#ST#

Schweizerisches Bundesblatt.

XIX Jahrgang. l.

#ST#

Nr. 11.

16. Marz 1867.

Kommissionalberichte in

Rekurssache der Negierung von Zürich gegen die Berichte des Kantons .Basel - Stadt , betreffend Gerichtsstand in Kon kurs und Erbschaftssachen (Fall Rümbler)

I.

Bericht der Mehrheit der stauderathlichen Rekurskommission

(Vom 14. Dezember 1866.)

Der am 22. Juli 1865 in Winterthur verstorbene Melchior Küble r..

Troll , daselbst verbürgert und wohnhaft , betrieb unter der Firma ..Melchior Kübler durch einen Brokuratrager ein Handelsgeschäft iu Basel, wofür er dort die Niederlassung genommen und den dortigen Gesezen sich zu unterwerfen versprochen hatte. Auf Verlangen der Erben bewilligte das Bezirksgericht Winterthur unteren 16. August die Rechtswohll.hat des Jnventars, und uaeh Abschluss desselben wurde von den Erben der Antritt der Verlassenschaft ausgeschlagen und hierauf vom Bezirksgerichte am 20. Rovember der Konkurs über lettere eröffnet..

Bergl. Bundesralhsbeschluß vom 2o. April 1866. Bundesblatt Bd. n

S. 763 775.

Bundesblalt. Jahrg. XIX Bd.I.

27

306 Zugleich wurde an da... Eivilgericht Basel das Besuch gestellt, dass die dortigen beweglichen Aktiven mit Beschlag belegt, über die Liegenschaften aber ein Separatkonknrs eröffnet und nach ^dessen Durchführung ein allfällige^ Uebersehuss der Aktiven an die Hauptmasse abgeliefert werde.

Das Appellationsgericht des Kantons Basel^Stadt wies jedoch am 14. Dezember letztinftanzlich dieses Gesuch ab, gestuft darauf, dass es sich noch keineswegs um die Liquidation einer Fallimentsmasse handle, fondern um die Frage, ob der von den ..^übler'schen Erben in Winterthur erklärte und von der dortigen Gerichtsstelle anerkannte Erbverzicht auch für das in Basel belegene Handelsetablissement als verbindlich erscheine, welche Frage von den Basler Gerichten nach den dortigen Gesezen zu entscheiden sei. Gegen dieses gerichtliehe Erkenntniss beschwerte sich die Regierung von Zürich mit Zuschrift von. 25. Januar

1866 beim Bundesrathe und verlangte, dass dem Begehren des Bezirks-

Berichtes Winterthur entsprochen, eventuell, dass auch in Basel über die gesammte dortige Aktivmasse Konkurs eröffnet uud sämmtliche Gläubiger, also auch diejenigen, welche in Winterthur nicht vollständige Besriedigung finden, zur Anmeldung ihrer Ansprachen veranlagt und zur Lie^ndation zugelassen werden. Die Besehwerde gründet sich darauf , dass das Bezirksgericht Winterthur sowohl zur Erosfnung des Konkurses als auch zur Annahme des Erbverzichtes zuständig gewesen und legerer da-

durch sämmtliehen Gläubigern gegenüber rechtsgültig geworden sei. Hier-

aus folge, dass die nachgelassenen Aktiven, liegen sie wo sie .vollen, einem Konkursverfahren anheimfallen müssen, während es den Glaubigern unbenommen bleibe, die Erben an ihren.. Wohnorte zu belangen, wenn sie glaubeu, dass .Lettere durch Einmischung in die Erbsehaft sich für die Schulden des Verstorbenen hastbar gemacht haben. Wenu auch unzweifelhaft der ^all eines doppelten Domizils vorliege, so se^en doch

die beiden Konkordate vom 15. Juni 1804 uud 7. Juni 18l0 in allen

ihren Bestimmungen voraus, dass über das bewegliche Vermogen des Gemeinschuldners nur Ein Konkurs durchzuführen sei, und es koune keinen.. Zweifel unterliegen, dass hiezu dasjenige Gerieht zuständig sei, welches aus einem gesetzmässigeu Grunde ^nerst die Konkurseröffnung verfügt habe.

Zu.r Unterstützung dieses Rekurses sandte der Anwalt der minderjährigen Kinder Kübler nachher noch ein einlässliehes Rechtsstaaten des Hrn. Bro-

sessor l)r. Bluntsehli in Heidelberg ein. Das Appellationsgericht von

Basel-Stadt, zur Beantwortung ausgefordert, liess sich in eiue aussührliehe Widerleguug dieses Gutachtens ein, worin es namentlich nachzuweisen versuchte, dass das Konkordat vom 7. Juni 1810 aus den vorliegenden ^all keine Anwendung finden konne, einerseits weil unter ^.Essekten^ nicht auch die Aktiven einer Handelsfirma verstanden werden können, anderseits weil man beim Abschlusse des Konkordates ossenbar von der .Voraussetzung

307 eines einzigen Domizils des Falliten ausgegangen sei. Wenn aber das Konkordat aus die selbstständige Firma in Basel , für welche sich der Jnhaber dem dortigen Rechte unterzogen habe, keine Anwendung finde, so seien die. Beschlüsse des Bezirksgerichts Winterthnr in Bezug aus deren Vermögen nicht e^ee.uirbar, sondern es müsse die Liquidation der ^irma nach Basler'sehen Gesezen stattfinden. Dieses Verhältniss werde namentlich wichtig gegenüber den natürlichen Erben des Verstorbenen ; denn für diese werde die ^rage sich darbieten, ob sie, die Binder Kübler's aus erster Ehe, mit ihrer Muttergutssorderung bei Verkeilung einer Handels-Konkursmasse zuzulassen seien, sofern es sich herausstelle, dass in ihrem Ramen eine längere Fortführung des Geschäftes nach dem Tode des Vaters stattgesunden habe. Eine Frage des interkantonalen Erbrechtes, welche das vorliegende Rechtsgui.aehten annehme, liege überhaupt nicht vor.

Die Gerichtsschreiberei Basel behauptete ihrerseits in einer besondern Eingabe,^ dass Basel dem erbreehtlichen Konkordate von 1822 nicht beigetreten sei , somit für jeden Theil der Kübler'sehen Verlassensehast die Gesetzgebung desjenigen Kantons zur Anwendung komme, auf dessen gebiet sich der betreffende Theil befinde. Run gebe das Basler Gesel.. den Kreditoren einer dort erofsneten Erbsmasse. welche auswärtigen Erben zusalle, das Recht der Separation, d. h. sie können verlangen, dass die in Basel liegenden Aktiven zu ihren Gunsten li.^uidirt werden müssen. J.n Kübler'schen ^alle handle es sich um zwei Rachlassmassen , welche vier Mouate lang unabhängig von einander bestanden haben , w.^un nun uber ...ine derselben der Konkurs ausbreehe, so konne diess keinen Einflnss üben aus die andere Masse und deren Behandlung. Wenn die Kübler'schen Erben auf die in Winterthur liegende Masse verzichtet haben, so habe diess nicht auch den Verzieht aus die Basler Masse zur ^olge , denn in Basel konue nur innerhalb zwei Monaten nach dem Todessalle unter Vorladung der Kreditoren der Erbverzicht erklärt werden.

Der Bundesrath hat nun unterm 25. April 1866 einen Entscheid gefällt, der den Wünschen und Begehren keiner Bartei ga..^ entsprach, er hat sieh uämlich sür die Berechtigung der Basierten Behordeu , einen Separat^ K o n k u r s über die Firma Meleh. Kübler in Basel einzuleiten, dagegen sür die Unzulässigkeit der Eroffuung eiuer Separat- E r b s c h a f t in Basel und somit für die Berechtigung der Züreher^seheu Behorden,

über die Gültigkeit. des Erbverzichtes bezüglich der gesammten Erbsmasse

^u urtheilen, ausgesprochen. Dieser Entscheid gründet sich auf folgende Rechtsausführung: Die .^rage,. ob neben dem Konkurse am Wohnorte des Gemeiusehuldners noch die Erofsuung eines Separatkoukurses an. ^il^e der jenem zngehoreuden, aber in einem andern Kanton dou.iflirten Firma ^nlässig sei, müsse zu Gunsten der Basier'schen Staatshoheit b e j a h t Werden. Die in Basel eröffnete ^irma sei äusserlich

308 ein selbstständiges Geschäft mit selbstständigem Domizil gewesen. Die .Kreditoren der Firma haben ntit dieser kontrahirt und zwar unter der Voraussetzung des Schuhes der Basler'schen Gesetzgebung . sie seien so^ mit berechtigt, sich für ihre Befriedigung an die Firma zu halten, und es sei unzulässig , sie behufs derselben an eine andere Verson zu weisen, mit der sie in keinem Verkehr gestanden, und einer auswärtigen Gesetzgebung zu unterwerfen. Aus dem Grundsatze der Einheit und Universalität des Konkurses konne das Gegentheil nicht gefolgert werden, weil dieser Grundsatz - abgesehen davon, dass er von den Bnndesbehorden nicht absolut anerkannt worden sei - aus den vorliegenden Fall gerade so wenig Bezug habe, als die angerufenen Konkordate. Es müsse nämlieh unterschieden werden zwischen der Firma , die nach anssen hin als eine selbstständige Versonlichkeit erscheine, und ihrem innern Verhältnisse

zu den Antheilhabern des Geschäftes. Der zusällige Umstand, dass

Kübler alleiniger Jnhaber des Geschäftes gewesen, konne am Grnndsatze nichts ändern. Sobald man aber jene Unterscheidung treffe, gestalte sich das Reehtsverhältniss in allen derartigen Fällen sehr einfach. Der Antheil eines Konkursiten an einer ausser dem Kanton liegenden Firma falle als personliches Guthaben in dessen Konkurs ; die Grosse des diessfälligen Guthabens aber werde festgestellt im Separal^onkurse der Firma.

Ergebe sich dabei ein Aktivum, so werde es unter die Gläubiger des erster^ Konkurses vertheilt . ergebe sich ein Vassivum, so mogen die nicht

befriedigten Gläubiger des Separatl.onknrses ihre Befriedigung weiter

in ersterm Konkurse suchen. - Was die erbrechtliche Frage betreffe , ob die Kübler'sche Verlassenschast, soweit sie in Basel liege, von der Baslersehen Staatshoheit regiert werde, so müsse das Konkordat über Erbrechtsverhältnisse vom 15. Jnli 1822 gegenüber Basel zur Anwendung kommeu. Bei Abschluss jenes Konkordates habe nämlich Basel erklärt, dass es in Ansehung der Erbschasten ab intestato unbedingt die Geseze und den Richter der Heimath anerkenne , da es sich nun im vorliegenden Falle um eine Erbsehaft ^.b intestato handle , so sei das Gesetz und der Richter des Heimatkantons massgebend. Sollte mau aber auch durch obige Erklärung Basel nicht für verpflichtet erachten wollen, so sei nur die Firma Kübler, nicht aber auch deren Jnhaber in Basel niedergelassen gewesen, und es habe die Verson des Melch. Kübler, da sie.

niemals in Basel wohnte, hinsichtlich ihrer Beerbung nicht unter Baslerscher Gesetzgebung gestanden. Es konne somit von Erofsnung. einer Separaterbschaft in Basel nicht die Rede sein, sondern es erseheine der Antheil des verstorbenen Kübler an der ^irma in Basel als einfacher Vermogenstitel eines unter Z.n.cher'scher Gesetzgebung verstorbenen Erblassers, und es bedürfe keines besondern Erbverzichtes auf dieses iu Basel liegende Vermogensstück ; dagegen stehe es den Kreditoren der Basierten Firma frei, entweder den Erbverzicht selbst vor den Zürchersehen Gerichten anzufechten, oder durch das Mittel e.n.^r personliehen

309 Klage die Vräsumtwerl..en für allen Schaden zu belangen, welcher durch deren Einmischung in das Geschäft oder deren Säumniss entstanden sein sollte.

Gegen diese Entscheidung des Bundesrathes ist nun von nicht weniger als d r e i verschiedenen Seiten der Rekurs an die Bundesversammlung ergriffen worden. Wir dürfen es nicht unterlassen, diese Beschwerden noch etwas näher zu untersuchen.

1.^ Hr. Brokurator Hanser in Winterthur, Samens der minder-

jährigen Kinder Kubler, stellt das Rechtsbegehreu : ^s sei das in Basel befindliehe Vermogeu des verstorbenen Melch. Kübler in die Masse des über seinen Rachlass in Winterthnr erosfneten Konknrses abzuliefern.^ Zur Begründnug dieses Gesuches wird in faktischer Beziehung nachgetragen : Jn Basel liege gegenwärtig das Hauptvermogeu des Melch.

Kübler.^ es repräseutire dasselbe nach dem Resultate der stattgefundenen Versteigerung einen Werth von Fr. 83,000, während der Werth des in Winterthnr vorhandenen Vermögens nicht einmal den Betrag von

^.r. 10,000 erreiche. ^ie Schulden, welche sich aus den Handels^.

büchern ergeben, betragen eirea ^r. 77,000, und die übrigen Schulden

im Kanton Zürich, die aber wesentlich für das Handelsgeschäft in Basel

verwendet worden seien , steigen ungesähr aus die nämliche Summe.

Rach der vom Buudesrathe gegebenen Wegleitung würden also die Han-

delsglänbiger vollständig bezahlt werde.. und es siele uur der Ueberschuss von 5 bis 6000 Fr. in die Hauptmasse. dieser Ueberschnss und die in Wiuterthur befindlichen A^tiveu decken zusammen kaum 20 ^ derjenig^n ^chuld^n, welche von der Basler Aktivmasse ausgeschlossen werden sollen. Jn rechtlicher Beziehung findet Hr. Hauser die Grundan-

sieht des Bundesrathes, dass die Ein^elfirma, gleichwie die Gesellschafs-

sirma, eiue von dem Juhaber und Träger verschiedene Bersou sei, durchaus unbegründet. ^ie Gesellsehastssirma werde - zwar auch nicht ohne starken Widersprnch vieler Rechtsgelehrteu --- nur desshalb als eine xelativ-eig.^nth.imliehe Verson betrachtet, weil ste ein aus mehrern Theilnehmern ^usammengesel^ter Korper sei, der als ein Ganges in den kaufmännischen Verkehr eintrete. Wenn dagegen eine einzelne bestimmte Berson zugleich Handelsmann sei, so koune mau nach bisheriger Theorie und Bra^is uicht von zwei Bersonen redeu , währeud iu Wahrheit uur Eiue Berson da sei , welche iu verschiedenen Beziehungen stehe. Es habe nicht zwei Versoueu Meleh. Kübler^Troll gegebeu , die eine als lebendiger Mensch in Wiuterthur, die andere als ^irma in Basel, son^ dern nur Eine Verson, welche iu Winterthnr wohnte und zugleich ein Haudelsetablissement in Basel hatte. So wenig, wenn er in Zürich

ein solches Gesehäst gehabt hätte, die Handelsglänbiger einen Separat-

konkurs fordern dürften , obgleich sie ihn in Zürich nuter dem Ramen der Firma belaugeu konnten , so wenig kennen nuu die Handelsgläu-

310 biger in Basel einen Separatkonkurs verlangen, obschon er daselbst ein Domizil hatte. Die Entscheidung des Bundesrathes würde, wenn sie bestätigt würde, weit über die interkantonale Streitfrage hinauswirken und geradezu das bisherige Brivatrecht aller schweizerischen Kantone gründlich andern.

2. Hr. Vrokurator Z i e g l e r in Winterthur. Samens der Wittwe Kübler geb. Troll und ihres Vaters , Spengler Joh. Troll daselbst,

wünscht ^in erster Linie Anfreehthaltnug des Entscheides des Appellations-

gerichtes Basel-Stadt. in zweiter Linie einen Separatkonknrs in Basel o h n e E r w ä h n u n g der F i r m a , in dritter Linie konnte er aneh dem Rechtsbegehren des .^rn. Hauser beistimmen. --- Die Rekurs.christ führt in faktischer Beziehung an, dass die Wittwe Troll und ihr Vater zu den in Basel angemeldeten Erbschaftskreditoren gehoren, die, wäre nicht.

die Jnterventiou der Regierung von Zürich erfolgt, nach der in Basel bestehenden Raugordnung besriedigt worden wären. Dabei wird bemerkt, dass nach zürcherischem Rechte, das in dieser Hinsicht anch in Basel an..

erkannt werde, die Wittwe nicht eigentliche Jntestaterbin sei , also sür die Schulden des Nachlasses nicht hafte, vielmehr nur bei einen.. folventeu Nachlasse eine gewisse ^.note desselben als Statntarportiou beziehe , bei einem insolventen Nachlasse aber einsaeh als Kr.^ditorin erscheine. -. Jn rechtlicher Beziehung bestreitet Hr. Ziegler den Bnndesbehordeu ebenfalls das Recht , den ^.audelsglänbigern einer Einzelsirma eine bevorzugte Stellung gegenüber den Brivatglänbigern des ^irmanten anzuweisen, was sür seine Kommittenten, sowie sür viele andere Kreditoren des Verstorbenen in Winterthnr die Folge hätte, dass sie mit ihren Forderungen gänzlich zn Verlust kommen würden. Die Fir^na eines Kaufmannes ^ sei nichts Anderes als der R a m e , unter welchen. er ini Handel seine Gesehäste betreibe und seine Unterschrift abgebe . der Kausmann als solcher habe tro^ der Fixma nicht eine besondere Versouliehkei^.

