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Schweizerisches

Nro.12.

Montag, den 26. März 1849.

Man abonnirt ausschliesslich beim nächstgelegenen Postamt. Preis für das Jahr 1849 im ganzen Umfange ber Schweiz portofrei Frkn. 3.

Jnserate sin.) frankirt an die Expedition einzusenden. Gebühr l Batzen per Zeile oder deren .Kaum.

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Verhandlungen des Bundesrathes.

(Fortsetzung.)

Bericht des

Standes Schaffhausen an den schweizerischen Bundesrath.

Tit.

Schasshausen, den 4. Dezember 1848.

Die in der Extrabeilage zu Nr. 301 der Frankfurter Oberpostamts-Zeitung vom 9. November d. J. enthaltenen Aktenstücke, deren die verehrliche Zuschrift Euer Hochwohlgeboren vom 23. und 25. v. M. erwähnt, haben unsere Aufmerksamkeit sowohl in Bezug auf die Schweiz im Allgemeinen, als besonders auch darum in Anspruch genommen, weil in diesen Aktenstücken mehrerer Vorgänge Erwähnung geschieht, die in unferm Kanton stattgefunden haben sollen, durch welche wir, wäre die in jenen AktenBundesblattI..

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234 stücken enthaltene Darstellung der Wahrheit gemäß, kompromittirt sein würden.

Da bei dem Erscheinen erwähnter Aktenstücke der schweizerische Bundesrath noch nicht konstituirt war, daher auch §. S der neuen Bundesverfassung nicht in Anwendung gebracht werden konnte, so haben wir uns erwähnter Aktenstücke wegen unmittelbar an den Großherzoglich Badischen Herrn Ministerresidenten bei der Eidgenossenschaft gewendet und demselben mittelst des sub A. abschriftlich anliegenden Schreibens vom 16. November d. J. berich-

tigende Aufschlüsse über den Jnhalt erwähnter Aktenstücke, soweit dieselben unsern Kanton betreffen, ertheilt, zugleich zu Handen der Großherzoglich Badischen Regierung das Begehren gestellt, daß der Verfasser und Einsender des völlig falsche Thatsachen enthaltenden Berichtes, der Vorstand des Bezirksamtes Jestetten, zur Verantwortung und Strafe gezogen werde.

Diese Zuschrift ist bisher unerwiedert geblieben. Den

Badifchen Flüchtlingen, welche im Anfange des Monats

Mai d. J. ihren Aufenthalt in hiesigem Kanton nahmen, haben wir nach vorangegangener Anfrage bei dem hohen eidgenössifchen Vorort und in Gemäßheit der Zuschrift letzterer hohen Behörde vom 6. Mai und des vorörtlichen Kreisfchreibens vom 17. Mai d. J. das Asyl gestattet, denselben aber erklären lassen, daß ihnen dasselbe nur so lange gewährt feie, als sie solches nicht mißbrauchen und sich keine Umtriebe gegen auswärtige Staaten erlauben.

An diesem Grundsatze haben wir bisher stets festgehalten und auch nach dem zweiten Aufstande im Großherzogthum Baden unserer Kantonspolizei die Weisung ertheilt, diejenigen Flüchtlinge, welche sich von der Schweiz aus der Jnfurreïtion angeschlossen, oder sich Umtriebe ge-

235 gen auswärtige "Staaten erlaubt, aus hiesigem Kanton wegzuweifen.

Unter dieser Weisung konnten die in der angeführten Zeitungsbeilage erwähnten Flüchtlinge aus Wurtemberg nicht verstanden sein, indem dieselben, seitdem sie den Boden der Schweiz betreten, von diesem aus sich keine frevlen Unternehmungen gegen auswärtige Staaten erlaubt haben, und es konnte denfelben wegen Handlungen, die vor dem Betreten der Schweiz zur Last gefallen fein und : ihre Flucht veranlaßt haben mögen, das Asyl nicht verweigert werden.

Die in unferrn Kanton sich aufhaltenden deutschen Flüchtlinge finden sich in Beilage B verzeichnet.

Nach dem Empfange des verehrlichen Kreisfchreibens Euer Hochwohlgeboren vom 30. v. M. haben wir unsere Kantonspolizei zur genauen Nachachtung der in demselben' rücksichtlich der Ueberwachnng und Behandlung der Flüchtlinge ertheilten Vorschriften angewiefen.

