03.067 Botschaft zum Bundesbeschluss über den Einsatz der Armee im Assistenzdienst zur Unterstützung des Kantons Graubünden bei den Sicherheitsmassnahmen im Rahmen des World Economic Forum (WEF) in Davos vom 21. bis 25. Januar 2004 vom 29. Oktober 2003

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen die Botschaft zu einem einfachen Bundesbeschluss über den Einsatz der Armee im Assistenzdienst zur Unterstützung des Kantons Graubünden bei den Sicherheitsmassnahmen im Rahmen des World Economic Forum (WEF) in Davos vom 21. bis 25. Januar 2004 mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

29. Oktober 2003

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Pascal Couchepin Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2003-1932

7415

Übersicht Vom 21. bis 25. Januar 2004 findet in Davos das «World Economic Forum 2004» (WEF 04) statt. Es werden rund 2000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer und rund 500 Medienleute aus der ganzen Welt erwartet. Der Bundesrat hat mit Beschluss vom 28. Juni 2000 das WEF aufgrund seiner Bedeutung für die Schweiz als ausserordentliches Ereignis qualifiziert. An dieser Einschätzung hat sich für den Bundesrat nichts geändert. Die Bündner Regierung ersuchte mit Schreiben vom 11. Juli 2003 den Bundesrat um materielle und personelle Unterstützung für die sichere Durchführung des WEF 04 in Davos am Boden und in der Luft.

Für das WEF 04 besteht grundsätzlich das Risiko der Beeinträchtigung der inneren Sicherheit in Form von gewalttätigen Demonstrationen verbunden mit Plünderungen, von Angriffen auf Personen, Sabotageaktionen oder Terroranschlägen. Aufgrund der Lagebeurteilung von Mitte Oktober 2003 wird jedoch das Risiko eines Terroranschlages oder eines gezielten Angriffs am Boden oder aus der Luft als gering beurteilt. Eine abschliessende Beurteilung der Sicherheitslage ist zum Zeitpunkt der Botschaftsredaktion jedoch nicht möglich.

Die im Kanton Graubünden vorhandenen Polizeikräfte reichen - selbst bei einer Verstärkung durch andere Polizeikorps - nicht aus, die Sicherheit des WEF 04 zu garantieren. Deshalb sind die rechtlichen Voraussetzungen für einen Einsatz der Armee im Assistenzdienst zur Unterstützung des Kantons Graubünden erfüllt.

Weil mehr als 2000 Angehörige der Armee zum Einsatz kommen, muss die Bundesversammlung über den bevorstehenden Einsatz entscheiden. Zur Unterstützung der zivilen Behörden und zur Wahrung der Handlungsfreiheit auf Stufe Bund und Armee werden Berufs- und Milizformationen bis zu einem Maximalbestand von 6500 Angehörigen der Armee im Assistenzdienst eingesetzt. Der Assistenzdiensteinsatz der Armee zugunsten des Kantons Graubünden dauert längstens vom 18. bis 27. Januar 2004. Er erfolgt nach dem Subsidiaritätsprinzip, demzufolge liegt die Einsatzverantwortung bei den zivilen Behörden.

Die im Assistenzdienst eingesetzten Armeetruppen nehmen folgende Aufgaben wahr: Bewachung kritischer Infrastruktur, Personenschutzmassnahmen, Lufttransporte, Überwachungsflüge, Einsatzleitung aus der Luft von Polizeieinsätzen am Boden, Wahrung der Lufthoheit und die Gewährleistung der Sicherheit
im Luftraum. Während des WEF 04 wird zur Wahrung der Lufthoheit und zur Sicherheit im Luftraum die Benützung des schweizerischen Luftraumes über der Region Davos eingeschränkt. Die Anordnung des Waffeneinsatzes zur Durchsetzung luftpolizeilicher Massnahmen über schweizerischem Hoheitsgebiet wird durch den Chef des Eidg.

Departementes für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport als Mitglied der Landesregierung angeordnet.

