9.2.3

Botschaft zu den Rückversicherungsverträgen auf dem Gebiet der Exportrisikogarantie zwischen der Schweiz und Spanien sowie zwischen der Schweiz und Italien vom 15. Januar 2003

9.2.3.1

Allgemeiner Teil: Übersicht

Grössere Exportaufträge schweizerischer Unternehmen enthalten zunehmend Teiloder Zulieferungen aus dem Ausland. Für die von einem ausländischen Unterlieferanten stammenden Anteile erhält der Exporteur jedoch von jenem Drittland keine Versicherung, da er dort nicht niedergelassen ist. Seine eigene Exportkreditversicherung (EKV) gewährt ihm ebenfalls keine Versicherung, sofern der zulässige Auslandanteil überschritten wird. Der Unterlieferant seinerseits erhält von seiner EKV keine Versicherung, weil er als Unterlieferant keinen Zahlungsanspruch gegen den Käufer hat.

Um die internationale Zusammenarbeit zu erleichtern, arbeiten die nationalen Exportkreditversicherer heute mit dem Instrument der Rückversicherungen. Der Erstversicherer nimmt gegenüber dem Exporteur das ganze Exportgeschäft samt ausländischen Zulieferungen in Deckung. Alsdann beschafft sich der Erstversicherer bei der EKV des Landes, aus dem die Zulieferung stammt, gegen Zahlung des entsprechenden Prämienanteils eine Rückversicherung im Umfang der ausländischen Zulieferung.

Die mit dem spanischen Exportkreditversicherer ­ der Compañía Española de Seguros de Crédito a la Exportación, S.A., Cía de Seguros y Reaseguros (CESCE), Madrid ­ und dem italienischen Exportkreditversicherer ­ dem Istituto per i Servizi Assicurativi del Commercio Estero (SACE), Rom ­ ausgehandelten Verträge bilden den Rahmen für den Abschluss einzelner Rückversicherungsgeschäfte. Nach den Verträgen kann die eine Partei der anderen für konkrete Exportgeschäfte vorschlagen, eine Rückversicherungsdeckung zu übernehmen. Die um Rückversicherung angegangene Partei prüft dann, ob sie die Deckung unter den im Vertrag festgehaltenen und allfälligen weiteren Bedingungen übernehmen will.

Gegenüber Dritten tritt ausschliesslich der Erstversicherer in Erscheinung und der Rückversicherer bleibt im Hintergrund. Unabhängig davon, ob der schweizerische Exporteur Haupt- oder Unterlieferant ist, bleiben für unsere Exportrisikogarantie (ERG) die Risiken auf den jeweiligen schweizerischen Lieferanteil begrenzt. Als Rückversicherer wird die ERG Leistungen zu vergleichbaren Konditionen wie als Erstversicherer erbringen.

Seit Mai 2001 besteht ein Rückversicherungsvertrag zwischen der Schweiz und Deutschland (BBl 2001 1053). Im Rahmen dieser Vereinbarung sind inzwischen mehrere
Rückversicherungsgeschäfte mit der deutschen Hermes Kreditversicherungs-AG zustande gekommen; zum Teil sind diese Geschäfte recht umfangreich, zum Teil betreffen sie relativ schwierige Märkte. Die Rückversicherungsverträge mit

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Frankreich (BBl 2002 1513) und Österreich (BBl 2002 1540) sind seit Mai 2002 in Kraft.

9.2.3.2

Besonderer Teil: Grundzüge des Vertrages

Die vorliegenden Rückversicherungsverträge sind weitgehend identisch mit den Abkommen mit Deutschland, Österreich und Frankreich. Die nachfolgenden Erläuterungen sind daher weniger ausführlich als die zu den bestehenden Rückversicherungsverträgen.