Eine gesteigerte Wirknug der Handelsfirma kennen einzelne Gese^gebnugen nur da, wo der Träger derselben nicht in einer einzelnen Verson, sondern in einer Gesellsehast von Versouen bestehe. Hier neige sich ^ allerdiugs die neuere Doktrin dahin , die Geseilsehast (nicht die Firma) als juristische ..^.rson anzuerkennen, in deren Konknrse die Gesellschastsgläubiger vor den Gläubigern der einzelnen Associés ans dem Gesellschastsvermogen zu befriedigen seien. ^.lber diese exzeptionellen R^ehts^ruudsäl^e haben sieh nur um der besondern Ratur solcher ^lssoeiatioueu willen eingebürgert und .es dürfen daher die bloss der Gesellschasstlehre angehorenden Sä^e keineswegs allgemein auf die Handelsfirma , auch da, wo der Träger derselben eine einzelne Person sei, angewendet werden, sofern man nicht die Sache mit der Form verwechseln wolle. Ueberdiess sei die Frage, welche rechtliche Bedeutung eine Firma habe, rein privatrechtlicher Ratur und müsse daher dem Entscheide der zuständigeu Ge-

311 richte überlassen werden. der Bundesrath hätte, wenn er ^ die Baslex Berichte für berechtigt hielt, ein selbstständiges Konkursverfahren in Folge des Domizils von Melch. Kübler in Basel. durchzuführen, es denselben überlassen sollen , ob sie Konkurs erofsnen wollen über die Firma .,M. Küblet in Basel oder übex den Raehlass des Verstorbenen, welcher sich daselbst befinde. Es handle sich im vorliegenden Falle eigentlich darum, den entstandenen Kompetenzkonflikt in seiner ursprünglichen Gestalt wieder herzustellen und von einem schiefen Standpunkte zurückzuführen , auf welchen sieh der bundesräthliche Entscheid gestellt habe , indem ex auf ein ganz entlegenes, heterogenes Gebiet zurückgriss. - Hr. Ziegler sucht dann, in Uebereinstimmung mit den Basler Behorden, nachzuweisen, dass ans den vorliegenden Fall weder das konkursrechtliche , noch das erbrechtliehe Konkordat. Anwendung finde, und hebt in letzterer Beziehung hervor, dass der Kanton Basel durch ..die Anerkennung der Gesetze und des Richters des Heimathl^antons in Ansehung der Erbschasten ab in..

tesl^to^ noch durchaus nicht auf selbstständige Beurteilung der Frage

Verzicht geleistet habe, ob hinsichtlieh der in Basel liegenden Erbschafts-

aktiven eines daselbst domizilirt gewesenen Schweizerbürgers die Ver^ lassenschast als von den Erben angetreten zu betrachten sei.

3. Hr. Eivilgerichtspräsident Schnell, Ramens der Gerichtsämter der Stadt Basel, stellt das Gesuch : Es seien die Basler Behorden für befugt zu erklären, mit dem in Basel liegenden Vermögen des Meleh.

Kübler.. Troll einzig nach Massgabe der Basler Gesetze zu versahren.

Die Gerichtsämter gestehen vorerst,^ dass ihre Auffassung mit dem ersten Theile der Rekursschrift des .^rn. .^anser, betreffend das Verhältniss eines Kaufmanns ^ur ^irma, im Wesentlichen übereinstimme. Jn Basel halte ma.. es selbst im Konkurse einer Kollektivgesellschast sur richtiger, keinen selbstständigen Konkurs für die Gesellschaft zu erosfnen , sondern das Handelsvermog.m in so viel.^ Massen auszulosen, als ...lssoeies seien, jeder dieser Raten das Brivatvermogen des betreffenden Assoeie beizusügen, dann die ^rivatgläubiger eines Assoeie an die Confermasse desselben, die Firmagläubiger aber an alle diese Sondermassen zu weisen.

Um so weniger werde ein Unterschied zwischen der Einzelsirma und ihrem Jnhaber gemacht, vielmehr sei in diesem Falle nach dortiger Aussassuug bloss Eine Masse vorhanden. Die Gerichtsämter sprechen daher im ^alle Kübler die Kompetenz nicht aus dem Grunde für sich an, w.eil die ^irma ein von ihrem Jnhaber verschiedenes Rechtssnbjel.t sei, sondern darum, weil Kübler in Basel formlich niedergelassen gewesen sei und für alle dort kontrahirten Verbindlichkeiten bei der Einschreibung seiner ^irma in's. Haudelsverzeichniss sich ausdrücklich den dortigen Gesetzen und Behorden unterworfen habe. Die Gerichtsämter berufen sich dabei namentlich auch aus die zahlreichen Entscheide der Bundesbehorden, welche dahin gehen, es seien die Kantone in eivilreehtlichen Verhältnissen

312 bezüglich des auf ihrem Gebiete befindlichen Vermögens souverain , soweit fie nicht durch Bundesgese^e oder Konkordate beschrankt seien. Auf den vorliegenden Fall nun könne das Konkordat über Fallimentssälle aus de.t. Grunde keine Anwendung finden , weil er in demselben gar nicht vorgesehen sei. Das Konkordat wolle offenbar nur verhüten, daß über bewegliches und unverpsändetes Vermögen eines Falliten an einen.

andern Orte eolloeirt werde, als da, wo derselbe ein D o m i z i l hatte.

Wie der ausreehtstehende Schweizer nur da , wo er ein Domizil habe, .belangt werden könne, so dürse auch dessen Masse nur an einem solchen Orte lie.uidirt werden. Wenn aber z w e i Domizile vorliegen, so habe derjenige, der die Vortheile beider geniesse, beziehungsweise seine Erben, an beiden Orten Alles zu erfüllen , was die territorialen Geseze mit sich bringen, oder aber die Folgen der Unterlassung zn tragen. Raeh Basler Recht gelte die Erbschaft als a n g e t r e t e n , wenn die Erfordere nisse des Erbver^ichtes nicht erfüllt worden seien, und wenn sich in einem solchen Falle die auswärts wohnenden Erben nicht zu Bezahlung der Schulden herbeilassen, so sei die Behörde verpflichtet, die .Aktiven zu li^nidiren, den Erlös an die Kreditoren zu vertheilen und bloss einen allsäl.ligen Ueberschuss den Erben zu überlassen. Sollten hingegen im vorliegenden Falle die Basler Behörden gehalten sein, weil in Winterthur nach dortiger Aussassung verziehtet worden, ebensalls einen Erbverzicht als vorhanden anzunehmen und das Haftvermögen an die Winterthurer Behörden auszuliefern, so würden diese es an die Erben unter der Rubrik .,Weiber- und Kindergut^ in privilegirter Klasse vertheilen und die eigentlichen Kreditoren würden das Rachsehen haben. - Was das erbrechtliche Konkordat betrisst, so behaupten die Gerichtsämter gegenüber den. Bundesrathe, dass die Erklärung der Gesandtschast von Basel an der Tagsal^ung sich nur auf das Erbrecht im eigentlichen ^inne bezogen habe, d. h. auf die Frage, wer in Fällen, wo kein Testament vorliege, Erbe und wie die Erbsehast zu vertheilen sei. Rieht aus die gleiche Linie sei hingegen die Frage nach den Erfordernissen des beneticinm mv^nl^ru und des Erbverzichtes zu stellen, bei welchen Verhaltnifsen es sich ja wesentlich um die Beziehungen zwischen den Erben und Dritten,^ nämlich den
.Kreditoren des Verstorbenen, handle, welche eher nach der Analogie^ des Konkurses zu behandeln seien, als nach den für das Erbrecht geltenden Prinzipien. Sicherlich hätte selbst Zürich im vorliegenden ^alle süx das benelicmm inventarii und den Erbverzieht keine Kompetenz in Anspruch genommen, wenn nicht der Verstorbene neben dem Bürgerrechte auch ein Domizil in Winterthur gehabt hätte.

Gehen wir nun z.ur eigenen rechtlichen Erörterung des vorliegenden, ziemlich verwickelten Streitfalles über, so bedauern wir, mit der Erklarung beginnen zu müssen, dass die Mehrheit der Kommission so wenig

313 wie die drei vorliegenden Rekursschristen den vom Bundesrathe eingenommenen Standpunkt als den richtigen betrachten kann. Rieht allge^ meine handelsrechtliche Theorien , mögen sie nun begründet sein oder nicht, können einen Kompetenzkonflikt zwischen den Behörden zweier Kantone entscheiden, sondern nur das bestehende positive Bundesrecht , im Spe^ialfalle namentlich die eidgenossischen .Konkordate .über das Konkursrecht, wobei auch uoch diejenigen Rechtsgrundsä^e in Betracht gezogen werden mögen, welche in Bez..g ans die rechtliche Stellung der Handelsfirmen nach Gese^ oder Uebung in den beiden betheiligteu Kantonen Zürich und Basel gelten.

Wenn wir hauptsächlich die bestehenden konkursrechtlichen Konkordate von 1804 und 1810 als massgebend erklärt haben, so müssen wir vorerst der Einwendung der Basler Behörden begegnen, dass dieselben auf den porliegenden Fall keine Anwendung finden können. Es stü^t sich diese Einwendung wesentlich ans folgende zwei Gründe . 1) Unter dem Ausdrucke . . E f f e k t e n ^ können bloss einzelne Mobilen, . nicht aber die gesammten Aktiven einer Handelsfirma verstanden werden. 2) Die beiden Konkordate setzen voraus . dass der Fallit bloss Ein Domizil habe,

schließen aber bei doppeltem Domizile die Möglichkeit zweier Konkurse

der nämlichen Bersou , beziehungsweise zweier getrennter Liquidationen ihres Nachlasses nicht aus. -- Was die erste Frage betrisst, so ist zu berücksiehtigeu, dass das Konkordat vom 7. Juni 1810, in welchem der

Ausdruck gebraucht wird . ,,Alle einem Falliten zugehörigen Effekten sollen

iu die Hauptmasse fallen^ , offenbar auf's^ Engste zusammenhängt mit Art. 3 des altern Konkordates vom 15. Juni 1804^), welches vorschreibt.

,,Es dürfen nach ausgebrochenem Falliment keine Arreste auf b e w e g l i eh e s E i g e n t h u m des ^alliteu anders als zu Gunsten der ganzen Schuldeu-Masse gelegt werdend Es ist daher auch in der Bra^is der Bnndesbehorden das Wort ^Esfekten^ nie anders verstanden worden als in den. Sinne, dass es alle Vermögensgegenstände des Konkursiteu mit Ausnahme der Jmmobilien umfasse. freilich macht dann das Konkordat von 18l0 selbst einen Vorbehalt zu Gunsten allsälliger, auf den beweglichen Sachen hastender Pfandrechte, und daher drückt sich die le^te

Rekursschrift der Basler Gerichtsämter selbst , welche den Ausdruck

,,Esfekteu^ nicht mehr betont, ganz richtig ans, wenn sie sagt, .,das bewegliche und uuverpfändete Vermögen eines ^alliten^ müsse in die Masse sallen. -- Von grosserer Bedeutung ist offenbar der zweite Grund, welcher gegen die Anwendbarkeit des Konkordates angeführt wird. Wir längnen nicht, dass der Fall eines doppelten Domizils ^ur Zeit des Abschlusses der beiden Konkordate noch nicht so häufig vorkam wie hentzutage, und es n^ag sein, dass n.an an denselben weniger gedacht hat als .^) .^e Gesetzsammlung Bd. I, S. 284.

314 an den gewöhnliehen Fall des .einfachen Domizils. allein der Wortlaut der beiden Konkordate ist eben ein ganz a l l g e m e i n e r und gestattet keine Ausnahme von dem Grnndsa^e, dass alles bewegliehe, unverpfändete Vermögen eines ^.alliten in die Hauptmasse fallen müsse. Der ^weck, den die Konkordate vorAngen hatten, war offenbar kein anderer, als in Fällen, wo das bewegliche Vermögen eines Gemeinschuldners in verschiedenen Kantonen liegt, das N e b e n e i n a n d e r b e s t e h e n mehx e r e r K o n k u r s e oder Liquidationen, wie solche bei Staaten, die dureh keine Verträge unter sich gebunden sind, wohl vorkommen können, beziehungsweise auch ein V o r r e c h t der in e i n e m K a n t o n wo...,n e n d e n G l ä u b i g e r an den in diesem Kanton befindliehen beweglichen Aktiven zu v e r h ü t e n . Die Einheit und Universalität des Konkurses ist daher auch in einer Reihe von Entscheidungen der Bundesbehörden als die leitende Grundidee der beiden Konkordate hingestellt worden,

und wenn die Motivirung des bundesräthliehen Entscheides sich ans Fäll^

beruft, wo jeuer Grnndsa^ nicht unbedingt anerkannt worden sei, so waren diess Konflikte mit auswärtigen Staaten, welche hier, wo es sich um Auslegung eidgenossischer Konkordate handelt , nicht in Betracht kommen konnen. - Jst aber die Einheit des Konkurses einmal als Vrinzip unsers Bundesrechtes augeuommen , so dürfen Ausnahmen von dieser Regel nur insoweit zugelassen werden als der Wortlaut der Konkordate es mit sich bringt. Dass ledere einen Vorbehalt machen für den Fall doppelter Niederlassung, beziehungsweise eines besondern Handelsdomizils des Konkursen, wie ähnliche Vorbehalte sich in Ko..kursv..rträgen auswärtiger Staaten finden u.ogeu, kann gewiss von keiner Sette behauptet werden. Es ist vielmehr zu berücksichtigen, dass bei der in der Schweig nun einmal rechtlich bestehenden Möglichkeit eines doppelten Domizils und der grossen ^ahl von Fällen, in welchen dasselbe in der Wirklich^ keit stattfindet, gerade dem llebelstande , den die Konkordate verhüten wollten , nämlich der Durchsührung zweier oder noch mehrerer Konkurse über die nämliche Verson, Thüre und Thor geöffnet würde. Allerdings sind in ^älle.. , wo Jemand in zwei Kantonen niedergelassen ist , die Behörden des einen wie des andern Kantons befugt, den Konkurs über ihn ^u eroffnen, uud es kommt unsers Erachteus, wenn ein doppeltes rechtliches Domizil vorliegt , aus das faktische Wohnen am einen oder andern Orte nichts an. Ju uuserm ^alle wären sicherlich auch die Basler Behörden besngt gewesen , über den Rachlass Melchior Kübler^s den Konkurs zu erosfuen, weil er dort förmlich Domizil genommen und deu Gesezen und Behordeu von Basel^Stadt sur sein dortiges Handelsetablissemeut sich unteru..orseu hatte. Basel- Stadt hat indessen den Konkurs uieht erösfnet, dagegen ist dieses vou den zuständigen Behörden in Winterthnr geschehen und in Folge dieser allgemein anerkannten Thatsache kann nach den Konkordaten über die in Basel befindlichen Aktiven nur insoweit eine besondere ^nidation stattfinden, als dieselben beim

315 Tode Kübler^s in Liegenschaften bestanden ^ die übrigen Aktiven aber sind an die Fallimentsmasse in Winterthur abzuliefern.

Vergleichen wir mit diesem Resultate, welches wir durch eine ungezwungene Auslegung und. Anwendung der beiden konkursrechtlichen Konkordate gewinnen, die Motiviruug des bundesräthlichen Entscheides, so .muss uus auf den ersten Blick aufsallen, dass lettere aus jene Konkordate eigentlich gar nicht eingeht. Sie findet, ohne es ganz klar hervorzuheben, dieselben auf den vorliegenden Fall aus dem Grunde nicht an..

wendbar, weil die ^irma Melchior Kubler in Basel und der in Winterthur verstorbene Melchior Kübler nicht eine und dieselbe Berson, sondern zwei verschiedene, ihrer rechtlichen Stellung nach getrennte Bersonlichkeiten gewesen seien. ^ie in der Wissenschaft sehr bestrittene ^rage, ob eine Einzelsirma von der Berson ihres Jnhabers abgelost und als eine selbslständige juristische Verson behandelt , daher auch ein besonderer Konkurs der ^irma neben demjenigen i^res Trägers erossnet werden

konne, ist in den Rekursschristen gegen deu Entscheid des Bundesrathes ausführlich behandelt worden. Wahr ist es , dass selbst die juristische Persönlichkeit der Kollektivgesellschast noch keineswegs allgemeine Aner-

kennung gefunden hat, wie sie denn gerade in Basel nicht augeuommen wird , und dass die vom Bundesrathe aufgestellte Theorie noch viel weniger als allgemein anerkannter handelsrechtlicher Grundsa^ gelten kann, zumai eben manche Gründe dafür sprechen , die Handelsgesellschast als juristische Berson anzuerkennen, welche b^i der Ein^elfirma nicht zutreffen.

.Indessen wollen wir gar nicht bestreiten, dass, so gnt wie manche neuere Gesetzgebungen die Handelsgesellschast als eiu selbstständiges, von der

Persönlichkeit der Gesellschafter abgelostes Rechtssubjekt behandeln, das

Rämliche auch geschehen konnte in Be^ug aus die Einzelfirma , die sicherlich ebenfalls als rechtlich unabhängig von der Berson des Jnhabers

gedacht werden kann. Allein diese blosse Möglichkeit einer der-

artigen Reehtsanschauuug kann doch gewiss im vorliegenden ^alle nicht genügen, um den in den Konkordaten ausgestellten Grundsal^ der Konkurseinheit sur unanwendbar zu erklären , sondern es ^nüsste nachgewiesen werden, dass in der W i r k l i c h k e i t in Basel oder in Zürich die Einzelsirma als juristische Verson gelte und il.^r Konkurs getrennt von demjeuigen ihres .Jnhabers durchgeführt werde. Run aber steht die That.

sache fest, dass dieses weder im einen uo.h im andern Kauton der Fall

ist. iu ^ürich .oird nur die Kollektivgesel.lschast, nicht aber die Einzel-

firma iu gewissen Beziehungen als juristische Berson behandelt, und in Basel gilt überhaupt ^ie Handelsfirma, selbst wenn sie aus mehreru Ge-

sells^asteru besteht, nicht als selbststäudiges Rechtssubjekt, soudern nur

diese Gesellsehaster werden , übereinstimmeud mit dem altern gemeinen Rechte, als Träger ihrer Rechte und Verpflichtungen angesehen. demnach glauben wir, man dürfe den Bodeü des positiven Rechtes nicht so weit verlasseu, dass man, auf eine blosse, in deu betheiligten Kantonen uicht

316 xezipirte Theorie gestützt, eine Ausnahme von dent, in den Konkordaten anerkannten Vrinzip der Konkurseinheit ausstellt, sur welche die Konkordate selbst keinen Anhaltspunkt gewähren.

Gehen wir nun noch über zu der weitern Frage , inwiefern das e r b r e c h t l i c h e Konkordat von 1822 auf den vorliegenden Fall zutreffe.

