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Botschaft des

Bundesrathes au die h. Bundesversammlung betreffend die internen Telegraphentaxen.

(Vom 2..). Mai 1867.)

Tit. l Wir beehren uns , der h. Bundesversammlung den mitsolgenden Entwurf eines Bundesbeschlusses betreffend Herabsezung der Taxe des Telegramms von zwanzig Worten im Jnnern der Schweiz von einem Franken aus 75 Centimen vorzulegen.

Folgende Beweggründe veranlassen uns zu diesem Entwurfe .

Bekanntlich wnrde die Taxe von einem Franken für die einfache Depesche von zwanzig Worten in der Schweiz mit dem Beginn unsers Telegraphenwesens im Jahre 1852 eingesührt und blieb seither unverändert , nur wurde die Taxprogression im Verhaltniss der Wortzahl abgeändert und ermässigt. Eben so bekannt ist, dass diese niedrige und einheitliche Taxe während einer Reihe von Jahren in Europa einzig ihrer Art war. denn in den andern Ländern waren die Telegraphentaxen viel hoher und steigerten sich mit den Entfernungen. Man weiss endlieh, dass in den legten Jahren alle Telegraphenverwaltungen verschiedene Ermässigungen einführten , in Folge welcher sich ihre internen Taxen der unsrigen mehr oder weniger näherten, und dass namentlich Belgien feit Ende 1865 einen Taris einsührte, welcher die Taxe der gewohnliehen ..Depesche von zwanzig Worten im Jnnern des Königreichs bloss auf 50 Eentimen festsezt.

211 Diefe Umstände hatten schon unsere Aufmerksamkeit auf sich gezogen, als die vom Ständerath unterm 26. Oktober 1865 erheblieh erklärte Motion uns in dem Vorhaben bestärkte , der h. Bundesversammlung einen hieraus bezüglichen Bericht und Antrag vorzulegen.

Jndessen wurden wir durch die lentes Jahr gleichzeitig eingetretenen politischen Ereignisse veranlagt , unsern Entwurf aus einen der Entwiklung sriedlicher Jnstitutionen günstigeren Zeitpunkt zu verschieben.

Belgien mit seiner doppelt so dichten Bevölkerung als diejenige der Schweiz , mit seinen kurzen Entfernungen , seinen zahlreichen Eisen^ bahnen , seinem so bedeutenden und allgemein verbreiteten Handel und seiner Jndustrie , ^ Belgien war ohne allen Zweifel weit besser ^estellt als wir, um einen Versuch mit der Telegraphenta^e von 50 Een^ timen zu machen. Bei ^eriugern Bau- und Unterhaltungskosten konnte es aus eine bedeuteudere Vermehrung des Verkehrs zählen.

Zudem ging e.^ hiebei von einem für das Bublikum weniger vortheilhaften Tarise aus als der nuserige ist, und der dafür gebotene Tarif enthielt ^ewisse Beschranknngeu , welche Unserer Ausicht nach in der Schweiz nicht

beliebt wären. Endlich ist die Bennzung des Telegraphen bei uns jezt

verhältnissmässig viel verbreiteter, weit populärer als sie es in Belgien ^ur ^eit der Zunahme der Tax^e von 50 Eentimen war.

Jn dieser lederen Beziehung führen wir folgende Zahlen an.

Jm

Jahr 1865 hatte Bellen bei einer Bevölkerung von 4,531,000 Einwohnern 320,000 interne Depeschen, die Schweiz mit 2,510,000 Einwohuern hatte 364,118 interne Depeschen, oder auf 1000 Einwohner kamen in Belgien 71 Depeschen, in der Schweiz 145. Jm Jahr 1866 nahm der interne Telegraphenverkehr in Belgien nach Einführung des ueuen Tarifs einen außerordentlichen Aussehwung, und die ^luzahl der Depeschen stieg auf 6.^2,536, während diejenige der Schweiz aus 383,158 stehen blieb, o.^er 153 aus 1000 Einwohner in der Schweiz gerade wie in Belgien.

Es war also vor Einsührnug der Tar^e von 50 Eeutimeu die Benu^ung des Telegraphen in Belgien nicht halb so star^ verbreitet als in der ..Schweiz , seit Einführung derselben war sie in beiden Ländern

gleich.

Was den belgischen Taris anbelangt, so hat er das Eigentümliche,

dass das nämliche Telegramm von 20 Worten mit 50 Eentimen , ^r. 1 und ^r. 2 tar^irt werdeu kann , je nachdem es als gewöhnliches , als spezielles oder als rekommandirtes ausgegeben wird.

