333 # S T #

N o

s

Bundesblatt 106. Jahrgang

Bern, den 25. Februar 1954

Band I

Erscheint wöchentlich. Preis 30 Franken im Jahr, iß Franken im Salbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr 50 Happen die Petitzeile oder deren Raum -- Inserate franko an Stämpfli & Cie. in Bern '

# S T #

6558

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesgesetzes über den Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung (Vom 9. Februar 1954) Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Am 6. Dezember 1953 wurde die eidgenössische Verfassungsvorlage über den Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung vom Volk und von den Ständen mit starkem Mehr angenommen. Dieser eindeutige Entscheid darf als Beweis dafür gewertet werden, dass das Schweizervolk sich der ernsten Gefahren, welche die zunehmende Verunreinigung der ober- und unterirdischen Gewässer für unser Land darstellt, bewusst ist: und sowohl die Notwendigkeit als auch die Dringlichkeit eines wirksamen Gewässerschutzes anerkennt. Durch die Annahme des Verfassungsartikels 24quater ist nun für den Erlass des Ihnen im Entwurf vorgelegten Gesetzes die notwendige Grundlage geschaffen worden.

Nachdem in der bundesrätlichen Botschaft vom 28. April 1953 zur Verfassungsvorlage über den Stand der Gewässerverschmutzung und die dadurch verursachten Schäden wirtschaftlicher, hygienischer und ethischer Natur eingehend berichtet wurde, können wir uns darauf beschränken, auf jene Schilderung zu verweisen.

' Den Anstoss zur Schaffung eidgenössischen Rechtes zum Schutze der Gewässer gegen Verunreinigung hat Herr Nationalrat Zigerl gegeben, indem er ein entsprechendes Postulat einreichte, das in der Junisession 1944 vom Bundesrat zur Prüfung entgegengenommen und vom Eat als erheblich erklärt wurde. In der Botschaft zum Verfassungsartikel wurde bereits einlässlich dargelegt, weshalb sich eine Bundesrechtsordnung auf diesem Gebiete aufdränge. Wir können uns demnach damit begnügen, die wesentlichen Gründe in gedrängter Form in Erinnerung zu rufen.

Bundesblatt. 106. Jahrg. Bd. I.

25

334

Vor der Annahme des neuen Verfassungsartikels SeiTM461 konnte der Bund die Frage des Gewässerschutzes lediglich vom Gesichtspunkt der Fischerei aus gesetzgeberisch regeln, und zwar auf Grund von Artikel 25 der Bundesverfassung, die ihm die Befugnis verleiht, gesetzliche Bestimmungen über die Ausübung der Fischerei zu erlassen. Nun haben sich aber die gesetzlichen Vorschriften (Art. 21 des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1888 über die Fischerei und die gestützt hierauf erlassene bundesrätliche SpezialVerordnung vom 17. April 1925) als ungenügend erwiesen, um die mit der zunehmenden Gewässerverschmutzung zusammenhängenden Mißstände zu beheben. Der Grund hiefür liegt weniger darin, dass diese Bestimmungen in rechtlicher Beziehung nicht restlos befriedigen, als vielmehr darin, dass ihre Anwendbarkeit auf den Schutz der Fische beschränkt ist.

Im Gegensatz zum Bund war den Kantonen gemäss Artikel 8 der Bundesverfassung zur Beinhaltung der Gewässer schon immer ein uneingeschränktes Gesetzgebungsrecht eingeräumt, das ihnen gestattet, ausser den Forderungen der Fischerei allen übrigen in Frage stehenden Interessen, insbesondere der off entlichen Gesundheitspflege, der Versorgung mit einwandfreiem Trink- und Brauchwasser und der Erhaltung des Landschaftsbildes, Rechnung zu tragen. Die meisten Kantone haben jedoch von dieser Befugnis nicht oder nur ungenügend Gebrauch gemacht. Aber auch abgesehen davon drängte sich eine eidgenössische Eegelung insofern auf, als die Gewässerverunreinigungen an den Landes- und Kantonsgrenzen nicht Halt machen und ihre Behebung somit in vielen Fällen nur auf Grund interkantonaler und internationaler Vereinbarungen möglich ist.

Die Bundesbehörde legte Wert darauf, gleichzeitig mit den Beratungen über den Verfassungsartikel 24iuater die Vorbereitungsarbeiten für das gestützt hierauf zu erlassende Bundesgesetz nach Möglichkeit zu fördern ; denn es erschien angezeigt, bereits'in der Botschaft zur Verfassungsvorlage die wichtigsten Grundsätze, nach denen das Ausführungsgesetz aufgebaut werden soll, wenigstens so, weit bekanntzugeben, als dadurch der Diskussion über den Gesetzesentwurf nicht vorgegriffen werde.

Über die Entstehungsgeschichte des vorliegenden Gesetzesentwurfes wurde bereits in der Botschaft vom 28. April 1953 ausführlich berichtet. Es geht daraus hervor, dass die
Vorlage im Einvernehmen mit einer Eeihe namhafter Abwasserfachleute und Rechtsberater ausgearbeitet wurde. Ferner wurde den Kantonsregierungen und allen an der Wassernutzung beteiligten Verbänden Gelegenheit gegeben, zum bundesbehördlichen Entwurf Stellung zu nehmen.

Das Eidgenössische Departement des Innern hat die zum Teil wertvollen und aufschlussreichen Vernehmlassungen einer sorgfältigen Prüfung unterzogen und die erhobenen Einwände weitgehend berücksichtigt. Endlich hat auf Veranlassung des genannten Departementes eine von ihm bestellte ausserparlamentarische Kommission, in der die wichtigsten an der Vorlage interessierten schweizerischen Wirtschaftsverbände vertreten waren und der mehrere Sachverständige angehörten, den umgearbeiteten Entwurf vom juristischen und fachtechnischen Standpunkt aus in zehn Plenarsitzungen gründlich überprüft. Auf

335 Grund der gepflogenen Verhandlungen hat diese Kommission ihrerseits eine Eeihe von Ergänzungen und Abänderungen beantragt, die wir zum grössten Teil als zweckmässig bezeichnen können. Die Ihnen unterbreitete Gesetzesvorlage entspricht denn auch im grossen und ganzen dem Entwurf, wie er aus den Verhandlungen der ausserparlamentarisohen Kommission hervorgegangen ist. Die Abweichungen materieller Natur - namentlich in bezug auf den Subventionsartikel :- sollen im Zusammenhang mit der Gesetzeserläuterung begründet werden.

Zu den einzelnen Bestimmungen des Gesetzesentwurfes haben wir folgende Bemerkungen anzubringen.

