zu 02.063 Die Rolle von Bundesrat und Bundesverwaltung im Zusammenhang mit der Swissair-Krise Bericht vom 19. September 2002 der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates Stellungnahme des Bundesrates vom 30. April 2003

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK-S) gibt dem Bundesrat Gelegenheit, sich zu äussern über den Stand der Arbeiten zur Umsetzung der parlamentarischen Vorstösse, die der Ständerat in der Wintersession 2002 gestützt auf den Bericht der GPK-S überwiesen hat. Gemäss Artikel 46 Absatz 1 des Geschäftsverkehrsgesetzes (GVG; SR 171.11) unterbreiten wir Ihnen unsere Stellungnahme.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unsere vorzügliche Hochachtung.

30. April 2003

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Pascal Couchepin Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2003-0409

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Die Folgen der Krise bei der Schweizerischen Fluggesellschaft Swissair für den Bund und die vorübergehenden Stilllegung des Flugbetriebs der Swissair vom 2./3. Oktober 2001 veranlassten die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK-S), eine Untersuchung zu eröffnen. Die GPK-S richtete ihre Untersuchung auf mögliche Verantwortlichkeiten des Bundes aus und klärte die Wahrnehmung der Bundesaufsicht im Bereich der Zivilluftfahrt, die Rolle des Bundes als Aktionär und Mitglied des Verwaltungsrates der SAirGroup sowie das Verhalten von Bundesrat und Bundesverwaltung in der Swissair-Krise ab. Die Kommission kommt zum Schluss, dass aus heutiger Sicht keine Verantwortlichkeiten der Bundesorgane für den Verlauf und den dramatischen Ausgang der Krise ersichtlich sind. Allerdings sind ihrer Ansicht nach die Lehren für den Bund aus dem Fall Swissair hauptsächlich auf der Ebene der Aufsicht und der Früherkennung zu ziehen. Sie fordert in ihrem Bericht vom 19. September 2002 den Bundesrat auf, einzelne Fragestellungen im Luftrecht (Zuständigkeit für Streckenkonzessionen, Befristung der Betriebsbewilligungen) sowie im Sanierungsrecht zu überprüfen (gesetzliche Interessenvertretung im Sanierungsprozess, sanierungsfreundlichere Ausgestaltung des SchKG) und eine neue Luftverkehrspolitik zu formulieren. Schliesslich empfiehlt die Kommission dem Bundesrat, die internationalen Bemühungen der Flugindustrie zu unterstützen, die Flugpassagiere gegen die überraschende Stilllegung des Flugbetriebs einer Fluggesellschaft zu schützen.

Auf Grund des Berichts der GPK-S überwies der Ständerat 10 Empfehlungen, 1 Motion und 6 Postulate. Die Kommission hat den Bundesrat aufgefordert, über den Stand der Umsetzung der parlamentarischen Vorstösse zu informieren. Darauf bezieht sich die nachfolgende Stellungnahme. Das UVEK wurde als federführendes Departement für die Koordination und Bearbeitung der einzelnen Stellungnahmen, die aus vier Departementen (UVEK, EFV, EVD, EJPD) stammen, bestimmt.

2

Stellungnahme des Bundesrates zum Stand der Umsetzungen

2.1

Die Aufsicht des Bundes über die Zivilluftfahrt (Parlamentarische Vorstösse auf Grund von Ziffer 3 des Berichts der GPK-S vom 19.9.2002)

Empfehlung 1 (02.3459): Verstärkung der Aufsicht des UVEK über das BAZL Das UVEK hat die Tätigkeit des BAZL enger zu begleiten und für eine regelmässige Überprüfung der Aufsichtspraxis des BAZL zu sorgen. Es schafft vermehrt Transparenz über die Aufsichtstätigkeit des BAZL.

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Stand der Umsetzung 1. Strategie Der Bundesrat hatte seine Bereitschaft, diese Empfehlung entgegen zu nehmen, wie folgt begründet (Stellungnahme des Bundesrates vom 20.11.02): «Das UVEK beabsichtigt, die Sicherheitsaufsicht des BAZL periodisch durch ein externes Audit überprüfen zu lassen; vorbehalten bleiben die Resultate der vom UVEK im September 2002 in Auftrag gegebenen Expertise über die Sicherheit der Zivilluftfahrt in der Schweiz. Eine Verstärkung der Aufsicht bedingt zusätzliche Ressourcen; wir gehen davon aus, dass die eidgenössischen Räte die benötigten Mittel bewilligen werden.» Bereits aus dieser Begründung geht hervor, welche Strategie der Bundesrat bei der Umsetzung dieser Empfehlung verfolgt: ­

Priorität hat die Aufsicht über jene Tätigkeiten des BAZL, die für die Sicherheit der Zivilluftfahrt relevant sind.

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Das BAZL ist nicht der einzige Akteur, von dessen Leistung die Sicherheit der Zivilluftfahrt in der Schweiz abhängt. Andere wichtige Akteure auf diesem Gebiet sind die Luftfahrtgesellschaften, die Landesflughäfen, die (vom Bund beherrschte) Firma Skyguide sowie das Büro für Flugunfalluntersuchungen (BFU) und die Eidg. Flugunfallkommission (EFUK). Weil alle diese Akteure auf vielfältige Weise aufeinander einwirken, bilden sie in ihrer Gesamtheit jenes «System», von dessen Leistung die Sicherheit der Zivilluftfahrt schliesslich abhängt.

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Die schweren Flugunfälle bei Nassenwil, Bassersdorf und Überlingen haben das UVEK veranlasst, dieses gesamte System durch eine externe Firma mit einschlägigem Know-how auf seine Effektivität und Effizienz hin überprüfen zu lassen.

­

Sollte die Expertise zum Schluss kommen, dass am heutigen System keine grundlegenden Änderungen vorgenommen werden müssen, wird das UVEK die Wahrnehmung der für die Sicherheit relevanten Aufgaben durch das BAZL künftig periodisch durch externe Audits überprüfen lassen. (Dies soll übrigens nicht nur für das BAZL, sondern für alle UVEK-Ämter gelten, die sicherheitsrelevante Kontrollen durchführen.)

­

Sollte die Expertise aufzeigen, dass dem BAZL im heutigen System wohl die richtigen Aufgaben zugewiesen sind, das Amt diese Aufgaben jedoch wegen ungenügender personeller Ressourcen nicht korrekt wahrnehmen kann, wird der Bundesrat den Eidg. Räten eine Erhöhung des Personalbudgets für dieses Amt beantragen. Das Gleiche würde gelten, wenn spätere Audits einen personellen Unterbestand beim BAZL aufzeigen würden.

2. Aktueller Stand der Umsetzung Am 26. September 2002 hat das UVEK der niederländischen Firma National Aerospace Laboratory (NLR) folgenden Auftrag erteilt: «Erstellung eines umfassenden Berichts über die Zweckmässigkeit der Safety-Regulation- und Safety-Management-Systeme der schweizerischen Zivilluftfahrt».

Die Beauftragte hat die Arbeit am 1. Oktober 2002 aufgenommen und soll sie bis Ende Juni 2003 abschliessen. Die Verspätung von sieben Wochen gegenüber dem ursprünglich vereinbarten Zeitplan ist hauptsächlich durch die Erkrankung des 4295

Projektleiters bedingt; ferner hat das UVEK nachträglich den Auftrag leicht erweitert (z.B. Durchführung von zusätzlichen Interviews).

Der Auftrag umfasst ­ vereinfachend ausgedrückt ­ zwei methodische Schritte: ­

Im ersten Schritt soll NLR die vorhandenen internationalen Normen und Empfehlungen für den Aufbau eines effektiven und effizienten SicherheitsManagements in der Zivilluftfahrt sichten und gestützt darauf die Schlüsselfunktionen für ein effektives und effizientes Sicherheits-Management ermitteln. Ein besonderes Augenmerk soll dabei den existierenden Management-Systemen in hoch entwickelten westeuropäischen Staaten gelten.

­

Im zweiten Schritt soll NLR das aktuelle schweizerische Sicherheits-System analysieren und es dem Ergebnis des ersten Schrittes gegenüber stellen.

Ergibt dieser Vergleich Defizite bei der Sicherstellung von Schlüsselfunktionen für ein effektives und effizientes System, soll NLR diese benennen und Vorschläge zu deren Behebung formulieren.

