03.004 Jahresbericht des Bundesrates über die Tätigkeiten der Schweiz im Europarat im Jahr 2002 vom 15. Januar 2003

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen den Bericht des Bundesrates über die Tätigkeiten der Schweiz im Europarat im Jahr 2002 und beantragen Ihnen, davon Kenntnis zu nehmen.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

15. Januar 2003

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Pascal Couchepin Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

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Übersicht Die Tätigkeiten des Europarates im Jahr 2002 waren bestimmt durch die Auswirkungen der Anschläge vom 11. September 2001 in den Vereinigten Staaten von Amerika. Am 11. Juli 2002 hat das Ministerkomitee die «Richtlinien über die Menschenrechte und den Kampf gegen den Terrorismus», das erste derartige internationale Rechtsdokument, ausgearbeitet von einer Expertinnen- und Expertengruppe unter schweizerischem Vorsitz, verabschiedet. Diese Richtlinien rufen wesentliche Grundsätze in Erinnerung wie Willkürverbot, Gesetzmässigkeit antiterroristischer Massnahmen, absolutes Folterverbot, welche im Kampf gegen den Terrorismus beachtet werden müssen.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ist nach wie vor überlastet. Die Schweiz hat mit der Ausrichtung eines ausserordentlichen finanziellen Beitrags ein klares Zeichen gesetzt, dass die momentanen Zustände ­ es sollen gegen 35 000 Klagen auf eine Behandlung warten ­ umgehend verbessert werden müssen, damit nicht der Gerichtshof selber und seine Aufgaben diskreditiert werden. Im Berichtsjahr fällte der Gerichtshof vier die Schweiz betreffende Urteile. In zwei Fällen stellte er eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) fest.

Es fanden wiederum einige wichtige europäische Fachministerkonferenzen statt: Die 8. Europäische Konferenz für Soziale Sicherheit (22./23. Mai 2002 in Bratislava) behandelte das Thema «Auswirkungen der Migration»; die 13. Europäische Konferenz der Gebietskörperschaften diskutierte in Helsinki am 27./28. Juni 2002 über die Ausgestaltung eines juristischen Instruments zur «Regionalautonomie»; am gleichen Ort tagte am 16./17. September 2002 die 7. Europäische Migrationskonferenz, und schliesslich trafen sich die Jugendminister zu ihrer 6. Konferenz vom 7. bis 9. November 2002 in Thessaloniki.

Das Ministerkomitee hat eine grössere Anzahl von Empfehlungen erlassen (siehe Anhang), welche vom Schutz der Frauen vor Gewaltanwendung über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei Natur- und anderen Katastrophen bis hin zum Zugriff auf öffentliche Dokumente reichen. Was Konventionen betrifft, so sind neu zur Zeichnung aufgelegt worden das Zusatzprotokoll zur Menschenrechtskonvention und Biomedizin betreffend Organtransplantation, das Protokoll Nr. 13 zur Europäischen Menschenrechtskonvention betreffend
Abschaffung der Todesstrafe unter allen Umständen sowie das Zusatzprotokoll zur Dopingkonvention. Die Schweiz hat die beiden erstgenannten Konventionen bereits unterzeichnet und war unter den drei ersten Ländern, welche das Protokoll Nr. 13 auch gleich ratifiziert haben.

Nach einem speziellen Rekrutierungswettbewerb für Schweizerinnen und Schweizer, organisiert vom Sekretariat des Europarates und unterstützt durch das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten, konnten im Jahr 2002 mehrere Schweizerinnen und Schweizer im Generalsekretariat des Europarates in Strassburg angestellt werden. Dadurch ergibt sich eine zahlenmässig angemessene Vertretung von Schweizerinnen und Schweizern im Sekretariat.

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Bericht 1

Wichtigste Entwicklungen im Jahr 2002

Wie in den vergangenen Jahren gibt dieser Bericht einen Überblick über die Tätigkeiten der Schweiz in den zahlreichen Zuständigkeitsbereichen des Europarates im Berichtsjahr. Darüber hinaus ­ einem Wunsch von parlamentarischer Seite entsprechend, der anlässlich der Beratung des Berichts über das Jahr 2001 geäussert worden ist ­ soll ein zusätzliches Kapitel (Ziff. 1.1) darlegen, welche wichtigen aussenpolitischen Fragen das Ministerkomitee des Europarates beschäftigt haben, zu denen insbesondere auch die Schweiz einen aktiven Beitrag geleistet hat. Dieses Kapitel zeigt die Bedeutung auf, welche der Europarat für unsere Aussenpolitik hat, und unterstreicht gleichzeitig, wie wichtig es für die Schweiz ist, sich bei den neuen Mitgliedstaaten für die konkrete Anwendung der Prinzipien des Europarates einzusetzen. Es zeigt deutlich, dass der Europarat für die Schweiz ein bevorzugtes Mittel in ihren Bemühungen ist, sich für ein Gesamteuropa einzusetzen, welches auch Länder umfasst, die noch auf dem Weg sind, die europäischen Kriterien zu erfüllen.

Hingegen enthält es keine globale Analyse der schweizerischen Aktivitäten, welche auch andere multilaterale (zum Beispiel die OSZE) oder bilaterale Instrumente umfasst.

1.1

Wichtige vom Ministerkomitee behandelte aussenpolitische Fragen

Ein Hauptgrund, weshalb der Europarat für unsere aussenpolitischen Prioritäten so wichtig ist, liegt darin, dass er ein ideales Forum ist für die Zusammenarbeit der Gründerstaaten dieser Organisation aus Westeuropa mit den anderen europäischen Ländern, welche nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Regime beigetreten sind. Keine andere europäische Organisation bindet die Mitgliedstaaten derart eng an die grundlegenden Werte unserer Zivilisation, nämlich die Wahrung der Menschenrechte, die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit. In dieser Hinsicht besteht die wichtigste Aufgabe des Europarates darin, die Einhaltung der Verpflichtungen durch die neuen Mitgliedstaaten zu überwachen und ihnen dabei zur Seite zu stehen, allenfalls mit spezifischen Kooperationsprogrammen. Man muss im Übrigen unterstreichen, dass die Parlamentarische Versammlung eine tragende Rolle spielt bei der Überwachung der Erfüllung der Verpflichtungen durch die neu aufgenommenen Mitgliedsländer des Europarates, wovon der entsprechende Bericht der parlamentarischen Delegation der Schweiz beim Europarat zeugt.

Durch diese Überwachungstätigkeit konnte man feststellen, dass sich die Gesamtlage in den meisten der neuen Mitgliedsländer des Europarates im Vergleich zur Situation vor einem Jahr verbessert hat. Allerdings bleibt noch viel zu tun, um diese Länder auf den nötigen Stand zu bringen. Es ist klar, dass die Aufgabe des Europarates dabei langfristig zu betrachten ist. In den Neunzigerjahren begonnen, kann sie in einzelnen Fällen gut und gern bis zu einer Generation dauern, insbesondere wenn der Wandel die Lebensgrundlage dieser Staaten und ihrer Bürgerinnen und Bürger umfassen soll. Die Schweiz machte es sich insbesondere, wenn auch nicht aus-

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schliesslich, zur Aufgabe, die Umsetzung dieser Prinzipien in den Ländern, die erst jüngst dem Europarat beigetreten sind ­ Aserbaidschan, Armenien und Bosnien und Herzegowina ­, zu überwachen. Darüber hinaus gehörte auch immer noch dem Tschetschenienkonflikt ihre volle Aufmerksamkeit, bedingt durch die andauernden schweren Menschenrechtsverletzungen in dieser Region Russlands und die Rolle, welche deshalb der Europarat weiterhin mit der Entsendung von Expertinnen und Experten zu Gunsten der Menschenrechte spielt. Das Ministerkomitee hat sich im Übrigen auch mit der Frage des Beitritts der Bundesrepublik Jugoslawien zum Europarat (siehe Ziff. 1.3) und der Bekämpfung des Terrorismus und der Einhaltung der Menschenrechte (siehe Ziff. 2.1) befasst.

Armenien, welches dem Europarat am 25. Januar 2001 beitrat, hat substantielle Fortschritte gemacht, was die Einhaltung der Verpflichtungen und Verbindlichkeiten betrifft, die es damals einging, hauptsächlich betreffend die Unterzeichnung und Ratifizierung von europäischen Konventionen und die Reformen des innerstaatlichen Rechts. Gewisse Verpflichtungen sind jedoch nicht in den abgemachten Fristen eingehalten worden; insbesondere handelt es sich dabei um die Ratifizierung des Protokolles Nr. 6 betreffend Abschaffung der Todesstrafe und die Annahme des neuen Strafgesetzbuches. Fortschritte werden auch erwartet, was das Funktionieren der Justiz und die Unabhängigkeit der Richter, die Situation in den Gefängnissen, die Frage der Mililtärdienstverweigerer aus Gewissengründen und die Schaffung eines zivilen Ersatzdienstes betrifft. Die Bekämpfung der Korruption sowie auch der von Mitgliedern der Polizei begangenen Verstösse gegen die Menschenrechte muss verstärkt werden.

Aserbaidschan, ebenfalls seit dem 25. Januar 2001 Mitglied des Europarates, hat innerhalb der vorgegebenen Fristen die meisten formellen Verbindlichkeiten, welche es anlässlich seines Beitrittes eingegangen war, eingehalten. Mit Genugtuung kann vermerkt werden, dass die Institution eines Mediators geschaffen und der Zuständigkeitsbereich des Verfassungsgerichtshofes ausgedehnt worden sind. Währenddessen erfolgen die erwarteten Fortschritte bezüglich der Verbesserung der Situation der Menschenrechte und der Grundfreiheiten nur langsam, und die Behörden sollten rasch Massnahmen ergreifen, damit
die Entwicklung einer pluralistischen und demokratischen Gesellschaft gefördert wird. Obwohl Schritte in die Wege geleitet worden sind, um Personen, die als politische Gefangene gelten, freizulassen, ist dieses Problem immer noch nicht zufriedenstellend gelöst.

