441

# S T #

Bundesrathsbeschluß über

die Rekurse vom 3. August und 25. September 1891 von F. Roesli-Frey, Robert Lang, X. Schmidli, Johann Wechsler und M. Muff, und von A. Bühlmann, Verwalter, F.Vogel, X. Schmidli, Johann "Wechsler, Robert Lang, M. Muff, Thierarzt, und F. Roesli-Frey, alle aus Neuenkirch (Kanton Luzern), betreffend die Gemeinderathswahlen in Neuenkirch vom 7., 8. und 21. Juni 1891 und Stimmrechtsstreitigkeiten.

(Vom

16. Januar 1892.)

Der s c h w e i z e r i s c h e B u n d e s r ath hat in Sachen der Rekurse vom 3. August und 25. September 1891 von F. Roesli-Frey. Robert Lang, X. Schmidli, Johann Wechsler und M. Muff, und von A. B ü h l m a n n , Verwalter, F. Vogel, X. Schmidli, Johann Wechsler, Robert Lang, M. Muff, Thierarzt, und F. RoesliFrey, alle aus Neuenkirch (Kanton Luzern), betreffend die Gemeinderathswahlen in Neuenkirch vom 7., 8. und 21. Juni 1891 und Stimmrechtsstreitigkeiten ; auf den Bericht des Justiz- und Polizeidepartements und nach Feststellung folgender aktenmäßiger Sachverhältnisse: I.

Am 7. Juni 1891 fanden in Neuenkirch, wie in allen übrigen Gemeinden des Kantons Luzern, die Gemeinderathswahlen statt.

Es waren vier Wahlen zu treffen.

442

Als Resultat des Wahlganges wurden folgende Zahlen eröffnet: ' Stimmberechtigte 607 Gültige Stimmzettel 576 Absolutes Mehr 289 Stimmen erhielten : Herr Verwalter Bühlmann 471 ,, Gerichtspräsident Fleischlin . . . 3 8 0 ,, Suppléant Wolfisberg 289 ,, Waisenvogt Fries 288 ,, Großrath Muff .285 ,, F. J. Rast 268 Das Wahlbüreau erklärte als gewählt: die auf der liberalen und konservativen Liste stehenden Herren Bühlmann und Fleischlin und den nur auf der konservativen Liste stehenden Herrn Wolfisberg. Für die nicht zu Stande gekommene Wahl des dritten Gemeinderathsmitgliedes, sowie für die nachher vorzunehmende Aemtervtvrtheilung setzte das Bureau die Fortsetzungsverhandlung auf den folgenden Tag, 8. Juni, fest.

Nachträglich stellte sich heraus, daß bei den Stimmzetteln zwei bloße Kandidatenlisten sich befanden. Die Zahl der gültigen Zettel betrug nur 574, das absolute Mehr 288. Darnach wäre letzteres auch von Waisenvogt Fries erreicht worden und sämmtliche vier Wahlen zu Stande gekommen. Da indessen der Versammlung bereits ein anderes Resultat eröffnet und die Fortsetzung der Wahlverhandlung auf den folgenden Tag angeordnet war, beschloß das Wahlbüreau am 8. Juni früh, eine Weisung des Regierungsrathes darüber einzuholen, was zu geschehen habe.

Der Regierungsrath beschloß am 8. Juni, es habe das Bureau die Verifikation der Stimmzettel ,,betreffend die streitigen Kandiö daten* in Gegenwart der Gemeinde noch einmal vorzunehmen und » der letztern das sich ergebende Resultat zu eröffnen.

Dieser Regierungsbeschluß kam insofern nicht vollständig zur Vollziehung, als das Wahlbüreau von Neuenkirch zuerst einstimmig beschloß, nur die auf den Kandidaten Fries lautenden Stimmzettel noch einmal abzuzählen, und, als dann die Abzählung für Fries nicht 288, sondern nur 287 Stimmen ergab, also eine Stimme weniger als das absolute Mehr, und die liberale Minderheit des Bureau nunmehr die Abzählung auch für Wolfisberg verlangte, in seiner Mehrheit beschloß, es sei diesem nachträglichen Begehren nicht zu entsprechen.

443

Die Wahlverhandlung selbst konnte am 8. Juni nicht durchgeführt werden. Als die Mehrheit des Bureau verfügte, es seien die drei Gemeindeämter sofort zu besetzen, da ja drei Gemeinderathsmitglieder gewählt seien, protestirte hiegegen die BureauMinderheit; es erhob sich in der Versammlung ein Tumult, so daß der Präsident nach einstimmigem Beschluß des Wahlbüreau dieselbe aufheben mußte. Sowohl die Mehrheit als die Minderheit des Wahlbüreau erstatteten hierüber an den Regierungsrath Bericht, die Minderheit am 15. Juni. Gleichen Tages beschloß der Regierungsrath, es sei die Fortsetzung der Wahl auf den 21. Juni angeordnet und Herr Amtsstalthalter Fellmann als Präsident der Versammlung bezeichnet, letzteres in Anwendung von § 90 des luzernischen Organisationsgesetzes.