' Artikel l umschreibt den Geltungsbereich des Gesetzes, das sämtliche Gewässer umfasst. Von einer Aufzählung der einzelnen Gewässertypen wurde abgesehen, da eine solche keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben könnte und daher eher einer Beschränkung gleichkäme. Es erschien insbesondere notwendig, auch die unterirdischen Gewässer in das Gesetz einzubeziehen ; denn in immer stärkerem Masse müssen heute die Grundwasservorkommen herhalten, um den wachsenden Bedarf an Trink- und Brauchwasser zu decken. Es gilt somit, diesen Wasserreservoirs, die durch Infiltration verschmutzten Tagwassers mehr und mehr gefährdet sind, Sorge zu tragen und damit eine unserem Lande drohende ernste Gefahr abzuwenden.

Um den Kampf gegen die Gewässerverunreinigung auf der ganzen Linie zu führen, erschien es ferner angezeigt, im Gesetz ausdrücklich zu erwähnen, dass ihm sowohl die öffentlichen als auch die im Privateigentum stehenden Gewässer unterstehen. Ein Eingriff in das Privateigentum an einem Gewässer ist bundesrechtlich zulässig, muss aber gesetzlich verankert werden. Man kann sich fragen, ob mit Bücksicht auf Artikel 706 und 707 des schweizerischen Zivilgesetzbuches die privaten Quellen ausgenommen werden sollten. An ihrer Eeinhaltung besteht indessen nicht nur ein privates, sondern auch, ein öffentliches Interesse, weshalb es sich rechtfertigt, sie dem Gesetz zu unterstellen. Auch darf die Gefahr nicht übersehen werden, dass sich Verunreinigungen von Quellen auf grössere Gewässer auswirken und dort vermehrt Schaden anrichten können.

Artikel 2 nennt die verschiedenen Zwecke, die durch,die gegen die Gewässerverunreinigung zu ergreifenden Massnahmen erfüllt werden sollen. Dazu gehören die öffentliche
Gesundheitspflege, die Trink- und Brauchwasserversorgung, die Benützung der Gewässer zu Badezwecken, die Erhaltung von Fischt gewässern, der .Schutz baulicher Anlagen und der Schutz des Landschaftsbildes. Von einer Legaldefinition des Ausdruckes «Verunreinigung» wurde also bewusst Umgang genommen ; denn dadurch würden Begriffe festgelegt, die der Entwicklung von Technik und Wissenschaft unter Umständen nicht angepasst werden könnten und die Kantone in ihren Entscheidungen weitgehend bänden.

Die getroffene Lösung hat auch den Vorteil, dass nicht nur Schädigungen erfasst werden, die in der Einführung verunreinigender Stoffe in Gewässer bestehen, sondern auch andere Einflüsse, die das Selbstreinigungsvermögen der

336

Gewässer beeinträchtigen könnten, wie beispielsweise die Verwendung von Wärmepumpen oder eine übermässige Ableitung von heissem "Wasser.

, Gemäss Absatz l werden an die unterirdischen Gewässer strengere Anforderungen gestellt als an die Oberflächenwasser. Der Grund hiefür liegt darin, dass das Grund- und Quellwasser ohne jede Vorbehandlung als Trink- und Brauchwasser soll verwendet werden können, während das Wasser aus oberirdischen Gewässern in der Eegel nach wie vor einer Aufbereitung bedarf. Das Grundwasser ist nun allerdings mancherorts bereits verunreinigt, so dass es ohne Vorbehandlung nicht benützt werden kann. Es wäre aber gefährlich, .die Möglichkeit einer Aufbereitung des Grundwassers gesetzlich zu verankern; denn es könnte daraus abgeleitet werden, es sei gestattet, Grundwasser soweit zu verschmutzen, als es sich hernach noch aufbereiten lässt. Damit liesse sich aber das zu verfolgende Ziel, das Grundwasser, das in der Eegel noch einwandfrei ist, rein zu erhalten, nicht erreichen. Es erscheint somit geboten, eine Formulierung zu wählen, die gestattet, streng darüber zu wachen, dass die unterirdischen Gewässer vor jeder Verunreinigung geschützt bleiben. Diese Formulierung schliesst indessen nicht aus, dass die Industrie für bestimmte technische Zwecke das von ihr bezogene Grundwasser nötigenfalls vorbehandelt.

In der Eegel hält es schwer, auch nur annähernd zu bestimmen, wie weit die Abwasserreinigung getrieben werden solle, damit keine Mißstände mehr auftreten; denn der in jedem einzelnen Fall anzulegende Maßstab hängt von einer Eeihe von Faktoren ab, insbesondere von der Belastung des Vorfluters und von seinem Selbstreinigungsvermögen. Trotzdem scheint es gegeben, eine solche Bestimmung in Absatz 2 aufzunehmen. Für die Kantone kann es nämlich nur von Vorteil sein, wenn sie sich bei der Aufstellung der zu erfüllenden Vorschriften gegebenenfalls hierauf berufen können.

Nach Absatz 3 kann auf berechtigte Interessen der zur Abwasserreinigung verpflichteten Unternehmungen Eücksicht genommen werden. Die Möglichkeit einer gewissen Interessenabwägung muss insofern gewährleistet sein, als sonst in Kauf genommen werden müsste, dass das Gesetz seiner Starrheit wegen nicht in vollem Umfange gehandhabt werden könnte. Die Achtung vor einem Gesetz, dessen Bestimmungen teilweise toter Buchstabe
bleiben, wäre aber erschüttert, so dass schliesslich mit allzu schroffen Bestimmungen weniger erreicht würde, als wenn bei Vorliegen besonderer Umstände auf Grund des Gesetzes ausnahmsweise gewisse Zugeständnisse gemacht werden können. Ferner muss berücksichtigt werden, dass nach dem heutigen Stand der Technik und der Wissenschaft für einzelne Arten von Abwässern noch keine finanziell zuruutbaren Eeinigungsverfahren bekannt sind, so dass es widersinnig wäre, in solchen Fällen jetzt schon die ganze. Strenge des Gesetzes anwenden zu wollen. Immerhin muss darauf hingewiesen werden, dass die Frage, ob eine Abwasserreinigung überhaupt notwendig sei, ausschliesslich vom Standpunkt des Gewässerschutzes aus, d. h.

unabhängig von wirtschaftlichen und finanziellen Erwägungen, zu beurteilen ist. Auf Interessen dieser Art kann gegebenenfalls nur bei der Durchführung des grundsätzlichen Entscheides, d. h. bei der Anordnung der zu treffenden

337

Sanierungsmassnahmen im Sinne von Erleichterungen Bücksicht genommen ·werden.

