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Schweizerisches Bundesblatt.

.XIX. Jahrgang. 1.

Nr. 19.

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2. Mai 1867.

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des

schweiz. Bundesrathes an die h. Bundesversammlungg über seine Geschäftsführung im Jahr 1866.

Geschäftskreis des politischen Departements.

A. Verbaltnisse zum Ausland.

.I.

Allgemeinem.

Die politische Lage Europas am Sehlusse des Jahres 1865 liess, wenn auch uoch manche ungeloste Frage anf den Traktauden der Diplomatie perblieb, kaum voraussehen, dass das Jahr 1866 so weittrageude Ereignisse bringen werde, welche manche einkreisende Umgestaltung des staatlichen Besizes und der staatlichen Organisation zur Folge hatten. Obwohl diese Ereignisse zum Theil in unserer Rahe stattgesundeu haben, so blieb niehts desto weniger unser friedliche Verkehr mit allen Staaten auch in diesen schwierigen Zeitläusen ungetrübt, und die etwaigen Besorgnisse wegen einer allfälligen Gefährdung unserer neutraleu Stellung haben sich nach keiner Seite hin verwirklichet.

Wenn auch die Thätigkeit des politischem. Departements im Berichtsjahr am meisten durch die besproeheuen Ereignisse in Anspruch genommen wurde, so finden wir es doch nicht mehr nothweudig, ans dieselben zurükzukommen , indem wir aus unsere Botschaften vom 4. Juli , be-

Bundesblatt. Jahrg. XlX. Bd.I.

5..)

^56 treffend die Stellung der Eidgenossenschaft bei der ^damaligen euro.^ paschen Weltlage ^) und vom 28. Ropember, hinsichtlich der Anwendun^ der ertheilten außerordentlichen Vollmachten ^), verweisen. Eines einigen funkte.... wollen wir nähere Erwähnung thun , dessen Besprechung nicht in die zitirten Botschaften gehorte , und daher im Geschästsbericht seinen Blaz finden^ soll. Wir waren wiederholt in der Lage, Begehren von Landsleuten, die in den vom Krieg wirklich überzogenen oder gefährdeten Orten niedergelassen sind, um besondere Vorkehrungen oder Verwendung zu ihren Gunsteu zu behandeln. Dieses war vorab der Fall hinsichtlich der Schweizer in Venedig und Triest, welche Seehafenplä^e in der Gefahr stunden, einen.. Bombardement ausgesezt zu werden. Wir wandten uns diessalls schon vor Ausbruch des Krieges an die hiesige englische Gesandtschaft, damit sie bei

ihrer Regierung, wie im Jahr 1859, die Bewilligung auswirke, dass

die Schweizer unter den Schnz des englischen Konsuls in Venedig gestellt , eventuell dass unsern Landsieuten so weit^ als moglieh ein As.....

aus Schissen Englands zugesichert werden mochte. Wir fanden , wie schon im srühern Mal, das gleiche Entgegenkommen der englischen Regierung. Für Trieft suchten wir den Schnz des dortigen Konsuls der Vereinigten Staaten nach, und fanden ebenfalls grosse Bereitwilligkeit.

Aus andern Städten in Jtalien sind uns keinerlei derartige Gesuche eingegangen , wie es sich zeigte, waren aber besondere Vorkehren auch nicht nothig. Dagegen sind uns aus einigen deutschen Städten gleichartige Begehren zu Gunsten der dortigen Schweizer zugekommen.

Querst stellten ein solches Gesuch die in Dresden wohnhaften Schweizer, aber erst nachdem die Brenssen bereits eingebogen waren. Das zum sofortigen Beruht aufgeforderte schweizerische Konsulat in Leipzig erklärte alle solehe außerordentlichen Vorkehren als gau^ uunothig , und vou Dresden aus wurde uach wenigen Tagen das Gesuch wieder ^urukgezogeu, indem dem Schwei^erverein jede thunliehe Begünstigung eiugeräumt und dem preussischen Kommando alles Lob gespendet wurde.

Uebrigeus ist, abgesehen von dem Umstaude, dass der Sch..z des Repräsentanten eines dritten Staates nicht von einem Tage aus den andern

zugesagt wird , weil es hiezn der Bewilligung des betreffenden

fremden Ministeriums bedarf , uicht zu vergessen , dass eine .^lusuahmsstelluug gegenüber den Landesangehorigeu in solchen Lagen für die Bürger eines fremden Staates weder beansprucht uoch behauptet werden kann, und eben so wenig anzunehmen ist, dass Bürger dritter ^.taateu in irgend einer besondern Weise gesährdet sein sollten. Ju diesem Sinne wurden auch ^wei Gesuche aus Stuttgart und München, welche Orte übrigens vom Kriege uie berührt wurden, beschieden, und

^ Bundesblalt v. .^. 18.^, Bd. II, S. 2..^.

^) ,, ^ ^ ,^ II^ ,, 223.

757 es hat sich im Einklang mit den bei der Kriegführung in neuester Zeit ^ zur Anerkennung gelaugten humanen Gruudsäzen dieser Bescheid als richtig und den Verhaltnissen entsprechend bewährt. Es wäre ausserdem geradezu unmöglich, in Kriegszeiten für alle Orte, wo sich Landsleute aufhalten, besondere Schnzmassnahmen ^u treffen. Jn ganz Deutschland wird es kaum eine Stadt von einigem Belang geben, in welcher nicht Schweizer angesiedelt sind, aber in den wenigsten befinden sich schweizerische oder andere Konsulate. Unter diese Städte gehort z. B. Würzburg, .^ ernste Kriegsereignisse vorfielen, aber niemals ist eine Klage laut geworden, dass ein uichtba^erischer Niedergelassener anders als die ba^erscheu Angehörigen behandelt worden wäre. Wir konstatiren überhaupt mit Vergnügen, dass uns keine einzige Besehwerde, die mit den Kriegsereiguissen in Deutschland oder Jtalien zusammenhängt, zugekommen ist.

Die Wahrnehmung schweizerischer Juteressen, insbesondere des Handelsstandes , auch in andern Erdtheilen, wo sie theils durch Kriege, ^theils durch andere Umstände gefährdet waren oder unsere .Landsleute selbst wirklichen Sehaden an Wa.aren oder sonstigem Gut erlitten, haben unsere Aufmerksamkeit und Thätigkeit überhaupt mehrfach in Anspruch.

genommen.

Es war dies namentlich der Fall bezüglich der schon im porsähri-

gen Geschästsbericht erwähnten, durch die Beschiessung der Stadt Ba^ sandu in Uruguay dortigen^ Schweizern erwachsenen Schädigung und sodann ^ in der weit bedeutender.. .Angelegenheit der durch das Bombardement des Hasenplazes Valparaiso am 31. März 1866 ^ehwei^erhänsern verursachten Verluste. Zu unserm Bedauern mussten wir jedoch im einen wie im andern Falle darauf vernichten, ^u Gunsten unserer geschädigten Laudsleute ernstlichere Verwendung eintreten zu lassen, nachdem Erkundigungen über die Anschauungsweise und das Verhalten der grossen Seemächte dies nicht thnnlich oder rathsam erwiesen. Betreffend Va^saudü wurde nämlich erklärt, dass mau von der Ersolglosigkeit bezüglicher Reklamationen zum Voraus überzeugt sei und desshalb darauf verziehte, iu Be^ug aus das Bombardement vou Valparaiso er-

folgte übereinstimmend die Riikäusseru..g , dass der spauische Admiral

nach Kriegsrecht gehandelt habe und die Neutralen, die eben den Ge- ^ schiken des Landes, wo sie wohnen, sich auch unterziehen müssen, keinen Sehadenersa^ sür die durch die Beschiessung erlittenen Verluste beanspruchen konneu. Rach solchen Erklärungen konnte vou Reklamationen unsererseits natürlich keine Rede sein , was sür Valparaiso unterm 28. Dezember

1866, für Va.^sand.^ unterm 11. ^ebrnar 1867 den Betheiligten er-

offnet wurde.

Schon beim Ausbrnch des Krieges zwischen Spanien und Ehili hatten übrigens schweizerische Kauslente das Ansnchen gestellt, dass unsererseits das Molliche gethan werde, um den bedeuteuden Jnteressen

758 ....es schweizerischen Hand^lsstandes in Ehili wirksamen Sehuz zu sichern.

Wir konnten indessen uns nicht veranlasst finden, in dieser Richtung besondere Verwendung eintreten zu lassen, da ein schweizerisches Konsulat in Valparaiso besteht und nicht zu zweifeln war, dass der Konsul, wenn nothig und thunlich, sieh mit den Vertretern von Seemächten, denen Kriegsschiffe zur Verfügung standen, für den Schuz seiner Landsleute perständigen werde. Die Thatsache , dass englische und amerikanisehe Kaufleute bei der Beschiessung Valparaisos in gleicher Weise zu Schaden kamen, wie die Schweizer, beweist übrigens, wie wenig eine solche vorläufige Verwendung genüzt hätte.

Es

sei uns

gestattet, noch eines Vorfalles

hier zu erwähnen,

dessen Beginn zwar schon ins Jahr 1865 fällt, dessen volle Erledigung

aber erst 1866 zu Stande kam, und der s. Z. in der Schweiz, wie anderwärts, grosses ^Aussehen erregt hat. Wir meinen die am 13. Oktober 1865 erfolgte Entsühruug mehrerer Schweizer in falerno durch eine Räuberbaude, aus deren Händen sie erst am 11. Februar 1866 nach vielfachen Bemühungen und grossen Opfern von Seite ihrer Angehörigen steh befreit sahen. Wenn wir dieser Begebenheit hier er-

wähnen, so geschieht es vorzugsweise in der Absicht, der .Thätigkeit

und dem Eifer unserer betreffenden Agentschaften, wie auch der Umsicht

und Handbietung der zuständigen italienischen Zivil^ und Militärbehorden unsere Anerkennung auszusprechen.

^.

^.ertrii^....

Rach den in den lezten Jahren stattgehabten Vertragsnnterhandlnugen mit allen angrenzenden und mehreren entserntern Staaten aus sämmtlicheu GeI.ieteu des völkerrechtlichen Verkehrs ist es erklärlich, dass die Thätigkeit der Voll^iehungsbehorde im leztverwicheneu Jahre nach dieser Richtung hin aus die Fortführung der bereits angebahnten, zum Theil der eingetreteuen kriegerischen Störungen wegen unterbroehenen Verhandluugen sich. beschränkte.