Es lässt sich jedenfalls nicht unbedingt sagen, dieses Konkordat sei für

Basel-Stadt nicht verbindlieh ; vielmehr hat dieser Kanton, wie auch die dortigen Gerichtsämter in ihrer Rekursschrift zugeben, den Grundsa^ der Jurisdiktion des Heimathortes jedenfalls insoweit .anzuerkennen, als es sich um die Fragen handelt, wer Jntestaterbe sei zu dem Rachlasse eines Verstorbeneu, und w i e dieser Raehlass unter mehrere Jntestaterben zu vertheileu sei. Dagegen lässt sich nicht läugnen, dass von diesen beiden Fragen , die den eigentlichen Kern des Jutestaterbrechtes ansmachen, wesentlich verschieden ist die andere ^rage, ob Jemand eine Erbschaft a n g e t r e t e n und somit für die Schulden des Verstorbenen zu hasten habe. Der Bundesrath selbst hat in einem Konflikte zwischen den Kantonen Bern und Aargau, welcher bereits im Jahr 1853 vorgekommen ist^) , diese lettere ^rage nicht an das forum or^ims des Erblassers, sondern an das forum domicilii des Angesprochenen gewiesen. Jm vorliegenden Falle tresfen ^diese beiden Gerichtsstände zusammen in Winter thur, wo sowohl der Erblasser verbürgert war, als auch die angesprochenen Erben ihren Wohnsi^ haben, und man kommt daher in Bezng anf die Gerichtsbarkeit gan^ zu dem nämlichen Resultate, ob man nun mit dem Buudesrathe das Konkordat vom 15. Juli 1822 anwendbar findet oder, wozu wir uns eher hinneigen , den Art. 50 der Buudesversassuug für maßgebend erachtet. Rur ist zu bemerken , dass bei toterer Aufsassnng eine Anweuduug des materiellen Basler Rechtes durch die zürcherischen Gerichte sür Beurteilung der Frage, inwiefern der stattgefnndene Erb-

verficht für die Gläubiger iu Basel rechtsgültig sei, keineswegs ausge-

sehlossen ist. Mau konnte nun freilieh einwenden , die saktischen Verhältuisse des vorliegenden Falles seien so gestaltet, dass die Basler Gläubiger nicht eigentlich m.t einer personlichen Ansprache gegen die Kinder Kübler auftreten, sondern nur verlangen, dass lettere mit ihrer Muttergntsforderung von der in Basel liegenden Aktivmasse aus^usehliessen seien. Allein dieses Ausschlussbegehren gründet sich eben nur daraus,

dass behauptet wird, die Kinder Kübler seieu nicht Gläubiger der insol-

veuten Erbsehaft , sondern vielmehr Schuldner gegenüber den Basler Kreditoren , und es würde. dem Art. ^0 widerstreiten , wenn Jemand vor einen. andern Geriehtsstande als dem seines Wohnortes als Schuldner einerkannt werden konnte. Nachdem wir uns übrigens sür die Einheit des Konkurses und die Durchführung desselben in Wiuterthur ausge^ sprochen haben, so kommen wir auch wieder von dem Standpunkte aus,

^ B..nde...blatt 18^, II. 57^......... Ullmer l, ....r. .^8.

317 dass das dortige Gericht als Konkursbehorde die angemeldeten Forderungeu zu kolloziren hat, zu dem Schlusse, dass die Frage der RechtsGültigkeit des Erbverzichtes vor den züreherischen Richter gehore. Rach unserer Ansicht ist es wesentlich die Auslegung der Konkordate über Konkursrecht, welche unsern Rechtsfall entscheiden muss .^ alle andern bundesrechtlichen Rormen , die etw^ noch in Betracht kommen konnen, haben daneben nur eine untergeordnete Bedeutung.

Wir. schlössen mit^ folgendem ehrerbietigen A n t r a g e ^ an den h.

Ständerath : Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsieht der Akten betreffend den Rekurs Kubier.. Troll,

b e fchl i esst : 1) Es sei , in Abänderung des bundesräthlichen Beschlusses vom 25. April .l 866, dem von der Regierung des Kautons Zürich unterem 25. Januar 1866 gestellte.. Gesuche in dem Sinne zu entsprechen, dass die Behorden des Kantons Basel-Stadt verpflichtet seien, den gesammten dort befindlichen Vermogensnaehlass des Melchior Kübler-Troll sel., soweit derselbe nicht von dem Erlose . der seit dessen Tode versteigerten Liegenschasten herrührt, dem Bezirksgerichte Winterthur als Konkursbehorde auszuliefern.

2) ^ei das Erkenntnis des Appellationsgerichtes von Basel -^tadt vom 14. Dezember 1865 aufgehoben.

Bern, den 13,^14. Dezember 1866.

Ramens der Mehrheit der Kommission : Der Berichterstatter:

^ .^. ^. Blumer.

^tan^erathliche .^el.nr..^..mss^...

Herren .

.I^^. J. J. Blumer, ln ^.laru....

^d. .^äberlin, ln Welnfelden.

^. Wel^l).

I^r. ^. ^. .^ü^imann, in Zürich.

.^ug. BoreI, ln ^euenbuxg.

.^. C. planta, in Chux.

Jost Weber, in ....uzern.

^.). Derselbe wurde vom S.^ndera.^e unterm 14. Dezember 18.^.^ zum Be^ schlufse erhoben.

318

^.

Bericht der ^il^erheit der standerathlichen ^mllli^iou.

(Vom 14. Dezember 1866.)

Tit..

Melchior Kübler, Kausmaun, von und in Winterthur, hatte im Jahr 186l, unter der Firma ,,Melch.or Kübler^, in Basel ein Hand^ lungsgeschäst gegründet , das er durch einen Bevollmächtigten betreiben liess, während er selbst sein Domizil und seine Hauptniederlassung in Winterthur beibehielt.

Rach dem im Jahr 1865 zu Winterthur ersolgten Ableben Kübler's wurde dessen Verlassensehast von seinen Kindern, unter Benuznng der Rechtswohithat des Jnventars , ausgeschlagen . woraus die Zürcher Gerichte über die ^erlassenschast den Konkurs erossneten.

Jndem wir im Uebrigen aus die sowohl im Bundesrathsbesehluss als im Berieht der Kommissionsmehrheit gegebene vollständige und sehr eiulässliehe Darstellung der thatsächlichen Verhältnisse verweisen , beschränken wir uns ans die Bemerkung , dass die Liquidation der Kübler'sche... Masse zwei .Konflikte hervorrief.

Die Zürcher Behorden verlangten , gestüzt auf Art. 1 ^es Kon-

kordats vom 7. Juni 1810, dass die Aktiven des Dauses Kübler in Basel au die Hauptmasse zu Winterthur abgeliefert werden.

Das Appellationsgericht von Basel lehnte diesel Ansinnen ab, indem es geltend machte .

1) Der in Basel gelegene Theil der Vexlassenschaft sei ^er Gese^ ge^ung des dortigen Kantons u^terworseu ; demnach tonne dem in Wiuterthur erklärten Verzicht der Kübler'schen Binder aus den Rachlass ihres Vaters keine Rechtskraft u^it Bezug aus den im Kantou Basel gelegenen Theil beigemessen werden.

319

2) Das Handelshaus Melchior Kübler in Basel sei ein selbständiges Etablissement, dessen Gerichtsstand in Basel sei und in Bezug aus welches eine gesonderte Konkurserössnung oder Liquidation Blaz zu greisen habe, indem das Konkordat vom^ 7. Juni 1810 hier nicht anwendbar sei.

Auf einen daherigen Rekurs der Regierung von Zürich beschioss der Bundesrath:

U e b e r d i e e r st e F r a g e .

Die Erosfnung einer Separat -Erbschaft in Basel erscheine unzu-

lassig; da Kübler zur Zeit seines Ablebens in Winterthur domizilirt war, so sei seine Erbschaft dortselbst vakant geworden. und da dieselbe unter den Zürcher gesezen stehe , so sei es Sache der Behörden des Kantons Zürich, über die Gültigkeit des Verzichtes der Kübler^schen Kinder aus die Erbschaft, abzusprechen.

U e b e r d i e z w e i t e ^ r .. g e .

Da das in Basel gegründete Handelshaus ein selbständiges Etabassement sei , dem sein eigenes rechtliches Domizil zukomme , so seien die Basler Behörden berechtigt, über diese ^irma einen Separat-Konknrs einzuleiten.

Der Bundesrath ging bei diesem Entscheide von folgenden Gründen aus :

(Folgt ein Resüme ans dem bundesräthlichen Beschinfse ; siehe

Zisser 2, 3, 5, 6. eitirte Stelle, Seite 771^2)...

Diess sind im Wesentlichen die Erwägungsgründe des BundesrathsBeschlusses in Bezng ans die^rage, ob die Aktiven der ^irmaM. Kübler in Basel an die Masse in Winterthur abzuliesern seien , oder ob die Basler Behorden berechtigt erscheinen , . über dieses Etablissement ei..en Konkurs am .^ize seiner Thätigkeit und unabhängig von dem in Winterthur erosfueten Konkurs einzuleiten.

Ueber den ^weiten Vunkt gehen alle Mitglieder der Kommission

einig, indem sie ans Bestätigung des bundesräthlichen Beschlusses, soweit

er sich aus die ^.rage der Erossnnng und des Gerichtsstandes der Erb.sehast bezieht, antragen.. wir übergehen daher die Gründe des Beschlusses über diesen Vunkt , unter Verweisung einerseits auf dieses Aktenstük selbst und anderseits ans die sehr getreue Anales.. , welche der Mehr-

heitsbericht davon gibt.

Auf diesen leztern beziehen wir uns auch wegen Darlegung der verschiedeueu , von den drei an die Bundesversammlung rekurireudeu Parteien geltend gemachten Rechtsmittel und Konklusionen , indem wir uns daraus beschränken , den einzigen Bnnkt näher zu erörtern , über welchen die Kommission getheilter Ansicht ist.

320 Die Mehrheit der kommission stellt folgenden Antrag :

^ (Siehe oben, Seite 317.)

Die ganze Argumentation derselben fnsst aus der Annahme, die Bestimmungen des Konkordats vom 7. Juni 1810 seien für den vorliegenden Fall maßgebend . man dürfe demnach nicht an die Stelle des positiven Rechtes allgemeine, mehr oder weniger begründete, jedenfalls sehr bestrittene Theorien über Handelsrecht sezen. Der Art. 1 des Konkordats von 1810, zusammengehalten mit dem Art. 3 des Konkordats von 1804,. stelle den Grundsaz der Einheit und Universalität des Konkurses aus. derselbe sei von den Bundesbehörden stetssort anerkannt worden ^ und wenn er auch bisweilen nicht unbedingt zur ..Geltung gekommen, so beziehe sich diess doch nur auf Fälle, wo es sich um iuternatiouale Konflikte, nicht um Verhältnisse von Kanton zu Kanton haudelte. (Folgt ein weiteres Resumé der Argumentation der Kommission^-

mehrheit, sieh.^ oben, Seite 313 ff.)

. Diesem Raisonnement der Mehrheit entgegnet die Minderheit der Kommission, dass eben die Grundlage desselben eine irrige ist, indem das Konkordat vom 7. Juni 1810 ans den vorliegenden Fall nicht anwendbar ist.

Wir

werden diess in Rachsolgendem darznthun versuchen.

Der Art. 1 des Konkordats vom 10. Juni l.^10^) lautet.

,,Es sollen in Falliments-Fällen alle einen.. ^alliten zugehörigen Essekten in die Hanpt^Masse fallen, solche mögen liegen, wo sie wollen ^ unbeschadet jedoch der darauf hastenden Rechte und Ansprüche des Jnhabers.^

Zunächst bietet hier. die Auslegung des Ausdruks ,,Effekte.^ ^toff zu Einwendungen.

Die Majorität legt denselben dahin ans , dass unter den Effekten das bewegliehe Vermögen des ^alliten im Gegensaz zum unbeweglichen zu verstehen sei, und dass demnach dieser Ausdruk eben so gnt als aus vereinzelte Effekten, auch auf eine Gesammtheit von Gegenständen, beziehungsweise aus ein Etablissement passe, welches ein Fallite an einem.

Orte, wo er ebenfalls Domizil hat, bestzt.

Diese Auslegung können wir uieht aeeeptiren.

Wie jeder Vertrag, ist ein Konkordat in strikter Weise auszulegen, und geht es nicht au, durch Auslegung einer herausgerissenen Bestimm mung der lezteru eine Bedeutung beizumessen, welche mit dem Ganzen, dem Wesen und dem Zwel.e des Konkordates selbst im Widerspruch steht.

^) Konkordat ...om 7. Juni 1810 , bestätigt den 8. .^uli 1818. ...Ilte Gefez^ sammlung^ Bd. I, S. 285.

32.^ Fragen wir uns also, was man sich (im Art. 1) unter ,,Effekten^ dachte, so werden wir hiezu in der Gesammtsassung des .Konkordats und nicht in einer abstrakten Auslegung des vereinzelten Wortlautes .diesel Artikels den Schlüssel zu suchen haben.

Run gibt gerade. schon der Titel des Konkordates Aufs^luss hierüber, indem derselbe im deutschen wie im französischen Tex^te dahin lautet: , , E f s e k t e n eines Falliten, die als B f a n d in Kredites Han.^ den in einem andern Kanton liegen.^ Die bereits vom Titel selbst gegebene Auslegung scheint uns dann noch bekräftigt durch den am Stusse des Art. 1 ausgesprochenen Vorbehalt, welcher von den Rechten, die auf diesen Effekten hasten, und von den Ansprüchen des Jnhabers spricht . sowie durch die Thatsaehe, dass --- wie diess auch die Majorität zugibt - das Konkordat immer nur auf Mobiliareffekten und niemals auf Jmmobilien angewandt wurde und noch wird . welche Unterscheidung doch bei der Auslegungsweise der Kommissionsmehrheit keinen ^inn hätte. Handelt es sich , wie leztere meint, um einen allgemeinen Grundsa.., der in allen Fällen zur Anwendung zu kommen hat, wo ein Fallite Vermogen ausserhalb des konknrserösfnenden Kantons besizt, so begreist.man in der That nicht, wa^ rnm dann dieser Grundsaz sich nicht auch auf Jmmobilien ausdehnen sollte. unbeschadet dem in Art. 1 zu Gunsten der Rechte Dritter aufgestellten Vorbehalt, wonach die Hypothekar- odex allsällig andere auf den Immobilien lastende Rechte nach den gesezen des Landes der ge^ legeueu Sache li.^uidirt werden mögen.

Knrz, die grammatikalische Auslegung des Konkordates führt uns zu dent Ergebniss, dass dasselbe nicht einen allgemeinen Grundsa^ ausstellt, der ans alle ^älle anwendbar wäre, wo ein fallite Vermögen ansserhalb seines Riederlassnngskantons besizt, sondern ^dass das Kon-

kordat lediglich die Vindikation der den. ^alliten zugehörigen, in einem

andern Kanton in ^..rittmanns Händen befindlichen Effekten im Auge hat, dass demnach das Konkordat uicht anwendbar ist aus Essekten, welche ein fallite selbst direkt an einem andern Domizil , oder , wie diess hier der Fall ist , an einem ^rte besi^t , wo er ein selbständiges Etablissement hat, dessen Aktiven eben ans dieseu Effekten bestehen.

Diese Auslegung des Konkordats an der Hand seines Wortlautes selbst, seheint uns so unanfechtbar, dass sie uns der Mnhe überheben dürfte, dieselbe noch .veiter durch eine logische und historische Jnterpretation zu unterstehen , dahin gehend , das.. zur Zeit des KonkordatsAbschlusses eine doppelte Niederlassung, wenn eiue solche überhaupt vo..^ kam, etwas so Ausnahmsweise war, dass man ^älle wie der uns ^.^t vorliegende unmöglich im Auge haben konnte.

Sobald aber, wie wir diess glauben nachgewiesen zu haben, das Konkordat von 18l0 hier nicht anwendbar ist, so ist dann klar, ^ass.

B..nde.^lalt. ^ahrg XIX. Bd. I.

28

322 der Rechtssall nach den gewohnlichen Regeln des Bundesstaatsrechts zn entscheiden ist. dass folglich jeder Danton kraft seiner Souperanetät, auf seinem Gebiete , hier also Basel am Domizil Kübler's , den Konkurs erklären kann .^ und dass einer separaten Konkurserofsnung und Liquidation des von Kübler in Basel gegründeten Etablissements nichts entgegensteht.

Bis jezt haben wir die Gründe der Zwekmässigkeit unberührt gelassen , welche für unsern Saz sprechen , und uns aus die strikte Auslegung des Konkordates beschränkt. Wir konnen jedoeh nicht schliessen, ohne darauf hinzuweisen , dass die Theorie der Majorität dem gegenwärtigen^ Standpunkt der kommerziellen Jnstitutionen und Verkehrsverhältnisse, sowie. den Bedürfnissen der heutigen Eivilisationsstuse keinerlei

Rüksicht trägt.

Ein zwei^ oder mehrfaches Domizil ist heutzutage etwas ^so Häusiges, dass es nicht mehr angeht, dasselbe als etwas Ausnahmsweises ..nzusehen und zu behandeln. Jm praktischen Leben nun wird die Sache so gehalten , dass da , wo ein Kaufmann ein Etablissement an einem Orte besizt, wo er nicht selbst niedergelassen ist, gleichwohl angenommen wird, es sei das ^orum dieses Etablissements am Size des leztern.

^,ie Theorie der Kommissionsmehrheit , welche unr Eine Masse und Einen Konkurs znlässt, würde in ^allimentssällen in der Bra^is regelmassig die verderblichsten folgen für die Betheiligten nach sieh ziehen, und damit gleich auch den. ossentlicheu Kredite empfindliehe Wunden schlagen.

Mau stelle si.h nur vor, ein grosser Handelsmann von Genf besi^e

ein Uhrengeschäft in La Ehaur^de^onds, und beschästige dort vielleicht Hunderte von Arbeitern. Soll man nun etwa im Falle des Konkursausbruehes dieie Arbeiter, welche in guten Treuen glaubten, sür ein ^ den gesezen ^ihres Heimatkantons unterworfenes .. Renenburgex Haus zu arbeiten, anweisen, ihre Ansprüche in Genf nnd nach den dortigen Gesezen geltend zu machen ^ ^ Wir konnten uns in weitern Beispielen u..d daran geknüpften R..^ sonnements ergehen, wollen uns jedoch darauf beschränken ^ zum ^chlusse der Theorie der Kommission , welche die Mogliehkeit eines besondern ^orums für ein Handelsgeschäft, das ein Bürger an einem andern ^rte

als demjenigen seines personiichen ^on.izils besizt, nicht Angibt, die Auffassungsweise des Redakteurs des Entwurfes eines schweizerischen Handels-

g..sezbuehes eutgegen^ustelleu, der sieh diesfalls wie solgt aussprieht . ^)

,,Wenu ein Kaufmann seine Hauptniederlassung oder aueh nur eine filiale au einen. .^rte gründet, wo er selbst personlich nicht domi^ilirt ist, so liegt es in der Ratur der ^ache, dass der Gerichtsstand für die ^ ^) W. M n n z i n g e r . ^oli^e zum .^ntwurfe eines schweizerischen Handelsrechts, S.