Mit schriftlicher Eingabe vom 16. Juni an den Regierungsrath des Kantons Luzern verlangten die Herren Muff, Wechsler, Roesly und Alois Lang (drei von den hierortigen Rekurrenten) .Kassation der Wahlverhandlung vom 7./8. Juni, ,,soweit es die Wahl des Herrn J. Wolfisberg betrifft", .aus folgenden Gründen : a. Weil die Nachzählung der Stimmzettel nur für Herrn Fries, nicht auch für Herrn Wolfisberg stattgefunden hat, trote dem Regierungsbeschlusse, der Verifikation der Stimmzettel betreffend ,,die streitigen Kandidaten" verfugte ; b. weil der Regierungsratli zu spät, erst am 12. Juni, die Auftragung des liberalen Jakob Wyß von Wilihof auf das Stimmregister anordnete ; c. weil die Stimmkarten nicht, wie es das Gesetz verlangt, gestempelt und eingezählt an's Bureau gebracht wurden, sondern ungestempelt und unrichtig gezählt ; d. weil die Stimmkarten vom Sonntag (7. Juni) auf den Montag (8. Juni) nicht in der Depositalkasse aufbewahrt wurden, sondern in der Sakristei, ,,wo sie Jedermann zugänglich waren", wozu kommt, daß das Paket nur mit e i n e m Siegel versehen war. Am Montag habe dann, eine Stimmkarte gefehlt, die am Sonntag gezählt worden war; e. weil überdies weitere Ungehörigkeiten vorgekommen sind, die auf das Resultat Einfluß ausüben konnten.

Diese Kassationsbeschwerde wurde von ihren Urhebern unterm 23./25. Juni zurückgezogen, bevor der Regierungsrath über sie Beschluß gefaßt hatte.

Am 21. Juni fand die Fortsetzung der Wahl statt. Die Mehrheit des Wahlbüreau kam von ihrem am 8. Juni gefaßten Beschlüsse, zuerst die Aemtervertheilung unter die drei bisher

444

Gewählten vorzunehmen, zurück, und man schritt sofort zur Vornahme der Wahl eines vierten Gemeinderathsmitgliedes.

D i e Zahl d e r gültigen Stimmen w a r . . . . 5 8 5 Das absolute Mehr betrug somit 293 Stimmen erhielten : Herr Großrath Muff 294 ,, Waisen vogt Fries 291 Ersterer wurde als Ö*" gewählt erklärt.

Bei der nun folgenden Aemtervertheilung wurden bei einem absoluten Mehr von 278 Stimmen gewählt: Als Gemeindepräsident Herr Gerichtspräsident Fleischlin mit 308 Stimmen.

Als Gemeindeammann derselbe mit 306 ,.

Als Waisenvogt Herr Großrath Muff mit '296 ,, Als Verwalter der bisherige Herr Bühlmann mit 434 ,, Als Suppléant Herr Wolflsberg mit 282 ,, Mit Eingabe vom 30. Juni 1891 stellten die Herren M. Muff, Thierarzt, F. Roesli-Frey und Johann Wechsler an den Regierungsrath des Kantons Ludern das Gesuch, es soi die Wahlverhandlung vom 21. Juni und die darauf erfolgte Aemtervertheilung zu kassiren, vom Regierungsrathe die Fortsetzung der Wahl anzuordnen und der Gemeinderath von Neueukirch anzuweisen, die erforderliche Berichtigung des Stimmregislers vorzunehmen.

Dieses Kassationsbegehren wurde damit begründet, daß die Wahlverhandlung ungesetzlich angeordnet und mangelhaft bekannt gemacht worden sei, daß vier Niditstimmberechügte (Johann Birrer von Hasle, Josef Huwiler von Entlebuch, Johann Birrer von Luthern und Moritx, Richli von Neuenkirch) an der Wahl Theii genommen, dali die Kontrole über die ausgetheilten Stimmzettel eine ungenügende gewesen sei, daß entgegen der regierungsräthlichen Weisung vom 8. Juni nur die für Waisenvogt Fries abgegebenen, nicht auch die auf Suppléant Wolfisberg lautenden Stimmzettel nochmals verifizirt worden seien, da fi endlich die Genehmigung der Wahl verhandlung vom 21. Juni auch deshalb nicht ausgesprochen werden könne, weil über die Stimmberechligung mehrerer Bürger von Neuenkirch beim Bundesrathe eia Rekurs anhängig sei.

In einer Eingabe vom 21. Juli machte Herr Thierarzt Muff noch die Theilnahme eines nicht stimmberechtigten Johann Meyer an der Wahl als Kassationsgrund geltend.

Der Regierungsrath wies durch motivirte Schlußuahme vom 25. Juli 1891 die Kassalionsbeschwerde als unbegründet ab.

445 II.

Gegen den Regierungsentscheid vom 25. Juli haben unter dem Datum des 3. August 1891 die Herren F. Roesli-Frey, Robert Lang, X. Schmidli, Johann Wechsler und M. Muff beim Bundesrathe Rekurs erhoben.