Weitere Massnahmen, Zeitplan Im Januar 2003 hat NLR fristgerecht den vertraglich verlangten Zwischenbericht vorgelegt. Vereinbarungsgemäss beschränkt er sich auf Aspekte, die für das formale Controlling der Auftragsabwicklung von Belang sind, und verzichtete auf den Vortrag von materiellen Zwischenergebnissen. Dem Bericht ist zu entnehmen, dass der Auftrag «auf Kurs» ist. Zwar konnten einige der zahlreichen Interviews mit Vertretern von Behörden, Airlines, Flughafenunternehmungen und der Skyguide, die ein wichtiges Element der zweiten Projektphase ausmachen, erst mit einiger Verspätung auf den ursprünglichen Zeitplan durchgeführt werden, wobei die Gründe dafür nicht bei der NLR liegen. NLR rechnet aber damit, diese Verspätung aufholen zu können.

Das UVEK beabsichtigt, den Schlussbericht ­ wie von der Beauftragten bereits während der Vertragsverhandlungen selber angeregt ­ nach dem Eintreffen einem Panel von 3­5 Experten mit der Bitte um ein kurzes Ko-Referat vorzulegen. Ein Teil dieses Panels ist bereits bestimmt.

Empfehlung 2 (02.3460): Verstärkung der Aufsicht über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Fluggesellschaften Die GPK-S fordert den Bundesrat auf, die Voraussetzungen für eine vertiefte Aufsicht über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Fluggesellschaften zu schaffen. Das BAZL ist anzuweisen, seine bisherige Praxis zu ändern. Die fachlichen Kompetenzen des BAZL müssen verstärkt werden, damit es die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Fluggesellschaften beurteilen kann. Gegenüber der Aufsichtsbehörde sind spezifische Meldepflichten der Fluggesellschaften bei finanziellen Schwierigkeiten vorzusehen.

Stand der Umsetzung Mit dem Inkrafttreten des sektoriellen Abkommens über den Luftverkehr zwischen der Schweiz und der Europäischen Gemeinschaft am 1. Juni 2002 hat die Schweiz als Bestandteil des dritten Liberalisierungspakets auch die Verordnung (EWG) Nr. 2407/92 des Rates vom 23. Juli 1992 über die Erteilung von Betriebsgenehmi-

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gungen an Luftfahrtunternehmungen (2407/92, ABl. EG Nr. L 240 vom 24.8.1992, S. 1) übernommen. Diese ist somit seit dem 1. Juni 2002 in der Schweiz direkt anwendbar. Das BAZL wendet diese seither an. Eine Anweisung hierzu war nicht erforderlich. Der Bundesrat geht davon aus, dass mit der Übernahme dieser Verordnung die von der GPK-S geforderte Rechtsgrundlage für eine «verstärkte Aufsicht über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Fluggesellschaften» gegeben ist.

Die Verordnung 2407/92 sieht unter anderem genau umschriebene Meldepflichten finanzieller Art für Luftverkehrsunternehmen vor. Das BAZL hat deshalb die neusten Betriebsbewilligungen angepasst und verlangt neu von den Luftfahrtunternehmen, dass sie jedes Jahr spätestens sechs Monate nach Abschluss des Geschäftsjahres einen geprüften Geschäftsbericht einzureichen haben. Darüber hinaus haben diese dem BAZL auf Verlangen einen Wirtschaftsplan einschliesslich Gewinn- und Verlustrechnung (Plan-Bilanz) für das kommende Jahr zu präsentieren. Schliesslich kann das BAZL weitere Auskünfte einverlangen, wie sie im Anhang zur Verordnung 2407/92 aufgezählt sind. Für die Bewertung dieser Unterlagen genügt in aller Regel der beim BAZL verfügbare betriebswirtschaftliche Sachverstand. Sollten im Einzelfall spezifische Fachkenntnisse erforderlich sein, so wird das BAZL externe Experten beiziehen.

Weitere Massnahmen, Zeitplan Die Verordnung 2407/92 präzisiert auch die Kriterien bei einem allfälligen Entzug einer Betriebsbewilligung. Ist die Aufsichtsbehörde nicht davon überzeugt, dass ein Luftverkehrsunternehmen während eines Zeitraums von zwölf Monaten seinen tatsächlichen und möglichen Verpflichtungen nachkommen kann, so kann sie die Betriebsbewilligung entziehen. Wann das subjektive Kriterium der «Überzeugung» erfüllt ist und wann nicht, muss im Einklang mit der von den übrigen EU-Mitgliedern entwickelten Praxis ausgestaltet werden. Das BAZL ist mit ausgewählten europäischen Luftfahrtämtern in Kontakt und erstellt derzeit einen entsprechenden Kriterienkatalog.

In Bezug auf die zeitliche Gültigkeit von Betriebsbewilligung sieht die Verordnung 2407/92 im Gegensatz zu den Bestimmungen im Luftfahrtgesetz (SR 748.0) und in der Luftfahrtverordnung (SR 748.01) keine Befristung vor. Eine Betriebsbewilligung gilt so lange, wie das Luftfahrtunternehmen seinen
Verpflichtungen nach der Verordnung 2407/92 nachkommt. Sind die Anforderungen der Verordnung nicht mehr erfüllt, ist die Betriebsbewilligung zu entziehen. Vor diesem Hintergrund ist die im schweizerischen Luftrecht enthaltene Befristung einer Betriebsbewilligung nicht sinnvoll, zumal auch die übrigen operationellen und technischen Bewilligungen nicht zwingend einer Befristung unterliegen. Weil eine Befristung keine inhaltlichen Auswirkungen auf die operationelle, technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Luftfahrtunternehmens hat und da die Verordnung 2407/92 den Bestimmungen im Luftfahrtgesetz und in der Luftfahrtverordnung vorgeht, ist eine Änderung des Luftfahrtgesetzes und der Luftfahrtverordnung nicht prioritär in Angriff zu nehmen. Hingegen wird der Bundesrat aus Transparenzgründen die entsprechenden Bestimmungen im Rahmen anderer anstehender Rechtsanpassungen bis Ende 2004 ändern.

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Motion 1 (02.3469, als Postulat überwiesen):

Verweis des Luftfahrtgesetzes auf das EG-Recht

Die GPK-S beauftragt den Bundesrat, einen Entwurf zu einem revidierten Artikel 27 Absatz 2 Buchstabe c des Luftfahrtgesetzes (LFG) vorzulegen. Der revidierte Artikel hat bezüglich der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auf die Anforderungen der EG-Verordnung 2470/92 zu verweisen.

Stand der Umsetzung Als Bestandteil des Luftverkehrsabkommens zwischen der Schweiz und der Europäischen Gemeinschaft findet unter anderem auch die EG-Verordnung 2407/92 unmittelbare Anwendung in der Schweiz und braucht daher nicht in das schweizerische Recht umgesetzt zu werden (BBl 1999 6259 f.).

Um die mit dem bilateralen Luftverkehrsabkommen übernommenen Regelungen im Luftfahrtrecht besser sichtbar zu machen, wird eine Lösung in Betracht gezogen, die lediglich deklaratorischen Charakter hat. So kann beispielsweise die Luftfahrtverordnung mit einem Anhang versehen werden, welcher sämtliche Verordnungen und Richtlinien aufführt, die für die Schweiz auf Grund des Luftverkehrsabkommens seit dem 1. Juni 2002 Geltung haben.

Weitere Massnahmen, Zeitplan Sofern die oben genannte Lösung gewählt wird, kann die Änderung der Luftfahrtverordnung Mitte 2004 in Kraft treten.

Empfehlung 3 (02.3461): Präzisierungen für den Entzug einer Betriebsbewilligung Die GPK-S fordert den Bundesrat auf, geeignete und präzise Kriterien und Verfahren zu bestimmen, wonach das BAZL Massnahmen treffen kann, wenn ihm die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Fluggesellschaft nicht mehr glaubhaft erscheint. Insbesondere präzisiert er die Voraussetzungen und Verfahrensschritte für den Entzug der Betriebsbewilligung.

Stand der Umsetzung, Weitere Massnahmen, Zeitplan Wir verweisen auf die Ausführungen zu Empfehlung 2.

Empfehlung 4 (02.3462): Regelmässige Überprüfung möglicher Interessenkonflikte durch das UVEK Das UVEK überprüft im Rahmen seiner Führungsverantwortung in regelmässigen Abständen, ob das BAZL bzw. das BFU ihre Aufgabe frei von Interessenkonflikten gegenüber den beaufsichtigten Fluggesellschaften und Luftfahrtbetrieben wahrgenommen haben.

