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2093 Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Beschwerde des Herrn F. ßochat, gew. Inspektors der Oberzolldirektion.

(Vom 23. April 1926.)

Durch Beschluss vom 8. Oktober 1925 hat der Bundesrat Herrn François Bochat, Inspektor der Oberzolldirektion, aus dem Bundesdienst entlassen und als invalid der Versicherungskasse für die eidgenössischen Beamten, Angestellten und Arbeiter gemäss Art. 24, Abs. l, und 25, Abs. l, der Statuten derselben überwiesen.

Gegen diesen Beschluss hat Eochat mit Eingabe vom 5, Dezember 1925 die Beschwerde an die Bundesversammlung erklärt. Er stellt darin das Begehren, unter vollständiger Rehabilitation wieder in den Zolldienst eingesetzt zu werden.

Mit Schlussnahme vom 8. Dezember 1925 hat der Ständerat die Beschwerde zur Berichterstattung an den Bundesrat gewiesenIndem wir uns beehren, diesem Auftrag nachzukommen, könnten wir uns im Grunde sehr kurz fassen; Denn es ist unseres Erachtens kein Zweifel daran möglich, dass die Bundesversammlung auf die vorliegende Beschwerde nicht eintreten kann. Der angefochtene Beschluss ist vom Bundesrat in seiner ausschliesslichen Kompetenz als Wahlbehörde gefasst worden und unterliegt keiner Weiterziehung an die Bundesversammlung. Eine solche ist nur vorgesehen gegen Entscheide, die der Bundesrat im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren fasst, wenn es sich also um Anfechtung kantonaler Verfügungen und Erlasse handelt und nicht die Zuständigkeit des Bundesgerichts begründet ist (vgl, BV Art. 85, Ziff. 12, Art. 118, Abs. 2, OG Art. 178, Ziff. l, und Art. 189).

Im verwaltungsrechtlichen Beschwerdeverfahren dagegen, gegenüber Verfügungen von Instanzen der Bundesverwaltung selbst, geht das Eekursrecht (mit Ausnahme einiger weniger Sonderfälle, vgl. Bundesbl, 1911 V 329) nur bis an den Bundesrat, als Korrelat der Delegation von Befugnisseh des letztern an Departemente oder untere Verwaltungsinstanzen (Art. 23 des B G über die Organisation der Bundesverwaltung). Um ein solches verwaltungsrechtliches Beschwerdeverfahren handelt es sich vorliegend. In dar Tat hat der Bundesrat durch den-angefochtenen .Beschluss eine von Eochat gegen das Finanz- und Zolldepartement erhobene Beschwerde als unbegründet erklärt

573 und damit, in Ausübung der ihm als Wahlbehörde kraft ausdrücklicher Bestimmung des Art. 4 des BG betreffend die Versicherungskasse für die eidgenössischen Beamten, Angestellten und Arbeiter sowie des Art. 25 der Statuten derselben übertragenen Kompetenz die Invalidierung Bochats ausgesprochen.

Dieser Entscheid ist endgültig; es fehlt an einer Bestimmung, die dessen Weiter* ziehung an irgendeine andere Instanz ermöglichen würde.

Pie Bundesversammlung ist denn auch schon öfters in den Fall gekommen, in ähnlichen Beschwerdefällen die Eichtigkeit dieser Auffassung zu bestätigen.

Wir erinnern vor allem an den Bekurs Spani, mit welchem ein vom Bundesrat entlassener Telegraphist diese Verfügung an die Bundesversammlung weiterzog, letztere es aber ablehnte, auf die Beschwerde einzutreten (Bundesbl. 1904 III 829, Beschluss der Bundesversammlung vom 4. Oktober 1905). Weitere Beschwerden hatten nicht die Auflösung des Dienstverhältnisses eines Bundesbeamten, wohl aber andere Entscheide verwaltungsrechtlicher Natur zum Gegenstand, und die Bundesversammlung erkannte jeweilen, dem Antrag des Bundesrates entsprechend, es sei auf die Beschwerde wegen Unzuständigkeit nicht einzutreten (vgl. Bundesbl. 1918 IV 610,1921IV 905,1921 V 3 ; Beschlüsse der Bundesversammlung vom 15. Februar 1919, 31. März und 15. Juni 1922).

Eine andere Praxis würde nicht nur der rechtlichen Grundlage entbehren, sondern offensichtlich zu einem unhaltbaren Zustand führen, indem schliesslich jede, vom Bundesrat in Ausübung seiner Verwaltungsaufgaben getroffene Massnahme von der Bundesversammlung überprüft und umgestossen werden könnte, damit aber die Grenzen der Zuständigkeit beider Behörden verwischt und die Stellung des Bundesrates als des verantwortlichen vollziehenden Organs erschüttert würde. Die Beschlüsse des Bundesrates wie der vorliegend angefochtene unterhegen vielmehr der Diskussion des Parlaments nur im Eahmen der allgemeinen Oberaufsicht desselben über die Verwaltung gemäss Art. 85, Ziff. 11, der Bundesverfassung. Es steht der Bundesversammlung frei, bei Behandlung des Geschäftsberichts bestimmte Massnahmen des Bundesrates einer Kritik zu unterziehen und Wünsche hinsichtlich der künftigen Geschäftsführung zu äussern; dagegen fehlt ihr die Befugnis, vom Bundesrat innerhalb seiner Zuständigkeit getroffene Entscheide aufzuheben
oder abzuändern.

Nicht anders würde die Zuständigkeitsfrage sich gestalten, wenn die Eingabe Bochats als Petition aufgefasst würde. Sie könnte dann, falls die Bundesversammlung der Petition überhaupt Folge geben würde, höchstens zu einer finden Bundesrat unverbindlichen Einladung führen, seinen Beschluss in Wiedererwägung zu ziehen. Wir machen aber darauf aufmerksam, dass Bochat selbst seine Eingabe nicht als Petition bezeichnet und sie offenbar auch nicht als solche auffasst, da er vielmehr an die Bundesversammlung das bestimmte Begehren stellt, in seine frühere Stellung wieder eingesetzt zu werden, was die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Bundesrates durch die Bundesversammlung bedingen würde.