41^-4....

323 ...Geschäfte der Hauptniederlassung da ist, wo diese ihren Siz hat, und dasselbe gilt, wenn auch weniger zwingend, von dem Gerichtsstand für die Geschäfte einer Filiale. Ganz dieselben Gründe, welche für den Gerichtsstand des Domizils eines Beklagten sprechen und denselben zur allgemeinen Anerkennung gelangen liessen, sprechen auch hier sür den Gerichtsstand der Handelsniederlassung. Da , wo sich diese befindet, sucht und geniesst der Kaufmann das Vertrauen des Vublikums. Riemaud fragt . wo der Kaufmann seinen personlichen Wohnsiz hat , aus welchen. ^audgute er etwa der Ruhe geniesst. Jeder hat es allein mit dem Gesehäste z... thnn, und wo dieses ist, da will er seine Rechte verfolgen konnen.

.,Auch bei einer ^Filiale verlangt der Kredit, dass sie für ihre Gesehäste einen besondern Gerichtsstand hat. Die Filiale ist gegen Außen ein selbständiges Geschäft, das für sich agirt, und der Dritte weiß auch kaum , ob er es mit einer filiale oder mit der Hauptniederlassung zu thun hat. Auch gibt es Handelsgeschäfte mit mehreren Hauptniederlassungen ...... Jn allen diesen Fällen ist es dem kaufmännischen Kredit forderlich, wenn jede Niederlassung wie ein selbständiges juristisches Wesen angesehen wird und sür ihre Geschäfte an ihrem Size Red' und Antwort stehen muss. ....

,,Es bleibt nur noch z.. untersuchen , ob sich dieser Gerichtsstand der Handelsniederlassung mit dem Art. 50 der Bundesverfassung verträgt. dieser Artikel garantirt dem aufrechtstehenden schweizerischen Schuldner sür persönliche Ansprachen den Gerichtsstand seines Wohnortes.

Jst nun ab..r damit stets uur das persönliche Domizil verstanden ^ peines-

wegs. Denn Domizil karakterifirt sich als Mittelpunkt der .^.hätigkeit

eines Menschen, diese Thätigkeit kann nun aber die des Familienvaters oder einfachen Privatmannes sein, also eine rein personliehe, oder aber sie ist die g e s c h ä f t l i c h e . ^ Das Domizil kann also in diesem B..znge allerdings ein mehrfaches und damit auch ein mehrfacher Gerichtstand begründet sein.^ Aus den oben entwiketten wie aus den im Bnndesrathsbesehln^ aufgeführten Gründen schließt also die Minderheit der Konnnission mit dem Antrage, es wolle die Versammlung diesen Beschluss bestätigen und die dagegen interponirten Rekurse abweisen.

Bern, den 14. Dezember 1.^66.

Die Minderheit der ständeräthlich...u Kommission :

^eu Borel.

324

^.

Bericht der Mehrheit der nationalräthlichen ..^ntlni^n.

^om 21. Dezember 1866.)

T i t. l Die .Commission, die Sie zur Vorberathnug der Rekursangelegenheit Küb l e r ^ . T r o l i uiedergese^t haben, theilt sich in eine Mehrheit und in eine Minderheit. Die Kommissionsmehrheit , für welche ieh Bericht zu erstatten die Ehre habe, müss zum Voraus erklären, dass sie sich weder mit den Ansichten der Regierung des Kantons Zürich , noch mit denjenigen der Gerichte von Basel-Stadt, beziehungsweise mit denen der beiderseitigen Brivatbetheiligten, ganz und vollständig besreunden kann. Sie nimmt in der Sache einen vermittelnden Standpunkt eiu , der im Wesentlichen, und l.^s aus ei.nen einzigen, sreilieh nicht unerheblichen Differeuzpnukt, mi.. demjenigen des Bundesrathes übereinstimmt.

Die Thatsachen, die diesem Rekursfall zu Grunde liegen, sind iu Kür^e folgende : Herr Melchior Kübler^Troll , von und wohnhaft in Wiuterthur, führte ^. Lebzeiten zwei verschiedene Handelsgeschäfte , das eine in Winterthur, seinem personlichen Wohusi^e, das aber schon vor einigen Jahren ausg^gebeu worden, das andere in Basel, sur welches er daselbst Domizil genommen und sich den Baslerschen ^audesgesel^u unterworsen hatte. Beide Geschäfte wurden unter der gleichen ^irma ,,Me^hior .^übler^ betrieben.

Am 22. Juli 1865 verstarb Herr Melchior Kubier. Ueber seinen ^achlass wurde in Wiuterthur das Ben.^lciinn mvenl^ru bewilligt und gestü^t darauf au die .Basle... Behordeu das Gesuch gestellt, über das

325 in Basel befindliche Vermögen des Verstorbenen Zunehmen und dasselbe unter Siegel zu legen.

ein Jnventar aus-

Rach Abschluß des Jnventars wurde die Verlassenschaft in Winterthur nach den dort geltenden Gesezen von den Erben ausgeschlagen und sodann am 28. November 1865 von dem Bezirksgerichte Winterthur der Konkurs über den Raehlass des Kubier eröffnet. Gleichzeitig verlangte man von dem Eivi^gericht von Basel , dass die dortigen be-

weglichen Aktiven sür die Konkursmasse mit Beschlag belegt, über die

Liegenschaften aber dort Separatkonkurs eröffnet und nach dessen Durch-

führung ein allsälliger Aktivüberschuss an die Hauptmasse in Winterthur abgeliefert werde.

Die Basler Gerichte wiesen jedoch dieses Ansinnen zurück , von der Ausicht ausgehend, dass sür die .Liquidation des in Basel gelegenen Vermögens der Firma ^Melchior Kübler^ nur der Baslerisehe Berichtsstand und die Baslerischen Geseze massgebend seien.

dagegen remonstrirte die Regierung des Kantons Zürich , indem sie mittelst Eingabe an den Bundesrath vom 25. Januar 1866 das Besuch stellte, der Bundesrath mochte das Begehren des Bezirksgerichtes von Wiuterthur als begründet erklären, eventuell dahin sich aussprechen: dass auch in Basel über die gesammte dortige Aktivmasse , nicht nur über die Liegenschaften , Konkurs zu eroffneu sei , und dass sämmtliche Gläubiger, also auch diejenigen, welche in dem in Winterthur eröffneten Konkurse keine oder nicht vollständige Befriedigung finden, zur Anmeldung ihrer Zusprachen zu veranlassen und ^ur dortigen Liquidation zuzulassen seien.

Der hohe Bundesrath, in seinem Entscheid über diesen Rekurssall, glaubte die konkursrechtliehe ^rage von der ^rechtlichen trennen zu müssen. Die ^.rage des Separatkonkurses über die Firma ,,Melchior Kübler^ in Basel sei zu Gunsten der Baslerschen Staatshoheit zu

entscheiden, weil diese Firma in Basel als ein äusserlich selbstständiges

Geschäft dastehe. weil die dortigen ^irmagläubiger im Vertrauen aus die selbständige Existenz Dieser Firma und uuter dem ^ehu^ der

Basler Gese^geb..ug sich mit ihr in Geschäfte eingelassen hätten, und weil endlich das Konkordat über das Konkursrecht in ^allimeutssällen vom 15. Juni 1804 und 7. Juni 1810 auf den vorliegenden ^all eines zwiefachen Domizils nicht angewendet werden könne, da es offenbar nur aus der Voraussel^uug eines einzigen Domizils des Konkursiten beruhe. Was aber die erbrechtliche Frage betreffe , so sei g^stü^t auf

das Konkordat über Testiruugsfähigkeit und Erbrechtsverhältnisse vom 15. Juli 1822 zu Gunsten der Zürcherschen Staatshoheit uud für die Anwendung ^der dvrtseitigen Gesel^gebuug zu entscheideu.

^war sei

Basel diesem Konkordat , das für die Jutestaterbsolge das Vrinzip der

.heimathlicheu Gesetzgebung sanktionire, nicht beigetreten. allein es habe

326 tro^ seines Richtbeitritts bei den Unterhandlungen exklart., dass .es in Ansehung der Erbschaften ab mt.^to unbedingt die .^..ese^e und den Richter der Heimath anerkenne. Dazu komme, dass Melchior Kübler in Basel wohl ein ^irma^omizil, aber kein persönliches Domizil gehabt habe, in Erbfragen aber konne nur das personliehe Domizil und die mit diesem verbundene Gesetzgebung in Betracht kommen.

.^er Entscheid des Bundesrathes lautet im Sinne dieser Erwäguugsgründe dahin . ,,es sei der Rekurs (der Zürcher .Regierung) insoweit als . begründet erklärt , als die Eröffnung einer Separat-Erbschaft in Basel als unzulässig erscheint, und es seien demnach die Be-

horden des Antons Zürich berechtigt. über die Gültigkeit des von den

Küblerschen Erben ausgesprochenen Erbverzichtes bezüglich der gesammten Erbmasse zu urtheilen ; dagegen seien die Behörden von Basel-Stadt berechtigt . über die Firma Melchior Kübler in Basel einen SeparatKonkurs einzuleiten.^ ^iese Entscheidung des Bundesrathes konnte, wie es scheint, Niemanden befriedigen. Richt weniger als süus verschiedene Rekursbeschwerten oder abweichende Meinnugsäusserungen , theils von den Zürcher und Basler Behorden, theils von Brivatbetheiligten. ansehend, und mit unter sieh sehr verschiedenartigen und auseinandergehenden Reehtsbegehren, sind darüber an die Bundesversammlung gelangt (siehe dieselben unter Ziffer ll des Bundesrathsbeschlusses und , dem Hauptinhalte nach zusammengestellt, im stäuderäthliehen Mehrheitsg..tachten).

^er Ständerath, der in dieser Saehe die Priorität hatte, sasste unterm 14. Dezember le^thiu folgenden Beschluss .

(Siehe obeu, Seite 317).

^.ie Mehrheit Jhrer Kou.u.ission kann sich auch mit dieser Eutseheiduug, wodurch der ^eparatkoukurs in Basel auf das dort Gelegene Jmmobiliarvermogeu oder deffeu Erlos beschränkt würde , nicht einverstanden erklären. Sie hält dafür, dass weder die in Frage kommenden Konkordate, noch die Ratur der ^ache und das natürliche Recht, das in Ermanglung von maßgebenden Konkordatsbestimmnugen zur ^lnwen-

duug zu bringen ist , Basel-Stadt die Verpflichtung auferlegen , mit

Vreisgebuug seiner eigenen ...Staats- und Gese^gebuugshoheit und u.oglieherweise zuni .^ehadeu der Baslersehen Firmaglänbiger, das dort gelegene Ver^uogen, viel oder wenig, an die Zürchersehen Ko^kursbehorden auszuliefern, a^f die Gesahr hin, dass die Basler Gläubiger in Zürich nach einem ganz andern Rechte behandelt werden, als unter Voraussel^ug dessen sie mit der ^irn.a .n Basel in geschäftliehe Beziehungen getreten sind. Mau argumentirt zwar zur Rechtsertig....g eines solchen Versahrens mit der Einheit und Universalität des Konkurses, die, wenn sie auch die Mogliehkeit von ^eparatkonknrsen nicht geradezu ausschliesse, doch als Prinzip mogliehst fernhalten sei, und glanbt

327 gerade in

dieser

Einheit

und Universalität des Konkurses diejenige

Richtung gefunden zu haben, die für die künftige Entwicklung unseres

Bundesrechts moglichst zn begünstigen sei. Wir wollen nun nicht untersuchen, welchem Brinzip der Vorzug zu geben wäre, ob dem der Einheit oder dem der Separatkonkurse, wenn wir die ^rage ^on einem rein theoretischen Standpunkt aus, gleichsam de l....^ lerend..., zu eutscheiden hätten. Solche Betrachtungen mogen der Zukunft angehören, eignen sich ^ aber in keiner Weise ^ux Losung eines eben ie^t obschwebenden einzelnen Balles. dieser kann u.nd dars nur nach dem dermaligeu Staude des Bundesrechts eutschieden werden, und über alle Einheit und Universalität des Konkurses geht Jhrer Kommission das Recht und der Schut^ des Kredits und wohlerworbener Glaubigerinteressen. ......ur beiläufig wollen wir bemerken, dass uns das Brinzip eines einheitlichen Konkurses nur dann ein in vollem Masse gesundes und innerlich be...echtigte.... zu sein scheint , wenn damit auch Einheit des materiellen Kouknrsrechts verbunden wäre , wozu wir es jedoch bis dahin nicht gebracht haben. - Damit ist nur im Allgemeinen die Verschiedenheit des Standpunktes bezeichnet, den Jhre Kommission gegenüber dem ständeräthli.hen Beschlösse einnimmt: Dieser will Einheit und Universalität des Konkurses gleichsam um jeden Breis, die Mehrheit Jhrer Kommission will diese Einheit nur innerhalb der konkordatsmässigen und der durch die Ratur der Sache gezogenen ^rän^en. Gehen wir nun zur Untersuchung der Sache im Einzelnen über, so wollen auch wir, wie der Bundesrath es gethau , die ko.^ursreehtliche Frage von der erbrechtlieheu trennen.

l.

D i e K o n k u r s f r a g e.

1. Ju Bezug ans die ^rage des getrennten oder einheitlichen Konkurses müssen wir uus zunächst über die D o m i z i l s r a g e , als eine

préjudicielle, Rechenschaft geben. Hatte wirklieh Melchior Kübler, wie Baslerseherseits behauptet wird , ^wei selbstständige Wohnsitze ,

den einen in Winterthnr , den andern^ in Basel , oder hatte er nur Ein Domizil, das in Winterthnr^ Ueber die Mogliehkeit mehrfacher Domizile nach schweizerischem Recht haben wir nicht nothig, uns weitläufig ausznlassen. Es ist diese Moglichkeit allgemein anerkannt und auch schon oft in bundesreehtliehen Entscheiden beachtet worden, sei es nun im ^inne von mehreren g l e i c h a r t i g e n , oder noch .häufiger im Sinne von v e r s c h i e d e n a r t i g e n Domizilen ^). Die Möglichkeit zugegebeu , wird es sich weiter srageu : hat Melchior Kübler in Basel w i r t li eh ein selbststäudiges Domizil erworben^ ^lueh diese ^rage ist ^) ^ergl. Ullmer, staa^reehtliche .^ra^s ^r. 2.1.^, 27...., 2....^ 8.^5, 8.^^, Sa.^

vlgn^ System ^Ill, ....4, 101.

328 .nach Ansicht der Kommission zu beiahen. Die von .^übler .vor einem Winterthnrer Rotar abgegebene Erklärung, dass er beabsichtige, in Basel

ein Handelsgeschäft zu etabliren, und dass er sich mit Bezng auf dieses

^esehäst den Baslerschen Landesbesten nnterwerse. seine Eintragung in das Basler Ragionenbuch und die sonst zur Erwerbung des Domi^ils getroffenen Diligenzien, lassen darüber keinen Zweisel, dass Herr Kübler neben dem Domizil in Winterthur auch noch ein solches in B a s e l b e s a ß . Zweifel können allerdings darüber walten, ob dieses Domizil in Basel, wie der Bundesrath annimmt, ein blosses Gesehästsund Firmadomizil, oder .ob es, wie die Basler Behörden behaupten, zugleich aueh ein p e r s ö n l i c h e s , gleich dem in Winterthur, gewesen sei.

Allein für uns ist diese Frage, wie sich später zeigen wird, nner-

heblich , da uns für die aus der Thatsache des Domizils gezogenen Schlusssolgerungen auch das einfache Firma-Domizil genügt, das in

keiner Weise zweiselhaft ist. Man könnte zwar gegen die Annahme eines selbstständigen Domizils in Basel einwenden und hat eingewendet, dass die daselbst etablirt gewesene Firma ,,Melchior Kübler^ weder eine j u r i s t i s c h e B e r s o n , noch eine H a n d e l s g e s e l l s c h a f t sei, und dass es nicht zulässig sei, das Geschäft eines E i n z e l k a u s manns in dieser Beziehung mit jenen künstliehen Bildungen der juristischen Abstraktion auf gleiche .Linie zu stellen. Die Voraussetzung dieses Einwaudes ist richtig : die Firma ..^übler in Basel ist weder eine moralische Verson , noch eine aus einer Mehrheit von Mitgliedern bestehende Soeietät. .allein die daraus gezogenen Schlüsse, dass sie aus

diesem Grunde kein selbstständiges Domizil haben könne, sind salsch. Raeh dem heutigen Standpunkt der gemeinrechtlichen Theorie, die für solche Fragen wohl auch bei uns angerufen werden dars, unter-

liegt es gar keinem ^weisel, dass ein selbstständiges Firmadomizil auch

einen. E i n z e l k a u f m a n u zukommen kann. ^.o heisst es z. B. im deutscheu Handelsgesetze ^lrt. 324 und 342) , der Handelsmann (wohl verstanden nicht etwa bloss eine Handelsgesellschaft) habe seine kausmäunischeu Verpflichtungen an dem Orte zu erfüllen, ^an welchem ex zur ^eit des Vertragsabschlusses seine H a n d e l s n i e d e r l a s s u n g oder in deren Ermanglung seinen Wohnort gehabt^. Aehnlich, nur noch bestimmter, lautet aueh eine Vorschrift in dem Entwurf eines schweizerischen Handelsrechts. Derart. 15 sagt nämlich: ,,Der.^aufm a n n , der an einem Orte, wo er selbst nicht wohnt, eine Handelsni e d e r l a s s u n g hat, u.uss für alle Gesehäste der l^tern a u e h den Ort dieser Niederlassung als seinen Wohnsi^ und Gerichtsstand gelten lassen. ^) Selbst die neue Zürehersche Eivilprozessordnnng , die freilieh erst mit dem 1. Januar künftigen Jahres in Kraft tritt, be^ .^ergl. hlezu die M...tl...e .^...n .^rof. ......unzinge.^ S. 41 ff.