Mit Berufung auf die im Handels- und Riederlassnngspertrage vom 11. Dezember 1862 gegebene Zusieheruug der Gleichstellung mit

der meistbegünstigten Ration bezüglich des Schuzes des literarischen und künstlerischen Eigentums verlangte die belgische Gesaudtschaft schon unterm 20. Januar 1865, dass die am 30. Jnni 1864 mit Frankreich abgeschlossene diesfällige Uebereinkunst sofort bei ihrem Jnkrasttreteu auch gegenüber Belgien Anwendung finde. Jn unserer Autwort behielten wir uus vor , ans daherige Erossnungen erst dann einzutreten, wenn die eben schwebenden Verhandlungen mit Deutschlaud und Jtalien zum Abschluss gelaugt sein würden. Da diese leztern bekanntlieh noch jezt, zum Theil wenigstens, schwebend und nicht

759 weiter gediehen sind , als zur Zeit unserer Berichterstattung über das Jahr 1865, so mnssten sich die Unterhandlungen im Berichtsjahre auf vorläufige Eroberung der Grundlagen einer diessälligen Uebereinkunft, über welche die B.^riehtsabtheilung betreffend das Handels- und Zoll-

departement nähern Aufsehluss gibt, beschränken, und es bleibt der Ab-

schluss einer solchen dem laufenden Jahre vorbehalten.

gegenüber Frankreich ist Einleitung getroffen, um dem Bostulate vom 16^18. Juli 1866 Fo....^ zu geben, in dem Sinne, dass derbertrag vom 18. Juli 1828 genauer und zwekmässiger gefasst und jedenfalls für dessen Handhabung jenseits bessere gewähr gegeben werde

(Vergleiche die Berichtsabtheilung, betretend das Justiz- und BolizeiDepartement, V. a. 2.)

Zur Vollziehung der verschiedenen Verträge vom 30. Juni 1864 sind seiuer^eit die erforderlichen Verordnungen beiderseits erlassen woxden. Es blieben noch schwebend die Fragen wegen Aushebung der Bassvisa und der Beschränkungen in der Beugung musikalischer Kompositioueu sur Musikdosen. Beide fragen haben im Jahr 1866 eine befriedigende Losung gesunden: e.stere durch die Aufhebung des Erforderndes der Bassvisa in Folge kaiserliehen Dekrets vom 30. Juni 1866, lettere durch Erlassung eines entsprechenden gesezes vom 8. Mai

1866, dessen Wortlaut im Bericht des Jnsti^ und Volizeidepartements,

das sich vorzugsweise mit diesem Gegenstände zu beschästigen hatte, wieder gegeben ist.

Der in Baris am 23. Dezember 1865 abgeschlossene Vertrag betretend Regelung des Münzweseus ^wiseheu der Schweiz, ^raukreieh, Belgien und Jtalien ist am 1.^. Juli in Baris ausgewechselt worden und mil. dem 1. .August in ..^raft getreten.

Von den Bestimmungen des Vertrages über die Greuzbereinigung im Dappenthal ist aus das Jahr 1866 nur uoeh die Regeluug von Brivatvertragsverhältnissen (Art. Vll) als sür die Bnndesbehorde unerledigt übergegangen. Die dieser Bestimmung zu Grunde liegende Forderung der Sparkasse in ^on wurde, n.ie aus dem Geschästsberichte vou 1865 bekannt ist, gerichtlieh auhäugig , ist aber heute noch nicht

vollständig erledigt. Auf eine anfrage der^ Regierung von Waadt, ob der Bund sür allsällig Sparkasse erwachsenden dass wir dermalen diese Die Ersparnisskasse solle

ans einem Abkommen mit dem Schuldner der Sehaden auskommen werde , erwiderten wir, .^rage nicht bestimmt ^u beantworten vermochten.

denjenigen Weg einschlagen , aus dem sie zur

mogliehst vollständigen Bezahluug ihrer Ansprüche gelange. Glaube sie

dieses aus dem vorgeschlagenen Wege zu erreichen, so habe der Bundesrath gegen dieses Vorgehen nichts einzuwendeu, müsse sich aber vorbehalten, den abgeschlossenen Vertrag zu prüfen. Gelange er dann zur

760 Ueberzeugung, dass die Jnteressen der gläubiger gehori^ gewahrt worden seien , so werde er keinen Anstand nehmen . die früher übernommenen Verpflichtungen gehörig zu erfüllen.

Von Seite der g r o s s b r i t a n n i s c h e n Regierung ist der Abschluss eines Verkommnisses angeregt worden, wonach für beiderseitige arme Angehörige, die im Gebiete des andern Staates irrsinnig werden, Ersaz der Heimsehafsungskosten durch die heimatlichen Behörden ^..gesichert, die Verpflegungskosten aber bis zur Heimsehassnng vom Staate, wo der Betreffende erkrankte, getragen werden sollten. Die Antworten der Kan^ tousregierungen auf die Mittheilung dieses Vorschlages lauteten aber so verschiedenartig und in der Mehrzahl ablehnend, dass die königliche Regierung, nachdem sie davon Kenntniss erhalten, verachtete der Sache weitere Folge zu geben.

Zu

weitlausigern Verhandlungen

mit

der königlich

ita lie-

nischen Regierung hat das königliche Dekret vom 28. J..li 1^66 ge-

führt, durch welches für das Königreich Jtalien ein Rational- oder ^wangsanleihen im Betrage von Fr. 350,000,000 ausgeschrieben wurde, das aus die Steuerpflichtigen nach Massgabe der Steuern vom beweglichen Vermögen , von ^Gebäuden und vom Grundbesize verlegt werden sollte. Mit Verweisnug daraus, dass die Angehörigen mehrerer andern Staaten --- Englands und Russlands vermoge bestehender Verträge, Frankreichs und Breusseus in Folge entsprechender Gegenrechtszusichernugen - für dieses ^wangsanleihen nicht in Mitleidensehast gezogen wurden, nahmen eine Anzahl in Jtalien niedergelassener Schweizer, freilich erst kurz vor der ^rist für die erste Ratenzahlung , unsere Verwendung in Anspruch, dam.t unsere Landsleute gleichfalls von der Last dieses Anleiheus befreit bliebeu. Da unsererseits eine bereits bestehende Vertragsbestimmung hiesür nicht geltend gemacht werden konnte. so liess sich diesem Ansuchen nur durch den Auftrag an unsern Gesandten in Florenz entsprechen, sich zu erkundigen, unter welchen Bedingungen eine.

Gleichstellung der Schweizer mit den am meisten begünstigten andern Rationen in dieser Sache zu erzielen sein werde. Jnzwi.sehen sollte der Gesandte dahin wirken, dass unseren Landslenten bis znm Austrage der ^rage wenigstens die Einzahlung der ersten Rate nachgesehen werde.

Diesem leztern Ansinnen wnrde bereitwilligst willfahrt und in der Hauptsache wurde eine ähnliche Gegenrechtszusicherung verlangt, wie sie von Frankreich und Vreussen zugestanden worden. Da eine Verweisung auf

den Artikel 3..) der Bundesverfassung mit Rül.s^ht aus die Souveränität

der Kautone in Steuersachen italienischerseits nicht genügend befunden und aus besonderen Zusagen im Ramen der h. Stände bestanden ward, so sahen wir uns in der Lage , dnreh Kreissehreiben vo^n 2. Rovember den Kantonsregierungen vom Stande der Dinge Keuntniss und damit Gelegenheit zu geben , sieh darüber auszusprechen.. Durch die darauf

761^ erfolgen Rükäusserungen und nach einigen Zwischenverhandlungen waren wir in Stand gesezt , unterm 1 0. Dezember den eidgenössischen Gesandten zur Abgabe der verlangten Gegenrechtserklärung zu ermächtigen, womit die Angelegenheit in befriedigender Weise ihren Abschluß sand.

Wir haben in unsern^ vorjährigen Geschäftsberichte die Schlussverhandlung ^ur Vollziehung der Grenzbereinigung zwischen Graubünden und Jtalien durch Vornahme der Markensezung für den Sommer 1866

in Aussicht gestellt. Der Umstand , dass der erste italienische Bevollmäehtigte, Marquis E oll i, als Oberst im Generalstab während und nach dem Krieg anderweitig in Anspruch genommen war, machte diess unmoglich^ allein es sind Vorbereitungen getroffen, damit die Sache im lausenden ^Jahre zum Abschluss komme.

Eiu anderes Vertragsverhältniss, über das sich der Geschäftsbericht sür 1865 einlässlicher verbreitet und womit für den Volizeidienst sür und über das Gebiet der italienischen Gemeinde Eampione und der schwel Arischen Gemeinde Aro^no eine bestimmte Ordnung festgestellt werden sollte, ha.. sich nach mehrfachen Korrespondenzen ^erschlagen , indem die Regiernng von Tessin unterm 28. August 1866 erklärte, dass sie sich nicht veranlasse sehe , die Verhandlungen weiter zu pflegen , da die

italienisch^ Regieruug auf die gewünschte Gegenleistung durch Bewilligung des

Dnrchpasses

wollte.

tessinischer

Laudjäger

über

Luvino

nicht

eingehen

Auch in der B i s t h u m s s r a g e sind die weitern Verhandlungen, welche die noch nicht erledigten Bnnkte allmälig einer Erledigung zuführen sollten, aus verschiedenen Ursachen ins ^token gerathen. Der Grosse Rath des Kantons Tessin hat jedoch im Rovember zwei Beschlüsse gesasst, welehe die Wiederausnahme der Angelegenheit, nach Junen sür die Ausscheidung des den Gemeinden ^oschiavo und Brusio zukommenden Vermogensantheiles , nach Aussen sowohl gegenüber Jtalien als gegenüber dem heil. S t u h l , zu fordern geeignet waren.

Der erste dieser Beschlüsse, vom 28. Rovember, lautet.

,,1. Der Verkauf der bischoflichen Tafelgüter ist beschlossen.

,,2. Der Staatsrath ist beaustragt , denselben im günstigen Zeitpunkte auf den von ihm beantragten Grundlagen zu bewerkstelligeu, dabei aber Bedacht daraus zu nehmen, dass in den Bedingungen den im Kommissionsberiehte gemachten Bemerkungen Rechnung getragen werde.