Das gewohuliche Telegramm muss obligatorisch mittelst gestempelter formulare oder ^rankomarken srankirt werden , es wird gleich einem ^wohnlichen Briefe nicht eingeschrieben , kann bei der Ankuust weder durch Erpressen befordert , uoch nnttelst Eopieu an mehrere Adressen ge-

212 richtet , noch mit dem Zufaz ,,Antwort franko^ persehen , noch nachgesandt werden. Die progression der Ta^e von 50 Centimen über die ersten zwanzig Worte hinaus beträgt ebenfalls 50 Eentimen für zwan-

zig Worte.

Das Spezialtelegramm wird eingesehrieben und gestattet alle oben erwähnten besondern Verrichtungen. Die progression der Ta^.e von Fr. 1 für die ersten 20 Worte beträgt 50 Eentimen für je zehn Worte mehr.

Das rekommandirte Telegramm endlich geniesst der im internationalen Bariserpertrage porgesehenen Vortheile und überdies der .Priorität bei der Uebermittlnng gegenüber den gewöhnliehen und speziellen Tele^.

grammen. Die Ta^e von Fr. 2^sür die ersten zwanzig Worte vermehrt sich um Fr. 1 für je zehn Worte mehr.

Vergleicht man mit diesen Bestimmungen unsern internen Tarif pon Fr. 1 ^sür Abonnenten auf 80 Eentimen ermässigt) mit .progression pon nur 25 Eentimen für je zehn Worte mehr, so wird man einsehen,

daß der Unterschied in Wirklichkeit nicht so bedeutend ist.

.Zum Schluss dieser Vergleiehnng bemerken wir ferner, dass Ende 1865 bei Einsührung der Ta^.e von 50 Eentimen die Rechnungen der belgischen Telegraphenverwaltung seit dem Beginn der Telegraphie in Belgien nach Tilgung aller kosten mit einen. Reinertrag von mehr als Fr. 1,100,000 schlossen. Für unsere Verwaltung betrag der Reiner-

trag am 31. Dezember 1866 nur Fr. 216,000.

. Es befand sich somit das belgische Telegraphenwesen im Momente der Einführung der lezten Tax^ermässigung in jeder Beziehung in vor-

theilhafterer .Lage als das schweizerische.

Das Resultat des erstjährigen Betriebs mit der Tax^e von 50 Eentimen war verhältnissmässig günstig , weil es durch die ungeheure Vermehrung der Depeschen eine leichte Vermehrung der Einnahmen ausweist.

aber auf der andern Seite vermehrten sich die Ausgaben in starkem Verhältniss, so dass sie, alle Kosten inbegriffen, die Einnahmen um

^r. 255,000 überstiegen.

Diese interessanten Angaben, welche wir einem durch die belgische Verwaltung veröffentlichten offiziellen Berichte entnehmen , sind keineswegs geeignet , uns bei Betretung der Bahn der Ta^ermässiguug zu

entmuthigen , indem durch diese Erleichteruug des Verkehrs die Bedürf-

nisse des Handels , der Juduftrie und der Brivatinteressen in unserm .Lande zum grossten Vortheil Aller um so vollständiger befriedigt werden können.

Allein wir müssen mit einer gewissem Vorsicht zu Werke gehen, und

sind daher, stets die Ermässigung aus 50 Eentimen als Endzwek im Auge behaltend, der Ansicht, es sei nothwendig, diesem Ziele nur all-

213 mählig näher zu ruken und für einstweilen bei der ......a^e von 75 Eent.

stehen zu bleiben , woraus sich unser Antrag begeht.

Doch dürste dieser vorübergehende Versuch . wie wir annehmen, nicht von langer Dauer sein , so dass wir nach einjähriger Anwendung der vorgeschlagenen Ta^. den legten Sehritt thun und die Ta^e von 50 Centimen definitiv annehmen konuen. Jn dieser Hoffnung schließen wir die gegenwärtige Botschaft mit dem Antrage . es mochte die h.

Bundesversammlung eine Einladung ...n uns richten , aus die Herbstsizung 1868 einen neuen Berieht über diesen Gegenstand ^u erstatten.

Jn dieser Frage sind ^wei wesentliche Faktoren ^u berükstchtigen, nämlich die Finanzen und die Besorderungssähigkeit unseres Re^es.

