtungen erscheint. .Namentlich offnet ihm der ^ 64 das weiteste ^eld seiner Wirksamkeit . er bewilligt die Steuererhebung sür ^.ecknng der Staatsbedürfnisse , er entscheidet über die Ausnahme von Anleihen sür den Staat, er ordnet gemäss hu. .^ desselben .Artikels unter Anderm auch das Strassenweseu u. s. w.

Wenn nun aneh mit Rücksicht aus die Entstehungszeit der Verfassung im Jahre 1848 ^..gegeben werden kann, dass damals im Kanton Sehw.^ die Erstellung von Eisenbahnen noch nicht vorgesehen wurde, so musste gleiehwol dieser ^weig staatlicher Fürsorge . sobald er einmal in den Kreis der Wirklichkeit eintrat, durch Jnterpretation in den Rahmen der Verfassung eingesehoben werden. Es lag in der Ratnr der Sache, das Eisenbahnwesen in Ermanglung einer speziellen Vorschrift , als dem Strassenwesen analog zu behandeln und daher den ^ 64, htt. ^, ebenfalls aus dasselbe anzuwenden.

Es kann deshalb einem ^weisel gar nicht unterliegen , dass der Kantonsrath befugt sei, das Eisenbahnwesen zu ordueu, so gut als die Ordnung des ^trassenwesens in seiner Kompetenz liegt.

Eine andere ^rage ist es aber . wenn die Rekurrenten behaupten, der ^eschluss des Kantousrathes hätte nach Massgabe der ^ 6.) und 152 den Kreisgemeindeu ^ur Genehu..igung oder Verwerfung vorgelegt werden sollen, iu^em derselbe als ein gichtiger Vertrag mit. andern Kantonen, als ein .^taatsvertrag, ^u betrachten sei.

Angesichts der Summe , die der Kanton Schw.^ beitragen soll, und der materiellen Hilfsquellen, die ihm zu Gebote stehen, wird nicht ^u widersprechen sein , dass es sich .hier um eiu Geschäft haudle , das den ,,wichtigern^ beigezählt werden muss. Uebrigens abgesehen hievon, konnte Jhre Kommission sich nicht überzeugen , dass dermalen schon ein fertiger Vertrag vorliege, der unter die ...^eftimmuu^ des ^ 69 fiele und demnach den Kreisgemeinden ^ur Geuehmigung
vorzulegen wäre. Vielmehr ist zur Stunde bloss eine einseitige Willenserklärung von Seite des Kantons Sehw^ vorhanden , zum Zwecke eiuer Gotthardbahn eine Million , respektive eine halbe Milliou Frauken , beitragen zu wollen.

Dieses einseitige Versprechen ist noch von Niemanden aeeeptirt und daher ein Mitkontrahent nicht gegeben, durch dessen Eonsens der Vertrag perfekt würde. ^...er leitende Ansschuss der Gotthardsvereinignng , in

seinem Erlasse vom 21. August 1865, bessert das Beitragsverhältniss

734 de.^ Cantons Schw^z mit 1 ^ Million Franken , und erkort zugleich

ausdrücklich, dass die aufgestellte Skala selbstverständlich als eine durchaus unmassgebliche zu betrachten sei. Anstatt 1,250,000 Fr. stellt sodann der Kantonsrath nur eine Million in Aussicht. .darüber hat das Organ der Gotthardv^reinigung noeh gar keine Erklärung abgegeben^ und es kann daher die Ansicht nicht zutressen, dass Sehw^z gegenüber den andern beim Gotthard interessirten Kantonen und Gesellschaften durch Vertrag zur Leistung der fraglichen Subsidie bereits gebunden sei. So lange aber ein Vertrag nicht zum .^lbschlusse gelangt ist, kann es für den Kantonsrath von Schw^z auch keine Verpflichtung geben, ein dies-

fälliges vorgebliches Verkomm^ den Kreisgemeinden zur Genehmigung vorzulegen.

Da ein Vertrag überhaupt nicht ex^stirt, fo halt Jhre kommission es auch nicht an der Zeit, weiter zu untersuchen, ob ein allsälliger Vertrag zwischen Kantonen und Eisenbahngesellschasten über materielle Unterstützung von Eisenbahnen als eigentlicher Staatsvertrag zu .^ualifiziren und demnach nach Vorschrift der ^ 69 und 152 zu behandeln wäre.

Jndem die Kommission den vorliegenden Rekurs zur Zeit für unbegründet hält, stellt sie den Antrag ans Abweisung der Rekurrenten,

respektive aus Zustimmung zum diessälligen Beschlusse des Ständerathes.