,,3. Der Staatsrath ist eingeladen, aus die nächste Siznng einen Gesezentwurf über die Verwendung des Erloses vorzulegen.

,,4. Der Staatsrath wird von Obigem dem h. Bnndesrathe Kenntniss geben, unter Darlegnng der Gründe , welche die Tessine.: Behorden zu dieser ^.hlussnahme veranlasst habend

^762 Diese Gründe nun bestehen im Wesentlichen daxin, dass im Fall...

der Verpachtung nie ein dem Kapitalwerthe angemessener Ertrag sieh hätte erzielen lassen, während beim Verkaufe ^u einen. massigen An^ schlagspreise ein Erlös in Aufsicht zu nehmen ist , dessen Zinsen die Bachterträgnisse , selbst abgesehen von den mit dem Verpachtungss^stem verbundenen Verwaltnngskosten, um ein Bedeutendes übersteigen.

Der zweite Beschluss, vom 30. Rovember, sasst neben den im Ar^. ^.

des Turiner Vertrages von. 30. Rovember 1862 späterer Verständigung vorbehaltenen Bunkten auch die Regelung der kirchlichen Verhältnisse ins Auge, wobei unser im Geschäftsberichte für 1865 erwähuter Bescheid

an eine Anzahl tessiniseher Grossräthe, vom 24. April 1865, wesentlich

in Betracht gesallen sein mag.

Der Wortlaut dieser Schlussnahme ist folgender : ,,Jn Betracht , dass die Bisthnmsverhandlungen in Betreff der kirchlichen Verhältnisse zum Theil wegen Mangels au Uebereinstimmuug, zum Theil um der Abwiklung und Bereinigung der Vermogenssragen Raum zu geben, unterbrochen^ wurden , ,,nach Einsicht der vom Bundesrathe unterm 24. April 1.^65 gegebeneu Antwort ,,haben wir beschlossen, der Bundesbehörde zu erklären .

,,Der Kanton Tessin hegt den Wunsch :

,,Dass die Verhandlungen zur Er^ielung der Erledigung und Bexeinigung dex noch händigen, im Tnriuer Vertrage vorbehaltenen Vermogenssragen nicht Verschleppungen erleiden, und ..dass sodann auch die Verhandlungen, betretend die kirchlichen Verhältnisse, aufgenommen werden , sobald immer der Bundesrath den Augenblik dasür günstig eraehtet.^

Mit Rüksieht aus die Begründung der Verfügung betreffend den Verkauf der Tafelgüter konnten wir nicht umhin, uns damit einverstanden zu erklären . allein wir knüpften in Anwendung des Art. ^lll des Turiuer Vertrages und des Art. l^ des Schlussprotokolis diese Zustimmung an die Bedingung, dass a. der aus dem .Liegenschaftsverkauf sich ergebende Erlos gleich dem übrigen , Tessin zugefallenen Vermögen der bisehofliehen Taselgüter von Eomo als Diozesanfond ungeschmälert und unangetastet erhalten

bleibe, bis der Bundesrath sür allsällig anderweitige, zwekentspreehende

Verwendungen seine Zustimmung ertheilt haben werde. Demgemäss sei das im Beschluss vom 28. Rovember, Saz 3, vorgesehene Gesez vor der Vollziehung dem Bundesrathe zur Genehmigung vorzulegen.

b. durch den beabsichtigten Liegensehastsverkanf den Anspruchsrechten von Boschiavo und Brusio, welche Gemeinden dem Bisthnm Ehur sich anschliessen, in keiner Weise vorgegrifsen sein solle.

763 Schon in srühern Jahren hatte die Regierung von Graubünden deu Wunsch geäusserf, dass die unter h. berührte Ausscheidung unter

^idg. Leitung und Aussicht stattzusiuden habe, und die tessinischen Be-

horden haben diesem Begehren beigepflichtet. Der Liegenschastsverkaus konnte aus das Theilungsergebniss keinen hindernden Einsluss üben, so^ bald durch obigen Vorbehalt die Rechte der bündnerischen Gemeinden gewahrt waren, und es blieb nur übrig, für die bezüglichen Verhandlungen Abgeordnete zu ^bestellen, die unter dem Vorsi^ eines eidgenossischen Abgeordneten sieh über die grosse des an Graubünden fallenden Antheils zu verständigen hätten. Zu diesem Ende bezeichneten wir noch in unserer Simung vom 31. Dezember 1866 Hrn. Nationalrath ^ H u n g e x b ü h l e r von St. Gallen als unsern Abgeordneten und luden die beiden Kantonsregierungen .ein, ihre Vertreter zu ernennen, welche sodann mit Hrn. Hungerbül..ler über ^eit und Ort der Verhandlung sich verständigen sollten.

Was die Auseiuaudersezung mit Jtalien bezüglich der noch in der Sehwebe gelassenen Bnnkte anbelangt, so beauftragten wir, im Einverständniss mit den Regierungen von Graubünden und Tessin, den eidg. Gesandten in Florenz, sieh mit den bereits im Jahr 1865 hiesür ernannten italienischen Bevollmächtigten ins Benehmen ^u sezen.

Jn Betreff der kirchlichen Verhältnisse endlich hat der päpstliche Geschäftsträger uuterm 23. Februar 1866 erklärt, dass er zu Unterhandlungen^ wegen des Anschlusses von Voschiavo und Brusio an das Bisthum Ehur ermächtigt sei. Wie bei der .^ons..re..^ wegen Zutheil.^ng der katholischen Gemeinde Bern au das Bisthum Solothnrn, so erachteten wir es auch in diesem Falle sür angemessen , dass der Bund sich vertreten lasse, uud übertrugen diese Vertretung dem Hrn. Ständerath Renward M e he r von ^ern , welchem dabei überlassen wnrde , sich mit dem Abgeordneten Graubündeus und mit dem päpstlichen Herrn Geschäststräger in Be^.g ans das weitere Vorgehen ^verstäudigen.

Hinsichtlich der kirchlichen Angelegenheiten .Dessins dars man nach obigeu Beschlüssen des Grossen Rathes hossen, dass eine Regelung in nicht zu serner Zeit ^u Stande kommen werde , wofern von Seite des heil.

Stuhles ein billiges Entgegenkommen sich ^eigt und eine gebührende Berüksichtigung der gegebenen Verhältnisse bethätigt wird.

Zur Zeit als es sieh um die Aunahme des am 22. August 1864 in Gens unterzeichneten V e r t r a g e s b e t r e s s e n d V e r b e s s e r u n g des L o o s e s der im K r i e g e v e r w u n d e t e n M i l i t ä r s oder um den nachträglichen Beitritt zu demselben handelte, hatten mehrere Staaten ans verschiedenartigen Rüksichteu sieh der Zustimmung enthalten. Die Kriegsereiguisse des legten Sommers brachten indessen Verhältnisse mit

sich , durch welche die Zwekmässigkeit der Vertragsbestimmungen überzeugeud erwahrt

wurde.

Diess, zum Theil in Verbinduug mit ander-

764 weitigen Aenderungen staatsrechtlicher Ratnr, mag einer allgemeinen Betheiligung am Vertrage förderlich gewesen sein, so dass wir die Besriedigung hatten, die Annahme der Beitrittserklärungen von Baiern, Hessen-.^armstadt , Oesterreich , Portugal und Württemberg im Lause des abgewichenen Jahres zu beurkunden.

Anlangend Verkommnisse , welche in die .Kompetenz der Kantone fallen, deren Abschlnss jedoch unter Mitwirkung der Buudesbehorde zu erfolgen hat, bleibt uns noch übrig anzuführen : 1. Eine Uebereinkunst mit dem Grossherzog Sachsen..Weimar..Eisenach wegen gegenseitiger Besreiung der Angehorigen des einen Cantons im Gebiete des andern von der Militärpflicht oder einem daherigen.

Geldersaze, welcher Uebereinknnft mit Ausnahme von Solothnrn

und ^chasshansen sämmtliche eidg. Stände beigetreten sind.

2. Eine gleichartige Uebereinkunst war auch von der herzoglich nassaui^ sehen Regierung vorgeschlagen. da aber noch vor Einlangen sammtlicher Antworten der Kantone das Herzogthum dem Königreiche Breussen einverleibt wurde, so musste und konnte eine weitere ^Verhandlung un.. so eher unterbleiben, als mit Brenssen ein solches Abkommen bereits bestanden hat.

3. ^er Grosse Rath des Kantons Graubünden hat dnrch Beschluss vom 7. Juni 1866 die Bestellungspatente sür Handelsreisende ausgehoben und ist damit den Uebereinkünsten beigetreten, welche von den meisten Kantone.. mit einer Anzahl auswärtiger Staaten ^ . wegen gegenseitiger Besreiung der Handelsreisenden . abgeschlossen worden sind.

4. Thnrgau hat durch Veschluss des Grossen .Rathes pom 28. Rovember 1866 die seiner Zeit von einer Anzahl Kantone mit Vreussen^und Bauern eingegangenen Verträge betreffend gegenseitig unentgeltliche Verpflegung von Erkrankten und Beerdigung von Verstorbenen angenommen.

5. Zug hinwider hat sich in Sachen der Verpflegung von Erkrankten und Beerdigung von Verstorbenen, die Angehörige anderer Staaten sind, sür den Grundsaz der Ersa^leistuug für gehabte Auslagen ausgesprochen und daher den Rüktritt von den saehbezüglichen Abkommen mit Belgien, Jtalien und Oesterreich erklärt.

6. ......esfiu hat mit der italienischen Regierung durch Vermittlung des schweizerischen Gesandten in Florenz einen am 23. Oktober 1865 unterzeichneten Vertrag abgeschlossen , durch welchen den. Kanton

die Lieferung von jährlich 24,000 Zentner Salz zugesichert wird und wozu die Ratifikationen im April 1866 ausgewechselt worden

sind.

765

Hinsichtlich der ^.

^e.,iehun^en an. der ^ren^e

zu ^r.ankreich haben wir leider wieder über einen Vorfall zu berichten, der von sehr traurigen Folgen begleitet war. Am 9. Juli 1866 erhielt das Justiz- und Volizeidepartement von Waadt die Anzeige, dass am 8. , Abends 6 Uhr , eine Landjägerpatrouille au dem auf Schwei^ergebiet befindlichen Orte ,,aux pet.ts plats^ durch eine Bande von ungefähr 15 Mann Franzosen ans Bois d'^mont überfallen, der Batronillenchef schwer, die beiden ..ndern leichter verwundet worden seien.

