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Bundesblatt 115. Jahrgang

Bern, den 12. September 1963

Band II

Erscheint wöchentlich. Preis 33 Franken im Jahr, 18 Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr: 50 Rappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an Stämpfli & Oie. in Bern

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Genehmigung des Grundstatuts des Internationalen Instituts für die Vereinheitlichung des Privatrechts (Vom 6. September 1963)

Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen mit der beiliegenden Botschaft den Entwurf eines Bundesbeschlusses betreffend die Genehmigung des Grundstatuts des Internationalen Instituts für die Vereinheitlichung des Privatrechts zu unterbreiten.

Am 26. September 1924 anerbot sieb die italienische Eegierung gegenüber der Völkerbundsversammlung, in Born ein Internationales Institut für die Vereinheitlichung des Privatrechts zu gründen, wobei sie sich gleichzeitig zur Entrichtung eines erheblichen jährlichen Beitrages verpflichtete. In einer Resolution vom 30. September 1924 forderte die Versammlung den Völkerbundsrat auf, dieses Angebot anzunehmen und beschloss, dass die Befugnisse und Aufgaben dieses Instituts sowie die Bestellung seines Direktionsrates und seines leitenden Ausschusses im Einvernehmen mit der italienischen Eegierung vom Völkerbundsrat zu regehi seien. Ferner wurde der Völkerbundsrat aufgefordert, mit der italienischen Eegierung nach Beratung mit den zuständigen Organisationen die Verträge abzuschliessen, die zur Sicherung des Bestandes und des geordneBundesblatt. 115. Jahrg. Bd. II 26

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ten Betriebes dieses Instituts erforderlich wären (vgl. Bundesblatt 1925, I, 30 und 77/78). Entsprechend dieser Eesolution nahm der Völkerbundsrat am 3. Oktober 1924 das Angebot der italienischen Eegierung an.

Das Institut wurde im Jahre 1926 gegründet und zwei Jahre später eingeweiht. Gemäss seinem Statut von 1926 bestanden zwischen dem Institut und dem Völkerbund recht enge Beziehungen. Als Italien indessen den Völkerbund verliess, kündigte es im Jahre 1937 den Vertrag mit dem Völkerbund, durch welchen das Institut gegründet worden war. Gleichzeitig erklärte aber die italienische Regierung, dass dieses als selbständige, unabhängige Organisation weiterbestehen bleiben solle.

Im Jahre 1939 schlug der Direktionsrat des Instituts, im Hinblick auf die Nützlichkeit der bereits geleisteten Arbeiten, der italienischen Eegierung vor, das Institut auf einer neuen Grundlage zu reorganisieren. Zu diesem Zweck arbeitete er einen Entwurf zu einem revidierten Statut aus. Die italienische Eegierung hiess diesen Vorschlag gut und ersuchte die Eegierungen der Mitgliedstaaten des Völkerbundes und anderer Staaten, dem. neuen Statut in grundsätzlicher Hinsicht zuzustimmen. Als genügend derartige Zustimmungserklärungen vorlagen, ersuchte sie die Eegierungen um formellen Beitritt zum «Grundstatut des Internationalen Instituts für die Vereinheitlichung des Privatrechts vom 15. März 1940». Nachdem die in Artikel 21 des Grundstatuts verlangte Mindestzahl von Beitrittserklärungen erreicht und sogar überschritten war, trat dieses Statut am 21. April 1940 in Kraft.

Am 9.Februar 1940 hatte sich der Bundesrat grundsätzlich zur Mitarbeit im neuorganisierten Institut bereit erklärt. Zwei Monate später beschloss er, dem italienischen Aussenministerium den Beitritt der Schweiz zum neuen Grundstatut zu notifizieren.

Gegenwartig gehören einundvierzig Staaten dem Institut an, nämlich Belgien, Bolivien, Brasilien, Bulgarien, Chile, Dänemark, Bundesrepublik Deutschland, Ecuador. Finnland, Frankreich, Griechenland, Indien, Iran, Irland, Israel, Italien, Japan, Jugoslawien, Kolumbien, Kuba, Libanon, Luxemburg, Mexiko, Nicaragua, Niederlande, Norwegen, Österreich, Paraguay, Portugal, Eumänien, San Marino, Schweden, Schweiz, Spanien, Türkei, Ungarn, Uruguay, Vatikanstaat, Venezuela, Vereinigte Arabische Eepublik, Vereinigtes Königreich.

