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Bundesratsbeschluss über

die Allgemeinverbindlicherklärung des Gesamtarbeitsvertrages für die schweizerische Herrenkonfektionsindustrie (Vom 11. April 1963)

Der Schweizerische B u n d e s r a t , gestützt auf Artikel 7, Absatz l des Bundesgesetzes vom 28. September 1956 über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen, beschliesst :

Art. l 1

Der im Anhang wiedergegebene Gesamtarbeitsvertrag vom 18. Dezember 1962 für die schweizerische Herrenkonfektionsindustrie wird allgemeinverbindlich erklärt, mit Ausnahme der kursiv gedruckten Bestimmungen.

2 Zwingende Vorschriften des Bundes und der Kantone sowie für den Arbeitnehmer günstigere vertragliche Abmachungen bleiben vorbehalten.

Art. 2 Die Allgemeinverbindlicherklärung wird für das ganze Gebiet der Schweizerischen Eidgenossenschaft ausgesprochen.

2 Die allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages finden Anwendung auf die Dienstverhältnisse zwischen Inhabern von Atelier- und Heimarbeitsbetrieben, die Herrenkonfektion herstellen und mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigen, einerseits und ihrem gesamten männlichen und weiblichen Betriebspersonal anderseits. Ausgenommen sind: a. Betriebe, welche den Gesamtarbeitsverträgen der schweizerischen Konfektions- und Wäscheindustrie sowie der schweizerischen Zivil-Herrenmassschneiderei unterstehen, soweit sie nicht Herren- oder Knabenkonfektion herstellen; 1

937 fe. Änderungsateliers von Detailgeschäften; c. öffentliche Unternehmungen (Zeughäuser) ; d. Arbeitnehmer im Monatslohn, sofern ihr Verdienst auf die Stunde berechnet mindestens dem in Artikel 8 des Gesamtarbeitsvertrages für die betreffenden Berufe festgesetzten Lohn entspricht ; e. Lehrlinge im Sinne der Bundesgesetzgebung über die berufliche Ausbildung.

Art. 3 Dieser Beschluss tritt am 29. April 1963 in Kraft und gilt bis zum 31. Dezember 1964.

Bern, den 11. April 1963.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Spühler Der Bundeskanzler: Ch. Oser

988 Anhang

Gesamtarbeitsvertrag für

die schweizerische Herienkonfektionsindustrie abgeschlossen am 18. Dezember 1962 zwischen dem Verband Schweiz. Herrenkonfektionsindustfieller sowie der Associazione Fabbricanti Eamo Abbigliamento del Cantone Ticino, einerseits, und dem Verband der Bekleidungs-, Leder- und Ausrüstungsarbeiter der Schweiz, dem Chris tlicheri Textil- und Bekleidungsarbeiter-Verband der Schweiz, dem Schweiz. Verband evangelischer Arbeiter und Angestellter, sowie dem Landesverband freier Schweizer Arbeiter, anderseits.

I. Vertragsdauer und Geltungsbereich

Art. l Vertragsdauer Dieser Gesamtarbeitsvertrag tritt am I.Januar 1963 in Kraft. Er gilt bis zum 31. Dezember 1964 und ersetzt denjenigen vom 15. Januar 1958.

2 Wirä jfór Gesamtarbeitsvertrag auf den 31. Dezember 1964 nicht von einer der Vertragsparteien unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten gekündigt, so gilt er mit der gleichen Kündigungsfrist jeweils weitere 12 Monate. Sollte die Allgemeinverbindlichkeit während der Vertragsdauer ablaufen, so kann dei" Gesamtarbeitsvertrag von beiden Parteien unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten auf Monatsende gekündigt werden.

3 Sofern der Landesindex der Konsumentenpreise gegenüber dem Stand von 200 (Indexstand bei letzter Teuerungsanpassung) um mehr als 5 Punkte steigt oder fällt, kann jede Vertragspartei neue Verhandlungen über eine Anpassung der Minimallöhne an den Stand der Teuerung verlangen.