Spätere .Berichte meldeten, dass der Schwerverwundete, Befreiter R o c h a t , zwei Tage nachher seinen Wunden erlegen , der Ueberfall seit längerer ^eit vorbereitet und ein Werk der Rache wegen einiger sür Schmuggel und Waldfrevel ausgefällten Bussen gewesen, wodurch einige angesehenere Bewohner von Bo.s d'Amont betroffen worden waren. Die franz. Behörden beeilten sich nicht minder als die schweizerischen, sofort Untersuchung einzu.^ leiten. Nichtsdestoweniger erachteten wirres geboten, unserm Gesandten in ^aris schon am 23. Juli die bis dahin uns zugegangenen Berichte über die diesseits gepflogenen Erhebungen mitzuteilen und ihn zu beauftragen, die sranzosische Regierung aus die Rothwendigkeit von Vorsichtsmassregeln für die Ankunft (namentlich mit Rüksicht auf die Zustände in der Gemeinde Bo^ d'Amont) aufmerksam zu machen , im Uebrigen das vollste Vertrauen in den Gang der Justiz anzusprechen, mit der vorläufigen Andeutung, dass man schweizeriseherseits geneigt sei, den französischen Behordeu die Ulkten der hier geführten Vrozedur zuzustellen. Die Uutersuchung in Frankreich wurde mit aller thuuliehen Beförderung durchgesührt und die kaiserliche Regiernug verlieh auch dem Wunsche in verbindlichster Weise Ausdruk , dass die Schuldigen nicht ungestraft ausgehen. Allein das zur Zeit des Vorfalls noch in Kraft bestehende

Gesez liess eine Verwirklichung dieses Wunsches nicht zu. Das Gesez vom 27. Juni 1866, welches die Verfolgung und Bestrafung auswärts

begangener Verbrechen in Frankreich gestattet, war nämlich erst am 11. Juli im Juradepartemeut, dem die Thäter angehorten, veröffentlicht worden und in Kraft getreten, also 3 Tage nach dem Uebersall. Hinwieder anerbot die kaiserliche. Regierung Mittheilung der jenseitigen Untersu.hungsakten und sicherte gleichzeitig sür die Zukunft vorkommenden Balles ^volle Anwendung der neuen Gesezesbestimmungen ^u.

Es lässt sich uicht verkennen, dass der Grund der Uumoglichkeit, das stattgehabte Verbrechen zu bestrafen, nichts weniger als im Willen der srau^osischen Behorden, sondern in dem Stande der frühern , nunmehr abgeäuderten Gesezgebung gelegen hat , gegenüber welcher den Waadtländer Behorden nur der Weg der Aburtheilung in contumaciam und der

Vollziehung eines Strasurtheils im Betretungsfalle gegeben ist. Wir

766 beschrankten uns denn auch, nach Anhörung der Regierung von Waadt, durch den Gesandten in Baris (27. August) das Anerbieten der Aktenmittheilung anzunehmen und gleichzeitig ^unser Bedauern darüber ansdrüken zu lassen, dass in einem Falle, wo so schwere Tätlichkeiten gegen schweizerische Bedienstete verübt und die Grenzbevölkernng in so gerechte Ausregung versezt worden, die Thäter de facto straslos ausgehen sollten.

Dabei hatte der Gesandte zu bemerken, der Buudesrath glaube zwar, dass bei solcher Sachlage und im Hinblik aus srühere Vorgänge (Ville

la Grand) die .Leistung einer Entschädigung an die Familie des getodte-

ten Gendarmen und an die Schwerverlezten gegenüber Frankreich hätte beansprucht werden können , allein er wolle sich dermalen enthalten, eine diessällige Forderung zu stellen.

Rach Eingang der verlangten Akten war hiemit dieser Fall für uns als erledigt zu erachten. Eine Wiederholung solcher Ausschreitungen, die unter der beiderseitigen Grenzbevölkerung nur Erbitterung und neue Reibungen hervorrufen müsste, wird hoffentlich nicht so leicht eintreten, da den französischen Gerichten nunmehr Mittel und Wege geboten sind, mit aller Strenge gegen solche frevel einzuschreiten und schweizerischerseits nichts versäumt wird, eine gute Rachbarschast zu erhalten.

Von der t e s s i n i s c h - i t a l i e n i s c h e n Grenze sind im Jahr 1866, wie gewöhnlich, wiederholt Beschwerden über Gebietsverleznngen einge-

gangen . dieselben haben sich zum Theil als unbegründet, znm^ Theil ^

als uuerl^eblich herausgestellt und sind jeweilen zu beiderseitiger Genugthuung erledigt worden, ausgenommen einen einigen Fall, wobei ein Schifsmann aus Moreote, Ramens Easti gli o n e , das .Leben verloren haben soll. Der Sachverhalt ist indessen noch nicht vollständig ausgehellt , es kann aber jedenfalls von einer ......erleznug schweizerischen Gebiets nicht die Rede sein.

Ein Verhältniss, das früher schon Anlass zu Klagen von ^eite der italienischen .Behörden gegeben , hat uns auch im Berichtsjahre wieder

besehästigt. Die italienische Gesandtschaft hat nämlich mit Rote von.

26. Dezember 1865 die Aus.nerksamkeit des Bundesrathes daranf hingelenkt, dass an der Grenze der Kantone Graubünden und Tessin, dann

von Ehur und Basel aus jnnge , noch kons.kriptionspslichtige

J t a l i e n e r durch Auswanderungsagenteu verleitet werden , n a c h Amer i k a ü b e r z u s i e d e l n , um sich der heimatlichen Wehrpflicht zu eut-

ziehen. So sehr die Richtigkeit der Angabe , dass eine eigentliche . mit besonderer Absicht betriebene Werbung Konskriptionspflichtiger bestehe, Zweisel erweken musste , so erachteten wir es dennoch am Blaze , den betreffenden Kautonsregieruugen Gelegenheit zur Vernehmlassuug zu geben. Es wurde dadurch sestgestellt, dass von der Schweiz ans keine Jtaliener zur Auswanderung verleitet und der bestehenden Auswanderung auch nicht durch Ertheilung von schweizerischen Ausweisschristen irgend

767 Vorschub geleistet worden. Dass die Auswanderungsagenten Jtalienern wie Schweizern ihre Vermittlung gewähren , ist selbstverständlich, und berechtigt, so lange nicht strafbare Mittel in Anwendung gebracht werden, ^u einem Einsehreiten gegen diese erlaubte Erwerbsthätigkeit in keinerlei Weise. Wir erwiderten in diesem Sinne die Beschwerde der italienischen Gesandtschaft mit dem weitern Verdeuteu, dass es überhaupt nicht Sache der Schweiz sein konne , zur Aufrechthaltung der Konskriptionsgeseze anderer Staaten Ha.ud zu bieten , es vielmehr diesen selbst überlassen bleiben müsse, hiesür. das .....othige auf de.m eigenen. Gebiete vorzukehren.

Ein Vorsall, der anfänglich lebhafte Entrüstung, namentlich unter der protestantischen Bevölkerung Graubüudens, erwekt hat, ist durch das zuvorkommende, billige Einsehreiten der italienischen Behorden in durchaus besriedigender .Weise erledigt worden. Ende Aprils ging durch die Zeitungen die Rachricht, dass aus dem Kirchhofe in Eleven ein neues Grab mit der Jnschrist persehen sei: ,,30. März 1866. Seit wenigen Tagen ruht hier ein verstor,,bener Jtalieuer, wieder ein unschuldiges Opfer der würdig mit dem Vrote,,stantismus verbundeneu, bekannten schweizerischen Rohheit. ^ Es haudelte sich um einen Jtaliener, der krank von Morsehw^l und Rorschach

der Volizei in Ehur zugeführt, daselbst bestens verpflegt, nach 8 Tagen weiter gebracht und dem Grenzamte aus dem Splügnerberg übergeben worden war , ohne dass lezteres irgend welche Bemerkung über einen etwa ungehörigen Zustand des .Transportarten gemacht hätte. Bei diesem ^ Sachverhalt war es natürlich, dass die Regierung von Graubünden ernstliehe Beschwerde über eine solche öffentliche Schmähung und Verläumdung der schweizerischen Behorden erhob, wie sie in der angeblichen Grabschrist gelegen, und dass unsererseits dieser Beschwerde Folge gegeben wurde. Durch die Rukäusserung des italienischen Ministeriums stellte sich heraus , dass die Jnsehrist wirklich^ bestanden hatte , der Syndikus von Ehiavenna aber, sobald er davon Keuntniss erhalten, sie sofort be-

seitigen liess und dass gerichtliche Einleitung zur Ermittlung des Urhebers und dessen sernerer Verfolgung getrossen worden , womit herwärtige Besehwerde erledigte.

sieh auch die

Zwischen Graubünden und O e s t e r r eich ist seit Jahren schon die Erstellung. einer .^trasseuverbiuduug bei Martinsbruk^instermünz Gegenstand der Verhandlung und auch im Berichtsjahre ware.. wir wieder im ^alle, unsere Verwendung bei der kais. Regierung zu Gunsten des für beide Staaten wichtigen ^lrassenanschlnsses eintreten ^u lassen. Zn unserem Bedauern hatte diese Vergeudung nieht bessern Erfolg als die frühern, wenn gleich das k. k. Ministerium des Aeussern in seiner Rote vom 16. Januar die Vollendung dieses Verkehrsweges als eben so sehr im Jnteresse Oesterreiehs wie der Schweiz liegend anerkannte und

den Ansbau als grnndsäzlich beschlossen bezeichnete. Es folgten bald die politischen und später .die kriegerischen Verwiklungen , und es ist

768 dadurch mehr als erklärlich, dass im Berichtsjahre von weitern Bemühungen für diese Sache kaum die Rede sein konnte.

.^.

..^ipl^mati^e^ und ..^^nsulat^per^n....

Jn der diplomatischen Vertretung der Eidgenossenschast ist durch den am 21. Juni 1866 zu Vösslau bei Wien erfolgten Tod des Hrn.