In Bosnien und Herzegowina, Mitglied des Europarates seit dem 24. April 2002, geht die Errichtung des Staates langsam, aber stetig voran. Die Staatsinstitutionen werden stärker, die Beziehungen zwischen den beiden Entitäten verbessern sich, und die Beziehungen zu den Nachbarländern normalisieren sich Schritt für Schritt. Aber immer noch sind Spaltungskräfte im Spiel. Nicht jedermann arbeitet mit gleicher Überzeugung an der Schaffung eines unabhängigen und demokratischen Staates Bosnien und Herzegowina mit, welcher sich nach Europa ausrichtet und anerkannte Grenzen hat. Die Institutionen von Bosnien und Herzegowina, ob auf Niveau Gesamtstaat oder Entität, sind noch zu schwach und geteilt, um die Gesamtheit ihrer politischen Verantwortlichkeiten ausüben zu können. Was die Einhaltung der durch Bosnien und Herzegowina eingegangenen Verpflichtungen betrifft, ist es natürlich zu früh, um eine abschliessende Beurteilung vornehmen zu können. Ein wichtiger Schritt wurde am 12. Juli 2002 mit der Ratifizierung der EMRK und ihrer Protokolle Nr. 1, 4, 6 und 7, der europäischen Konvention zur Verhütung von Folter und 466

unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe und deren Zusatzprotokolle sowie der europäischen Charta für Lokalautonomie getan. Der Entscheid des Verfassungsgerichtes, die «Rechte der konstituierenden Staatsvölker von Bosnien und Herzegowina» anzuerkennen, ist zu begrüssen. Die Organisation der allgemeinen Wahlen vom 5. Oktober 2002, die ersten von den Behörden von Bosnien und Herzegowina ausgerichteten, war ein Erfolg. Das Mandat der Behörden über vier Jahre gibt deren Handlungsspielraum Zeit und Kontinuität.

Im Zusammenhang mit dem Konflikt in Tschetschenien hat sich das Ministerkomitee intensiv mit der Situation und der Frage der Fortsetzung der Expertentätigkeit des Europarates vor Ort befasst. Erschwerend wirkte sich aus, dass längere Zeit Unsicherheit bezüglich der Ernennung eines neuen Vertreters des russischen Präsidenten für die Einhaltung der Menschenrechte in Tschetschenien bestand. Am 12. Juli 2002 wurde Abdul Sultygov als neuer Beauftragter bestimmt, was auch den Expertinnen und Experten des Europarates erlaubt hat, ihre Tätigkeit fortzusetzen. Das Ministerkomitee hat seine Unterstützung zur Tätigkeit des Europarates zu Gunsten der Wiederherstellung des Rechtsstaates, der Wahrung der Menschenrechte und der Demokratie in der Republik Tschetschenien wiederholt und weiterhin, gerade auch im Nachgang der tragischen Geiselnahme in Moskau, welche es strikt verurteilte, seine Forderung nach einer politischen Lösung des Konflikts erneuert. Die Arbeit der Expertinnen und Experten des Europarates hat den russischen Behörden geholfen, gegen Angehörige der in Tschetschenien eingesetzten russischen Truppen vermehrt Anklage zu erheben. Die Situation ist allerdings weiterhin sehr unbefriedigend in Anbetracht der zahlreichen Beschwerden. Das Verschwinden von Zivilpersonen, besonders anlässlich von Spezialeinsätzen föderaler Truppen und Ordnungstruppen sowie bei Identitätskontrollen, bleibt das schwerwiegendste Problem in Tschetschenien.

Es ist im Übrigen wichtig hervorzuheben, dass die Überwachungsprozeduren («Monitoring») der Verpflichtungen durch die Mitgliedstaaten vereinfacht worden sind. Die Schweiz hat sich daran aktiv beteiligt ­ ein Engagement, welches sie langfristig weiterzuführen plant. Sie hat ebenfalls eine aktive Rolle gespielt bezüglich der Arbeiten im Hinblick auf eine
verstärkte Zusammenarbeit zwischen dem Ministerkomitee und seinen institutionellen Partnern innerhalb des Europarates. Die Teilnahme des Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung, des Präsidenten des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sowie des Kommissars für Menschenrechte des Europarates an der 111. Sitzung des Ministerkomitees ist eines der Ergebnisse. Das Ministerkomitee hat die künftigen Präsidentschaften ermuntert, diese Bemühungen zur Stärkung der Kontinuität seines Handelns weiterzuführen.

1.2

Sessionen des Ministerkomitees

Das Ministerkomitee hat seine 110. Session am 3. Mai 2002 auf Einladung des litauischen Vorsitzes in Vilnius abgehalten. Staatssekretär Franz von Däniken leitete die schweizerische Delegation. Am informellen Treffen am Vorabend führten die Minister mit dem Generalsekretär der Arabischen Liga, Amre Moussa, einen Meinungsaustausch durch, der hauptsächlich der internationalen Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des Terrorismus sowie der Lage im Mittleren Osten gewidmet war.

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An der formellen Sitzung galt die Beratung hauptsächlich der regionalen Zusammenarbeit und ihrem Einfluss auf die Stabilität und die demokratischen Reformen in Europa sowie dem Beitrag des Europarates zu den internationalen Aktionen gegen den Terrorismus. Beim ersten Thema prüften die Minister die Möglichkeiten, die Abstimmung zwischen den Kooperationsmechanismen in den verschiedenen Regionen Europas im Sinne der Ideale und Normen des Europarates zu stärken. Was die Bekämpfung des Terrorismus betraf, so wurden die Minister über die Arbeiten der multidisziplinären Gruppe über das internationale Vorgehen gegen den Terrorismus (GMT) informiert, welche Handlungsmöglichkeiten prüft.

Anlässlich dieser Sitzung wurde das Protokoll Nr. 13 zur Europäischen Menschenrechtskonvention betreffend die Abschaffung der Todesstrafe unter allen Umständen (STE 187) zur Unterzeichnung aufgelegt. 36 Staaten kamen dieser Aufforderung nach, darunter die Schweiz, welche im Übrigen mit Irland und Malta gleichzeitig auch die Ratifikation vollzog. Das Ministerkomitee verabschiedete ausserdem die Erklärung von Vilnius über die regionale Zusammenarbeit und die Festigung der demokratischen Stabilität im grossen Europa sowie die Konvention über die persönliche Beziehung zu Kindern.

Die 111. Session des Ministerkomitees fand am 7. November 2002 unter luxemburgischem Vorsitz in Strassburg statt. Bundesrat Joseph Deiss führte die schweizerische Delegation an. An der informellen Sitzung vom Vorabend führten die Minister einen Meinungsaustausch mit dem Generalsekretär des Europarates sowie dem Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung durch, bei dem es um die Frage der Abhaltung eines 3. Gipfeltreffens des Europarates ging. Damit soll die Rolle des Europarates im Rahmen der sich ändernden Architektur Europas festgelegt werden.

An der formellen Sitzung waren sich die Minister einig über die Bedeutung eines 3. Gipfeltreffens, dessen Einzelheiten 2003 festgelegt werden sollen. Ausserdem drehte sich die Beratung um die Probleme des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, der sich mit einer ständig wachsenden Zahl von individuellen Beschwerden konfrontiert sieht. Die Minister würdigten die Arbeiten der multidisziplinären Gruppe über das internationale Vorgehen gegen den Terrorismus (GMT) und stimmten dem Protokollentwurf zur
Überarbeitung des 1977 vom Europarat angenommenen Europäischen Übereinkommens zur Bekämpfung des Terrorismus zu.

Ferner verabschiedeten sie das Zusatzprotokoll der Konvention über Cyber-Kriminalität betreffend rassistische und fremdenfeindliche Straftaten im Internet.

1.3

Beitritte und Kandidaturen

Das Beitrittsverfahren für Bosnien und Herzegowina, welches im April 1995 um Mitgliedschaft im Europarat ersucht hatte, konnte am 24. April 2002 mit der Aufnahme abgeschlossen werden. Im Januar erachtete die Parlamentarische Versammlung die staatlichen Strukturen für nunmehr genügend gefestigt und empfahl dem Ministerkomitee, das Land zum Beitritt einzuladen. Bei der Aufnahme verpflichtete sich Bosnien und Herzegowina namentlich, zur Umsetzung des Friedensabkommens von Dayton beizutragen sowie mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien zusammenzuarbeiten. Zur Bewältigung von allfälligen Anfangsschwierigkeiten hat das Ministerkomitee ein Kooperationsprogramm und ein Monitoring-Verfahren bezüglich der Erfüllung der Verpflichtungen und Ver468

bindlichkeiten des neuen Mitglieds eingerichtet. Im Rahmen des Monitorings, das die entsprechenden Verfahren der Parlamentarischen Versammlung und des Generalsekretärs ergänzt, sind gezielte Besuche durch Delegierte des Ministerkomitees geplant. Mit dem Beitritt von Bosnien und Herzegowina gehören dem Europarat nunmehr 44 Mitgliedstaaten an.

Das Beitrittsverfahren für die Bundesrepublik Jugoslawien verzeichnete im vergangenen Jahr bedeutende Fortschritte. Im September empfahl die Parlamentarische Versammlung dem Ministerkomitee, das Land als Mitglied aufzunehmen, sobald die Parlamente Serbiens und Montenegros die Verfassungscharta angenommen hätten.

Allerdings wurde eine Reihe von Verbindlichkeiten und Verpflichtungen aufgelistet, welche die Bundesrepublik Jugoslawien künftig beachten muss.

Die Minister haben an der 111. Sitzung ihren Wunsch nach Aufnahme der Bundesrepublik Jugoslawien in den Europarat bekräftigt. Sie forderten die Bundesrepublik Jugoslawien auf, ihre Verpflichtungen nach den Grundsätzen des Europarates sowie aller internationaler Verpflichtungen, besonders der umfassenden Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien, einzuhalten. Der Europarat setzt die intensive Zusammenarbeit fort, die er nach den Umwälzungen in der Bundesrepublik Jugoslawien vom Herbst 2000 aufgenommen hat.

Das Beitrittsgesuch des Fürstentums Monaco liegt weiterhin zur Prüfung bei der Parlamentarischen Versammlung.

2

Demokratischer Zusammenhalt

2.1

Menschenrechtsfragen

Anlässlich der 110. Sitzung des Ministerkomitees wurde am 3. Mai 2002 in Vilnius das Zusatzprotokoll Nr. 13 zur EMRK zur Abschaffung der Todesstrafe unter allen Umständen (STE 187) zur Unterzeichnung aufgelegt. Die Schweiz hat dieses Zusatzprotokoll, an dessen Ausarbeitung im Lenkungsausschuss für Menschenrechte (CDDH) sie sich sehr aktiv beteiligt hatte, gleichentags unterzeichnet und ratifiziert.