II

Das Internationale Institut für die Vereinheitlichung des Privatrechts, auch «Unidroit» genannt, befasst sich mit dem Studium der Mittel zur Angleichung und Koordination des Privatrechts der verschiedenen Staaten oder Staatengruppen (vgl. Art. l des Grandstatuts). Dabei leistet es gründliche Arbeit auf wissenschaftlicher Basis. Diese Studien bilden die Grundlage, um in Fühlung mit Vertretern interessierter Kreise Vorentwürfe zu einheitlichen Gesetzen oder internationalen Abkommen auszuarbeiten. Sobald sie genügend durchgearbeitet sind, werden die Vorentwürfe zunächst den beteiligten Eegie-

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Auf Grund der eingegangenen Antworten werden sie umgearbeitet, damit sie dann als Entwürfe von einer diplomatischen Konferenz durchberaten werden können (vgl. Art. 14 des Statuts). Der aus den Verhandlungen dieser Konferenz hervorgehende Text ist dazu bestimmt, von den beteiligten Staaten als einheitliches Gesetz erlassen oder, soweit es sich um einen Abkommensentwurf handelt, als Staatsvertrag unterzeichnet zu werden.

Ausserdem leistet das Institut wertvolle Dienste mit der Veröffentlichung von Studien und von Gerichtsentscheiden aus dem Gebiet der Vereinheitlichung des Privatrechts, deren Bedeutung mit der heutigen allgemeinen Tendenz zum Zusammenschluss der Staaten stets wächst. Verschiedene vom Institut selbst organisierte oder von ihm besuchte internationale Zusammenkünfte dienten ebenfalls den vom Unidroit verfolgten Zielen.

Bisher war das Institut vor allem in obligationenrechtlichen und handelsrechtlichen Gebieten tätig und hat hier seine besondere Aufmerksamkeit dem Kauf-, Haftpflicht-, Kredit- und Transportrecht geschenkt. So waren in den letzten Jahren namentlich folgende Materien Gegenstand von Entwürfen zu internationalen Abkommen oder einheitlichen Gesetzen: der internationale Kaufvertrag betreffend bewegliche körperliche Sachen, die Stellvertretung bei internationalen Kaufverträgen, die Haftpflicht und deren obligatorische Versicherung beim Motorfahrzeugverkehr, die Haftung der Gastwirte sowie der Strassen- und Flusstransport. Ein Abkommen über den Vertrag betreffend den internationalen Warentransport auf Strassen - im Entwurf vom Institut ausgearbeitet und fast unverändert von der europäischen Kommission der Vereinigten Nationen übernommen - wurde von den meisten europäischen Staaten, so auch von der Schweiz, unterzeichnet und ist am 2. Juli 1961 in Kraft getreten.

Auf verfahrensrechtlichem Gebiet hat das Institut insbesondere einen Entwurf zu einem einheitlichen Gesetz über die Schiedsgerichtsbarkeit in internationalen privatrechtlichen Verhältnissen und einen Entwurf zu einem Abkommen über die Vollstreckung im Ausland von Entscheidungen in Unterhaltssachen ausgearbeitet. Den erstgenannten Entwurf übernahm der Europarat als Grundlage seines neueren Vorentwurfs zu einem europäischen Abkommen «portant
loi uniforme en matière d'arbitrage», das eine Vereinheitlichung der europäischen Landesgesetze über das Schiedsgerichtsverfahren bezweckt. Den Entwurf betreffend Unterhaltssachen hat die Haager Konferenz für internationales Privatrecht weitgehend verwendet bei der Bearbeitung ihres am I.Januar 1962 in Kraft getretenen Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern.

Das Institut beschäftigt sich ferner mit der Ausarbeitung einheitlicher Bestimmungen über den Schutz des gutgläubigen Erwerbers beweglicher körperlicher Sachen, die Form der letztwilligen Verfügungen, den Hinterlegungsvertrag usw.

Wenn bis heute nur wenige der vom Institut ausgearbeiteten Projekte verwirklicht wurden, so ist dies darauf zurückzufahren, dass man es mit Gegen-

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ständen zu tun hat, die nur langsam reifen können. Es gibt aber vor allem im Handelsrecht Materien, die jetzt schon für eine Vereinheitlichung in Frage kommen. Hier wird die Arbeit des Unidroit von Nutzen sein. In dieser Erkenntnis haben zahlreiche internationale Organisationen das Institut zur Mitarbeit herangezogen. So bestehen rege Beziehungen vor allem mit der UNESCO, dem Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinigten Nationen, der Wirtschaftskommission der UNO für Europa, der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), der Weltorganisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO), dem Europarat, der Internationalen Handelskammer, der Internationalen Arbeitsorganisation und der Internationalen Zivilluftfahrtsorganisation. Die Zusammenarbeit zwischen dem Institut und einigen dieser Organisationen ist sogar durch besondere Verträge gesichert. Ziemlich enge Beziehungen verbinden das Unidroit auch mit dem europäischen Zentrum der UNO in Genf. An den Tagungen zahlreicher weiterer internationaler Organisationen ist das Institut jeweils durch Beobachter vertreten.