574 Wenn wir Ihnen demnach beantragen müssen, auf die Beschwerde nicht einzutreten, so wollen wir doch nicht ermangeln, wenigstens in möglichster Kürze die Tatsachen und Gründe darzulegen, die zu dem angefochtenen Beschluss geführt haben. Wir möchten auch den Schein des Eindrucks vermeiden, als hätten wir durch die Berufung auf die Unzuständigkeit des Parlaments ein dem Beschwerdeführer angetanes Unrecht zu verbergen. Umgekehrt liegt uns daran, zumal da Bochat nicht der Schutz einer gerichtlichen Instanz zur Seite steht, Sie zu überzeugen, dass das eigene Verhalten Eochats uns schliesslieh nötigte, auf seine ferneren Dienste in der Verwaltung zu verzichten.

Sachverhalt.

Der Beschwerdeführer, François Bochat, von l'Abbaye, geboren 1876, ist im Juli 1900 als provisorischer Gehilfe in den Dienst der Zollverwaltung eingetreten. Sein erster Dienstort war Genf. 1907 wurde er nach bestandener Prüfung zum Zollgehilfen I. Klasse befördert, um im Juli 1910 zum Kontrollgehilfen ernannt zu werden. Im September 1912 trat er in den Dienst der Zentralverwaltung ein und wurde zum Kanzleisekretär, im Februar 1914 zum Sekretär der I. Abteilung der Oberzolldirektion gewählt. Seine Tätigkeit in dieser Stellung bewegte sich ausschliesslich auf dem Gebiet der Anwendung des Zollgesetzes und der übrigen der Zollverwaltung zum Vollzug übertragenen Gesetze, unter Ausschluss des Zolltarifs und des Inspektionswesens.

1918 war die Stelle eines Inspektors der technischen Abteilung der Oberzolldirektion zu besetzen. Bochat gab dem damaligen Oberzolldirektor seine Absicht kund, sich um diese Stelle zu bewerben, worauf ihm dieser jedoch unter Anerkennung seiner sonstigen Fähigkeiten abriet, sich um diesen Posten zu bewerben. Bochat verzichtete darauf auf die Anmeldung. In der Folge wurde alsdann der damalige Vorstand des Hauptzollamtes Zürich-Eilgut, Hr. Häusermann, gewählt, der den Buf eines ausgezeichneten Untersuchungsbeamten genoss und während der Zeit der Blüte des Ausfuhrschmuggels, während der Kriegswirren, Hervorragendes geleistet hat.

Die während des Krieges gemachten Erfahrungen liessen eine Umorganisation der Oberzolldirektion als notwendig erscheinen, die 1920 vorgenommen wurde, wobei eine neue Abteilung für Betrieb und Personelles geschaffen wurde.

Als Chef dieser neuen III, Abteilung wurde unter Beförderung zum
Oberzollinspektor der damalige Inspektor Häusermann gewählt, wodurch dessen Stelle frei und zur Neubesetzung ausgeschrieben wurde. An diese Stelle meldete sich nun auch Bochat. Oberzolldirektor Gassmann war über diese Anmeldung erstaunt, da er den Bewerber für diese Stelle als nicht geeignet betrachtete, eine Ansicht, die übrigens jodermann auf der Oberzolldirektion, der Bochat näherkannte, im Hinblick auf sein Auftreten und seine Charaktereigenschaften teilte.

Der Überzolldirektor, dem Kochat seine Absicht, sich anzumelden, auch mündlich kundgab, entgegnete ihm, dass er selbstredend das Becht habe sich anzumelden. In der Folge wurde alsdann nicht Bochat vorgeschlagen, sondern ein

575 Kandidat aus dem Betriebsdienst. Auf Wunsch des Departementschefs zog der Oberzolldirektor seinen Vorschlag jedoch freiwillig zurück und schlug Bochat ·vor, der denn auch gewählt wurde. Wenn der Beschwerdeführer in seinem Auszug aus der Beschwerde, der den Mitgliedern der Bundesversammlung als kleine gedruckte Broschüre ausgeteilt worden ist, behauptet, seine Wahl hätte den Oberzolldirektor verdrossen, weil er sich vorher verpflichtet hatte, die Beförderung einem andern Beamten zuzuhalten, so handelt es sich hier um «ine Unwahrheit.

Eochat ist seinerzeit weder zum I. noch zum II. Inspektor, sondern einfach auin Inspektor befördert worden. Als Gehalt wurde ihm jedoch das Gehalt des .II. Inspektors ausgesetzt.

Durch die starke Zunahme der Geschäftslast der Oberzolldirektion, sowie durch die bevorstehende Einführung des neuen Gebrauchstarifs, dessen Durchführung und einheitliche Anwendung im ganzen Zollgebiet der Schweiz eine -vermehrte Inspektionstätigkeit erheischte, sah man sich gezwungen, auch die andere Inspektorenstelle wieder zu besetzen, trotzdem ursprünglich davon abgesehen werden wollte. Ausgeschrieben wurde die Stelle des I. Inspektors.

Unter den Anmeldungen befand sich auch diejenige des bisherigen Inspektors Bochat. Das Gefühl, dass sich Eochat für den Inspektionsdienst nicht eigne, -war durch seine bisherige Tätigkeit im Inspektionsdienst nicht geschwunden.

.Es handelte sich somit darum, an die Stelle des I. Inspektors einen Mann zu wählen, der den Betriebsdienst in allen Teilen auf Grund eigener praktischer Erfahrungen kannte, dessen Charaktereigenschaften derart waren, dass «r den Leitern der Zollämter und auch den Zollkreisdirektionen gegenüber mit Autorität auftreten konnte, und der auch als Stellvertreter des Abteilungscheffür den Betriebsdienst die nötige Eignung besass. Diese Voraussetzungen waren !bei Eochat nicht vorhanden. Er ist als subalterner Beamter vom Betriebsdienst in. den Dienst der Zentralverwaltung übergetreten und kannte den Dienst des Kontrolleurs und des Zollamtsvorstandes nicht aus eigener Erfahrung. Auch seine. Charakterveranlagimg liess ihn als ungeeignet für die .Stelle eines I. Inspektors erscheinen: Eochat ist intelligent, sehr fleissig und hat ein grosses Geschick und eine besondere Eignung für historische Darstellungen anhand von Dokumenten und
Vorgängen; er ist eine grüblerische Natur und eher sanftmütig und schüchtern, dabei nicht frei von Rechthaberei.

