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Kreisschreiben des

Bundesrates an sämtliche eidgenössische Stände, betreffend Zollrückvergütung für Futtermehl.

(Vom 15. August 1893.)

Getreue, liebe Eidgenossen!

In unserem Kreisschreiben an die Kantonsregierungen vom 19. Juni abhin (Bundesbl. III, 548) haben wir in Anbetracht des durch die Trockenheit dieses Frühjahres bewirkten Futtermangels und nachdem bereits durch Beschluß vom 19. Mai d. J. Zollbefreiung für Futtermais (Bundesbl. III, 363) bewilligt worden war, die Geneigtheit ausgesprochen, auch für Mehl zu Fütterungszwecken bis auf weiteres Zollrückvergütung eintreten zu lassen, wenn die Sendungen direkt unter der Adresse einer Kantonsregierung eingehen und von dieser bei Vorlage des Zollrückvergütungsbegehrens die Erklärung abgegeben werde, daß die eingeführte Ware ausschließlich zur Viehfütterung bestimmt sei.

Die Kantonsregierungen wurden sodann eingeladen, sich wegen Rückerstattung des Zolles für Futtermehle, welche unter diesen Voraussetzungen aus dem Auslande bezogen werden, jeweilen an unser Zolldepartement zu wenden.

Nach dem Wortlaute dieses Kreisschreibens haben wir somit
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Verbindung zu setzen haben. Auch findet sich im KreisschreibeiR angedeutet, daß diese Maßnahme nur bis auf w e i t e r e s Geltung haben soll.

Bekanntlich haben sich nun die Verhältnisse sejt der Beschlußfassung vom 19. Juni wesentlich gebessert. Die eingetretenen Niederschläge haben glücklicherweise den Graswuchs so gefördert, daß zur Stunde von einem Grüufuttermangel kaum mehr gesprochen werden kann. Bei ausreichendem Grünfutter ist aber die Mehlfütterung weder vom wirtschaftliehen Standpunkte aus gebotenr noch mit Rücksicht auf gute Milchprodukte empfehlenswert.

Diese Anschauungsweise wird durch die Thatsache bestätigt, daß bis zur Stunde Zollrückvergütungsgesuche von Kantonsregierungen nur in ganz geringem Belange eingegangen sind.

Hinwieder haben wir indirekt in Erfahrung gebracht, daß in vielen landwirtschaftlichen Kreisen die Meinung verbreitet ist, es bestehe ein förmlicher Bundesratsbeschluß zu Kraft, zufolge welchem die Rückerstattung des Zolles für alle möglichen Futterstoffe beansprucht werden könne, und es genüge die Anmeldung seitenseiner Kantonsregierung beim Bundesrale, beziehungsweise beim Zolldepartement, um jene Rückvergütung auch für solche Futtermehle aller Art zu erlangen, welche, wie alljährlich, d. h. in ganznormalen Verhältnissen, so auch dies Jahr, in hunderten voit Wagenladungen zur Viehrnastung und ändern Zwecken aus dem Ausland bezogen werden müssen.

Eine so weitgehende Ausdehnung der Zollerleichterung lag nie in der Absicht des Bundesrates, dessen Beschlüsse ohnehin bereits, zu einer sehr eindringlichen Vorstellung der schweizerischen Müller wegen Benachteiligung des Mullereigewerbes Veranlassung gegeben haben.

Vielmehr erachten wir bei Abwägung aller maßgebenden Verhältnisse und in Anbetracht insbesondere des Urnstandes, daß unsereLandwirte an Grünfutter gegenwärtig keinen Mangel haben, den Moment für gekommen, die durch Kreisschreiben vom 19. Juni iß Aussicht gestellte Zollrückvergütung für Mehl zu Fütterungszwecken, bis auf weiteres zu sistieren, in der Meinung, daß hierauf neuerdings zurückgekommen werden könne, wenn die Kantone bei Beginn oder im Laufe der nächsten Dürrfütterungsperiode wegen, wirklichen Futtermangels sich zu FuttermehlbezUgeu genötigt sehen, sollten.

Dagegen bleibt die durch Beschluß der Bundesversammlung, sanktionierte zeitweilige Zollbefreiung für Rohmais bis auf weitere» in Kraft.

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Indem wir Sie von dieser Maßnahme in Kenntnis setzen, verbinden wir zugleich damit die Einladung, die Bestellung von Futtermehl, für welches Anspruch auf Zollbefreiung erhoben werden soll, zu sistieren und allfällig bereits vorhandene Verzollungsausweise in Begleit der durch unser Kreisschreiben vom 19. Juni ausbedungenen Erklärung Ihrer Behörde dem Zolldepartement zur Prüfung und eventuellen Zollrückvergütung einzusenden.

Im weitern ersuchen wir Sie, dem Zolldepartement Mitteilung zu machen von eventuell bereits aufgegebenen Bestellungen von Futtermehl, welche noch nicht effektuiert werden konnten, unter genauer Angabe des Datums der Bestellung, der Quantität, des Lieferanten und des Lieferungstermines.

Wir benutzen diesen Anlaß, um Sie, getreue, liebe Eidgenossen, samt uns in Gottes Maehtschutz zu empfehlen.

B e r n , den 15. August 1893.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Schenk.

Der Stellvertreter des eidg. Kanzlers: Schatzmann.

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Kreisschreiben des Bundesrates an sämtliche eidgenössische Stände, betreffend Zollrückvergütung für Futtermehl. (Vom 15. August 1893.)

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16.08.1893

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