Die Beteiligung des Bundes an den Kosten für die Sicherheitsmassnahmen anlässlich des WEF 04 ist wie folgt festgelegt: Der Bund beteiligt sich wie bis anhin mit 80 % an den Kosten des Zusatzdispositivs zugunsten völkerrechtlich geschützter Personen. Der Anteil des Bundes begrenzt

7416

sich dabei auf 3/8 der kreditwirksamen Kosten des Kantons Graubünden. Er beläuft sich für die Jahre 2004­2006 auf maximal 3 Millionen Franken pro Jahr. Mit Beschluss vom 21. Mai 2003 legte der Bundesrat ausserdem ein Kostendach von 8 Millionen Franken fest. Für den Fall, dass das Kostendach der Sicherheitskosten von 8 Millionen Franken überschritten wird, verpflichtet sich der Bundesrat, dem Parlament zusätzliche Mittel von insgesamt maximal 2 Millionen Franken für die Jahrestreffen 2004­2006 zu beantragen.

Im Falle ausserordentlicher Ereignisse (z. B. Terroranschläge, Attentate usw.)

beteiligt sich der Bund mit 80 % an den zusätzlich anfallenden Kosten für das Zusatzdispositiv zugunsten völkerrechtlich geschützter Personen. Auch hier wird jedoch der Anteil des Bundes auf 3/8 der kreditwirksamen Kosten des Kantons Graubünden beschränkt.

Im Rahmen des geplanten Assistenzdiensteinsatzes der Armee fallen für das Gros der eingesetzten Truppen im Vergleich zu einem ordentlichen Ausbildungs- bzw.

Flugdienst nur gering höhere Ausgaben an. Die Kosten der vom VBS zu erbringenden subsidiären Leistungen können aufgrund von Erfahrungswerten anlässlich des WEF 03 auf rund 18 Millionen Franken beziffert werden. Der effektive Mehraufwand - das heisst der Mehraufwand im Vergleich zu einem «normalen» Ausbildungs-Wiederholungskurs, welche die zugunsten des WEF 04 eingesetzten Formationen im Jahr 2004 leisten müssten - kann mit knapp einer Million Franken beziffert werden Das VBS geht davon aus, dass seine Aufwendungen im Rahmen der bewilligten Kredite voraussichtlich aufgefangen werden können. Die gegenüber dem Kanton Graubünden und den Organisatoren im Sicherheitsbereich erbrachten Leistungen und Kosten werden erfasst.

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Botschaft 1

Allgemeiner Teil

1.1

Ausgangslage

Vom 21. bis 25. Januar 2004 findet in Davos das World Economic Forum 2004 (WEF 04) statt. Wie im vergangenen Jahr werden rund 2000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der ganzen Welt erwartet. Rund 500 Medienleute werden das Forum vor Ort verfolgen.

Mit grosser Wahrscheinlichkeit finden parallel zum WEF 04 erneut verschiedene alternative Kongresse und Veranstaltungen statt, wobei dem Anlass Public Eye on Davos als Gegenanlass zum WEF die grösste Bedeutung zukommt.

Mit Schreiben vom 11. Juli 2003 ersuchte die Bündner Regierung den Bundesrat um materielle und personelle Unterstützung für die sichere Durchführung des WEF 04 in Davos. Im Gesuch wurde unter anderem der Einsatz von Angehörigen der Armee und Festungswächtern anbegehrt. Darüber hinaus soll der Bund die Sicherheit im Luftraum, in Zusammenarbeit mit den zivilen Flugsicherheitsbehörden, übernehmen und zu diesem Zweck Massnahmen in den Bereichen Luftverkehrsleitung, Luftraumüberwachung und Luftpolizeidienst treffen.