Wir werden anch nicht ermangeln, Ener Hochwohlgeboren über unter den Flüchtlingen wahrzunehmende Bewegungen Bericht zu erstatten.

Wie fehr übrigens die benachbarten deutschen Behörden und die Presse geneigt sind, Gerüchten, durch welche die Schweiz kompromittirt wird, Glauben beizumessen und diefelben auszubeuten, davon findet sich in der Allgemeinen Augsburgerzeitung, Beilage zu Nr. 333 vom 28. November 1848, Seite 5256 ein neuer Beweis.

Es heißt nämlich in diefem Blatte: ,,Jn dem Schweizerorte Ramfen follen zwei Wägen ,,mit Gewehren angekommen fein, welche zum Einfchmug-

,,geln in das Großherzogthum bestimmt feien. Die badi,,fchen Behörden sind übrigens bereits angewiefen auf diefes ,,Vorhaben wachsam zu sein."

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...Dieses ©erucht hatte sich schon vor einiger Zeit in unserer Gegend verbreitet und es sollen durch dasselbe die in der Umgegend von Donaueschingen in einer Entfernung von 8--10 Stunden von Ramfen, Bezirk Stein, hiesigen Kantons, stationirten deutfchen Truppen mehrere Male veranlaßt worden sein, mitten in der Nacht in Kolonnen von 400--6OO Mann aller Waffengattungen aufzubrechen, um gegen einen von Ramsen aue besorgten Einfall zu operiren.

Sorgfältige Nachforschungen unferer Polizei und Rücksprachen von Mitgliedern unferer Behörde mit Gemeinds»orstehern von Ramsen stellen aber mit voller Gewißheit heraus, daß in Ramsen nie auch nur der entfernteste Versuch zur Anlegung von Waffenvorräthen gemacht wurde.

Hingegen ergab sich bei den angestellten Nachfragen, daß vor einiger Zeit ein bewaffneter Badifcher Gendarme nach Ramfen gekommen -- und dergleichen Verfuche zum Spioniren finden oft statt -- sich in einem Wirthshanfe auf zudringliche Weife und mit Andeutung auf Belohnungen nach Badifchen Flüchtlingen erkundigte. Anwesende mißbrauchten diese Sitdrindlichfcit.. um dem Gendarmen vorzugeben, daß mehrere mit für Flüchtlinge bestimmten Waffen beladene Wagen im Orte eingetroffen feien. Ans diesem rein erdichteten Vorgeben mag denn fragliches Gerücht entstanden sein.

Mit diesen Mittheilungen verbinden wir die Versicherung vollkommenster Hochachtung, mit der wir Euer Hochwohlgeboren nebst uns ui., den Machtschutz des Allerhöchsten getreulich empfehlen.

(Folgen die Unterschriften).

237

Schreiben »on

Burgermeister und Rath des eidgenössischen Kantons Schasshausen an Seine .-pochwohlgeboren $errn Geheimen Rath und Regierungsdirektor Freiherrn von Marschall, Grof herzoglich badischen Minister-« restdenten bei der schweizerischen Eidgenossenschaft in Freiburg.

Tit.

Die Extrabeilage zu Nr. 301 der Frankfurter Oberpostamtszeitung vom 9. d. enthält Seite 2 u. f. Aktenstücke zur Beleuchtung der Frage, in wiefern die vorstehenden Zusicherungen Seitens des eidgenössischen Vorortes und der Regierungen der Gränzkantone erfüllt wurden.

Wir würden uns nicht damit befassen, Zeitungsartikel zum Gegenstande diplomatifcher Erörterungen zu machen, wenn wir nicht anzunehmen hätten, daß die angeführten Aktenstücke acht feien.

Wir geben der Ueberzengnng Raum, einer großherzoglichen hochpreislichen Regierung werde zur Begründung irgend welcher Behauptung nur mit wahren Thatfachen gedient fein und Hochdieselbe werde entstellte oder unwahre aktenmäßige Darstellungen gleich uns mißbilligen und Berichtigungen solcher Entstellungen nicht ungerne entgegen nehmen.

Wir sind es auch unserer Ehre schuldig, durch passives Verhalten nicht zu Folgerungen zu berechtigen, welche mit den von uns hinsichtlich unfers frenndnachbarlichen Verhältrnsses zu dem Großherzogthum Baden stets befolgten völkerrechtlichen Grundsätzen im Widerspruch stehen würden.