4 Liegen für den Arbeitgeber aussergewöhnliche Schwierigkeiten vor, wie z.B. Erschwerung des Exportes oder Überschwemmung des schweizerischen Marktes mit ausländischen Erzeugnissen, so kann auf Wunsch der vertragschliessenden Arbeitgeberverbände auch vor Ablauf der Gültigkeitsdauer über eine Anpassung dieses Gesamtarbeitsvertrages verhandelt werden.

l

Oeüungsbereich

Art. 2 Der Gesamtarbeitsvertrag gilt unter Vorbehalt nachstehender Ausnahmen, für die Dienstverhältnisse zwischen den Mitgliedern der vertrag1

939 schliessenden Arbeitgeberverbände, einerseits, und ihren Arbeitnehmern, anderseits, welche den vertragschliessenden Arbeitnehmerverbänden angeschlossen sind.

2 Aufgenommen sind: a. Betriebe, welche den Gesamtarbeitsverträgen der schweizerischen Konfektions- und Wäscheindustrie sowie der schweizerischen Zivil-Herrenmaßschneiderei unterstehen, soweit sie nicht Herren- oder Knabenkonfektion herstellen; b. Änderungsateliers von Detailgeschäften; c. Betriebe, die weniger als 6 Arbeitnehmer beschäftigen; d. Arbeitnehmer, die im Monatslohn angestellt sind, sofern ihr Verdienst auf die Stunde berechnet mindestens dem in Artikel 8 dieses Gesamtarbeitsvertrages für die betreffenden Berufe festgesetzten Lohn entspricht; e. Lehrlinge und Lehrtöchter im Sinne der Bundesgesetzgebung über die berufliche Ausbildung.

3 Die vertragschliessenden Arbeitnehmerverbände verpflichten sich, mit den Mitgliedern der beteiligten Arbeitgeberverbände keine besonderen Gesamtarbeitsverträge oder Abkommen abzuschliessen.

4 Zwingendes Recht des Bundes und der Kantone bleibt vorbehalten. Für den Arbeitnehmer günstigere Arbeitsbedingungen dürfen wegen dieses Gesamtarbeitsvertrages nicht abgebaut werden.

u. Anstellung und Kündigung

Art. 3 Die ersten 14 Tage gelten als Probezeit. Unter Vorbehalt abweichender Einzelabreden gilt der Dienstvertrag nach Ablauf der Probezeit als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.

Art. 4 Während der Probezeit kann das Dienstverhältnis beidseitig auf einen Tag gekündigt werden.

2 Nach Ablauf der Probezeit beträgt die gegenseitige Kündigungsfrist 14 Tage; die Kündigung ist nur auf den letzten Arbeitstag einer Woche zulässig.

3 Die Kündigung muss schriftlich erfolgen, um rechtsgültig zu sein.

4 Liegen wichtige Gründe im Sinne von Artikel 852 des Obligationenrechtes vor, so kann das Dienstverhältnis beidseitig fristlos aufgelöst werden. Bei fristloser Kündigung des Dienstvertrages durch den Arbeitgeber soll die allenfalls bestehende Arbeiterkommission in der Regel vorher angehört werden.

1

Anstellung

Kündigung

940 III. Arbeitszeit

Art. 5 Ordentliche Arbeitszeit

1

Die ordentliche Arbeitszeit beträgt 45 Stunden in der Woche. Gilt für einzelne von diesem Vertrag nicht erfasste Fabrikationsabteilungen eines Betriebes eine längere Arbeitszeit, so kann diese für den ganzen Botrieb angewendet werden, doch darf die ordentliche Arbeitszeit in der Konfektionsabteilung nicht länger als 46 Stunden in der Woche dauern.

2 Der Samstag bleibt im allgemeinen frei. Wo es die Umstände erfordern, kann am Sarnstagvormittag gearbeitet werden, insbesondere zum Vor- und Nachholen ausfallender Arbeitszeit.

Art. 6 überzeitarbeit

Überzeitarbeit ist möglichst zu vermeiden. Die Arbeitnehmer sind jedoch verpflichtet, Überzeitarbeit zu leisten, soweit die Bedürfnisse des Betriebes dies erfordern.