1.2

Bisherige Haltung des Bundesrates

Das WEF ist eine privatrechtliche Stiftung, die seit mehr als 30 Jahren das Annual Meeting in Davos als private Veranstaltung durchführt. Der Bundesrat hat mit Beschluss vom 28. Juni 2000 den privatrechtlich organisierten Anlass WEF aufgrund seiner Bedeutung und seinen Auswirkungen für die internationalen Interessen der Schweiz als ausserordentliches Ereignis im Sinne von Artikel 4 der BWISAbgeltungsverordnung vom 1. Dezember 1999 (SR 120.6) qualifiziert. An dieser Einschätzung hat sich für den Bundesrat nichts geändert. Damit hat er auch die Voraussetzungen geschaffen, dass sich der Bund an den Kosten für die Sicherheitsmassnahmen des Kantons Graubünden beteiligen kann. Die für die Sicherheit des Anlasses zuständige Kantonspolizei Graubünden wird demzufolge seit Jahren mit personellen und materiellen Mitteln des Bundes (Angehörige der Armee, Helikopter, Fahrzeuge, Material, Bedienungspersonal) unterstützt.

1.3

Finanzielle Abgeltung des Bundes zugunsten des WEF 04 bis 06

Mit Beschluss vom 21. Mai 2003 bezüglich der finanziellen Abgeltung der Sicherheitskosten des WEF 04 hat der Bundesrat ein Kostendach von acht Millionen Franken bestätigt. Er autorisierte zudem eine bundesrätliche Delegation, mit den Partnern Kanton Graubünden, Landschaft Davos und WEF-Stiftung Verhandlungsgespräche über die Kostenbeteiligung zu führen.

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Am Kostendach beteiligen sich die Vehandlungspartner anteilsmässig wie folgt: Partner

Anteil Franken

Kanton Graubünden Landschaft Davos Bund WEF

2 Millionen 1 Millionen 3 Millionen 2 Millionen

Kostendach

8 Millionen

Es hat sich gezeigt, dass das Ziel eines Kostendachs von 8 Millionen Franken zwar von allen Partnern angestrebt, jedoch für das Jahr 2004 ­ vorab aus sicherheitstechnischer Sicht ­ als nicht realisierbar eingeschätzt wird. Ausschlaggebend dafür sind ausschliesslich exogene Kostenfaktoren, wie beispielsweise unterschiedliche Verrechnungsansätze der Kantone bezüglich ihrer Polizeikräfte im IKAPOL-Einsatz und das WEF-Tagungskonzept 2004 (d. h. die Dauer des Forums), welches bereits festgelegt ist. Würde der Bund für das kommende Jahr auf dem Kostendach von 8 Millionen Franken und der oben skizzierten Verteilung beharren, müsste damit gerechnet werden, dass das WEF 04 nicht in Davos durchgeführt werden kann.

Vor diesem Hintergrund wurde mit den Verhandlungspartnern eine differenzierte Finanzierungslösung zur Sicherung der Durchführung des WEF in Davos in den Jahren 2004­2006 gesucht und nach allseitiger Einräumung finanzieller oder technischer Zugeständnisse auch gefunden.

Der Bundesrat verabschiedete mit Beschluss vom 20. August 2003 ein dreistufiges Finanzierungskonzept. Es präsentiert sich wie folgt: Der Bund beteiligt sich wie bis anhin mit 80 % an den Kosten des Zusatzdispositivs zugunsten völkerrechtlich geschützter Personen. Der Anteil des Bundes begrenzt sich dabei auf 3/8 der kreditwirksamen Kosten des Kantons Graubünden und beläuft sich für die Jahre 2004­2006 auf maximal 3 Millionen Franken pro Jahr.

Für den Fall, dass das Kostendach der Sicherheitskosten von 8 Millionen Franken überschritten wird, verpflichtet sich der Bundesrat ferner, dem Parlament zusätzliche Mittel von insgesamt maximal 2 Millionen Franken für die Jahrestreffen 2004­2006 zu beantragen. Zu diesem Zweck wird der Zahlungskredit für das Jahr 2004 von bestehenden 3,25 Millionen (d.h. vom regulären Beitrag von 3 Mio. plus einem Teil des beantragten 2 Mio. Zusatzkredites) um 1,25 Millionen auf insgesamt 4,5 Millionen Franken erhöht.