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Stand der Umsetzung Wie der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 20. November 2002 erklärt hat, erfolgt die nächste Überprüfung im Rahmen des laufenden Expertenauftrags über die Sicherheit der Zivilluftfahrt in der Schweiz, welchen das UVEK im September 2002 vergeben hat und der im Juni 2003 abgeschlossen sein wird. Der Stand dieses Expertenauftrages wird bei der Empfehlung 1 (02.3459) referiert, so dass darauf verwiesen werden kann.

Empfehlung 5 (02.3463): Überprüfung der personellen Ressourcen des BAZL Die GPK-S fordert den Bundesrat auf, die personellen Ressourcen des BAZL in quantitativer und qualitativer Hinsicht zu überprüfen, um ein hohes Sicherheitsniveau der Zivilluftfahrt zu gewährleisten. Er trifft die allenfalls notwendigen Massnahmen zur Gewährleistung einer qualifizierten Sicherheitsaufsicht.

Stand der Umsetzung Das UVEK hat im ersten Quartal 2003 bei den Ämtern eine Erhebung durchgeführt, um Klarheit über die seit 2001 neu übertragenen zusätzlichen Aufgaben, einschliesslich Aufgabenerweiterungen, zu gewinnen. Die Ergebnisse dieser Umfrage werden nun ausgewertet und anschliessend vom Departement beurteilt und gewichtet. Anschliessend wird das UVEK entscheiden, für welche Aufgaben im Rahmen der vom EFD für die zweite Jahreshälfte vorgesehenen Gesamtschau der Personalressourcen dem Bundesrat Antrag gestellt werden soll.

Das BAZL ist in diese Prozesse einbezogen. Bei der Auswertung seiner Eingaben werden auch die Ergebnisse der NLR-Studie (siehe Empfehlung 1) einbezogen.

Sollte sich der insgesamt ausgewiesene Bedarf als überproportional erweisen, wird das UVEK, gestützt auf die Empfehlung der GPK-S, dem Bundesrat zuhanden des Parlamentes gesondert Antrag stellen. Auf Grund der durch das Entlastungsprogramm zur Sanierung der Bundesfinanzen auch im Personalbereich vorgesehenen Restriktionen wird es wahrscheinlich kaum möglich sein, diese zusätzlichen Mittel allein durch interne Prioritätenumlagerungen oder Aufstockungen zu Lasten der Bundesratsreserve zu beschaffen. Das Parlament wird also zu entscheiden haben, ob es seiner eigenen Forderung entsprechend eine Aufstockung des Plafonds vornehmen will.

Weitere Massnahmen, Zeitplan Zu erinnern ist an die zu Gunsten des BAZL getroffenen Sofortmassnahmen. Das UVEK hat durch interne Kreditabtretungen (Umverteilungen zu Lasten anderer Ämter)
dem BAZL für das Jahr 2002 1 Million Franken und für 2003 1,4 Millionen Franken zusätzliche Personalkredite bewilligt. Ausserdem bewilligte das Parlament mit dem Nachtrag I/2002 eine Aufstockung des Kredites für Dienstleistungen Dritter um 1,9 Millionen Franken zur Umsetzung dringender Sondermassnahmen. Diese Mittel werden in den Voranschlägen 2003 und 2004 fortgeschrieben.

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Postulat 1 ( 02.3471): Überprüfung der Zuständigkeit bei der Streckenkonzession Die GPK-S fordert den Bundesrat auf, die Regelung der Zuständigkeit bezüglich der Streckenkonzessionen im Luftfahrtgesetz zu überprüfen und darüber Bericht zu erstatten.

Stand der Umsetzung Wollen Luftverkehrsunternehmen regelmässig Passagiere und Güter auf einer Luftverkehrslinie befördern, so benötigen sie eine so genannte Streckenkonzession. Für Unternehmen mit Sitz in der Schweiz ist das UVEK für die Erteilung einer Streckenkonzession zuständig (Art. 28 des Luftfahrtgesetzes, LFG; SR 748.0). Für Unternehmen mit Sitz im Ausland erteilt grundsätzlich das BAZL die Streckenkonzession (Art. 30 LFG).

Die Erteilung einer Streckenkonzession ist heute eine Formsache. In den meisten Fällen hat ein Unternehmen auf Grund eines bilateralen Abkommens einen Anspruch auf die Erteilung von Verkehrsrechten (Anspruchskonzession). Die Schweiz hat heute mit ungefähr 140 Staaten solche Abkommen abgeschlossen. Mit der Europäischen Gemeinschaft besteht seit dem Inkrafttreten des Luftverkehrsabkommens am 1. Juni 2002 ein sehr liberales Regime, welches den Fluggesellschaften einen weitgehend freien Marktzugang zwischen der Schweiz und der Gemeinschaft garantiert. Mit den Ende März 2003 an der weltweiten Luftverkehrskonferenz der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) beschlossenen Liberalisierungsschritten ist davon auszugehen, dass die Gewährung von Verkehrsrechten und damit die Erteilung von Streckenkonzessionen inskünftig in noch grösserem Mass durch internationales Recht vorbestimmt wird.

Angesichts der zwingend anwendbaren bilateralen Vorschriften und des damit eingeschränkten Entscheidungsspielraums bei der Erteilung einer Streckenkonzession sowie auf Grund der beim BAZL vorhandenen Fachkompetenz ist es deshalb gerechtfertigt, die heute bestehende Zweiteilung für die Konzessionierung aufzuheben und die Zuständigkeit für die Erteilung von Streckenkonzessionen vollständig vom UVEK auf das BAZL zu übertragen.

Weitere Arbeiten, Zeitplan Der Bundesrat erachtet eine Änderung des Luftfahrtrechts in dieser Angelegenheit nicht als vordringlich. Die erforderlichen Anpassungen sollen deshalb im Zusammenhang mit den anderen anstehenden Gesetzesänderungen Ende 2004 in Kraft treten.

Postulat 2 (02.3472): Überprüfung der Befristung
von Betriebsbewilligungen Die GPK-S fordert den Bundesrat auf, die Regelung der Luftfahrtgesetzgebung betreffend die Befristung und Erneuerung der Betriebsbewilligungen zu überprüfen und darüber Bericht zu erstatten.

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Stand der Umsetzung, Weitere Massnahmen, Zeitplan Wir verweisen auf die Ausführungen zur Empfehlung 2.

2.2

Die Geschäftsführung von Bundesrat und Bundesverwaltung in der Swissair-Krise (Parlamentarische Vorstösse auf Grund von Ziffer 4 des Berichts)

Postulat 3 (02.3473): Früherkennung in der Volkswirtschaft Die GPK-S fordert den Bundesrat auf zu prüfen, ob für die Früherkennung der Lage der für die Volkswirtschaft der Schweiz bzw. des volkswirtschaftlichen Systems bedeutenden Unternehmen die gesetzlichen Grundlagen ausreichen oder solche geschaffen werden sollen.

Stand der Umsetzung Um die mit dem Postulat aufgeworfene Frage zu beantworten, ist es zunächst nötig, sich eine Übersicht über die bestehenden Instrumente zu verschaffen. Zu denken ist dabei insbesondere an die Beteiligungen des Bundes an privaten und halböffentlichen Unternehmen, an das Gesellschaftsrecht, an die Überwachung ausgewählter Wirtschaftszweige, an die Arbeitslosenversicherung und an die Stabilitätspolitik.

1. Gesellschaftsrecht Die grossen Gesellschaften, die von gesamtwirtschaftlicher Bedeutung sein können, sind in der Regel als Aktiengesellschaften organisiert. Entsprechend findet das Aktienrecht auf diese Gesellschaften Anwendung, das seinerseits mehrere für eine Früherkennung geeignete Instrumente bereithält: Führung durch einen persönlich verantwortlichen Verwaltungsrat, Revision der Bücher durch besonders befähigte Wirtschaftsprüfer, Einberufung der Generalversammlung und Sanierungsmassnahmen, wenn die Hälfte des Aktienkapitals und der gesetzlichen Reserven verloren ist usw. Hinzu kommt das Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, namentlich mit der Möglichkeit einer Nachlassstundung. Wenn weiter die Gesellschaft an der Börse kotiert ist, unterliegt sie der Auflage, kursrelevante Informationen publik zu machen. Da die Eidgenossenschaft nicht über bessere Befähigungen als Private verfügt, um die Entwicklung einer Gesellschaft zu beurteilen, liegt der Akzent auf verbesserter Information. Entsprechend ist das Rechnungslegungsrecht gegenwärtig in Revision (vgl. die Antwort auf die Motion 2: Verschärfung der gesetzlichen Bestimmungen zur Rechnungslegung und Unternehmenskontrolle).