Sie stellen folgendes Rekursgesuch: ,,1. Der Entscheid des h. Regieruugsrathes des Kantons Luzern vom 25. Juli 1891 bezüglich der Gemeinderathswahlen in Neuenkirch vom 7., 8. und 21. Juni sei zu annulliren und es sei jedenfalls Herr Waisenvogt Fries als am 7. Juni gewählt zu erklären, die Stimmzetlel vom 7..Juni seien bezüglich des Herrn J. Wolfisberg nochmals zu zählen und derselbe ebenfalls als gewählt zu erklären, wenn er 288 Stimmen auf sich vereinigt, eventuell seien die Wahlen der Herren Wolfisberg und Muff und jedenfalls die Aemtervertheilung vom 21. Juni zu kassiren und die neue Wahlverhandlung auf Grund eines gehörig bereinigten Stimmregisters anzuordnen.

,,2. Bis zum materiellen Entscheide seien der Vollzug der genannten Wahlen und der Amtsantritt zu den am 21. Juni vertheilten Aemtern zu sistiren."

Das Rekursmemorial wurde der Regierung von Luzern zur Vernehmlassung mitgetheilt, unter Fristansetzung bis zürn 29. August.

Den Rekurrenten ist vom Eidgen. Justiz- und Polizeidepartement am 8. August rnitgetheilt worden, daß auf ihr Begehren um Suspension des Volzugs der angefochtenen Wahlen und des Antritts der am 21. Juni vertheilten Aemter seitens der Bundesbehörde nicht eingetreten werden könne, da dieses Begehren sich materiell mit dem Hauptbegehren decke und mit letzterm seine Erledigung finden werde.

Der Regierungsrath sandte seine Gegenbemerkungen am 24./27.

August 1891 ein.

III.

Folgendes ist der wesentliche Inhalt des Rekursmemorials.

Drei gutgeschulte und intelligente Taubstumme : Schmid im Homel, Vogel in Adelwil und Meyerhans im Hellbühl, stehen nicht auf dem Stimmregister von Neuenkirch, weil sie in liberalen Häusern sich befinden, dagegen sind eingeschrieben drei Taubstumme aus konservativen Häusern: Brunner im Voglisberg (der letztes Jahr O O *aus der Pflege seiner Leute entlief), Meyer in Bruderhusen und Müller in Werligen, letztere zwei blödsinnig.

Die Rekurrenten erklären, daß sie den von ihnen heim Bundesrathe eingelegten Stimmrechtsrekurs zum Bestandtheil der Beschwerde

446

betreffend die Gemeinderathswahlen machen. (Der Stimmrechtsrekurs ist aber erst am 26. September 1891 bei der Bundesbehörde eingegangen.)

Der Bürger Jakob Wyß von Büron, dessen Auftragung aut' das Stimmregister für den 7. Juni der Regierungsrath erst am 12. Juni verfügte, erklärt schriftlich (siehe Beleg vom 31. Juli 1891), daß er bei der Wahl vom 7. Juni dem Herrn Waisenvogt Fries gestimmt haben würde, wenn er auf dem Stimmregister gestanden hätte.

Diese Stimme, sagen die Rekurrenten, muß dem Herrn Fries zugezählt werden, ,,dann hat er ebenfalls seine 288 Stimmen und ist gewählt".

Die Regierung ordnete, ohne hierauf Rücksicht zu nehmen oder auf der angeordneten nochmaligen Abzählung der Stimmzettel für Wolfisberg zu bestehen, die Fortsetzung der Wahl auf den 21. Juni an. Der Gemeinderath erhielt erst am 19. Juni davon Kenntniß. ,,Die konservativen Treiber waren wohl schon früher avisirt." Herr Statthalter Fellmann wurde als Wahlpräsident beordert, während sonst in Verhinderung des Präsidenten der VissePräsident die Gemeindeversammlung leitet. ,,Das durfte nicht sein, das wäre ja ein Liberaler gewesen.a An der Wahl betheiligten sich 97 % aller Stimmfähigen.

Ander Wahl haben mehrere Nichtstimmfähige Theil genommen.

Die Regierung hat die dieserhalb eingereichte Kassationsbeschwerde abgewiesen. Hiegegen gelangen die Rekurrenten an den Bundesrath.

Ueber die einzelnen Fälle bemerken sie : a. J o h a n n B i r r e r von H a s l e ist am 13. Dezember 1881 wegen Straßenraubes kriminalisirt und seither nicht rehabilitirt worden. Er stand auf dem Stimmregister und hat gestimmt. Ueber die Abstammung dieses Bürgers liegen Bescheinigungen des Gemeinderathes von Hasle und des Militärkontrolbureau des Kantons Luzern vom 3. August 1891 vor, welche inBezugg auf die Identität des Johann Birrer, welcher am 21. Juni 1891 inNeuenkirchh gestimmt hat, mit dem kriminalisirten Johann Birrer keinen Zweifel gestatten.

b. J o h a n n B i r r e r v o n L u t h er n ist nicht stimmfähig, stand nicht auf dem Stimmregister, hat aber gestimmt, wie er vor vier Zeugen sich rühmte, und wie drei Zeugen bestätigen, von denen Einer (K. Bühlmann) sah, wie er die Stimmkarte in Empfang nahm, Einer (J. Studer), wie er sie einlegte, und ein Dritter (A.