IV. Lohn

Lohnkategorien

Art. 7 Die Betriebe werden in die folgenden vier Kategorien eingeteilt : Kategorie I: Betriebe mit 50 oder weniger Arbeitnehmern in Ortschaften bis zu 10 000 Einwohnern.

Kategorie II: a. Betriebe mit 50 oder weniger Arbeitnehmern in Ortschaften mit über 10 000 bis zu 100 000 Einwohnern; b. Betriebe mit 51 bis 150 Arbeitnehmern in Ortschaften bis zu 10 000 Einwohnern ; c. Betriebe mit mehr als 150 Arbeitnehmern in Ortschaften, die sich in Gebirgsgegenden im Sinne der Weisungen des Bundesrates vom 15.

Juli 1955 betreffend Vergebung von Bundesaufträgen befinden.

Kategorie III: a. Betriebe mit 50 oder weniger Arbeitnehmern in Ortschaften mit über 100 000 Einwohnern; b. Betriebe mit mehr als 50 Arbeitnehmern in Ortschaften mit über 10 000 bis zu 100 000 Einwohnern; c. Betriebe mit mehr als 150 Arbeitnehmern in Ortschaften mit höchstens 100 000 Einwohnern, sofern sie nicht unter Kategorie II fallen.

Kategorie IV: Betriebe mit mehr als 50 Arbeitnehmern in Städten mit mehr als 100 000 Einwohnern.

941 Art. 8 1

Die Minimalstundenlöhne, einschliesslich 6,6 Prozent Lohnausgleich für 3 Stunden Arbeitszeitverkürzung (von 48 auf 45 Stunden) sowie Teuerungsausgleich, betragen : a. Männliche Arbeitskräfte Schablonenzuschneider im Stundenlohn . .

Ausschneider, Einrichter Schneider (gelernte Berufsarbeiter mit schweizerischem oder gleichwertigem Lehrausweis) Abbügler a. Großstücke b. Kleinstücke Zwischenbügler Hilfsarbeiter angelernter Facharbeiter (nach Qualifikation durch den Arbeitgeber einzureihen) b. Weibliche Arbeitskräfte Zuschneiderin im Stundenlohn .Ausschneiderin, Einrichterin Maschinennäherin I (Großstücke: Taschen, Kragen, Patten, Kantenstürzen, Kassur, Ärmeleinheften; Kleinstücke: Hosentaschennäherin, Maschinenknopflocherin) Maschinennäherin II (alle übrigen Arbeiten) Abbüglerin Zwischenbüglerin Handnäherin I (Kragen, Kanten, Kassur, Ärmeleinheften) Handnäherin II (alle übrigen Arbeiten) . .

Hilfsarbeiterin 2

Kat. I Kat. II Kat. III Kat. IV

jr.

yr.

3.28 3.39 3.-- 3.12

i-r.

3.51 3.22

Fr.

3.67 3.34

3.17

3.28

3.39

3.51

3.28 3.-- 2.90 2.90

3.39 3.12 3.-- 3.--

3.51 3.22 3.12 3-.12

3.67 3.34 3.22 3.22

2.33 2.16

2.39 2.23

2.45 2.28

2.50 2.33

2.28 2.11 2.33 2.11

2.33 2.16 2.39 2.16

2.39 2.45 2.23 2'.28 2.45 2.50 2.23 2.28

2.11 2.16 2.23 2.28 2.01 2.06 2.11 2.16 2.01 2.06 2.11 2.16

Die Minimallöhne für weibliche Arbeitskräfte dürfen um fünf Rappen herabgesetzt werden: a. in der italienischsprachigen Schweiz, mit Ausnahme der Position «Handnäherin II», 6. in Betrieben ausserhalb der italienischsprachigen Schweiz, die sich in Gebirgsgegenden im Sinne der Weisungen des Bundesrates vom 15. Juli 1955 betreffend Vergebung von Bundesaufträgen befinden und zudem mehr als 40 km von der nächsten SBB-Station entfernt sind, mit Ausnahme der Position «Handnäherin II» und «Hilfsarbeiterin».