2. Beteiligungen des Bundes Über ihre Beteiligung an privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Unternehmen übt die Eidgenossenschaft eine Überwachungsfunktion über diese Gesellschaften aus. Zu nennen sind insbesondere die folgenden Unternehmen, die für die Gesamtwirtschaft wichtig sind: die Post, die SBB und die Swisscom wie auch die Luftverkehrsgesellschaft Swiss. Hier ist der Bund entweder in den Leitungsorganen vertre-

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ten und wird so im Fall von Schwierigkeiten frühzeitig gewarnt, oder er ist über die Eignerstrategie und durch die Gutheissung der Rechnungsabschlüsse in die Unternehmensleitung eingebunden. Zu prüfen bleibt, ob es noch punktueller Verbesserungen bedarf; die Lage wäre auch dann neu anzusehen, wenn sich der Bund von der einen oder andern Beteiligung trennen sollte (Privatisierungen).

3. Überwachung auf regulierten oder einer Konzessionspflicht unterliegenden Märkten Wirtschaftszweige, die für die weitere Wirtschaft vitale Bedeutung haben, werden im Prinzip heute schon durch den Bund überwacht. Hier kann es um ehemalige Monopole gehen oder um Sektoren, die Externalitäten erzeugen. Zu nennen ist hier sicher der Finanzsektor mit den Banken (überwacht durch die Eidg. Bankenkommission), mit den Privatversicherungen (EJPD) und mit den Sozialversicherungen, insbesondere der Zweiten Säule (EDI). Als Zweites zu nennen ist der Transportsektor, etwa der Luftverkehrsbereich mit der Überwachung der Luftverkehrsgesellschaften und der Flughäfen (Bundesamt für Zivilluftfahrt). Mit Bezug auf die Nebenbetriebe der Luftfahrt (z.B. ex-Swissport, ex-Atraxis) kann festgehalten werden, dass anlässlich des Untergangs der Swissair private Gesellschaften die Unternehmen übernehmen konnten, ohne dass dies zu grossen Störungen führte; ob hier noch gesamtwirtschaftliche Risiken bestehen, bleibt allerdings zu klären. Der Personenverkehr (Eisenbahn, Bus, Schifffahrt) unterliegt gleichfalls einer Konzessionspflicht. Erzeugung und Verteilung von Elektrizität können für den Rest der Wirtschaft gleichfalls vital sein. Die Regulierung dieses Sektors ist noch in voller Entwicklung. Wegen des Scheiterns des Elektrizitätsmarktgesetzes am 22. September 2002 wurde die Frage jedenfalls nicht abschliessend gelöst; die Kompetenzen sind zwischen Bund (UVEK) und Kantonen geteilt. Zu erwähnen bleiben weiter der Gasmarkt, der geöffnet werden soll, und die Wasserversorgung, die von den Kantonen und Gemeinden geregelt wird. Angesichts der Vielfalt dieser regulierten Wirtschaftszweige ist ein Vorgehen nach Sektoren weit eher angezeigt als ein umfassender Ansatz mit dem gemeinsamen Nenner einer Rettung gefährdeter Gesellschaften.

4. Arbeitslosenversicherung Gerät eine grosse Gesellschaft in Schwierigkeiten und ist sie gezwungen, eine bedeutende
Zahl von Beschäftigten zu entlassen, so verfügt die Eidgenossenschaft sowohl über die Instrumente wie auch über die zur Betreuung dieser Personen nötigen Erfahrungen. Wie im Fall der Swissair gehen die kantonalen Stellen auf die Unternehmen zu und richten ein spezielles Arbeitsvermittlungszentrum ein.

Stellenberater aus andern Kantonen werden zur Verfügung gestellt, so dass das Arbeitsvermittlungszentrum rasch seine Funktion aufnehmen kann. Die Arbeitslosenversicherung ist somit auf solche Situationen vorbereitet, und mit Blick auf die Arbeitslosenversicherung ist eine Änderung der Rechtsgrundlagen im Sinne einer Früherkennung gegenwärtig nicht nötig.

5. Stabilitätspolitische Instrumente Der Geschäftsgang in gesamtwirtschaftlich bedeutenden Unternehmen hängt nicht nur von sektoriellen Entwicklungen ab, sondern auch von der Konjunkturlage. Eine frühzeitige Erkennung konjunktureller Risiken (Inflationsprognosen seitens der SNB, Vorausschätzungen der Ausstosslücke im Interesse der Budgetpolitik) gestattet es, die geeigneten Instrumente einzusetzen und so das Risiko zu senken, dass

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gesamtwirtschaftlich wichtige Unternehmen mit Schwierigkeiten konfrontiert sind, die gesamtwirtschaftliche Ursachen haben. Den konjunkturpolitischen Instrumenten, konkret der Geldpolitik der SNB und der Haushaltpolitik von Bund, Kantonen und Gemeinden, muss deshalb besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Gesetzesgrundlagen bestehen nicht nur, sie wurden auch kürzlich erst revidiert (Nationalbankgesetz, Schuldenbremse). Die Politiken selbst sind Gegenstand einer permanenten Überwachung, sowohl durch private wie öffentliche Institutionen, und dies auf einer sowohl nationalen wie internationalen Ebene.

Weiteres Vorgehen Beim weiteren Vorgehen geht es besonders um zwei Kategorien von Firmen: ­

Unternehmen, an denen der Bund eine Beteiligung hält,

­

Unternehmen, welche bereits vom Bund überwacht werden.

In diesem Zusammenhang sind insbesondere die Antworten zu den Empfehlungen 7 und 8 in diesem Bericht relevant. Sollten sich aus den Ergebnissen dieser Arbeiten gesetzliche Änderungen ergeben, so wird der Bundesrat die nötigen Schritte einleiten.

Mit Bezug auf weitere Unternehmen zeigt eine vorläufige Sichtung der Liste der grössten Schweizer Firmen, dass diese in Sektoren aktiv sind, in denen kaum gesamtwirtschaftliche Risiken bestehen. Darzulegen bleibt allerdings, was unter systemischen Risiken verstanden wird (z.B. Monopolstellungen, Netzwerkcharakteristika, oder Fehlen von Unternehmen, die an einer Übernahme interessiert sein könnten). Als Zweites muss vermieden werden, dass es zu einer Durchmischung privater und öffentlicher Verantwortlichkeiten kommt, und es muss insbesondere geklärt werden, welche andere Reaktion der Bund treffen soll, wenn er eine nachteilige Entwicklung feststellt, als den Einschuss öffentlicher Mittel in Aussicht zu stellen. Eine informierte Behörde sähe sich jedenfalls politisch verpflichtet zu handeln, so dass sich auch die Frage ihrer Verantwortlichkeit stellen würde. Darüber hinaus vermag allein schon die Tatsache, dass der Bund einschreiten könnte, der Privatwirtschaft ein falsches Zeichen zu geben und sie davon abzuhalten, alle Schritte zu ergreifen, die sie ohne diese Aussicht treffen würde. Dass ein Einschreiten nötig wird und dass es sich in der Folge wiederholt, würde so wahrscheinlicher («moral hazard»). Jedes Eingreifen wäre weiter mit politischen Auflagen verbunden, welche es dem Unternehmen erschweren würden, in die Gewinnzone zurückzufinden.

Empfehlung 6 (02.3464): Überprüfung der Beteiligungen des Bundes an privatwirtschaftlichen Unternehmen Die GPK-S fordert den Bundesrat auf, die Beteiligungspolitik des Bundes an privaten Unternehmen zu überprüfen (auch bestehende Beteiligungen sind kritisch zu hinterfragen). Insbesondere sind tatsächliche oder mögliche Interessenkonflikte zu beachten. Im Falle der Bundesbeteiligung sorgt der Bundesrat dafür, dass der Bund seine Kontroll- und Informationsrechte kritisch und nachhaltig ausüben kann.

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Stand der Umsetzung 1. Organhaftung/Vertretung des Bundes in Organen Dritter Ein zentraler Ausgangspunkt dieser Arbeiten bildete eine im Januar im Bundesrat geführte Aussprache zum Themenbereich «Organhaftung und Vertretung des Bundes in Organen Dritter». Gestützt darauf wurden die folgenden Aufträge erteilt: ­

Vervollständigung und permanente Aktualisierung der bestehenden Auflistung der Vertretungen des Bundes (BK)

­

Ausarbeitung eines Antrags zur Regelung der Haftung für einzelne Vertretungsverhältnisse, wobei im Sinne der Aussprache eine Verschärfung angestrebt wird (EFD).