,$ein Auftreten ist nicht geeignet, ihm Autorität zu verschaffen, dazu ist er leichtgläubig und fremden Einflüssen zugänglich, Verbunden sind diese Eigenschaften mit grossem Ehrgeiz und stark entwickelter Empfindlichkeit, was ihn unfähig macht, eine andere Meinung objektiv zu werten und sich unterzuordnen. Seine ganze Veranlagung wies ihn somit auf eine Tätigkeit hin, die sich mehr mit der Bearbeitung von Akten abgibt, nicht aber auf eine Unterßuchungstätigkeit im Betriebsdienst. In seiner Stellung als Inspektor hatte er sich bisher noch in keiner Weise darüber ausgewiesen, dass die gehegten Befürchtungen unberechtigt waren. Für die Stelle des I. Inspektors erschien Eochat deshalb als ungeeignet. In der Folge wurde Zollamtsvorstand Suter in

576 Zürich vorgeschlagen, ein Mann, der alle Betriebschargen durchlaufen und sich auch als Untersuchungsbeamter ausge-wiesen hatte, von grosser persönlicher Erfahrung gepaart mit natürlichem Takt und geeignet, sich di» nötige Autorität zu verschaffen. Am 1. Februar 1921 erfolgte die Wahl desHerrn Suter zum I. Inspektor; bis heute hat er alle Erwartungen, die bei der Wahl in ihn gesetzt wurden, glänzend gerechtfertigt, In dieser Wahl erblickte nun Bochat eine Zurücksetzung, für die er seinen.

Abteilungschef, Oberzollinspektor Häusermann, verantwortlich machte. Bis dahin hatte er alle seine Obliegenheiten auf der Oberzolldirektion in gutem Einvernehmen mit seinen Vorgesetzten erfüllt, ohne dass je Schwierigkeiten entstanden wären. Die Wahl Suters zum, I. Inspektor beschäftigte ihn derart, dass aus seiner schon vorhandenen grüblerischen Veranlagung heraus einHang entstand, alles, was um ihn vorging, als eine systematische Zurücksetzung seiner Person zu betrachten. Am 20. Oktober 1921 richtete er ausdieser Betrachtungsweise heraus eine Eingabe an den Oberzolldirektor, worin er sich über systematische Zurücksetzung beklagte und um seine Versetzungin den Buhestand einkam, da er überflüssig sei. Anlässlicli einer persönlicher»: Besprechung mit Bochat beschäftigte sich der Oberzolldirektor einlässlich mit der Eingabe und versuchte, die eingebrachten Beschwerdepunkte zu widerlegen. Während der Unterredung schon erhielt der Oberzolldirektor den.

Eindruck, dass es sich bei Bochat um eine ins Krankhafte gesteigerte Empfindlichkeit handle, weshalb er ihm riet, um einen Krankheitsurlaub einzukommen.

Auf die nachherige schriftliche Anfrage des Oberzolldirektors, ob der Beschwerdeführer seine Anschuldigungen aufrechterhalte, in welchem Fall die Angelegenheit dem Departementschef vorgelegt würde, erfolgte der Bückzug der Eingabe .

Ein Jahr später, im Herbst 1922, reichte Eochat plötzlich eine neue Beschwerde mit 10 Beilagen ein, die sich speziell gegen Oberzollinspektor Häusermann, seinen Abteilungschef, richtete. Da aus der Beschwerde ersichtlich war, dass die Objektivität des Oberzolldirektors vom Beschwerdeführer nicht anerkannt würde, bestellte dieser eine Untersuchungskommission, bestehend aus den drei Abteilungschefs der Oberzolldirektion, Herren Schneider, Comteund Acklin, der er den Auftrag erteilte,
die Anklage gegen Oberzollinspektor Häusermann auf ihre Begründetheit zu untersuchen. In ihrem Bericht vom 15. Januar 1923 gelangt diese Untersuchungskommission zu dem Ende, dass.

die vorgebrachten Anschuldigungen nicht begründet seien. Es wird erwähnt,, dass die Beziehungen zwischen Bochat und seinem Abteilungschef bis zur Ernennung des I. Inspektors korrekte waren. Unter dieser Ernennung litten sie jedoch, da Eochat den Eindruck hatte, dass seine Tätigkeit nicht nach ihren* richtigen Wert geschätzt würde. Der Bericht enthält verschiedene Erwägungen: betreffend Dienstfragen und Vorkommnisse, die dem Untersuchungsbefund als Begründung dienen. Im übrigen wird Eochat das Zeugnis ausgestellt, dass er als Bureaubeamter seine Pflicht voll getan und dass er mit seinen Kollegen nur gute Beziehungen unterhalten hat. Anderseits äussert sich der Bericht-

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auch über dio Eignung Boehats zum Inspektor und stellt fest, dass er gewisse notwendige Eigenschaften für diese Stelle nicht in vollem Masse besitze, nämlich Auftreten, Menschenkenntnis, Autorität und technische Erfahrung.

Am 24. Januar 1923 erstattete der Oberzolldirektor dem Departementschef über die Angelegenheit Bericht, indem er seiner Überzeugung Ausdruck gab, dass sich Bochät in einem nervösen, überreizten Zustande befinde und er deshalb als krank zu betrachten sei, weshalb von einem disziplinarischen Vorgehen gegen ihn abgesehen werden sollte. Unter Bezugnahme auf dasseinerzeit eingereichte Eücktrittsgesuch Boehats beantragte der Oberzolldirektor, es sei Boehat einzuladen, dieses Gesuch zu erneuern, und es sei dasselbe alsdann der Wahlbehörde in empfehlendem Sinne zu unterbreiten. Am.

8. März 1928 fand hierauf beim Departementschef eine Aussprache statt, wobei zwischen Oberzollinspektor Häusermann und Boehat ein Ausgleich zustande kam, so dass die Angelegenheit beigelegt schien. Der Departementschef verfügte, dass Boehat einen Urlaub von vier Wochen zu nehmen habe, damit er sich beruhige und ihm die Wiederaufnahme seiner Tätigkeit in der Verwaltung nach einigen Wochen der Buhe leichter falle. Der gewöhnliche Ferienurlaubblieb dabei Boehat unbenommen; er kürzte ihn jedoch freiwillig auf 14 Tage ab.

Der Konflikt schien so beigelegt, trotzdem ein eigentliches Vertrauen, nicht aufzukommen vermochte, da es auffallen musste, dass Boehat von Berichten und Schreiben aller Art Abschriften nahm, wodurch das berechtigte Gefühl entstehen musste, dass er für ein weiteres Vorgehen Material sammle..