: Absatz 4 schreibt vor, dass Gemeinwesen und Private iunter gleichen Umj ständen gleich zu behandeln seien. Obwohl dieser Grundsatz für die Behörden eine Selbstverständlichkeit darstellt, erscheint es gerechtfertigt, ihn im Gesetz .zu verankern; denn es kann anhand einiger Beispiele nachgewiesen werden, dass Industrien zum Bau kostspieliger Einrichtungen verpflichtet wurden, während die in den gleichen Vorfluter entwässernden Gemeinden untätig blieben. In solchen Fällen sind die von den privaten Unternehmungengebrachten Opfer .teilweise zwecklos. In der Praxis kommt es allerdings selten vor, dass völlig gleiche Umstände vorliegen; denn die häuslichen und industriellen Abwässer sind in ihrer Zusammensetzung recht verschieden. ,Der Grundsatz der Gleichberechtigung wird daher nach bester Möglichkeit angewendet, werden müssen.

Artikel 3 bezieht sich auf die Kompetenzaussscheidung zwischen Bund und Kantonen. In Anlehnung an den schon im Verf assungsartikel 24(iuate:r auf T gestellten Grundsatz bleibt die Gewässersanierung ausdrücklich den Kantonen vorbehalten, während der Bund sich darauf beschränkt, die Aufsicht auszuüben.

Artikel 4 befasst sich mit den festen Stoffen. Da es sich um VerunreinÌ7 gungen handelt, die bei gutem Willen in den meisten Fällen leicht vermieden werden können, hat die außerparlamentarische Kommission in ihrem Entwurf für das Ablagern und Einwerfen solcher Stoffe in Gewässer ein unbedingtes Verbot aufgestellt. Wir anerkennen, dass der leider vielerorts herrschende Missbrauch, die Gewässer zur Ablagerung von Kehricht und Schutt zu benützen, nicht energisch genug bekämpft werden kann. Niehtsd estoweniger sind wir der Ansicht, .dass Ablagerungen nur insoweit untersagt werd en sollen, als sie geeignet sind, die Gewässer zu verschmutzen, oder sonstwie dem ihnen durch Artikel 2, Absatz l, gewährten Schutz zuwiderlaufen. Der vom Gesetz .angestrebte Zweck .würde aber zweifellos überschritten, wenn Ablagerungen schlechtweg verboten wären. Übrigens hat schon die ausserparlamentarische Kommission anerkannt, dass Ablagerungen, die in Verbindung mit Gewässerkorrektionen vorgenommen werden, nicht untersagt werden können, indem sie unter dem Gesichtspunkt der Wasserbaupolizei beurteilt werden müssen, d. h. unter
kantonalem Eecht stehen und deshalb ausserhalb des sachlichen Geltungsbereiches eines Bundesgesetzes über den Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung fallen. Aus diesem Grunde würden denn auch die Bestimmungen der Wasserbaugesetzgebung in Absatz 4 ausdrücklich vorbehalten. Dieser Vorbehalt genügt indessen nicht, um die festgestellte Lücke zu schliessen; denn es wäre beispielsweise untersagt, Ausbruchmaterial von Stollenbauten oder Abfall aus Steinbrüchen in grosse Seetiefen zu versenken, wenn andere Ablagerungsplätze nicht zur Verfügung stehen oder eine anderweitige Beseitigung unverhältnismässig hohe Abfuhrkosten zuriFolge hätte. Ein absolutes Verbot würde aber auch solche Seegrundaufschüttungen verunrnöghchen, die sich nicht auf die Wasserbaugesetzgebung stützen, sondern lediglich der Landgewinnung dienen. Schliesslich müsste streng

338

genommen selbst das Einwerfen abgeräumter Schneemassen in BächeundFlüsse unterbunden werden. Aus diesen Überlegungen heraus sahen wir uns veranlasst, eine Formulierung zu wählen, nach der das Einwerfen und Ablagern fester Stoffe in Gewässer nur soweit untersagt ist, als dadurch die auf Grund des Gesetzes zu schützenden Interessen verletzt werden.

Diese Einschränkung dürfte unseres Erachtens eher Vor- als Nachteile mit sich bringen. Eine Gewässersanierung in dem vom Gesetz angestrebten Umfang setzt nämlich weitgehend voraus, dass der Einzelne von der Notwendigkeit, auf die Interessen des Gewässerschutzes Kücksicht zu nehmen, überzeugt sei. Eine solche Einstellung wird aber um so leichter herbeigeführt werden können, als dem Einzelnen das ihm zugemutete Mass vermehrter Eücksichtnahme verständlich und vernünftig erscheint. Je höher aber die Anforderungen gespannt werden, um so schwerer wird es halten, dem Verbot Nachachtung zu verschaffen, d. h. es müsste befürchtet werden, dass ihm auch in unbedingt gerechtfertigten Fällen nicht immer nachgelebt wird. Mit andern Worten böte eine unbedingte Verbotsnorm weniger Gewähr, die wirklich schädlichen Massnahmen zu verhindern, als eine Bestimmung, die nur diese selbst trifft.

Das Ablagern fester Stoffe außerhalb der Gewässer soll ebenfalls nur soweit verboten sein, als es geeignet ist, eine Gewässerverunreinigung zu verursachen (Absatz 2). Diese Bestimmung dient insbesondere dem Schutz des Grundwassers, das durch ungünstig angelegte Kehrichthaufen nicht selten gefährdet ist. Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass die Industrie und das Gewerbe aus Platzmangel bisweilen schlechterdings ausserstande sind, Abfallstoffe ohne jede Beeinträchtigung der Gewässer abzulagern. Für solche Fälle muss die Möglichkeit bestehen, unter Auferlegung zweckdienlicher Schutzbestimmungen nötigenfalls Ausnahmen zu bewilligen (Absatz 4).

Bei bereits vorhandenen Ablagerungen sind die erforderlichen Massnahmen zu treffen, um damit verbundene Gewässerverunreinigungen zu beheben (Absatz 3). Nun sind aber beispielsweise viele Kiesgruben mit Material ausgefüllt, das schädliche, das Grundwasser beeinträchtigende Stoffe enthält. Im Ernst wird nicht daran gedacht werden.können, gefüllte Gruben wieder auszuheben.

Aus diesem Grunde ist man auch für diesen Fall nicht um eine Ausnahmebestimmung
hemmgekommen (Absatz 4).

Artikel 5 bezieht sich auf Abwässer und andere flüssige und gasförmige Abgänge. Die Einleitung dieser Stoffe stellt die schwerste der zu bekämpfenden Gefahren und Mißstände dar. Für diese Abgänge wird, wie dies schon in der bundesrätlichen Spezialverordnung geregelt war, ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt aufgestellt. Die Einleitung darf nur mit Bewilligung der zuständigen , kantonalen Behörde erfolgen. Zudem soll diese Ermächtigung an die Bedingung geknüpft werden, dass die Abgänge durch geeignete Massnahmen, die einen hinreichenden Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung dauernd gewährleisten,, vor der Einleitung gereinigt oder unschädlich gemacht werden. Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass bei der Abwasserreinigung der unschädlichen

339

Beseitigung; der beim Beinigungsprozess anfallenden Bückstände, insbesondere des Klärschlammes, vielerorts zu wenig Beachtung geschenkt wird. Um in solchen Fällen einschreiten zu können, wurde eine entsprechende Bestimmung in den Gesetzesentwurf aufgenommen.

