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Jahrgang IV. ..Sand III.

Nro. 47.

Samstag, den 2, Oktober 1852.

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Verhandlungen der schweizerischen Bundes-

Versammlung (Vom 23. Juli und 9. August 1852.)

Schreiben von

-.jandammann und Rath des Kantons Appenzeff der äußern Rhoden an die h. Bundesversammlung der fchweiz. Eidgenossenschaft, betreffend Beschwerde über die Anwendung der Art. j, 292--297 des Militärsirafgesezes auf die im Kantonaldienste stehenden Truppen.

(Vom 20. April 1852.)

Tit.

Durch Vermittlung des hohen schweizerischen Bun* desrathes ist uns mit Zuschrift vom 14. Januar 1852 Buudesblatt Jahrg. IV. Bd. m.

16

160 das Bundesgesetz über die Strafrechtspflege bei den eidgenössischen Truppen, wie dasselbe von den beiden hohen gesetzgebenden Räthen der schweizerischen Eidgenossenschaft am 27. August 1851 angenommen wurde, einbegleitet worden, und wir haben sodann auch die übliche Publikation dieses Gesetzes angeordnet.

Die Bestimmungen dieses Gesetzes adoptiren in dem Artikel l und in den Artikeln 292--297 den Grundsatz, daß fich dasselbe auch auf die im Kantonaldienfie stehenden Truppen erstrecke. Nirgends können wir indessen in der Bundesverfassung eine Bestimmung finden, welche den ..Eit. Bundesbehörden die Berechtigung verleihen würde, die eidgenösfische Strafgesetzgebung in Militärfachen auch auf die Kantone auszudehnen, und wir müssen vielmehr in der angestrebten Ausdehnung der Gesetzgebung einen Eingriff in die nach Art. 3 des Bundesöertrages den Kantonen unzweideutig jugeficherten kantonalen Souveränetätsrechte erblicken.

Angefichts dieser Bestimmung ermangelten wir denn auch nicht, alsogleich nachdem uns die Crifienz eines solchen Gesetzes und der geschehene Eingriff in unsere Souveränetätsrechte zur amtlichen Kenntniß gekommen ist, in einer Eingabe an den hohen schweizerischen Bundesrath unsere durch die Bundesverfassung garantirteu Souveränetätsrechte bestens zu verwahren, und aus der uns als Rückäußerung hierauf zugekommenen Eröffnung des hohen schweizerischen Bundesrathes, daß ihm selbst lediglich nur die Vollziehung des Gesetzes obliege, wollen Sie, Tit., die Veranlassung herleiten, daß wir uns in dieser Angelegenheit, kraft Art. 74, Ziffer 17, Litt. a., und Art. 80 und 81 der Bundesverfassung, hiermit an Sie wenden.

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161 Der Art. 20 der Bundesverfassung stellt, um in dem Bundesheere die erforderliche Gleichmäßigkeit und Dienstfähigkeit zu erzielen, verschiedene Grundsätze fest. Derselbe aequirirt dem Bunde deutlich und bestimmt das

Recht, die Dienftfähigkeit der Truppen zu bestimmen,

deren Unterricht theils von fich aus anzuordnen, theils, wenn er »on den Kantonen aus geleitet wird, ihn zu überwachen, damit er überall nach einen und denselben Grundlagen ertheilt werde, wie die Einheit des Bundesheeres es verlangt.

Um nicht nur in Bezug auf militärische Diensttüch* tigkeit und die Uniformität im Aeußern eine und dieselbe Grundlage zu erzwecken, fondern auch im Weitern das Bundesheer als einen einheitlichen Körper darzustellen, verlangt der nämliche Artikel auch, daß dasfelbe unter einer und derfelben Strafrechtspflege stehe.

Nach Art. 19 der Bundesverfassung wird das Bundesheer aus den Kontingenten der Kantone gebildet.