Bern, den .^17. Juli 1867.

Der Berichterstatter : .^i^eeuz Bischer.

...^l.... Obiger .Rekurs wurde abgewiesen ^Standerath 4. .^uli, .^a^naI..

rath 17. .^uI..). ^.-- ..^ergI. den in gleicher Tendenz gehaltenen Bericht des franz^s.

Beri.hterstatters, .^rn. Crett^n, in der franz. Ausgabe (Veuille tedé^le).

^.n.niss^n de^ ^ati^nalrathe^.

Herren : ^. Fischer, in ^uzern.

.^r. ^lnderwert, in Frauenfeld.

Fr. Bürli, in Baden.

Ph. ^amperio, in ^enf.

^. A. Bretton, in Martign.^-Bourg.

735

Kommissionalberichte betreffend

Abänderung de.^ geseze..... uber da.^ eidgenosstsche Bunde.....strafrecht.

... ..bricht ^r Me.^it .^ ^n^r^lich^n .^nUni^n.

(Vom 5. Juli 1867.)

Unterm 21. Juli 1865 hat der Ständerath, auf Antrag des Hrn.

Häberlin, beschlossen: ,,Der Bundesrath ist eingeladen, zu prüfen, ob, und bejahendenfalls, in welcher Weise eine Revision der einsehlägigen Bestimmungen des Bundesgese^es über das Buudesstrafrecht der schweizerischen Eidge-

nosseuschast vom 4. ^ebruar 1853 (Art. 45-52 und 76) hinsichtlich

der Beurtheilung jener Vergehen vorzunehmen sei , welche Ursache oder ^ol^e von Unruhen siud , durch welche eine bewaffnete eidgenössische Jntervention veranlasst worden ist.^ Jnfolge dieser Einladung unterbreitet der Bundesrath mit Botsehast vom 24. April 1867 den eidgenossisehen Räthen einen Entwurf ^ur Abänderung des Buudes^esezes über das Bundesftrasreeht, in dem ^inne , dass in Bezug ans die Beurtheilung der Verbrechen und Vergehen, welche krast Art. 104, Litt. d der Bundesverfassung unter die eidgenossisehe Gerichtsbarkeit sal.len , im Allgemeinen die Gese^gebung der Kantone der eidgenossischen Strasgese^gebung substituirt würde.

Der Art. 52 des fraglichen Bundesgese^es stellt die Regei ans: Weun eine der in den Artikeln 45 bis 50 bezeichneten Handlungen

736 gegen eine ^antonalverfassu^g ^der gea^en eine Behörde oder einen Beamten eines Kantons gerichtet wird, so finden die benannten Artikel analoge Anwendung , sofern die betreffenden Handlungen Ursache oder Folge von Unruhen sind , dnrch welche eine bewaffnete eidgenossische Jntervention veranlasst worden ist.

Als Ausnahme von dieser Regel schreiben die Artikel 9 und 76 vor, dass gemeine Verbrechen oder Vergehen, welche mit Rüksicht auf ihre .^onnex^ität mit einem politischen Verbrechen oder Vergehen an die Bnndesassisen gelangen, nach dem Strafrechte des Kantons, in welchem sie verübt worden sind, zu benrtheiien seien.

Diese Ausnahme rechtfertigt sich von selbst. Das Bnndesstrasgesez berüksichtigt nur die politischen Verbrechen oder die gegen BundesInstitutionen, von oder gegen Bundesbeamte, verübten Vergehen, spricht also keine Strafen ans gegen gemeine Verbrechen oder Vergehen . wesshalb die Bestimmung noth.oen...ig war, dass im Falle des Znsammentrefsens von gemeinen mit politischen Vergehen die ersten unter die kantonale Strasgesezgebnng fallen.

Es werden also, beim lezigen Stande unserer Gesezgebung, alle vor die Bnndesassisen gelangenden politischen Verbrechen, seien dieselben gegen die Eidgenossenschaft oder gegen die Kantone gerichtet, nach dent Bundesrechte, und die konnten gemeinen Verbrechen oder Vergehen nach dem Strasrecht der Kantone beurtheiit.

Allein die Anwendung des Bnndesstrasreehts ans Verbrechen oder Vergehen gegen kantonale Jnstitutionen oder Behörden kann in der Vrax^is ans ernstliche .Schwierigkeiten stosse.., indem das Bu.idesstrasgesez wesentlich nur die .^....dlnng^.n im .^lnge hat, welehe fi.h auf dem Gebiete des eidgenössischen ^taatslebens bewege, d^h..r gewisse A^te des kantonalen Lebens nicht vorsieht, .velche, obsehon wirkliche politische

Vergehen, ...o.h unter kein.. der in den Artikeln 45 bis 50 des Bundesstrasgesezes ausgestellten Kategorien sallen.