Marti), wie er, ein richtiger Wühler, in der Kirche sich herumbewegte. Der Gegenzeuge, J. Wolfisberg, beweist schon deshalb nichts, weil es sich um ein Zeugniß in eigener Sache -- um seine eigene Wahl -- handelt,

447

c. J o s e f H u w i ) er von E n t l e b u c h wohnt mit seiner Familie im Bühl zu Emmen, wo er am 29. März d. .). ein Lehen übernommen hat. Das bezeugt amtlich der Gemeindeammann von Emmen und Huwiler's Nachbar, Friedensrichter Bühlmann, welchem der Vater Huwiler's sagte, sein Sohn habe in Neuenkirch zu Wahlzwecken eine Scheinmiethe abgeschlossen, was Vater Huwiler dann allerdings widerrief. In Neuenkirch hat Huwiler noch seinen Heimatschein liegen. Sein Scheinvermiether Jakob Muff hat Zahlungsabschläge ausgestellt, aber trotzdem wiederholt gestimmt, Sonst stellte der Regierungsrath die amtlichen Zeugnisse obenan.

Jetzt, im Falle Huwiler, gibt er -- nicht einmal schlüssigen --- Privatzeugnissen den Vorzug.

Huwiler hat am 21. Juni in Neuenkirch gestimmt.

d. M o r i t z Rich l i ist am 24. Juni 1874 in Konkurs gerathen, am 4. Juni 1891 wurde sein Konkurs zurückgerufen vom konservativen Kandidaten Herrn Gerichtspräsident Fleischlin, und Richli auf das Stimmregister getragen. Allein es bestanden am 7. und arn 21. Juni noch Verlusttitel gegen ihn, und der Regierungsrath erklärte sonst immer, die bloße Hinterlegung der Verlustbeträge genüge nicht zur Aufhebung der Zahlungsabschläge und zur Wiedererlangung der Stimmfähigkeit (vergi. Regierungsrathsverhandlungen, 1887, 8. 266).

M. Richli hat am 21. Juni gestimmt.

«. J o h a n n M e y e r im Dorf hat ebenfalls gestimmt; erstand auf dem Stimmregister, aber es haftete ein Zahlungsabschlag auf ihm, er war nicht stimmfähig. Nun sagt freilich die Regierung, das sei zu spät erheblich gemacht worden. Allein es war in der Kassationsbeschwerde ganz allgemein gesagt, es haben Nichtstimmfähige theilgenommen, und go war die Spezialisirung immer noch gestattet. Uebrigens erklärte sonst die Regierung, ,,wo es ihr paßte", immer: In Fragen von öffentlichem Interesse kommt es nicht auf die Fristen an. So noch in diesem Jahre anläßlich der Einbürgerung der Wittwe Birrer im Grüt zu Großwangen.

Also haben fünf Konservative unberechtigt gestimmt. Herr Muff erhielt nur eine Stimme über das absolute Mehr; somit ist er nicht gültig gewählt und auch die Aemtervertheilung, bei welcher er als Waisenvogt erkoren wurde, unrechtmäßig geschehen.

Die §§ 4 und 27 der Kantonsverfassung und Art. 4 der Bundesverfassung sind verletzt.

,,Der Stimmbetrügerei muß ein Ende gemacht werden."

Der Große Rath ist in dieser Sache nicht Rekursinstanz.

448

IV.

In seiner Vernehmlassung vom 24. August erneuert der luzernische Regierungsrath in erster Linie hinsichtlich der Kompetenz des Bundesrathes sämmtliche von ihm in frühern Vernehmlassungen erhobenen Einwendungen und bringt sodann zur Beschwerde folgende Gegenbemerkungen an.

Der Rekurs der Herren Roesli und Genossen enthält eine Reihe faktischer Unrichtigkeiten. Der Regierungsrath verweist dieserhalb ausdrücklich auf seinen Entscheid vom 25. Juli 1891.

Von den drei ,,gutgeschulten und intelligenten Taubstummen aus liberalen Häusern", die nicht auf dem Stimmregister verzeichnet sind, und den drei in das Register aufgenommenen Taubstummen aus konservativen Häusern, von denen einer der Pflege seiner Leute entlaufen und zwei blödsinnig seien, ist dem Regierungsrathe nur Johann Vogel bekannt, dessen Abtragung vom Stimmregister auf dem Rekurswege verlangt worden war und ausgesprochen werden mußte, nachdem der Amtsarzt erklärt hatte, Vogel habe von der Zweckbestimmung einer Wahl oder Abstimmung keine Idee. Im Uebrigen hat der Regierungsrath von der Auf- oder Abtragung taubstummer Burger im Stimmregister von Neuenkirch keine Kenntniß.