Diefe Kontingente find, infofern sie nicht unter eidgenöffifchem Kommando, sondern unter dem Befehle der Kantone stehen, die Truppen der Kantone. Diese Truppen anerkennt außer dem so eben genannten Artikel auch Ziffer 5 des Art. 20, welcher den Truppenabthei-

lungen im eidgenössischen Dienste ausschließlich die güh-

rung der eibgenösfifchen Fahne anbefiehlt, mithin in anderm Dienste fogar die Kantonalfahne zuläßt.

Wenn es daher richtig ist, und diefes kann mit Beziehung auf das Vorhergehende nicht bestritten werden, daß es ein Bundesheer und zugleich auch Kantonaltrup.Pen, Truppen im kantonalen Dienste gibt, so ist der

Bund nicht berechtigt, die Letztern in Beziehung auf die Strafgesetzgebung, so oft fie von den Kantonen in Dienst gezogen werden, der Botmäßigkeit der Kantone zu ent*

162 ziehen. Die Kantone erfüllen ihre Pflicht voÏÏgenugcnd, wenn fie dem Bundesheere vollständig dienstgeübte ..truppeu, wie solche die Militärorganisation verlangt, abgeben und fie von dem Eintritte in das Bundesheer oder von der Stellung unter das eidgenössische Kommando an, sei es nun zum Unterrichte oder zur ijeldübung oder zum aktiven Kriegsdienste unter die Bundesgesetze stellen.

Die Beschränkung der Strafgesetzgebung der Kantone, die Beeinträchtigung dieses so wichtigen Hoheitsrechte....'

derselben ist demnach aus der Bundesverfassung nicht abzuleiten.

Diese einzig und allein richtige staatsrechtliche Stelïung der Kantone zum Bunde in Beziehung auf die Kantonaltruppen hat auch der hohe Bundesrath selbst zur Zeit, als er fich mit dem Entwurfe zu einer Militärorganisation beschäftigte, vollkommen anerkannt, indem eben jener Entwurf die Bundesftrafrechtspflege nur auf diejenigen Truppen ausdehnte, welche im eidgenösfischen Dienste flehen. (Vergleiche Art. 53 und 54 jenes Ent* wurfes.)

Die Zweckmäßigkeit des eidgenosfischen Strafgefetzes, ja selbst die Wünschbarkeit, daß dasfelbe in allen Kantonen zur Anwendung kommen mochte, und tie wahrscheinliche Vorausficht, daß eine Reihe von Kantonen, welche eine ähnliche Kantonal-Militärstrafgesetzgebung befitzen, der Anwendung aus ihre Kantonaltruppen keine .Hindernisse entgegensetzen werden, vindiziren dem Bunde keineswegs das Recht, dasselbe in das Gebiet der Kantone auf anderm Wege als dem der Empfehlung und der fakultativen Anwendung zu verpflanzen. Die Bun# desversammlung, wie die Kantone find verpflichtet, die ©ranzen der dem Bunde zugefchiedenen Rechte genau sinzuhalten, die Rechte der Kantone, welche nicht speiiell

163 abgetreten worden sind, wohl zu achten, und aus solche Weife sich beiderseits die beruhigende Ueberzeugung zu verschaffen, daß die Bundesverfassung ihre getreue AnWendung finde und die gewünfchte Konfolidation bewahre.

Als die Repräfentanten nnferes Standes die Pflicht auf uns tragend, des Volkes Freiheiten und Rechte, wie ihm dieselben durch die Bundesverfassung zugesichert sind, zu schützen und zu wahren, finden wir uns daher veranlaßt, eine hohe Bundesversammlung zu erfuchen, sie wolle beschließen:

,,Die eidgenöffifchen Militärstrafgefetze finden auf die ,,im Kantonaldienste stehenden Truppen fakultative An,,wendung."

Wir benutzen schließlich den Anlaß, Sie, Tit., unserer vorzüglichen Hochachtung und freundeidgenöfsischen Gesinnung zu versichern.

Teufen, den 20. April 1852.

Im Namen von Landammann und Rath des Kantons Appenzell der äußern Rhoden, Der regierende Landammann: Dr. Öertli.

Der Rathsschreiber: Hohl.

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Verhandlungen der schweizerischen Bundesversammlung (Vom 23. Juli und 9. August 1852.)

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