Dieser Uebelstand ist es , dem der Antrag des Hrn. H.ib^rlin seine Entstehung verdankt und dessen Beseitigung der Zwek des bnndesräthlichen Entwnrses ist.

Hiefür boten sich zwei Wege dar: entweder unterstellt man, wie es der Entwnrs thut, alle gegen kantonale Behörden oder Jnstitutionen begangenen politischen Verbrechen oder Vergehen der kantonalen Gesez-

gebung. oder man revidirt die Artikel 45 bis 50 des B^ndesstrafgesezes ^.nd erseht sie dureh speziellere, alle Fälle treffende Bestimmungen.

Der Bundesrath glaubte, den erstern dieser zwei W..g.. einschlagen zu sollen . in^em - wie gesagt - die ..Tragweite der von ihm vorge-

737 schlagenen Modifikationen am Bundesstrasgesez vom 4. Februar 1853 dahin geht, in Bezug aus die den Bundesassisen zukommende Aburtheilung der gegen kantonale Behorden oder Jnstitutionen verübten politischen Verbrechen oder Vergehen , dem Bundesstrafreeht die kantonale Strasgesezgebung ^u substituiren.

Die Mehrheit der kommission kann sich mit dieser Tendenz nicht befreunden , sondern beantragt , auf den vorliegenden Entwurf nicht einzutreten.

Vorerst fragen wir. ist der gerügte Uebelstand, der diesem Revisiouseutwurs zum Ausgangspunkt diente, wirklich so schwerwiegend, als man ihn darstellt.^ Sollte di^ Erfahrung, welche man mit der Genfer AnGelegenheit machte, ^u der .Annahme führen, es konne das Bnndesstrafgese^ mit seinen allgemeinen Bestimmungen und Definitionen nur sehr schwer a..s kantonale politische Verbrechen uud Vergehen angewendet werden .. Wir glauben nicht. Es liegt im Wesen der Geseze über Ver^ ponung von osfentlichen Unordnungen, gewaltthätigen Antastungen staatlicher Jnstitntionen, von Augriffen gegen Behorden, kurz von Allem, was ^u den eigentlichen politischen Verbrechen oder Vergehen gehort, - fich.

auf allgemeine Definitionen zu beschränken, welche, indem sie einerseits die strasbare Absicht und anderseits die Handlung selbst , durch welehe sich jene kundgab, in Ansehlag bringen, alle auf eiue ..^toruug ab^ielen^ deu unerlaubten Handlungen sicherer zu erreichen gestatten , als spegellere Bestimmungen oder Definitionen, welche es nicht erlauben würden , die ^älle ^u treffen , die von jenen Bestimmungen nicht vorgesehen oder ans welche die^ lederen nicht direkte anwendbar wären.

Bei den Genfer Ereignissen vom 22. August 1864 lag es weniger an der Schwierigkeit , die versolgteu Handlungen unter die eine oder andere der vom Bnndesstrafges.^e anfg^stellten .Kategorien zu subsumireu , als an der andern .....^h.oierigkeii. , die Handlungen zu desiniren und die strafbare Absieht zu ermitteln oder näher ^u bestimmen - : wenn der Brozess einen Ausgang nahm, aus den die osfentliche Meinung in der Schweiz nicht vorbereitet war.

Hat man nun aber volle Gewissheit , die ..^.ehwierigl^it dadurch heben zu konnen, dass man gegen diese kantoualen politischen Vergehen die kantonalen Gesezgebungeu anruft^ Trafen die ans diefe ^älle an^ wendbaren Bestimmungen uud Definitionen der kantonalen Gesezgebun-

gen nicht den nämlichen Eharakter des Vagen, Unbestimmten, Allgemeinen an sieh, wie die analogen Bestimmungen des Buudesstrafg^sezes ^ Seheu dieselben et.oa besser als legeres alle ^älle vor, die eintreten konnen^ Wir müssen diess bezweifeln, denn wie gesagt, lie.^t e- in der

738 Ratur dieses Theils der Gesezgebung, bei allgemeinen Ausdrüken stehen zu bleiben , soll dieselbe nicht sich in subtile Definitionen verlieren,

welche der Rechtspflege eher schädlich als sonderlich sind.