Die Arbeit des CDDH und seiner Expertinnen- und Expertenausschüsse betraf im Wesentlichen zwei Themenbereiche: Achtung der Menschenrechte und Vorrang des Rechts im Kampf gegen den Terrorismus einerseits, Mittel zur langfristigen Sicherung des Funktionierens des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte andererseits.

Am 11. Juli 2002 hat das Ministerkomitee die Richtlinien über die Menschenrechte und den Kampf gegen den Terrorismus, das erste derartige internationale Rechtsdokument, verabschiedet. Diese Richtlinien, von einer Expertinnen- und Expertengruppe unter Schweizer Vorsitz ausgearbeitet, folgen dem Grundsatz, dass der Kampf gegen den Terrorismus nicht unter Missachtung der Grundwerte des Europarates (Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaat) geführt werden darf. Sie betonen die ausgewogene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, welcher sich der Notwendigkeit eines wirksamen Kampfes gegen den Terrorismus bewusst ist und diese in Einklang zu bringen versucht mit dem zwingenden Erfordernis der Verteidigung der Gesellschaft und der Wahrung der Menschenrechte. Die Richtlinien rufen wesentliche Grundsätze in Erinnerung: Willkürverbot, Gesetzmässigkeit antiterroristischer Massnahmen, absolutes Folterverbot ungeachtet 469

der Handlungen, die der terroristischer Aktivitäten verdächtigten Person vorgeworfen werden oder für die sie verurteilt worden ist, Verbot rückwirkender Strafbestimmungen, Recht auf ein faires Verfahren oder das Verbot, eine Person in ein Land auszuliefern, in dem sie zum Tod verurteilt werden könnte. Am 19. Juli 2002 hat Mary Robinson, damals noch Hochkommissarin für Menschenrechte der Vereinten Nationen, dazu aufgerufen, diese Richtlinien auch ausserhalb des Europaratsgebietes umzusetzen.

Der CDDH hat seine Überlegungen über die Mittel zur langfristigen Sicherung des Funktionierens des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte fortgesetzt. Diese Arbeiten betrafen vorab die verbesserte Umsetzung der EMRK im Recht und in der Praxis der Mitgliedstaaten. Der CDDH hat dem Ministerkomitee einen entsprechenden Resolutions- und einen Empfehlungsentwurf zugeleitet, in denen der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und die Mitgliedstaaten eingeladen werden, die notwendigen Massnahmen zu ergreifen, um die Rechtsprechung des Gerichtshofs bestmöglich zu veröffentlichen und zu verbreiten. Es geht namentlich darum, dass diejenigen Urteile, welche wesentliche Entwicklungen der Rechtsprechung verkörpern, zumindest in Form einer Zusammenfassung oder auszugsweise, rasch in der oder den Sprachen der Vertragsstaaten öffentlich bekannt zu machen. Angenommen und dem Ministerkomitee zugeleitet hat der CDDH weiter den Entwurf zu einer Resolution über die Praxis der gütlichen Einigung. Der Abschluss gütlicher Einigungen, welche die Artikel 38 und 39 EMRK zu beachten haben, könnte in der Tat eine wichtige Rolle spielen bei der Lösung des Problems der so genannten gleichartigen Fälle (Klonfälle) bzw. der Fälle, welche keine grundsätzlichen Fragen aufwerfen oder keine Anpassungen des innerstaatlichen Rechts zur Folge haben.

Mittels gütlicher Einigungen könnte demnach der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte von zahlreichen Fällen entlastet werden. In Arbeit sind ebenfalls Vorschläge betreffend wirksame Rechtsmittel auf nationaler Ebene und betreffend die Überprüfung von Gesetzesprojekten auf ihre EMRK-Konformität.

Angesichts der chronischen Überlastung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hat der CDDH zahlreiche Vorschläge geprüft, welche Änderungen der EMRK erfordern würden. Er hat sich namentlich
befasst mit den angemessensten Möglichkeiten für den Gerichtshof, eingegangene Beschwerden vorzuprüfen (Filterverfahren), mit der Vereinfachung der Behandlung gleichartiger Fälle und mit der Möglichkeit, dem Gerichtshof die Kompetenz einzuräumen, die Prüfung von Beschwerden abzulehnen, die keine substanziellen Fragen der EMRK aufwerfen. Der CDDH wird dem Ministerkomitee im Juni 2003 seinen Schlussbericht betreffend Massnahmen zur langfristigen Sicherung des Funktionierens des Gerichtshofs zuleiten.

Anlässlich der 111. Session des Ministerkomitees in Strassburg hat die Schweiz die Zahlung eines freiwilligen Beitrags in der Höhe von 250 000 Franken angekündigt, um zur Lösung dieses Problems beizutragen.

Weitere Tätigkeiten des CDDH sind ebenfalls erwähnenswert. So hat er beispielsweise einen Bericht über rechtliche und technische Fragen eines Beitritts der Europäischen Gemeinschaften/Union zur EMRK verabschiedet. Dieser Bericht wurde der entsprechenden Arbeitsgruppe des Konvents zur Zukunft Europas zur Kenntnis gebracht. Im selben Zusammenhang haben am 16. September 2002 in Luxemburg Richterinnen und Richter des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sowie Richterinnen und Richter des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) anlässlich eines 470

Symposiums betreffend Rechtsfragen über das Verhältnis von EMRK und Europäischer Grundrechtscharta diskutiert.

Schliesslich hat das Ministerkomitee am 21. Februar 2002 die vom CDDH vorbereitete Empfehlung über den Zugang zu öffentlichen Dokumenten angenommen.

Vom 27. bis 29. November 2003 wird in Strassburg ein Seminar stattfinden, das bezweckt, die rasche Umsetzung der Empfehlung auf nationaler Ebene zu erleichtern.

Der Lenkungsausschuss für Bioethik (CDBI), der unter Schweizer Vorsitz tagt, hat im Juni 2002 den Empfehlungsentwurf zur Xenotransplantation verabschiedet und ihn nach der Bereinigung mit dem Europäischen Komitee für Gesundheit (CDSP) Ende Oktober 2002 an das Ministerkomitee weitergeleitet.

Das Zusatzprotokoll zur Biomedizinkonvention über die Transplantation von Organen und Geweben menschlichen Ursprungs war am 8. November 2001 vom Ministerkomitee verabschiedet worden. Seit dem 24. Januar 2002 steht es denjenigen Staaten zur Unterzeichnung offen, welche die Biomedizinkonvention unterschrieben haben, also auch der Schweiz. Mit Beschluss vom 26. Juni 2002 hat der Bundesrat dieses Zusatzprotokoll mit gewissen Vorbehalten genehmigt. Die Unterzeichnung erfolgte am 11. Juli 2002.

Zum Entwurf des Zusatzprotokolls zur Bioethikkonvention über biomedizinische Forschung am Menschen wurde von November 2001 bis Februar 2002 eine informelle Vernehmlassung durchgeführt; deren Ergebnisse wurden dem CDBI Ende Februar 2002 zugestellt. Das Zusatzprotokoll wurde von der betreffenden Arbeitsgruppe des CDBI auf Grund der Stellungnahmen der einzelnen Länder überarbeitet und soll demnächst verabschiedet werden.

2.2

Die Schweiz vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte

Im Berichtszeitraum fällte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) vier die Schweiz betreffende Urteile. In zwei Fällen stellte der Gerichtshof eine Verletzung der EMRK fest. Zwei Fälle wurden ferner aus dem Register gestrichen, weil die Umstände dem Gerichtshof Grund zur Annahme gaben, die Beschwerdeführer beabsichtigten, ihre Beschwerde nicht weiterzuverfolgen (Art. 37 Abs. 1 Bst. a EMRK). Von zwölf weiteren Beschwerden, die der Gerichtshof dem Bundesrat zur Stellungnahme zugestellt hatte, erklärte er im Berichtszeitraum drei für unzulässig; in neun Fällen steht die Zulässigkeitsentscheidung noch aus.

Eine Verletzung von Artikel 6 Absatz 1 EMRK stellte der Gerichtshof im Fall Ziegler (Urteil vom 21. Febr. 2002) fest. Das Bundesgericht hatte die Replik des Beschwerdeführers zu den Vernehmlassungen der Vorinstanz und der Gegenpartei nicht zugelassen. Der Gerichtshof erblickt darin eine Verletzung des Anspruchs auf ein faires Verfahren. Dieser Anspruch, so der Gerichtshof unter Hinweis auf die Fälle Nideröst-Huber (vgl. Jahresbericht 1997, BBl 1998 591 f.) und F.R. (vgl. Jahresbericht 2001, BBl 2002 1631), garantiere den Prozessparteien das Recht, grundsätzlich von sämtlichen Stellungnahmen zuhanden des Gerichts Kenntnis zu nehmen und sich dazu zu äussern.

Hintergrund des Falles H.M. (Urteil vom 26. Febr. 2002) bildete die wegen schwerer Verwahrlosung auf unbestimmte Zeit verfügte Heimeinweisung der Beschwer471

deführerin. Der EGMR betonte zunächst die Bedeutung der Unterscheidung zwischen Freiheitsentziehung und blosser Freiheitsbeschränkung. Da die Beschränkungen der Bewegungsfreiheit der Beschwerdeführerin nicht einer eigentlichen Freiheitsentziehung gleich gekommen seien, verneinte der EGMR mit sechs Stimmen eine Verletzung von Artikel 5 Absatz 1 EMRK.

Eine Verletzung von Artikel 6 Absatz 1 EMRK stellte der Gerichtshof auch im Fall Müller (Urteil vom 5. Nov. 2002) fest. Er hatte darüber zu befinden, ob eine Dauer von rund elfeinhalb Jahren für ein Verfahren um Entschädigung für materielle Enteignung mit dem Erfordernis der Behandlung «innert angemessener Frist» (Art. 6 Abs. 1 EMRK) zu vereinbaren sei. Der Gerichtshof teilte zwar die Meinung der Schweiz insofern, wonach die lange Dauer in der Komplexität der Sache und im Verhalten des Beschwerdeführers begründet lag, erachtete aber die Dauer des bundesgerichtlichen Verfahrens von sechs Jahren als zu lang, zumal in dieser Zeit ausser einem Augenschein nur unbedeutende prozessuale Schritte unternommen wurden.