Minimai-

942 3

Für jugendliche Arbeitnehmer gelten folgende Lohnansätze in Prozenten der Minimalstundenlöhne gemäss Absatz l : bis zum vollendeten

männlich

weiblich

17. Altersjahr 18. Altersja,hr 19. Altersjahr

80 % 90 %

80 % 85 % 90%

4

Die Festsetzung der Löhne von Arbeitnehmern, die bei gleichen Verhältnissen dauernd wenigstens 20 Prozent Minderleistungen aufweisen, bleibt der schriftlichen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer überlassen.

Art. 9 Akkord und Fliessarbelt

Anlernzeit

Wechsel in der Tätigkeit

1

Bei Akkord und Fliessarbeit gelten für Männer, Frauen und Jugendliche die gleichen Ansätze.

2 Die Akkordansätze sind vor Übernahme der Arbeit dem Arbeitnehmer bekanntzugeben. Sie sind so festzulegen, dass bei guter Leistung ein angemessener Mehrverdienst gegenüber dem Minimalstundenlohn gemäss Artikel 8 erzielt wird. Unter Annahme gleicher Verhältnisse und gleicher Leistung ist der Minimalstundenlohn im Durchschnitt von zwei aufeinanderfolgenden Zahltagsperioden garantiert.

3 Für Arbeiten am Fliessband und im Schiebesystem, bei denen das Arbeitstempo mechanisch beeinflusst wird, ist ein Zuschlag von 10 Prozent auf dem Minimalstundenlohn zu gewähren.

Art. 10 Die Anlernzeit beträgt 12 Monate, für Arbeiten am Fliessband und im Schiebesystem B Monate. Die Anlernzeit fällt weg bei Berufsarbeitern und Berufsarbeiterinnen der Herren- und Knabenscheiderbranche, die eine Lehre mit Erfolg abgeschlossen haben.

2 Während der ersten 6 Monate der Anlernzeit haben die Arbeitnehmer Anspruch auf mindestens 80 Prozent und während der weiteren 6 Monate au): mindestens 90 Prozent des Lohnes gemäss Artikel 8 und 9.

Bei guten Leistungen sind bereits vor Ablauf der Anlernzeit die Mindestansätze anzuwenden.

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Art. 11 Dem Arbeitnehmer kann aus betriebstechnischen Gründen vorübergehend eine andere als die gewohnte Arbeit zugewiesen werden. Der bisherige Durohschnittslohn bleibt bis zu 4 Wochen garantiert, sofern er den Durchschnittslohn der neuen Tätigkeit übersteigt. Dauert der Wechsel in der Tätigkeit mehr als 4 Wochen, so gelten die ordentlichen Lohnansätze der neuen Berufsarbeit.

1

943 2

Den Akkordarbeit leistenden Arbeitnehmern, die vorübergehend im Stundenlohn (z.B. Mustern) beschäftigt werden, ist ein Stundenlohn entsprechend dem Akkorddurchschnittslohn der letzten 4 Zahltagsperioden zu bezahlen.

Art. 12 Fournituren und Werkzeuge sind vom Arbeitgeber zur Verfügung zu -Fournituren uud Werkzeu e stellen. Sie dürfen nicht mit dem Lohn verrechnet werden.

s V. Zuschläge und Zulagen

Art! 13 1

Für Tagschichtarbeit zwischen 5 und 22 Uhr haben die Arbeitnehmer Anspruch auf einen Zuschlag von 20 Kappen je Stunde.

2 Wird über die ordentliche Arbeitszeit (Art. 5) hinaus Überzeitarbeit geleistet, so ist ein Zuschlag von 25 Prozent zum Gesamtlohn auszurichten.

3 Hilfsarbeiten im Sinne von Artikel 178 und 179 der Vollzugsverordnung zum Fabrikgesetz sind nicht zuschlagspflichtig.

Schicht- und Überzeitzuachläge

Art. 14 1

Die Minimalstundenlöhne gemäss Artikel 8 von Arbeitnehmern, die 5 Jahre im gleichen Betriebe tätig waren, sind um 5 Eappen zu erhöhen (Dienstalterszulage).

2 Nach 10 Dienstjahren im gleichen Betrieb haben die Arbeitnehmer, anstelle einer weiteren Erhöhung um 5 Rappen, Anspruch auf eine Treueprämie von 800 Franken, nach dem 15. und 20. Dienstjahr von je 400 Franken, nach dem 25. Dienstjahr von 500 Franken und nach dem 30.

