99.450 Parlamentarische Initiative Berufsausbildungspflicht für konzessionierte Privatanbieter bei Telecom, Post und Bahnen (Strahm) Zusatzbericht der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen vom 12. November 2002 zu den Neuen Anträgen der KVF vom 14. Januar 2003

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Ausgangslage

Die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrats verabschiedete am 13. August 2001 einen Bericht mit Beschlussentwurf zur Parlamentarischen Initiative «Berufsausbildungspflicht für konzessionierte Privatanbieter bei Telecom, Post und Bahnen» zuhanden ihres Rates und unterbreitete diesen gleichzeitig dem Bundesrat zur Stellungnahme.

Der Bundesrat verabschiedete am 26. Juni 2002 seine Stellungnahme zur Initiative und beantragte, diese abzulehnen. In einer Eventualposition legte er dar, falls der Nationalrat auf die Vorlage eintreten würde, dass in allen drei Gesetzen die gleichen Formulierungen gewählt werden sollten. Weiter beurteilte der Bundesrat den vorgeschlagenen Gesetzestext, gemessen an den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Gesetzgebung, als ungenügend. So sollten die Voraussetzungen für die Statuierung der Ausbildungspflicht auf formell-gesetzlicher Stufe geregelt werden. Weiter soll der Gesetzestext das Verhältnis von Verordnung und Konzession klar regeln, d.h. es sollte aus dem Normtext klar hervorgehen, ob die Ausbildungspflicht direkt und ausschliesslich durch eine bundesrätliche Verordnung begründet oder ob sie durch Konzessionsauflagen überbunden werden soll.

In seiner Eventualposition schlug der Bundesrat keine konkreten Bestimmungen zur Präzisierung vor.

Die KVF bat das zuständige Departement, die Eventualposition des Bundesrates in konkrete, ausformulierte Bestimmungen zu fassen. Die Kommission diskutierte diese an der Sitzung vom 12. November 2002 und verabschiedete sie als «neue Anträge» der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen. Die Minderheit bekräftigte, an ihrem Antrag auf Nichteintreten festzuhalten.

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Erläuterungen zu den «neuen Anträgen» der Kommission

2.1

Änderung Postgesetz Art. 8a Ausbildungspflicht (neu)

In der Bestimmung wird festgehalten, unter welchen Voraussetzungen der Bundesrat eine Ausbildungspflicht statuieren kann. Dies ist dann der Fall, wenn die Ausbildungsmassnahmen der Unternehmung ungenügend sind. Als Messgrösse wird der gesamtschweizerische Branchendurchschnitt vorgesehen. Aus einer solchen Bestimmung wird für die Unternehmungen im Grundsatz ersichtlich, was von ihnen hinsichtlich der Berufsausbildung erwartet wird, sie können, wenn der Bundesrat die Gesetzesvorschrift konkretisiert hat, entsprechende Massnahmen ergreifen. Aus systematischen Gründen wird vorgeschlagen, einen eigenen Abschnitt zu schaffen.

Der Bundesrat würde die auf Gesetzesstufe formulierte Voraussetzung in einer Verordnung konkretisieren (z.B. festlegen, wie der gesamtschweizerische Durchschnitt einer Branche berechnet wird, insbesondere welche Berufsfelder dazu zu rechnen sind) und den Umfang der Aus- und Weiterbildungspflicht regeln (z.B.

wieviele Ausbildungsplätze je Anzahl ausgebildete Mitarbeiter bereit gestellt werden müssen, und ob sich die Grundbildungspflicht auf die für das Unternehmen branchentypischen Berufe [z.B. Informatiker] beschränkt oder sämtliche Berufe [z.B. auch kaufmännische Ausbildung] erfasst). Derselbe Konkretisierungsbedarf bestünde für das Gebiet der Weiterbildung. Die Ausbildungspflicht würde dann durch die Konzessionsbehörde im Einzelfall verfügt, falls eine Unternehmung ihre Ausbildungsverantwortung nicht bereits in genügendem Umfang wahrnimmt.

Soweit das Verordnungsrecht dafür Raum liesse, könnte die Verfügung den Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung tragen.

2.2

Änderung Fernmeldegesetz Art. 13a Ausbildungspflicht (neu)

Für die Ausführungen zum Wortlaut verweisen wir auf Ziffer 2.1.

Im Fernmeldebereich stellt sich hinsichtlich der Normadressaten noch folgendes Problem: Es ist vorgesehen, die Konzessionspflicht mit der nächsten Revision des Fernmeldegesetzes, mit Ausnahme der Grundversorgung, durch eine Meldepflicht zu ersetzen.

Sollte künftig allen Fernmeldeunternehmungen eine Ausbildungspflicht auferlegt werden, so müsste diese mit dem Gebot der Gleichbehandlung und mit weiteren Grundrechten, insbesondere der Wirtschaftsfreiheit, vereinbar sein. Auf eine diesbezügliche Übergangsbestimmung im Gesetz kann aber verzichtet werden, da der Bundesrat ohnehin nicht verpflichtet ist, eine Verordnung zu erlassen. Falls er von seinem Verordnungsrecht Gebrauch machen sollte, so wäre auf Verordnungsstufe ­ in Berücksichtigung des Verhältnismässigkeitsprinzips ­ eine übergangsrechtliche Regelung vorzusehen, beispielsweise dass Neuanbietern auf dem Markt nicht bereits in der Phase des Aufbaus des Unternehmens eine Ausbildungspflicht auferlegt werden darf.

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2.3

Änderung Personenförderungsgesetz.

Art. 4b Ausbildungspflicht (neu)

Für die Ausführungen zum Wortlaut verweisen wir auf Ziffer 2.1.

In Abweichung vom ursprünglichen Vorschlag der Kommission wird auf die Erwähnung der beauftragten Unternehmung verzichtet. Es genügt, die Konzessionärin in der Norm zu erwähnen. Die Möglichkeit, einzelne Rechte und Pflichten auf Dritte zu übertragen, wird einerseits nämlich erst auf Verordnungsstufe statuiert.

Andererseits haftet auch in diesem Fall die Konzessionärin weiterhin für die Erfüllung ihrer Pflichten (Art. 15 Abs. 2 PBV). Wird also festgestellt, dass eine der von der Konzessionärin beauftragten Unternehmungen die Ausbildungspflichten nicht erfüllt, ergeht eine entsprechende Verfügung an die Konzessionärin, die für deren Durchsetzung im internen Verhältnis zu sorgen hat.

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