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Bundesblatt 78. Jahrgang.

Bern, den 1. September 1926.

Band II.

Erscheint wöchentlich. Preis SO Franken im Jahr, M Franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- and Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr : 60 Rappen die Petitzeile oder deren Kaum. -- Inserate franko an Stämpli & de. In Bern.

Botschaft # S T #

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des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Gewährleistung der in der Volksabstimmung vom 6. Juni 1926 abgeänderten Art. 14, 47, 49, 53, 55 und 55bis der Staatsverfassung des Kantons Zürich.

(Tom 27. August 1926.)

Mit Schreiben vom 10. Juni 1926 stellt der Regierungsrat des Kantons Zürich beim Bundesrate das Gesuch um Gewährleistung der in der Volksabstimmung vom 6. Juni 1926 angenommenen Abänderungen der Art. 14, 47, 49, 53, 55 und 55bis der Verfassung des Kantons Zürich vom 18. April 1869. Die bisherigen und die neuen Bestimmungen haben folgenden Wortlaut : Alter Text: !

Neuer Text: Art, 14.

Art. 14.

Die Kantons- und SchweizerDie Kantons- und Schweizerbürger können unter Erfüllung der bürger können unter Erfüllung der gesetzlichen Bestimmungen in jeder gesetzlichen Bestimmungen in jeder Gemeinde des Kantone sich nieder- Gemeinde des Kantons sich niederlassen und das Bürgerrecht erwerben. lassen und das Bürgerrecht erwerben.

Die Niedergelassenen dürfen weder Das Recht zur Verweigerung andern noch höhern . Steuern unter- oder zum Entzug der Niederlassung worfen werden als die Bürger ; vor- richtet sich nach der Bundesgesetzbehalten bleibt eine massige Kanzlei- gebung.

taxe für die Ausfertigung der NiederDie Niedergelassenen dürfen lassungsbewilligung. .Das Recht zur weder andern, noch höhern Steuern Verweigerung oder zum Entzuge unterworfen werden, als die Bürger; der Niederlassung darf beim Vor- vorbehalten bleibt eine massige handensein der gesetzlichen Ausweis- Kanzleitaxe für die Ausfertigung schriften grundsätzlich nur aus dem der Niederlassungsbewilligung Nachweise eines die öffentliche Sicherheit oder Sittlichkeit gefährdenden Lebenswandels hergeleitet werden.

Bundesblatt. 78. Jahrg. Bd. II.

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258 .

.. Art.

47.

Art. 47,

Die regelmäasige Gemeindeeinteilung ist diejenige in politische Gemeinden, Kirchgemeinden und Schulgemeinden.

Die Schulgemeinden einer Kirchgemeinde oder einer politischen Gemeinde bilden in der Regel einen Schulkreis.

Die Bildung neuer und die Vereinigung oder Auflösung bestehender politischer Gemeinden und Kirch; gemeinden steht der Gesetzgebung zu; über die Neubildung, Vereinigung oder Auflösung von Schulgemeinden entscheidet der Kantonsrat.

Für spezielle und örtliche Gemeindezwecke können auch andere Gemeindeverbände, namentlich Zivilgemeinden, bestehen.

Durch Gesetz können zu bestimmten Zwecken Verbände von mehreren Gemeinden geschaffen werden. Sie erhalten eigene Verwaltungsorgane und werden unter besondere Oberaufsicht gestellt.

Die regelmässige Gemeindeeinteilung ist diejenige in politische Gemeinden, Kirchgemeinden und Schulgemeinden (Primär- und Sekundarschulgemeinden) · Zur Besorgung besonderer und örtlicher Angelegenheiten innerhalb einer politischen Gemeinde können Zivilgemeinden fortbestehen.

Die Bildun» neuer und die«wana;sweise Vereinigung oder die Auflösung bestehender politischer Gemeinden steht der Gesetzgebung zu.

Die Neubildung, Vereinigung oder Auflösung anderer Gemeinden und die .Genehmigung freiwilliger Vereinigungen politischer Gemeinden kann durch die Gesetzgebung dem Kantonsrat oder Regierungsrat übertragen werden.

Die Bildung neuer Zivilgemeinden ist nicht zulässig.

Art. 49.

Die Verwaltungsorgane der Kirchgemeinden, beziehungsweise Schulkreise und Schulgemeiuden sind:

Art. 49.

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Art. 47 bis .

Wo besondere Verhältnisse es als wünschenswert erscheinen lassen, können sich Gemeinden mit Genehmigung des Regierungsrates miteinander zu Zweckverbänden verbinden, um einzelne Zweige der Gemeindeverwaltung gemeinschaftlich zu besorgen.

Die zwangsweise Verbindung von Gemeinden kann durch die Gesetzgebung dem Kantonsrat oder dem Regierungsrat übertragen werden.

Die Verwaltungsorgane der Gemeinden sind :

259 die Kirchgemeindeversammlung ; die Schulkreis- und Schulgemeindeversammlung ; die Kirchenpflege ; die Schulpflege.

Die Verwaltungsorgane der politischen Gemeinden sind: die Gemeinde Versammlung; der Gemeinderat.

die Gemeindeversammlung ; die Gero einde vorsteherschaft (Gemeinderat, Kirchenpflege, Schulpflege, ZivilvorsteherschafQ und die Übrigen Gemeindebehörden.

Art. 53.

Die ganze übrige Gemeindeverwaltung, vorbehalten die Fälle in Art. 47, Absatz 4, ist den politischen Gemeinden und ihren Organen überwiesen. Indessen können sich, wo besondere Verhältnisse es als wünschbar und zweckmässig erscheinen lassen, mehrere politische Gemeinden miteinander verbinden, um. einzelne Zweige der Gemeindeverwaltung gemeinschaftlich zu besorgen und hierfür besondere Organe auf zustellen.