­

Ausarbeitung von rechtsverbindlichen Vorschriften über die Vertretung des Bundes in Leitungsorganen Dritter. Die Vorschriften sollen insbesondere die Voraussetzungen und Bedingungen der Abordnung bzw. Entsendung, die Information und Instruktion unter Berücksichtigung allfälliger Interessenkonflikte festlegen (EFD).

Diese Arbeiten sollen nach Möglichkeit 2004 abgeschlossen werden.

2. Evaluation des Eignerinstrumentariums bei Bundesbetrieben Grossen Wert legen der Bundesrat und die hauptbetroffenen Departemente sodann auf eine umfassende Wahrnehmung der Eignerinteressen gegenüber den vor wenigen Jahren ausgelagerten ehemaligen Regiebetrieben (insbesondere Swisscom, Post, SBB, Ruag, Skyguide). Sie stützen sich dabei namentlich auf drei Instrumente: Festlegung der strategischen Ziele, Wahl (bzw. Abwahl) der Verwaltungsräte (direkt oder via Generalversammlung), Genehmigung der Jahresberichterstattung und der Rechnung (direkt oder via Generalversammlung). Von besonderer Bedeutung ist dabei die systematische Verknüpfung der drei Instrumente, so dass zwischen dem Eigentümer Bund und den Unternehmungen ein Steuerungsprozess entsteht, in welchem Ziele gesetzt, ihre Erreichung überprüft, Risiken frühzeitig erkannt und allenfalls Korrekturmassnahmen erfolgen können (Controlling-Prozess). Insgesamt ist festzuhalten, dass sich dieses Instrumentarium und seine Handhabung bewährt haben. Gleichwohl wird im EFD derzeit geprüft, nach Möglichkeit noch in der zweiten Hälfte 2003 eine Expertise in Auftrag zu geben, um vertieft abzuklären, ob damit die Informations- und Kontrollrechte nachhaltig und kritisch genug wahrgenommen werden können. Ziel ist, das Eignerinstrumentarium zu beurteilen, beispielsweise bezüglich Inhalt der strategischen Ziele, Zusammensetzung und Wahl der Verwaltungsräte, Controlling-Strukturen und -Prozesse seitens des Eigners und des Umgangs mit Ziel- und Interessenkonflikten.

3. Wahrnehmung der Eignerinteressen bei der Swiss Bei der Fluggesellschaft Swiss, an der der Bund zu rund 20 Prozent beteiligt ist, muss er seine Interessen mit anderen Mitteln wahrnehmen. Hier ist er darauf angewiesen, seinen Einfluss über einen vom Bundesrat nominierten Vertreter im Verwaltungsrat geltend zu machen. Rein rechtlich betrachtet ist dieser ein normales, durch die Generalversammlung gewähltes Mitglied des Verwaltungsrates (gemäss Art. 707 Abs. 3 OR); von einer Wahl gestützt auf Artikel 762 OR (Staatsvertreter) hat der Bundesrat bewusst Abstand genommen. Wegleitend für den Bundesvertreter sind damit in erster Linie die generellen Pflichten eines Verwaltungsratsmitgliedes.

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In Anbetracht des hohen Einsatzes an öffentlichen Geldern und der nicht unbeträchtlichen Risiken dieses Engagements wurden die Orientierungs- und Informationspflichten des Bundesvertreters mit den Vorstehern des UVEK und des EFD schriftlich vereinbart. Diese wie im Weiteren auch die Direktoren der Aufsichts- und Regulationsbehörde (BAZL) und des Fachamts für Wirtschaftsfragen (seco) werden regelmässig über die im Verwaltungsrat anstehenden Traktanden und den Gang der Geschäfte informiert. Ebenfalls geregelt ist die Orientierung der Kantone und parlamentarischer Kommissionen. Dieser regelmässige Informationsaustausch hat sich eingespielt; Änderungen drängen sich aus heutiger Sicht keine auf.

4. Beteiligungsstrategie Transportunternehmungen Zu prüfen sind Änderungen hingegen im Verhältnis des Bundes zu den rund 50 Transportunternehmungen. Diese Beteiligungen sind oft eher zufällig und meist durch besondere Umstände und Ereignisse zustande gekommen; eine eigentliche Strategie besteht bis heute nicht. Im Auftrag des UVEK hat deshalb das zuständige Fachamt eine Überprüfung dieser Beteiligungen eingeleitet mit dem Ziel, mittelfristig neue Grundlagen für die Gestaltung der «Bahnlandschaft Schweiz» zu erarbeiten.

Empfehlung 7 (02.3465): Frühzeitige Entwicklung von möglichen Szenarien Die GPK-S fordert den Bundesrat auf, in Krisensituationen, die den Bund in entscheidender Weise betreffen könnten, möglichst frühzeitig Szenarien möglicher Entwicklungen und Auswirkungen auf den Bund zu entwerfen. Er trifft gegebenenfalls vorbehaltene Entscheide und richtet rechtzeitig einen Krisenstab ein.

Empfehlung 8 (02.3466): Koordination und Weiterentwicklung der Früherkennung durch den Bund Die GPK-S fordert den Bundesrat auf, die Koordination der bestehenden Früherkennungsstellen in der Bundesverwaltung zu gewährleisten und sich selbst für die Früherkennung von potenziellen politischen Herausforderungen und Krisen zu sensibilisieren. Insbesondere ist eine Früherkennung zu entwickeln, die sich mit der Lage derjenigen Unternehmen befasst, die für die Volkswirtschaft des Landes von systemrelevanter Bedeutung sind.

Stand der Umsetzung Einleitend ist daran zu erinnern, dass der Bundesrat beide Empfehlungen nur mit gewichtigen Vorbehalten entgegen genommen hat: Die Früherkennung der Lage von volkswirtschaftlich relevanten Unternehmen und ­ darauf abgestützt ­ die frühzeitige Entwicklung von Szenarien dürfen unter keinen Umständen zu einer Verwischung von Verantwortlichkeiten zwischen Unternehmensorganen und staatlichen Stellen führen. Sodann ist darauf zu achten, dass von solchen Aktivitäten keine falschen Signale und Anreize ausgehen, die einen «moral hazard» begünstigen könnten. Nicht zuletzt ist daran zu denken, dass Unternehmen, von denen bekannt wird, dass sie zum Objekt der Früherkennung des Bundes geworden sind, immenser

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Schaden zugefügt werden kann, für den der Bund gegebenenfalls sogar haftungsrechtliche Folgen zu tragen hätte.

Der Bundesrat teilt jedoch die Auffassung der GPK-S, dass diesen Fragen nicht ausgewichen werden darf, nur weil sie heikel sind. Indes muss dies Anlass sein, die Aktivitäten der Früherkennung und der allfälligen Entwicklung von Szenarien an klare Kriterien zu knüpfen.

Der Bundesrat stellt sich insbesondere auf den Standpunkt, dass eine erhöhte Verantwortung des Bundes nur bei Unternehmen gegeben ist, die der bundesstaatlichen Aufsicht unterliegen. Bei Unternehmen, auf die das nicht zutrifft, verfügt der Bund nicht über die zu einer systematischen Früherkennung nötigen Informationen, und hätte er sie, wäre keineswegs garantiert, dass er in der Lage wäre, daraus die sachgerechten Schlüsse zu ziehen. Gesondert zu betrachten sind sodann jene Unternehmen, an denen der Bund mehrheitlich oder doch massgebend beteiligt ist. Auch von ihnen können zwar systemrelevante Risiken ausgehen. Diese rechtzeitig zu erkennen und damit Gefahren für das Bundeseigentum und die schweizerische Volkswirtschaft nach Möglichkeit abzuwenden, ist indes eine Aufgabe, die sich im Rahmen der Wahrnehmung der Eignerinteressen stellt (siehe dazu weiter oben).