Daß Jakob Wyß von Büron am 7. Juni in Neuenkirch nicht stimmen konnte, daran trägt der (bis zur Neuwahl vom Juni, bezw.

bis zum Regierungsentscheide vom 25. Juli 1891 mehrheitlich liberale) Gemeinderath die Schuld. Bei den regierungsräthlichen Akten liegt eine von Fridolin Mattmann unterzeichnete Eingabe vom 5. Juni an den Gemeinderath von Neuenkirch, in welcher Auftragung des Jakob Wyß von Wilihof verlangt wird. Der Gemeinderath bemerkte auf der Eingabe, er würde dem Begehren entsprochen haben, wenn das Stimmregister noch offen wäre, und legte die Eingabe o h n e W e i t e r e s seinen an den Regierungsrath gerichteten Vernehmlassungen auf Stimmrechtsrekurse bei. So blieb sie unter mehreren hundert Aktenstücken, die innerhalb weniger Stunden geprüft werden mußten, unbeachtet, bis am Wahltage selbst das die Stimmrechtsrekurse vorberathende Regierungsdepartement durch ein Telegramm des Herrn Verwalter A. Bühlmann von Neuenkirch auf dieselbe aufmerksam gemacht wurde. Das gleiche Schicksal traf einen Konservativen aus der Gemeinde Großwangen, dessen Gesuch um Auftragung auf das Stimmregister aus dem gleichen Grunde vom Regierungsrath erst verspätet behandelt werden konnte.
Der Regierungsrath protestirt nachdrücklich dagegen, daß die Stimme des Wyß einem der Kandidaten vom 7. Juni zugezählt oder dessen Nichteintragung in das Stimmregister als Kassations-

449 gruud geltend gemacht werde. Es können auch konservative Stimmberechtigte aus Versehen nicht aufgetragen worden sein.

Am 21. Juni konnte J. Wyß stimmen.

Der Regierungsrath setzte arn 15. Juni den zweiten Wahlgang auf den 21. Juni fest; das regierungsräthliche Erkenntniß gelangte am 16. Juni in die Hände des Gemeinderathspräsidenten, der sofort die nöthigen Vorkehrungen für die Bekanntmachung traf. Ein Wahlakt, an dem 97 % der Stimmfähigen theilgenommen haben, war offenbar Jedermann rechtzeitig bekannt.

Der gleiche Grund, der den Gemeinderathspräsidenten ungeeignet erschienen ließ, als Wahlpräsident zu funktioniren, traf auch beim Vizepräsidenten und jedem Mitgliede des Gemeinderathes zu.

Darum wurde in Anwendung von § 90 des Organisationsgesetzes Amtsstatthalter Fellmann als Abgeordneter der Regierung beauftragt, die Wahlversammlung vom 21. Juni zu leiten.

Zu den eiuzelnen Stimmrechtsstreitfällen gierungsrath :

bemerkt der Re-

Zu a. J o h a n n B i r r e r von H a s l e . Niemand zweifelte vor der Wahl an seiner Stimmfähigkeit. Der Gemeinderath seiner Heimatgemeinde stellte ihm ein Stimmfähigkeitszeugniß aus. Die Geltendmachung seiner Theilnahme als Kassationsgrund war daher verspätet. Der Regierungsrath konnte sieh aber auch nicht überzeugen, daß dieser Johann Birrer mit dem seiner Zeit wegen Straßenraubes vernrtheilten Birrer von Hasle identisch ist.

Zu b. J o h a n n B i r r e r von L u t h e r n. Derselbe ist nicht stimmfähig; es ist aber auch nicht festgestellt, daß er an der Wahl theilgenommen hat. Dieser Johann Birrer wurde von einem Liberalen veranlaßt, im Wahllokal zu erscheinen und für den liberalen Kandidaten zu stimmen. Allein da er nicht auf dem Stimmregister stand, erhielt er keine Stimmkarte und konnte nicht stimmen. Das bezeugt nicht nur der mit der Vornahme des Namensaufrufes betraute Suppléant Wolösberg, der bei der Wahl vom 21. Juni gar nicht mehr Kandidat war und also nicht in eigener Sache Zeugniß gibt, sondern auch in schriftlicher Erklärung vom 22. August 1891 (s. bei den Akten!) der I. Stimmenzähler Alois Scherer, von welchem nach Aussage des Kaspar Bühlmann Birrer die Stimmkarte erhalten haben sollte. Kaspar Bühlmann ist übrigens ein wegen qualiflzirten Betrugsversuchs abbestrafter Bürger. Wenn Birrer eine Stimmkarte erhalten hätte, so müßten es auch die zwei liberalen Bureau-Mitglieder wissen. Die Herren Roesly und Konsorten bringen aber keine bezüglichen Bescheinigungen derselben bei.

Bundesblatt. 44. Jahrg. Bd. I.

31

450 Zu e. J o s e f H u w i l e r hat in Neuenkirch gestimmt. Allein es steht fest, daß er am 4. April 1890 seinen Heimatschein in Neuenkirch einlegte und denselben seither dort nicht wieder erhoben hat. Auch das faktische Domizil Huwiler's in Neuenkireh wird durch Zeugnisse seiner Nachbarn und seines Vaters, der die Behauptung des Friedensrichters von Emraen entschieden in Abrede stellt, konstatirt, und die Gemeinderathskanzlei Neuenkirch bezeugt, daß Huwiler unter den gleichen Verhältuissen daselbst bisher unbeanstandet gestimmt habe.

Es ist sehr wohl möglich, daß Huwiler, der übrigens keine Familie hat, sondern ledig ist, in Emmen eine Liegenschaft gepachtet, und daß ihn der dortige Gemeindeammann mehrere Male im Vorbeigehen gesehen hat. Das alles beweist aber noch nicht seinen Wohnsitz in Emmen. Der Gemeindeammann von Emmen scheint selbst nicht an diesen Wohnsitz zu glauben, sonst hätte er wohl den Huwiler zur Einlegung des Heimatscheines in Emmen angehalten.