Der Fall Demuth (Urteil vom 5. Nov. 2002) betraf das Gesuch des Beschwerdeführers um eine Konzession für ein Spartenfernsehen («Car TV AG»). Der Bundesrat hatte das Gesuch abgelehnt mit der Begründung, das vorgesehene Programm enthalte keine kulturellen Elemente und erfülle deshalb die Voraussetzungen des Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG) nicht, wonach Fernsehen u.a. «zu einer allgemeinen vielfältigen und sachgerechten Information (...) beitragen und staatsbürgerliche Kenntnisse vermitteln» und «die Vielfalt des Landes und seiner Bevölkerung berücksichtigen und der Öffentlichkeit näherbringen» (Art. 3 Abs. 1 Bst. a und b RTVG) soll. Nach Auffassung des Gerichtshofs war die Nichterteilung der Konzession im Lichte des Rechts auf freie Meinungsäusserung (Art. 10 EMRK) nicht zu beanstanden.

2.3

Gleichstellung von Frau und Mann

Das Ministerkomitee nahm am 30. April 2002 eine Empfehlung über den Schutz von Frauen vor Gewalt an. Die Empfehlung war im Lenkungsausschuss für die Gleichstellung von Frau und Mann (CDEG) vorbereitet worden. Zur Unterstützung der Umsetzung der Empfehlung wurde eine Expertinnen- und Expertengruppe eingesetzt, die insbesondere Indikatoren zur Messung von Gewalt gegen Frauen erarbeiten soll.

Im Rahmen der Aktivitäten zur Bekämpfung von Menschenhandel ist die Ausarbeitung einer Konvention des Europarates gegen Menschenhandel in Diskussion. Das CDEG hat dafür eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben.

Die für Juni 2002 vorgesehene 5. Europäische Ministerinnen- und Ministerkonferenz zur Gleichstellung von Frau und Mann in Skopje (Mazedonien) wurde auf Grund von Fluglotsenstreiks abgesagt und auf Januar 2003 verschoben. Das Thema bleibt das gleiche: «Demokratisierung, Konfliktprävention und Friedensaufbau: Perspektiven und Rollen von Frauen».

472

2.4

Kampf gegen Rassismus und Fremdenhass

Im Februar 2002 fand die erste Folgekonferenz für Expertinnen und Experten des Europarates zur Weltkonferenz gegen Rassismus (WCAR) statt, an der auch die Schweiz teilnahm. Es wurde diskutiert, wie die Forderungen der WCAR in Nationalen Aktionsplänen umzusetzen seien.

Die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR) nahm vom 14. bis 17. November mit Beobachterstatus am 2. Runden Tisch des Europarates mit den nationalen Menschenrechtsinstitutionen teil.

Am 1. Januar 2002 hat die neue Fachstelle für Rassismusbekämpfung offiziell ihre Arbeit aufgenommen. Sie ist innerhalb der Bundesverwaltung zuständig für alle Fragen im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Rassismus, Antisemitismus, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit.

Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) ist in der Folge des ersten Europaratsgipfels der Staats- und Regierungschefs 1993 in Wien geschaffen worden, allerdings ohne juristische Grundlage. Um diese provisorische Situation, welche die Aktionsfähigkeit einschränken könnte, zu überwinden, hat das Ministerkomitee im Juni 2002 einem Statut der ECRI, das am 1. Januar 2003 in Kraft getreten ist, zugestimmt. Dieses hält die Aufgaben und Kompetenzen fest und beschreibt das Anforderungsprofil für die von den Regierungen zu ernennenden Mitglieder, welche unabhängig und unparteiisch sein müssen.

2.5

Rechtliche Zusammenarbeit

Im Jahr 2002 gab es kein Treffen der Europäischen Justizminister. Die 25. Konferenz der Europäischen Justizminister wird vom 4. bis 6. Juni 2003 in Sofia stattfinden und eine ganz besondere Bedeutung aufweisen, wird sie sich doch mit der Entwicklung der internationalen Zusammenarbeit im Kampf gegen den internationalen Terrorismus befassen.

Die Schweiz beteiligte sich aktiv an den Arbeiten der multidisziplinären Gruppe über das internationale Vorgehen gegen den Terrorismus (GMT). Deren Entwurf eines Zusatzprotokolls zum Europäischen Übereinkommen vom 27. Januar 1977 zur Bekämpfung des Terrorismus, welches Nichtmitgliedern des Europarates den Beitritt zum Übereinkommen eröffnet und zugleich die Auslieferung wegen terroristischer Straftaten weiter entpolitisiert, ist an der 111. Session des Ministerkomitees gutgeheissen und an die Parlamentarische Versammlung weitergeleitet worden.

Am 18. September 2002 nahm das Ministerkomitee die Übereinkunft zur Einsetzung einer Europäischen Kommission für Effizienz in der Justiz (CEPEJ) an. Diese neue Institution, an deren Entstehung das Bundesamt für Justiz (BJ) aktiv mitgewirkt hat, soll einerseits die Funktionsweise der Justizsysteme in den einzelnen Staaten verbessern und andererseits dazu beitragen, dass die internationalen rechtlichen Instrumente des Europarates zur Wirksamkeit und Gerechtigkeit der Justiz besser eingesetzt werden. Dabei ist zu betonen, dass die CEPEJ kein Überwachungs- oder Vollzugsinstrument ist, sondern im Wesentlichen zum Zweck hat, die Ergebnisse der verschiedenen Justizsysteme auszuwerten, konkrete Massnahmen zur Verbesse-

473

rung der Justizsysteme zu erarbeiten und die Mitgliedstaaten des Europarates auf deren Begehren hin zu unterstützen.

Das BJ nahm an den multilateralen Versammlungen teil, die am 5. Juli 2002 zur Annahme der «Grundsätze zur Stellung von Nicht-Regierungsorganisationen in Europa» geführt haben. Dieses Dokument, das keine bindende Wirkung hat, nennt eine Reihe von Grundsätzen, die hinsichtlich des Umgangs mit Nicht-Regierungsorganisationen und der sie betreffenden Rechtsetzung zu beachten sind.

Das BJ hat das 15. Kolloquium über Informationstechnologien und Recht in Europa organisiert, das vom 3. bis 5. April 2002 in Magglingen zum Thema «E-Justiz und Interoperabilität der Systeme» stattfand. Die Teilnahme von über 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus 37 Staaten sowie der Europäischen Kommission zeugen vom grossen Interesse an der Veranstaltung, die Anlass zu einem regen Meinungsaustausch zwischen den Informatik-Verantwortlichen der Mitgliedstaaten des Europarates bot.

Das Ministerkomitee hat anlässlich seiner 110. Session den Entwurf zu einer Konvention über die persönliche Beziehung zu Kindern gutgeheissen. Die Konvention strebt die Sicherung und die Vereinfachung der grenzüberschreitenden persönlichen Beziehung zu Kindern an.

Der Beirat Europäischer Richterinnen und Richter (CCJE) gab zwei Meinungsäusserungen ab: die eine betreffend Normen zur Unabhängigkeit und Unabsetzbarkeit der Richterinnen und Richter; die andere betreffend die Finanzierung und die Führung der Gerichte mit Blick auf die Effizienz der Justiz und die in Artikel 6 EMRK festgelegten Anforderungen. Die Meinungsäusserungen enthalten zudem Empfehlungen, die zur Verkürzung der Verfahrensdauer an den Gerichten der Mitgliedstaaten und dadurch auch zur Verminderung entsprechender Beschwerden vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte beitragen sollen.

Im Bereich des Familienrechts haben die Arbeiten zur Revision des Übereinkommens über die Adoption von Kindern begonnen. Zudem ist die Ausarbeitung von Richtlinien betreffend den Rechtsschutz der Familie im Erbrecht vorgesehen, wobei das jeweilige nationale Erb- und Eherecht berücksichtigt werden soll. Schliesslich soll auch die Umsetzung der bestehenden internationalen Instrumente im Bereich der Kinderrechte vertieft werden.

Seit September 2002 übt die Schweiz den Vorsitz des Ausschusses der Rechtsberater für Völkerrecht des Europarates (CAHDI) aus.

2.6

Strafrechtsfragen

Die Schweiz hat am 15. Februar 2002 das Zweite Zusatzprotokoll zum Europäischen Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen (STE 182) unterzeichnet. Der Expertinnen- und Expertenausschuss für Strafrechtsfragen (PC-OC) arbeitet gegenwärtig an einer Empfehlung zu diesem Zusatzprotokoll.

Der Entwurf eines Zusatzprotokolls zur Konvention über Cyber-Kriminalität betreffend rassistische und fremdenfeindliche Straftaten im Internet wurde vom Ministerkomitee an der 111. Session am 7. November 2002 angenommen.

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2.7

Flüchtlingsfragen

Am 27. November 2001 nahm der Ministerrat die Empfehlung über den subsidiären Schutz an, wie sie vom Ad-hoc-Expertinnen- und Expertenausschuss über rechtliche Aspekte von territorialem Asyl, Flüchtlingen und Staatenlosen (CAHAR) vorgeschlagen wurde. Diese Empfehlung ruft den Mitgliedstaaten des Europarates in Erinnerung, dass bestimmte Asylsuchende, welche die Voraussetzungen für die Anerkennung als Flüchtling nicht erfüllen, eventuell dennoch in den Genuss eines internationalen Schutzes gestützt auf weitere internationale Verpflichtungen, wie zum Beispiel die EMRK, oder ­ im Falle einer Situation allgemeiner Gewalt im Heimatland ­ einer adäquaten Behandlung kommen müssen. Was die von der Empfehlung vorgesehenen minimalen Behandlungsnormen betrifft, so führt der Ministerrat an, dass die Mitgliedstaaten denjenigen Personen, denen der subsidiäre Schutz gewährt wird, eine langfristige Aufenthaltsgenehmigung erteilen müssten, falls die Gewährungsvoraussetzungen mehr als fünf Jahre andauern.

Im Laufe des Jahres 2002 übermittelte der CAHAR dem Ministerrat einen neuen Empfehlungsvorschlag über die Haftmassnahmen von Asylsuchenden, die von den Mitgliedstaaten wegen illegaler Einreise oder illegalen Aufenthalts oder aus anderen Gründen im Zusammenhang mit ihrem Gesuch festgenommen wurden. Diese Empfehlung erfasst die Haftgründe und sieht Behandlungsgarantien bezüglich diverser Haftelemente wie Dauer, anzuwendendes Verfahren, Haftbedingungen und Auswirkungen der Haft auf das Asylgesuch selbst vor.

2.8

Medienbereich

Am 11. September 2002 verabschiedete das Ministerkomitee die Empfehlung über Massnahmen zur Steigerung des Schutzes der verwandten Rechte der Rundfunkanstalten.