III

Schon bevor unser Land am Internationalen Institut für die Vereinheitlichung des Privatrechts beteiligt war, gehörten Schweizer zu seinen engsten Mitarbeitern. So versah schon während der Dreissigerjahre bis zu seinem Tod im Jahre 1944 der Zürcher Dr. Alfred Farner den Posten eines interimistischen Generalsekretärs des Unidroit. Von 1945-1951 amtierte der Tessiner Dr. Carlo Snider als zugeteilter Generalsekretär. Von 1952-1962 gehörte dem Direktionsrat des Instituts alt Bundesrichter Dr. Plinio Bolla an, der dann aus Gesundheitsrücksichten auf eine Erneuerung seines Mandats verzichtete. Die am 28. und 29.November 1962 in Born tagende 11. Generalversammlung des Unidroit hat an seiner Stelle Dr. Max Gutzwiller, Honorarprofessor an der Universität Freiburg i.Ue., zum Mitglied des Direktionsrates gewählt.

Obschon die Schweiz dem Grundstatut des Unidroit beigetreten ist, bestand für den Bundesrat bisher keine Veranlassung, Ihnen einen Entwurf zu einem Bundesbeschluss betreffend die Genehmigung dieses Statuts vorzulegen, war doch die Beteiligung unseres Landes am Institut mit keinen Verpflichtungen, insbesondere keinen solchen finanzieller Natur, verbunden. Gemäss Artikel 16 des Statuts wurden die Betriebs- und Unterhaltskosten des Unidroit durch einen jährlichen Beitrag der italienischen Begierimg - in den letzten Jahren belief er sich jeweils auf 60 Millionen Lire - und durch freiwillige Beiträge der beteiligten Staaten gedeckt. Die 10. ausserordentliche Generalversammlung des Instituts vom 15. November 1961 in Born, an welcher die Schweiz durch ihren Botschafter in Italien vertreten war, beschloss indessen wegen der unbefriedigenden finanziellen Lage der Organisation mit grossei1 Mehrheit eine Abänderung der erwähnten Bestimmung, in dem Sinn, dass für die beteiligten Staaten ein jährlicher Mindestbeitrag als wesentliche Voraussetzung für ihre Beteiligung am Institut verbindlich vorgeschrieben wird. Die Schweiz hat dieser Abänderung ebenfalls zugestimmt. Auf Grund von Artikel 19,

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Absatz l des Grundstatuts erlangt diese Änderung aber erst dann Geltung, wenn sie von zwei Dritteln der beteiligten Eegierungen formell genehmigt sein wird. Diejenige Eegierung, welche die Abänderung nicht genehmigt, kann innerhalb von sechs Monaten seit ihrem Inkrafttreten das Statut kundigen (Art. 19, Abs. 3).

Die erforderliche formelle Genehmigung des abgeänderten Artikels 16 kann im vorliegenden Fall in der Schweiz nur von der Bundesversammlung ausgesprochen werden. Das Grundstatut in seiner Fassung vom 15. November 1961 stellt nämlich ein internationales Abkommen im Sinn von Artikel 85, Ziffer 5 der Bundesverfassung dar, das den Mitgliedstaaten Verpflichtungen finanzieller Natur auferlegt. Die Zustimmung des schweizerischen Vertreters an der 10. Generalversammlung des Instituts konnte deshalb nur unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch die Bundesversammlung erteilt werden. Sie konnte somit für die Schweiz noch keine volkerrechtliche Verpflichtung zur Folge haben. Wegen dieses Staatsvertragscharakters des Grundstatuts wird die parlamentarische Genehmigung sich jedoch nicht nur auf einen einzigen Artikel beschränken können, sondern das ganze Statut erfassen müssen. Die Genehmigung des ganzen Statuts wurde übrigens die gemäss seinem Artikel 19, Absatz l erforderliche formelle Genehmigung des revidierten Artikels 16 in sich schliessen. Sie wurde uns erlauben, gemäss Artikel 19. Absatz 2 der italienischen Eegierung unsere Genehmigung zürn neuen Artikel 16 mitzuteilen.