.L. Ed. S t e i g e r von Basel, der seit nahezu zwei Jahrzehnten mit

anerkannter Thätigkeit und Hingebung als Geschäftsträger am kais.

Hofe zuerst mit provisorischer, feit .l 856 definitiver Bestellung die Jnteressen der Eidgenossenschaft und ihrer Bürger im österreichischen Kaiserstaate vertreten und wahrgenommen hatte , eine Lüke gerade zu einer Zeit entstanden, wo feine Dienste für unsere Angehörigen in Oefterreieh von hochstem Werthe gewesen wären. Es gelang indessen, ihm wenn auch nur vorübergehend in der Berson des Hxn. Ständerath und .Landammann Aepli einen trefflichen Rachfolger zu geben , und als Hr. A e pli sich nach vollem Friedensschluß zwischen den Kriegführenden und der Rukkehr uugesährdeter Zustände zu längerem ......erbleiben nicht verstehen wollte, hatten wir die Befriedigung, in Hrn. Joh. Jak. von T s c h u d i , dessen Eigenschaften steh schon 1860 in der Sendung nach

Brasilien bewährt haben, Anfangs Oktober die Stelle, freilich ebenfalls provisorisch, zuverlässigen Händen anvertrauen zu können.

Was ...ie Aenderuugen im Konsulatspersonal der Schweiz anbelangt , so erlauben wir uns , aus die Abtheiluug des Handels^ und Zolldepartemeuts zu verweisen, wo diese Aenderungen sowie die Gründe der Richtberüksiehtigung von Gesuchen um Errichtung neuer Konsulate u. s. w. einlässlieher behandelt sind. Auch in Be^..g aus die Gerichtsbarkeit und Befugnisse unserer Konsulate in Japan , wo denselben besondere Kompetenzen schon durch den in Kraft bestehenden Staatsvertrag verliehen sind , kann hier aus die Beriehtsabtheilung über das Justizwesen verwiesen werden.

Uebrigens hat sich das Reglement sür die schweig. Konsulate vom

1. Mai 1851 sowie der dazu gehörige Tarif in mehrsaeher Hinsieht als unzulänglich und der Verbesserung bedürftig erwiesen. Eine Umarbeitung ist seit längerer Zeit schon ins Auge gesasst worden und nunmehr dem politischen Departement übertragen.

Bei der ^.estfeznng des Voranschlags sür 1866 wurde der bis dahiu dem Departement des Jnnern angewiesene Kredit von Fr. 23,000 sür das Ausu.auderungswesen , aus welchem Entschädigungen an die Konsulate in den zumeist von der Auswanderungströmung berührten Hafenpläzen beftritten wurden, mit dem Budgetan-

769 saze des politischen Departements für Beiträge an schweizerische Konsulate vereinigt, in der Meiuung, dass von nun an eine billigere Vertheilung dieser Beitragssumme von Fr. 43,000 Vla^ zu greisen habe.

Es ist dieser Weisung nachgelebt worden, indem neben den mehr einen diplomatischen Eharakter tragenden Generalkonsulaten in Washington und Rio de Janeiro , pon denen namentlich elfteres einen für seine Bedeutung sprechenden , sehr starken Geschästsverkehr ausweist , sowie neben den Konsulaten in den Hauptpläzen für die schweizerische Auswanderung Havre und Rew.^orl., noch acht andere, durch die periodische oder stetige Auswanderung oder in anderer Weise besonders stark in Anspruch genommene Konsulate mit Beiträgen von Fr. 1000 bis Fr. 3000 bedacht worden sind.

Jn der diplomatischen Vertretung des Auslandes bei der Eidgenossenschaft haben während des Berichtsjahres folgende Aeudernngen

stattgehabt : Bauern.

Au der Stelle des Grasen von Hompesch , dessen Abberusung wir noch im .vorjährigen Geschäftsberichte zu erwähnen Gelegenheit hatten, ist Freiherr von Riederer als Ministerresident beglaubigt worden.

Brasilien hatte seit Juni 1.^64 die Gesandtschaftsgeschäste durch den ^

Generalkonsul Hrn. von Laeerda Werneck besorgen lassen.

Gegenwärtig aber ist die kais. Regierung wieder durch einen Geschäftsträger vertreten, in welcher Eigenschaft ^r. Eommandeur Julio Eonstaueio de Villeneuve am 3. Dezember 1866 sein Beglaubigungsschreiben überreicht hat.

Frankreich war seit 1858 dnrch einen Botsehafter, .^rn. Marquis Turgot, vertreten, der in loyaler Weise die Eigentümlichkeiten unserer staatlichen Einrichtungen zu würdigen wusste uud so viel dazu. beigetragen hat , die Gessaste einer er..

spriesslichen Erledigung zuznsühren und überhaupt die gnten Verhältnisse ^wischen beiden .Ländern zu befestigen. Wenn wir denn auch den am 1. Oktober ersolgten Hinscheid dieses Staatsmannes lebhast bedauerten, so musste es uns andererseits augenehm sein , einen neuen Beweis sreundschaftlicher Gesinnung sür die Eidgenossenschast von Seite Sr. Maj. des Kaisers durch die .^hatsache zu erhalten, dass er ihm einen Raehsolger mit dem gleichen hochsten diplomatischen Range in Hrn. Marquis de Banneville gab, von welchem wir uns einer gleichen Bslege guten Einver^ nehmens versehen.

770 J t a li e n. Hr. Marquis Eamillo Earaeeiolo de Bella wurde durch Gras Terenzio Mamiani della Rovere in der Eigenschaft als außerordentlicher gesandter und bevollmächtigter Minister ersezt.

S p a n i e n . Don José Heriberto Gareia de Ouevedo, der seit 1864

den spanischen Hos anfänglich als Gesehäststräger , später

als Ministerresident hier vertreten hat, wurde im November 1866 abberusen und an seiner Stelle Don .Iesus Mu^lo.^ y ^anche^ , Marquis de Rennst , als ausserordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister be-

glaubigt.

W ü r t t e m b e r g . An die Stelle des Geheimen Legationsraths Freiherrn von Spi^emberg , der als Geschäftsträger bis im September 1866 die Konigl. Württembergische Regierung bei der Eidgenossenschast vertrat, ist der Geheime .Legationsrath Hr. Max^ von Ow mit der Eigenschaft eines ausserordentiicheu Gesandten und be.^ vollmächtigen Ministers, als welcher er anch b^.i der

italienischen Regierung beglaubigt ist, getreten.

Unser Verkehr mit den auswärtigen Regierungen und ihren Vertretern .trug im Jahr 1866 durchgeheuds den Eharakter besten Einvernehmens , welches selbst in der Zeit, wo unmittelbar an unseren Grenzen Truppenbewegungen und freilich weuiger erhebliche Zusammenstösse statthatten, von keiner Seite und in keinerlei Weise getrübt wurde.

Ein Spezialsall gab uns Gelegenheit , über den Begriff der den fremden Gesandten in der Schweiz zukommenden E x t e r r i t o r i a l r e c h t e in bestimmter Weise uns auszusprechen, insoweit dieselben au.h für Bedienstete von Gesandtsehastssetretären, selbst wenn sie, wie im besondern Falle, ausser dem Hause des Dienstherrn wohnen, geltend gemacht werden wollten. Wir erklärten uns dahin, dass einem solchen Bediensteten ein Anspruch auf Exterritorialität nicht zugestanden werden konne. So gerne der Bundesrath die den Herren Gesandten durch das Volkerrecht zustehendeu Brivilegieu anerkenne und immer geschult habe , so konne er doch eine solche Ausdehnung der Exterritorialität, wie sie hier beausprneht ward, nie zugeben. Eine solehe Exemption würde sieh nicht nur in hohem Grade gegen die in nnserm .^ande herrsehende Ansehannng verflossen,^ sondern sie wäre nicht einmal in den anerkannten volkerrechtlichen Prinzipien begründet, wie sich durch eine grosse Zahl der besten Autoren nachweisen liesse, welche das Recht der Exterritorialität ausser dem Gesaudte.n und seiner Familie nur dem Gesandtsehaftspersonal und dem Gefolge und der Dienerschaft des Gesandten selbst, keiueswegs aber dem Dienstpersonal aller bei einer Gesandtschaft angestellten Sekr^tare oder Attaches zugestehen.

771

Es ist übrigens in dieser Materie Vieles schwankend und es gibt auch anerkannt gute Rechtslehrer , welche einem Bediensteten der Chefs de mission selbst, nur dann das Recht der Exterritorialität zugestehen, wenn derselbe im Hanse des Gesandten wohnt; die von uns gegebene Auslegung, dass der ausserhalb der Wohnung seines D.enstherrn wohnhaste Bedienstete eines Gesandtschaftssekretärs dem gewohnlichen Berichtsstande unterliege, kann somit sicher nicht als eine zu beschränkte^ angesehen werden.

Betreffend die fremden Konsulate in der Schweiz ist die Ertheilung des üblichen E^naturs zu melden sür : Dänemark an Hrn. Vrosessor I).... G a l i f s e als Konsul in Genf.

Frankreich an Hrn. E h e v a l i e r , seit 1860 Konsul in Genf, als Generalkonsul daselbst .

Jtalien an ^Hrn. Joh. Dom. Bruno als Generalkonsul iu Lugano und Hrn. M. S i m o n d e t t i als Vizekonsul daselbst, serner an Hrn. Eugen Gambini als Konsul in Gens.

das Königreich Sachsen an Hrn. Dr. Heinrich B odemer als Konsul in Zürich .

Uruguay au Hrn. Vietor B r a s f als Vizekonsul in Basel.

die Vereinigten Staaten von Nordamerika an Hrn. Arnold D e n z l e r als Konsularagent in St. Gallen , und nach dessen Rüktritt vom Amte, an seinen Nachfolger Hrn. Edwin E ollin.

Württemberg an Hrn. Albert R o o s c h ü ^ als Konsnl in Bern.

.^. .^n^wanderun^.

Mit den. Kredite für Beiträge an schweizerische Konsulate unter dem Titel für Auswanderung^weke ist anch die Besorgung der das Aus.vauderungswesen beklagenden Geschaste seit dem 1.. Januar 1866 vom Departement des Jnnern an das politische Departement über.^e-

gangen, womit dem Bostnlate I vo.n 2l. Jnli 1865 (Amtl. S. Vlll, 475) entsprochen ist. Das wichtigste der damals hängigen Geschäfte bildet der Bro^ess gegeu ^a^ Hans V e r g n e i r o , ans welchen wir unten zurükkommen werden.