Der Lenkungsausschuss für Massenkommunikationsmittel (CDMM) hat einen neuen Expertinnen- und Expertenausschuss über Medien und Terrorismus (AP-MT) eingesetzt. Seine Aufgabe besteht darin, Informationen über die bereits existierenden Initiativen zusammenzustellen, welche die Medien ergriffen haben, um die Gründe des Terrorismus zu erklären, sowie ein grösseres Verständnis zwischen den Völkern zu fördern. Der Ausschuss besteht aus acht Personen, die ad personam vom CDMM ernannt wurden. Seine erste Sitzung fand am 16./17. Dezember 2002 statt. Ziel dieses Ausschusses ist es, die Expertinnen- und Expertengruppe über die Meinungsäusserungsfreiheit und andere Grundrechte (MM-S-FR) bei ihren Arbeiten betreffend die Interaktion zwischen der Meinungs- und Informationsfreiheit und dem Kampf gegen den Terrorismus zu unterstützen.

Die Schweiz ist in sieben Arbeitsgruppen sowie im Büro des CDMM ad personam vertreten.

In Zusammenarbeit mit den anderen zuständigen Ausschüssen des Europarates untersuchte die Expertinnen- und Expertengruppe für Online-Dienste und Demokratie (MM-S-OD) den Umgang mit dem Internet. Diese Arbeiten sollen dazu dienen, die Benutzerinnen und Benutzer der neuen Kommunikations- und Informationstechnologien über die bessere Verwendung dieser Instrumente aufzuklären und ihr Verantwortungsbewusstsein zu steigern. Unter anderem verfolgte diese Gruppe die 475

Entwicklung der Initiativen zur Selbst- und Koregulierung, die in den Mitgliedstaaten im Bereich der gesetzeswidrigen und schädlichen Inhalte auf dem Internet getroffen wurden. Ziel ist es, eine Empfehlung zuhanden des Ministerkomitees zu erarbeiten.

Das Änderungsprotokoll zum Europäischen Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen (STE 171) trat am 1. März 2002 in Kraft. Zurzeit haben 24 Staaten dieses Übereinkommen ratifiziert, darunter auch die Schweiz.

Der Lenkungsausschuss von Eurimages, der sowohl kulturelle als auch ökonomische Ziele verfolgt, hat sich mit Fragen der Unterstützung von Koproduktionen, des Filmverleihs und von Kinos befasst. Dieses Jahr erhielten drei Schweizer Koproduktionen von Eurimages finanzielle Unterstützung: zwei französisch­schweizerische Koproduktionen («Pas sur la bouche» und «Ce jour-là») und eine österreichisch­französisch­schweizerische Koproduktion («Böse Zellen»). Für diese drei Projekte wurden insgesamt 1,35 Millionen Euro gesprochen. Die Schweizer Verleihfirmen wurden 2002 für den Verleih von 23 Filmen mit 150 000 Euro unterstützt. Schliesslich erhielten die Betreiber von 10 Kinosälen eine finanzielle Unterstützung in der Gesamthöhe von 101 328 Euro. Die finanzielle Unterstützung der Schweiz für Eurimages belief sich im Jahr 2002 auf 914 694 Euro.

Eurimages wird 2003 Kroatien als 28. Mitglied aufnehmen. Auf Grund der zunehmenden Anzahl der Mitglieder müssen deshalb strukturelle Reformen ins Auge gefasst werden.

2.9

Gemeinden und Regionen, grenzüberschreitende Zusammenarbeit

Am 27./28. Juni 2002 fand in Helsinki die 13. Europäische Konferenz der für die kollektiven Gebietskörperschaften zuständigen Minister statt, die dem Thema «Regionalautonomie» gewidmet war. Die schweizerische Delegation stand unter der Leitung des Luzerner Regierungsrates Paul Huber, Vorsitzender der Kommission «Städte» der Konferenz der Kantonsregierungen und der Tripartiten Agglomerationskonferenz. Die verabschiedete Empfehlung zuhanden des Ministerkomitees schlägt vor, die zur Auswahl stehenden rechtlichen Instrumente inhaltlich konkret auszuarbeiten, bevor ein Entscheid gefällt wird.

Der Kongress der Gemeinden und Regionen Europas (KGRE) traf sich vom 4. bis 6. Juni 2002 in Strassburg zur 9. Plenartagung. Er verabschiedete u.a. Berichte über die Gemeinde- und Regionaldemokratie in Griechenland und Moldawien, die Ausübung des individuellen Wahlrechts durch die Frauen, Foren der Städte und Regionen Südosteuropas, das Internationale Jahr der Berge, die integrierte Transportpolitik, die Beziehungen zwischen Bürgern, Gemeindeparlament und Exekutive in der Gemeindedemokratie, die Partizipation der ausländischen Einwohnerinnen und Einwohner am öffentlichen Leben der Gemeinde, die Förderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Der KGRE will seine Schlüsselrolle im Kampf gegen den Terrorismus wahrnehmen, indem den Bürgerinnen und Bürgern ein adäquater Platz in der Gesellschaft gegeben und dadurch ihre bessere Integration gewährleistet werden soll. Intoleranz und Gewalt als Vorstufen des Terrorismus müssen auf lokaler und regionaler Ebene bekämpft werden. Zum neuen Präsidenten für die nächsten zwei Jahre wurde der Österreicher Herwig van Staa gewählt.

476

Im abgelaufenen Jahr hatte die Schweiz die Präsidentschaft des Expertinnen- und Expertenausschusses über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit inne. In diesem Rahmen sind folgende Berichte verfasst worden: ­

aktueller Stand des administrativen und rechtlichen Rahmens der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in Europa;

­

Umsetzung des Europäischen Rahmenübereinkommens über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften oder Behörden;

­

grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Bereich des Zivilschutzes und Hilfeleistung bei natürlichen und technologischen Unfällen im Grenzgebiet.

3

Sozialer Zusammenhalt und Lebensqualität

3.1

Migrationsfragen

Der Schweizer Vertreter im Lenkungsausschuss für Migrationsfragen (CDMG) nimmt neu Einsitz im Büro dieses Ausschusses. Dies erlaubt der Schweiz, schon in der Vorbereitungsphase einen stärkeren Einfluss auf die Geschäfte zu nehmen.

Am 16./17. September 2002 fand in Helsinki die vom CDMG organisierte 7. Konferenz der für Migrationsfragen zuständigen Minister statt. Die Schweizer Delegation wurde geleitet von Eduard Gnesa, Direktor des Bundesamtes für Ausländerfragen. Die Schlusserklärung zeigt an, welche Richtung die Integrations- und Migrationspolitik künftig einschlagen soll. Bei der Integrationspolitik sollen u.a. die Bemühungen um eine echte Partizipation der Migrantinnen und Migranten in der Gesellschaft verstärkt werden. Im Bereich der Migrationspolitik wurde zum einen die Notwendigkeit von klaren Spielregeln bei der rechtmässigen Migration betont, zum anderen sollen die illegale Migration sowie der Menschenschmuggel und der Menschenhandel mit umfassenderen Massnahmen bekämpft werden. Ein dritter Schwerpunkt betrifft die Verstärkung der internationalen Zusammenarbeit der Zielländer mit den Ursprungs- und Transitländern. Die Konferenz hat sich verpflichtet, eine umfassende Strategie für die Steuerung der Migration zu fördern. Es ist vorgesehen, dass das CDMG bei der Verwirklichung dieser Strategie eine Schlüsselrolle spielt.

3.2

Raumordnungspolitische Zusammenarbeit

Im Rahmen der Vorbereitung der 13. Tagung der Europäischen Raumordnungsministerkonferenz (CEMAT) organisierte der Europarat zwei Seminare. Das erste fand am 15./16. Mai 2002 in Dresden statt und war der Rolle der regionalen und lokalen Behörden bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Bereich der Regionalentwicklung und Raumplanung gewidmet. Dabei wurde festgestellt, dass die europäische Raumentwicklungspolitik eine notwendige Stütze für die nachhaltige Entwicklung und einen stärkeren wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt bildet.

In dieser Hinsicht stellen die von der CEMAT im Jahr 2000 verabschiedeten «Leitlinien für eine nachhaltige räumliche Entwicklung auf dem europäischen Kontinent» ein nützliches Instrument dar. Ferner ist die transnationale Zusammenarbeit mittels 477

Beteiligung der lokalen und regionalen Behörden und verstärkter Koordination deutlich zu fördern.

Am 23./24. Oktober 2002 wurde in Sofia das zweite Seminar durchgeführt. Mit Blick auf die erwähnten Leitlinien befasste es sich mit der räumlichen Entwicklung in besonderen Gebieten, wie Berg- und Küstenregionen, ländlichen Räumen, Flussgebieten und Schwemmländern. Auf Grund ihrer speziellen Ausprägung bedürfen diese Räume einer spezifischen Vorgehensweise, die den natürlichen, kulturellen, landschaftlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Faktoren Rechnung trägt.

Die Verwendung spezifischer innovativer Instrumente für die Umsetzung sowie die Einbindung der Bevölkerung wurden als notwendige Massnahmen für die Unterstützung der nachhaltigen Entwicklung in diesen Gebieten erachtet.

3.3

Sozialpolitik

Die 8. Konferenz der europäischen Minister für Soziale Sicherheit fand am 22./23. Mai 2002 in Bratislava statt und war dem Thema «Auswirkungen der Migration auf die Soziale Sicherheit der europäischen Staaten» gewidmet. Die Minister empfahlen, die Eingliederung der Wanderarbeitnehmer weiter zu fördern und den Europarat verstärkt für die Koordination im Bereich der Sozialen Sicherheit einzusetzen.

Die Konferenz über den Zugang zu sozialen Rechten wurde am 14./15. November 2002 in Malta durchgeführt. Sie ist das Ergebnis der Arbeiten von drei Fachausschüssen (Ausschuss betreffend den Zugang zu Sozialschutz, Ausschuss betreffend den Zugang zu Wohnraum, Ausschuss betreffend den Zugang zu Beschäftigung) in den Jahren 2000 und 2001. Diese Arbeiten waren Gegenstand eines Berichts, der die Hindernisse beim Zugang zu den verschiedenen Sozialrechten erfasste und analysierte. Der Bericht zeigt anhand von Beispielen, wie Hindernisse in den Mitgliedstaaten überwunden werden, und stellt allgemeine Prinzipien für ganzheitliche Ansätze zur Verbesserung des Zugangs zu sozialen Rechten auf. Die Konferenz hat ihre Arbeiten mit der Annahme einer «Erklärung von Malta» abgeschlossen. Diese Erklärung ist an Regierungen sowie andere politische, wirtschaftliche und soziale Verantwortungsträger gerichtet. Sie stellt Grundsätze auf und definiert politische Richtlinien zur Förderung des Zugangs zu sozialen Rechten.