Was diesen ledern Vunkt betrifft , so ist einleuchtend , daß wenn ^. B. die Zahl der zu befördernden Depeschen plo^lich verdoppelt wird, auf den durch diese Vermehrung hauptsächlich berührten Linien Anhäusungen und in ..^olge dessen Verspätungen entstehen müssen , wodurch der gute Gang^des Dienstes notwendigerweise sehr ernstlieh gestort wird. Es muss daher bei einer bedeutenden Vermehruug des Verkehrs für eine perhältnissmässige Vermehrung der Verkehrsmittel gesorgt werden.

Gerade um diese Bedürfnisse beurtheilen , dieselben mit Sachke.nntniss befriedigen und unnü^e Arbeiten und Kosten vermeiden ^u konnen, halten wir für unumgänglich nothwendig , mit der vorgeschlagenen Ta^e von 75 Eentimen und der in ^olge derselben gan^ bestimmt fühlbar , aber massig eintretenden Vermehrung des Verkehrs eineu Versuch ^u machen.

Mit dem bestehenden ^eze glauben wir die. bei der Ta^e von 75 Eentimen entstehende Vermehrung bewältigen ^u konnen , nicht aber bei der ......ar^e von 50 Eentimen.

Wir müssen hier daran erinnern, dass, wenn die belgische Verwaltnng den Sprung von Fr. 1 aus 50 Eentimen wagen konnte , dieses nicht nur desshalb geschah , weil ihr Rez weit bequemer ist als das schweizerische , sondern namentlich weil der Depeschenverkehr in Belgien zur Zeit der .^a^er.nässigung verhältnissmässig weit geringer war als der nnsrige und ihn seitdem nicht übertrossen hat.

Bezüglich des finanziellen Ergebnisses ist es schwierig, die Folgen der vorgeschlagenen Massregel vorausznseheu. Es ist moglieh, dass Anfangs Defizite entstehen.

Die Kosten jeder übermittelten Depesche, berechnet durch Divi^ dirung des Betrages der Ausgaben dureh die ^ahl der internen, internationalen und Transitdepesehen , beliesen sich im Jahr 1.^65 ans ^r. 1.11 und im Jahr 1866 aus ^r. 1. 03. Ob sich dieser Kostenbetrag aus 75 Eentimen und später aus 50 Eentimen wird reduziren lassen^ Diese Frage wird nur die ^eit losen. Jedensalls dürste der Znsluss von Depeschen denselben einigermaßen vermindern , besonders

214 wenn man alle aus die Uebermittlung bezüglichen Operationen möglichst vereinfacht und Alles vermeidet, was den Dienst erschwert. Dieses durfen wir nicht ausser Acht lassen, und dieses war auch die Absicht von Belgien, als es die gewöhnlichen Depeschen ungefähr wie gewöhnli.^e. in den Einwurs gewesene Briefe behandeln liess.

Wir glauben daher nicht , dass man in finanzieller Hinsicht grosse ..^esahr lause, und das Wenige. was man auss Spiel sezt, lässt sich sicherlich rechtfertigen dnrch die neuen , dem Bublikum gebotenen Vortheile , welche nach unserer Ueberzeugung in kurzer Zeit noch vermehrt werden können.

Mit Rüksicht auf den provisorischen ^arakter der vorgeschlagenen Massregel glaubten wir lediglieh die Tar.e berühren zu sollen , und nach unserm Entwurse wird die Depesche zu 75 Centimen alle Vortheile geniessen, wie bis dahin die Depesche zu Fr. 1 . wir nehmen die von Belgien für die gewöhnlichen Depeschen vorgeschriebenen Beschränkungen nicht an und machen nicht drei Depeschenklassen.

Alles dieses kann neuerdings geprüft werden , wenn es sich nm definitive Festsezung der reduzirten Tar,e handelt, dann wird man erwägen, ob es nöthig sei, zu diesen Mitteln zu greisen , um zu der Ta^e von 50 Centimen zu gelangen.

Wir haben nicht nöthig, ans die Motive näher einzutreten , welche uns veranlassen , die progression von 25 Centimen sur je zehn Worte beizubehalten . sie ist so niedrig, dass sie kaum ermässigt werden konnte, und wir beabsichtigen , sie auch bei der Ta^e von 50 Centimen sortbestehen zu lassen. Dieser Betrag von 25 Centimen oder ^ Franken wird bei Verwendung von Telegraphenmarken die Einheit bilden , von welcher alle Telegraphenta^en notwendigerweise nur Vervielfältigungen

sind.