9.2.3.2.1

Anwendbarkeit und Verhältnis zwischen Erst- und Rückversicherer

Nach den Verträgen mit CESCE und SACE kann die eine Partei der anderen für konkrete Exportgeschäfte vorschlagen, eine Rückversicherungsdeckung zu übernehmen (je Art. 1). Die um Rückversicherung angegangene Partei muss dann prüfen, ob sie die Deckung übernehmen kann. Aus Gründen der Rechtsgleichheit muss die ERG einen Exporteur, für dessen Geschäft sie eine Rückversicherung gewährt, behandeln wie wenn sie als Erstversicherer auftreten würde. Als Rückversicherer darf die ERG nur jene Risiken decken, welche nach Artikel 4 und 5 des Bundesgesetzes vom 26. September 1958 über die Exportrisikogarantie (SR 946.11, ERGG) und Artikel 3 und 10 der Verordnung vom 15. Juni 1998 über die Exportrisikogarantie (SR 946.111, ERGV) versicherbar sind; ausserdem gelten der maximale Deckungssatz gemäss Artikel 6 ERGG und die Regeln über den schweizerischen Hersteller und Leistungsursprung nach Artikel 2 ERGV (vgl. je auch Art. 4 der Verträge).

Den Grundsätzen der Rückversicherung entsprechend entscheidet im Schadenfall der Erstversicherer, ob die Voraussetzungen für eine Entschädigungsleistung erfüllt sind und er dem Exporteur Deckung leisten muss. Wenn der Erstversicherer alsdann die Rückversicherung geltend macht, prüft der Rückversicherer, ob die Voraussetzungen für die Leistung der Rückversicherungsentschädigung vorliegen. Ist das der Fall, muss der Rückversicherer eine Entschädigung leisten; er kann die Zahlung nur verweigern, wenn der Erstversicherer bei seinem Entscheid den Rückversicherungsvertrag oder besondere Bedingungen des einzelnen Rückversicherungsgeschäfts verletzt hat.

Auch tritt gegenüber dem Exporteur und Dritten ausschliesslich der Erstversicherer in Erscheinung und der Rückversicherer bleibt im Hintergrund; das Rückversicherungsverhältnis ist nur zwischen seinen Parteien bedeutsam. Bei wesentlichen Entscheidungen hat der Erstversicherer den Rückversicherer jedoch zu konsultieren.

Will der Erstversicherer auf Forderungen verzichten, genügt die Konsultation nicht.

Dazu benötigt er die Zustimmung des Rückversicherers (Art. 12 Ziff. 2 der Verträge); die Zustimmung ist im Innenverhältnis der Parteien von Bedeutung.

Ob eine Rückversicherung gewährt werden soll, entscheidet die Exportkreditversicherung im Land des Unterlieferanten in jedem einzelnen Fall; es besteht keine Rückversicherungspflicht, wenn die Voraussetzungen für die Anwendung des Rückversicherungsvertrags gegeben sind.

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9.2.3.2.2

Versicherungsumfang und Verfahren

Die Höhe der Rückversicherung bestimmt sich nach dem Verhältnis des spanischen oder italienischen und des schweizerischen Lieferanteils (je Art. 7, Anhang A). Als Erstversicherer tritt in der Regel jene Exportkreditversicherung auf, aus deren Land der wertmässig grössere Anteil an Exportleistungen stammt; mit Rücksicht auf besondere Verhältnisse und Bedürfnisse im einzelnen Fall kann dieser Grundsatz flexibel gehandhabt werden (je Art. 6). Der Erstversicherer schuldet dem Rückversicherer eine Rückversicherungsprämie. Sie wird grundsätzlich als Anteil an der Gesamtprämie berechnet, welcher dem Rückversicherungsanteil entspricht (je Art. 10 Abs. 1 Bst. a).

Die Verfahrensregeln für die Abwicklung eines Rückversicherungsgeschäfts zwischen Erst- und Rückversicherer sind in Anlage 3 und den Anhängen geregelt (je Art. 13).