Während neue Abwassereinleitungen inskünftig nur bewilligt werden sollen, nachdem die Abwasserfrage im Sinne der gestellten Forderungen gelöst ist (Absatz 2), werden bestehende Verunreinigungen erst im Verlaufe der Jahre behoben werden können. Es entspricht somit einem Grundsatz der Billigkeit, zur Beseitigung von Mißständen, die vor Inkrafttreten des Gesetzes schon bestanden, angemessene Fristen anzusetzen und eine schrittweise Durchführung der angeordneten Massnahmen zu gestatten (Absatz 3).

Das Verhältnis zwischen den Inhabern von Kanalisationen - in der Eegel sind es Gemeinden - und den angeschlossenen industriellen und gewerblichen Betrieben gibt immer wieder zu Anständen Anlass. Während die in eine Kanalisation entwässernden Unternehmungen sich darauf .berufen, dass sie ihre Abgänge nicht in ein Gewässer einleiten, stellen sich die Kanalisationsinhaber vielfach auf den Standpunkt, dass sie für Schädigungen, die durch Abwässer angeschlossener Betriebe verursacht werden, nicht haftbar gemacht werden können. Es erschien somit gegeben, hier eine klare Begelung zu treffen. Nach dem vorliegenden Entwurf soll die Ableitung der Kanalisationsabwässer nur unter den im Gesetz genannten Bedingungen gestattet werden. Die Kanalisationsinhaber sind somit zur Erstellung der nötigen Einrichtungen verpflichtet.

Dagegen haben sie ihrerseits die Möglichkeit, den Betrieben die Benützung der Kanalisation zu verbieten, solange sie nicht dafür gesorgt haben, dass Abwässer, die entweder giftig sind oder stark vom neutralen Zustand 'abweichen und die Abbauvorgänge in den Beinigungsanlagen beeinträchtigen könnten, vor der Ableitung zweckmässig vorbehandelt werden.

Diese Begelung stimmt mit dem durch zwei Bundesgerichtsurteile (Fall Bern und Fall der aargauischen Gemeinden Menziken, Beinach und Burg) gefällten Entscheid überein, laut welchem der Leitungseigentümer für den Schaden, der durch das Abwasser eines angeschlossenen Betriebes verursacht wird, straf- und zivilrechtlich haftet. Wohl steht dem Leitungseigentümer der zivilrechtliche Bückgriff auf den
Schuldigen offen. Angesichts der Beweisschwierigkeiten ist es aber meist nicht möglich, die Schuldigen zu überführen.

Als Folge dieser Bundesgerichtsurteile wollen verschiedene Gemeinden von Kanalisationen nichts wissen und ziehen es vor. die Verantwortung für allfällige Schäden den Privaten zu überlassen.

· : Dieser Nachteil muss indessen in Kauf genommen werden; denn es dürfte kaum möglich sein, die Haftung des Leitungseigentümers im neuen Bundesgesetz selbständig zu regeln, d. h. von den allgemeinen zivilrechtlichen Bestimmungen (Art. 679 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches), abzuweichen. Es schliesst dies aber nicht aus, dass eine Gemeinde sich der Haftung entziehen kann, d. h. dass ihr Schäden, die anderswo liegenden Überraschungsfaktoren zuzuschreiben sind, kaum zur Last gelegt werden können, wenn sie den Nach-

340

weis zu erbringen vermag, dass sie alle Massnahmen getroffen hat, die ihr vorgeschrieben wurden.

Artikel 6 regelt das Verhältnis zwischen den Kantonen für den Fall, dass ein Gewässer das Gebiet mehrerer Kantone durchfliesst oder auf deren Grenze liegt.

Gemäss Absatz l sollen die Kantone bei der Behebung von Mißständen in interkantonalen Gewässern zusammenarbeiten, wobei die Bundesbehörde ihnen mit Bat und Tat beistehen soll. Insbesondere setzt die systematische Untersuchung von Seen und Flussgebieten, die für umfassende und zweckdienliche Lösungen die Grundlage bilden soll, in den meisten Fällen eine Verständigung zwischen den Kantonen voraus. Indessen darf die Bestimmung über den Abschluss interkantonaler Vereinbarungen nicht imperativen Charakter haben; denn sonst könnte die Durchführung der erforderlichen Sanierungsmassnahmen davon abhängig gemacht werden, dass ein interkantonales Abkommen vorliegt.

Daraus könnten sich aber im Kampfe gegen die Gewässerverschmutzung unliebsame Verzögerungen ergeben. Um dies zu verhindern, sollen die Kantone gemeinsame Vereinbarungen nur dann abschliessen, wenn hiefür ein Bedürfnis besteht.

Die Bestimmung, die dem Bund die Genehmigung innerkantonaler Abkommen vorbehält, hat natürlich nicht den Sinn, direkte Verhandlungen zwischen benachbarten Kantonen zu erschweren oder gar zu verunmöglichen.

Übrigens sind in einer Eeihé eidgenössischer Eahmengesetze, so beispielsweise in Artikel 24 des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1888 über die Fischerei, solche Bestimmungen enthalten, ohne dass sich daraus für die Kantone Unannehmlichkeiten ergeben hätten; denn die bundesbehördliche Genehmigung beschränkt sich in solchen Fällen auf interkantonale Übereinkommen (Konkor-, date), die durch die gesetzgebenden oder ausführenden Behörden der beteiligten Kantone erlassen werden und denen Gesetzescharakter zukommt. Massnahmen, die in Ausführung solcher Vereinbarungen getroffen werden, wie auch rein verwaltungstechnische Anordnungen werden ebensowenig, wie dies bei anderen .eidgenössischen Eahmengesetzen der Fall ist, des Einverständnisses des Bundesrates bedürfen.

In Absatz 2 wird die Frage geregelt, wer bei nachbarlichen Streitigkeiten, die wegen der Verunreinigung von interkantonalen Gewässern entstehen könnten, zu entscheiden habe. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die
Kantone nicht Anspruch darauf erheben können, dass das Gesetz in andern Kantonen richtig vollzogen werde; sondern nur darauf, dass sie in ihren eigenen bundesstaatlichen Nachbarrechten durch verunreinigte Gewässer nicht gestört werden. Dem von der ausserparlamentarischen Kommission mehrheitlich geâusserten Wunsche entsprechend ist das Bundesgericht als Entscheidungsinstanz in Aussicht genommen.