Wenn die Bundesversammlung das Grundstatut genehmigt, so besteht die einzige Verpflichtung, welche der Bund übernimmt, darin, dem Institut einen Jahresbeitrag zu entrichten. Das bisherige System der Kostentragung, das neben einem jährlichen Beitrag der italienischen Eegierung freiwillige Aufwendungen der beteiligten Staaten vorsah, hatte zur Folge, dass manche Staaten überhaupt keine, andere nur bescheidene Zuwendungen erbrachten. Verschiedenen in den vergangenen Jahren an die einzelnen Eegierungen gerichteten Empfehlungen auf Bezahlung oder Erhöhung der Beiträge wurde nicht die nötige Beachtung geschenkt. Abgesehen davon erlaubte dieses System dem Institut nicht, auch nur ungefähr seine jährlichen Einnahmen im voraus zu kennen und dementsprechend zu disponieren. Deshalb wurde an der Generalversammlung 1961 die im neuen Artikel
16 vorgesehene Art der Kostendeckung beschlossen. Nach dieser Bestimmung beträgt der jährliche Mindestbeitrag, zu dem sich ein beteiligter Staat verpflichten muss, 2000 Schweizerfranken, was einer Einheit entspricht. Je nach der Hohe des Beitrages gliedern sich die beteiligten Staaten in fünf Kategorien, wobei die Kategorie I einem Beitrag von 10 000 Schweizerfranken (5 Einheiten) entspricht. Jeder Staat wählt selbst die Kategorie, in welche er eingereiht sein -will. Er kann jederzeit erklären, er wolle in eine andere Kategorie übertreten ; sein Übertritt in eine Kategorie mit kleinerem Jahresbeitrag wird jedoch erst zwei Jahre nach der diesbezüglichen Erklärung wirksam. Eine solche Verteilung der Kosten trägt den wirtschaftlichen Möglichkeiten der einzelnen Länder Eechnung. Durch eine von der 10. General-

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Versammlung angenommene Empfehlung wurde den beteiligten Eegierungen nahegelegt, den abgeänderten Artikel 16 vom 1. Januar 1963 an provisorisch zur Anwendung zu bringen.

Über den ungefähren Umfang der finanziellen Verpflichtungen, welche die Schweiz durch ihre Genehmigung des Statuts des Unidroit eingehen würde, geben die folgenden Angaben Aufschluss. Bis 1952 bewilligte der Bundesrat einen freiwilligen Jahresbeitrag von 2500 Franken. Von 1953-1955 war dieser Beitrag im Bahmen des damals vom Bundesrat verfügten Abbaues der Bundesbeiträge auf 2000 Pranken herabgesetzt. Zwei Jahre später wurde er jedoch auf 5000 Franken erhöht. Nachdem der Beitrag für das Jahr 1962 vorübergehend auf 4000 Franken herabgesetzt worden war, hat das Justiz- und Polizeidepartement es für angezeigt erachtet, im Voranschlag des Bundes für das Jahr 1963 einen Kredit von 6000 Franken als Zuwendung unseres Landes für 1963 an die Kosten des Unidroit anzumelden. Im Augenblick, da die beteiligten Staaten wegen der gesteigerten Bedürfnisse des Instituts zu vermehrten finanziellen Aufwendungen für das Unidroit aufgefordert werden, ist es nicht wünschenswert, dass gerade die Schweiz, die an seinen Arbeiten stets ein besonderes Interesse bekundet hat, ihren Jahresbeitrag herabsetzt. Abgesehen davon erscheint ein Beitrag von 6000 Franken auch im Vergleich mit imsern Nachbarstaaten als angemessen, haben sich doch beispielsweise Frankreich und die Bundesrepublik Deutschland bereit erklärt, dem Unidroit jährliche Zuwendungen von 10 000 Franken zu entrichten. Nach dem revidierten Artikel 16 des Statuts wäre es aber nach Inkrafttreten dieser Bestimmung auch nicht mehr möglich, den Jahresbeitrag auf 5000 Franken zu belassen, da die Neuregelung nur noch Beiträge von 2000 Franken oder einem Mehrfachen dieser Einheit zulässt. Es ist nicht zu erwarten, dass sich in den kommenden Jahren eine weitere Erhöhung des Beitrages aufdrängen wird. Sollte sich übrigens eine jährliche Zuwendung von 6000 Franken als zu hoch erweisen, so bestände jederzeit die Möglichkeit, diesen Betrag nach den Regeln von Artikel 16 des Statuts herabzusetzen.