Unter den fielen der europäischen Auswanderung stehen immer die Vereinigten Staaten von Nordamerika weit voran und ^war hat die Einwanderung im Jahr 1^66 die bedeutete Hohe von 287,000 Seelen erreicht, wovon allein in Rewhorl. 233,7l7 sich ^usgesehisf.. haben. Die Betl^.eiliguug der ^chwe^ wird auf 4700 ^er Gesammt^ahl und ans 3700 der in Rew.^ork Gelandeten veranschlagt.. Unter den Eins.hifsnngshäsen für die schweizerische Auswanderung steht in erster Reihe .^avre, dann Autwerpen und Liverpool und der geringste Theil dürfte.

sich über Bremen oder Hamburg begeben.

Bunde^a^. ^ahrg. Xl.^. Bd.I.

60

772 Und doch waren die Rachrichten über Erwerbsaussiehten nicht so günstig, um diesen massenhaften Andrang zu belustigen oder zu rechtfertigen. Von manchen Seiten wurde vor Auswanderung Unbemittelter dringend gewagt. Allerdings mag das neue Heimstättegesez, das dem ernstlichen Ansiedler so grosse Begünstigungen gewährt und durch Aufhebung der. grossen Landvet.kause den dem Einwanderer gefährlichsten Spekulanten das Ha.ndwerk gelegt hat, für manche eine Anziehung gehabt haben, die sie vergessen liess, dass zur Reise nach dem sernsten Westen und ^ur Ansiedlung eben noch mehr Mittel ersorderlieh sind als das knappe Uebersahrtsgeid. Die sehnelle Auflosung der grossen Heere^massen nach Beendigung des Bürgerkrieges stellte der Jndustrie wie dem Landbau eine solche Menge von Arbeitskrästen zur Verfügung, dass Reueingewanderte nicht mehr wie s^her aus baldige lohnende Beschästigung reehnen konnten , wosern sie nicht ein bestimmtes Reiseziel, eine bestimmte Verwendung in Aussicht hatten oder genügende Mittel zur Ansiedlung besassen. Daher mehrten sieh auch die Klagen über ^ufluss Unterstüzungsbedürstiger und wir sahen uns wiederholt durch die Berichte unserer Konsulate veranlasst, Warnungen vor unbedachter Auswanderung zu perossentlichen. Ramentlich führte der Missbrauch wieder zu Beschwerden, dass manche Gemeinden die elendesten ihrer Armen nach Nordamerika schiken, wo solche dann von allen Mitteln entblosst anlangen und sosort den Unterstüzuugsgesellschasten oder ...sfentlichen Armenanstalten zur Last fallen. Dieser Missbrauch hat auch die Aufmerksamkeit des Kongresses erwekt und wenn den. Uebel nicht in Europa gesteuert wird, so stehen Gegenmassnahmen der amerikanischen Behorden zu befürchten, die viel weiter greifende Folgen haben konnten. Dass auch von der Schweiz aus solche Abschiebungen stattgefunden haben, lässt sieh nicht bestreiten und mit Reeht wird daraus hingewiesen , dass derartige ^älle nicht nur ein hochst ungünstiges Licht auf die Schweiz uud aus unsere in Amerika schon angesiedelten Landsleute werfen müssen, souderu selbst srüher oder später, troz des besteheudeu guteu Einvernehmens zwischen den beiden Ländern, zu ernsten Reklamationen von Seite der Unionsregierung Veranlassung bieten dürsten. Wir haben deshalb auch nicht ermangelt, den Kantonsregierungen .durch ein besonderes Kreissehreiben
zu empsehlen, auf solche Missbräuche genaue Aeht bestellen zu lassen und deren Vorkommen nach Kräften zu hiudern.

Eines Spezialsalles, der zu lebhasten ^luschuldigungen in der Vresse und selbst im Kongreß zu Verhandlungen gesührt hat, indem vom Landrath von Baselland ein wegen Mordversuchs Verurteilter unter d.^r Bedingung begnadigt worden sein sollte, dass er nach den Vereinigten Staaten auswandere, erwähnen wir hier nur ans dem Grunde , .o.^ durch die Erhebungen, welche uusererseits gepflogen wurden, sobald u^ vom Falle nähere Kenntnis. erhielten, die vollige Grundlosigkeit. der

773 bezüglichen Reklamationen festgestellt wurde und der pom amerikanischen Konsulate in Basel darüber nach Washington erstattete Bericht als eine unrichtige und übereilte Anzeige sich erwies. Der Lan.drath hatte wohl von dem ihm zustehenden Rechte der Begnadigung eine^s Verbrechers , der nahezu die Hälfte seiner Strafzeit abgesessen und die günstigsten Zeugnisse über sein Verhalten vorgelegt hatte , ..gebrauch gemacht , die Bedinguug der Auswanderung, insbesondere nach den Vereinigten Staaten aber nie da.ran geknüpft. Wir gaben dem schweiz. Generalkonsul in Washington vom wahren Sachverhalte Kenntniss und selten ihn damit in den Fall, die darüber waltenden irrigen Ansichten offiziell zu berichtigen.

^ An Klagen wegen Uebervortheilung oder schlechter Behandlung gegen

Agenten, Kapitaine oder Schiffseigner ist Erhebliches nicht eingegangen.

Hinwieder hatte die Eholera für eine Anzahl Schwerer , die auf dem Dampfer Helvetia von Liverpool nach Rew..ork Gefordert werden sollten, Ziemlich unangenehme folgen. Anfangs. Mai berichtete der Konsul in .Liverpool den Ausbruch der wahrscheinlich durch Holländer eingeschleppten Seuche an Bord dreier Auswandererschiffe, worunter die ,,Helvetia^ , auf der eine ziemliche Zahl. Schweizer sieh eingeschifft hatte.

Die Helvetia musste naeh .Liverpool zurükkehren und dort eine längere Quarantäne bestehen, welche, da sür die Aufnahme der Bassagiere ansangs nur sehr mangelhast gesorgt werdeu konnte , mit dem mannigfachften Ungemach verbunden war. Dank der Tätigkeit der Hafenbehorden, sowie der Theilnahme wohlthätiger Gesellschaften und Vripaten wurde jedoch das Missgeschik, sür die ^ Schweizer besonders durch die

thätige Mitwirkung des eidgenossischen Konsulats, bald gemildert und am 29. Mai konnte das Schiff mit sast alten Bassagieren, namentlich allen Schweizern., wieder auflaufen.

Zur bessern Organisation der Auswanderung hat sich im Herbst 1865 iu Olteu der schweizerische Aus.vauderuugsverein gebildet. Sein Zwek soll in erster Linie sein, die kopflose Auswauderung iu eine wohlgeordnete umzuwandeln, die noch herrschenden Uebelstände in den europäischen und amerikanischen Seehasen, in denen die schweizerischen Auswanderer ge.^ohulich ein- und ausschiffen , nach und uach zu beseitigen und der Auswanderung sichere, gedeihliche Ziele zu geben. Der Verein glaubte eine wesentliche Forderung seiner Absichten in der Ausstellung von Spezialagenten auf einigen von der Auswanderung hauptsächlich berührten Punkten zu siudeu uud zwar sollten solche Agenten von der Bundesbehorde eruanut und besoldet werdeu. Er hat sieh hiesür nicht nur an den Buu^esrath, sondern auch an ^ die Buudesversammlung gewendet. Die ^ache liegt uoch in Behaudl.ung uud wir behalteu uns vor, über deu Gegenstand seinerzeit weitern Bericht zu erstatten. Vorderhand mag es nicht ausser Orts sein , der ^ache selbst unvorgreiflich, darauf a.usmerksam zu mach.en, dass solche Vorkehrungen besser der Vrivat-

774 thätigkeit überlassen bleiben und nicht wohl stichhaltige Gründe dafür geltend gemacht werden können, dass unser Staat noch weit über sein Gebiet hinaus gewissermassen eine polizeiliche Aussicht und Ueberwachung seiner das Land verlassenden Angehörigen sieh anmasse. Jn so weit die Personen . und Rechte unserer auswandernden Landsleute Gefahr lausen sollten, hat sich die konsularische Vertretung, wenn sie angerufen worden,. noch immer genügend erwiesen , und dass solche Spezialagenturen ohne den Beistand der Landesbehörden unmächt^ sind, besondern S^huz zu ver^ schassen, sieht leicht jeder ein. Run bestehen aber bekanntlich gerade in Rew-.^ork, Havre, Antwerpen, von der Landesregierung zum Schuze der Auswanderung eingesezte Behörden , bei denen der Auswanderer, wenn er sich im Rothsalle an sie wenden will, den besten Rath und Beistand finden .wird. Uns will daher jezt schon scheinen , dass der Verein am gedeihlichsten sein Augenmerk und seine ^Thätigi.eit der bessern Organisation der Auswanderung an ihrem Ursprung , der bessern Aufklarung und Belehrung über Ziele , Mittel und Wege der Auswanderuug im Vaterlande zuwenden würde.

Was die Auswaudernng nach andern Ländern als die Vereinigten Staaten anbelangt , so war sie nach Südamerika im Verhältniss zum Rorden unerheblich, nach Algerien gleich null.

Die Frage der Halbpachtkolonien in Brasilien hat zum Theil durch

das Einsehreiten der kaiserlichen Regierung, zum Theil durch die allmälige Auflosung der Kolonien selbst ihre Erledigung gefunden. Zur bessern Ordnung der Einwanderung und um daraus ein wirklich fruchtbringendes Element für die Entwiklung des Kaiserstaates zu machen, hat sich anfangs 1.^66 in Rio de Janeiro eine Gesellschaft zur Fordexung und ^um .^ehuze der Einwanderuug gebildet , welcher die bede..tendsten Männer des Landes, sowie viele der eiuflnssreiehsten in Brasilien ansässigen fremden beigetreten sind. Jhr Zwek soll nicht sowohl darin bestehen, propaganda für die Auswanderung zu machen, als vielmehr darin, bisher bestandene Hindernisse in der Gesezgebuug betreffend die Staatsländereieu, Raturalisatiou, Glaubensverhaltnisse, Stellung des .Arbeiters zum Arbeitsgeber und so weiter aus dem Wege zu räumen.