Artikel 7 sieht für den Schutz der Grenzgewässer gegen Verunreinigung die Mitwirkung der Nachbarstaaten vor, die durch Unterhandlungen und Vereiri»barungen herbeigeführt werden soll. Dem Bund steht zwar das Eecht, mit den

341 Nachbarstaaten Vereinbarungen zu treffen, gemäss Artikel 8 der Bundesverfassung ohnehin zu. Es müsste aber als Lücke empfunden werden, wenn die schweizerischen Grenzgewässer im Gesetz überhaupt nicht erwähnt wären; denn es könnte daraus der Schhiss gezogen werden, dass der internationalen Zusammenarbeit auf diesem Gebiete keine Bedeutung beigemessen werde, während in Wirklichkeit die Bundesbehörde sich heute schon für zwischenstaatliche Zusammenarbeit in Abwasserfragen einsetzt.

Die Mitwirkung des Bundes zum Schutze .der Grenzgewässer gegen Verunreinigung schliesst selbstverständlich direkte Verständigungen eines Grenzkantons mit den Lokalbehörden des Auslandes nicht aus. Die Vermittlung des Bundes erscheint aber unumgänglich, wenn es gilt. Konventionen (Staatsverträge) abzuschlieasen und deren Vollzug zu überwachen, oder Vertreter in internationale Kommissionen abzuordnen. Übrigens hat sich der Bund auch auf anderen Gebieten (Ausnützung der Wasserkräfte, Schiffahrt, Wasserbaupolizei; Fischerei usw.) mit den Grenzgewässern zu befassen, wobei in den Beziehungen zwischen Bund und Kantonen kaum je Schwierigkeiten aufgetreten sind.

Artikel 8 stellt den Grundsatz auf, dass der Bund die Erstellung schwer finanzierbarer Anlagen, die dem Schutze der Gewässer gegen Verunreinigung dienen, durch angemessene Beiträge fördern könne.

Die Frage ob und - wenn ja - unter welchen Bedingungen Bundesbeiträge ausgerichtet werden sollen, hat in den Kommissionen und innerhalb der Bundesverwaltung zu langwierigen Auseinandersetzungen Anlass gegeben. Im bundesbehördlichen Vorentwurf waren ursprünglich Bundessubventionen vorgesehen.

Mit Eücksicht auf die gespannte Lage im Finanzhaushalt des Bundes wurde der entsprechende Subventionsartikel aus der Vorlage, die den Kantonsregierungen und den Verbänden unterbreitet wurde, herausgenommen und auch im Begleitschreiben nicht von Bundesbeiträgen gesprochen. Trotzdem wurde in 19 der 32 Vernehmlassungen das Problem der Finanzierung von Reinigungsanlagen aufgegriffen und mit zwei Ausnahmen die Ausrichtung von Bundesbeiträgen gefordert. Auf Grund der erhobenen Einwände hat die ausserparlamentarische Kommission den Subventionsartikel in ihren Gesetzesentwurf wieder aufgenommen. Die Vertreter der Industrie hätten es allerdings vorgezogen, wenn die finanzielle Beteiligung des
Bundes sich auf die wissenschaftliche Forschung und die Gewässeruntersuchungen beschränkt hätte ; denn nach ihrer Auffassung sollte eine selbsttragende Finanzierung in einem gewissen Umfange möglich sein. Im Gegensatz dazu stellten i sich die übrigen Kommissionsmitglieder auf den Standpunkt, dass die Gewässersanierung dem Volkswohl dient und somit eine nationale Aufgabe darstellt, an deren Lösung auch der Bund finanziell angemessen beitragen sollte.

Es darf in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden, dass am 6. Dezember: 1953 die Stimmberechtigten unseres Landes die Verfassungsvorläge über den Schutz der Gewässer wohl angenommen, gleichzeitig aber die verfassungsmässige Neuordnung des Bundesfinanzhaushaltes ; verworfen haben.

Dieser Umstand veranlasst uns zu grosser Zurückhaltung in der Subventions-

342

Ordnung für den Gewässerschutz. Es dürfte deshalb genügen, im Gesetz lediglich den allgemeinen Grundsatz zu verankern, dass der Bund nur dann befugt sein solle, mit Beiträgen einzuspringen, wenn die finanzielle Last für die Pflichtigen nicht tragbar ist. Auf dieser Grundlage kann eine Ausführungsverordnung erlassen werden, die es gestattet, den Bedürfnissen des einzelnen Falles im Eahmen der beim Bund zur Verfügung stehenden Mittel zu entsprechen.

Artikel 9 erteilt den Kaiitonen die Ermächtigung, Gemeinden und privaten Unternehmungen das Enteignungsrecht zu gewähren, falls sie nicht über den für den Bau einer Eeinigungsanlage erforderlichen Boden verfügen. Dabei ist es aber nicht immer unbedingt notwendig, das Grundeigentum zu entziehen ; denn oft ist es möglich, mit einer Dienstbarkeit auszukommen.

Es stellte'Sich die Frage, ob die kantonalen Enteignungsgesetze oder das eidgenössische Eecht und Verfahren zur Anwendung gelangen sollen. Mit Eücksicht darauf, dass in einzelnen Kantonen hierüber keine Bestimmungen bestehen und die Enteignungsgesetze in andern Kantonen veraltet sind, wurde das eidgenössische Expropriationsrecht gewählt. Immerhin sind im Sinne von Vereinfachungen einige Abweichungen von dem im Bundesgesetz vom 20. Juni 1930 geregelten Expropriationsverfahren vorgesehen, wie sie auch in andern Bundesgesetzen vorkommen. Dadurch soll insbesondere vermieden werden, dass die Pläne für die Anlagen jeweils dem Bundesrat zu unterbreiten sind und dieser wegen der Ausschreibung an die Gemeinde zu gelangen und Einsprachen entgegenzunehmen hat.

Artikel 10 umschreibt die Pflichten und Eechté der Kantone, durch die der Vollzug der gesetzlichen Bestimmungen gewährleistet sein soll. Dem Gesetz wird nur dann Erfolg beschieden sein können, wenn die Beachtung der darin enthaltenen Vorschriften und der sich darauf stützenden Entscheide der kantonalen Behörde einer ständigen Kontrolle sachkundiger Organe unterstellt wird.

Es erscheint somit gegeben, diese Kontrollpflicht im Gesetz ausdrücklich zu verankern. Es ist indessen klar, dass diese Aufsichtsbefugnis nicht zum Nachteil der Betriebe missbraucht werden darf. Nach der getroffenen Lösung wird den berechtigten Forderungen der Industrie Eechnung getragen, ohne dass die behördlichen Erhebungen erschwert oder gar verunmöglicht werden.

Im Sinne dieser
Eegelung sollen sich die Vollzugsorgane der Kantone und die von ihnen zugezogenen Sachverständigen, wenn sie in Erfüllung ihrer Aufgabe genötigt sind, fremdes Eigentum zu betreten, vorerst mit den Betriebsinhabern in Verbindung setzen. Gegen Überschreitungen des Zutrittsrechtes sind die Unternehmungen insofern geschützt, als ihnen die Möglichkeit geboten ist, bei der in Artikel 12 genannten Eekurskommission Beschwerde einzureichen.