Uebrigens ist der Wohnsitz Huwiler's in Neuenkirch auch erst verspätet in Zweifel gezogen worden.

Zu d. M o r i t z R i c h l i verlangte beim Regierungsrath die Auftragung auf das Stimmregister, da er erst nach Schluß desselben durch Rückruf seines Konkurses die Stimmfähigkeit wieder erlangt habe. Der (damals) mehrheitlich liberale Gemeinderath von Neuenkirch ließ sich gegenüber dem Regierungsrath bezüglich dieses Gesuches wörtlich folgendermaßen vernehmen : ,,Betreffend Moritz Richli fehlte früher der Ausweis, daß derselbe seinen dreimonatlichen "Wohnsitz in der Gemeinde besessen, sowie daß der seiner Zeit ergangene Konkurs gehoben sei. Dieser Ausweis ist nunmehr erbracht und steht daher der Auftragung des Moritz Richli kein Hinderniß mehr entgegen."

Der Konkursrückruf erfolgt durch das Gericht; dieses steht unter der Oberaufsicht des Obergerichts. Der Regierungsrath hatte wie der Gemeinderath mit dieser Sache weiter nichts zu thun, sie beide mußten sich an die entscheidende Thatsache halten, daß das Gericht den Rückruf ausgesprochen hat.

Die Theorie der Kekurrenten ist falsch. Nach § 55 des luzernischen Konkursgesetzes erfolgt die Hebung des Konkurses durch das Gericht, wenn gemäß der Liquidation alle Gläubiger für ihre Ansprachen Bezahlung erhalten. Richli hat an den Gerichtsausschuß den Betrag aller im Konkurse angemeldeten Forderungen bezahlt ; die Liqnidationsrechnung ergab somit die Deckung säimmtlicher Ansprachen, die Bedingung des Rückrufs war erfüllt.

451 Die Bezahlung an den Gerichtsausschuß ist nicht bloße Deposition, sondern förmliche Bezahlung.

Zu e. J o h a n n M e y e r i m D o r f . Um berücksichtigt werden zu können, hätte die Anfechtung seines Stimmrechts schon vor der Wahl erfolgen müssen; sie erfolgte erst am 21. Juli, also lange nach Ablauf der Kassationsfrist. Der Regierungsrath hat in Bezug auf den Verlust des Bürgerrechts einer Bevormundeten erklärt, es komme hiebei auf die Fristen nicht an ; niemals aber hat er erklärt, es komme bei Fragen des öffentlichen Interesses überhaupt auf die Fristen nicht an.

Sollte auf die nachträgliche Stimmrechtsanfechtung noch eingetreten werden, so müßte erst noch untersucht werden, ob Meyer wirklich an der Wahl Theil genommen hat.

Der Regierungsrath gelaogt zum Schlüsse, daß in keinem Falle die unberechtigte Theilnahme eines Bürgers an der Wahl vom 21. Juni konstatirt sei, und beantragt daher, es sei der Rekurs Koesli und Genossen in allen Theilen als unbegründet abzuweisen ; unter allen Umständen müßte dies geschehen bezüglich der Wahl des Herrn Wolfisberg, da der gegen dieselbe eingelegte Rekurs wieder zurückgezogen wurde, der jetzige Einspruch aber verspätet ist.

V.

In der zweiten Rekurseingabe an den Bundesrath, d. d.

25. September 1891, stellen die Beschwerdeführer, zu denen sich noch die Herren Verwalter A. Bühlmann und F. Vogel im Dorf gesellt haben, folgendes Gesuch : Der Bundesrath wolle die Regierungsentscheide vom 6. Juni und 28. August 1891, betreffend Stimmberechtigung einzelner Bürger, insoweit kassiren, daß Josef Troxler, Jost Rüßli und Johann Vogel, sowie Nikiaus Iluber auf das Stimmregister von Neuenkirch aufzutragen, dagegen Job. Georg Willi und Jos. Hegglin von demselben abzutragen seien.

Die Rekurrenten führen aus : Im Rekurse gegen die Gemeinderathswahlen vom 7., 8. und 21. Juni wurde ein Stimmrechtsrekurs als Bestandteil des Wahlrekurses erklärt. Erst seither erfuhren die Rekurrenten, daß dieser Stirmnrechtsrekurs gar nicht an den Bundesrath abgegangen war.

Sie führen daher nachträglich Beschwerde gegen die Stimmrechtsentscheidungen des Regierungsrathes, betreffend die Gemeinde Neuenkirch, ,,da dieselben die Verfassung -- Art. 27 -- direkt verletzen, aber auch der Gleichheit der Bürger vor dem Gesetze widersprechen".

452 Die Rekurrenten schicken ihren Erörterungen die Mittheilung voraus, daß Johann Birrer von Hasle seither wegen Brandstiftung in Untersuchung gezogen worden sei, und auf die Frage des Untersuchungsrichters, ob er den Grund seiner Verhaftung kenne, geantwortet habe, er denke, wegen seiner Betheiligung an der Wahl vom 21. Juni in Neuenkirch. Die Rekurrenten verweisen diesfalls auf das Protokoll des Verhöramts Luzern vom 3. Juli.