Mit der Genehmigung des Grundstatuts des Internationalen Instituts für die Vereinheitlichung des Privatrechts würde die Schweiz dazu beitragen, die Bemühungen des Unidroit um die Vereinfachung der internationalen
Eechtsbeziehungen zu fördern. Damit erbrächte sie erneut den Beweis, dass sie ihre Obliegenheiten innerhalb der Völkergemeinschaft erkennt und bereit ist, ihnen nachzukommen.

IV

Die Geltungsdauer des Grundstatuts ist unbegrenzt. Nach seinem Artikel 20, Absatz 2 gilt indessen der Beitritt eines Staates für die Dauer von sechs Jahren und wird in Ermangelung einer schriftlichen Kündigung stillschweigend von sechs zu sechs Jahren erneuert. Das Statut ist somit vor Ablauf von 15 Jahren kündbar. Der Bundesbeschluss, dessen Entwurf wir Ihnen in der

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Beilage unterbreiten, unterliegt deshalb nicht dem fakultativen Referendum im Sinn von Artikel 89, Absatz 3 der Bundesverfassung.

Wir beantragen Ihnen, durch die Annahme dieses Entwurfes das Grundstatut des Internationalen Instituts für die Vereinheitlichung des Privatrechts zu genehmigen.

Die verfassungsmässige Zuständigkeit der Bundesversammlung ergibt sich aus den Artikeln 8, 85, Ziffer o und 89, Absatz 3 der Bundesverfassung.

Wir versichern Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 6. September 1963.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Spühler Der Bundeskanzler : Ch. Oser

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(Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

die Genehmigung des Grundstatuts des Internationalen Instituts für die Vereinheitlichung des Privatrechts

Die Bundesversammlung der Schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , gestutzt auf Artikel 85, Ziffer 5 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 6. September 1963, beschliesst : Einziger Artikel Das Grundstatut des Internationalen Instituts für die Vereinheitlichung des Privatrechts (Fassung vom 15. November 1961) wird genehmigt.

Der Bundesrat wird ermächtigt, der italienischen Eegierung seine Genehmigung von Artikel 16 des Grundstatuts mitzuteilen.

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377 Übersetzung aus dem französischen Originaltext

Grundstatut des Internationalen Instituts für die Vereinheitlichung des Privatrechts vom 15. März 1940

Artikel l Das Internationale Institut fur die Vereinheitlichung des Privatrechts hat zum Zweck, die Mittel zur Angleichung und Koordination des Privatrechts der Staaten oder der Staatengruppen zu studieren und stufenweise die Annahme einer einheitlichen Privatrechtsgesetzgebung durch die verschiedenen Staaten vorzubereiten.

Das Institut erstrebt diesen Zweck, indem es a. Entwürfe zu Gesetzen oder Abkommen für die Begründung eines einheitlichen innerstaatlichen Eechts vorbereitet ; 6. Entwürfe zu Abkommen vorbereitet, um die internationalen Beziehungen auf dem Gebiet des Privatrechts zu erleichtern; c. vergleichende Kechtsstudien auf den Gebieten des Privatrechts anstellt ; d. sich für die Vorstösse interessiert, die auf allen diesen Gebieten schon von ändern Institutionen unternommen wurden, mit denen es nötigenfalls Eühlung nehmen kann ; e. Konferenzen organisiert und Studien veröffentlicht, die es einer weiten Verbreitung würdig erachtet.

Artikel 2 Das Internationale Institut für die Vereinheitlichung des Privatrechts ist eine internationale Institution, welche den beteiligten Eegierungen untersteht.

Beteiligte Eegierungen sind jene, welche dem vorliegenden Statut gemäss Artikel 20 beitreten.

Das Institut besitzt auf dem Gebiet jeder beteiligten Eegierung die für die Ausübung seiner Tätigkeit und für die Erreichung seiner Zwecke notwendige Eechtsfähigkeit.

Die Vorrechte und Immunitäten, welche das Institut, seine Vertreter und Beamten gemessen, werden in Abkommen umschrieben, die mit den beteiligten Eegierungen abzuschliessen sind.

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Artikel 3 Das Internationale Institut für die Vereinheitlichung des Privatrechts hat seinen Sitz in Eom.

Artikel 4 Die Organe des Instituts sind : 1. die Generalversammlung; 2. der Präsident; 3. der Direktionsrat ; 4. das Ständige Komitee; 5. das Verwaltungsgericht ; 6. das Sekretariat.