Ferner sind die kantonalen Organe über Wahrnehmungen, die sie beim Gesetzesvollzug gemacht haben, zur Verschwiegenheit gegenüber Dritten verpflichtet (Absatz 3). Übrigens ist die Verletzung der Schweigepflicht gemäss Artikel 320 des schweizerischen Strafgesetzbuches strafbar, wobei diese Bestimmung nicht nur .auf Beamte im Sinne des Verwaltungsrechts anwendbar ist, sondern nach Massgabe des Artikels 110, Ziffer 4, des Strafgesetzbuches auch auf Personen,

343

die nur vorübergehend amtliche Funktionen ausüben, so dass auch Sachverständige ihr unterstehen. Endlich erschien es gegeben, den Schutz, der den Betriebsinhabern in dieser Beziehung gewährleistet sein soll, noch dadurch zu erhöhen, dass die Geheimhaltungspflicht im Sinne des Artikels 820 des schweizerischen Strafgesetzbuches ausdrücklich als zeitlich unbeschränkt erklärt wird.

Ihrerseits sind die Betriebsinhaber verpflichtet, den' Aufsichtsorganen die Aufschlüsse zu erteilen, deren sie zur Erfüllung ihrer Aufgabe bedürfen. Widerhandlungen gegen die Pflicht der Auskunftserteilung können auf Grund des Strafartikels (Art. ,13, Abs. 1) bestraft werden.

Artikel 11 räumt den Kantonen die Möglichkeit ein, die zwangsweise Durchführung der von ihnen verlangten Massnahmen zu verfügen und nötigenfalls auf Kosten der Pflichtigen selber zu besorgen. In Wirklichkeit hält es zwar ausserordentlich schwer, eine Ersatzvornahme durchzuführen. Diese Bestimmung dürfte deshalb nur ganz ausnahmsweise zur Anwendung gelangen. Ihr Wert liegt vor allem darin, widersetzliche Gemeinden oder Unternehmungen mit der Drohung einer zwangsweisen Durchführung zur Erfüllung ihrer Verpflichtung zu veranlassen. Die Pflichtigen haben indessen die Möglichkeit, sich im Fälle einer Ersatzvornahme an die Eekurskommission zu wenden (Art. 12, Abs. 1), wenn sie die Überzeugung haben, dass die angeordneten Massnahmen verfehlt sind.

Artikel 12 sieht die Schaffung einer Eekursinstanz vor. Der Zweck dieser Institution besteht darin, Gemeinwesen oder privaten Unternehmungen die Möglichkeit zu geben, sich gegebenenfalls gegen Anordnungen der Verwaltungsbehörden zu schützen, sofern diese ihnen willkürlich oder ungeeignet erscheinen.

Dieser Rechtsschutz soll sich insbesondere auf Massnahmen, die zur Behebung bestehender Mißstände angeordnet werden (Art. 5, Abs. 3), sowie auf die Zutrittsbefugnis (Art. 10) und die Ersatzvornahme (Art. 11) beziehen. Die Beschwerdeinstanz soll so zusammengesetzt sein, dass sie für fachgemässe und gerechte Entscheide Gewähr bietet.; Die näheren Bestimmungen über die Organisation, den Geschäftsgang und das Verfahren sollen durch den Bundesrat .auf dem Verordnungswege geregelt werden.

Artikel 13 regelt die Strafbestimmungen. Die bisherigen Bussenansätze, die gemäss Artikel 31, Absatz 2, des Bundesgesetzes über die
Fischerei für Verunreinigungen von Fischgewässern auf 50-400 Franken festgesetzt sind, haben sich schlechterdings als ungenügend erwiesen. Es ist dies verständlich, wenn man bedenkt, dass der Bau von Reinigungsanlagen Kosten verursacht, die bisweilen in die Hunderttausende, ja in die Millionen von Franken gehen. Um dieses Missverhältnis zu mildern, sollen inskünftig bei vorsätzlichen Widerhandlungen Bussen bis 20 000 Franken gefällt werden können. Bei der Straf bemessung wird zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit ein merklicher Unterschied gemacht, indem bei letzterer das Bussenniaxiinum auf 5000 Franken beschränkt ist.

Im Gegensatz zum.. Vorschlag der ausserparlamentarischen Kommission glauben wir auf die Festlegung einer unteren Bussengrenze verzichten zu können.

Es erscheint uns dies um so eher gegeben, als kein Grund besteht, den Eichter

344

,

in der Strafzumessung einzuengen. Diese Vereinfachung erlaubt ferner, die vorgeschlagene Bestimmung, dass in leichten Fällen das Straf minimum unterschritten werden könne, fallen zu lassen. Eine Abgrenzung zwischen normalen und leichten Fällen hätte zudem in der Praxis kaum nach einheitlichen Maß Stäben erfolgen können, indem sich aus dem Gesetz selbst hiefür keine Anhalts punkte ergeben.

Ferner haben ·wir entgegen dem Antrag der genannten Kommission davon Umgang genommen, die einzelnen Bestimmungen, denen der Strafschutz gewährt werden soll, ausdrücklich zu nennen; d. h. wir haben die Lösung vorgezogen, nach der Widerhandlungen gegen das Gesetz ganz allgemein mit Strafe bedroht werden. Dadurch konnte auch der Text des Strafartikels wesentlich vereinfacht werden. Endlich sind wir der Auffassung, dass es zweckdienlich sei, die Strafbestimmungen nicht auf Widerhandlungen gegen das Gesetz zu beschränken, sondern auch die gestützt hierauf erlassenen Ausführungsbestimmungen mit einzubeziehen und den Strafschutz selbst auf die erlassenen Einzelbestimmungen auszudehnen.