Dienstjahr von 400 Franken. Bei korrekter Auflösung des Dienstverhältnisses nach dem 10. Dienstjahr beträgt die Treueprämie 60 Franken für jedes Dienstjahr der angebrochenen fünfjährigen Dienstperiode.

3 Die Berechnung der Dienstjahre erfolgt nach Artikel 16, Absatz 2 und 3, mit der Einschränkung, dass Dienstjahre vor dem vollendeten 18. Altersjahr nicht angerechnet werden.

Dienstalterszulagen und Treueprämien

Art. 15 Den Arbeitnehmern ist für jedes Kind bis zum vollendeten 16. Alters- Kinderzulagen jähr eine Zulage von 16 Franken je Monat auszurichten.

2 Stehen beide Ehegatten im Erwerbsleben und bezieht der Ehemann bereits Kinderzulagen oder einen normalen Lohn, so entfällt der Anspruch der Ehefrau auf Kinderzulagen. Dagegen steht der Anspruch ledigen Müttern, geschiedenen und verwitweten Frauen mit Kindern zu, die in überwiegendem Masse für den Unterhalt der Kinder aufkommen.

1

944 3 Ausländischen Arbeitnehmern sind die Kinderzulagen ohne Bücksicht auf den Wohnort des Kindes zu gewähren, soweit sie nicht im Heimatstaat bereits gleichwertige Familien- oder Kinderzulagen erhalten.

VI. Ferien Art. 16 Ferienanspruch i Jeder Arbeitnehmer hat pro Kalenderjahr Anspruch auf folgende bezahlte Ferien: o. im 1. Dienstjahr im gleichen Betrieb l Arbeitswoche fe. im 2.-14. Dienstjahr im gleichen Betrieb . . . . 2 Arbeitswochen c. im 15. und in den folgenden Dienstjahren im gleichen Betrieb 3 Arbeitswochen d. Arbeitnehmer über 40 Jahre, erstmals im Kalenderjahr, in welchem sie das 40.Altersjahr vollenden 2 Arbeitswochen e. Arbeitnehmer über 50 Jahre mit mindestens 7 Dienstjahren im gleichen Betrieb, erstmals im Kalenderjahr, in welchem sie das 50. Altersjahr vollenden 3 Arbeitswochen /. Jugendliche bis zum vollendeten 18. Altersjahr 2 Arbeitswochen 2

Erfolgt der Eintritt während des Kalenderjahres, so hat der Arbeitnehmer im Eintrittsjahr Anspruch auf Ferienvergütung nach Massgabe der geleisteten Dienstzeit.

3 Frühlire Dienstjahre im gleichen Betrieb sind zu berücksichtigen, sofern der Unterbruch nicht länger als 5 Jahre gedauert hat.

4 Die Festsetzung des Zeitpunktes der Ferien obliegt dem Arbeitgeber. Wünsche der Arbeitnehmer sind im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten zu berücksichtigen. Eine Übertragung der Ferien von einem Jahr ins andere ist nur mit Zustimmung des Arbeitgebers zulässig.

5 Die Ferien dürfen nicht zu Dienstleistungen verwendet werden, welche die Erholung beeinträchtigen können. Arbeitnehmer, die während ' der Ferien Berufsarbeit zu Erwerbszwecken verrichten, gehen der Ferienvergütung verlustig.

Art. 17 Betriebsferien * Die Betriebsferien sind spätestens vier Wochen zum voraus durch Anschlag im Betrieb den Arbeitnehmern bekanntzugeben.

2 Für Arbeitnehmer mit kürzerem Ferienanspruch darf der Arbeitgeber einen entsprechenden Ausgleich in Abweichung von der wöchentlichen Normalarbeitszeit anordnen. Soweit es die Umstände erlauben, können diese Arbeitnehmer auf Wunsch auch mit Rénovations-, Aufräumungs-, Reinigungs-, Lager-, Muster- und ähnlichen Arbeiten beschäf-

945 .

tigt werden. Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber diesen Wunsch spätestens 14 Tage vor Beginn der Betriebsferien bekanntzugeben; im Unterlassungsfall wird Verzicht auf Beschäftigung während der Betriebsferien angenommen.