Artikel 5 Die Generalversammlung besteht aus einem Vertreter jeder beteiligten Eegierung. Mit Ausnahme Italiens sind die Eegierungen anderer Staaten durch ihre diplomatischen Vertreter bei der italienischen Eegierung oder deren Delegierten vertreten.

Die Versammlung tritt auf Einberufung durch den Präsidenten wenigstens einmal jährlich zu einer ordentlichen Tagung in Eom zusammen. Sie genehmigt auf Antrag des Direktionsrates das Arbeitsprogramm des Instituts.

Artikel 6 Der Direktionsrat besteht aus dem Präsidenten und zwölf bis sechzehn Mitgliedern.

Der Präsident wird von der italienischen Eegierung ernannt.

Die Mitglieder werden von der Generalversammlung gewählt. Die Versammlung kann die in Absatz l genannte Mitgliederzahl um ein Mitglied erhöhen; sie wählt dieses aus dem Kreis der amtierenden Eichter des Internationalen Gerichtshofes.

Das Mandat des Präsidenten und der Mitglieder des Direktionsrates dauert fünf Jahre und kann erneuert werden.

Das Mitglied des Direktionsrates, das als Ersatz eines Mitgliedes gewählt wird, dessen Mandat noch nicht erloschen ist, beendet das Mandat seines VorMit Zustimmung des Präsidenten kann sich jedes Mitglied durch eine Person seiner Wahl vertreten lassen.

Der Direktionsrat kann in beratender Eigenschaft Vertreter internationaler Institutionen und Organisationen zur Teilnahme an seinen Sitzungen einladen, wenn die Arbeiten des Instituts sich auf Gegenstände beziehen, die jene Institutionen und Organisationen angehen.

Der Direktionsrat wird vom Präsidenten einberufen, so oft es dieser als nützlich erachtet, auf alle Fälle mindestens einmal jährlich.

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Artikel 7 Das Ständige Komitee besteht aus dem Präsidenten und fünf Mitgliedern, die vom Direktionsrat aus dem Kreis seiner Mitglieder gewählt werden.

Die Mitglieder des Ständigen Komitees bleiben während fünf Jahren im Amt und sind wiederwählbar.

Das Ständige Komitee v,ird vom Präsidenten einberufen, so oft es dieser als nutzlich erachtet, auf alle Fälle mindestens einmal jährlich.

Artikel 7bls Das Verwaltungsgericht ist zuständig zum Entscheid ^ on Streitigkeiten zwischen dem Institut und seinen Beamten oder Angestellten oder deren Rechtsnachfolgern insbesondere über die Auslegung oder Anwendung des Personalreglements. Die Streitigkeiten aus Vertragsverhältnissen zwischen dem Institut und Dritten unterliegen diesem Gericht unter der Voraussetzung, dass dessen Zuständigkeit von den Parteien im Vertrag, der zur Streitigkeit Anlass gibt, ausdrucklich anerkannt wird.

Das Gericht besteht aus drei ordentlichen Mitgliedern imd einem Ersatzmitglied, die ausserhalb des Instituts ausgewählt werden und vorzugsweise verschiedene Staatsangehörigkeit besitzen sollen. Sie werden von der Generalversammlung für die Dauer von fünf Jahren gewählt. Bei einer Vakanz nimmt das Gericht eine Ersatzwahl durch Selbstergänzung vor.

Das Gericht urteilt in erster und letzter Instanz, indem es die Bestimmungen des Statuts und des Personalreglements sowie die allgemeinen Eechtsgrundsätze anwendet. Es kann auch ex aequo et bono entscheiden, wenn ihm diese Möglichkeit durch eine Parteivereinbarung eingeräumt wird.

Findet der Gerichtspräsident, eine Streitigkeit zwischen dem Institut und einem seiner Beamten oder Angestellten sei von sehr geringer Bedeutung, so kann er selber entscheiden oder einen einzelnen Siebter des Gerichts mit dem Entscheid betrauen.

Das Gericht stellt sein Verfahrensreglement selbst auf.

Artikel 7ter Die Mitglieder des Direktionsrates oder des Verwaltungsgerichts, deren Mandat durch Fristablauf erloscht, bleiben bis zur Amtsübernahme der Neugewählten im Amt.

Artikel 8 Das Sekretariat besteht aus einem Generalsekretär, der vom Direktionsrat auf Vorschlag des Präsidenten gewählt wird, zwei stellvertretenden Generalsekretären, die verschiedene Staatsangehörigkeit besitzen sollen und ebenfalls vom Direktionsrat gewählt werden sowie den Beamten und Angestellten, welche in den in Artikel 17 genannten Vorschriften über die Verwaltung und den internen Betrieb des Instituts bezeichnet werden.