238 Diese Gründe fcewegen uns. Euer Hochwohlgeboren über den Jnhalt jener Aktenstücke, soweit selbige «nsern Kanton betreffen, mit Beziehung auf den abfchriftlich beiliegenden Auszug aus demfelben Folgendes zu bemerken.

A.

V.

Auszug aus einem Berichte des Vorstandes des Bezirksamts Jestetten, vom 28. September 1848.

Aus einer von unserer Polizei seiner Zeit angestellten Untersuchung ergibt sich, daß 12--13 dentfche Handwerksgesellen, welche bei hiesigen Meistern in Arbeit gestanden, Samstag den 23. September d. J. ihren Meistern, den bestehenden Handwerksordnungen gemäß, die Arbeit aufc sagten, ihre Wanderbücher ans der Polizei nach verschiedenen Gegenden visiren ließen, am Sonntage mit ihren Meistern abrechneten und sich am folgenden Tage nicht 50--60, fondern 12--13 an der Zahl, und nicht auf

dem Marktplatze, Angesichts des Rathhaufes, umgeben

von Beifall klatschender Menge, gesammelt, fondern von einem außerhalb hiesiger Stadt an der Straße nach Engen liegenden Wirthshause aus und vom Publikum unbemerkt, ohne sichtbare Waffen weggezogen sind.

B.

Hinsichtlich dieses Vorfalles berufen wir uns auf die Zuschrift, welche wir deßhalb an Euer Hochwohlgeboren vom 26. Juni d. J. zu erlassen die Ehre hatten und den derfelben beigelegenen Bericht des Gemeinderaths von Schleitheim, mit dem Beifügen, daß der darin angegebene Hergang der Sache sich durch eine fpätere polizei-

liche Untersuchung als nichtig, und die Behauptung, es sei ein scharser Schuß gesallen, als eine völlig unwahre herausgestellt hat und daß lediglich ein polizeilicher Unfug

239 stattgefunden, dessen Urheber und Teilnehmer, mit Rücksicht auf die Zeitumstände, unter denen derfelbe stattgefunden, polizeilich bestraft worden sind.

Litt. c.

Aus wiederholten genauen polizeilichen Untersuchungen ergibt sich, daß Psarrer Ganter in Ofenacker zu keiner Zeit Aufruhr reizende Reden an Landleute gegen die badifche Regierung und überhaupt die deutfchen Regierungen gehalten hat.

Uebrigens hat sich derselbe ausgewiesen, daß er die erforderlichen Schritte gethan habe, um wieder in seine Heimath zurückkehren zu können.

Nach den Grundsätzen, deren Zulässigkeit in neuerer Zeit allgemein anerkannt wird, duldeten wir deutsche po-

litische Flüchtlinge nur so lange und insoweit, als sie sich von der Schweiz aus keine Umtriebe gegen' auswärtige Staaten erlaubten, so z. B. ist Kronenwirth Ganter von Altdorf bei Engen wegen Verdachts der Theilnahme an den Unruhen in Engen fogleich aus dem Kanton gewiesen worden.

Euer Hochwohlgeboren werden, wie wir nicht zweifeln, ans diesen Berichtigungen, und befonders aus denjenigen ad A, die Ueberzeugung fchöpfen, wie fehr uns der Bericht

des Vorstandes des Bezirksamts Jestetten, der völlig falfche Thatfachen enthält und uns Tendenzen beilegt, die keineswegs die unferigen sind, und unfere Behörde dadurch kompromittirt, beleidigen und mit Unwillen erfüllen mußte, und unfer Begehren, daß der. Verfasser und Einsender dieses salschen Berichtes zur Verantwortung und Strase gezogen werde, vollkommen begründet finden.

Wir ersuchen daher Euer Hochwohlgeboren, dieses Begehren, so wie den übrigen Jnhalt gegenwartiger Mit-

240 theilung zur Kenntniß einer großherzoglichen hochpreislichen Regierung zu bringen und eine zu unserer Genngthuung gereichende Erledigung unseres Begehrens bewirken zu wollen.

Genehmigen Euer Hochwohlgeboren bei diesem Anlaß die ...Bersicherung unserer vorzüglichen Hochachtung.

©chaffhausen, den 16. Noöember 1848.