329 stimmt im ^ 3 . ,,Wird eine H a n d l u n g , eine Fabrik oder ein anderes Gewerbe an einem Orte geführt oder betrieben, der nicht zugleich der W o h n s i t z des J n h a b e r s ist, so konnen hieraus bezügliche Klagen auch beim Bericht des G e s eh ä s t s o r t e s anhängig gemacht ..verdenk Wir betrachten es demgemäß als eine ausgemachte Sache . dass Kübler wirklich z w e i s e l b st st ä n d i g e D o m i z i l e gehabt habe, und wir haben auf diesen Nachweis deswegen besonderes Gewicht gelegt, weil sich daran wichtige praktische Konsequenzen knüpfen.

2. Wie stellt sich nun zu diesem z w i e s a eh e n ...Domizil die Anwendung des Konkordats über Fallimentsfälle von 1804 und 1810, dem unbestrittenermasseu beide in Frage kommenden eidgenossischen Stände, Zürich und Basel, beigetreten sind ^ Der Sa^, von dem wir in dieser Beziehung ausgehen, ist folgender. E n t w e d e r nimmt. man an, das angesührte Konkordat habe a..eh Bezug ans Fälle der vorliegenden Art, wo der Konkursit ein doppeltes Domizil hat. in diesem Falle muss an der Hand des Konkordates selbst, entsprechend dem d o p p e l t e n D o m i z i l , auch für den d o p p e l t e n K o n k u r s entschieden werden. o d e r man nimmt .an, das Konkordat habe nur den ^all des einsaehen Dom^ils im Auge . dann kann es ans ..usern Fall eines d o p p e l t e n D o m i z i l s gar nicht angewendet werden. ^ Jn beiden

Fällen gleichmäßig n.üssteu wir uns sür einen s e l b st st .. n d i g e n

S e p a r a t k o n l. n r s in Basel ansprechen.

Brüsen wir dieses Dilemma etwas näher.

Das erwähnte Koukordat , soweit es im vorliegenden ^alle überhaupt in Frage kommen kann , stellt folgende Bestimmungen aus : .... Alle Schweizer sind in ^allimentssällen gleich zu behandeln, wie die Bewohner des Kantons selbst, in welchem der Geldstag vor-

geht (^ 1).

b. Diese Gleichheit in Kollokationeu und .Konkursen ist nach den besondern Gesezen des Kantons , wo das Falliment ausbricht,^ zn verstehen ^ 2).

c. Zwischen den konkordirenden Kantoueu dürfen nach ausgebrochenem Falliment keine Arreste aus bewegliches ..^igenthum des ^alliten anders als zu Gunsten der ganzen S.huldenmasse gelegt werden ^

^

.

^

d. Essekten eines ^alliten, die als Vsand in Kreditors Händen in einem andern Kanton liegen ., sollen zwar in die Hauptmasse fallen , vorbehalten iedoeh die daraus hastenden Rechte und Ansprüche des Jnhabers, die, wenn sie von der ^allimeutsmasse in Streit gezogen werden, vor den. Richter der Gelegenen Sache zu entscheiden sind (Nachtrag von 18l0, ^ 1 und 2).

330 Man pflegt nun in der Rechtssprache alle diese Grundbestimmungen des Konkordats mit eigenen, kurzen, zusammenfassenden F o r m e l n zu bezeichnen . man spricht pon der E i n h e i t , von der U n i ....... r s a l i t ä t , von der A t t r a k t i v k r a s t des Konkurses und von der Gl e i ch b e h a n d l u n g aller Gläubiger , und wir wollen nicht läugnen , dass allen diesen Formeln eine gewisse relative Berechtigung

und, als Bild gebraucht, eine gewisse plastische Anschaulichkeit, zukommt.

Rur sur E i n e s ist die Einheitssormel noch .nicht gesunden, und das ist gerade die Kompetenzsrage, die Frage der G e r i ch t s z u st ä n d i ^ ..

k e i t d e s K o n k u r s e s . Und diess ans sehr naheliegenden Gründen. ^as Konkordat bestimmt nämlich gar nicht, w o , a n w e l ch e m O r t , in w e l eh e m K a n t o n der Konkurs anszusühren sei , sondern es sagt nnr . er sei nach den Gesezen desjenigen Kantons auszusühren, ,, w o d a s F a l l i m e n t a u s b r e ch e ^ . W o aber das Falliment auszubrühen habe, um mit dem Konkordat zn reden. w o der ^Konkurs v e r h a u g t w e r d e n d ü r s e u n d m ü s s e , wird mit ausgedrückt ten Worten gar nicht bestimmt. Man wird es nun freilich selbstver..

stäudlieh finden , dass unter diesem Ort , wo das Falliment ausbricht, eben der W o h n o r t des Konkursiten z.. verstehen sei . und wir sind weit davon entfernt , dieser Ansicht entgegenzutreten , sie ist auch die gemeinrechtliche. ^) Aber wie , wenn der Konkursit , wie iu unserm ^alle, m e h r e r e s e l b st st ä n d i g e W o h n s i ^ e hat .^ Dann. ist eben der Ort, wo das Falliment ausbricht, resp. wo es ausbrechen kann und dars , a n d i e s e n v e r s eh i e d e n .. n W o h n s i ^ e n , an beiden zusammen, nicht an einem allein, zu suchen. Wenn der Wohnort die Kompetenz bestimmt, so müssen e b e n s o v i e l e s e l b s t st ä n d i g e K o n k u r s k o m p e t e n z e u angenommen werden , als s e l b st st ä n d i g e W o h n o r t e vorhanden s.ind , und das Alles innerhalb des strengsten Rahmes ^.s Konkordates selbst. daraus folgt aber anch, dass die Grundsätze der Einheit, der Universalität, der

Attraktivkraft des Konkurses und der Gleichbehaudlu..g der Gläubiger,

so richtig sie an und für sieh sein mogeu , nicht absolut und bedinguu^slos, sondern n u r r e l a t i v u n d m i t st e t e r B e z i e h u u g a u f d i e M o g l ichk e i t m e h r f a ..h e r D ... m i z i l e u n d m e h r s a eh e r K o n k u r s e ausgesasst und verstanden werden dürfen. ^as

.Prinzip der Einheit, das der Gleichbehandln..g der Gläubiger u. s. w.

hätte also demgemäss nur deu Sinn, dass j e d e der r e s p e k t i v e n K o u k u r s m a s s e n in der ihr zukommenden. Sphäre den einheit^ liehen Znsammeuschluss des Vermogeus , die gleiche Behandlung aller Gläubiger, der eigeuen wie der Konkordatsgläubiger , zur Geltung ^u bringen hätte, nicht aber deu andern weitergehenden ^inu , dass die eine Konkursmasse gegenüber der andern in allen diesen Beziehungen ^ Sa^ign^ System ^lll, 285, Bar, da.^ in^rn...lonale .^rl.^a^ und Strafe

recht, S. 488 ff.

331 ein U e b e .. g e ..... icht , eine Alles verschlingende C e n t r a l i s a t i o n s k r a s t beanspruchen konnte.

Man wendet nun freilich gegen diese ans dem Konkordat selbst gestopfte Beweisführung Verschiedenerlei ein .

Einmal spreche doch das Konkordat selber von einer H a u p t m a s s e , in welche alle dem Falliten ^ugehorigen Effekten zu ziehen seien ; der Begriff einer Hauptmasse bedinge den einer vorausgesetzten Rebenmafse . Haupt- und Rebenmasse aber führen ^u der Annahme eines H a u p t - und R e b e n d o m i z i l s , wovon nur das erstere, nicht auch das lettere zur Ausführung eines selbständigen Konkurses berechtige. Allein der Fehler in dieser Argumentation liegt darin, dass man dem Begriff der Hauptmasse einen ganz falschen Sinn unterlegt , dass man serner daraus ganz willkürlich ein Hauptdomizil konstxuirt und dann, weiterfolgernd , das Rebendomizil im^ Hanptdomizil aufgehen lässt. Die H a u p t u. a s s e wird im Konkordat nur in Gegensalz und Begehung gedacht ^u den Effekten des Konkursen, die sich g a r n i eh t a m W o h n o r t desselben . also nicht an einen..

selbstständigen Konkursort , befinden und in Betreff welcher allerdings die Hauptmasse eine attrahirende Kraft ausübt. Befinden sich aber die Effekten au einem andern, zweiten Wohnort des Konkursen, so gehoren sie eben zu dieser Konkursmasse , d i e f ü r s i ..h g l e i eh s e l b st st ... n d i g d a st e h t . wie die erstere, und mau ist in diesen.

Falle nicht berechtigt , weder von einer Haupt- und Rebeumasse , noch von einem Haupt- und Rebeudomi^il ^u sprechen. Ebendeshalb hat für uns die ganze Untersuchung, was mau unter ,, E s f e k t e u ^ zu verstehen habe, die in die .Hauptmasse z^ ziehen seien, ob bloss .das bewegliehe oder a^h das unbewegliche Vermogeu , ob bloss einzelne Mobiliarstück.. oder auch Aktiven , resp. eiu allfälliger Aktivsaldo , gar keinen Werth, denn wo, wie hier, s i c h z w e i s e l b ft st ä u d i g e H a u p t m a s s e n g e g e n ü b e r st e h e n , d a w i r d n a t ü r l i eh j e n e A t t r a k t i o n s k r a f t d e r e i n e n H a u p t m a s s e d u r eh d i e g l e i ch b e r e ch t i g t e A t t r a l^ t i o n s k r a s t d e r a n d e r n e i u f a ..h p a r a l ^ s i r t.

Man hat serner von einer V r ä v e u t i o n des Konkurses im ^alle mehrfacher Domizile
gesprochen. Wenn der Konkursit mehrere.

selbstständige Domizil^ habe,. so müsse über die ^rage .der Priorität des Kou^.rse... selbstverständlich das Vrävenire entscheiden, in dem Sinne, dass da, wo z u e r s t der Konkurs erofsnet wer^e, auch die .^nidation des in dem andern Kanton gelegnen Vermogens vor sich zn gehen habe. Allein die Bräveution ist nnr ein K o u v e u i e^.. ^ p ri n z i p, das sieh in vielen Fällen zu Vermeidung von Konflikten znr praktischen Annahme empfehlen mag .^ ein R e eh t s p r i n z i p ist sie nicht. Unser Konkordat weiss n i ch t s v o n V r ä v e u t i o u und ans innern Gründen ist dieselbe nicht zu rechtfertigen . denn warnm ein Kanton auf

332 seine Konkurshoheit verzichten müsste, bloss weil ein anderer in der ^..eltendmachung der seinigen vorangegangen . möchte der einfachen und ungekünstelten Auffassung kaum klar ^u machen fein.

Man hat endlich gegen die Bedeutung des Basler Domizils, als eines selbstständigen K o n k u r s - D o m i z i l s , geltend gemacht : die Konkursordnung sei eine Ordnung des ö f f e n t l i c h e n R e c h t s und es könne

dem Schuldner nicht zustehen , durch freie Wahl eines Domizils sich

willkürlich der einen Koükursordnung zu entziehen und der andern zu unterwerfen. Allein dieser Einwurf beweist zu viel und desshalb gar nichts. Man könnte mit dem gleichen Recht aus der staatsrechtlichen Ratur der Konkursordnung schlössen, dass auch beim e i n f a c h e n Do-

m i zi l jede freie Wahl und willkürliche ...lenderung des einmal fi^irten Wohnsitzes unthunlich sei, da der Schuldner als e v e n t u e l l e r Konk u r s i t hierdurch die sur ihn bestimmte, obligate Konknrsordnuug abwerfe und sich einer andern untergehe. Man braucht eine solche Theorie nur in ihrer Racktheit hinzustellen , und sie ist durch ihre eigene Unmöglichkeit widerlegt. So viel wir wissen, hat man auch schon in andern Fällen bundesrechtlich dem e r w ä h l t e n D o m i z i l nicht bloss die .Bedeutung eines gewohnlichen Schuldentriebs- oder Brozessdomizils, sondern

auch die eines K o n k u r s - D o m i z i l s beigelegt^).

Wir ^ haben bis dahin aus dem Koukordat selbst argumentirt und nachzuweisen gesucht , dass anch bei einer strikten Auweudung desselben

die ^ulässigkeit eines Separatkonk..rses in Basel keineswegs ausgesch l o s s e n w ä r e .

Aber viel plausibler scheint uns der andere Standpunkt, dass das bemerkte Konkordat den vorliegenden Fall eines Doppel -Domizils des Konknrsiten gar nicht b e t r e f f e . ....Offenbar geht das Konkordat überall von der Voraussetzung aus, dass der ^allit nur in ..inem Kanton

wohnhaft sei^ die Möglichkeit eines doppelten Domizils und, damit ^u-

sammenhängend, eines doppelten Konkurses ist gar nicht in den Bereich seiner Dispositionen gezogen . weder positiv anerkennend , noch negativ

ablehnend. .Hätte das Konkordat den Fall eines doppelten Domizils

und eines doppelten Konkurses vorgesehen und vorsehen wollen, so würde es ganz gewiss nicht ermangelt haben, statt von den Gesetzen des K a n t o n s , wo das Falliment ausbricht, von der ..Ziehung der Effekten in die H a u p t m a s s e ^ u. s. w. zu sprechen, in allen diesen Begehungen eine andere, aus die Möglichkeit des Doppelkonkurses hindeutende Redaktion zu wählen. Hat aber das Konkordat aus unseru ^all u i eh t

Bezug, so ist dann die Frage der Konkurszuständigkeit bei doppeltem

Domizil eine o s s e n e , nur nach innern theoretischen und praktischen Gründen zu entscheidende. Rach innern Gründen benrtheilt, müssen wir aber sagen, die Anssührung ^es Konkurses gehort vor die Behörden -) Ullmer,staa^reehtli.he.^ra^.... ^r. 294.

333 des W o h n o r t s des Konkursiten, und wenn dieser m e h r e r e D o m i z i l e

besitzt, so sind so v i e l e se l.bstständige K onk urse in diz irt, als selbstständige Domizile v o r h a n d e n sind. Diese Mehrheit von Konkursen bei einer Mehrh^t ....on Domizilen folgt erstens aus der s t a a t s h o h e i t l i c h e n S t e l l u n g eines jeden Domizilortes, denn sowe.it die Hoheitsrechte nicht durch Verfassung oder Konkordate beschränkt sind, konnen sie eben in vollem Masse ausgeübt werden, und zu diesen Hoheitsrechten gehort . auch die Gesetzgebung und die Jurisdiktion in Konkurssachen.

Aber noch viel zwingender als diese allgemein staatsrechtliche Er-

wägung scheinen uns die politischen und v o l k s w i r t h s c h a s t liehen Gründe für die Durchführung eben so vieler selbstständiger Kon^ kurse als selbstständige Domizile angenommen werden, und gerade der vorliegende ^all, wo eine Handelsfirma in Frage steht, bietet in diesex Beziehung Stoff zu ernstem Rachdenken. Das Domizil ist der Ort, wo Jemand mit dem Vublikum in Verkehr tritt . er ist der Mittelpunkt seiner Geschäftsthätigkeit. Wer sieh mit einem Kaufmann am Orte seiner Handelsniederlassung in Geschäfte einlässt, thut es unter der stillschweigeuden Voraussetzung , dass das daselbst geltende Recht auch sur ihre geschäftlichen Beziehungen massgebend sei. w e r ihm kr e dit irt, kr ed i t i r t nach d i e s e m und nach k e i n e m audern Recht. Der ..gläubiger des Kaufmanns hat eben desswegen auch ein gan^ natürliches

Recht darauf, das Mass der Sicherheit, die ihm der Schuldner bietet,

die Garantie, die ihm für seiue ^orderuug gewährt wird, uaeh den Gesetzen des Haudelsetablissemeuts zu beurtheileu. Das Mass aller Sicher-

heit und aller Garautie aber liegt schliesslich in deu Konkurs g esetz eu, in der Rangordnung der Gläubiger, in der Art und Weise der Distribution des Vermögens. Einem Gläubiger znmuthen, wenn er Zahlung verlangt , an einem andern ^rt Recht zu nehmen , als wo er Kredit gewährte , eine andere Rangordnung der Gläubiger anzuerkennen , als unter Voraussetzung welcher er mit dem Schuldner verkehrt hat, wäre ein so schneidender Eingriff in die bon.^ lides des Verkehrs, in die Jnteresseu des Kredits und der osseutlichen .Sicherheit . dass die Mehrheit Jhrer Kommission schon aus diesem Grunde uie zu der Ver^ichtleistuug auf einen l.asler'sehen Separatkonkurs und zu der Auslieferung der dortigeu Vermögeusmasse an die Zürcher Behorden die Hand bieten konnte.

Wir geben ^war gerne ^u, dass auch unter diesem ^stem des ^eparat^ konknrses, wie überhaupt unter jedem denkbaren System, Uubilligkeiten entstehen konnen ; allein diese Unbilligsten erscheinen uns unbedeutend gegenüber den empsiudlicheu Verletzungen und den wahrhast ruinosen folgen, welche für die Basler Gläubiger mit dem ^stem des zürchersehen Einheitskonkurses verbunden wären. Uebrigens liegt iu der AnErkennung des Separatkonknrses für Basel nur eine Beftätiguug jenes

334 ^ri^ps, das uns in Ermanglung von Staatsverträgen sur die internationalen und interkantonalen Verhältnisse immex noch das richtigste scheint, wir meinen des Prinzips der Territorialität.

Man hat zwar gegen das von uns vorgeschlagene System der ^eparatkonkurse unter Anderm auch auf das naheliegende Beispiel einer E i s e n b a h n g e s e l l s c h a f t hingewiesen und aus die bedenkliche Verwirrung aufmerksam gemacht , die entstehen müsste , wenn über die in verschiedenen Kantonen gelegenen Bahnstrecken ebensoviel selbstständige, getrennte Konkurse ausgeführt würden. Allein dieses Beispiel ist , bei .Lichte betrachtet, für unsern Fall gar nicht zutreffend. Wären die einzelueu Bahnabtheilungen , die in verschiedenen Kantonen liegen , ebensoviele selbstständige Werthobjekte , so zweifeln wir nicht daran, dass man auch hier in einer Mehrheit von Separatkonkursen nichts Ansässiges erblicken würde. Allein die Bahn in allen ihren Fortsetzungen und Verzweigungen bildet ein zusammenhängendes, u n t h e i l b a r e s G a n z e s und wird aus d i e s e m Grunde nur Einem Konkurse ^unterliegen. Die gleiche natürliche Unteilbarkeit des Objekts lässt sich aber in unserm Falle nicht behaupten, da hier zwei rechtlich und faktisch getrennte Vermogensmassen in ^rage stehen , von denen jede gar wohl. f ü r s i ch a l l e i n und nach ihrer eigenen ^orm li^nidirt werden kann.