Art. 18 1

Wird der Arbeitnehmer vor Beendigung des Kalenderjahres aus Kürzung des wichtigen Gründen im Sinne von Artikel 352 des Obligationenrechts ]?erienan3Pruchs entlassen oder löst der Arbeitnehmer vor Ablauf von 6 Monaten das Dienstverhältnis auf, so steht ihm kein Anspruch auf Ferien zu. Zuviel ausbezahlte Ferienvergütungen können bei der letzten Lohnabrechnung abgezogen werden.

2 Bei Absenzen von zusammen mehr als 2 Monaten je Kalenderjahr wegen Krankheit, Unfall oder obligatorischem Militärdienst (ausgenommen Eekrutenschule als Eekrut und ordentliche Wiederholungskurse) wird der Ferienanspruch um einen Zwölftel je weiteren Ausfallmonat gekürzt. Arbeitsunterbrechungen von Wöchnerinnen gelten bis zu 8 Wochen nicht als Absenz.

3 Der Ferienanspruch gemäss ArtikellG, Absatz l, von Arbeitnehmern, die dauernd weniger als 80 Prozent der normalen Arbeitszeit erfüllen, kann entsprechend gekürzt werden.

Art. 19 1

Für die Berechnung der Ferienvergütung ist der durchschnittliche Berechnung der Stundenlohn der letzten 3 Monate vor den Ferien massgebend.

Ferienvergütung 2 Zur Ermittlung der Vergütung für einen Ferientag ist der Wochenlohn durch 6 oder der Lohn bei vierzehntägiger Lohnzahlung durch 12 zu teilen.

VII. Feiertage und Urlaube

Art. 20 1

Für 6 Feiertage je Kalenderjahr ist den Arbeitnehmern der volle Lohnausfall zu vergüten, sofern genügend gesetzliche und ortsübliche Feiertage bestehen. Die bezahlten Feiertage sind vom Arbeitgeber unter Berücksichtigung der gesetzlichen und ortsüblichen Regelung jeweils zu Beginn des Jahres festzulegen und den Arbeitnehmern bekanntzugeben.

2 Der Anspruch auf die Feiertagsvergütung steht nur Arbeitnehmern zu, die am Tag vor und nach dem bezahlten Feiertag nach Stundenplan .arbeiten, entschuldigte Abwesenheit (bewilligter Urlaub) ausgenommen.

3 Gesetzliche Feiertage, die auf einen arbeitsfreien Tag (Ferien ausgenommen) fallen, müssen nicht vergütet werden. In die Ferien fallende Feiertage gelten als Ferientage; der Anspruch auf 6 bezahlte Feiertage .bleibt jedoch gewahrt.

Feiertage

946 4

Zu vergüten sind die ausfallenden Arbeitsstunden entsprechend dem für die Ferienvergütung massgebenden Durchscimittslohn (Art. 19).

Urlaube

Art. 21 Den Arbeitnehmern ist in den nachstehenden Fällen bezahlter Urlaub zu gewähren : a. bei Todesfall von Gatte, eigenen Kindern, oder von Eltern, Schwiegereltern oder Geschwistern, die mit dem Arbeitnehmer in Hausgemeinschaft lebten 8 Tage b. bei persönlicher Trauung 2 Tage c. bei Todesfall von Eltern, Schwiegereltern oder Geschwistern l Tag d. bei Ge'burt eigener Kinder l Tag e. bei Eeirutierung und militärischer Inspektion % Tag gegebenenfalls l Tag 1

2

Der Anspruch auf Vergütung der Urlaubstage steht nur Arbeitnehmern zu, die am Arbeitstag vor und nach dem bezahlten Urlaub nach Stundenplan gearbeitet haben.

3 Für die ausfallende Arbeitszeit wird der Minimalstundenlohn gemäss Artikel 8 vergütet.

Vili. Versicherungen Arbeitslosenversicherung

KrankengeldVersicherung

Art. 22 Jeder 'versicherungsfähige Arbeitnehmer ist verpflichtet, sich gegen Arbeitslosigkeit zu versichern. Dies gilt für Arbeitnehmer, die keinem vertragschliessenden Verband angehören, nur insoweit, als sie die Möglichkeit haben, sich einer öffentlichen Kasse anzuschliessen.