Im Falle ausserordentlicher Ereignisse (zum Beispiel Terroranschläge, Attentate auf Politiker und Wirtschaftsführer oder plausible Drohungen, solche Handlungen zu verüben usw.) beteiligt sich der Bund schliesslich mit 80 % an den zusätzlich anfallenden Kosten für das Zusatzdispositiv zugunsten völkerrechtlich geschützter Personen. Auch hier wird der Anteil des Bundes jedoch auf 3/8 der kreditwirksamen Kosten des Kantons Graubünden beschränkt.

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Zusammenfassende Darstellung: Partner

2004 (in Mio.)

2005 (in Mio.)

2006 (in Mio.)

2004-2006 (in Mio.)

Landschaft Davos

1

1

1

3

Kanton Graubünden

2

2

2

6 6

WEF Bund

­ Regulärer Beitrag ­ Zusicherung des BR, beim Parlament zusätzliche Mittel anzubegehren ­ unvorhersehbare Ereignisse

2

2

2

3

3

3

maximal 2

11

max. 3/8 max. 3/8 max. 3/8 offen

Aus Sicht des Bundesrates liegen die Vorteile des modifizierten Finanzierungsmodells gegenüber den ursprünglichen Abmachungen vorab in den folgenden Bereichen: ­

Mit der langfristigen Zusicherung wird die ausserordentliche Bedeutung des WEF von Seiten des Bundes her bekräftigt.

­

Mit dem modifizierten Finanzierungsmodell werden verbindliche finanzielle Regelungen für die nächsten drei Jahre festgelegt und damit klare und kommunizierbare Bedingungen gegenüber den Partnern, dem Parlament und der Öffentlichkeit geschaffen.

-

Mehrausgaben werden nur im Falle begründet überschiessender Kosten zugestanden und die finanzielle Beteiligung des Bundes somit eindeutiger definiert.

-

Die neue Regelung manifestiert insgesamt die Absicht aller involvierten Partner, die Kosten für die Sicherheit des Anlasses auf dem bisherigen Stand einzufrieren.

2

Aspekte der Sicherheit

Für das WEF 04 besteht - analog zum WEF 03 und zum G8-Gipfel in Evian - grundsätzlich das Risiko der Beeinträchtigung der inneren Sicherheit in Form von gewalttätigen Demonstrationen verbunden mit Plünderungen, von Angriffen auf Personen, Sabotageaktionen oder Terroranschlägen.

2.1

Gewaltbereitschaft extremistischer Veranstaltungsgegner

Aufgrund des grossen symbolischen Stellenwertes des WEF und der hohen medialen Aufmerksamkeit muss auch anlässlich des WEF 04 mit Verhinderungsstrategien gewaltbereiter extremistischer Veranstaltungsgegner in Form von Sabotageakten, gezielten Sachbeschädigungen im Vorfeld des WEF 04 gegen Symbolträger (von Staaten, Unternehmen, Behörden) und Blockadeaktionen gerechnet werden.

7420

Die Protestaktionen gegen das WEF 03 und den G8-Gipfel von Evian in Genf haben gezeigt, dass die Gewaltbereitschaft der extremistischen Szene deutlich zugenommen hat. Gleichzeitig distanziert sich von dieser gewaltbereiten Minderheit zunehmend eine grosse Mehrheit friedlicher und gesprächsbereiter Globalisierungskritiker.

Die Bündner Regierung will eine Hauptkundgebung der Globalisierungskritiker und -gegner am Samstag, 24. Januar 2004, am zweitletzten Tag des WEF, in Davos ermöglichen. Nachdem es 2001 in Zürich und 2003 in Bern am Protesttag zu massiven Ausschreitungen gekommen ist, muss 2004 gesamtschweizerisch mit ähnlichen Vorfällen gerechnet werden. Die Sicherheitskräfte werden dabei möglicherweise erneut mit dem Begleitphänomen der Plünderungen konfrontiert sein.