(Folgen die Unterfchriften.)

Bemerkung.

Die in obigem Schreiben sub Litt. A., B. und C.

enthaltenen Berufungen beziehe« sich auf die Extrabeilage zu Nr. 301 der Frankfurter Oberpostamtszeitung und zwar Litt. :

A.

Auf Nr. 5 Auszug aus einem Berichte des Vorstandes des Bezirksamtes Jestetteu vom 28. September 1848 -- Seite 3, Spalte 2.

B.

.Aus den Bericht des Würternbergifchen Major Kohlermann -- Seite 2, Spalte l, unten.

C.

Auf das Treiben des Pfarrers Ganter, Seite 2, Spalte 2, unten.

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reisschreiben des Bundesrathes, vom 27. Jenner 1849.

G e t r e u e , liebe Eidgenossen!

Aus Berichten, die wir für glaubwürdig, zum Theil selbst für erwiesen zu halten veranlaßt sind, haben wir erfahren müssen, daß die deutschen Flüchtlinge nicht nur

241 ganz in der Nähe der Gränze häusig Zusammenkünfte halten, fondern daß auch Einzelne derfelben nahe an der Gränze domiziliren, und daß sogar die vom Bundesrath mit Schlußnahme vom 3. v. M. ausgewiesenen Neff und Thielmann an solchen Versammlungen sich betheiligen.

Speziell ist angezeigt worden, daß zu Anfang dieses Monats im weißen Kreuz zu Klein-Basel eine Verfammlung

der Flüchtlinge Viala, Hampfen, Neff, Thielmann und anderer mehr statt gefunden; daß ebenfo in Mönchenstein eine Zusammenkunft der Mitglieder der Lörracher provisorischen Regierung, die sich in Dornach aushalten, abgehalten wurde, bei welchen auch Metternich, der sich immer in den Gränzkantonen herumtreibe, anwesend war, und daß endlich auch Hattemer, und der in Birs, Kantons Basel-Landschaft, sich aufhaltende Schnauffer bisweilen nach Rheinfelden sich begeben.

Aus diesen Vorgängen geht nur zu deutlich hervor, daß weder eine gehörige Jnternirung vollzogen worden ist, noch diejenige Ueberwachung der Flüchtlinge stattfindet, welche in dem Kreisschreiben vom 30. November v. J. so dringend empfohlen worden ist. Der Schweizerische Bundesrath hatte sich nämlich damals veranlaßt gesehen, sämmtliche Regierungen und namentlich diejenigen der Gränzkantone gegen Deutschland einzuladen, alle Fluchtlinge, die sich entweder an den badischen Aufständen be-

theiliget hatten oder die irgend sonst als verdächtig und ruhestörerisch angesehen werden müßten, in der Weise bewachen zn lassen, daß die Behörden sofort von jedem Schritte Kenntniß erhalten, welcher die Absicht haben könnte, die internationalen Beziehungen zu verleben oder den Nachbarstaaten zu gerechten Klagen Veranlassung zu geben.

Mit Rücksicht auf die eben auseinandergefetzten Thatfachen sind wir genöthigt. Euch, getreue, liebe Eidgenossen,

242 das mehrerwähnte Kreisschreiben »ont 30. November abhin wiederholt in Erinnerung zu bringen und Euch im Weitern einzuladen:

1) Keine solchen Flüchtlinge innerhalb sechs Stunden

von der deutschen Gränze zu dulden und denselben nöthigenfalls durch öffentliche Bekanntmachung anzuzeigen, daß sie im Fall der Betretung diefes Gebietes des Asylrechtes verlustig erklärt würden.

2} Jm Falle die vom Bnndesrath sub 8. v. M. nach Art. 57 der Bundesverfassung aus der Schweiz fortgewiesenen Neff, Thielmann und Löwenfels in einem Kanton betroffen werden sollten, gegen dieselben die Strafe einzuleiten, welche die Kantonsgesetze für Uebertretung des Bannissements aufgestellt haben.

Wir benutzen übrigens diesen Anlaß, Euch, getreue, liehe Eidgenossen, nebst uns in den Machtschutz des Allerhöchsten zu empfehlen.

Jm Namen des schweizerischen Bundesrathes, der Bundespräsident: Dr. Furrer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schiess.

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Verhandlungen des Bundesrathes. (Fortsetzung.)

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1849

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26.03.1849

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