Dabei sei betont, dass der Beschwerdeführer mit aller Nachsicht behandelt wurde und man alles vermied, was in ihm das Gefühl der Zurücksetzung hätte entstehen lassen können.

Am 9. Oktober 1923 abends suchte der Beschwerdeführer den Oberzolldirektor in seinem Bureau auf und brachte ohne weitere Umschweife neuerdings Klagen gegen seinen Abteilungschef vor. Es entspann sich eine lebhafte Unterhaltung^ die vom Oberzolldirektor jedoch kurz abgebrochen wurde, als Boehat behauptete, die Verwaltung hätte ihn «démoli». Am folgenden Tagef wurde Boehat schriftlich eingeladen, seine Anklagepunkte genau zu formulieren und schriftlich einzureichen. Dies geschah durch Brief vom 22. Oktober 1923, gefolgt von verschiedenen
Berichten, die Erläuterungen zu den Angaben der Beschwerde enthielten. Wir weisen übrigens darauf hin, dass die am 22. Oktober eingereichte Beschwerde das Datum des 9. Oktober trägt, also offenbar schon vor der am gleichen Tage nachgesuchten Unterredung fertiggestellt wurde. Mit Eingaben vom 1. und 12. November und 3. Dezember wandte sich Boehat alsdann an den Departementschef, während der Oberzolldirektor mit Bericht vom 5. Dezember 1928 zu der Angelegenheit Stellung nahm. Am 5. Januar 1924 beklagte sich Boehat schriftlich bei der Oberzolldirektion, dass hinsichtlich der von ihm gemeldeten Mängel im Zolldienst noch keine Entscheidung getroffen worden sei. Gemeint war die von ihm aufgestellte Behauptung, dass für überflüssiges Personal unnütz Geld ausgelegt werde. Zugleich hob er hervor, dass er in der Ausübung seiner Tätigkeit als Beamter gehemmt werde..

578 da ihm in den letzten Monaten ausser einigen Kevisionen von Maschinenanlagen keine Arbeit übergeben worden sei. Dies bedeute eine Einstellung im Amt, die vom Oberzolldirektor wohl provisorisch verfügt werden könne, jedoch unter unverzüglicher Meldung an das Departement, dem die endgültige Entscheidung zusteht. Er ersuchte um Mitteilung, ob er eingestellt sei; wenn nicht, so wolle der Oberzolldirektor binnen kürzester Frist die Behinderung seiner Tätigkeit beheben. Daraufhin verfügte der Oberzolldirektor im Einverständnis mit dem Chef des Departementes, dass Eochat für sofort für zwei Monate beurlaubt sei und dass er seine Dienstfreikarte und seine Wohnadresse zu deponieren habe. Von dieser Verfügung nahm Eochat am 7. Januar Kenntnis. Den Zollkreisdiroktionen wurde mitgeteilt, dass Bochat für zwei Monate beurlaubt sei und während dieser Zeit keine zollamtlichen Funktionen ausüben werde. Seine Inspektionstätigkeit sei infolgedessen als unterbrochen zu betrachten.

Die Oberzolldirektion war zu der Überzeugung gelangt, dass bei Eochat eine offenbar vorhandene gewisse Veranlagung sich zu einem psychischen Leiden entwickelt habe, das ein weiteres gedeihliches Zusammenarbeiten zur Unmöglichkeit werden Hess. Sie beantragte deshalb, Eochat auf den 1. April 1924 nicht in seinem Amte zu bestätigen. Am 19. Februar 1924 teilte sie hierauf Hochat mit, dass durch Verfügung des Chefs des Departementes der Antrag der Oberzolldirektion vorläufig nicht an den Bundesrat weitergeleitet -werde ·und seine Wiederwahl somit als hängig zu betrachten sei. Eine Anfrage Eochats vom 7. März 1924, ob er seine Tätigkeit wieder aufzunehmen habe, wurde durch die Oberzolldirektion dahin beantwortet, dass sie den Antrag auf seine Pensionierung gestellt habe, welchen Antrag sie im Interesse des Dienstes aufrechterhalte. Bis zur Erledigung der Angelegenheit könne er sich somit als im Urlaub befindlich betrachten.

In der Folge wurden dem Anwalt Eochats, Herrn Nationalrat de Meuron, auf sein Verlangen hin Akten übergeben, die alsdann an die Oberzolldirektion zurückgelangten, gefolgt von der Mitteilung, dass Eochat am 9. Oktober 1924 eine neuo Eingabe mit Beilagen an das Zolldepartement eingereicht habe. Da die ganze Angelegenheit sich zu lange hingezogen hatte, als dass angenommen · werden konnte, dass durch die Zollverwaltung allein
eine befriedigende Lösung getroffen werden könnte und um zugleich Gewähr für unvoreingenommene Klarlegung- durch eine unbeteiligte Verwaltungsstelle zu schaffen, übergab das Zolldepartement anfangs November 192-1 die ganze Angelegenheit dem Justiz- und Polizeidepartement mit der Bitte um "Überprüfung des Falles und Antragstellung an den Bundesrat. Das Justizdepartement übertrug die Untersuchung dem Chef der Justizabteilung. Letzterer erstattete nach persönlicher Einvernahme des Beschwerdeführers Eochat und nachdem auch der Oberzolldirektor nochmals zu der Beschwerde Stellung genommen hatte, am 23. Februar 1925 seinem Departementschef einen ausführlichen Bericht, der dem Oberzolldirektor und auch dem Beschwerdeführer Eochat zur Kenntnisnahme übermittelt wurde. In seiner Vernehinlassung za diesem Bericht erklärte das Zolldepartement, dass von einer Weiterverwendung des Beschwerdeführers

