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Bundesblatt

Bern, den 16. Dezember 1974 126. Jahrgang Band II Nr. 50 Erscheint wöchentlich. Preis : Inland Fr. 68.- im Jahr, Fr. 38.- im Halbjahr, Ausland Fr. 82.im Jahr, zuzüglich Nachnahme- und Postzustellungsgebuhr. Inseratenverwaltung: Permedia, Publicitas-Zentraldienst für Periodika, Hirschmattstrasse 36,6002 Luzern, Tel. 041/23 66 66

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über das Inkrafttreten des Voranschlages für das Jahr 1975 (Provisorisches Budget) (Vom 9. Dezember 1974)

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,

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Allgemeines

Wie wir in der Botschaft vom 16. Oktober 1974 zum Voranschlag für das Jahr 1975 (Seiten 3*, 7* und 8*) ausführten, beruhte die Budgetvorlage für das Jahr 1975 auf der Annahme, dass die vom Parlament in der Herbstsession 1974 beschlossenen Steuer- und Zollerhöhungen vom Souverän bewilligt werden. Ohne diese für die weitere Entwicklung des Bundesfinanzhaushaltes bedeutsamen Mehreinnahmen (nach seinerzeitiger Schätzung rund 700 Mio. Fr.) ist der am 5. Dezember 1974 von den eidgenössischen Räten verabschiedete Voranschlag jedoch nicht realisierbar. Ein Defizit in der Grössenordnung von einer Milliarde oder mehr, je nach Ausgang der Abstimmung über die Erhöhungen des Heizölzolls und des Zollzuschlages auf Treibstoffeinfuhren, wäre mit den Bestrebungen zur Teuerungsbekämpfung nicht zu vereinbaren und zudem nicht finanzierbar. Nach dem negativen Abstimmungsergebnis über die Steuererhöhungen sind, wie dies übrigens in Artikel 10 des Bundesbeschlusses vom 5. Dezember 1974 über den Voranschlag für das Jahr 1975 verlangt wird, neue Massnahmen zur Wiederherstellung des Gleichgewichts im Bundesfinanzhaushalt zu beschliessen.

Bundesblatt, 126 Jahrg Bd II

1430 Beschlüsse über solche ausserordentliche Massnahmen können jedoch frühestens in einer ausserordentlichen Parlamentssession im Januar 1975 gefasst werden, wofür der Bundesrat den eidgenössischen Räten so rasch als möglich die nötigen Anträge unterbreiten wird. Gleichzeitig wird der Voranschlag entsprechend zu bereinigen sein. Bis dahin muss jedoch der laufende Verwaltungsbetrieb zur Erledigung der Regierungsgeschäfte sichergestellt und dafür gesorgt werden, dass der Bund die dringendsten Verpflichtungen einlösen kann. Anderseits muss aber auch vermieden werden, dass von dem am 5. Dezember verabschiedeten Voranschlag präjudizielle Wirkungen ausgehen.

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Überbrückungsmassnahmen

In dieser Situation erscheint es am zweckmässigsten, zur Überbrückung der Übergangszeit den bereits verabschiedeten Voranschlag bis zur Ablösung durch ein neues Budget nur provisorisch und teilweise in Kraft zu setzen, und zwar in der Weise, dass - die Zahlungskredite in monatlichen Tranchen von 5 Prozent freigegeben werden, soweit über sie nicht (wie bei den Besoldungen, Renten, Mieten und ähnlichen Zahlungen, die nach einem bestimmten Rhythmus anfallen) ohnehin nur in monatlichen Raten verfügt wird, oder eine Staffelung wegen gesetzlicher Verpflichtungen nicht durchführbar ist; - keine Verpflichtungen für neue Vorhaben eingegangen werden dürfen und alle Verpflichtungskredite nach Artikel 9 des Budgetbeschlusses vom 5. Dezember 1974 gesperrt werden, um den Handlungsspielraum für die endgültige Lösung nicht zu beeinträchtigen.

Es kann sich dabei nur um eine einfache Lösung für die Übergangszeit handeln, die nicht auf jede Einzelheit Rücksicht nehmen kann. Deshalb wird für zwingende Ausnahmefälle eine Ausweichsklausel zuhanden des Bundesrates vorgeschlagen, um über die nötige Flexibilität zu verfügen. In diesem Falle sind aber geleistete Zahlungen und analog auf Grund einer Ermächtigung des Bundesrates eingegangene Verpflichtungen an die Kredite in einem neuen Voranschlag anzurechnen.

Nicht unter die Einschränkung fallen die Zahlungskredite der Sachgruppen l und 2 (Verzinsung, Behörden und Personal). Artikel 6 des Budgetbeschlusses vom 5. Dezember 1974 behält inbezug auf die Personalbestände unveränderte Gültigkeit. Für die Zahlungskredite der übrigen Sachgruppen ist eine Freigabe m monatlichen Raten von 5 Prozent vorgesehen. Es handelt sich dabei um einen kleineren Anteil als ein Monatsbetreffnis, da die Übergangslösung nicht im voraus auf einen bestimmten Termin befristet werden kann.