3. Es liegt uns noch ob, uns über das l e i t e n d e P r i n z i p des in Basel auszuführenden Separatkonkurses auszuspähen. Zwei Moglich.keiteu sind in dieser Beziehung denkbar : .^. Blosser Firmakonkurs mit Aussehluss der Brivatgläubiger und mit Ablieferung eines allsällige.. Aktivüberschusses an die ^ürchersch..

Masse ;

h.

Generalkoukurs auch in Basel mit Zulassung nicht bloss der Firmagläubiger, sondern auch der ^xivatgläubiger, ^doeh beiderseits unter Anwendung der baslerscheu Kollokationsordnung.

Vrüfen wir diese zwei Methoden etwas näher, so liesse sich sür das System des b l o s s e n F i r m a k o n k u r s e s , das auch der Bundesrath und ein Theil der Basler Behorden in Anspruch nehmen, folgendes anführen : Der G r u u d warum in Basel überhaupt ein ^paratko..kurs stattfinde, liege darin, dass der Kontursit auch dort ei.. D o m i z i l ge..

habt ^ dieses Domizil sei aber eiu blosses F i r m a d o m i z i l und rechtfertige also .^.ch nur einen F i r m a k o n k u r s , der bei einem E i n z e l k a u s m a n n die ganz gleiche innere Berechtigung habe, ^ie bei einer K o l l e k t i v g e s e l l scha s t. Allein diese Beweisführung, so bestechend sie aus den ersten Blick ist, scheint uns nicht gau^ stringeut^ Denn wenn auch das Basler Domizil der Grund ^es dortigen Konkurses

ist, so solgt daraus noch nicht, dass dann die ^rivatgläubiger nicht be-

rechtigt seien, in dem einmal verhängten Konkurs ebenfalls Befriedigung

335 zu suchen. .Ueberhaupt ist bei einen.. Einzelkausmann die Ausscheidung in eine k a u f m ä n n i s c h e u n d p r i v a t e V e r m ö g e n s s p h ä . . e mit viel grossern Schwierigkeiten verbunden als bei einer Soeietät, und auch in dex^Theorie noch zu wenig anerkannt, als dass wir diesen Vorschlag, ^ trolz seiner scheinbaren logischen Folgerichtigkeit, empsehlen konnten.

Annehmbarer und empsehlenswerther scheint nns das zweite System .

a l l g e m e i n e r K o n k u r s üb^.r alles in Basel gelegene Vermogen, mit Zulassung sowohl der p e .. s ö n l i eh e n als der Handelsgläubiger, jedoch unter selbstverständlicher Zugrundelegung der B a s l e r s eh e n K o l l o k a t i o n s o r d n u u g.

dieser Vorsehlag weicht in seinem praktischen Erfolg von jenem erstern ^ eines blosseu Firmakonkurses wesentlich in zwei funkten ab : e i n m a l darin, dass, wenn die Baslerschen Konkursgesel^e eine Konkurrenz von Bripatgläubigern und Firmagläubigern in diesem oder jenem Sinne gestatten .-.- als worüber die Basler Behorden selbst noch getheilter Meinung zu sein scheinen ---..eine solche Konkurrenz nicht ge...adezn ausgeschlossen wäre.

s o d a n n darin , dass , auch wenn man den Fir.nagläubigeru ein Vorgangs- und Separationsrecht aus das in Basel gelegene Vermogen Zugestehen wollte, doch ein allsälliger A k fi v ü b e r s eh u ss nicht an die Zürchersche Konkursmasse ausgeliefert, sondern in Basel und nach Mitgabe der Baslersehen Kollokationsordnnng unter ^ie dort angemeldeten Vripatglanbiger vertheilt würde.

Jn beiden Abweichungen erblicken wir Vorzüge gegenüber dem blossen ^irmakonl^.rs.. Jn ...er ^ulassung^ der Vrivatglaubiger in Konkurren^ mit Handelsgläubigern läge ein moderirendes Element, das die scheinbare Einseitigkeit ..und Strenge des Baslerschen ^eparatkonkurses etwas zu mildern geeignet wäre. Und für die Auslieferung eines AktivÜberschusses an ^ürich scheint uns überhaupt kein innerer Reehtsertignngsgrund vorzuliegen.., da auch für den Separatkon^urs in Basel das Vrin^ip des einheitlichen Zusammenschlusses der ganzen dort gelegenen Vermogensmasse innner noch das natürlichste bleibt.

^ie Mehrheit der Kommission wird ^al.er so frei sein, Jhnen in.

Sinne dieser l^rwägnngen einen Generalkonknrs sür das in Basel gelegene Vermogen vorzuschlagen. ^ass sie das Gleiche nicht auch bezüglich
des in Winterthur aufzuführenden Konkurses thut, hat einzig und allein darin seiueu ^rund , weil der Konkurs iu.. K^utou Zürich nicht beaustandet ist, nicht in ^rage steht, und weil d^e Kommission es als selbstverständlich ansieht , dass der dortige Konkurs eiu Generalkonkurs , mit glei^mässiger Zulassung säu.u^tli.cher Gläubiger, seiu werde.

Man konnte gegen die ^weckmässigkeit eines solchen doppelten Geueralkonkurses einwenden, es sei damit die Moglichkeii. gegeben, dass

336 ein gläubiger d o p p e l t e A n w e i f u n g erhielte , einmal in Bafel und dann auch noch in Winterthur. Allein abgesehen davon , dass ein solcher Fall bei^ einem wirklich insolventen Rachlass nicht wohl zu befürchten ist , so erblicken wir darin , auch wenn er vorkäme , gar kein Unheil. Man würde einsach die fruchtbare Anweisung an jeden. der beiden Konkursorte a u s die H a l s t e reduziren und die dadurch vakant werdende andere Halste den nachfolgenden, zur Geduld gewiesenen Gläubigern zuscheiden. Aehnlieh verhielte es sich mit der andern Frage : welcher von beiden ^eneralkonkursen die B r i o r i t ä t hatte, wenn neben den an den resp. Konknrsorten befindlichen Vermögensmassen noch einzelne Esfektenstücke zum Vorschein kamen, die in einen.. andern Kanton, überhanpt an einem d r i t t e n O r^t gelegen sind. Abgesehen davon, dass nach der Aktenlage ein solcher Fall in keiner Weise indizirt ist , so wäre nach der Ansicht der Kommission die Losn..g desselben auch keineswegs schwierig. Beide Konkursmassen hätten einsach g l e i c h e s R e c h t aus diese anderwärts liegenden Effekten und dieses gleiche ..^echt würde auch eine Vertheilung derselben unter die beiden Konkursmassen z u z w e i g l e i c h e n H a l s t e n rechtsertigen.

Ueberhaupt darf man sich durch die vermeintlichen Schwierigkeiten eines doppelten G.meralkonkurses in seinem Urtheil nicht beirren lassen.

Diese Schwierigkeiten sind nur faktischer Ratur und kaum von grosserm Belange, als sie in ähnliehen Fällen hundertfältig vorkommen . sie be-

rühren in keiner Weise die Richtigkeit des Vrinzips.

ll. D i e E r b s r a g e. ^

Weit einsacher und im Ganzen genommen anch weniger bestritten ist ini porliegenden Falle die e r b r e eh t l iche ^ r a g e. Hier geht Jl.re Kommission mit den Ansichten des .Ständerathes , also aueh mit denen des .^..ndesraths und der Zürcher Regierung vollkommen einig : da ss un r E i n e E r b f o l g e , u n d z w a r d i e n a eh Z ü r eh e r s eh e n G e s e tz e n , z u r A n w e n d n u g k o ni ni e u k o u u e.

Hätten wir darüber keine maßgebende Erklärung seitens des Standes Vasel , so schiene uns die ^rage zweifelhaft , da nach uatürlichem, internationalem und interkantonalem Recht auch hier bei getheiltem Domizil und ortlieh getrennten ^ermogensmassen eher sür zwei getrennte ..^epa.raterbsolgen , als für eine einheitliehe Gesammterbsolge zu entscheiden sein dürste. Allein in unserm ^alle ist di.^ ^rage dnreh eine, wie wir glauben, rechtsverbindliche Erklärung des Kantons Vasel positiv entschieden.

Zwar ist ^..asel dem bekannten Konkordat betreffend ,,Testir..ugs..

fähigkeit und Erbrechtsverhältnisse^ vom^ 15. Juli 1822, welches sür die Jutestaterbsolge die Gesetze der Heimath als massgebend ansstellt,

337 nicht beigetreten , allein es hat bei den diessfälligen Unterhandlungen in aller Form Rechtens die Erklärung zu .Protokoll gegeben : ^Basels Geseze sind in vollkommener Uebereinstimmung mit den ,,^ 1 und 2 (des Konkordats) . a u c h in A n s e h u n g der Erb...

,, scha s t e n ah i n t e s t a t o a n e r k e n n t die R e g i e r u n g u n ,,b e d i n g t d i e G e s e z e u n d d e n R icht e r d e r H e i m a t h ; ,,für testamentliche Verfügungen und Eheverträge hingegen , müssen die ,,Gesel^ und das Forum des Wohnorts unbedingt behauptet werden.^ ^iese Erklärung ist nach unserer Ansicht maßgebend . es handelt sich im vorliegenden Falle um die J n t e st a t e r b s o l g e , für welche die Basier Regierung selbst unbedingt die G e s e z e u n d d e n Rieh t ex d e r H e i m a t h , also hier des Kantons Zürich, anerkennt.

^ie Einwürfe , wodurch man für Basel . die Rechtsoerbindlichkei.

dieser Erklärung zu entkräften sucht, scheinen uns nicht stichhaltig ; denn durch derartige bei Gelegenheit von Konkordatsunterhandlungen abgegebene protokollarisch^ Erklärungen wird zwar allerdings nicht ein K o n k o r d a t eingegangen, aber es kann ein nebenher gehendes selbstständiges p a c t u m a d j e c t u m zu Stande kommen, wodurch der erklärende Theil in B e z u g a u f d e n b e t r e f f e n d e n B u n k t gerade s o gebunden wird , wie wenn er in diesen.. Buukt dem Konkordat beigetreten wäre.

Und ein solches pactnm ...d^ctnm dürfen wir um so eher annehmen, wenn, ^ wie es hier geschehen ist, die andern Stände mit der Erwiederung der R e e i p r o e i t ä t geantwortet haben. ^ Allerdings konnte nun noch der Zweifel entstehen , ob jener Vor^

behalt der .^eimathsgese^e sür die Jntestaterbsolge b l ossd i e Erbfolge au u n d sür s.ich , d. h. erstens die Erbberechtigt^, und zweitens die Raumordnung der Erben betreffe , oder ob derselbe auch aus die ^rage der A n n a h m e o d e r A u s s ..h l a g u n g d e r E r b s eh a s t ^u beziehen sei , mit audern Worten , ob uicht selbst unter Vorausse.^ung der Anwendbarkeit der Zürcherscheu Erbgesel^e , dennoch der E r b v e r z i ch t sür das in Basel gelegene Vermogen in Basel und nach dortseitigen Gesezen hätte erklärt werden sollen ^ Allein eine solche Trennung des materiellen Erbrechts und des sormalen Akts des Erbverzichts konnen wir nicht anerkennen. Annahme oder .Auss.hlagung einer Erbschaft stehen mit der Erbberech.^iguug , mit der Qualität der Erben , in einen. b e d i n g e n d e n Z u s a m m e n h a n g und es spricht auch die Baslers.he Erklärung zum Konkordat nicht bloss von der Erbfolge an und für sich, sondern weitergehend von den Gesezen und dem Richter ,,i n A u s e h u u g d e r E r b s eh a s t e n a b i n t e s t a t o ^ überhaupt, .oodur.h auch diejenigen Geseze .uitumfasst sind, die sich ans die formen, Fristen und Bedingungen des Erbverziehts beziehen.

Bund^blalt. Jahrg. Xl.^. Bd.I.

2.)

338 Endlich ist di.e Erbfrage mehr eine Frage des i n n e. r n R .. ch t s, ..... h. der rechtlichen Beziehungen der Erben unte... einander, bei der in keiner Weise die Jn.teressen d r i t t e r B e r s o n e n u n d des allg e m e i n e n . K r e d i t s mitbetheiligt sind, wie diess bei der Konkursfrage der Fall ist : nach der Anficht der Kommission ein Grund mehr,

hier unbedingt an dem Brinzip der Einheit und Ungetheiltheit des ganzen Erbverhältnisses festzuhalten.

^estüt^t auf diese Ausführungen erlaubt sich die Mehrheit Jhrer Kommission, bei Jhnen, Tit., Folgendes zu beantragen: Die Bundesversammlung der schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t ,

naeh Einsicht der Akten, betreffend den Rekurs Küble^Troll.

beschließt: 1. Der Entscheid des Bundesrathes wird bestätigt, unter dem Vorbehalte jedoch, dass sämmtl.iche Gläubiger des Melchior Kübler, ohne Unterschied ob Brivat^ oder Handelsgläubiger, ihre Forderungen in Basel geltend machen konnen.

2. Die eingelangten Rekurse, soweit sie mit dieser Verfügung im Widerspreche stehen, stnd abgewiesen.

Mit Hochachtung .

B e r n , den 2l. Dezember 1866.

Ramens der Mehrheit der Kommission .

^eue^e^er, Berichterstatter.

339

Bericht der ^illderheit der ^ uati.^ualrathlicheu ^..nuti^n.

(Vom

21. Dezember 1866.)

Tit..

An. 22. Juli 1865 verstarb in Winterthur der daselbst heimathberechtigt und wohnhast

gewesene Melchior Kübler- Troll.

derselbe

hinterliess drei minder erster Ehe, M e l c h i o r ^ l d o l f , K a s p a r R o b e r t und E l i s a b e t h K ü b l e r , welche noch minderjährig sind. Ramens dieser Kinder, als Erben des Melchior Kübler, ersuchte die Waisenkommission von Winterthur beim Bezirksgericht daselbst um

Bewilligung der Rechtswohlthat des amtlichen Güterverzeichnisses. Das Bezirksgericht entsprach diesem Gesuche und ließ au die Geriehtsbehorde von Basel die Einladung ergehen, die Jnventarisirung des daselbst befindlichen Kübler'sehen Nachlasses vorzunehmen. Die Gerichtsschreiberei in Basel nahm das Jnventar über den fragliehen Raehlass auf, erwiderte aber der Behorde in Winterthur, dass nach ihrer Anschauung die Voransse^ungen des beneficium inventarii kaum mehr vorhanden seien, da

das Geschäft daselbst von den Erben n a c h dem 22. Juli 1865 noch fortbetrieben worden , wesshalb die Rechte der Gläubiger bezüglich des dortigen Nachlasses gewahrt werden.

Rach Vollendung des Jnv.eutars, das am 7. Oktober 1865 zum Abschluss kam, erklärten die Erben des Melchior Kübler, und zwar in offener ^rist, die Ausschlagung der Erbschaft, w o r a u f a m 2 8 . R o -

v e m b e r 1 8 6 5 d a s B e ^ i r s g e x i c h t z u W i n t e r t hur ü b e r d e n R a c h l a s s d e s Melchior K ü b l e r . . T r o l l d e n K o n k u r .. e r k a n n t e .

Die lettere Behorde richtete an das Eivilgericht von Basel das Gesuch : E s m o c h t e n d i e d o r t b e f i n d l i c h e n b e w e g l i c h e n

A k t i v e n mit B e s c h l a g b e l e g t und mit e i n e m allfälligen

^lktivsaldo, der

n a c h in B a s e l s t a t t g e -

340 snudane m S e p a r a t k o n k u r s über das d o r t i g e unb e w e g l i c h e V e r m ö g e n sich h e r a u s s t e l l e , an d i e Konkursmasse in Winterthur abgeliefert werden.

Das Appellationsgericht von Basel hatte aber unterm 14. De-

zember 1865 das Gesuch des Bezirksgerichts ^vou Winterthur abgewiesen

und zwar mit der Erwägung .

"Dass es sich in dem vorliegenden Fall noch keineswegs um die ^Liquidation einer Fallimentsmasse, sondern zunächst u u. die Frage han,,delt, ob eine solche bereits vorhanden sei, mit andern Worten, ob der ,,von den Erben des verstorbenen Kübler in Winterthur erklärte und ,,vou der dortigen Gerichtsstelle bewilligte Erbverzicht auch für das hier gelegene und in das ^ Basler Ragionenbuch mit hiesiger Domizilerwäh,,lnng und deren rechtliehen Folgen eingetragene Handelsetablissement ,,als verbindlich erscheine, eine ^rage, ans deren selbstständige Entscheid "dnng, nach hierseitigem Gese^ und Uebuug, Basel-Stadt durch seinen ..Beitritt zum Konkordate vom 7. Juni 1810 nicht verzichtet hat und ,,mit Rücksicht aus die von den Kreditoren dieses Haudelsetablissements ,,erworbenen Rechte aus den hiesigen Gerichtsstand desselben und die ,,Auweudu..^ der hiesigen Geseze nicht verzichten kann.^ Unter dem 25. Jenner

1866 rekurrirte der Regierungsrath des

Kantous Zürich gegen den Entscheid des Appellationsgerichts von Basel an den Bundesrath mit den. Schlusse , derselbe wolle beschlossen : Die Behorden in Basel haben dem Gesuche des Bezirksgerichts von. Winterthur zu entsprechen^ eventuell: Es wolle verordnet werden: Es sei auch in Basel über die gesamn.te dortige Aktivmasse des Melchior Kübler . nicht nur über die Liegenschaften , der Konkurs zu eroffnen, und es seien sammtliche Glaubiger , also ^ auch diejenigen , welche in dem in Winterthur eroffueten Konkurse keine oder ^...h uicht vollständige Befriedigung findeu, zur Anmeldung ihrer Ansprachen auszuforderu und zur dortigen Liquidation zuzulassen.

