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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend 1. Erneuerung und Übertragung der Konzession, sowie Fristverlängerung für die schmalspurigen Eisenbahnen von Appenzell nach Altstätten und von Appenzell nach Gais ; 2. "Übertragung der Konzession und Fristverlängerung für die schmalspurige Eisenbahn (streckenweise Zahnradbahn) von Appenzell nach Wagenlucke (Säntisbahn).

(Vom 14. Dezember. 1893.)

Tit.

Mit Eingabe vom 26. Mai 1893 stellte Herr C. Sonderegger in Appenzell das Gesuch um Verlängerung der zur Einreichung der vorschriftsgemäßen, technischen und finanziellen Vorlagen, sowie der Gesellschaftsstatuten angesetzten Fristen der Konzessionen : 1. für eine schmalspurige Eisenbahn von A p p e n z e l l nach Alt s tä t t e n ; 2. für eine schmalspurige Eisenbahn von A p p e n z e l l nach Gais; 3. für eine schmalspurige Eisenbahn (streckenweise Zahnradbahn) von A p p e n z e l l nach W a g e n l u c k e ( S ä n t i s b a h n ) um je drei Jahre unter gleichzeitiger Übertragung der Rechte des ausgetretenen Mitkonzessionärs J. U. Deutsch, gewesenen Ingenieurs, auf Herrn R u d . F a s t e n r ath in Herisau.

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Zur Begründung dieses Gesuches führte der Petent im wesentlichen folgendes an : Die Bahnen von Appenzell nach Altstätten und nach Gais seien in der Hauptsache als Zufahrtslinien zu der Säntisbahn betrachtet worden, weshalb das Bestreben der Initianten darauf gerichtet gewesen sei, letzteres Unternehmen zuerst zu finanzieren.

Leider sei die im August 1891 versuchte Emission iu die Zeit der weitgehenden Baukkrache geraten, weshalb das nötige Baukapital nicht vollständig habe aufgebracht werden können, und es müsse nun vorderhand die Besserung der Finanzlage abgewartet werden, um dieses im Interesse der ganzen Ostschweiz liegende Unternehmen doch noch ins -Leben zu rufen. Für diesen Fall sei die Notwendigkeit der zwei erstgenannten Linien, für die allerdings die Fristen bereits abgelaufen seien, auf der Hand liegend. Sie hätten jedoch auch ohne Säntisbahn ihre volkswirtschaftliche Bedeutung, indem die Bahn Appenzell-Gais als Verbindung der Endpunkte der Appenzellerbahn und der Straßenbahn St. Gallen-Gais im Interesse dieser beiden Bahnen und aller an denselben liegenden Ortschaften liege und die Linie Appenzell-Altstätteu die schon längst angestrebte Verbindung des Rheinthales mit dem Hochplateau von Appenzell herstellen solle.

Unser Eisenbahndepartement machte Herrn C. Sonderegger mit Bezug auf diese Eingabe darauf aufmerksam, daß die Konzessionen für die Linien Appenzell-Altstätten und Appenzell-Gais mit 29. April 1891 beziehungsweise 23. Juni 1892 erloschen seien, weshalb es für diese nicht bloß einer Fristverlängerung, sondern einer neuen Konzessionserteilung, beziehungsweise Konzessionserneuerung durch die eidgenössischen Räte bedürfe, wofür ein bezügliches Gesuch eventuell noch eingereicht werden müßte. Für die Säntisbahn, deren Frist erst am 23. Juni 1893 auslaufe, sei dagegen das Fristerstreckungsbegehren als rechtzeitig angebracht zu betrachten und stehe dessen Behandlung nichts entgegen. Infolge dieser Mitteilungen reichte Herr Sonderegger unterm 20. Juni d. J. noch ein förmliches Gesuch um Erneuerung der Konzessionen für die Linien AppenzellAltstätten und Appenzell-Gais ein, dessen Begründung sich materiell mit derjenigen des Fristverlängerungsgesuches deckt.