Art. 23 Jeder definitiv angestellte, versicherungsfähige Arbeitnehmer muss einer Krankengeldversicherung angehören. Die Wahl des Versicherungsträgers ist iSache der direkten Verständigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

2 Die Versicherung hat ein Krankentaggeld von 60 Prozent des Lohnes vorzusehen. Das Taggeld ist nach Massgabe der letzten Ferienvergütung zu bemessen, wobei der Betrag auf ganze Franken auf- oder abzurunden ist. Bei Neueintretenden ist der Minimalstundenlohn gemäss Artikel 8 massgebend.

3 Die Genussrechtsdauer muss 360 Tage innerhalb von 540 aufeinanderfolgenden Tagen und bei Erkrankungen an Tuberkulose 1800 Tage innerhalb von 7 aufeinanderfolgenden Jahren betragen. Die Karenzzeit darf nicht länger als 8 Monate und die Wartefrist nicht länger als zwei Tage dauern.

1

947 4

Die Prämie der Krankentaggeldversicherung geht zu zwei Dritteln zu Lasten des Arbeitgebers und zu einem Drittel zu Laäten des Arbeitnehmers. Dadurch ist die dem Arbeitgeber gemäss Artikel 335 des Obligationenrechts obliegende Lohnzahlungspflicht im Krankheitsfalle des Arbeitnehmers abgelöst. Soweit der Arbeitnehmer zufolge Krankheitsanlagen bei Versicherungseintritt von der Krankengeldversicherung ausgeschlossen wurde, gilt im Krankheitsfall Artikel 335 des Obligationenrechts.

5 Die Prämienzahlung kann in der Weise geschehen, dass der Arbeitgeber entweder seinen Beitrag mit demjenigen des Arbeitnehmers direkt dem Versicherungsträger überweist, oder seinen Beitrag jeweilen mit dem Zahltag dem Arbeitnehmer ausrichtet, sofern' dieser die entsprechende Prämienquittung vorweist.

IX. Koalitionsrecht und Friedenspflicht Art. 24

Die Koalitionsfreiheit ist gewährleistet. Dem Arbeitnehmer darf aus Koalitionsrecht der Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Arbeitnehmerverband von keiner Seite ein Nachteil erwachsen.

Art. 25 Die Vertragsparteien unterstellen sich der absoluten Friedenspflicht. friedensptUM Die Friedenspflicht gilt somit auch bei allfälligen Meinungsverschiedenheiten über Fragen des Arbeitsverhältnisses, die durch diesen Vertrag nicht geregelt sind.

2 Alle Kampfmassnahmen wie Befehdung, Sperre, Streik oder Aussperrung sind ausgeschlossen.

1

X. Vertragsvollzug Art. 26 1

Bei Meinungsverschiedenheiten über Fragen des Arbeitsverhältnisses verjähren bei soll, gleichgültig, ob dieser Vertrag eine Regelung dafür vorsieht oder nicht, whSïSen folgendes Verfahren beobachtet werden: 1. In erster Linie sind die Meinungsverschiedenheiten im Betrieb selbst zu behandeln und wenn möglich zu lösen. Besteht eine Arbeiterkommission so soll sie nötigenfalls beigezogen werden.

2. Ist keine gütliche Verständigung im Betrieb möglich, so wird die Angelegenheit den Verbandsinstanzen zur Abklärung und Schlichtung unterbreitet.

948 3. Kann durch diese Verhandlungen keine Einigung herbeigeführt iverden, oder handelt es sich um eine Frage von untergeordneter Bedeutung, so soll unverzüglich von den beiden Vorsitzenden der ParitätischenKommission oder ihren Stellvertretern, unter Zuzug des beteiligten Arbeitgebers oder seines Stellvertreters some des beteiligten Arbeitnehmerverbandes, ein Beilegungsversuch unternommen werden.