Jndessen haben wir doch eine Neuerung zu Gunsten der Rekommandation ausgenommen , welche durch den pariser Vertrag in die internationale Telegraphie eingeführt wurde und darin besteht, dass das Bestimmuugsbüreau dem Aufgeber selbst per Telegraph die vollständige Wiederholung der den. Adressaten zugestellten Eopie übermittelt mit der doppelten Angabe der genauen Zeit der Zustellung und der Berson, welcher die Depesehe übergeben wurde.

Wenn die Zustellung nicht

stattfinden konnte , so wird diese doppelte Angabe durch Mittheilung der Umstände ersezt , welche die Zustellung verhinderten und durch die nöthigen Angaben, um den Ausgeber in Stand zn sezen, seine Depesche gegebenen Falls nachsolgen zu lassen.

Rach dem Vorgange von Belgien fügten wir diesen Bestimmungen die Priorität in der Beförderung zu Gunsten der rekommandirten Depesche bei.

21^ Wir sind nämlich der Ansicht . dass in dem Momente , wo man ^ie Bennzung des Telegraphen immer mehr auszudehnen und in Folge dessen die Ausgabe einer grossen Zahl ziemlich unwichtiger .Depeschen ^u begünstigen sucht, ^sin: ernste. und dringende .Fälle dem Ausgeber ein Mittel geboten werden sollte , seme Depeschen mit ausnahmsweise...

Schnelligkeit zu besordern. Das Beispiel von Belgien, wo im Jahre 1866 aus 1000 Depeschen 16 rekommandirte vorkamen, beweist hinlänglich , dass von dieser Seite kein Missbraueh zu besuchten ist . und dass wirklich dringliche Fälle eingetreten sein müssen , wenn man sich ^ur Bezahlung einer hohen Zusehlagsgebühr entschliesst. Jn Belgien ist diese Ta^e aus das Vierfache der gewohnliehen Ta^e sestgesezt , uämlich aus Fr. 2 , wir schlagen , in Uebereinstimmung mit dem pariser Vertrage por, dieselben aus das Doppelte der gewohnlichen Ta^e, .iämlich auf Fr. 1. 50 sestzusezen.

Unser interne Taris hätte übrigens , so wie er sieh nach Annahme unsers Vorschlages gestaltete, eine Vergleichung mit denjenigen der übrigen Staaten Europas nicht zu scheuen , wie man steh aus beiliepender Zusammenstellung einiger Beispiele überzeugen kann.

Wir beehren uns daher, de.^h. Bundesversammlung die Geuehmignn^ des beiliegenden Beschlussentwurss und überdies dex nachsolSenden Schlussnahme zu empfehlen : ,,Der Bundesrath wird eingeladen , der Bundesversammlung auf ,,die Herbstsizung des Jahres 1868 einen Bericht und Antrag betreffend ..,die definitive ^estseznng der internen Telegraphenta^en vorzulegen.^ Wir ergreisen diesen Anlass , Jhnen , Tit. , den Ausdruk unserer .vollkommenen Hochachtung zu erneuern.

Bern, den 29. Mai 1867.

Jm Ramen des sehweiz. Bundesrathes,

Der Bundespxäsident: ^. .^ornerod.

Der Kanzler der Eidgenossensehast :^ ^lhie^

2 .

^

Beschlnßentwurf betreffend

die internen Telegra.phentaxen.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der s c h w e i z e r i s c h e n E i d g e n o s s e n s c h a f t ,

nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 2..). Mai 1867, . in Abänderung des Art. 1 des ...^undesbeschlusses betreffend die intarnen Telegraphen^en vom ^2. Januar 1859, ^) beschließt: Art. 1. .^..ie Tax^e des Telegramms von zwanzig Worten wird für das Jnner... der Schweiz auf 75 Rappen festgesezt.

Diese Tax^e wird für jede untheilbare Reihe von zehn Worten über zwanzig hinaus um 25 Rappen vermehrt.

Art. 2. Wird ein Telegramm rekommandirt , so betragt die Tar.e dafür einen Franken und 50 Rappen für zwanzig Worte , mit Brogresfion von 50 Rappen für jede Reihe von zehn Worten darüber hinans.

.

Jm internen Dienst genießen die rekommandirten Telegramme die ..Priorität vor den gewöhnlichen Telegrammen.

Axt. 3. Der gegenwärtige Beschluß tritt mit dem 1. Oktober 1.^7 in Kraft.

Der ...Bundesrath ist mit der Bekanntmachung und Vollziehung desselben beauftragt.

^). Siehe eldg. Gesezsammlung, Band ^I, Selte 127.

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Botschaft des Bundesrathes an die h. Bundesversammlung betreffend die internen Telegraphentaxen. (Vom 29. Mai 1867.)

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