Beide Gesuche wurden den Regierungen der Kantone Appenzell I.-Rh., Appenzell A.-Rh. und St. Gallen zur Vernehmlassung
mitgeteilt. Appenzell A.-Rh. erklärte mit Schreiben vom 13. Juli d. J., daß gegen das Gesuch keine Einsprache erhoben werde; ebenso teilte die Regierung von St. Gallen unterm 26. Juli 1893 bezüglich der Erneuerung der Konzession Appenzell - Altstätten, .welches Projekt allein das Gebiet ihres Kantons beschlage, mit,

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daß sie sich zu keinen Einwendungen veranlaßt sehe. Die Regierung von Appenzell I.-Rh. erklärte zunächst unterm 22. August 1. J., daß sie betreffend die Fristverlängerung für die Säntisbahn und betreffend die Konzessionserneuerung Appenzell-Altstätten keine Einwendungen zu machen habe; betreffend die Erneuerung der Konzession für die Schmalspurbahn Appenzell-Gais stehe nicht ihr, sondern' dem Großen Rate die Entscheidung zu, ob er neuerdings willens sei, die Landstraße hierfür zur Benutzung zu überlassen, wie solches früher verlangt worden sei. Sie werde nicht unterlassen, demselben die Frage zu unterbreiten und uns seinen Entscheid hierauf mitzuteilen, was mit Schreiben vom 30. November abhin erfolgte, indem uns die Regierung von Appenzell I.-Rh. davon Kenntnis gab, daß der Große Rat unterm 27. gl. M. beschlossen habe, die Landstraße AppenzellGais vom Ranke ob der Hofstatt bis an die Kantonsgrenze bei Zweibrücken (Gais) zum Zwecke der Anlage einer Straßenbahn unter bestimmten Bedingungen abzutreten, so daß ihrerseits der Erneuerung der erloschenen Konzession nichts im Wege stehe.

Wir können Ihnen auch unsererseits sowohl die Erneuerung der Konzessionen für die Eisenbahnen von Appenzell nach Altstätten und von Appenzell nach Gais, als auch die Fristverlängerung für die Säutisbahn und die Übertragung der konzessionsmäßigen Rechte des frühern Mitkonzessionärs J. U. Deutsch auf den vom Petenten vorgeschlagenen Hrn. Rudolf Fastenrath für alle drei Projekte empfehlen.

Was die Erneuerung der Konzessionen betrifft, so kann darauf hingewiesen werden, daß solche Beschlüsse schon mehrfach gefaßt worden sind, wenn seitens der Kantone keine Einwendungen dagegen erhoben wurden und keine Konkurrenzprojekte vorlagen, deren Berücksichtigung eventuell in Erwägung zu ziehen wäre. Statt die Petenten auf den zeitraubenden und kostspieligen Umweg der Binïeichung eines neuen Konzessionsgesuches zu verweisen, welchem bei den vorliegenden Voraussetzungen doch zweifellos entsprochen würde, erscheint es einfacher und zweckmäßiger, die Konzessionäre in ihre frühern Rechte unter Neubestimmung der Fristen wieder einzusetzen. Den seitens der Regierung, beziehungsweise des Großen Rates von Appenzell I.-Rh., betreffend die Konzessionserneuerung für die Bahn Appenzell-Gais gefaßten Beschluß, die Landstraße unter bestimmten
Bedingungen für die Anlage der Bahn abzutreten, haben wir vorstehend erwähnt, bemerken aber hier ausdrücklich, daß diese Linie nicht als Straßenbahn konzessioniert worden ist, daß deshalb auch kein auf die Bewilligung der Straßenbenutzung ·durch die kantonale Regierung bezüglicher Artikel in die Konzession aufgenommen worden ist, so daß wir auch keine Veranlassung Bundesblatt. 45. Jahrg. Bd. V.

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haben, anläßlich der Erneuerung der erfolgten ,,Abtretung* der Straße durch eine bezügliche Zusatzbestimmung in der Konzession Erwähnung zu thun.

Was die Übertragung der Konzessionen von J. U. Deutsch auf Hrn. R. Fastenrath betrifft, so bedarf dieselbe unseres Erachtens keiner langen Begründung. Infolge der bekannten, mit der Persönlichkeit des Deutsch verknüpften Vorgänge wäre es voraussichtlich ausgeschlossen gewesen, daß demselben eine Fristverlängerung oder gar noch eine Konzessiouserneuerung gewährt worden wäre, so daß dessen Nichtmitwirkung · bei den Erneuerungs-, beziehungsweise Fristverlängerungsgesuchen seines bisherigen Mitkonzessionärs von keiner Bedeutung ist, und gegen den Eintritt des Hrn. Fastenrath in die konzessionsmäßigen Rechte des verbleibenden Konzessionärs, nach Vorschlag des letztern, sehen wir uns nicht veranlaßt, Einwendungen zu erheben.