579 innerhalb der Zollverwaltung nach allem, was vorausgegangen ist, abgesehen werden sollte. Dagegen hält das Zolldepartement eine Weiterverwendung Bochats in einem andern Departement für möglich, sofern sich dieser mit einer solchen Lösung einverstanden erklärt. Der Beschwerdeführer Bochat seinerseits betrachtet eine Entfernung aus dem Zolldienst als eine immense Schädigung, ohne auf den Bericht als solchen einzugehen. Auf Wunsch des Zolldepartementes empfing der Oberzolldirektor den Beschwerdeführer nochmals in seinem Bureau und bot ihm die provisorische Weiterverwendung im Zolldienst unter Zuteilung an die Maschinensektion der Abteilung für Handelsstatistik an, welches Angebot Bochat ausschlug. Am 17. Juni reichte hierauf das Justiz- und Polizeidepartement dem Bundesrat den Antrag auf Pensionierung Bochats ein. Auch jetzt noch wurde besonders im Hinblick auf die Familie Bochats mit dem definitiven Entscheid gezögert und ihm nach Bücksprache mit der Eidgenössischen Alkoholverwaltung die Stelle eines Inspektors der .genannten Verwaltung für die Ostschweiz angeboten. Trotzdem sich der Bun·despräsident persönlich an Bochat wandte und ihn zu bewegen suchte, die angebotene Stelle auf der Alkoholverwaltung anzunehmen, beharrte Bochat auf seinem Begehren um Wiedereinsetzung in seine bisherigen Funktionen, so dass dem Bundesrat angesichts der Unhaltbarkeit der Stellung Bochats in der Zollverwaltung und im Hinblick darauf, dass man es offenbar bei Bochat mit einer krankhaften Veranlagung zu tun hat, nichts anderes übrig blieb, als am 9. Oktober 1925 in Anwendung der Art. 24, AI. l, und 25, AI. l, der Statuten der Versicherungskasse dessen Pensionierung auszusprechen, unter unverkürzter Zubilligung der ihm nach den bestehenden Vorschriften im Verhältnis zu der Anzahl seiner Dienstjahre zukommenden Pension.

Dieser Bundesratsbeschluss ist es, den Bochat mit seiner Eingabe vom 5. Dezember 1925 an dio Bundesversammlung weiterzieht.

Die Beschwerde.

Die Anklagepunkte der Beschwerde lassen sich in zwei Gruppen aufteilen, deren erste die Vorwürfe wegen Widerhandlung gegen den Willen des Parlamentes, begangen durch Verschleuderung von Bundesgeldern infolge Anstellung oder Beibehaltung überzähligen Personals, umfasst, die andere die Vorwürfe wegen systematischer persönlicher Hintansetzung und Verfolgung.
Wir nehmen im folgenden Stellung zu den Anschuldigungen, die der Beschwerdeführer erhebt, wobei wir auf die Tatsache hinweisen, dass in den ersten Phasen der Angelegenheit einzig Anschuldigungen auf Zurücksetzung durch den Abteilungschef, Oberzollinspektor Häusermann, erhoben worden sind. Erst im spätem Verlaufe des Konflikts, als der Oberzolldirektor die Anträge Boohats nicht immer ohne weiteres annahm, richteten sich die Angriffe auch gegen diesen, unter Aufnahme des VorwnrfAs der Verschleuderung von Bundesgeldern als ·weitem Punkt seiner Anklage. In der vorliegenden Beschwerde an die Bundesversammlung wird nunmehr auch der Chef der Justizabteilung angegriffen,

580 weil er nach Überprüfung der Angelegenheit zu einem Ergebnis gekommen ist, das für Eochat ungünstig lautet.

Es kann sich nicht darum handeln, in diesem Bericht auf Einzelheiten der Beschwerde einzutreten, da dies die Widergabe des grössten Teiles des sehr umfangreichen Aktenmaterials bedingte. Wir müssen uns deshalb darauf beschränken, die Angelegenheit nach ihrer grundsätzlichen Bedeutung darzulegen und verweisen für die Einzelheiten auf die zu Ihrer Verfügung stehenden.

Akten, insbesondere auf die Ausführungen der Oberzolldirektion, 0. Beschuldigung wegen Verschleuderung von Bundesgeldern durch übermässige Anstellung von Personal.

1. Die Zollverwaltung hat zwei verschiedene Dienstzweige, den Zivildienst und den Grenzwachtdienst. Was den Zivildienst anbetrifft, so besorgt dieser die Zollkontrolle und den Zollbezug auf den Eisenbahnstationen und erlaubten Zollstrassen und Landungsplätzen. Der Grenzwachtdienst hat dafür zu sorgen, dass zwischen diesen erlaubten Grenzübergangspunkten keine Waren eingeführt werden und dass, wo dies trotzdem geschehen sollte, der Schmuggler aufgehalten wird. Aus Ersparnisgründen findet an gewissen Grenzstellen eine Verbindung beider Dienste statt, indem ein Grenzwachtpostenchef neben der Grenzbewachung gleichzeitig den Zollbezug besorgt. Dies geschieht bei den kleinen Grenzübergangsstellen im Gebirge oder an abgelegenen Strassen.

Die Zollerhebung geschieht also durch die Zollämter. Dabei hat die Zollverwaltung einerseits für die Sicherung des Zollbezugs zu sorgen, anderseits diese Aufgabe mit einem möglichst reduzierten Personal bei den Zollämtern zu erfüllen. Die Lösung dieser Aufgabe wird um so schwieriger, als erwiesenermassen die Verkehrsverhältnisse sehr oft wechseln und an einzelnen Übergangsstellen, besonders seit dem Kriege, ein plötzlicher Verkehrsandrang auftritt, der später wieder abnimmt; um an einem andern Grenzpunkt aufzutreten. Handel und Verkehr stellen hohe Anforderungen an eine rasche Zollabfertigung, Versäumnisse durch allzu lange Aufenthalte an der Grenze werden unnachsichtlich gerügt. Die Zollverwaltung ist daher genötigt, zur Vermeidung von Störungen soviel Personal zur Stelle zu haben, dass eine reibungslose Abfertigung des gesamten Verkehrs möglich ist; sie darf aber umgekehrt nur soviel Personal verwenden, als verantwortet werden
kann. Die Erhöhung der Zolltarife und die vermehrte Unterteilung der Tarifpositionen bedingen eine vermehrte Warenkontrolle, was hinwiederum mehr Personal erfordert. Bekannt ist, dass die Eidgenossenschaft nicht über eine Bundespohzei verfügt, so dass der Zollverwaltung Aufgaben zugewiesen werden müssen, die mit dem Zolldienst im Grunde genommen nichts zu tun haben, ein Umstand, der auf den Personalbestand ebenfalls einwirkt.