Das Ministerkomitee genehmigte die vom Forum für Kind und Familie erarbeitete Empfehlung zur Tagesbetreuung von Kindern. Daneben führte das Forum die Arbeiten zu folgenden Themen weiter: Demokratie und Partizipation der Kinder in der Gesellschaft, gefährdete Kinder und Pflegekinder sowie Gewalt gegen Kinder.

3.4

Gesundheitswesen

Das Ministerkomitee genehmigte die vom Europäischen Komitee für Gesundheit (CDSP) erarbeitete Empfehlung über die Rolle der Spitäler und Spitalärzte bei der optimalen Verwendung von Blut. Das Komitee beschloss weiter, auf der Basis von Vorschlägen, die von der Schweiz eingebracht worden waren, eine Grundsatzdebatte über die Verbesserung der Verbreitung und Umsetzung der Empfehlungen zu führen.

478

Die erste Ausgabe des «Leitfadens für Sicherheit und Qualitätssicherung von Organen, Geweben und Zellen» wurde im Juni 2002 veröffentlicht. Sie war von einer vom CDSP eingesetzten Arbeitsgruppe verfasst worden, und zwar unter aktiver Beteiligung der Schweiz. Der Leitfaden enthält technische Regeln betreffend Entnahme, Konservierung, Anwendung und Verteilung von Substanzen menschlichen Ursprungs.

Das Ministerkomitee genehmigte die vom Komitee für öffentliche Gesundheit des Teilabkommens (CD-P-SP) erarbeitete Resolution über Papiere und Kartons, die für den direkten Kontakt mit Lebensmitteln bestimmt sind. Das letzte Treffen des mit der Ausarbeitung dieser Resolution beauftragten Expertinnen- und Expertenkomitees fand im April 2002 in Freiburg/Schweiz statt.

Die 4. Auflage der Europäischen Pharmakopöe ist am 1. Januar 2002 in den 30 Unterzeichnerstaaten des Übereinkommens über die Ausarbeitung einer Europäischen Pharmakopöe in Kraft getreten, im Verlauf des Berichtsjahres ebenso die beiden ersten Nachträge dazu.

Die Tätigkeiten der Ständigen Berichterstatter der Kooperationsgruppe zur Bekämpfung des Drogenmissbrauchs und des illegalen Drogenhandels («Pompidou­ Gruppe») standen dieses Jahr ganz im Zeichen der Implementierung des Arbeitsprogramms 2000­2003.

Die dieses Jahr weitergeführte Seminarreihe im Bereich Ethik und Deontologie waren für die Schweiz von besonderem Interesse, ebenso die Arbeiten zum Thema Drogen im Strassenverkehr. Entsprechend haben Schweizer Expertinnen und Experten Workshops geleitet und Seminare präsidiert.

Im Jahre 2003 wird wieder eine der alle drei Jahre stattfindenden Ministerkonferenzen abgehalten, um die neue Präsidentschaft zu wählen und das neue Arbeitsprogramm festzulegen.

3.5

Tierschutz

Unter schweizerischem Vorsitz haben die Vertreterinnen und Vertreter der Vertragsstaaten an der multilateralen Konsultation zum Europäischen Übereinkommen über den Schutz von Tieren bei internationalen Transporten (STE 65) einen Entwurf für ein revidiertes Übereinkommen angenommen und dem Ministerkomitee zur Verabschiedung weitergeleitet. Das Ministerkomitee wird es Anfang 2003 zur Unterzeichnung bzw. Ratifikation unterbreiten. Gleichzeitig wurden die Arbeiten der Expertinnen und Experten zu den technischen Protokollen und zu den Empfehlungen weitergeführt.

Im Rahmen der Revision von Anhang A des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Wirbeltieren zu wissenschaftlichen und anderen Versuchszwecken (STE 123) wurde die für den Herbst 2002 vorgesehene multilaterale Konsultation ein weiteres Mal verschoben; sie findet nun voraussichtlich 2003 statt. Die Empfehlungen für Nagetiere, Kaninchen, Hunde und Katzen sind zur Abstimmung bereit, während diejenigen für Affen einer weiteren Überarbeitung unterzogen werden müssen. Die Arbeit der übrigen Empfehlungen zu landwirtschaftlichen Nutztieren, Frettchen, Amphibien und Reptilien, Fischen und Vögeln kommt gut voran.

479

Der Ständige Ausschuss des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen (STE 87) hat die Revision der Empfehlungen zur Schweinehaltung so weit fortgesetzt, dass eine erste Schlussversion für die Plenarsitzung im Dezember erstellt werden konnte. Inhaltlich werden die Empfehlungen im Wesentlichen mit den neuen EU-Regelungen zur Schweinehaltung übereinstimmen. Die Diskussion über die Empfehlungen zur Kaninchenhaltung ist kontrovers geführt worden. Die Bestrebungen der Schweiz, die Haltungsbedingungen für diese Tiere entscheidend zu verbessern, werden weiterhin von der Mehrheit der Mitgliedsländer des Ständigen Ausschusses unterstützt. Die Ausarbeitung der Empfehlungen zur Fischzucht sind mit Hilfe ausgewählter Expertinnen und Experten zwar fortgesetzt worden, allerdings mit teilweise unbefriedigendem Ergebnis. Für die weiteren Arbeiten sollen deshalb zusätzliche Expertinnen und Experten, auch aus der Schweiz, gewonnen werden.

3.6

Umwelt- und Naturschutz

Der Rat für die Paneuropäische Strategie zur Erhaltung der biologischen und landschaftlichen Vielfalt (STRA-CO) tagte vom 25. bis 28. Februar 2002 in Budapest.

Bei dieser Gelegenheit traf er sich auch mit den europäischen Vertragsparteien der Biodiversitätskonvention, um Synergien zwischen der Konvention und der Paneuropäischen Strategie zu entwickeln. Die Schweiz tat sich insbesondere damit hervor, dass sie die Ergebnisse einer Initiative vorstellte, welche der Mobilisierung von Institutionen und finanziellen Ressourcen zugunsten der Biodiversität dienen soll; deren Vorschläge wurden mehrheitlich unterstützt und in die Schlussfolgerungen des Präsidenten aufgenommen.

Im Rahmen der Paneuropäischen Strategie zur Erhaltung der biologischen und landschaftlichen Vielfalt und unter der Schirmherrschaft von Frankreich, des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) und des Europarates fand vom 5. bis 7. Juni 2002 in Paris die Paneuropäische Konferenz über Landwirtschaft und Biodiversität statt.

Die Hauptthemen der Konferenz, deren wichtigstes Ziel die Integration des Schutzes und der nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt im Landwirtschaftssektor war, bezogen sich auf den Zustand der biologischen Diversität in den europäischen Landschaften und auf die politischen und institutionellen Mittel zur Förderung einer nachhaltigen Agrarpolitik, welche die Aspekte der Biodiversität besser integrieren.

Die Konferenz verabschiedete eine «Erklärung über den Schutz und die nachhaltige Nutzung der biologischen und landschaftlichen Vielfalt im Rahmen von Politik und Methoden der Landwirtschaft». Darin wird den Europäischen Umweltministern, die sich im Rahmen des Prozesses «Umwelt für Europa» im Mai 2003 in Kiew versammeln werden, vorgeschlagen, ein Paket von Empfehlungen zu verabschieden, um die internationale Zusammenarbeit mit den Transitionsländern und den GUS-Staaten zu verstärken. Damit soll in diesen Ländern eine multifunktionelle Landwirtschaft gefördert werden, in der die Erhaltung der Biodiversität besser integriert wäre.

Die Schweiz stellte einen Bericht vor, in dem die Ziele und Instrumente beschrieben und analysiert werden, die in Europa zur Verfügung stehen, um die wirtschaftlichen und sozialen Interessen mit denen der biologischen und landschaftlichen Vielfalt in Einklang zu bringen.

480

Der Ausschuss für die Tätigkeit des Europarates auf dem Gebiet der biologischen und landschaftlichen Vielfalt (CO-DBP) hat sich unter Schweizer Vorsitz am 24. Februar 2002 in Budapest während der Tagung des STRA-CO getroffen und damit die Synergien bekräftigt, die mit der Umsetzung der Biodiversitätskonvention auf regionaler Ebene entwickelt wurden.

An der Tagung des Expertinnen- und Expertenausschusses des «Paneuropäischen Ökologischen Netzwerkes (PEN)» in Riga im Oktober 2002 berichtete die Schweiz über den Stand ihrer Arbeiten zur Errichtung des «Nationalen Ökologischen Netzwerkes» sowie über das Netzwerk SMARAGD («besonders schützenswerte Lebensräume»).

Die Europäische Landschaftskonvention (STE 176) setzt sich zum Ziel, den Schutz, die Pflege und die Gestaltung der Landschaft in stadtnahen, städtischen und natürlichen Gebieten zu fördern, die Landschaft in die sektoriellen Politiken zu integrieren und die Sensibilisierung der Öffentlichkeit und der betroffenen Akteure für die Bedeutung und die spezifischen Werte der einzelnen Landschaften zu fördern. Im Jahr 2002 hatte die Schweiz das Präsidium der Konferenz der Signatarstaaten inne. Sie bereitet die für 2003 geplante Ratifikation vor.

Der Ständige Ausschuss des Berner Übereinkommens über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume hat die Empfehlung über die Erhaltung des Luchses in den Alpen angenommen. Deren Inhalt wird vom «Konzept Luchs Schweiz» übernommen, das vom Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) ausgearbeitet worden ist. Die Schweiz setzte ihre Bemühungen zur Einrichtung des Netzwerks SMARAGD (das dem Netzwerk «Natura 2000» der EU entspricht) fort, indem sie die besonderen Schutzgebiete von europäischer Bedeutung auswies.

Das BUWAL hat zuhanden des Ständigen Ausschusses einen Vierjahresbericht (1997­2001) über die Umsetzung des Berner Übereinkommens verfasst.