Betreffend die vom Petenten gewünschte Fristverlängerung um 3 Jahre ist zu bemerken, daß bei der üblichen Berechnung derselben vom Zeitpunkte des Auslaufes der konzessionsmäßigen Frist an die Frist für die Linie Appenzell-Altstätten bereits mit dem 29. April '1894 wieder ihr Ende erreichte, während diejenige für die Säntisbahn noch bis 23. Juni 1896 laufen würde. Bei der von dem Petenten hervorgehobenen innern Zusammengehörigkeit der drei Projekte dürfte es sich empfehlen, den Termin, immerhin unter Berücksichtigung der durch die Konzessionsdaten bedingten Verschiedenheiten, auf das gleiche Jahr zu verlegen, weshalb wir Ihnen die Verlängerung aller drei Fristen bis 1895 vorschlagen.

Wir b e a n t r a g e n Ihnen, gemäß vorstehenden Ausführungen, die Annahme nachfolgenden Beschlußentwurfes, und benutzen den Anlaß, um Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 14. Dezember 1893.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Ringier.

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(Entwurf.)

Bim (l esboschi u J> betreffend

1. Erneuerung und Übertragung der Konzessionen, sowie Fristverlängerung für die schmalspurigen Eisenbahnen von Appenzell nach Altstätten und von Appenzell nach Gais; 2. Übertragung der Konzession und Fristverlängerung für die schmalspurige Eisenbahn (stellenweise Zahnradbahn) von Appenzell nach Wagenlucke (Säntisbahn).

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der s c h w e i z e r i s c h e n E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht : 1. zweier Eingaben des Herrn C. Sonderegger in Appenzell vom 26. Mai und 20. Juni:i893; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 14. Dezember 1893, beschließt: 1. Die den Herren C. S o n d e r e g g e r und J. U. D e u t s c h in Appenzell durch Bundesbeschlüsse vom 29. April 1887 (E. A. S.

IX, 2603 und 23. Juni 1887 (a. a. 0. IX, 305) verliehenen Konzessionen für eine schmalspurige Eisenbahn von A p p e n z e l l nach A l t s t ä t t e n und eine solche von A p p e n z e l l nach G a i s werden unter den in den genannten Beschlüssen enthaltenen Bedingungen und unter gleichzeitiger Übertragung auf die Herren C. S o n d e r e g g e r vorgenannt und Rud. P a s t e n r a t h in Herisau erneuert in der Meinung, daß die in Art. 5 dieser Konzessionen angesetzte, mit Bezug auf erstere durch Bundesratsbeschluß vom 12. Juli 1889 (E. A. S.

X, 169) und mit Bezug auf die zweite durch Bundesratsbeschluß

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vom 26. Juni 1890 (E. A. S. XI, 94) erstreckte Frist zur Einreichung der vorschriftsgemäßen finanziellen und technischen Vorlagen, sowie der Gesellschaftsstatuten neuerdings verlängert werde, und zwar für die Linie Appenzell-Altstätten bis zum 29. April 1895, und für die Linie Appenzell-Gais bis zum 23. Juni 1895.

2. Die den Herren C. Sonderegger und J. U. Deutsch in Appenzell durch Bundesbeschluß vom 23. Juni 1887 (E. A. S. IX, 312) verliehene Konzession einer schmalspurigen Eisenbahn ("streckenweise Zahnradbahn) von A p p en z e l i nach W a g e n l u c k e (Sänt i s b a h n ) wird auf die Herren C. S o n d e r e g g e r vorgenannt und R u d o l f F a s t e n r a t h in Herisau übertragen und gleichzeitig die in Art. 5 dieser Konzession angesetzte, durch Bundesratsbeschluß vom 26. Juli 1890 (E. A. S. XI, 95) erstreckte Frist zur Einreichung der vorschriftsgemäßen technischen und finanziellen Vorlagen, sowie der Gesellschaftsstatuten, bis zum 23. Juni 1895 verlängert.

3. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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1893

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

20.12.1893

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735-740

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