Wir glauben daher nicht , dass in dieser erstern Beziehung der bundesräthliche Entwurf irgend einen Vortheil darbiete. ......on einem andern Gesichtspunkte aus betrachtet, seheint uns derselbe aber sogar ernstliehe Uebelstände in sich zu bergen. Die natürliche Tendenz der Jeztzeit ist daraus gerichtet, durch Erzielung möglichster Gleu.hmässigkeit der verschiedenen Strasgesezgebungen der Kantone dahin zu gelangen, dass aus diesem Gebiete die Gleichheit aller Schweizer vor dem Geseze ^ux Thatsache werde, und dass dieselben nicht je nach den verschiedenen Kantonsgrenzen den schreiendsten Ungleichheiten in der Beurtheilung und Ahndung der nämlichen Vergehen ausgesezt seien. Diese Tendenz erklärt sich von selbst und bedarf keiner Rechtsertignng. Jhr verdanken wir es , dass einige Kantone gewisse barbarische Strafen beseitigten, aus die man mehr als einmal erst unter den. Druke der öffentlichen Meinung der Schweiz verziehten wollte.

Run hiesse es aber dieser Tendenz schnurstraks entgegentreten, wollte man den Grundsaz ausstellen , dass die Bundesassisen bei Beurtheilung eines kantonalen politischen Verbrechens oder Vergehens jeweilen die kantonale Gesezgebung anzuwenden haben . --- indem man hiedureh gerade die Ungleichheit sanetioniren würde, die man trachten sollte, immer mehr zu beseitigen. .^..on diesem Gesichtspunkte ans wäre

die Annahme des Entwurss in der Tl.at ein gewaltiger Rükschritt ans dem Wege der Entwikelung unserer Staatsinstitutionen.

Zudem würde dieses System, abgesehen von der verfassungswidrig gen Ungleichheit, welcher sich die an die Bundesassisen zu überweisenden .Bürger unterworsen sähen , in der Vrai.is die grössten Uebelstände sür die Juftizpflege im Gesolge haben , indem es den Richter nothigen würde, je nach dem Kantonsgebiete, auf dem er zu funktionieren hätte,

sowohl sür die Untersuchung als sür die anklage und Aburteilung 25 verschiedene Gesezgebnngen in Anwendung zu bringen.

Diese Uebelstände seheinen uns so greisbar , dass es n.eht nöthig sein dürfte, sie des Rähern darzulegen. Dieselben würden unseres Eraehtens auch keineswegs ausgewogen durch den Vortheil, den man sieh - von der Ersezung des Bundesrechtes durch das kantonale Recht .in Bezug aus eine leichtere und sicherere Anwendung der Definitionen der Vergehen und Strafzumessungen versprechen könnte. Sollte man übrigens das Bundesstrasgesez in Hinsieht aus die Qualifikation der unter dasselbe fallenden Verbrechen oder Vergehen als mangel- und lükenhast ansehen , so wäre nach dem Dasürhalten der Kommissionsmehrheit der Weg zu beschreiten, das Gesez einer abändernden und

739 ergänzenden Revision zu unterwerfen, nicht aber von dem gerechten und politischen Gruudsa^e abzugehen , dass die Bundesassisen alle ihrem Spruche unterstellten politischen Verbrechen und Vergehen nach Bundes^ recht abzuurtheilen haben.

Das Gesagte zusammenfassend , findet die .^ommissionsmehrheit, dass das vom ^Bundesrath vorgeschlagene System einen Rükschritt auf dem Wege zu einer einheitlichen Rechtsgestaltung und also zu einer Verbesserung unserer Strafgesezgebungen involviren und zu einer unstatthaften Ungleichheit in der Behandlung der an die Bundesassisen zu überweisenden Bürger führen würde. sowie endlich, dass es im Jnteresse einer gnten Justizpflege liegt, den Bundesämter nicht in den ^.all zu sezen, auf die nämlichen Vergehen 25 verschiedene Gesezgebnn^en anwenden zu müssen, - und stellt daher aus diesen Gründen Jhnen, ..^it. , den Antrag, aus den vom Bundesrath Jhnen unterbreiteten Gesetzentwurf nicht einzutreten.

B e r n , den 5. Juli 1867.

Ramens der Mehrheit der ständeräthlichen kommission, Der srauzosische Berichterstatter:

^eu .^orel.

^ote.

Die ständer.i.hllche SchIußnahme ist im folgenden Berichte erwähnt.

Mitglieder der ..^....m.nissi.^ Herren .

..^d. ^äberlin, Weinfelden.

^ug. Borel, ^euenburg.

Wilh. .^igiex, Solo^hurn.

.^. A. ^lémenz. .^lsp.

^. ^re^, in Arlesheim.

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II. Bericht der nationalräthlichen Kommission. (Vom 17. Juli 1867.)

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