Das fortgesetzte Studium der Verhältnisse bei den Zollämtern und die Berichterstattung an die Oberzolldirektj'on liegt dem TnEpektionsdienst der Oberzolldirektion ob. Das teilweise Versagen dieses Inspektionsdienstes, das durch die mangelhafte Tätigkeit Eochats eintrat, vefanlasste den Oberzoll-

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·direkter, eine sogenannte Sparkommission zu bilden, die bei den wichtigem Zollämtern die Möglichkeit eines Personalabbaues genau zu prüfen hatte. Diese Kommission erzielte denn auch praktische Ergebnisse, wenn auch festzustellen ist, dass von einem Personalüberfluss bei der Zollverwaltung nicht die Rede sein kann. Über die Abbaumöglichkeit der einen oder andern Beamtung können in guten Treuen Zweifel bestehen. Immerhin wurde auch in solchen Fällen der Abbau verfügt, wo keine direkte Gefährdung des Dienstes zu beiürchten war. Über die Sparkommission und ihre Arbeiten geben die einschlägigen Akten allen Auf schiusa.

Der Grenzwachtdienst wird durch ein militärisch organisiertes Korps ausgeübt, das den Grenzschutz zwischen den Zollämtern möglichst intensiv -durchzuführen hat. Dabei hat das Grenzwachtkorps im Grunde genommen gar keine Einnahmen zu erzielen, sondern es hat den Schmuggel zu verhindern, sodass der Warenverkehr nur über die erlaubten Zollstrassen und Landungsplätze sich abspielt. Wenn der Beschwerdeführer ausrechnet, dass an gewissen Punkten eine Grenzwache nicht notwendig sei, da keine Einnahmen erzielt wurden, so ist eine solche Begründung nicht stichhaltig, da dabei ausser acht .gelassen wird, dass der Warenverkehr über eine unbewachte Grenze von dem Momente an sofort einsetzen niüsste, wo die Grenzwache zurückgezogen wird.

Dazu kommt, dass das Fehlen aus sanitarischen Gründen und auch in wirtschaf tlicher Hinsicht verderblich würde. Wir erinnern hier nur daran, dasß rings um die Schweiz immer wieder ausgedehnte Herde von tierischen Seuchen auftreten, deren Einschleppung in unser Land nur durch eine sorgfältige Grenzwache verhütet werden kann. Kommt man also zum Schlüsse, dass ein Grenz.abschnitt überwacht werden muss, so muss diese Überwachung aber auch so gestaltet werden, dass sie überhaupt einen Wert hat, mit andern Worten, unter ein Minimum im Bestand des Grenzwachtkorps darf nicht heruntergegangen werden, sollen nicht die daherigen Ausgaben überhaupt hinausgeworfenes Geld bedeuten.

Über das System der Grenzbewachung kann man in guten Treuen verschiedener Ansicht sein. Ein einzelner Grenzwächter ist je nach der Gegend 4er fortwährenden Beobachtung durch die Bevölkerung ausgesetzt. Es kann jederzeit festgestellt werden, wann der Mann im Dienste und wann er zu Hause ist. Eine
solche Grenzwache dürfte ihren Zweck nicht erfüllen, die Besetzung jnit zwei Mann hat also die Eegel zu bilden. Im Hochgebirge oder in den von Wilderern begangenen Gebieten ist der Grenzwächter steter Lebensgefahr ausgesetzt. Von dem auch im Militärdienst streng durchgeführten Grundsatz, dass Patrouillen im Gebirge nie von einzelnen Leuten gegangen werden dürfen, darf auch die Zollverwaltung nicht abgehen, will sie sich nicht dem Vorwurf -aussetzen, das Leben ihrer Bediensteten unnötigerweise aufs Spiel zu setzen.

Die immer wieder auftretenden ernsten Kämpfe mit Wilderern und die wiederholten Unfälle durch Naturereignisse zwingen die Zollverwaltung, an diesem System festzuhalten.

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2. Eochat glaubte nun, anlässlich seiner Inspektionstätigkeit festgestellt zu haben, dass in einzelnen Zollbureaux zuviel Personal vorhanden sei und.

dass die Organisation des Grenzbewachungsdienstes und des Inspektionsdienstes: der Oberzolldirektion mangelhaft sei. Entgegen seinen ersten Beschwerden, bezeichnet er nun diese Vorwürfe als eigentlichen Kernpunkt der Sache.

Verantwortlich für die Durchführung des eigentlichen Zolldienstes und.

des Grenzwachtdienstes ist der Oberzolldirektor, und zwar ist er verantwortlich, dem Departement und dem Bundesrat und in letzter Linie dem Parlament,, nicht aber dem Beschwerdeführer. Der Oberzolldirektor hat deshalb über eingehende Berichte und Abänderungsanträge zu entscheiden, wobei die Verantwortung in dem Moment dem zur Berichterstattung verpflichteten Beamten: abgenommen wird und auf den verantwortlichen Vorgesetzten übergeht, in dem der Bericht dem Vorgesetzten abgegeben wird. Anlässlich seiner Einvernahme durch den Chef der Justizabteilung hat der Beschwerdeführer anerkannt, dass er jederzeit volle Freiheit hatte, seinen Vorgesetzten über von ihm.

bemerkte angebliche Mängel im Zolldienst Bericht zu erstatten und Anträge zu stellen. Aus den Akten ergibt sich zudem mit aller wünschenswerten Deutlichkeit, dass die Berichte Eochats jeweilen einer gründlichen Überprüfung; unterzogen worden sind, bevor der Oberzolldirektor seinen Entscheid fällte, Wenn dieser Entscheid nicht immer auf Annahme der Anträge Bochat lautete, so gibt dies dem Beschwerdeführer kein Eecht zu behaupten, die Verwaltung: hätte sich in offenkundigen Widerspruch zum Parlament gesetzt. Der Oberzolldirektor war zum Entscheid kompetent und trägt auch die Verantwortlichkeit, für seine Massnahrnen. Im übrigen beweisen die Akten, dass die Entscheidungen des Oberzolldirektors den tatsächlichen Verhältnissen entsprachen, was von den Anträgen Eochats nicht gesagt werden kann, die zum Teil unpraktisch, oder sogar undurchführbar waren. Ebenfalls aus den Akten ergibt sich, dassdie Zollverwaltung mit Becht den Vorwurf der Verschleuderung von Bundesgeldern zurückweist, den Bochat glaubt erheben zu dürfen, weil, seine Anträge nicht alle angenommen worden sind. Es mag hier vielleicht der Ort sein, auf die Ausführungen hinzuweisen, die anlässhch der Beratung des Geschäftsberichtes der Zollverwaltung
im Jahre 1924 vom Beferenten des Ständerates gemacht worden sind, wobei festgestellt wurde, dass das Zolldepartement im Geiste der Sparsamkeit geleitet werde. Wir erinnern auch daran, dass anlässlich der Beratungen des neuen Zollgesetzes verschiedene Kommissionen der eidgenössischen Bäte eine ganze Anzahl Zollämter und Grenzwachtposten besichtigt und dabei einen Eindruck empfangen haben, den Herr Ständerat Bolli anlässlich der Eintretensdebatte zum neuen Zollgesetz am 5. Juli 1924 folgender- massen wiedergibt: «Die Kommission und ihre Subkommißsionen haben somit den Zolldienst und dessen Organisation auf allen Stufen kontrolliert. Es gereicht uns zur · gruBsen Beruhigung und Genugtuung, dass wir konstatieren können : Wir haben in allen Stufen der Verwaltung überall, von oben bis unten, eine vollkommene, tadellose Ordnung, überall nur Zeichen pflichtgemässer, umsichtiger Arbeit-