ES wird Wert darauf gelegt, dass nicht nur die in normalem Umfange betriebene Düngung landwirtschaftlicher Grundstücke, sondern auch die Schädlingsbekämpfung durch das Gesetz nicht beeinträchtigt werde. Die ausserparlamentarische Kommission hatte versucht, einen besonderen Landwirtschaftsartikel ins Gesetz einzubauen. Angesichts der Schwierigkeiten, eine allseits befriedigende Lösung zu finden, musste jedoch dieser Versuch fallen gelassen werden. Es schien insbesondere gefährlich, ganz allgemein zu erklären, dass das Gesetz auf die ortsübliche Düngung und Schädlingsbekämpfung nicht anwendbar sei; denn es konnte in einzelnen Fällen nachgewiesen werden, dass unter besonders gelagerten Verhältnissen das Grundwasser auch durch normal bewirtschaftete landwirtschaftliche Betriebe ausnahmsweise verschmutzt werden kann. Es wurde auch nicht als zweckmässig erachtet, die gewünschte Ausnahmebestimmung an die Bedingung zu knüpfen, dass die Gewässer nicht beeinträchtigt werden; denn eine solche Bestimmung ist - wenigstens dem Sinn nach - in Artikel 2 des Gesetzes bereits enthalten. Sie würde ausserdem voraussetzen, dass der Landwirt zu beurteilen vermöge, ob die von ihm betriebene Düngung geeignet sei, die Gewässer zu verunreinigen. Da ihm die
Beurteilung solcher Fragen billigerweise nicht zugemutet werden kann, soll er seine Grundstücke in ortsüblicher Weise und unter Anwendung der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt bewirtschaften können. Tritt aber trotz diesen Vorsichtsmassnahmen einmal ein Schadenereignis ein, so soll er deswegen nicht strafbar sein (Abs. 2). Die kantonale Behörde soll aber die Möglichkeit haben, gegebenenfalls für Abhilfe zu sorgen, wenn wichtige öffentliche Interessen auf dem Spiele · stehen.

, Die in Artikel 109 des schweizerischen Strafgesetzbuches enthaltene Bestimmung über die Verjährung von Übertretungen erweist sich bei Widerhandlungen gegen die Vorschriften über den Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung als unzulänglich; denn die schädlichen Auswirkungen von Abwasserein-

345 leitungen treten bisweilen erst nach Jahren zutage. Oft sind auch langwierige Untersuchungen notwendig, um die Ursachpn von Verunreinigungen zu entdecken. Aus diesem Grunde ist eine Verjährungsfrist von fünf Jahren festgesetzt worden (Abs. 8).

Artikel 14 hebt die mit dem vorliegenden Gesetz im Widerspruch stehenden Bestimmungen auf. Es erscheint insbesondere unerlässlich, dass Artikel 21 des Bundesgesetzes vom. 21. Dezember 1888 über die Fischerei und die gestützt hierauf erlassene bundesrätliche SpezialVerordnung vom 17. April 1925 über die Verunreinigung von Gewässern ausdrücklich als aufgehoben erklärt werden. Es entstände nämlich eine Eechtsunsicherheit, wenn in bezug auf die Verunreinigung von Fischgewässern neben den vorliegenden Gesetzesbestimmungen noch andere Vorschriften Gültigkeit hätten.

Artikel 15 regelt den Gesetzesvollzug, der nach dem Wortlaut des Verfassungsartikels unter Aufsicht des Bundes den Kantonen vorbehalten'bleiben soll. Um den Bundesrat in die Lage zu versetzen, seiner Aufsichtspflicht zu genügen, ist es unerlässlich, dass ihm die von den Kantonen erlassenen Vollziehungsbestimmungen zur Genehmigung unterbreitet werden.

Wir empfehlen Ihnen, den dieser Botschaft beigeschlossenen Gesetzesentwurf anzunehmen. Damit werden die bundesgesetzlichen Voraussetzungen geschaffen, um den Kampf gegen die Gewässerverschmutzung auf verbreiterter Grundlage aufzunehmen und die Schäden, die bereits eingetreten sind und dem Lande noch drohen, nach Möglichkeit abzuwenden.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeachtete Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 9. Februar 1954.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Rubatici Der Bundeskanzler: Ch. Oser

346

(Entwurf)

Bundesgesetz über

den Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 24
Art. l Dem Schutze dieses Gesetzes unterstehen die ober- und unterirdischen, natürlichen und künstlichen, öffentlichen und privaten Gewässer mit Einschluss der Quellen.

Art. 2 1 Gegen die Verunreinigung der ober- und unterirdischen Gewässer sind Massnahmen zu ergreifen, soweit sie notwendig sind zum Schutze der Gesundheit von Mensch und Tier, zur Verwendung von Grund- und Quellwasser als Trinkwasser und zur Aufbereitung von Wasser aus oberirdischen Gewässern zu Trinkund Brauchwasser, zur Benützung zu Badezwecken, zur Erhaltung von Fischgewässern, zum Schutze baulicher Anlagen vor Schädigung und zum Schutze des Landschaftsbildes gegen Beeinträchtigung.

2 Insbesondere kann der Eeinheitsgrad der Abwässer vorgeschrieben werden mit dem Ziel, eine Verunreinigung zu verhindern oder so herabzusetzen, dass sie praktisch unschädlich bleibt.

3 Bei den Massnahmen im Rahmen dieses Gesetzes ist Rücksicht zu nehmen auf die technischen Möglichkeiten, die entstehende wirtschaftliche und finanzielle Belastung, das Selbstreinigungsvermögen der Gewässer und die Filtrierfähigkeit des Bodens.

4 In den Anforderungen, die zum Schutze der Gewässer gegen Verunreinigung gestellt werden, sind unter gleichen Umständen Gemeinwesen und Private gleich zu behandeln.

Art. 3 Die Verhinderung künftiger Verunreinigungen und die Beseitigung bestehender Mißstände obliegt den Kantonen und steht unter der Aufsicht des Bundes.

Art. 4 Es ist untersagt, in Gewässer feste Stoffe aller Art einzuwerfen oder abzulagern, die geeignet sind, das Wasser zu verunreinigen, oder die in anderer Weise dem durch Artikel 2, Absatz l, gewährten Schutz zuwiderlaufen.

1

347 2

Auch das Ablagern solcher Stoffe ausserhalb der Gewässer ist verboten, sofern es geeignet ist, eine Gewässerverunreinigung zu verursachen.

3 Bei bereits vorhandenen Ablagerungen ; sind die erforderlichen Massnahmen zu treffen, um damit verbundene Gewässerverunreinigungen zu beheben.

4 Die Kantone können, wenn nötig, für die Durchführung dieser Massnahmen angemessene Fristen ansetzen. Ausserdem können sie in besonderen Fällen, gegebenenfalls unter Auferlegung zweckdienlicher Bedingungen, Ausnahmen von den Absätzen 2 und 3 bewilligen. Vorbehalten bleiben die Bestimmungen der Wasserbaugesetzgebung.

Art. 5 Abwässer und andere flüssige oder gasförmige Abgänge jeder Art aus Kanalisationen von Ortschaften, Wohn-, Unterkunfts- und Arbeitsstätten, Fabriken, gewerblichen und landwirtschaftlichen Betrieben, Schiffen oder anderen. Stellen dürfen nur mit Bewilligung des Kantons mittelbar oder unmittelbar in Gewässer eingebracht werden.

2 An die Erteilung der Bewilligung haben die Kantone, wo die Art der Abgänge dies erfordert, die notwendigen Bedingungen und Auflagen zu knüpfen, um einen hinreichenden Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung dauernd zu gewährleisten. Dabei ist insbesondere die vorgängige Eeinigung oder Unschädlichmachung der Abgänge und die Beseitigung der dabei entstehenden Bückstände zu verlangen.