3.7

Entwicklungsbank des Europarates

Der Direktionsrat der Bank wählte am 8. April 2002 Professor Ohran Güvenen (Türkei) für drei Jahre zum neuen Präsidenten. Der Deutsche Heinrich Harries wurde als Präsident des Verwaltungsrates bis 2005 bestätigt. Im Berichtsjahr hat die Entwicklungsbank des Europarates 18 neue Projekte mit einem Betrag von rund 1,4 Milliarden Euro unterstützt. Im Zusammenhang mit der grossen Flutkatastrophe in Mitteleuropa hat die Bank der betroffenen Bevölkerung und den Regierungen ihre finanzielle Hilfe angeboten.

3.8

Nord-Süd-Dialog

Das Europäische Zentrum für Interdependenz und Solidarität (Nord-Süd-Zentrum) fuhr fort, sein zweites Dreijahresprogramm (2002­2004) umzusetzen, das bereits in seinen Grundzügen vorgestellt worden ist (vgl. Ziff. 3.8 des Jahresberichts vom 9. Jan. 2002 über die Tätigkeiten der Schweiz im Europarat im Jahr 2001). Gewisse Projekte, z.B. im kulturellen Bereich, erhielten besondere Bedeutung im Gefolge

481

jüngster Ereignisse, beispielsweise der Attentate vom 11. September 2001. Diese haben das Zentrum in den Bereich der vorrangigen Tätigkeiten des Europarates gerückt und es zu einem Instrument der Förderung des interkulturellen und interreligiösen Dialogs werden lassen. Zur besseren Aussenwirkung hat es eine Webseite entwickelt und lanciert. Das den Vorsitz im Ministerkomitee innehabende Malta beabsichtigt, mit dem Zentrum eng zusammenzuarbeiten, um die regionale Zusammenarbeit im Mittelmeerraum weiter zu entwickeln.

Die Mitgliedstaaten haben nach dem Beitritt Deutschlands ihre Beratungen über die Zusammensetzung des Exekutivrats des Zentrums abgeschlossen. Das vereinbarte System muss eine gerechte Vertretung aller Mitgliedstaaten, insbesondere der kleineren und mittelgrossen, sicherstellen. Die Schweiz ist für eine weitere zweijährige Amtszeit zum Mitglied des Exekutivrats gewählt worden.

Die Mitgliedstaaten leiteten eine Debatte über die Voraussetzungen ein, unter denen ein Nichtmitgliedstaat des Europarates Vertragspartei des Teilabkommens werden kann.

4

Kultureller Zusammenhalt und Pluralismus der Kulturen

4.1

Kultur und Denkmalpflege

Im Berichtsjahr war der Kulturbereich gekennzeichnet durch eine etwas verminderte Projekttätigkeit, da das Hauptaugenmerk auf die erfolgreiche Durchführung struktureller Reformen gelegt wurde. Diese bezwecken, den von Konsultativkomitees zu Lenkungsausschüssen mutierten Gremien grösseres politisches Gewicht zu geben.

Im Bereich der Kultur wird die Schweiz in zwei Arbeitsgruppen Einsitz nehmen, die sich mit Kulturpolitik, dem interkulturellen Dialog und der Erhaltung und Förderung der kulturellen Vielfalt auseinandersetzen. Im Rahmen des Projektes «Stage», welches zum Ziel hat, die Länder im Südkaukasus in der Entwicklung ihrer Kulturpolitik zu unterstützen, hat die Schweiz am 10./11. Mai 2002 einen Kongress in Montreux organisiert, an welchem sie Anforderungen und Ziele ihrer Kulturpolitik vorgestellt hat. Infolge ihrer grossen Erfahrung in den Bereichen des Schutzes und der Förderung kultureller Vielfalt ist die Schweiz für diese Staaten von besonderem Interesse.

Im Bereich der Sprachen wird die Schweiz dem Europarat bis zu Beginn des Jahres 2003 ihren zweiten Bericht zur Umsetzung der «Europäischen Charta der Regionalund Minderheitensprachen» vorlegen. Darin werden jene in die Praxis umgesetzten Massnahmen beschrieben, welche die Regional- und Minderheitensprachen schützen und fördern sollen.

Das Hauptprojekt im Bereich des Kulturerbes war dieses Jahr zweifellos die Entwicklung der «kulturellen Reisewege». Dieses Projekt ist von der Schweiz unterstützt worden, welche sich seit mehr als zwanzig Jahren mit der Inventarisierung der historischen Wege im eigenen Land beschäftigt. Das genannte Projekt ist deshalb so wichtig, weil es drei Dimensionen des Kulturerbes miteinander verbindet: die archäologische, die architektonische und die ökologische. Auf Grund der Ernennung des Schweizer Delegierten ins Büro des Lenkungsausschusses ist die Schweizer Po-

482

sition weiter gestärkt. Schliesslich hat die Schweiz dieses Jahr an der Eröffnung der Europatage in Bonn und Essen teilgenommen.

Auf nationaler Ebene hat das Bundesamt für Kultur auf Wunsch der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege (EKD) ein Rechtsgutachten zu den Konventionen zum «Schutz des archäologischen Erbes» (STE 143) und zum «Übereinkommen zum Schutz des baugeschichtlichen Erbes in Europa» (STE 121) verfasst.

Diese zwei Konventionen, welche die Schweiz 1996 ratifiziert hat, stellen die wichtigsten Rechtsinstrumente des Europarates in diesem Bereich dar. Das Gutachten soll Bund und Kantonen helfen, den jeweiligen Handlungsbedarf bei der Umsetzung der Konventionsverpflichtungen in innerstaatliches Recht zu ermitteln, da die Konventionen nicht direkt anwendbar sind. Jeder Kanton wird anhand der eigenen kantonalen Gesetzgebung im Bereich des Kulturgüterschutzes, des archäologischen Erbes und der Denkmalpflege den verbleibenden Umsetzungsbedarf individuell beurteilen müssen.

4.2

Erziehungs- und Hochschulwesen

Das Ministerkomitee hat die vier Komitees, die sich speziell mit der kulturellen Zusammenarbeit befassen ­ darunter auch der Bildungsausschuss ­ in Lenkungsausschüsse umgewandelt. Im Bereich Bildung hat er seine für die Jahre 2001­2004 geplante Tätigkeit fortgesetzt. Die Schweiz hielt sich an ihr prioritäres Engagement bei den Projekten des Fremd- oder Zweitsprachenunterrichts, der Politischen Bildung (ECD) und des Unterrichts in europäischer Geschichte.

Im Rahmen des Projekts Fremdsprachenunterricht zog der Europarat 2002 eine erste Bilanz über das «Europäische Jahr der Sprachen», das er 2001 zusammen mit der EU durchgeführt hatte. Zum Abschluss fand erstmals am 26. September 2002 der «Europäische Tag der Sprachen» in den Mitgliedsländern statt. Die Schweiz bleibt im Komitee vertreten, welches das Europäische Sprachenportfolio validiert. Ferner nahm sie regelmässig an den Workshops des Europäischen Fremdsprachenzentrums in Graz (EFSZ/CELV) teil.

Im Projekt Politische Bildung (ECD) hat die Schweiz weiterhin durch einen freiwilligen Beitrag Aktionen für die Verbreitung der Ergebnisse unterstützt, am Netzwerk der nationalen Koordinationsstellen mitgewirkt und ­ vom Bildungsausschuss (CD-ED) speziell dazu beauftragt ­ in enger Zusammenarbeit mit der DEZA bei der Arbeitsgruppe ECD des Stabilitätspakts für Süd-Ost-Europa mitgearbeitet. In der Schweiz hat sich in Zusammenarbeit mit der Universität Freiburg ein bereichsübergreifendes Komitee zur Vorbereitung eines bedeutenden nationalen Anlasses zum Thema Politische Bildung gebildet.

Im Rahmen des Projekts des Europäischen Geschichtsunterrichts hat die Schweiz an der Universität Neuenburg einen einwöchigen Kurs für europäische Lehrkräfte mitfinanziert, der in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Forum für Migrationsstudien organisiert wurde.

Am 18. Oktober hat die Schweiz mit dem St. Galler Regierungsrat Hans Ulrich Stöckling, Präsident der Erziehungsdirektorenkonferenz, an der Strassburger Erziehungsministertagung zum Gedenken an den Holocaust teilgenommen. Ziel der Tagung waren die Lancierung nationaler Holocaust-Gedenktage und die Annahme der 483

Vorschläge der Expertinnen- und Expertengruppe für die Didaktik des Holocaust im Geschichtsunterricht des 20. Jahrhunderts. In ihrer Intervention hat die Schweiz unterstrichen, wie wichtig diese Frage sei.

Der Lenkungsausschuss für Höheres Bildungswesen und Forschung (CD-ESR), eines der Gremien, welche aus der Neustrukturierung der vier Spezialausschüsse hervorgegangen sind, hat seine Arbeiten zum Projekt «Die Hochschulen als Orte der Staatsbürgerlichkeit» abgeschlossen und beantragt, dass die Ergebnisse in die Umsetzung der Bologna-Erklärung einfliessen mögen. Weiterhin wirkte der Leitungsausschuss an den Umsetzungsarbeiten der Bologna-Erklärung sowie im Bereich Anerkennung der Qualifikationen und Mobilität mit. Als Diskussionsbeitrag zur Internationalisierung des Hochschulbereichs im Rahmen des GATS-Abkommens wurde eine neue Aktion mit dem Ziel gestartet, den Standpunkt der im Hochschulbereich tätigen Personen und Institutionen bei diesen Verhandlungen angemessen zum Ausdruck zu bringen. Die Arbeiten an den Projekten «Partnerschaften zur Erneuerung der Erziehung» und «Lehren und Lernen in der Kommunikationsgesellschaft» wurden in Zusammenarbeit mit dem Bildungsausschuss (CD-ED) weitergeführt.

4.3

Jugend

Die 6. Konferenz der für Jugendfragen zuständigen Minister vom 7. bis 9. November in Thessaloniki bot die Gelegenheit, eine Standortbestimmung der Jugendpolitik im Europarat vorzunehmen und die Prioritäten für die kommenden Jahre zu definieren. Nach wie vor ist Partizipation der Schlüsselbegriff im Bereich der Jugendförderung. Die an der Konferenz vertretenen Jugendorganisationen haben es so formuliert: «Nothing for us ­ without us». Diese Leitidee ist innerhalb des Jugendsektors des Europarates akzeptiert, sie wird auch zunehmend in nationale Jugendpolitiken implementiert, aber im politischen Alltag muss der Partizipation dennoch immer wieder zum Durchbruch verholfen werden. Eine offene Frage bleibt, wie es gelingen könnte, nicht nur die 7­10 % in den «traditionellen» Jugendverbänden organisierten Jugendlichen mitmachen zu lassen, sondern eine breitere Schicht von Jugendlichen anzusprechen. Ein weiterer Schwerpunkt wurde auf die Situation in den Ländern Süd-Ost-Europas gelegt. Es gilt, diejenigen Länder besonders zu berücksichtigen, die nicht im Rahmen der anstehenden Osterweiterung in die Europäische Union aufgenommen werden. Ein stark entwicklungshemmendes, nach wie vor zu wenig erforschtes und ungelöstes Phänomen ist hier die Abwanderung der gut ausgebildeten jungen Menschen. Ein dritter Schwerpunkt betraf die Gewalt im Alltag. Es wurde festgehalten, dass entgegen dem von den Medien geprägten Bild Kinder und Jugendliche in Bezug auf Gewalt weit häufiger Opfer als Täter sind.