2.2

Risiko von Terroranschlägen

Auch nach dem Ende der Kriegshandlungen im Irak muss unvermindert von einer erhöhten Gefährdung, insbesondere für Einrichtungen und Personen der USA und deren Verbündete wie Grossbritannien, aber auch Israel, ausgegangen werden.

Die seit dem 11. September 2001 erhöhten Sicherheitsmassnahmen im internationalen zivilen Luftverkehr wurden als Folge des Irak-Konfliktes und der allgemein erhöhten Bedrohungslage Ende März 2003 nochmals verstärkt. Obwohl für das WEF 03 wie auch für den G8-Gipfel keine konkreten Hinweise auf einen terroristischen Anschlag mit Hilfe eines Flugzeuges vorlagen, wurde gleichwohl für beide Konferenzen präventiv eine Luftraumsperrung über den Tagungsorten verfügt, um der Gefahr möglicher Anschläge aus der Luft (Flugzeuge, ferngesteuerte Flugobjekte, Helikopter, Gleitschirme, Deltasegler u.ä.) präventiv zu begegnen.

Aufgrund der aktuellen Lagebeurteilung (Stand Mitte Oktober 2003) kann das Risiko eines terroristischen Anschlages oder eines gezielten Angriffs auf die Kongressteilnehmer in Davos indes als gering beurteilt werden und es liegen auch keinerlei Hinweise auf mögliche Terroranschläge aus der Luft vor.

Eine abschliessende Beurteilung der Sicherheitslage ist zum Zeitpunkt der Botschaftsredaktion jedoch nicht möglich. Die Bedrohungsanalyse wird in enger interkantonaler und interdepartementaler Zusammenarbeit der Nachrichtenorgane und Sicherheitskräfte im Vorfeld und während des WEF 04 laufend fortgeführt.

3

Geplante Massnahmen betreffend Einsatz der Armee

Im Rahmen des geplanten Assistenzdiensteinsatzes der Armee wird grundsätzlich zwischen dem Einsatz am Boden und dem Einsatz in der Luft unterschieden. Zu diesem Zweck wird eine Land Task Force (LTF) und, von ihr getrennt, eine Air Task Force (ATF) gebildet.

Für die Dauer des WEF 04 wird die Benützung des schweizerischen Luftraumes über der Region Davos eingeschränkt (siehe Ziff. 6.3 und 6.4).

7421

Die Armee wird beauftragt, -

die zivilen Behörden des Kantons Graubünden bei der Vorbereitung und Durchführung des WEF 04 im Rahmen eines subsidiären Sicherungseinsatzes zu unterstützen;

-

im Auftrag der zivilen Behörden mit Lufttransportmitteln Lufttransporte und Überwachungsflüge durchzuführen;

-

den Schutz des Luftraumes mit Luftverteidigungsmitteln sicherzustellen und den Luftpolizeidienst bei eingeschränktem Luftverkehr zur Unterstützung der zivilen Behörden auszuüben;

-

auf Stufe Bund die laufenden subsidiären Einsätze «AMBA CENTRO» (Bewachung ausländischer Vertretungen) und «LITHOS» (subsidiäre Unterstützung des Grenzwachtkorps) ohne Einschränkungen und im gleichen Umfang weiterzuführen;

-

bei einem ausserordentlichen Ereignis in der Schweiz oder in den Grenzregionen die zivilen Behörden auf ihr Ersuchen mit Personal und Mitteln der Armee subsidiär zu unterstützen.