Am 5. ^ebruar 1866 übersandte der Anwalt der minderjährigen Erben des Melchior Kübler, .^.r. Vrokurator Hauser in Winterthur, dem Bundesrath ein Reehtsgntaehten des Hrn. Dr. .Bluntschli, in welchem das an die Basler Behorde gerichtete Begehren des Bezirksgerichtes von Winterthur und der Rekurs des Regiernugsrathes vou Zürich , von..

Standpunkte des interkantonalen Konkursreehtes und des interkantonalen Erbrechtes ans, unterstü^t wird und das mit dem Sehlusse endigt: 1) Das in Basel liegende Vermogen des in Winterthnr verstorbenen Melchior Klibler.. Troll sei zu dem in Winterthur über den Kublerschen Rachlass erossneten Konkurse abzuliesern und die Behorden von Basel seien nicht befngt, jenes ^ermogen zurückzuhalten und unter diejeuigen Kreditoren, .welche in Basel ihr Guthabeu augemeldet haben, zu vertheilen.

341 2) Die Ausschlagung der Kübler'schen Erbschaft sei lediglieh nach ^ürcher'schem Erbrecht ^u beurtheilen.

3) Streitigkeiten über den Erbantritt oder die Erbausschlagung seien an die Zürcher^schen ..Berichte zu bringen und von diesen zu ent^ scheiden.

Der wesentliche Jnhalt der Rekursbeschwerde des Regierungsraths von Zürich, sowie der Erwiderung des Appellationsgerichtes von Basel, dem die erwähnte Reknrsbeschwerde zur Vernehmlassuug mitgetheilt wurde, serner eiuer Eingabe der Gerichtssehreiberei von Basel, welche die letztere am 7. April au den Bundesrath gelangen liess, ist im Beschlusse dieser Behorde , sowie im Berichte des Reserenten der ständerathlichen Kommisstonsmehrheit , des Hru. Dr. Blumer, ausführlich dargestellt, aus welche Darstellung mau , um unnothige Weitläufigkeit zu permeiden, hinzuweisen stch erlaubt.

Am 25. April 1866 schritt der Bundesrath zur Entscheidung der streitigen Materie und sasste den Beschluss: Es sei der Rekurs insoweit als begründet erklärt , als die Erofsnung eiuer Separat-Erbschast in Basel als unzulässig erscheint und es seien demnach die Behorden des Kantons Zürich

berechtigt, über die Gültigkeit des von den Kübler'scheu Erben

ausgesprochenen Erbver^.htes bezüglich der gesammten Erbmasse zu urtheiien . dagegen die Behordeu von Basel berechtigt, über die Firma Melchior Kübler in Basel einen Separatkonkurs ein^ zuleiten.

. Gegen diesen Entscheid ergriff der Anwalt der Kinder des Melchior Kübler deu Rekurs an die Bundesversammlung, indem er eine Beschwerde einreichte, die sieh in das Begehren auflost: Es wolle beschlossen werden . Es sei das in Basel befindliche bewegliche Vermogen des verstor-

benen Mathias Melchior Kübler in die Masse des über den Kübler'schen Rachlass in Winterthnr erossneten Konkurses abzuliefern.

Auch .^r. Vrokurator Regler von Winterthux, Rasens der ^rau Elisabeth Kübler, geb. Troll, ^Wittwe des Melchior Kübler, und des Hrn. Joh. Troll, Schwiegervaters des .^el^tern, führte Beschwerde, die mit dem Ansuchen schließt : (Siehe Anhang zum eitirten Bundesrathsbeschluss, Ziffer Il.)

Von den Geriehtsämtern von Basel wurde am 18. Juli 1866 das motivirte Gesuch eingereicht . Es seien die Basler Behorden für besagt zu erkläreu, mit deu. in Basel liegenden Vermogen des Melchior Kübler^Troll einzig uach Massgabe der Basler Geseze ^u versahren.

Das Appellationsgericht von Basel übermalte auf dle Beschwerde des Hrn. Hauser eiue Verne hmlassung mit dem Antrag :

342 .^

Es moge bei dem Entscheid des Bundesrathes vom 23. April 18.^ hinsichtlich der konkursrechtlichen Frage sein Bewenden haben.

Der Referent hält dafür, dass er unterlassen dürfe, des Jnhaltes der Rekurse der Herren .Ziegler und .Causer und der Eivilgerichtsämter von Basel hier näher zu erwähnen, da derselbe im Reserate des Hrn.

Dr. Blumer eine unpassende Darstellung gesunden hat, und geht sosort zur Behandlung der Fragen über, durch deren Entscheidung die Erledigung des Falles bedingt ist.

Zwei Fragen sind es nun hauptsächlich, welche der Losung harren,

nämlich :

I. D i e e r b r e eh t l iche F r a g e und H. D i e Ko n k u r s f r a g e.

..^d l.

Was die erste .Frage anbelangt ,

so wurde

von

den Basler

Behorden die Ansicht geltend gemacht: Durch den Erbverzicht, den die Kinder Kübler beim Bezirksgericht in Winterthur erklärt haben, werde d e r in B a s e l b e f i n d l iche R achl assdes Melchior Kübler nicht betroffen , dieser Rachlass werde von den Basler Gesezen regiert und nach diesen Gesezen müsse innert zwei Monaten, vom Todestage des Erblassers an , die Erbsehaft ausgeschlagen werden , da aber das Geschäft des M. Kübler von den Erben desselben nach dem 22. Jnli 1865 noch sortbetrieben worden und eine Erbschastsausschlagung innert

nü^licher Frist in Basel nicht stattgesunden, so sei der Kübler^sche Rach-

lass in Basel nicht als F a l li m e n t s m a ss e zu betrachten, sondern vielmehr als E ....... s ch a st s m a s s e , bezüglich welcher, bei dem Umstaude, dass die Erben nicht in Basel wohnen, den Kreditoren daselbst das Reeht de r S e p a r a t i o n , d.h. das Recht zustehe, zu verlan-

gen , d a ss d i e A k t i v e n ^ z n i h r e n G u n st e n l i .^ u i d i r t

w e r d e n , damit sie nieht Gefahr lausen , sich , um Bezahlung zu erlangen, au anderwärts wohnende Erben und fremde Behorden wenden zu müssen.

Die erste ^rage stellt sich daher, speziell formnlirt, folgendermaßen .

Erstreckt sich der in Winterthur stattgefundene Erbverzieht und das daselbst erlassene Konknrserkenntniss anch aus dasjenige Vermogen, welches

Melchior Kübler in B a s e l hinterlassen, oder sind die Kinder Kübler

in Ansehnng dieses Nachlasses trot^ jenes Erbverzichtes a l s E r b e n anzusehen ^ Wenn es sieh um die Losung dieser .^rage handelt , so ist vorab . das Konkordat über Testirungssähig^it und Erbrechtsverhältnisse . von..

15.^Juli 1822 in Betracht zu ziehen. Dieses Konkordat enthält in Art. 3 die Bestimmung, dass die Verlassenschaft ab intestato eines Riedergelassenen n a e h d e n G e s e z e n s e i n e s H e i m a t o r t e s z u

343 behandeln sei. Der h. Staud Basel-Stadt befindet fich zwar nicht, wie der Kanton Zürich , unter den an der Spi^e des Konkordates verzeichneten Ständen, die demselben beigetreten find. Der Kanton

Basel-Stadt hat aber hinsichtlich dieses Konkordates die Erklärung ab-

gegeben, dass seine Gesetze mit den Artikeln 1 und 2 desselben voll^ kommen übereinstimmen und dass er auch in A n s e h u n g der E r b s c h a s t e n .^ b i n t e s t a t o d i e G e s e t z e u n d d e n R i c h t e r d e r H e i m a t u n b e d i n g t a n e r k e n n e . Es ist desshalb, weil wir es im Spezialfalle m.t eine... Erbsehast ah intestato zu thun haben, jede Frage , welche diese Erbsehast betrifst, und demgemäss wohl auch die Frage, ob von den Erben des Melchior Kübler aus den Rachl.tss desselben in gültiger Weise Verzieht geleistet worden, nach dem Rechte und von dem Richter der Heimath des Erblassers, folglich nach dem Zur^erscheu Recht und vom Zürcher'schen Richter zu beurtheilen.

Zum gleichen Ergebn.ss würde man gelangen, wenn man auch der Anficht wäre, dass das Konkordat vom 15. Juli 1822 die Fra^e , vor welchen. Gericht der Erbver^icht erklärt werden solle, nicht berühre. dass dasselbe vielmehr nnr dann maßgebend sei, wenn eine Frage, die im strengen^inne.des Wortes erbrechtlicher Ratnr ist, die Frage nämlich, wer Jntestaterbe sei und welcher Anspruch an den. Nachlasse einem Erben

gebühre, im Streite liege.

So viel ist wohl als feststehend anzusehen, dass zur Entgegennahme des Erbver^iehts und zur Erosfnung des Konkurses das Forum der Heimath des Erblassers oder doch dasjenige des Wohnorts der Erben das . kompetente sei. Mag man nun d..u einen oder den anderu Gerichtsstaud hier als kompetent erachten, immerhin erweist sieh die Erbsehaftsaussehlaguug als vor der zuständigen Behorde angebracht und daher denn auch gültig und wirksam, denn in Winterthur ist sowohl das forum domicilii der Erben Kübler, als auch das korum ori^mis des Erblassers.

Der in Winterthur erkauute Konkurs bringt es daher notwendig

mit fieh , dass der gesammte Rachlass des Melchior Kübler , m i t h i n auch d e r in B a s e l l i e g e u d e B e s t a n d t h e i l d e s s e l b e n der konk..rsriehterlichen .^i^uidatiou anheimsalle. Referent will bei dieser Materie nieht länger verweilen uud namentlich uieht des Mähern hervorheben, d asse s p r a k t i s eh u n ^ u l ässi g u n d n icht d e n k bar s e i , dass e i n T h e i l der V e r l a s s e n seh a s t des M.

K ü b l e r i m K o n k u r s e l i e g e n , b e ^ ü g l i ch d e s a n d e r n T h e i l e s d a g e g e n d e s s e n K i n d e r E r b e n sein kon ne n, da schon der Bundesrath , der Ständerath und die Mehrheit der nationalräthlichen Kommission übereinstimmend erklären, dass infolge der Konkurseroffnung von Seite des Bezirksgerichts von Winterthur der g e s a m m t e Rachlass des M. Kübler dem Geldstage versallen und dass

.344 daher auch dessen in B a s e l befindliches Vermögen nicht Gegenstand einer Separaterbschaft , sondern k o n k u r s r i e h t e r l i c h zu li.^uidiren sei.

^d H.

Wichtiger und schwieriger zu losen. ist die K o n k u .. s s r a g e.

.

Diese Frage macht die Untersuchung .nothwendig, ob im Sinne der .bundesrathlichen Entscheidung über die Firma Melchior Kübler. i n B a s e l ein S e p a x a t k o n k u r s einzuleiten, oder ob über den Raeh.lass in Basel ein G e n e r a l k o n k u r s zu erössnen sei, in der Weise, .dass allen Gläubigern gestattet werde, daselbst ihre Forderungen anzu-

melden , oder endlich, ob das Begehren des Bezirksgerichts von Winter-

thur um Uebermittlung der in Basel vorhandenen bewegliehen Aktiven in die dortige Konkursmasse gerechtfertigt sei.

Der Bundesrath stü^t seinen Entscheid, wodurch er die Behörden

von Basel-Stadt als berechtigt erklärt, über die Firma Melchior Kübler in Basel einen Separatkonkurs einzuleiten, aus die Betrachtung. Es müsse wohl unterschieden werden zwischen der Firma, die nach aussenhin als eine selbstständige Persönlichkeit, als ein Rechtssubjekt erscheine und als solches auch behandelt werden müsse, und den Bersoneu, welche die Firma innehaben. Die Handelsfirma Melchior Kübler sei eine von diesem .Leitern, ihren. Träger, abgesonderte, für sich bestehende Berson, die als solche Rechte erworben und Verbindlichkeiten übernommen habe und als solche ihren Gläubigern gegenüber haftbar sei ; es müsse daher auch unterschieden werden zwischen einen.. Konkurs der Firma und den..

persönlichen Konkurs des Jnhabers. Dieses Verhältnis träte klarer hervor, wenn die Firma aus mehrern Antheilhabern bestehen würde ; in einem solchen Falle würde, wenn diese mehrern .^intheilhaber mehrern Kantonen angehörten, wohl Niemand daran denken, den Konkurs der ^irma mit den mehrfachen Konkursen ihrer Antheilhaber vermischen zu wollen. Durch den znsälligen Umstand, dass Kübler alleiuiger Juhaber des Gesehästes gewesen, konue aber der Grundsa^ nicht geändert werden.

Es darf wohl gesagt werden, dass eine solche Unterscheidung zwischeu der Firma und dem Träger derselbeu, w e n n d i e s e r L e t t e r e e i n e e i n z i g e V e r s o n i st , noeh nirgends zur Geltnng gekommen ist.

Schwerlich werden sich in der Wissenschast oder Bra^is für sie Belege finden. sicher ift , dass diese Unterscheidung in den Kantonen, welche in Frage kommen , in den Kantonen Basel und Zürich , nicht anerkannt wird. Jm Kanton Zürich wird einer Firma als solcher die Bedeutung einer selbstständigen Berson beigelegt , w e n n s i e d u r eh ^ e i n e G e s e l l s eh a s t , d u r c h e i n e K o l l e k t i v i e r s o n li ehk e i t g e .. i ld et w i r d ; in ^ Basel ist nicht einmal das lettere der ^Fall und wird desshalb auch nicht unterschieden ^wischen einen.. Konkurse

345 der Firma und dem Konkurse eines einzelnen Gesellschafters. Die Eivilgerichtsämter von Basel sprechen sich in dieser Beziehung folgendermaßen aus : Jm Konkurse einer Kollektivgesellschast werde nicht getrennt zwischen einem Konkurs der Gesellschaft und dem Konkurs der einzelnen Assoeies, sondern werde es nach Basler Recht für richtiger gehalten , wenn das Handelsvermogen in so viel Massen ausgelost werde als Associés sind, und einer jeden dieser Massen das Brivatvermogen des Assoeic beigefügt, dann die Brivatgläubiger eines solchen Assoe^ an die Sondermasse desselben, die Firmagläubiger aber an alle diese Sondermassen gewiesen werden. Es werde daher auch kein Unterschied gemacht zwischen der Firma und ihrem Jnhabex, wenn der Lettere eine einzelne Berson ist, vielmehr sei nach der Auffassung der Gerichtsämtex bloss e i n e Masse vorhanden.

Würde im Sinne der bundesräthliehen ^irma eines Handelsmannes und dem Träger so wäre dann die nothweudige Folge die, dass zahlungsunfähig geworden, z w e i K o n k u r

Auffassung zwischen der derselben getrennt werden, wenn dieser Handelsmann s m a ssen , d i e e i n e

f ü r d i e H a n d e l s g l ä n b i g e r n n d ^H an d e ls s eh u l d n e r ,

u n d d i e a n d e r e f ü r d i e B r i v at g l ä u b i ge r u ud V r i ^ v a t schu l d n e r g e b i l d e t w e r d e n m üsst e n ^ es ist das eine Art der Liquidation, die weder in Zürich, noch in Basel, noch sonstwo angewendet wird und die wohl a..eh nur äusserst schwer durchführbar wäre.

Der Firma , d i e d u r eh e i n e n e i n z e l n e u K a u s m a n n r e p r ä s e n t i r t w i r d , und die nichts Anderes ist, als der Rame, von dem derselbe im Handelsverkehr Gebrauch macht, wohnt daher nicht das Wesen eines von jenem abgesonderten, sür sieh bestehenden Rechtssnbjektes inne , und es erseheint sonach die Eroffnung eines F i r m a ^ K o n k u r s e s über den in ^Basel. vorhandenen Rachlass des Melchior Kübler als unzulässig.

Auch die Kommissionsmehrheit theilt diese Ansicht, gelangt ..ber zu dem Ergebniss, dass über den in Basel liegenden Rachlass daselbst ein G e n e r a l k o n k u r s erofsnet werden solle , so dass also über den Kübler'schen Rachlass zwei Konkurse, der .eine in Winterthur, der ander..

in Basel, .durchzuführen wären. Jn der Ansieht der Kommissiousmehr-

heit liegt jedensalls das Gute, dass sie den Kindern des Melchior Kübler,

die gegenüber der Masse des Leitern eine Forderung von ..irea ^r. 30,000 geltend macheu, im Geldstage zu Basel mit dessen sämmtlichen ^übrigen Gläubigern, also auch den Handelsgläubigern in Basel, zu koukurriren gestatten will . während nach dem Besehlusse des Bundesrathes jenen Kindern das Recht der Anmeldung im sraglichen Geldstage eutzogen

und ihr Guthaben, das wesentlich sür das Handelsgeschäst in Basel

verwendet worden sein soll, von vornherein großenteils verloren wäre.

346 ...gleichwohl kann sich der Unterzeichnete de.. Auffassung seiner Herren Kollegen der kommission nicht anschließen, weil er die Ansicht hat, dass dieselbe dem Sinn und leiste des bisher bestandenen interkantonalen Konkursrechtes zuwiderlaufe und ex jenen Standpunkt sur den sachge^ massen und richtigen hält , welchen der Ständerath in der Frage .^ingenommen hat.

Zur Begründung der Minderheitsansicht mag es am Orte sein, die Liquidation, wenn dieselbe nach der Ausfassung der Kommissions..

mehrheit vollzogen werden soll, por Allem pon der praktischen Seite in's Auge zu sassen.

Es ist nicht mühsam, sich zu überzeugen, dass die .Liquidation, wo.^ nach z w e i Konkurse über e i n e Vermogensmasse ergehen sollen, änsserst schleppend, schwierig und unter Umständen kaum ausführbar ist.

Voxab entsteht die Frage : Welche Konkursmasse hat die Aktiven a u ss e r den beiden Kantonen, in welchen die Konkurse erossnet worden, zu lia^uidiren und einzuziehen^ Jn welche der beiden Massen gehoren diese Aktiven^ Und wenn die Frage, in welche Masse sie gehoren, streitig wird, welche Behorde entscheidet die diesssälligen Streitigkeiten.^ Jm Weitern fragt es sich : Wie sollen die einzelnen Forderungen angemeldet werdend Ossenbar muss den Gläubigern gestattet sein, ihre Ansprachen in beiden Konkursen einzureichen. Selbstverständlich muss sich aber jeder ..^laubiger an einem Orte den Betrag abrechnen lassen, d.^n er am andern Orte erhalten.