Die ersten Thätigkeitsäusserungen des Vorstands dieser Gesellschaft be-

weisen, dass ständniss zum bestrebt ist.

der iu ^olge

er seine Ausgabe ernstlieh auffasst und mit richtigem VerRn^en der Eingewanderten wie des Landes durchzuführen Auch imVrozesse gegen das Hans ^ e r g u e i r o ^Eomp., einer richterlichen Zwischenversügung eher als wegen der

Zahlungseiustelluug dieses Hauses seit ^ebrnar 1865 ga.nzl.ch gerecht

zu haben scheint, kann die Erstehung der erwähuten Gesellschast nur von Ruzeu sein. V e r g u e i r o .^ Eomp. hatten nämlich gleich beim Beginn des Rechtsstreites die Einrede erhoben, dass sie nicht in Santos belangt werden könnten, weil ihr Wohnsiz Limeira gewesen, und nachdem sie

775 mit dieser Einrede in erster Jnstanz nicht durchzudriugen vermocht, vom Bezirksrichter am 25. Februar 1865 ein Erkenntniss erwirkt, das die Einrede ^ur Behandlung im ordentlichen Rechtswege an den Richter von Santos zurukwies , womit die Sache dann aus verschiedenen Gründen in ein Stadium der Rnhe trat. .^as Generalkonsulat in Rio de Janeiro und der V.zekonsul in Eampinas thaten inzwischen ihr Mögliches, um die Sache einer Erledigung zuzuführen und ersteres suchte um die Ermächtigung nach, mit dem Hause V e r g u e i r o und Eomp., das inzwischen mit seinen Gläubigern ein Abkommen getroffen hat, einen Vergleich dahiu anstreben zu dürfen, dass einerseits die Gemeindevorschüsse allen schweizerischen Halbpachtkolonisten in der Brovinz S. Baoio erlassen werden, andererseits und als Gegenleistung V e r g u e i r o ^Eomp.

auf alle ihre Forderungen a.. die Kolonisten zu verzichten haben. Wir theilen diesen Vorschlag nebst einer einlässlichen Begründung desselben den betheiligten Kantonen mit und haben nach mehrfachen Zwischenver-

handlungeu die bedingungsweise Erlassung der Vorschüsse allseitig znge-

standen erhalten. ^ass der Generalkonsul davon den umsichtigsten Gebrauch machen wird, ist nicht zu bezweifeln. Hinsichtlich des Prozesses selbst haben wir übrigens schon im September dem Generalkonsul unsere Verwunderung darüber ausgedrükt , dass ein so einsacher Rechtshandel seit anderthalb Jahren herumgeschleppt werden könne. Sofern die brafilia.nische Gesezg..b...ng und Verwaltung es irgend möglich mache und der Generalkonsul es nicht für den Ansgang der Sache schädlich erachte^ moge er geeigneten ^rts darauf hinwirken, dass ein Entscheid endlich .ausgefällt werde. ^er Ausgang könne kaum zweifelhast sein , da das Haus V e r g u e i r o ^ Eomp. offenkundig iu Santos seineu Wohnsiz gehabt habe , was - von andern Beweisen abgesehen - klar daraus hervorgehe, dass eiuerseits die Konkursverhandlung vor dem Richter in Santos gepflogen und andererseits die iu Europa abgeschlossenen und hier besonders in .^rage kommeudeu Kolouisteuvertr..ge ausdrüklich Sautos als den Siz der Gesellschaft b.^eichuen.

.^ie ^chwei^erkolonie Reuhelvetia iu Uruguay ist in Folge der Ueber..ahme dur.h das Haus Schmidt, Kissling und Eomp. zu georduetern Verhältuissen gelaugt. ^ie Kolonisteu haben ihre rechtsgiltigen Titel und Kaufverträge erhalten und die Rachrichteu über Zustände uud Ernteergebuiss des l.^teu Jahres lauten befriedigeud. Zwar hat das Haus Schmidt , Kissling uud Eomp. seiue Zahlungen einstellen müssen, allein die Kolonisten scheinen dadurch in ihren Jnteressen und Rechteu in keiner Weise gefährdet zu seiu.

Eine dunkle Seite der schweizerischen periodischen Auswanderung bilden die meistens dem Kanton Tessin angehörenden Arbeiter , welche in grosser Zahl und fast ohne Mittel sieh uach Eghpten begeben, in der Hoffnung , dort Arbeit zu finden. Zum Gestern finden sie aber dort

776 ...

nur Elend und Krankheit, und fallen dann der Schwerer Gesellschaft in Alex^audrien zur Last. Jm abgewichenen Jahre ist diese Gesellschaft dermassen durch solche Arbeiter .in Anspruch genommen worden, dass ans^ nahmsweise Vorkehrungen uothig wurden. Richt weniger als Fr. 2000 hat die Gesellschaft 1866 nur auf Unterstü^ung und Heimschaffung tessinischer Arbeiter verwendet und daher unsere Mithilfe und Dazwischenkunft zur Verhütung unbedachter Auswanderung angesprochen. Dem Gesuche um Zuwendung eines Beitrages konnte unsererseits, weil der einschlägige Büdgetkredit schon verwendet war, nicht entsprochen werden .

hingegen theilten wir den uns zugekommenen Bericht der Regierung von Tessin mit, .am ihr zu ermöglichen, dem Uebel durch angemessene Weisungen an Gemeinde- und Bezirksbehörden an der Quelle schon eutgegen zu treten.

Mit der periodischen oder stetigen Auswanderung der Schweizer .stehen in enger Verbindung die 6. ^..ne^eri^en ^..^...ereme, die sich im Lause der Zeit in den meisten grossern Städten , wo eine irgend erhebliche ^ahl von Landsleuten sich niedergelassen hat, theils rein zu Wohlthätigkeits^weke.. , theils anlehnend an Vereinigungen zu geselligen Zweken gebildet haben. Der diesen Vereinen zu Grunde liegende Gedanke ist ein so edler, dem Ramen der Schweiz zur Ehre und bedrängten .L.andsleuten so sehr zum Frommen gereichender, dass die Theilnahme, welche durch Anweisung einer Beitragssumme aus Bundesmittelu dem Werke vou der eidg. Gesezgebung zugewendet .worden ist, .eine wohlverdiente gekannt werden darf.

Der Grundsaz, dass die Bildung neuer Hilsspereine mogliehst gefordert werden soll, hat bei der Vertheiluug des für 186.6 .angewiesenen

Kredits billige Berücksichtigung gesuuden, ohne dass dabei ältere Vereine

hintan gesezt worden wären. Bei Festsezung der Beitrags.^uoten waren .neben der Leistung des betreffenden Verein.s noch hauptsächlich folgende Bunkte massgebend .

1) Jst ein Verein noch jung und bedars er der Aufmunterung ^ 2) Haben die geleisteten Unterftüzungen die Jahreseiunahmen überstiegen oder sind sie unter der Einnahme geblieben ^ 3) Besi^t ein Verein bereits Kapitalvermögen und damit einen sichern Anhaltspunkt oder mangelt ihm ein solcher ^ 4) Spreehen öffentliche Ausnahmezustände für eine besondere Rüksichtnahme ^

777 Hiernach haben erhalten in Société philliclvétiqne in Brüssel . .

Belgien : Société suisse de charité in Berlin Deutschland : Schwei^erverein in Frankfurt a. M.

Schweizer Uuterstüzungskasse in Hamburg

Schweizer Gesellschaft in Leipzig

. .

Schweizerverein ,,Helvetia^ in Mannheim Schweizer Uuterftü^ungsverein in München Schwei^erverein ,,Helvetia^ in Stuttgart .^o.^été smsse de bienka.s...ncc in Bordeaux.

Frankreich : Caisse de secours du Consulat in Marseille .^oc^lé suisse de secours mutuels in Baris Société helvétique de b.^n^.sance in Baris Grossbritannien : Schweizer Kirche in London . . . .

..^cieté helvétique de bienfaisance in Jtalien : Genua

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Niederlande .

Oesterreieh : Portugal : Rnsslaud :

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^ ^

^ ^ ^ ^

^ ^ ^ .^

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Société suisse de blenf.nsance in Livorno Caisse de secours suisse in Mailand .

Société helvétique de bienfaisance in Reapel

^.

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^ .....

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.^Von Rom ist der Bericht der Gesellschaft ^u spät , aus Turin ist keiner eingelangt.)

C.^sse de secours suisse iu Amsterdam Caisse de secours helvétique in trieft .

Schweizer Unterstüzungsverein in Wien .

Société suisse de bienlaisancc in Lissabon ..

..

Moskau . ^eff^

^

75 100 600 75 400 150 tersburg 600 100 ^ ..

Barcelona 950 Rew-^ork ..

^. secours in Bhila^delphia 150 ^ ^ bienlais. in S.Franeiseo 1,000 Schweizerische Wohlthätigkeitsgesellschaft 200 Société suisse de bien^lsauce in Bahia 50 ^ pbilantropique suisse in Rio de 600 Societ... plülantropiqne suisse in Buenos ^400 Fr. 10,000 ^

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Spanien : Nordamerika :

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i u Washiugton

Südamerika :

75 75 100 75 50 50 75 50 150 300 750 1,400 300 100 100 100 800

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Janeiro

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A^res

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778 ^. funere Verhältnisse.

Rach Art. 23 des Bundesgesezes pom 16. Mai 1849 (A. S. l. 49) fällt in den Wirkungskreis des politischen Departements auch die Ansrechthaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung im Jnnern. Diese wurde im Berichtsjahre nirgends ernstlieh gestört. Zwar liess die Wahlbewegung im Kanton Genf auf die am 11. Rovember 1866 vorgenommene Erneuerung des Grossen Rathes ernstlichere Zerwürfnisse ^wischen den Parteien besürehten, und wirklich fand am Abend des 11. ein Zusammenstoss beim Wahlgebäude statt ; allein, dank dem entschiedenen, schnellen Einschreiten der Behörden, zu Ruhestörungen von etwelcher Erhebliehkeit kam es nicht.

Hingegen haben zwei Bestimmungen der Bundesverfassung dem Departement mehrfach Gelegenheit ^ur Bethätignng geboten.