Das Verbot, Verpflichtungen für neue Vorhaben einzugehen, bezieht sich auf solche, für deren Ausführung noch keine Verpflichtungen eingegangen worden sind. Nicht darunter fallen somit Aufträge zur Beendigung eines in Ausführung begriffenen Vorhabens.

1431 Dass in dieser Situation die mit dem Budgetbeschluss vom 5. Dezember 1974 bewilligten Verpflichtungskredite in der Übergangszeit nicht beansprucht werden dürfen, versteht sich.

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Rechtliche Erwägungen

In rechtlicher Hinsicht stellt sich vorweg die Frage, ob die Verabschiedung eines derartigen provisorischen und partiellen Voranschlages zulässig ist. Die Frage ist zu bejahen. Der Grundsatz der Jährlichkeit (vgl. Art. 85 Ziff. 10 BV und Art. 3 Abs. l Finanzhaushaltgesetz) wird nicht verletzt, da das provisorische Partialbudget nach Ablauf der Übergangsfrist durch eine endgültige Ersatzlösung abgelöst wird.

Es liesse sich im übrigen die Ansicht vertreten, die hier vorgeschlagenen Überbrückungsmassnahmen könnten vom Bundesrat im Rahmen seiner Vollzugskompetenzen selbständig getroffen werden. Allein, sie betreffen das Budgetrecht und damit einen der bedeutungsvollsten Ausflüsse parlamentarischer Hoheit. Aus rechtlichen wie aus politischen Gründen ist es gegeben, dass sich die eidgenössischen Räte selber den Handlungsspielraum wahren, dessen sie bei der Aufstellung des zweiten Voranschlages für das kommende Jahr bedürfen.

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Antrag

Im Sinne dieser Ausführungen beehren wir uns, Ihnen den nachstehenden Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Inkraftsetzung des Voranschlages für das Jahr 1975 zu unterbreiten.

Gleichzeitig ersuchen wir Sie, Ende Januar 1975 eine ausserordentliche Session durchzuführen, an welcher die sich nach der Ablehnung des Bundesbeschlusses vom 4. Oktober 1974 zur Verbesserung des Bundeshaushalts aufdrängenden dringlichen Massnahmen zur Verbesserung des Bundeshaushalts zu beraten und zu verabschieden wären.

Gerne benützen wir diesen Anlass, um Sie, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

Bern, den 9. Dezember 1974 Für den Schweizerischen Bundesrat : Der Bundespräsident : Brugger 3967

Der Bundeskanzler : Huber

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(Entwurf)

Bundesbeschluss über das Inkrafttreten des Voranschlages für das Jahr 1975 (Provisorisches Budget)

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 85 Ziffer 10 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 9. Dezember 1974 D, beschüesst:

Art. l Allgemeines Bis zur Verabschiedung eines neuen Voranschlages tritt der Bundesbeschluss vom 5. Dezember 1974 über den Voranschlag der Schweizerischen Eidgenossenschaft für das Jahr 1975 und die Bewilligung von Verpflichtungskrediten nach Massgabe der folgenden Bestimmungen in Kraft.

Art. 2 Zahlungskredite Die folgenden Zahlungskredite werden nur in monatlichen Tranchen von 5 Prozent der Jahreskredite freigegeben : - Sachgruppe 3 : Allgemeine Ausgaben ausgenommen: 31 Hilfskräfte und andere Lohnbezüger 32 Abonnemente 34 Betriebsausgaben, Löhne 35 Miet- und Pachtzinse 36 Sold » BB11974 II 1429

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- Sachgruppe 4:

- Sachgruppe 5 : - Sachgruppe 6 :

Kantonsanteile Bundeseigene Sozialwerke Bundesbeiträge Internationale Hilfswerke und Institutionen ausgenommen : Entschädigungen der Militärversicherung Grundstücke und Fährnis Gemeinschaftswerke Darlehen und Warengeschäfte Art. 3

Neue Verpflichtungen 1

Für neue Vorhaben dürfen keine Verpflichtungen eingegangen werden.

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Alle Verpflichtungskredite gemäss Artikel 9 des Bundesbeschlusses vom 5. Dezember 1974 über den Voranschlag der Schweizerischen Eidgenossenschaft für das Jahr 1975 und die Bewilligung von Verpfiichtungskrediten bleiben gesperrt.

Art. 4

Gemeinsame Bestimmungen 1

In zwingenden Fällen kann der Bundesrat ausnahmsweise die Freigabe von Zahlungskrediten erhöhen und das Eingehen von Verpflichtungen bewilligen.

2 Geleistete Zahlungen und auf Grund einer Bewilligung des Bundesrates eingegangene Verpflichtungen werden an die Zahlungs- und Verpflichtungskredite in einem neuen Voranschlag angerechnet.

Art. 5

Inkrafttreten 1

Dieser Beschluss ist nicht allgemeinverbindlich; er untersteht nicht dem Referendum.

2 Er tritt sofort in Kraft.

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1974

Année Anno Band

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Volume Volume Heft

50

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

16.12.1974

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1429-1433

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