58* und freudiger Pflichterfüllung gefunden. "Wir wollen mit dem nämlichen Lol> und der nämlichen dankbaren Anerkennung auch nicht zurückhalten, ini besondern gegenüber dem militärisch organisierten Grenzwachtkorps , dessen StrengeDienstauffassung und Pflichterfüllung uns mit grosser Befriedigung und Genugtuung erfüllt hat. Wir sprechen das hier mit Freude aus... » b. Beschuldigung der systematischen persönlichen Hintan-setzung und Verfolgung.

1. Einer der Hauptpunkte der Beschwerde Eochats bildet die wiederholt vorkommende Behauptung, die Oberzolldirektion hätte ihn nicht arbeiten lassen. Damit im Zusammenhange steht der Vorwarf, dass auf der Oberzolldirektion zu viele Inspektionsorgane vorhanden seien.

Das Inspektionswesen der Oberzolldirektion steht unter dem Chef derIII. Abteilung, Oberzollinspektor Häusermann, und wird für den Zivildienst von zwei Inspektoren besorgt, während das ganze Grenzwachtwesen, nicht nur die Inspektionen, unter einem Beamten steht, der Offizier der Armee ist., Dabei muss aber gesagt werden, dass auch die Inspektoren befugt sind, Grenzwachtposten zu inspizieren. Für jedes Betriebsjahr wird ein Inspektionsprogramm aufgestellt, das vom Oberzolldirektor genehmigt wird, und worin die Zollämter angegeben werden, die im laufenden Jahre zu inspizieren sind.

Die Verteilung der Inspektionen an die beiden Inspektoren geschieht nicht durch den Abteilungschef, sondern es wird den beiden Inspektoren überlassen, sich in gütlicher Weise zu einigen. So ist es auch zwischen den beiden Inspektoren.

Suter und Bochat gehalten worden. Inspektor Suter hat Eochat volle Freiheit in der Auswahl der Zollämter gelassen, die er besuchen wollte, wie dies von.

Bochat auch zugegeben wird. Auf die Inspektionsreisen gingen die Inspektoren jeweilen nach freiem Ermessen ; sie wurden nicht vom Abteilungschef geschickt,, sondern massgebend für den Tag der Ausreise war der Stand der Arbeit auf der Abteilung. Der ausreisende Inspektor hatte nichts anderes zu tun, als sich beim Abteilungschef abzumelden, unter Angabe seines Beisezieles, wobei allerdings darauf gehalten wurde, dass nicht beide Inspektoren zu gleicher Zeit abwesend waren, da der Abteilungschef oft wegen Konferenzen abwesend warund ausserdem für dringende Fälle ein Inspektor anwesend sein nxusste.

Vor dem Kriege waren auf der Oberzolldir.ektion
immer zwei Inspektoren vorhanden gewesen, die sich nie über einen Mangel an Arbeit zu beklagen hatten..

Seit 1915 war nur mehr einer in Tätigkeit, bis 1921 auch der andere wieder gewählt wurde. Es muss eigentümlich berühren, dass der Beschwerdeführer über Mangel an Arbeit klagt und gegenüber seinen Vorgesetzten den Vorwurferhebt, man habe ihn nicht arbeiten lassen, wenn man diesen Behauptungen das Zugeständnis gegenüberstellt, dass der I. Inspektor Suter ihm jeweilen volle Freiheit in der Wahl der Zollämter und der Zeit der Inspektionen gelassen habe, und wenn man aus den Akten entnehmen muss, dass in den Jahren 1921 bis 1928, da der Beschwerdeführer Seite an Seite mit dem I. Inspektor Suter arbeitete, von den im ganzen ausgeführten 185 Inspektionen von Zoll-

·584 änitern von ihm nur 58 erledigt worden sind. Im Jahre 1921 hat er von allen gemachten Inspektionen 24, das sind 2/3, ausgeführt, in den beiden folgenden Jahren zusammen nur noch 29, und das trotz zugestandener Freiheit der Wahl.

Von den ungefähr 30 wichtigeren Zollämtern hat Eochat 1922 nur 8,1923 nur 4 hesucht, dabei waren diese letztgenannten 4 Inspektionen nur Teilinspektionen. In loyaler Weise hat der I. Inspektor guter die Aufstellung des jährlichen Inspektionsprogramms jeweilen Bochat überlassen, und es waren die aufgestellten Programme stets im Eahmen des Durchführbaren gehalten.

Widerspricht es nicht einem normalen Denken, wenn behauptet wird, dass zu -viel Inspektionsorgane vorhanden seien, wenn zu gleicher Zeit festgestellt werden muss, dass eine sicherlich notwendige Inspektionstätigkeit nicht einmal von zwei Inspektoren erledigt werden kann, abgesehen von den übrigen Arbeiten ? Was die von Eochat ebenfalls als Teil des Inspektionsorganismus angefochtene Stelle des Beamten für das Grenzwachtwesen anbetrifft, so sei hier betont, dass gerade durch diesen Beamten, der nicht nur Inspektionen des Grenzwachtkorps vorzunehmen hat, ganz erhebliche Ersparnisse zuhanden ·des Bundes veranlasst worden sind. Gegenüber dem Vorwurf Eochats, dass -eine von ihm in Brig gemachte Inspektion nachher durch den andern Inspektor auf Weisung des Abteilungschefs hin überprüft worden sei, muss hier grundsätzlich festgestellt werden, dass es einem verantwortlichen Chef jederzeit zusteht, Berichte und Anträge eines Beamten nochmals überprüfen zu lassen, ohne dass dabei dem antragstellenden Beamten daraus das Eecht erwüchse, über Missachtung seiner Arbeit zu klagen.