Sodann gehen sie über zur Besprechung folgender Stimmrechtsstreitfälle : J o s e f T r o x l e r v o n H i l d i s r i e d e n , seit 1884 i m Jahrlohn Meisterknecht in Wartensee, Gemeinde Neuenkirch, hatte am 21. Juni Frau und Kinder in Sempach; entgegen seinem Beschlüsse vom 7. Juni 1879 in Sachen eines liberalen Jost Schryber von Schachen, erkannte der Regierungsrath bezüglich des Troxler, nicht das Dienstverhältniß im Jahrlohn sei maßgebend, sondern der Aufenthalt von Frau und Kindern.

J o s t R ü ß l i v o n M a l t e r s . Umgekehrt b e i diesem. Frau Rüßli ist Eigenthümerin einer kleinen Liegenschaft in Herdmännigen zu Neuenkirch und bewirtschaftet sie unter Leitung ihres Mannes.

Dieser arbeitete allerdings hie und da auch anderswo, so bei Jakob Helfenstein im Holz zu Ruswil, aber nur im Taglohn. Immer leitete er als Haupt der Familie die häuslichen Geschäfte in Herdmännigen. Nun soll trotzdem Rüßli in Ruswil und nicht in Neuenkirch stimmberechtigt sein; denn, sagt der Regierungsrath, der Gemeinderath von Ruswil wolle ihn nicht auf dem dortigen Stimmregister streichen. Ueber Rüßli's Abtragung hat aber der Gemeinderath von Ruswil nie verhandelt. Die Gemeinderathskanzlei hat von sich aus dem Regierungsrathe Berieht erstattet.

Wieder anders wurde es gehalten mit dem konservativen J o h. G e o r g W i l l i , Knecht im Jahrlohn bei Kaspar Ineichen in Dachsellern, Gemeinde Sempach. Er hat seine Frau in Adelwil, Gemeinde Neuenkirch, wo dieselbe nach wie vor ihrer Verheiratung zur Miethe wohnt, während .er selbst nach wie vor im Dienstverhältnisse in Sempach steht und dort bisher auch auf dem Stimmregister stand.

J o s e f H e g g l i n , V a t e r , v o n M e n z i n g e n , Kanton Zug, hatte in Neuenkirch keine Schriften eingelegt; um diesen Mangel gut zu machen, erklärte man, er sei bei seinem Sohne Knecht. Vater Hegglin war aber faktisch Besitzer der Liegenschaft
seines Sohnes und leitete auch deren Betrieb.

Für die Zukunft ist der Rekurs betreffend Hegglin belanglos; denn bald nach den Gemeinderathswahlen von Neuenkirch mußte er wegen Größenwahns in die Irrenanstalt verbracht werden.

453 Ni k l a u s H u b e r v o n N e u e n k i r c h wurde durch regierungsräthlichen Entscheid vom 28. August 1891 auf dem Stimmregister von Neuenkirch gestrichen, obgleich er laut Mietvertrag vom 14. März 1891 ein Zimmer in der Gemeinde Neuenkirch inné hat, dort auch faktisch wohnt, seine Effekten dort hat und Bürger von Neuenkirch ist. Der Regierungsrath nennt ihn einen Scheinmiether. Im Falle Huwiler dagegen wurde die Scheinmiethe nicht angenommen.

VI.

Der Regierungsrath des Kantons Luzern ließ hierauf die Stimmrechtsverhältnisse der Troxler, Rüßli und Willi, sowie die übrigen Beschwerdepunkte des Rekurses vom 25. September durch den Amtsgehülfen von Sursee an Ort und Stelle untersuchen. Er sah infolge dessen, indem er der Bundesbehörde den Bericht des Amtsgehülfen übermittelte, von einer besondern Vernehmlassung seinerseits ab.

Ergänzend fügt der Regierungsrath bloß bezüglich der sechs Taubstummen bei, daß er nicht annehmen könne, der bis zum 25. Juli 1891 in seiner Mehrheit liberale Gemeinderath von Neuenkirch habe zu Gunsten konservativer und zu Ungunsten liberaler Taubstummer sich eines Willküraktes schuldig gemacht.

Der Regierungsrath selbst hat, wie schon früher bemerkt wurde, nur vom Falle des taubstummen Johann Vogel Kenntniß.

Der Bericht des Amtsgehülfen sagt im Wesentlichen was folgt : 1. J o s e f T r o x l e r steht unzweifelhaft seit Jahren in Wartensee (Neuenkirch) im Jahrlohn ; er hat, aber für sich und Familie (Frau und Kinder) in der Gemeinde Sempach eine Wohnung gemiethet und begab sich, bis er mit den Seinigen in Neuenkirch eine Wohnung bezog (Sommer 1891), alle Samstage heim, um Montags wieder nach Wartensee zur Arbeit zu gehen. So hielt er es seit 1884.

Er stand während der ganzen Zeit in Sempaeh auf dem Stimmregister, niemals, bis zur Wohnsitznahme daselbst, auf demjenigen von Neuenkirch, auch nicht auf dem für den 15. März 1891 vom liberalen Gemeinderath in Neuenkirch angefertigten Register.

Troxler stimmte diesen Sommer (7. Juni) noch in Sempaeh.