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Der Generalsekretär und die Stellvertreter werden für eine Dauer von nicht mehr als fünf Jahren gewählt. Sie sind wiederwählbar.

Der Generalsekretär des Instituts ist von Eechts wegen Sekretär der Generalversammlung.

Artikel 9 Das Institut besitzt eine unter der Leitung des Generalsekretärs stehende Bibliothek.

Artikel 10 Die offiziellen Sprachen des Instituts sind: Italienisch, Deutsch, Englisch, Spanisch und Französisch.

Artikel 11 Der Direktionsrat ergreift die zur Verwirklichung der in Artikel l umschriebenen Aufgaben erforderlichen Vorkehren.

Er bestimmt die Materien, die Gegenstand der Arbeiten des Instituts sein sollen.

Er genehmigt den Jahresbericht über die Tätigkeit des Instituts.

Er genehmigt die Jahresrechnung über Einnahmen und Ausgaben und stellt den Voranschlag auf.

Artikel 12 Jede beteiligte Regierung sowie jede internationale Institution mit offiziellem Charakter kann dem Direktionsrat Anträge unterbreiten betreffend das Studium von Fragen über die Vereinheitlichung, Angleichung oder Koordination des Privatrechts.

Jede internationale Institution oder Vereinigung, die sich mit dem Studium juristischer Fragen befasst, kann dem Direktionsrat Anregungen über vorzunehmende Studien unterbreiten.

Der Direktionsrat entscheidet, welche Folge diesen Anträgen und Anregungen zu geben ist.

Artikel 12"is Der Direktionsrat kann mit ändern zwischenstaatlichen Organisationen sowie mit den nichtbeteiligten Eegierungen alle Beziehungen unterhalten, die geeignet sind, eine ihren Zielen entsprechende Zusammenarbeit zu gewährleisten.

Artikel 13 Der Direktionsrat kann die Prüfung von Sonderfragen Kommissionen von Eechtsgelehrten übertragen, die in diesen Fragen besonders erfahren sind.

Die Kommissionen werden soweit möglich von Mitgliedern des Direktionsrates präsidiert.

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Artikel 14 Nach dem Studium der Fragen, die Gegenstand seiner Arbeiten waren, genehmigt der Direktionsrat gegebenenfalls die den Eegierungen zu unterbreitenden Vorentwürfe.

Er stellt sie entweder den beteiligten Eegierungen oder den Institutionen und Vereinigungen zu, die ihm Anträge oder Anregungen unterbreitet haben und ersucht sie um ihre Meinungsäusserung über die Zweckmässigkeit und den Inhalt der aufgestellten Bestimmungen.

Auf Grund der eingegangenen Antworten genehmigt der Direktionsrat nach Möglichkeit die endgültigen Entwürfe.

Er stellt sie den Eegierungen und Institutionen oder Vereinigungen zu, die ihm Anträge oder Anregungen unterbreitet haben.

Der Direktionsrat ergreift alsdann die Vorkehren, um die Einberufung einer diplomatischen Konferenz zur Prüfung der Entwurf e zu sichern.

Artikel 15 Der Präsident vertritt das Institut nach aussen.

Die Vollzugsgewalt wird vom Direktionsrat ausgeübt.

Artikel 16 *) Die jährlichen Aufwendungen für den Betrieb und den Unterhalt des Instituts werden aus den im Voranschlag des Instituts aufgeführten Einnahmen gedeckt, welche namentlich den Grundbeitrag der italienischen Eegierung als der Urheberin des Instituts und die Beiträge der ändern beteiligten Eegierungen umfassen.

Die ordentlichen Jahresbeiträge der ändern beteiligten Eegierungen werden wie folgt festgesetzt : Kategorie I 5 Einheiten Kategorie II 4 Einheiten Kategorie III 8 Einheiten Kategorie IV 2 Einheiten Kategorie V l Einheit Jede Einheit entspricht 2000 Schweizerfranken.

Jede Eegierung kann jederzeit erklären, in welcher Kategorie sie eingereiht sein will. Der Übertritt in eine untere Kategorie wird jedoch erst zwei Jahre nach der Erklärung der betreffenden Eegierung wirksam.

Jene beteiligten Eegierungen, die mit der Bezahlung ihres Beitrages mehr als zwei Jahre im Eückstand sind, verlieren ihr Stimmrecht in der Generalversammlung, bis sie ihre Stellung geregelt haben.