4

Rechtliche Beurteilung des Armee-Einsatzes

4.1

Subsidiarität

Nach Artikel 67 des Militärgesetzes vom 3. Februar 1995 (MG; SR 510.10) können Truppen zivilen Behörden auf deren Verlangen Hilfe leisten wie etwa zur Wahrung der Lufthoheit und zum Schutz von Personen und besonders schutzwürdigen Sachen (Assistenzdienst). Die Aufgabe muss im öffentlichen Interesse liegen, und die Mittel der zivilen Behörden müssen in personeller, materieller oder zeitlicher Hinsicht erschöpft sein.

Es hat sich gezeigt, dass die im Kanton Graubünden vorhandenen Polizeikräfte nicht ausreichen, die Sicherheit des mehrtägigen Anlasses zu garantieren. Die Mittel des Kantons Graubünden reichen selbst dann nicht, wenn sie durch andere Polizeikorps verstärkt werden. Nach dem G8-Gipfel in Evian und dem im Dezember stattfindenden World Summit on Information Society (WSIS) in Genf sind die Kantone ein weiteres Mal gehalten, mit ihrer Unterstützung an ihre Belastungsgrenze zu gehen.

Die Kantone können aber insgesamt nicht mehr als die vorgesehenen 1250 Polizeikräfte (IKAPOL-Einsatz) stellen, da weitere Polizeikräfte für die Bewältigung von Sicherheitsaufgaben im Zusammenhang mit dem WEF ausserhalb des Kantons Graubünden erforderlich sind. Eine abschliessende Beurteilung der Sicherheitslage für den Durchführungszeitpunkt des WEF 04 vom 21. bis 25. Januar 2004 ist zum Zeitpunkt der Botschaftsredaktion nicht möglich (siehe Ziff. 2.2). Auf Grund der Einschätzung und der Erfahrungen der letzten Jahre steht jedoch fest, dass die zivilen Sicherheitskräfte nicht ausreichen werden, um die Sicherheit rund um das WEF 04 in genügendem Masse zu gewährleisten.

Aus diesen Gründen sind die rechtlichen Voraussetzungen für einen Einsatz der Armee im Assistenzdienst zur Unterstützung des Kantons Graubünden erfüllt.

7422

4.2

Genehmigung durch das Parlament

Der Bundesrat stützt seinen Beschluss auf Artikel 70 MG. Diese Bestimmung lautet: 1

Zuständig für das Aufgebot und die Zuweisung an die zivilen Behörden sind: a.

der Bundesrat;

b.

das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport bei Katastrophen im Inland.

Werden mehr als 2000 Angehörige der Armee aufgeboten oder dauert der Einsatz länger als drei Wochen, so muss die Bundesversammlung den Einsatz in der nächsten Session genehmigen. Ist der Einsatz vor der Session beendet, so erstattet der Bundesrat Bericht.

2

Im vorliegenden Fall ist beabsichtigt, mehr als 2000 Angehörige der Armee einzusetzen (siehe Ziff. 5.2). Demzufolge muss die Bundesversammlung über den Einsatz entscheiden.

4.3

Polizeibefugnisse und Schusswaffengebrauch

Die Polizeibefugnisse und der Schusswaffengebrauch der eingesetzten Truppen richten sich im Rahmen der Verordnung vom 26. Oktober 1994 über die Polizeibefugnisse der Armee (VPA; SR 510.32) nach dem schriftlichen Auftrag der zuständigen zivilen Behörden. Die Einsatzplanung und die generellen Einsatzregeln werden vom Generalstab im Einvernehmen mit dem Polizeikommando des Kantons Graubünden und nach Rücksprache mit dem Bundesamt für Polizei erarbeitet.

5

Einsatz der Armee im Assistenzdienst zugunsten der Kantonspolizei Graubünden

5.1

Aufgaben der im Assistenzdienst eingesetzten Armeeformationen

Die im Assistenzdienst eingesetzten Truppen der Armee übernehmen folgende Aufgaben: -

Bewachung von Infrastrukturen und Personenschutzmassnahmen in der Kernzone durch Berufsformationen;

-

Bewachung von Infrastrukturen ausserhalb der Kernzone durch Milizformationen;

-

Lufttransporte und Überwachungsflüge zugunsten von terrestrischen Polizeieinsätzen;

­

Wahrung der Lufthoheit und Gewährleistung der Sicherheit im Luftraum, inklusive Luftraumüberwachung, Luftverkehrsleitung und Luftpolizeidienst zur Unterstützung der zivilen Behörden.