Dem Gemeinderate oder einem Ausschusse desselben kommt der Abschluss der Zivilehe zu.

Art. 53.

Die übrige Gemeindeverwaltung ist Sache der politischen Gemeinden und ihrer Organe.

Art. 55.

Die Gemeindegüter, ausgenommen die rein bürgerlichen Separatimd Nutzungsgüter, sind zunächst dazu bestimmt, die öffentlichen Bedürfnisse der Gemeinden zu befriedigen.

Den Gemeinden ist freigestellt, die Verwaltung aller Gemeindegüter dem Gemeinderate zu übertragen.

Art. 55.

Die Gemeindegüter sind dazu bestimmt, die öffentlichen Bedürfnisse der Gemeinden zu befriedigen.

Die Gesetzgebung erlässt die nähern Bestimmungen.

Art. 55bi".

Art. 55bi8.

Der Gesetzgebung bleibt vorbehalten, für Gemeinden mit mehr

Der Gesetzgebung bleibt vorbehalten, für Gemeinden von mehr

260 als zehntausend Einwohnern in Hinsicht auf deren Organisation, deren Verwaltung, die Oberaufsicht, die Wahl der Beamten und die Abstimmungsart, sowie die Besteuerung, Bestimmungen aufzustellen, welche von der Verfassung abweichen.

Solche Ausnahmebestimmungen dürfen jedoch nur getroffen werden, soweit sie durch die besondern Verhältnisse gerechtfertigt sind.

als 2000 Einwohnern über deren Organisation, die Verwaltung, das Steuerrecht, die Wahl- und Abstimmungsart, sowie die Aufsicht über diese , Gemeinden, Bestimmungen^ die von der Verfassung abweichen,, zu erlassen.

Die Revision der angeführten Verfassungsartikel war veranlasst durch die beabsichtigte neue Ordnung des Gemeindewesens im Kanton Zürich.

Dieses zeichnete sich bisher durch die Mannigfaltigkeit der Arten von Gemeinden und durch die grosse Zahl ausserordentlich kleiner Gemeinden aus. Das Bestreben ging deshalb dahin, derartige Gemeinden zu vereinigen und die Erfüllung von verschiedenen Aufgaben den nämlichen Organisationen und Gemeindearten zu übertragen, um ihre finanzielle Leistungsfähigkeit zu erhöhen und die Verwaltungsspesen zu vermindern. In diesem Sinne sieht der neue Art. 47 vor, dass die Neubildung, Vereinigung oder Auflösung anderer als politischer Gemeinden und auch die Genehmigung freiwilliger Vereinigungen politischer Gemeinden durch Gesetzgebung dem . Kantonsrat oder Regierungsrat übertragen werden kann, während bisher die Neubildungen, Vereinigungen oder Auflösungen von politischen und Kirchgemeinden nur auf dem Wege der Gesetzgebung erfolgen konnten (vgl, Art. 47, Abs. 3 und 5, alte Fassung). Dazu ermächtigt, wie früher Art. 53 die politischen Gemeinden, der neue Art. 47bi" die Gemeinden im allgemeinen, sich, mit Genehmigung des Regierungsrates, zu Zweckverbänden zu verbinden, um einzelne Zweige der Gemeindeverwaltung gemeinschaftlich zu besorgen. Der Gesetzgebung ist ferner vorbehalten, bereits für Gemeinden von piehr als 2000 Einwohnern über deren Organisation und Verwaltung, das Steuerrecht und die Wahl- und Abstimmungsart, Bestimmungen aufzustellen, die von der Verfassung abweichen, währenddem der entsprechende frühere Artikel eine derartige Ausnahmestellung erst Gemeinden von mindestens 10,000 Einwohnern einräumte.

Gemäss dem neuen Art. 14 schliesslich richtet sich das Recht zur Verweigerung oder zum Entzug der Niederlassung nach der Bundesgesetzgebung; der aufgehobene Verfassimgsartikel enthielt hierüber eine selbständige Vorschrift.

Entspricht dieser Art. 14 ohne weiteres dem Bundesrecht, so findet sich auch in den andern neuen Bestimmungen nichts, das ihm widersprechen würde. Sie befassen sich mit der Organisation des Gemeinde wesens, das in den Rahmen der Zuständigkeit der Kantone fällt, und

261 verletzen die Grundsätze der Bundesverfassung nicht. Wir beantragen Ihnen deshalb, durch Annahme des nachstehenden Beschlussesentwurfes die nachgesuchte Gewährleistung zu erteilen.

B e r n , den 27. August 1926.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der

Bundespräsident:

Häberlin.

Der Bundeskanzler: Kaeslin.

(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreuend

die Gewährleistung der Abänderung der Art. 14, 47, 49, 53, 55 und 55bis der Verfassung des Kantons Zürich, vom 6. Juni 1926.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 27. August 1926 über die Gewährleistung der Art. 14, 47, 49, 53, 55 und 551'18 der Verfassung des Kantons Zürich, in Erwägung, dass die abgeänderte Verfassung nichts dem Bundes recht Zuwiderlaufendes enthält, in Anwendung von Art. 6 der Bundesverfassung, beschliesst: 1. Den Art. 14, 47, Zürich wird 2. Der auftragt.

in der Volksabstimmung vom 6, Juni 1926 angenommenen 47bis, 49, 53, 55 und 55bis der Staatsverfassung des Kantons die Gewährleistung des Bundes erteilt.

Bundesrat wird mit der Vollziehung dieses Beschlusses be-

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Gewährleistung der in der Volksabstimmung vom 6. Juni 1926 abgeänderten Art. 14, 47, 49, 53, 55 und 55bis der Staatsverfassung des Kantons Zürich. (Vom 27. August 1926.)

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