Die für den Betrieb der Abteilungen des Instituts erforderlichen Eäumlichkeiten werden ihm von der italienischen Eegierung zur Verfugung gestellt.

*) Neufassung, angenommen durch die 10. Generalversammlung am 15. November 1961.

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Artikel 17 Die Vorschriften über die Verwaltung des Instituts, seinen internen Betrieb und die Bechtsstellung seines Personals werden vom Direktionsrat aufgestellt und müssen von der Generalversammlung genehmigt und der italienischen Eegierung bekanntgegeben werden.

Die Beise- und Aufenthaltsentschädigungen der Mitglieder des Direktionsrates und der Studienkommissionen sowie die Gehälter des Sekretariatspersonals nebst allen ändern Verwaltungsausgaben gehen zu Lasten des Voranschlages des Instituts.

Die Generalversammlung wählt auf Vorschlag des Präsidenten einen oder zwei Eechnungsrevisoren, die mit der Kontrolle der Eechnungsfuhrung des Instituts beauftragt sind. Ihre Amtsdauer'beträgt fünf Jahre. Falls zwei Eechnungsrevisoren gewählt werden, müssen sie verschiedene Staatsangehörigkeit besitzen.

Der italienischen Eegierung erwächst keine Haftung finanzieller oder anderer Art aus der Verwaltung des Instituts und auch keine Haftpflicht aus der Tätigkeit seiner Abteilungen und namentlich gegenüber dem Personal des Instituts.

Artikel 18 Die Verpflichtung der italienischen Eegierung betreffend den jährlichen Beitrag und die Eäumlichkeiten des Instituts, wovon in Artikel 16 die Eede ist, gilt für eine Dauer von sechs Jahren. Sie bleibt für eine weitere Peiiode von sechs Jahren in Geltung, wenn die italienische Eegierung nicht mindestens zwei Jahre vor Ende der laufenden Periode den ändern beteiligten Eegierungen ihre Absicht bekanntgibt, diese Verpflichtung erlöschen zu lassen. In einem solchen Fall wird die Generalversammlung vom Präsidenten einberufen, nötigenfalls zu einer ausserordentlichen Tagung.

Falls die Generalversammlung die Aufhebung des Instituts beschliessen würde, ist es ihre Sache, alle Massnahmen zu treffen, welche für das vom Institut während seines Betriebes erworbene Eigentum und namentlich für die Dokumenten-, Bücher-, Zeitschriftenarchive und -Sammlungen notwendig sind.

Es besteht jedoch Einvernehmen darüber, dass in einem solchen Fall die Grundstücke, Gebäude und beweglichen Sachen, welche dem Institut von der italienischen Eegierung zur Verfügung gestellt wurden, wieder an diese zurückgehen.

Artikel 19 Die Abänderungen des vorliegenden Statuts, die von der Generalversammlung angenommen werden, treten in Kraft, sobald eine Mehrheit von zwei Dritteln der beteiligten Eegierungen
sie genehmigt haben.

Jede Eegierung teilt ihre Genehmigung schriftlich der italienischen Eegierung mit, welche den ändern beteiligten Eegierungen sowie dem Präsidenten des Instituts davon Kenntnis gibt.

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Jede Begierang, die eine Abänderung des vorliegenden Statuts nicht genehmigt, hat die Möglichkeit, innert einer Frist von sechs Monaten seit Inkrafttreten der Abänderung ihren Beitritt zu kundigen. Diese Kündigung wird vom Zeitpunkt ihrer Notifikation an die italienische Regierung an wirksam; diese gibt den ändern beteiligten Regierungen sowie dem Präsidenten des Instituts davon Kenntnis.

Artikel 20 Jede Regierung, welche dem vorliegenden Statut beitreten will, notifiziert schriftlich ihren Beitritt der italienischen Regierung.

Der Beitritt gilt fiir sechs Jahre; er wird stillschweigend von sechs zu sechs Jahren erneuert, wenn er nicht ein Jahr vor Ablauf jeder Periode schriftlich gekündigt wird.

Die Beitritte und Kündigungen werden von der italienischen Regierung den beteiligten Regierungen notifiziert.

Artikel 21 Das vorliegende Statut tritt in Kraft, sobald mindestens sechs Regierungen ihren Beitritt der italienischen Regierung notifiziert haben.

Artikel 22 Das vorliegende Statut, welches das Datum vom IS.März 1940 trägt, bleibt in den Archiven der italienischen Regierung niedergelegt. Eine beglaubigte Abschrift des Wortlautes wird durch Vermittlung der italienischen Regierung jeder beteiligten Regierung zugestellt.

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