Die eine ^lrt. 113) betrifft das Recht, dass 50,000 stimmberechtigte Schweizerbürger bei der Bundesversammlung perlangen dürseu, die Frage wegen Revision der Bundesverfassung an^s Volk zu bringen. An.^ lässlich der am 14. Januar 1866 über Annahme oder Verwerfung einiger revidirter Verfassungsartikel stattgehabten Volksabstimmung und der durch jene Revision gewekten Bewegung hat es sich gezeigt, dass über einzelne Bnnkte, wie dieses Recht ausgeübt werden soll, Zweifel walteteu.

Solche Unsicherheiten durften nicht fortbestehen und wir haben es daher für zwekmässig erachtet, einen diese Verhältnisse bestimmt ordnenden Gesezesvorschlag einzubringen, dessen Berathung beim Nationalrath noch

hängig ist.

Die andere Bestimmung ist im Art. 58 enthalten , wonach der ^rden der Jesuiten und die ihn. affiliirten Gesellschaften in keinen. Theile der Schweiz Aufnahme finden dürfen. Sowol durch die offentliehen Blätter als in anderer Weise hatte sich im gerbst die Kunde verbreitet, dass Angehörige des Jesuitenordens an öffentlichen .Lehranstalten ini Kanton Wallis wirken. Wir fanden uns dadurch veraulasst, gestü^t auf den oben angeführten Artikel der Bundesverfassung, die Regieruug von Wallis zur Auskunftertheiluug einzuladen. Jn ihrer Antwort vom 13. Rovember

gestand die Regierung die Richtigkeit der Thatsache zu, glaubte aber darin

eine Verlegung der von uns angerufenen Verfassungsbestimmung nicht erbliken zu sollen, indem nach der eidg. Gesezgebnng und nach bestehenden Verträgen Einzelne das Recht des sreien Aufeuthalts auf sehweizerischem Boden geuiessen und ein Vertrag oder Abkommen mit dem Orden oder zugewandteu Gesellschaften wegen Uebernahme des Erziehuugs^ wesens an öffentlichen Anstalten nicht abgeschlossen worden sei. Wir konu^n uns mit dieser Anschauung uumöglich einverstanden erklären und luden daher die Regierung, unter ausführlicher Darlegung unseres StandPunktes, .mit Schreiben vom 12. Dezember ein, im Kanton .Wallis Mit-

779 gliedern des Jesuitenordens jede offentliche oder private .Lehr- und Er^iehungsthätigkeit in Schule und Kirche zu untersagen und uns von der Vollziehung dieser Anordnung Kenntniss ^u geben. Die Regierung ist dieser Einladung laut ^uschrift vom 25. Januar 1867 nachgekommen, indem den betreffenden Lehrern auf Ende des Semesters gekündigt worden sei. Da jedoch sowol von ihrer als von anderer Seite bedenken gegen die Auslegung, welche wir dem Art. 58 gegeben haben, erhoben worden sind, Bedenken, .die in unsern Augen durchaus nicht als stichhaltig zu betrachten sind, so wird es am Vla^e sein, hier in der Hauptsache unsere Auslegung sraglicher Versassungsbestimmuug wiederzugeben, mit deren genauer Handhabung im Weitern das politische Departement, in Verbinduug mit dem Justiz- und Bolizeidepartement, nunmehr beauftragt und welche behuss Raehachtung durch Kreisschreibeu vom 24. Dezember sämmtlichen Kantonsregierungen ^ur Keuutuiss gebracht worden ist.

Es ist allerdings richtig, dass die Bundesverfassung nur den Ausdruk ,,Orden der Jesuiten^ gebraucht und nicht pou einzelnen Mitgliedern dieser Gesellschaft spricht. Da der Bundesrath die Bundesverfassung nicht zu diskutiren , ^ sondern nur zu vollziehen hat , so muss man vor Allem aus fragen , welchen Sinn und welche Tragweite der angezogene Artikel hat. Eine trokene, grammatikalische Jntexpretation einer Verfassungsbestimmung reicht nicht aus, wo die historische Entwiklung ^eigt, welches die Absicht der konstituirenden Versammlung uud welches der Grund der Aufnahme dieser Bestimmung ist. - Die je^ige Bundesversassung wollte offenbar eine ^ehnzwehr aufstelleu, dass die .sruhern kousessionellen Streitigkeiten und^ Kämpse sich nicht wiederholen , daher

hat sie in Artikel 44 dem Buud die ^flicht übertrageu, für Handhabung

des Friedens uuter den Konfessionen die geeigneten Massnahmen zu treffen.

Der Artikel 58 ift nur eine Konse.^ueuz des im Art. 44 ausgesprochenen Grundsazes, indem schon die Tagsazuug gefunden hat, dass die Wirksamkeit der Jesuiten in der Schweiz mit dem kousessiouellen frieden unter den Eidgenossen unverträglich sei.

Unterm 3. Herbstmonat 1847 behandelte die Tagsazung die AuGelegenheit der Jesuiten, die damals in der ganzen Schweiz ^u eiuer brennenden Frage herangewachsen war. Der Beschluss ging dahin, dass die Jesuitenangelegenhei.. als Bundessaehe erklärt und die Kautone, in welchen eine sormliehe Niederlassung .derselben stattgesunden, eingeladen wurden, die Jesuiten ans ihrem Gebiet zu entfernen und dass die Ausuahme des Jesuitenordens für künftige Zeiten von Bundeswegen untersagt wurde. Dieser Besehluss wurde damit motivirt, dass der Bund die Bflieht habe, für die innere und äussere Sicherheit und die Handhabung der Ruhe und Ordnung in der Eidgenossenschaft die erforderlichen Massregeln zu treffen, der Jesuitenorden aber diese Ruhe und .^rdnuug gefährde. Jn diesem Beschlusse wird bald von dem Jesuitenorden ge-

780 sprachen, bald aber nur schlechtweg von den Jesuiten. Wenn man in den eidg. Abschieden die Verhandlungen, die diesem Beschl.usfe vorausgingen, nachliest, so kommt man zu der vollständigen Ueb.erzeugung, dass die^Tags.^ung nicht bl.os das Zusammenleben einer bestimmten Anzahl Jesuiten im Au^e hatte, sondern die Wirksamkeit der Jesuiten, mogen solche einzeln oder in grössern Gruppen austreten. Aus Seite 220, Band I des eidg. Abschiedes vom Jahr 1847 ist dieses in ganz un-

zweideutiger Weise zu finden. Es heisst dort, dass die Mehrheit der

Kantone und der Gesandtschaften die einzelnen Mitglieder des Jesuitenordens weit weniger in ihrer Wirksamkeit als vereinzelte öffentliche .Lehrer, als vielmehr als Mitglieder .einer abgeschlossenen Kongregation beurtheile,die in den staatlichen Verhaltnissen nach Einsluss und Geltung strebe, wenn von solchen Korporationen und ihr^en Mitgliedern dem Lande Gefährde erwachse, so habe der Bund ebensogut das Recht einzuschreiten, wie wenn aus dem Treiben einzelner politischer Flüchtlinge dem Lande Rachtheile zu entstehen drohen.

Dieser Beschluß vom ^3. Herbstmonat 1847, dessen Sinn und Bedeutung aus dem soeben Angeführten ganz klar ist, bildet die Gruudlage für alle fernern Vorschriften in dieser Materie. Richt nur haben die betreffenden Kantone nach der bald daraus erfolgten Auflosung des Sonderbuudes durch besondere Dekrete die Jesuiten ausgewiesen und ihnen die Betretung ihres Gebiets verboten, welche Vorschrift gerade im .Kanton Wallis gegen Einzelne streng durchgeführt wurde, sondern der in die jetzige Bundesverfassung ausgenommene Artikel 58 ist nichts Anderes als der Tagsazungsbeschluss pom 3. ^erbstmouat 1847 in anderer Form.

Anfänglich stund der Artikel gar uicht in der Verfassung . man hatte sich begnügt, gerade auch in Beziehung aus die Jesuitenfrage auf die in Krast bestehenden Tagsazungsbeschlüsse ^u verweisen . erst in der zweiten Berathung erachtete man es am Blaze, des Verbots der Jesuiten noch besonders zu erwähnen, was in der vorliegenden Fassung geschah.

Aus dem Angeführten ergibt sieh mit logischer ^Rothwendigkeit, dass der Artikel 58, wie es schon der Tagsazungsbesehluss vom 3. Herbstmonat 1847 gethan hat, den Jesuiten weder ..^ls Korporation noch .als .einzelne Mitglieder des. Ordens eine Wirksamkeit in der Schweiz gestatten will. Es ist diess aber auch durchaus nothwendig, wenn der Artikel 58 d.er Bundesversassung nieht eine leere Vhrase sein soll. Die Verfassung will, dass die Jesuiten ihre Wirksamkeit nicht mehr auf die Schweiz .ausdehnen. Diesel geschieht aber nicht bloss, we^nn eine gewiffe Anzahl Vatres in einem Kollegium zusammenleben , sondern auch dann, wenn Einzelne da sind, um in Kirche und Schule zu wixk.en. Jedes einzelne Mitglied gehort dem Orden an und ist gehalten, den Zweken desselben zu dienen. Dieses gilt namentlich in Beziehung auf das Unter-

781 richtswesen, dem die Jesuiten ein Hauptaugenmerk ihrer Tätigkeit ^uwenden. Es ist eine unbestrittene Thatsache, dass die Jesuiten beim Unterricht und in der .^ehrweise ^ganz in ihrem Sinne verfahren und die Anordnungen und die Aussicht des Staates geradezu nicht anerkennen oder doch ^u umgehen wissen. ^..er einzelne Lehrer ist seinen Obern den strengsten ...gehorsam schuldig ; ihm sind nur die Weisungen seiner Obern massgebend.

^..mit ist aber keineswegs gesagt , d.a.ss ei^elnen Jesuiten , die Schw.e^erbürger sind oder solchen Sta.aten an^eh.oren, mit denen .die Schw.e^ in Ried.erlassnngsverträgen steht, der Aufenthalt untersagt .w^exden müsse, .wenn die Behörden steh überzeugen., d.ass solche Jn.dividue.n einfach als Privatpersonen leben und sich aller und jeder Thatigkeit jesuitischer .propaganda enthalten.

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Bericht des schweiz. Bundesrathes an die h. Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahr 1866.

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1867

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19

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

02.05.1867

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755-781

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