Weitere Massnahmen, Zeitplan 1. Risikoanalyse Mit dem Ziel, die Früherkennung von Risiken gezielt auszubauen, wurde vor einem Jahr eine breit angelegte Risikoanalyse in Auftrag gegeben. Sie bildet die Risikolandschaft des Bundes in groben Zügen ab, identifiziert Kernrisiken von grösserer und grosser Tragweite und beschreibt sie. Die Ergebnisse dieser Analyse sollen dem Bundesrat in Kürze unterbreitet werden zusammen mit Anträgen zum weiteren Vorgehen. In einem ersten Schritt wird es darum gehen, eine allgemeine Risikopolitik zu formulieren, in der namentlich die Strategie, der Umfang und die Verantwortung für das Risikomanagement definiert werden. Dieses bezweckt, das Wissen über die Risiken zu systematisieren und gegebenenfalls zu vertiefen, das Bewusstsein der für die Risiken Verantwortlichen zu schärfen bzw. sie zu bezeichnen und Lücken zu schliessen. An diesen ersten Schritt wird sich die Umsetzung auf der Stufe der einzelnen Kernrisiken anschliessen in Form einer Vertiefung der Risikoanalyse und der Erarbeitung von Massnahmen, welche die Vermeidung und Verminderung
der Risiken sowie den Umgang mit den Restrisiken (Versicherung) zum Gegenstand haben werden. Eine umfassende Risikoanalyse und ein flächendeckendes Risikomanagement binden beträchtliche finanzielle und personelle Ressourcen. Beide sind nur in beschränktem Masse vorhanden. Die Umsetzung kann deshalb nur schrittweise erfolgen.

2. Ausfallhaftung Zwar ist die Risikoanalyse im Wesentlichen auf die Bundesverwaltung im engeren Sinn beschränkt; im Verlauf des Projekts wurde aber auch versucht, einen Überblick über jene Organisationen zu gewinnen, für die gemäss Artikel 19 Verantwortlichkeitsgesetz eine Ausfallhaftung des Bundes besteht. Gestützt auf Vorarbeiten des EFD hat der Bundesrat zu diesem Themenkomplex bereits anfangs Jahr eine Aussprache geführt und in der Folge das EFD beauftragt, die begonnene Inventarisierung fortzuführen und ihm bis Herbst 2004 einen Antrag zu den Möglichkeiten der Verminderung von Risiken zu unterbreiten, die dem Bund aus der Ausfallhaftung 4306

entstehen (generelle oder unternehmensbezogene Aufhebung der Ausfallhaftung sowie anderer Haftungen und Garantien des Bundes).

3. Stabilität Finanzplatz Schweiz Besonders ausgeprägt ist die staatliche Regulierung und Aufsicht im Finanzbereich; hier kann somit das oben genannte Kriterium für die Wahrnehmung von Aufgaben der Früherkennung als erfüllt gelten. Zweck dieser Regulierungen ist der Anleger-, System- und Integritätsschutz. Die vorausschauende, auf die Prävention von Liquiditätsengpässen, Solvenzproblemen einzelner Unternehmen sowie systemische Verletzlichkeiten ausgerichtete Aufsichts- und Überwachungstätigkeit ist ständige Aufgabe der Finanzmarktaufsichtsbehörden und der Nationalbank. Der informelle Dialog zwischen EBK, SNB, BPV und dem EFD zu Fragen der Stabilität des Finanzsystems wurde insbesondere im Lichte des markanten Preiszerfalls an den Aktienmärkten bzw. dem unsicheren Wirtschaftsausblick und deren Konsequenzen für den Bankenund Versicherungssektor vertieft. Eine Verstärkung der Kapazitäten zur Früherkennung ist im Zuge von laufenden Gesetzesanpassungen im Gang. Als Teil der Totalrevision des Nationalbankgesetzes werden der SNB formelle Befugnisse zur Förderung der Stabilität des Finanzsystems und insbesondere zur Überwachung von Zahlungs- und Effektenabwicklungssystemen übertragen; sie arbeitet dabei mit der EBK zusammen. Das totalrevidierte Versicherungsaufsichtsgesetz, das dem Parlament im Frühling 2003 unterbreitet wird, enthält Vorschriften über die Gruppenund Konglomeratsaufsicht. Sie verankern formell die Einzellösungen, wie sie bereits heute gehandhabt werden.

4. Integrierte Finanzmarktaufsicht Zur Stärkung der Versicherungsaufsicht werden sodann auch institutionelle Massnahmen vorbereitet. Eine Ende 2001 vom Bundesrat eingesetzte Expertenkommission («Expertenkommission Zimmerli») hat unter anderem den Auftrag, einen Vorschlag für eine integrierte Finanzmarktaufsichtsbehörde auszuarbeiten. Sie hat ihre Arbeiten zum Organisationsteil der neuen Behörde «Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA)» inzwischen weitgehend abgeschlossen. Diese soll als öffentlichrechtliche Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestaltet werden. In der neuen Behörde sollen vorerst die EBK und das mit BRB vom 26. März 2003 ins EFD transferierte BPV organisatorisch zusammengeführt werden. Durch
die fachliche und institutionelle Integration der beiden Behörden kann einerseits den gestiegenen Anforderungen an die Aufsichtstätigkeit Rechnung getragen werden, und andererseits wird es möglich, unbeabsichtigte Aufsichtslücken insbesondere zwischen Banken- und Versicherungsaufsicht zu beseitigen. Durch mehr Autonomie der Behörde in operationeller und finanzieller Hinsicht und die Harmonisierung gewisser Aufsichtsinstrumente sollen die Voraussetzungen für eine effiziente Aufsicht geschaffen werden, damit Risiken möglichst frühzeitig erkannt werden können.

5. Aufsicht 2. Säule Zukunftsgerichtete Anpassungen der Regulierung und Aufsicht werden auch im Bereich der beruflichen Vorsorge eingeleitet. Es bestehen bedeutende Berührungspunkte zwischen der Finanzmarktaufsicht und der Aufsicht über die berufliche Vorsorge, was eine stärker prospektiv ausgerichtete Aufsicht in letzterem Bereich nahe legen. So sind die Vorsorgeeinrichtungen als institutionelle Investoren den 4307

Risikofaktoren der Finanzmärkte (Markt-, Bonitäts-, Liquiditätsrisiken usw.) ausgesetzt. Die Aufsicht über die berufliche Vorsorge ist darum besonders komplex, weil sie der Anlagesicherheit angemessen Rechnung tragen und gleichzeitig die Vorsorge im Gesamtrahmen des Drei-Säulen-Systems gewährleisten muss. Auch wenn das Schweizer System der 2. Säule stabil ist und im internationalen Vergleich positiv beurteilt wird, ist eine Weiterentwicklung der Aufsicht in diesem Bereich ­ in materieller und institutioneller Hinsicht ­ möglich und anzustreben. Der Bundesrat hat deshalb zu Beginn dieses Jahres beschlossen, eine Expertenkommissionen zur Stärkung der Aufsicht über die 2. Säule einzusetzen, welche bis Ende 2003 eine Analyse und Empfehlungen und bis Ende 2004 Gesetzesvorschläge erarbeiten soll.

Ferner wird dem Parlament im Sommer 2003 eine Botschaft zur dringlichen Gesetzesanpassung des BVG bezüglich Sanierungsmassnahmen der Vorsorgeeinrichtungen vorgelegt.

6. Flughafen Zürich-Kloten Ein engeres finanzielles Monitoring wird schliesslich für den Flughafen ZürichKloten aufgebaut. Anknüpfungspunkt bildet die Pflicht der Flughäfen, bei der Gebührenfestsetzung resp. -änderung u.a. dem BAZL sowie dem Preisüberwacher die wirtschaftliche Situation darzulegen, damit beurteilt werden kann, ob eine Preiserhöhung allenfalls missbräuchlich ist oder gesetzliche Grundlagen verletzt. Auf der Grundlage eines zweckmässigen Kennzahlensystems nimmt das BAZL eine periodische, summarische Überprüfung der wirtschaftlichen Situation von Unique vor.

Zudem orientiert die Flughafenhalterin das BAZL über die Quartalsabschlüsse.

Gestützt darauf berichtet das BAZL dem UVEK in regelmässigen Abständen zu Handen des Bundesrates über seine Erkenntnisse. Eine weiter gehende Aufsicht in Form von Wirtschaftsprüfungen bedürfte einer Gesetzesrevision, die u.a. eine absolute Offenlegungspflicht und die Mitarbeit der Flughafenunternehmungen statuieren müsste. Der Bundesrat lehnt eine solche aus verschiedenen Gründen ab. Er erinnert daran, dass die Unique den aktienrechtlichen Regeln der Artikel 728 ff. OR unterstellt ist. Aus diesem Grund garantieren sowohl der Jahresbericht wie die Kotierung der Aktien an der Börse eine gewisse Transparenz.