9.2.3.2.3

Vertragsparteien und Inkrafttreten

Parteien der Verträge sind die Schweizerische Eidgenossenschaft einerseits und der spanische Staat bzw. die SACE andererseits. Der spanische Staat wird durch die Compañía Española de Seguros de Crédito a la Exportación, S.A., Cía de Seguros y Reaseguros (CESCE) vertreten, eine privatrechtliche Körperschaft mit Sitz in Madrid. Mit der Verordnung des Wirtschaftsministeriums vom 12. Februar 1998 ist der CESCE die Zuständigkeit übertragen worden, Rückversicherungsverträge auf Rechnung des spanischen Staates abzuschliessen. Das italienische Istituto per i Servizi Assicurative del Commerco Estero (SACE) ist eine öffentlich-rechtliche Körperschaft, die mit dem Legislativdekret Nr. 143 vom 31. März 1998 (geändert durch das Legislativdekret Nr. 170 vom 27. Mai 1999) errichtet und mit der Durchführung der italienischen Exportkreditversicherung betraut worden ist. Gemäss Art. 3 des Dekrets ist SACE ermächtigt, die dazu erforderlichen Verträge abzuschliessen.

Dagegen verfügt die schweizerische Geschäftsstelle für die Exportrisikogarantie als mit der Geschäftsführung der Exportrisikogarantie betraute Stelle des Bundes über keine eigene Rechtspersönlichkeit.

Die Verträge treten nach ihrer Unterzeichnung mit der Ratifikation durch die Geschäftsstelle für die ERG in Kraft (je Art. 17 Ziff. 1). Unter Beachtung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kann der Vertrag mit CESCE jeweils auf das Ende eines Kalendermonats und jener mit SACE auf das Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden (je Art. 17 Ziff. 2). Die Kündigung hat selbstverständlich keine Auswirkungen auf Rückversicherungsverpflichtungen, welche die Parteien vor der Beendigung des Vertrags eingegangen sind; sie bleiben weiterhin wirksam.

9.2.3.3

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die Anwendung der Verträge hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Bundeshaushalt. Sowohl die einzelnen Rückversicherungsgeschäfte, welche im Rahmen dieser Verträge abgeschlossen werden, als auch die Personal- und anderen Verwaltungskosten der Geschäftsstelle für die ERG werden über den Fonds für die Exportrisikogarantie abgewickelt. Dieser rechtlich unselbstständige, eigenwirt-

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schaftliche Fonds ist nicht Bestandteil der Finanzrechnung des Bundes (Art. 6a ERGG).

9.2.3.4

Regulierungsfolgeabschätzung

Die vorliegenden Verträge finden ihre Begründung in der wachsenden Internationalisierung der Wirtschaft und der damit verbundenen abnehmenden Wertschöpfungstiefe im Inland.

Nutzniesser dieser Massnahme sind jene Unternehmen (und damit ihre Beschäftigten), die gegen Entrichtung einer Prämie in den Genuss einer Exportrisikogarantie gelangen können. Sie haben es einfacher, im Wettbewerb um Exportaufträge geeignete spanische oder italienische Unterlieferanten beizuziehen. Nutzniesser sind auch schweizerische Zulieferer von in Spanien und Italien domizilierten Anbietern, weil sie nur noch mit diesen in einem Vertragsverhältnis stehen und nicht zusätzlich Verträge mit deren Kunden und der schweizerischen ERG abschliessen müssen.

Die Massnahme bewirkt tendenziell eine Steigerung der internationalen Arbeitsteilung, was positive Wohlstandseffekte erwarten lässt. Die Unterstützung in Form von Garantien ist weitgehend international harmonisiert; für risikobehaftete Geschäfte gilt die Exportkreditversicherung als notwendige, nicht aber hinreichende Voraussetzung zur Teilnahme am Wettbewerb. In der Regel entscheidet der Markt auf Grund technischer und preislicher Faktoren über die Konkurrenzfähigkeit der Exporteure.

Schweizerische Lieferanten müssen bei den heute fehlenden Rückversicherungsmöglichkeiten ihren Unterlieferanten mehr Risiken überbinden als Unterlieferanten aus jenen Staaten, deren Exportkreditversicherungen durch Rückversicherungsverträge wie die vorliegenden bereits mit der CESCE oder SACE zusammenarbeiten; das ist ein Wettbewerbsnachteil.

Allfällige Vollzugsprobleme (z. B. Zuständigkeit für Anweisungen der Versicherer hinsichtlich Massnahmen zur Schadensbegrenzung) sollten dank der eingehenden Vertragsregelungen vermieden werden können.