3 Bei bestehenden Ableitungen sind die erforderlichen Massnahmen zu treffen, um Gewässerverunreinigungen zu beheben. Die Kantone sind ermächtigt, die Durchführung dieser Massnahmen schrittweise anzuordnen und angemessene Fristen anzusetzen.

Art. 6 1 Durchfliesst ein Gewässer das Gebiet mehrerer Kantone oder liegt es auf deren Grenze, so sollen die Kantone, wo ein Bedürfnis besteht, über gemeinsame Massnahmen im Sinne der Artikel 2, 4 und 5 oder über die Koordination von Massnahmen Vereinbarungen abschliessen. Der Bund kann den Abschluss solcher Übereinkommen anregen und fördern. Sie bedürfen der Genehmigung des Bundesrates.

2 Bei nachbarlichen Streitigkeiten zwischen Kantonen wegen Verunreinigung solcher Gewässer oder über die Auslegung und Anwendung von Vereinbarungen nach Absatz l entscheidet das Bundesgericht gemäss Artikel 118, Ziffer 2, der Bundesverfassung.

1

Art. 7 Der Bund sucht für den Schutz der Grenzgewässer gegen Verunreinigung durch Unterhandlungen und Vereinbarungen die Mitwirkung der Nachbarstaaten herbeizuführen.

348

Art. 8 Ausnahmsweise kann der .Bund die Erstellung schwer finanzierbarer Anlagen, die dem Schutze der Gewässer gegen Verunreinigung dienen, durch angemessene Beiträge'fördern.

Art. .9 1 Wenn Gründe des öffentlichen Wohles bestehen, kann die Kantonsregierung Gemeinden und privaten Unternehmungen das Enteignungsrecht 'gewähren, um die für die Erstellung von Reinigungsanlagen mit ihren Zu- und Ableitungen erforderlichen dinglichen Bechte zu erwerben.

2 Das Enteignungsrecht und das Enteignungsverfahren richten sich unter Vorbehalt der folgenden Ausnahmen nach dem Bundesgesetz vom 20. Juni 1930 über die Enteignung: a. Der Entscheid über streitige Einsprachen und die Plangenehmigung (Art. 55 und 56) stehen der Kantonsregierung zu, ausser wenn an der Erstellung der Anlage mehrere Kantone oder Gemeinden oder Unternehmungen mehrerer Kantone beteiligt sind, oder wenn Gebiet mehrerer Kantone in Anspruch genommen werden soll.

b. Sofern die von der Enteignung Betroffenen genau bestimmt werden können, darf mit Bewilligung des Präsidenten der Schätzungskommission das abgekürzte Verfahren nach Artikel 33 auch dann durchgeführt werden, wenn die Voraussetzungen, nach. Artikel 33, lit. a-d, nicht erfüllt sind.

Art. 10 Die Kantone sorgen durch ihre Organe für den Vollzug dieses Gesetzes.

2 Die Vollzugsorgane der Kantone und die von ihnen zugezogenen Sachverständigen sind befugt, die zur Feststellung der Verunreinigung notwendigen Abwasserproben zu entnehmen und Mengenmessungen durchzuführen. Soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgabe nötig ist, ist ihnen, nachdem sie mit dem Betriebsinhaber Fühlung genommen haben, der Zutritt zu den in Artikel 5, Absatz l, genannten Anlagen und örtlichkeiten, aus denen Stoffe irgendwelcher Art in ein Gewässer gelangen, zu gestatten. Die Betriebsinhaber haben diejenigen Aufschlüsse zu erteilen, die erforderlich sind, um die Massnahmen-und Bedingungen nach Artikel 2, Artikel 4, Absätze 3 und 4, und Artikel 5, Absätze 2 und 3, festzulegen.

3 Über Wahrnehmungen, die sie beim Vollzug dieses Gesetzes gemacht haben, sind sämtliche Organe und Sachverständige zur Verschwiegenheit gegenüber Dritten verpflichtet. Die Geheimhaltungspflicht im Sinne des Artikel 320 des schweizerischen Strafgesetzbuches ist zeitlich unbeschränkt.

1

Art. 11 Die Kantone können die zwangsweise Durchführung der von ihnen verlangten Massnahmen verfügen oder nötigenfalls auf Kosten der Pflichtigen selber besorgen.

349

Art. 12 1

Gegen Entscheide der letzten kantonalen Instanz, die in Anwendung dieses Gesetzes, insbesondere der Artikel 5, Absatz 3, 10 und 11 ergehen, kann innert 30 Tagen Beschwerde an eine Eekurskommission erhoben werden. Diese kann auch die Angemessenheit der angefochtenen Entscheide überprüfen. Sie entscheidet endgültig..

2 Der Bundesrat wählt die Eekurskommission, in der Wissenschaft, Technik, Gemeinden und interessierte Wirtschaftskreise angemessen vertreten sind. Er regelt durch Verordnung die Organisation, den Geschäftsgang und das Verfahren.

Art. 13 1

Vorsätzliche Widerhandlungen gegen dieses Gesetz und die gestützt darauf erlassenen Ausführungsbestimmungen und Einzelverfügungen werden mit Busse bis zu 20 000 Franken, fahrlässige Widerhandlungen mit Busse bis zu 5000 Franken bestraft.

2 Wer beim ortsüblichen Lagern oder Ausbringen natürlicher oder künstlicher Düngstoffe und bei der ortsüblichen Schädlingsbekämpfung trotz Anwendung der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt eine Gewässerverunreinigung verursacht, fällt nicht unter die Strafbestimmung von Absatz 1.

3 Die Strafverfolgung verjährt in fünf Jahren.

4 " Die allgemeinen Bestimmungen des schweizerischen Strafgesetzbuches finden insoweit Anwendung, als dieses Gesetz nicht selbst Bestimmungen aufstellt.

5 Die Strafverfolgung ist Sache der Kantone.

Art. 14 Die mit .diesem Gesetz im Widerspruch stehenden, Bestimmungen, insbesondere Artikel 21 des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1888 über die Fischerei und die bundesrätliche SpezialVerordnung vom 17. April 1925 über die Verunreinigung von Gewässern, werden mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes : aufgehoben.

Art. 15 1 Der Bundesrat erlässt die für die Durchführung dieses Gesetzes notwendigen Ausführungsvorschriften.

2 Die Vollziehungsbestimmungen der Kantone bedürfen der Genehmigung durch den Bundesrat.

3 Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes.

1500

.

..

.

Bundesblatt. 106. Jahrg. Bd. I.

26

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesgesetzes über den Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung (Vom. 9 Februar 1954)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1954

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

08

Cahier Numero Geschäftsnummer

6558

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

25.02.1954

Date Data Seite

333-349

Page Pagina Ref. No

10 038 557

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.