7423

­

5.2

Überprüfung der Übertragungsmittel und -verfahren auf den vom Bundesamt für Kommunikation freigegebenen Frequenzen während dem WEF 04 im Raum Davos durch das Signallabor, einem mobilen Monitoring-System.

Dauer und Umfang des subsidiären Sicherungseinsatzes der Armee

Der Einsatz der Armee im Assistenzdienst zugunsten des Kantons Graubünden dauert längstens vom 18. bis 27. Januar 2004.

Zur Unterstützung der zivilen Behörden und zur Wahrung der Handlungsfreiheit auf Stufe Bund und Armee werden Berufs- und Milizformationen bis zu einem Maximalbestand von 6500 Angehörigen der Armee im Assistenzdienst eingesetzt.

Dabei werden zugunsten der LTF rund 1600 (davon 300 Angehörige der Militärischen Sicherheit), zugunsten der ATF rund 1300, zur Unterstützung des Einsatzes (in den Bereichen Führungsunterstützung, Koordinierte Sanitätsdienste, Planungsunterstützung,) rund 2150, für den Auf- und Rückbau rund 200 und als Reserve auf Stufe Armee rund 1250 Angehhörige der Armee eingesetzt.

5.3

Einsatzverantwortung

Der Assistenzdiensteinsatz der Armee erfolgt nach dem Subsidiaritätsprinzip. Demzufolge liegt die Einsatzverantwortung bei den zivilen Behörden.

5.4

Kommandanten subsidiärer Sicherungseinsatz

Kommandant subsidiärer Sicherungseinsatz LTF ist Brigadier Fritz Lier, designierter Kommandant der Gebirgsinfanteriebrigade 12 ab 1. Januar 2004. Kommandant subsidiärer Sicherungseinsatz ATF ist Divisionär Markus Gygax, designierter Chef Einsatzstab Luftwaffe ab 1. Januar 2004. Die Vorgehensverantwortung für die Planung und Führung des Assistenzdiensteinsatzes auf Stufe Armee liegt beim Führungsstab der Armee (FST A).

6

Massnahmen zum Schutz des Luftraumes

6.1

Entscheid des Sicherheitsausschusses des Bundesrates

Der Sicherheitsausschuss des Bundesrates hat am 14. Oktober 2003 entschieden, während des WEF 04 Massnahmen zum Schutz des schweizerischen Luftraumes über Davos anzuordnen.

7424

6.2

Massnahmen zum Schutz des Luftraumes

Die Massnahmen zur Einschränkung des Luftverkehrs über Davos richten sich nach den Bedürfnissen zur Sicherstellung des angestrebten Schutzes der Konferenz.

Angestrebt wird in erster Linie eine Kontrolle des zivilen und militärischen Luftverkehrs mit möglichst geringfügiger Einschränkung desselben.

Die Massnahmen werden unter Leitung der Luftwaffe in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) im UVEK und unter Berücksichtigung der Interessen des zivilen Luftverkehrs wie folgt festgelegt: -

Überwachung des betroffenen Luftraumes mittels boden- und luftgestützten Sensoren. Zudem wird das österreichische Luftlagebild in der Einsatzzentrale der Luftwaffe dargestellt und es werden Verbindungsoffiziere ausgetauscht.

-

Festlegung der Verfahren für Bewilligung und Kontrolle des Luftverkehrs innerhalb des betroffenen Luftraumes.

-

Schutz des Luftraumes über Davos und Unterstützung der zivilen Behörden im Bereich des Luftpolizeidienstes.