Hat somit die Arbeitsleistung des Beschwerdeführers auf dem Gebiete mehr in Präge kommen könnte.

2. Es grenzt an persönliche Stimmungsmache, wenn Eochat ein weit zurückliegendes -Vorkommnis, seinen Abteilungschef betreffend, anführt, angeblich nur, um einen von ihm gestellten milden Antrag auf Erledigung einer Verfehlung eines Beamten zu begründen. Der Bundesrat erklärt hier mit aller BestimmtJieit, dass sich Oberzollinspektor Häusermann einer ehrrührigen Handlung .nicht schuldig gemacht hat und dass dessen Ehre intakt ist.

Schlussfolgerungen.

Eochat war ein guter Beamter, bis er an die Stelle des Inspektors gewählt -wurde. Für den Inspektionsdienst besass er nicht die nötigen Eigenschaften,

585 wie schon oben ausgeführt worden ist. Er musste deshalb in diesem Zweig des Zolldienstes versagen. Mit der Wahl des I. Inspektors begann die Spannung zwischen dem Beschwerdeführer und seinen Vorgesetzten. Trotzdein ihm von der Oberzolldirektion Kompetenzen eingeräumt wurden, die seine Stellung hinsichtlich der Arbeitsverteilung von der des I. Inspektors kaum mehr unterscheiden Hessen, konnte er sich nicht mehr bescheiden. Je länger desto mehr zeigte sich bei Bochat eine Selbstüberschätzung, die ihn unfähig machte, die Grenzen der ihm durch sein Amt übertragenen Kompetenzen und Verantwortlichkeiten zu erkennen. Dadurch war er aber auch ausserstand gesetzt, sein Können richtig einzuschätzen. Dies zeigt sich am besten darin, dass er jeden Vorschlag, der ihm hinsichtlich seiner Verwendung in einer andern Stellung gemacht wurde, einfach von der Hand wies. Es wurden ihm nacheinander die Verwendung auf der Abteilung für Handelsstatistik der Oberzolldirektion und die Stélle eines Inspektors auf.der Eidgenössischen Alkoholverwaltung angeboten ; er nahm kein Angebot an, verlangte dagegen die Beförderung zum Zollkreisdirektor von Schaffhausen mit der Bedingung, dass er beim Freiwerden der Zollkreisdirektorenstelle von Lausanne an diese Stelle versetzt werde.

Eochat schöpft aus jedem noch so harmlosen Vorkommnis Argwohn und fühlt sich ohne triftigen Grund verletzt; er ergeht sich unaufhörlich in Vorwürfen, die, sich stets wiederholend, in langen Eingaben niedergelegt sind. Von der Unrichtigkeit eines von ihm einmal eingenommenen Standpunktes lässt er sich nicht überzeugen, so dass man zu der Überzeugung gelangen muss, es mit einem querulantisch veranlagten Mann zu tun zu haben.

Heute hat Bochat alle Objektivität und jedes Mass in der Beurteilung seines Konfliktes mit seinen Vorgesetzten verloren. Der lange Urlaub, den er genossen " hat, bietet ihm einen weitem Grund, sich zu beschweren, trotzdem er wissen muss, dass gerade das Bestreben, ihm besonders im Hinblick auf seine Familie ein anderes Tätigkeitsfeld zu verschaffen, die Erledigung der ganzen Angelegenheit sehr in die Länge gezogen hat, nicht zu seinem Nachteil, wie ausdrücklieh erwähnt werden soll. Nach allem, was vorgefallen ist, ist es undenkbar, dass Bochat im Zolldienst weiter beschäftigt werden kann. Ein Verhältnis fruchtbaren Zusamiuenarbeitens
zwischen Bochat und seinen Vorgesetzten wird für alle Zeiten unmöglich sein, und es musste ein Wiedereinsetzen Bochats in seine frühere Stelle eines II. Inspektors der Oberzolldirektion den Quell für eine fortwährende zersetzende Unruhe in der genannten Verwaltung bilden.

Der Bundesrat ist zur Überzeugung gelangt,, dass die Ursachen des Zwistes zwischen Bochat und seinen Vorgesetzten in der Charakterveranlagung des Beschwerdeführers liegen, nicht aber in der fehlerhaften Organisation oder gar einer leichtfertigen Amtsführung des verantwortlichen Oberzolldirektors.

Die vorliegenden Akten, auf die wir verweisen, ergeben die Haltlosigkeit der schweren Anschuldigungen Bochats auch in materieller Hinsicht. Der Bundesrat hat aber, in der Überzeugung, dass Bochat sein Verhalten nicht voll zugerechnet werden kann, davon abgesehen, gegen ihn disziplinarische Sanktionen zu Bundesblatt. 78. Jahrg. Bd. I.

·

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586 treffen, und ihn als krank pensioniert; unter voller Zubilligung der ihm nach der Zahl seiner Dienstjahre zukommenden Pension.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 28. April 1926.

Im Namen des schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident ;

Häberlin.

Der Bundeskanzler:

Kaeslin.

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die Bewilligung von Kreditübertragungen aus dem Jahre 1925 auf das Jahr 1926.

(Vom 2l. April 1926.)

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsichtnahme einer Botschaft des Bundesrates vom 16. März 1926, beschliesst :

Dem Bundesrate werden für das Jahr 1926 folgende Kreditübertragungen bewilligt :

Verwaltungsrechnung.

Dritter Abschnitt.

Departements.

A. Politisches Departement.

I. Abteilung für Auswärtiges.

18. (1925 = 18 a) Heimschaffung und Unterstützung Schweizern in Eussland

Fr.

von

Übertrag

150,397 150,897

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Beschwerde des Herrn F.

Rochat, gew. Inspektors der Oberzolldirektion. (Vom 23. April 1926.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1926

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

17

Cahier Numero Geschäftsnummer

2093

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

28.04.1926

Date Data Seite

572-586

Page Pagina Ref. No

10 029 705

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