9.2.3.5

Legislaturplanung

Die Verträge entsprechen der Absicht von Ziel 3 (Einsatz zu Gunsten einer offenen und nachhaltigen Weltwirtschaftsordnung; R7 Weiterentwicklung einer nachhaltigen Aussenwirtschaftspolitik) des Berichts über die Legislaturplanung 1999­2003 (BBl 2000 2276); danach wird der Bundesrat u.a. die Dienstleistungen der Exportrisikogarantie überprüfen. Rückversicherungsverträge erleichtern die internationale Zusammenarbeit unter Exportkreditversicherungen und Exporteuren innerhalb des bestehenden rechtlichen Handlungsrahmens unserer ERG.

9.2.3.6

Verhältnis zum europäischen Recht

1998 hat die EU eine Richtlinie zur Harmonisierung der wichtigsten EKVBestimmungen für mittel- und langfristige Geschäfte erlassen. Im Rahmen dieses Gemeinschaftsrechts liegt die Zuständigkeit für die staatlichen Exportkreditversiche963

rungen heute bei den Mitgliedstaaten. Die europäischen und aussereuropäischen Industrieländer einschliesslich der Mitgliedstaaten der EU koordinieren ihre EKVDeckungen im Rahmen der Berner Union, einem nach schweizerischem Recht konstituierten Verein. Die vorliegenden Verträge stimmen sowohl von den Zielen als auch den Lösungsansätzen her mit den Verträgen der anderen europäischen Exportkreditversicherungen überein. Spanien und Italien können auch im Rahmen des Rückversicherungsvertrages als Erst- oder Rückversicherer keine Leistungen erbringen, die mit den EU-Bestimmungen nicht vereinbar wären; damit sind auch der Schweiz Grenzen für Leistungen der ERG unter den Rückversicherungsverträgen gesetzt.

9.2.3.7

Verfassungsmässigkeit

Es ist verfassungsmässige Aufgabe des Bundes, die Interessen der schweizerischen Wirtschaft im Ausland zu wahren (Art. 101 BV). Auch ist der Bund zuständig, Massnahmen für eine ausgeglichene konjunkturelle Entwicklung, insbesondere zur Verhütung und Bekämpfung von Arbeitslosigkeit zu treffen (Art. 100 Abs. 1 BV).

Die Schaffung und Erhaltung von Arbeitsgelegenheiten und die Förderung des Aussenhandels sind Zwecke, die bereits in Artikel 1 des Bundesgesetzes über die Exportrisikogarantie von 1958 genannt sind. Die vorliegenden Rückversicherungsabkommen tragen der seit dem Erlass zunehmenden Beteiligung von Zulieferern aus mehreren Staaten an einem Exportgeschäft Rechnung. Garantienehmer der ERG und Deckungsnehmer von CESCE und SACE mit einer Rückversicherung der ERG werden materiell gleich behandelt; bei der Gewährung einer Rückversicherung sind Gesetz und Verordnung über die ERG zu beachten (vgl. Ziff. 9.2.3.2.1). Ausserdem ist der Bund zuständig für die auswärtigen Angelegenheiten (Art. 54 BV), wozu insbesondere der Abschluss von Staatsverträgen gehört. Das Rückversicherungsabkommen stützt sich damit auf eine genügende verfassungsmässige Grundlage.

Für die Genehmigung der vorliegenden Abkommen ist die Bundesversammlung zuständig (Art. 166 Abs. 2 BV). Die Abkommen sind kündbar, sie sehen weder den Beitritt zu einer internationalen Organisation noch eine multilaterale Rechtsvereinheitlichung vor. Mit den Abkommen ist kein Beitritt zu Organisationen für kollektive Sicherheit oder zu supranationalen Gemeinschaften verbunden. Der Ihnen unterbreitete Bundesbeschluss unterliegt somit weder dem obligatorischen (Art. 140 Abs. 1 Bst. b BV) noch dem fakultativen Referendum (Art. 141 Abs. 1 Bst. d BV).

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