2.3

Weitere Beurteilungen und Schlussfolgerungen (Parlamentarische Vorstösse auf Grund von Ziffer 5 des Berichts)

Motion 2 (02.3470): Verschärfung der gesetzlichen Bestimmungen zur Rechnungslegung und Unternehmenskontrolle Die GPK-S fordert den Bundesrat auf, die Bestimmungen des Obligationenrechtes im Bereich der Rechnungslegung und Unternehmenskontrolle zu verschärfen und allenfalls in einem neuen Gesetz zu regeln.

4308

Stand der Umsetzung 1. Zur Rechnungslegung und Revision Der Bundesrat hat am 29. Januar 2003 ein Aussprachepapier zum weiteren Vorgehen i.S. Revisions- und Rechnungslegungsrecht behandelt. Er hat das EJPD beauftragt, die Vorentwürfe für ein Bundesgesetz über die Rechnungslegung und Revision (VE RRG) und für eine Verordnung über die Zulassung von Abschlussprüfern (VE VZA) zu überarbeiten. Dabei gilt es, den jüngsten internationalen Entwicklungen im Bereich des Rechnungslegungsrechts und der Situation der KMU (Kosten/Nutzen-Verhältnis neuer Regelungen) besondere Beachtung zu schenken. In Zusammenarbeit mit dem EFD ist ein steuerneutraler Regelungsvorschlag für das Verhältnis zwischen Rechnungslegungsrecht und Steuerrecht zu erstellen, der das Ziel einer verbesserten Transparenz der Rechnungslegung berücksichtigt.

In der Zwischenzeit hat sich auf der internationalen Ebene einiges getan, was es bei der Neuregelung der Revisionsstelle zu berücksichtigen gilt. Aus der rasch fortschreitenden Umsetzung des US-amerikanischen Sarbanes-Oxley Acts und den damit verbundenen Auswirkungen auf Schweizer Unternehmen und deren Revisoren ergibt sich namentlich in der Frage der Beaufsichtigung der Revisionsstellen eine erhöhte Dringlichkeit für eine gesetzliche Regelung. Dies haben erste Abklärungen und verschiedene Gespräche, vorab mit der US-amerikanischen Börsenaufsicht (Securities and Exchange Commission, SEC) und der neuen US-amerikanischen Aufsichtsbehörde für Revisionsstellen (Public Company Accounting Oversight Board, PCAOB), ergeben.

Aus diesem Grund hat das EJPD Ende März 2003 beschlossen, die Bestimmungen zur Revisionsstelle und zur Zulassung von Abschlussprüfern aus dem Projekt RRG herauszulösen, mit der Frage der Revisionsaufsicht anzureichern und im Herbst 2003 eine Zusatzbotschaft vorzulegen.

Im Ergebnis führt das skizzierte Vorgehen zu einer Aufsplittung des VE RRG in zwei Teilvorlagen: Die erste Vorlage wird die Revisionspflicht, die fachliche Befähigung und Zulassung der Rechnungsprüfer, die Anforderungen an deren Unabhängigkeit, die Beaufsichtigung der Revisoren sowie die Haftung der Revisionsstelle regeln.

Eine zweite Vorlage wird sodann die materiellen Buchführungs- und Rechnungslegungsvorschriften beinhalten. Durch das dargelegte Vorgehen kann sich diese zweite Botschaft gegenüber dem
ursprünglichen Plan (s. vorne) allenfalls etwas verzögern; sie dürfte aber in der ersten Jahreshälfte 2004 vorliegen.

Das Bundesamt für Justiz hat Professor Giorgio Behr (St. Gallen) damit beauftragt, für beide Teilvorlagen jeweils einen Entwurf zu erarbeiten und einen Begleitbericht zu verfassen.

2. Zur Unternehmenskontrolle Seit Anfang 2001 wurden etwa zwanzig parlamentarische Vorstösse eingereicht, welche den Bundesrat u.a. dazu auffordern, das schweizerische Recht im Hinblick auf die Regeln der Corporate Governance (System der «checks and balances» in einer Gesellschaft) insbesondere in den folgenden Bereichen zu überprüfen: ­

Rechte und Pflichten der Gesellschafter; Schutz von Personen mit Minderheitsbeteiligungen; 4309

­

Offenlegung der Entschädigungen und Beteiligungen der Mitglieder des Verwaltungsrates und der Geschäftsleitung;

­

Erstellung und Prüfung der Jahresrechnung.

Das Bundesamt für Justiz hat in der Folge die Arbeitsgruppe «Corporate Governance» eingesetzt, welcher die Professoren Peter Böckli (Basel), Claire Huguenin (Zürich) und François Dessemontet (Lausanne) angehören. Sie wurde damit beauftragt, das Gesellschaftsrecht auf seine Vereinbarkeit mit den Grundsätzen der Corporate Governance zu überprüfen, bis im Herbst 2003 einen diesbezüglichen Bericht zu verfassen und gegebenenfalls Gesetzesänderungen vorzuschlagen.

Weitere Arbeiten, Zeitplan 1. Zur Rechnungslegung und Revision Dem Bundesrat ist im Herbst 2003 eine Botschaft zur Revision und in der ersten Jahreshälfte 2004 eine Botschaft zum Rechnungslegungsrecht vorzulegen.

2. Zur Unternehmenskontrolle Ein Vorentwurf zur Corporate Governance soll im Laufe des ersten Semesters 2004 in die Vernehmlassung geschickt werden. Der Bundesrat hat am 16. April 2003 beschlossen, die Frage der Offenlegung der Verwaltungsratsentschädigung und Kaderlöhne vorzuziehen; ein entsprechender Vorentwurf wird bereits im Herbst 2003 in die Vernehmlassung gehen.

Postulat 4 (02.3474): Bündelung der verschiedenen Interessen im Sanierungsprozess Die GPK-S fordert den Bundesrat auf zu prüfen, ob im Rahmen des SchKG die Funktion eines vom Gesetz bestimmten Sanierungsverantwortlichen zu schaffen ist, der die allenfalls divergierenden Interessen in einem Sanierungsprozess bündelt und auf den Sanierungszweck ausrichtet.

Postulat 5 (02.3475): Ausrichtung des SchKG auf das Sanierungsziel Die GPK-S fordert den Bundesrat auf zu prüfen, wie dem Sanierungsgedanken im Rahmen des geltenden SchKG Rechnung getragen wird, wie ihm noch vermehrt Rechnung getragen werden könnte und wo sich in der Praxis Schwierigkeiten ergeben. Er wertet diesbezüglich insbesondere die Erfahrungen der Nachlassbehörden im Fall der von der Nachlassstundung betroffenen Unternehmensteilen der SAirGroup aus.

Stand der Umsetzung Die grosse SchKG-Revision von 1994 hat das Nachlassverfahren (Art. 293 ff.

SchKG) zu einem eigentlichen Sanierungsverfahren umgestaltet. Das revidierte Recht weist substanzielle Ähnlichkeiten mit dem Reorganisationsverfahren des amerikanischen Rechts (Kapitel 11 des Bankrupcy Codes) auf.

4310

Im Vordergrund stehen dabei: ­

Schneller Schutz vor Zwangsvollstreckung durch Verkürzung der Reaktionszeit (Möglichkeit einer sofortigen provisorischen Nachlassstundung)

­

Das Nachlassverfahren kann sogar von Amtes wegen eingeleitet werden, wenn dem schuldnerischen Unternehmen die Konkurseröffnung droht und Anhaltspunkte für einen Nachlassvertrag bestehen

­

Verstärkung der Stellung des Sachwalters. Er kann ähnlich wie ein Trustee oder wie ein Examiner fungieren und sofort eingesetzt werden. Die Befugnisse des Sachwalters können so auf die Bedürfnisse des Einzelfalles zugeschnitten werden (flexible Regelung)

­

Erleichterung der Refinanzierung durch Zulässigkeit der Belastung oder Veräusserung von Anlagevermögen auch während der Stundung (richterliche Bewilligung); prioritäre Behandlung neu eingegangener Verbindlichkeiten

­

Erhebliche Vergrösserung des Zeitrahmens für die Nachlassstundung (in besonders komplexen Fällen bis 2 Jahre).

Das revidierte Nachlassrecht des SchKG verwirklicht daher die Kernanliegen eines modernen Sanierungsrechts. Was das schweizerische Recht jedoch weiterhin deutlich vom amerikanischen unterscheidet, ist die Stellung der Gläubiger. Nach unserem Recht ist es undenkbar, eine Sanierung über einen Nachlassvertrag gegen den Willen eines bestimmten Gläubigerquorums durchzuführen. Nach amerikanischem Recht hingegen besteht die Möglichkeit des so genannten «Cram down»-Verfahrens: Das Gericht kann einen Reorganisationsplan auch dann verbindlich erklären, wenn die Gläubiger nicht zugestimmt haben, sofern der Plan billig erscheint (Equity).