Die Schwerpunkte für die nächsten drei Jahre des Jugendsektors des Europarates wurden folgendermassen gesetzt: Förderung des interkulturellen Dialogs und des Friedens; Förderung de Achtung der Menschenrechte, der Menschenwürde und des sozialen Zusammenhalts; Förderung der Mitwirkung und des demokratischen Bürgersinns.

Die Mitgliedstaaten sollen weiterhin darin unterstützt werden, eine adäquate Jugendpolitik zu entwickeln. Die Jugendförderung ist vermehrt als Querschnittsaufgabe innerhalb der verschiedenen Bereiche des Europarates wahrzunehmen.

484

4.4

Sport

Im Berichtsjahr hat sich erfreulicherweise die Bereitschaft zur europäischen Zusammenarbeit verstärkt, insbesondere in den Bereichen Dopingbekämpfung und Sport- und Bewegungserziehung. Die informelle Sportministerkonferenz, die am 12./13. September 2002 in Warschau tagte und an der 35 Minister oder Staatssekretäre teilnahmen, zeigte klar, dass der Sport zu einem Thema nicht nur für Spezialisten, sondern auch für politische Instanzen geworden ist. Als Schlussfolgerung erging der Aufruf, dem Sport- und Bewegungsunterricht Raum und Zeit, Quantität und Qualität sowie Aufmerksamkeit und Unterstützung zu geben, damit Kinder und Jugendliche in Europa aktive Lebensformen entwickeln können. Die Schweizer Delegation, der erstmals ein Mitglied der Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) angehörte, empfahl die Entwicklung von europäischen Leistungs- und Qualitätsstandards.

Die Schweiz hat sich stark engagiert bei der Ausarbeitung der Richtlinien der AntiDrogen-Agentur (AMA), welche mit Unterstützung des Europarates in eine Institution nach internationalem öffentlichem Recht umgewandelt werden soll.

5

Programme zur Entwicklung und Konsolidierung der demokratischen Stabilität

Die Schweiz hat sich in Südosteuropa auch im Berichtsjahr im Rahmen des Stabilitätspakts engagiert, welcher durch die Verabschiedung des Reformpaketes im Juni 2002 weiter an Effizienz zu gewinnen verspricht. Obwohl der Europarat nicht mehr den Mitsponsor-Status im Stabilitätspakt aufweist, ist er durch dessen neue Prioritätensetzung, insbesondere im Bereich der lokalen Demokratie und der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, zur aktiven Mitarbeit zurückgekehrt. Die drei noch im Jahr 2001 initiierten Projekte des Europarates im Arbeitstisch I (Demokratisierung und Menschenrechte), welche die Schweiz finanziell unterstützt, entwickelten sich weiterhin positiv und dürften Mitte des Jahres 2003 abgeschlossen sein. Es handelt sich um Projekte zur Überprüfung der Nichtdiskriminierung durch Gesetze und politische Massnahmen, zur Annahme und Umsetzung der geltenden internationalen Normen sowie zu bilateralen Abkommen über die Zusammenarbeit als Instrumente zur Förderung der guten ethnischen Beziehungen. Für die Zukunft strebt der Stabilitätspakt eine verstärkte Komplementarität zum Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess der Europäischen Union an.

Der Europarat hat zum dritten Mal eine Wahlbeobachtungsmission für Kosovo (CEEOM III) aufgestellt, welche die Wahlen vom 26. Oktober begleitet hat. Die Schweiz beteiligte sich daran mit sieben Wahlbeobachterinnen und Wahlbeobachtern.

485

Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarates an die Regierungen ­

Recommandation sur les principes directeurs pour le développement territorial durable du continent européen R (2002) 1

­

Recommandation sur l'accès aux documents publics R (2002) 2

­

Recommandation sur la coopération transfrontalière en matière de protection civile et d'entraide en cas de désastres naturels et technologiques survenant dans les zones frontalières R (2002) 3

­

Recommandation sur le statut juridique des personnes admises au regroupement familial R (2002) 4

­

Recommandation sur la protection des femmes contre la violence R (2002) 5

­

Recommandation sur les politiques de l'enseignement supérieur en matière d'éducation tout au long de la vie R (2002) 6

­

Recommandation sur des mesures visant à accroître la protection des droits voisins des organismes de radiodiffusion R (2002) 7

­

Recommandation sur l'accueil de jour des enfants R (2002) 8

­

Recommandation sur la protection des données à caractère personnel collectées et traitées à des fins d'assurance R (2002) 9

­

Recommandation sur la médiation en matière civile R (2002) 10

­

Recommandation sur le rôle de l'hôpital et du clinicien s'agissant de garantir l'usage optimal du sang et des produits sanguins R (2002) 11

­

Recommandation sur l'éducation à la citoyenneté démocratique R (2002) 12

­

Recommandation sur la publication et la diffusion dans les Etats membres du texte de la Convention européenne des droits de l'homme et de la jurisprudence de la Cour européenne des droits de l'homme R (2002) 13

486

Dienststellen, die Informationen über einzelne Tätigkeitsgebiete vermitteln können Wichtigste Entwicklungen, Programme zur Entwicklung und Konsolidierung der demokratischen Stabilität

EDA, Politische Abteilung I, Sektion Europarat; EDA, Politische Abteilung IV, Sektion Friedenspolitik und menschliche Sicherheit

Menschenrechte, Europäische Menschenrechtskonvention

EJPD, Bundesamt für Justiz, Abteilung für internationale Angelegenheiten, Sektion Menschenrechte und Europarat; EDA, Direktion für Völkerrecht, Abteilung Völkerrecht, Menschenrechte und humanitäres Völkerrecht; EDA, Politische Abteilung IV, Sektion Menschenrechtspolitik

Rassismusbekämpfung

EDI, Generalsekretariat, Eidgenössische Kommission gegen Rassismus; EDI, Fachstelle für Rassismusbekämpfung

Rechtliche Zusammenarbeit

EJPD, Bundesamt für Justiz, Abteilung für internationale Angelegenheiten; EJPD, Bundesamt für Justiz, Abteilung für internationale Rechtshilfe; BK, Eidgenössischer Datenschutzbeauftragter

Strafrechtsfragen

EJPD, Bundesamt für Justiz, Dienst für internationales Strafrecht

Gleichstellung von Frau und Mann

EDI, Eidgenössisches Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann

Flüchtlingsfragen

EDA, Politische Abteilung IV, Sektion humanitäre Politik und Migration; EJPD, Bundesamt für Flüchtlinge, Abteilung Recht und Internationales

Medien

EDA, Politische Abteilung III, E-Envoy; EJPD, Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum, Abteilung Urheberrecht und verwandte Schutzrechte; UVEK, Bundesamt für Kommunikation, Internationales; EVD, Wettbewerbskommission; EDI, Bundesamt für Kultur, Sektion Film

Gemeinden und Regionen

EDA, Politische Abteilung I, Sektion Europarat; EDA, Direktion für Völkerrecht, Sektion Landesgrenzen und Nachbarrecht; Konferenz der Kantonsregierungen (KdK)

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Bevölkerung

EDI, Bundesamt für Statistik, Abteilung Bevölkerung und Beschäftigung

Migration

EJPD, Bundesamt für Ausländerfragen, Sektion Internationales und Analysen

Raumplanung

UVEK, Bundesamt für Raumentwicklung, Internationale Angelegenheiten

Soziale Fragen

EDI, Bundesamt für Sozialversicherung, Abteilung internationale Angelegenheiten und Zentralstelle für Familienfragen; EVD, seco, Internationale Arbeitsfragen

Gesundheit

EDI, Bundesamt für Gesundheit, Internationales

Tierschutz

EVD, Bundesamt für Veterinärwesen, Internationales/Forschungskoordination

Umwelt-, Natur- und Landschaftsschutz

UVEK, Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft

Entwicklungsbank des Europarates

EDA, Politische Abteilung I, Sektion Europarat; EFD, Eidgenössische Finanzverwaltung, Ausgabenpolitik

Nord-Süd-Dialog

EDA, Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit, Abteilung Politik, Planung und Multilaterales

Kultur

EDA, Politische Abteilung III, Sektion Kultur und UNESCO; EDI, Bundesamt für Kultur, Recht und Internationales

Denkmalschutz

EDI, Bundesamt für Kultur, Sektion Heimatschutz und Denkmalpflege

Bildung und Hochschulwesen

EDI, Bundesamt für Bildung und Wissenschaft; Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK)

Jugend

EDI, Bundesamt für Kultur, Sektion Kultur und Gesellschaft

Sport

VBS, Bundesamt für Sport

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Webseiten der Bundesverwaltung Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten www.eda.admin.ch/eda/g/home/fore ign/intorg/eurco.html

Webseiten des Europarates Europarat www.coe.int

Parlamentarische Versammlung stars.coe.int

Verträge des Europarates conventions.coe.int

Ministerkomitee www.coe.int/cm

Kongress der Gemeinden und Regionen Europas (KGRE) www.coe.fr/cplre

Entwicklungsbank des Europarates www.coebank.org

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte www.echr.coe.int

Menschenrechte www.humanrights.coe.int

Konvention zum Schutz nationaler Minderheiten www.humanrights.coe.int/minorities /index.htm

Konvention zum Schutz vor Folter www.cpt.coe.int/fr

Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) www.ecri.coe.int

Venedig-Kommission www.venice.coe.int

Soziale und wirtschaftliche Angelegenheiten www.social.coe.int

Kulturelle Zusammenarbeit www.coe.int/T/F/Coopération_culturelle

Stellen und Praktika in Strassburg www.coe.int/jobs

Nord-Süd-Zentrum www.nscentre.org

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