6.3

Eingeschränkter Luftraum

Zur Sicherheit im Luftraum und zur Wahrung der Lufthoheit wird der Bundesrat gestützt auf Artikel 7 des Luftfahrtgesetzes vom 21. Dezember 1948 (LFG; SR 748.0) vom 19. bis am 26. Januar 2004 die Benützung des schweizerischen Luftraumes über der Region einschränken. Zusätzlich wird der Luftraum für das Training und die Überprüfung der Verfahren am 15. und am 16. Januar 2004 für je einen halben Tag eingeschränkt.

Der durch Massnahmen zur Einschränkung des Luftverkehrs betroffene Luftraum beschränkt sich auf rein schweizerisches Hoheitsgebiet mit einer Ausdehnung der Kreisfläche von 25 Nautischen Meilen (46,3 Kilometer) Radius von Davos aus und von Grund, respektive von 11 000 ft AMSL (ca. 3630 m.ü.M) im Raume Engadin, bis FL 195 (flightlevel, ca. 5950 m.ü.M.).

6.4

Kompetenz zur Durchsetzung luftpolizeilicher Massnahmen

Die Abschusskompetenz zur Durchsetzung luftpolizeilicher Massnahmen über schweizerischem Hoheitsgebiet erfolgt gemäss Artikel 10 der Verordnung vom 17. Oktober 1984 über die Wahrung der Lufthoheit und analog dem WEF 03: Die Anordnung des Waffeneinsatzes im Einzelfall wird durch den Chef des Eidgenössischen Departementes für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport als Mitglied der Landesregierung angeordnet. Dieser behält sich vor, die Kompetenz lageangepasst an den Kommandanten der Luftwaffe oder einen diesem Direktunterstellten zu delegieren.

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7

Rechtsform

Der vorliegende Bundesbeschluss stellt einen Einzelakt der Bundesversammlung dar, der in einem Bundesgesetz (Art. 70 MG) ausdrücklich vorgesehen ist (Art. 173 Abs. 1 Bst. h BV). Da er weder rechtsetzend ist, noch dem Referendum untersteht, wird er in die Form des einfachen Bundesbeschlusses gekleidet (Art. 163 Abs. 2 BV, Art. 4 Abs. 2 GVG).

8

Finanzielle Auswirkungen

Zur Finanzierung der Bundesbeiträge zugunsten des WEF schlägt der Bundesrat auf Antrag der Finanzdelegation der Eidg. Räte die Schaffung einer entsprechenden Sammelrubrik beim EVD (seco) vor. Darin sollen sowohl die Mittel für die Abgeltung zu Gunsten völkerrechtlich geschützter Personen (2004: 4,5 Mio. Fr.) als auch jene für den Mehraufwand des VBS im Bereich Personal, Logistik und Führungsunterstützung (2004: 0,9 Mio) eingestellt werden. Das Parlament wird anlässlich der Budgetdebatte in der Wintersession 2003 über die Schaffung dieser Rubrik entscheiden.

Im Rahmen des geplanten Assistenzdiensteinsatzes der Armee fallen für das Gros der eingesetzten Truppen im Vergleich zu einem ordentlichen Ausbildungs- bzw.

Flugdienst nur gering höhere Ausgaben an. Die Kosten der vom VBS zu erbringenden subsidiären Leistungen können aufgrund von Erfahrungswerten anlässlich des WEF 03 auf rund 18 Millionen Franken beziffert werden. Der effektive Mehraufwand - das heisst der Mehraufwand im Vergleich zu einem «normalen» Ausbildungs-Wiederholungskurs, welche die zugunsten des WEF 04 eingesetzten Formationen im Jahr 2004 leisten müssten - kann mit knapp einer Million Franken beziffert werden.

Das VBS geht davon aus, dass seine Aufwendungen im Rahmen der bewilligten Kredite voraussichtlich aufgefangen werden können. Die gegenüber dem Kanton Graubünden und den Organisatoren im Sicherheitsbereich erbrachten Leistungen und Kosten werden erfasst.

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