Damit geniesst der Sanierungsgedanke in den USA eindeutige Priorität. In der Schweiz beruht er auf dem Gedanken des Interessenausgleichs, was schon aus dem Begriff Nachlassvertrag folgt. Die Sanierungslösung wird nicht behördlich diktiert, sondern unter den Beteiligten ausgehandelt.

Die Praxis stellt dem revidierten SchKG denn auch ein gutes Zeugnis aus. So wurde anlässlich des Meetings vom 6. Februar 2003 der Swiss-American Chamber of Commerce, an dem auch der Sachwalter der SAir Group teilgenommen hat, festgehalten, dass das geltende Recht ein taugliches Instrumentarium zur Verfügung stelle.

Die praktischen Probleme sind nicht Folge eines mangelhaften Gesetzes, sondern des Vorgehens der Verantwortlichen im Einzelfall. Allzu oft werden die Behörden zu spät eingeschaltet, es fehlen durchdachte und abgesicherte Sanierungskonzepte, so dass letztlich nur noch eine Liquidation in Frage kommt (Liquidationsvergleich oder Konkurs). Aber auch in solchen Fällen bietet das geltende SchKG die Möglichkeit, zumindest die überlebensfähigen Unternehmensteile zu sanieren: Bereits während der Nachlassstundung können sie vom überschuldeten Unternehmenskomplex abgetrennt und entweder verselbständigt oder an einen Dritten veräussert werden. Ein solches Prozedere erfolgte auch im Zusammenhang mit Swissair oder Swiss Dairy Food.

Doch nicht nur bei Grossinsolvenzen, sondern auch im Bereich der KMU hat sich das revidierte Recht grundsätzlich bewährt. Dies ist aus den bisherigen Ergebnissen des KMU-Tests zu schliessen, der zurzeit vom Seco durchgeführt wird.

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Weitere Arbeiten, Zeitplan Die Evaluation erneuter Revisionsbedürftigkeit des Nachlassverfahrens wird weitergeführt. Sollte das schweizerische Nachlassrecht noch mehr auf das Sanierungsziel ausgerichtet werden, stehen jedoch nicht verfahrensrechtliche Probleme im Vordergrund. Das Instrumentarium des geltenden Rechts genügt grundsätzlich; es wurde von der Praxis bisher nicht voll ausgeschöpft. Vielmehr müssten dann auch Eingriffe in das materielle Recht diskutiert werden.

So wäre die Konkursfestigkeit etlicher materieller Rechtspositionen grundlegend in Frage zu stellen (z.B. das Schicksal langfristiger Verträge, der Sicherungsrechte wie Pfandrechte usw.). Ein erster Schritt in diese Richtung ist die Debatte über den Ausschluss der Anwendbarkeit von Artikel 333 OR (Übergang des Arbeitsverhältnisses bei Betriebsveräusserung) im Konkurs und bei Nachlassverfahren. Diese Frage wird derzeit im Rahmen der Gesetzgebung über den Sozialplan geprüft (RK-N). Bei der Diskussion materieller Erleichterungen für die an einer Sanierung beteiligten Unternehmen darf jedoch die Gefahr nicht unterschätzt werden, dadurch auch einen gewissen moral hazard zu begünstigen und die Verbindlichkeit des Rechts insgesamt zu schwächen.

Empfehlung 9 (02.3467): Neuformulierung der Luftverkehrspolitik Die GPK-S fordert den Bundesrat auf, die Luftverkehrspolitik der Schweiz angesichts der internationalen Entwicklungen neu zu formulieren und die Rolle des Staates bei der Aufrechterhaltung der Luftverkehrsinfrastruktur zu definieren. Er überprüft dabei auch die Rolle der Luftfahrtkommission.

Stand der Umsetzung Mit der Annahme des Postulats Kurrus (01.3375) und der Empfehlung der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates hat sich der Bundesrat verpflichtet, in der laufenden Legislatur einen Bericht über die schweizerische Luftfahrtpolitik zu erstellen.

Das Postulat fordert den Bundesrat auf, dem Parlament bis Ende 2001 einen Bericht über den Beitrag des Bundes zur Verwirklichung einer prospektiven schweizerischen Luftfahrtpolitik vorzulegen. Als Begründung wird ausgeführt, dass eine leistungsfähige Luftfahrt für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung eines Landes von entscheidender Bedeutung ist. Zudem wurde der letzte Bericht des Bundesrates zur Luftfahrt der Schweiz dem Parlament im Jahre 1953 vorgelegt. Im
Gegensatz zu anderen Staaten in Europa, aber auch zum Verkehr auf der Schiene und Strasse, fehlt eine breit abgestützte schweizerische Luftfahrtpolitik, an der sich eine gesunde Entwicklung dieses Verkehrsträgers orientieren kann.

Auf Grund der besonderen Umstände (Swissair-Krise) konnte der Bericht nicht wie vorgesehen bis Ende 2001 erstellt werden.

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Weitere Massnahmen, Zeitplan Der Luftfahrtkommission (LFK) als beratendes Organ des Bundesrats kommt bei der Erarbeitung des Berichts eine tragende Rolle zu. Einerseits als «think tank», andererseits aber auch als einzige externe Vernehmlassungsstelle im Rahmen des Mitwirkungsverfahrens.

Der Kommission werden vorerst thematisch gegliederte Grundsatzfragen unterbreitet. Das Ergebnis der Debatte wird in einer synoptischen Darstellung den Ergebnissen entsprechender Überlegungen bzw. Entscheide des BAZL, des UVEK und des Bundesrates gegenübergestellt. Die verschiedenen Meinungen werden anschliessend dem Departementschef UVEK zwecks allfälliger Erteilung von politischen Direktiven und Weichenstellungen zur Abfassung des Berichts unterbreitet. Zwei Sitzungen mit der LFK haben bereits stattgefunden, in denen Kernfragen zu den Bereichen Luftverkehr, Infrastruktur und Flugsicherung behandelt wurden.

Eine kommentierte Disposition sowie ein Zeitplan sind bereits erstellt, und analog zu den LFK-Sitzungen ist der Bericht zur Schweizerischen Luftfahrtpolitik BAZLintern in Erarbeitung, der sich aber nicht nur zur Luftverkehrspolitik, sondern zur gesamten Luftfahrtpolitik äussern wird; dies in Erfüllung des Postulates von Nationalrat Kurrus. An den nächsten zwei Sitzungen mit der Luftfahrtkommission (8. Mai und 13. Juni 2003) werden Fragen zur internationalen Zusammenarbeit und zur Luftfahrtindustrie respektive zur Ausbildung in der Luftfahrt diskutiert. Spätestens Ende 2003 soll der Bericht dem Bundesrat zur Verabschiedung unterbreitet werden.

Empfehlung 10 (02.3468): Unterstützung von Massnahmen gegen die Folgen einer plötzlichen Stilllegung des Flugbetriebs Die GPK-S empfiehlt dem Bundesrat, die internationalen Bemühungen der Flugindustrie, die Flugpassagiere vor den Folgen einer überraschenden Stilllegung des Flugbetriebs einer Fluggesellschaft zu schützen, zu verfolgen und zu unterstützen.

Stand der Umsetzung Diese freiwilligen Verpflichtungen der Luftfahrtindustrie im Falle eines Groundings einer Fluggesellschaft sind heute noch nicht weit fortgeschritten. Bestrebungen, die bereits zu einem konkreten Ergebnis in Form einer freiwilligen Verpflichtung zum Schutz der Konsumenten geführt haben, wurden von der Schweiz aktiv unterstützt.

So haben je zwei schweizerische Fluggesellschaften und Flughäfen die
beiden freiwilligen Verpflichtungen der europäischen Luftfahrtindustrie, die Airline Passenger Service Commitments und die Airport Voluntary Commitments on Air Passenger Service, unterzeichnet. Das BAZL verfolgt deren Umsetzung eng.

Weitere Massnahmen, Zeitplan Das BAZL wird bei seinen regelmässigen Kontakten mit der International Air Transport Association (IATA) und der Association of European Airlines (AEA) die Bemühungen der Luftfahrtindustrie zur Formulierung von freiwilligen Verpflichtungen unterstützen. Sobald entsprechende freiwillige Verpflichtungen verabschiedet werden, wird sich die Schweiz auch hier für eine möglichst umfassende Beteiligung der schweizerischen Luftfahrtindustrie einsetzen.

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