Welche Konknrsbehörde ist nun zur srühern Liquidation verpflichtet^

Wer spricht, falls eine daherige Entscheidung nothig fallen sollte, diese

Verpflichtung aus^ Bei den verschiedenen Konkursbehorden kommen verschiedene Geseze zur Anwendung und es ist desshalb nicht anzunehmen, dass bezüglich der Liquidation und Rangbestimmung der einzelnen Forderungen das Re^ snltat überall das gleiche sei.

Wie verhält es sich nun , wenn eine Behorde eine Forderung als liquid erklärt , die andere Behorde sie , weil sie den Nachweis ihres Bestandes nicht als vorhanden annimmt, aus der Masse weist ^ Wie, wenn eine Forderung in einem Konkurse in eine frühere , im andern dagegen^ in eine spätere Klasse loeirt wird^ Jn

einem Konkurse hat die Ehefrau ein Vrivil.eginm hinsichtlich

der H ä l f t e , im andern hinsichtlieh des g a n z e^n B e t r a g e s des

dem Ehemann zugebrachten Vermögens , an einem Orte hat sie für das eingebrachte Gut ein ^orderungsrecht , am andern das Recht der Vindikation, d. h. das Recht, ihr Vermogen in natura heranszuverlangen,

347 insofern dasselbe noch vorhanden ist. Es ist einleuchtend, welche Verwickelungen die Liquidation der Frauengutsansprachen bei dieser Sach.^ lage erzeugen muss.

Jn Konkursen entstehen häufig Vindikations- und Liquidations^ processe, Prozesse über den Rang (die Klasse) einzelner Forderungen, und andere Streitigkeiten. Während diese Streitigkeiten in einem .Konkurse behandelt werden, bleibt das Versahren im andern Konkurse sistirt, und wenn die Prozesse in einem Konkurse und dieser selbst erledigt worden, nehmen solche dann möglicherweise im andern Konkurse ihren Ansang.

Wie lange mnss e^ andauern, bis in einem solchen ^alle das Verfahren zu Ende geführt ist^ Wegkann die Rachtheile berechnen, die den Gläubigern durch die verwerte Erledigung der Sache erwachsen^

Es ist nicht moglich, die Folgen des beantragten ^..oppelkonkurses in umfassender . Weise hervorzuheben ; allein schou aus dem gesagten mag ^u entnehmen sein, welche Verschleppung der Liquidation , welche Verwirrung, welche Rechtsunsicherheit und welche Gefährdung der Jnteressen der Gläubiger es zur Folge hat, wenu e i n e Masse in z w e i Konkursen li^uidirt wird.

Und welchen Verlaus erst wird die Liquidation nehmen, wenn Jemaud d r e i u n d n o eh m e h r ^.om^ile hat, und nach der Ansicht der Kommissiousmehrheit d r e i u n d n o eh m e h r Konkurse über einen und denselben Schuldner zur Anwendung kommen sollen ^ --- ^.ie Verwirrung wächst , wie die Zahl der zu erledigenden Konkurse.

^ie Angelegenheit vom rechtlichen Standpunkt aus betrachtend, sagen wir. Zur Verhütung der vielen und schwerwiegenden Uebelstände, welche ein Doppel- oder mehrfacher Konkurs nothwendig herbeiführt, siud die Konkordate über das Konk..rsrecht vom 15. Braehmonat 1804 und vom 7. Braehmonat 1810 entstanden, wodurch sestgese^t u.orden, dass das g e s a m m t e b e w e g l i ch e ...... e r m o g e n eines Kridars nach e i n e in Gesell von e i n e r Behorde und in e i n e m Versahren behandelt werden soll. Wie lebhaft iene Uebelstäude den konkordireuden Stäuden vorgeschwebt und wie sehr vou ihnen das Bedürsniss eines einheitliehen Konkursverfahrens en.pfunden worden , erhellt aus dem Tagsa^ungsabschied vom Jal^r 1804 und zwar aus der Einleitung zum Konkordate vom 15. Juni jenes Jahres, welche solgendermasseu lautet.

,,Ju Betreff der Einführung eines a l l g e m e i n e n Konkursrechtes, ..worüber im le^tjährigen ...lbsehied ebenfalls ein Wunsch enthalten war, ,,haben die Ehrengesandtschaften dem Vorsehlag der Kommission gemäss

,,und in Erwägung , dass solches e i n a l l g e m e i n d r i n g e n d e s , , B e d ü r f u ^ i s s der S c h w e i z e r sei, welches nur dnreh eine gegen,,seiti^e oder allgemeine Verko.nmniss besriedigt werden kann , folgende

348 ,,drei Bunkte als Konkordat angenommen.^ Artikel der Vereinbarung.

Es folgen nun die drei

Aus dieser Stelle, in Verbindung mit dem Jnhalte der .Konkordate selbst, geht hervor, wie gross die Tragweite ist, welche den letztern gegeben wurde und dass es sich bei Errichtung derselben darum handelte, in A n s e h u n g d e r B e w e g l i c h k e i t e n d e s F a l l i t e n d i e E i n h e i t , G l e i c h m ä s s i g k e i t und U n i v e r s a l i t ä t d e s K o n k u r s e s h e r z uste l le n.

Vergl. B.umer. .Handbuch des schweiz. Bundesstaatsrechts, Bd. H,

Seite 170-176.

Diese Konkordate, welche noch in Krast bestehen, müssen daher bei Erledigung der streitigen Frage einen wesentlichen Einsluss üben und namentlich ist ^ 3 des Konkordates vom 15. Jnni 1804 als massgebend anzuseheu, welcher vorsehreibt: ^Zwischen denjenigen Kantonen, welehe ..dieser Verkommuiss beitreten, dursen nach ausgebrochenem Falliment ..keine Arreste auf beweglich.^ Eia^nthum des Falliten anders als z u ,,G u u st e n d e r g a n z e n .^ eh u l d e u m a s s e gelegt werden^ , sodann ^ 1 des Konkordates vom 7. Juni l 810, der verordnet. ,.Es ^sollen in ^allimentsfällen alle einem ^alliten ^ugehorigen Effekten in ,,die Hauptmasse fallen, solche mögen liegen, wo sie wollen, unbeschadet ..jedoch der darauf hastenden Rechte und .Ansprüche des J..habers.^ Man^hat eingewendet, dass unter dem Ausdruck ..Effekten^ nur einzelne Beweglichkeiten, nicht aber die gesammten Aktiven eines Kaufmanns zu verstehen seien. Dagegen streitet nun aber einmal die Bedeutung., welche ^man den Konkordaten der zitirteu Einleitung znfolge beimass. serner der bereits genannte ^ 3 des Konkordates vom 15. Juni 1804, denn wenn daselbst verordnet wird, dass im gebiete der konkordirenden Kantone aus bewegliches Gut des Geldstagers keine Beschlagnahme erwirkt werden dürfe a u ss e r z u G u n st e u d e r K o n k u r s . ^ m a s s e , so ist dadurch auch ausgesprochen., dass das gan^ innert den Grenzen jeuer Kantone gelegene bewegliche Vermögen des ^alliten in dessen Masse gehore. Von gan^ besonderen Gewicht erzeigt sich aber die Thatsache, dass die Vundesbehorden in ihren Entscheiden unter dem Ausdruck ,.Effekteu^ immer das sämmtliche bewegliehe Vermogen des Geldstagers verstanden haben.

Gegen die Anwendbarkeit der Konkordate ist dann im Weitern vorgeschützt worden : Melchior Kübler sei sowohl in V a s e l als in W i n t e r t h u r domizilirt gewesen . er habe erklärt , dass er sich sür alle durch seine ^irma in .^asel eingegangenen Verbindlichkeiten den Gesetzen von Basel -Stadt unterwerfe. die Konkordate haben den ^all eines doppelten Domizils ^nicht im Auge, sondern erscheinen nur dann massgebend, wenn der Kridar bloss an e i n e m Orte domizilirt sei. nur

349 im le^tern Fall konne von e i n e r Hauptmasse, der die Konkordate erwähnen, gesprochen werden, während im Falle eines doppelten Domizils z w e i Massen vorhanden und daher z w e i Konkurse .^u erossnen seien.

Durch die^ Konkordate ist , wie bereits angedeutet worden, der Grundsal^ der Einheit des .Konkurses festgestellt, d. h. die Vereinbarung getroffen worden , dass die Mobilien eines Fal.liten , auch wenn sie in verschiedenen Kantonen^ liegen , in e i n e m Konkurse zur Li.^uidation gelangen sollen. Dieser Grundsa^ hat auch in der Brax^is der Bundesbehorden durchgehends Anerkennung gesunden. Wir machen beispielsweise auf einzelne Entscheidungen dieser Behorden speziell aus-

merksam. Jn einem Beschlösse des Bundesrathes d. d. 12. März 1851 findet sich die Stelle : ,,Der Grundsa^, dass die Hoheitsrechte, ...^ese^e .,u..d Berichte, eines Kantons aus alle innerhalb seiner Grenzmarken ^liegenden . ^ r u n .d st ücke sich ausdehnen , ist durch das Konkordat .,vom 15. Juni 1804 nicht beschränkt, da es nicht von Liegenschaften ..redet, ^ sondern in ^ 3 l^los d i e E i n h e i t d e s K o n k u r s e s in ,,B e z u g a u f das b e w e g l i c h e V e r m o g e n in a l l e n ^ k o n -^ .,k o r d i r e n d e n K a n t o n e.n v o r schr e i l.. t. ^ (Ullmer 543).

Jn einem andern Besehlusse (Ullmer 546) wird gesagt: ,,Es kann ^vor Allem keinem Zweifel unterliegen, dass die hier zur Sprache komtuenden Konkordate vom 15. Juni 1804 und 7. Juni 1810 in ge^ ,,gebeuen Fällen ihre Wirksamkeit vom Tage des ausgebro.henen Kon,,kurses äussern , s o d a ss a l l e s d a n n z u m a l v o r h a u d e. n e .,V e r m o g e n des ^ a l l i t e n in die g e m e i n s a m e H a u p t ,.ma s s e a b z u g e b e n ist , i n s o s e r n nicht d i n g l iche R e c h t e . . d a r a u s h a f t e n , scho n b e st e h e n o d e r g e l t e n d g e m a ch t ,,werden.^ Jn einem sernern Beschösse (Ullmer 547) äussert sich der Bundesrath solgeudermassen : ,,Jeues ^ Konkordat (vom 15. Juni 1804) hat ..vielmehr keinen andern Sinn und Zweck , als die Konknrsmasse und ^,deren Vertheilung (mit Ausnahme jedoch des im Konkordate D ^ 2 .,be^ei..hneten^ Balles) E i n e m G e s e z e , E i n e m G e r i ch t e ü n d ,,E i n e m V e r s a h r e n ^ n u n t e r w e r f e n.^ Der Bundesrath lässt in die Motivirnng seines Beschlusses in Sachen Kübler-Troll die Bemerkung einsliessen: Der Gruudsa^ der Einheit und Universalität des Koukurses sei von den Buudesbehorden keineswegs absolut auerkaunt und erst kürzlich nur als beschränkt zulässig erklärt worden. - Es ist nun allerdings richtig, dass Entscheide vorliegen, wodurch eine Abweichung von diesem Gruudsa^e koustatirt wird ; a l l e i n d i e s e E n t sche i d e s i n d l e d i g l i ch s o lche , .... e l eh e a u s w ä r t i g e n S t a a t e u g e g e n ü b e r erlassen wurden.

Es liegt in der Ratnr der Verhältnisse , dass die Gerichtsbarkeit der

Kautone gegenüber einem fremden Staate in Schul^ genommen und .

350 nicht zu Gunsten eines Dolchen Staates beschränkt und mit Rücksieht aus einzelne Versonen oder Sachen preisgegeben .werde. Das Verhältniss gegenüber fremden Staaten kann aber nicht in Berücksichtigung fallen, wenn Fragen zwischen den Kantonen zur Austragung kommen, die durch bindende Konkordate geregelt sind. - Es mag sachgem..ss erscheinen, einem Bassus aus dem Gutachten des Hrn. Dr. Bluntschli , der über diesen Gedanken handelt, hier eine Stelle anzuweisen. ..Wo einander fremde ^Staaten gegenüber stehen (so lasst sich Dr. Bluntschli vernehmen) , da ,,moehte wohl die Reigung und das Recht eines Staates, seine Souve,,ränetät auch in der Gerichtsbarkeit ausschliesslich auszuüben und nicht ,.durch die Gerichtsbarkeit eines andern Staates beeinträchtigen zu lassen,.

,,als ein gewichtiger^ Grund betrachtet werden, um die Ausliesernng der ,,inländischen Vermögenstheile an ein auswärtiges Konkursgericht zu ,,verweigern. Ueberdem konnte der verweigernde Staat auch die Wünsche ^seiner inländischen Gläubiger befriedigen , indem er einen Sonderkon.,,kurs zu deren Gunsten erössnete und selber für diese Theiliiqnidation ,,sor^te. Jn der Schweiz aber standen sich die Kantone zu nahe und ,,waren durch Eides- und Bundesgenossenschast zu enge verbunden, als ,,dass eine derartige Betonung der besondern Souveränetät und Rücksichts..losigkeit gegen die andern Staaten am Blatze war.

Die Bürger der ^verschiedenen Kantone waren als Schweizer mit einander in so viel,,säitigem Wechselverkehr , dass eine Abschliessnug eines jeden Kantons ,.als unnatürlich erschien und die Verkehxsgemeinschast auch die E i n -

,,h e i t d e s K o n k u r s e s a ls d a s allein x i ch t ig e , s ü r al le ,,G l a u b i g e r g l e ichm ässi g billige V e r s a h r e n v e r ,,langte.^

Der Grundsatz, das das gesa.nmte bewegliche Vermögen eines Ge.^ meinschuldners in e i n e Konkursmasse salle und dass e i n Konkursgericht die daherige Liquidation vornehme , ist also mit Rücksicht auf die konk.ordirenden Kantone ungeschmälert und ausnahmslos zur Anwendung gekommen u n d a l l g e m e i n g e l t e n d e s i n t e r k a n t o n a l e s Reeht geworden. Weder positive Bestimmungen noeh die Vrar^is gestatten es , in Einzelfällen von diesem Grundsatze abzuweichen , und namentlich ist nirgends eine Ausnahme für den ^all statnirt, als der Fallit an zwei^ oder mehreren Orten domizilirt ist. Auch ini letztern Falle gehoren dessen sämmtliche Beweglichkeiten in e i n e u n d d i e s e l b e Masse und gehort daher der ganze bewegliche Rachlass des M.

Kübler in die Masse in Winterthur, da derselbe dorthin abzugeben ist, .,wo das Falliment ansbricht^ (^ 2 des Konkordates vom 15. Juni

1804).

Die von Melchior Kübler abgegebene Erklärung , dass er sieh den Gesetzen von Basel - Stadt unterwerfe , erweist sieh sür den ^all des Konkurses als wirkungslos , es stand ihm nicht zn, über die Jnteressen

35^ Dritter - der Gläubiger --^ zu verfügen, d. h. das Recht der le^tern auf Durchführung einer einheitlichen Liquidation zu alteriren oder ausAnheben.

Warum sollte im Falle eines zwei- oder mehrfachen .Domizils das Prinzip der Einheit des Konkurses nicht wirksam sein^ Der gleiche Grund, welcher dieses Brin^ip hervorgerufen, nämlich der Grund, der Verwirrung und Verschleppung, überhaupt den Uebelständen vorzubeugen, welche ein mehrfacher Konkurs über eine nnd dieselbe Masse im Gesolge hat, spricht offenbar auch in diesem Falle für dessen Anwendung.

Der Unterzeichnete erlaubt sich daher zu beantragen: Der h. Nationalrath wolle dem Beschlusse des h. Ständerathes beitreten, weicher dahin lautet:

(Siehe oben, Seite 317).

A a r a u,

den 8. Februar 1867.^) Die Minderheit der .kommission : Schneider.

........ te. ....... er .....a tl onalr a th hat am 21. Dezember 18.^ nach .^nhorung der schriftlichen Berichte, beschlossen, die Beratung dieses ..Gegenstandes zn verschieben.

.^....missi.^ ......... Nationalrath....

Herren : .^. .^euenberger, in Bern.

^ ..^ ^ ......

.^. Friderlch, in ^ens, francs. Berichterstatter. . ^^rh^^) .^r. Schneider, in Aaran.

^inderheil^).

^) ^uos^ntialiter vorgetragen, B e r n , den 21. Dezember 18^.

352

#ST#

Bundesrathsbeschluß in

Rekurssache des bernischen Jura, betreffend Besteurung.

Vom 5. März 1866.)

D e r schw e i z e r i sch.. B u n d e s r a t h hat

in Sachen der jurassischen Mitglieder des Grossen Rathes des Kantons Bern, Ramens des bernisehen Jura, betreffend Verfassung verlezung, nach angehortem Berichte des Justiz- und Bolizeidepartements und nach Einsieht der Akten, woraus sich ergeben .

A.

G e s e z über die Ei n k o m m e n st e u e r im Kau t o n B e r n ,

d. d. 18. März 1865.

L Mit Besehluss vom 2. Juli 1863 entschied der Grosse Rath des Kantons Bern prinzipiell, dass der Einsühruug des in Berathung liegenden Einkommensteuer- Gesezes im jurassischen Kantonstheil kein versassuugsmässiges Hinderniss entgegenstehe. Es rekurrirten jedoch 43 Mitglieder des Grossen Rathes aus jenem Kantonstheil gegen diesen Besehluss an den Bundesrath, weil dadurch die Urkuude betreffend die Vereinigung des ehemaligen Bisthums Basel mit dem Kanton Bern, vom 23. November 1815 (Art. 14, 15, 21 und 23), sowie die gegenwärtig in Krast bestehende Verfassung des Kautons Bern von 1846 (Art. 85, 86 und 8.)) verleg seien , und well endlich die in Art. 30 dieser Verfassung vorgeschriebene Publikation des Gesetzentwurfes, namentlich

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Kommissionalberichte in Rekurssache der Regierung von Zürich gegen die Berichte des Kantons Basel-Stadt, betreffend Gerichtsstand in Konkurs und Erbschaftssachen (Fall Kübler).*)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1867

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

11

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

16.03.1867

Date Data Seite

305-352

Page Pagina Ref. No

10 005 402

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.