4. Scheitert dieser Beilegungsversuch oder handelt es sich um eine wichtige oder grundsätzliche Frage, so ist die Angelegenheit der gesamten Paritätischen Kommission zur Behandlung und zum Entscheid zu unterbreiten.

Die Kommission muss innert 3 Wochen nach Eingang eines entsprechenden Begehrens einberufen iverden.

5. Kommt in der Paritätischen Kommission kein Mehrlieitsbeschluss zustande, so sind die Parteien berechtigt, das Schiedsgericht (Art. 28) anzurufen.

2 Die vertragschliessenden Verbände verpflichten sich, während der Dauer der Einigungsverhandlungen und des Schiedsgerichtsverfahrens alles zu unterlassen, was den Konflikt verschärfen könnte.

Art. 27 Paritätische Kommission

1

Die Paritätische Kommission besteht aus je 4 Vertretern der vertragschliessenden Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände. Den Vorsitz führt abivechslungsiveise ein Vertreter der Arbeitnehmerverbände und des Verbandes schweizerischer Herrenkonfektionsindustrieller.

2 Die Paritätische Kommission versammelt sich, so oft die Verhältnisse es erfordern, oder auf Verlangen eines der vertragscliliessenden Verbände.

Sie wird durch das Sekretariat des Verbandes schweizerischer Herrenkonfektionsindusirieller einberufen. In der Einladung zu einer Sitzung sind die zu behandelnden Traktanden bekanntzugeben.

3 Beschlüsse können nur mit Zweidrittelmehrheit sämtlicher Kommissionsmitglieder gefasst werden.

4 Die Paritätische Kommission oder die von ihr bestellten Organe können Kontrollen über die Einhaltung der Bestimmungen dieses Vertrages in den einzelnen Betrieben vornehmen. Die Betriebsinhaber sind verpflichtet, den Kontrollorganen in die in Betracht kommenden Unterlagen Einsicht zu geben.

Art. 28

Schiedsgericht

1

Das Schiedsgericht wird von Fall zu Fall in der Weise konstituiert, dass jede der beteiligten Parteien einen oder zwei Schiedsricliter bestellt. Die Scli,iedsrichter wählen gemeinsam einen neutralen Obmann. Dem Schiedsgericht darf keine Person angehören, die Organ der vertragschliessenden Verbände ist oder in einem am Konflikt beteiligten Betrieb, arbeitet.

949 2

Bestellt eine Partei nicht innert 10 Tagen nach der schriftlichen Aufforderung der anderen Partei ihren Schiedsrichter, oder kommt die Wahl des Obmannes nicht innert 10 Tagen zustande, so ist der Präsident des Schweizerischen Bundesgerichtes um die Bezeichnung der Schiedsrichter oder des Obmannes zu ersuchen.

3 Der Obmann bestimmt, welche kantonale Zivilprozessordnung auf die Verfahrensfragen anwendbar ist. Es steht ihm frei, vor Einleitung des eigentlichen Verfahrens eine Verhandlung zur formlosen Abklärung und allenfalls gütlichen Erledigung der Angelegenheit einzuberufen. Diese Verhandlung findet ohne Mitwirkung der andern Schiedsrichter statt.

* Das Schiedsgericht tagt an dem vom Obmann bezeichneten Ort. Das Verfahren ist in der Regel mündlich. Der Obmann kann jedoch eine schriftliche Klagebegründung und Klagebeantwortung zulassen, wobei den Parteien eine nicht erstreckbare Frist von höchstens 14 Tagen einzuräumen ist. Die erste mündliche Verhandlung des Schiedsgerichts muss innerhalb von 4 Wochen nach Ernennung des Obmannes stattfinden.

5 Bevor das Schiedsgericht seinen Entscheid fällt, hat es eine gütliche Beilegung des Konfliktes anzustreben. Die Entscheidungen des Schiedsgerichts sind endgültig und können mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht angefochten werden.

6885

Bundesblatt. 116. Jahrg. Bd. I.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bundesratsbeschluss über die Allgemeinverbindlicherklärung des Gesamtarbeitsvertrages für die schweizerische Herrenkonfektionsindustrie (Vom 11. April 1963)

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16

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

25.04.1963

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936-949

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10 042 086

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