2. J o s t K ü ß H steht seit Jahren im Wochenlohn im ,,Holz", Gemeinde Ruswil, in Dienst. Er ist verheirathet, lebt aber mit Frau und Kindern nicht in der engen Verbindung, wie Troxler.

Die Frau hat vor zirka sechs Jahren in Herdmännigen, Gemeinde Neuenkirch, eine kleine Liegenschaft -- Haus und Land -- aus ihrem Gelde gekauft, besorgt dieselbe ohne den Mann und betreibt nebenbei noch einen einträglichen Hausirhandel. Wegen ehelicher

454

Zwistigkeiten bleibt der Mann oft Wochen lang seiner Familie fern ; er hat keinen Theil an ihrem Besitzthum und Haushalte. Seit seiner Anstellung in Ruswil steht Riißli auf dem dortigen Stimmregister, so auch im Jahre 1891 ; bei den Bereinigungen dieses Stimmregisters hat immer auch das liberale Gemeinderathsmitglied Herr Verwalter Schmidli mitgewirkt.

Auf dem S ti m m régis ter von Neuenkirch stand Rüßli noch nie, auch nicht auf demjenigen vom 15. März 1891, dessen Aufstellung und Bereinigung der liberale G-emeinderath vorgenommen hat.

Die Verhältnisse Rüßli's sind bis in die neueste Zeit sich wesentlich gleich geblieben.

3. N i k i a u s H u b e r von N e u e n k i r c h war seit zwei Jahren bis 12. August 1891 im Wochenlohn Knecht in Ruswil. Im März 1891 soll er in Neuenkirch ein Zimmer gemiethet haben.

Ein Miethvertrag konnte nicht vorgewiesen werden. Die meiste Fahrhabe (eine Kiste und ein Schrank, die Sonntagskleider) Huber's waren bei seinem Dienatherrn in Ruswil, eine zweite Kiste, in welcher sich namentlich die Militärkleider befanden, hat Huber in das Zimmer nach Neuenkirch gebracht, wohin er sieh bisweilen dea Sonntags verfügte, aber durchaus nicht regelmäßig alle Sonntage.

Er selbst erklärte auf Befragen, er sei etwa zehn Mal im Ganzen in sein Logis nach Neuenkirch gegangen. Dort hatte er nicht einmal ein Bett, sonderò er schlief, wenn er etwa einmal des Sonntags nicht nach Ruswil zum Uebernachten k a m , in einem Bette des angeblichen Vermiethers. Ueber den Zweck dieser Miethe befragt, antwortete er: Es sei so seine besondere Liebhaberei gewesen, ein eigenes Logis zu besitzen.

Seit August 1891 arbeitet nun Huber in einem Dienste in Neuenkirch; seither ist's mit fraglichem Logis nichts mehr.

Huber stand letzten Frühling und Sommer unbeanstandet auf dem Stimmregister von Ruswil, so am 4. Januar, 15. März, 10. Mai und 5. Juli.

Auf dem Stimmvegister von Neueukirch stand er bis jetzt nie.

Alles deutet darauf hin, daß in Neuenkirch eine Scheinmiethe abgeschlossen worden ist, um daselbst den Wohnsitz glaubhaft zu machen. Es kommt landauf landab nicht vor, daß einzelstehende, ledige Knechte sich außer dem Platze ihres Dienstortes noch besondere Wohnungen halten.

4. Bezüglich J o h a n n V o g e l ' s muß dem Zeugnisse des Amtsarztes, der im Auftrage des Regierungsrathes die Untersuchung vorgenommen hat, vor einem privaten ärztlichen Gutachten der Vorzug gegeben, gesetzliche Beweiskraft zuerkannt werden.

455 Johann Vogel stand niemals, auch nicht am 15. März 1891, als der liberale Gemeinderath die Bereinigung vornahm, auf dem Stimmregister von Neuenkirch.

5. J o h a n n G e o r g W i l l i befand sich bis Lichtmeß 1891 mit Jahrlohn in einem Dienstverhältnisse in Sempach. Am 26. Januar 1891 verehelichte er sich mit Maria Hofer in Adelwil, Gemeinde Neuenkirch, und miethete für sich und Frau eine Wohnung in Adelwil für die Zeit von Mitte März 1891 bis Mitte März 1892.

Der Mietvertrag ist unterzeichnet vom Vermiether und von Joh.

Georg Willi-Hofer als Miether. Seither arbeitet Willi nur noch im Wochenlohn bei seinem Dienstherrn in Sempach, geht jeden Samstag Abend, zuweilen auch an Werktagsabenden, heim. Montags begibt er sich wieder in seinen Dienst.

Der liberale Gemeinderath von Neuenkirch trug Willi schon für die Abstimmung vom 15. März auf das eidgenössische Stimmregister. Willi -stimmte am 14. März vor einem gemischten Bureau, dem auch Herr Verwalter Buhlmann angehörte, zu Neuenkirch in eidgenössischer Sache, am 15. März aber in kantonaler Sache noch einmal in Sempach.

Seit 15. März steht er nicht mehr auf dem Stimmregister von Sempach.

6. J o s e f H e g g l i n wohnt seit Jahren bei seinem Sohne in Neuenkirch, wo letzterer einen Hof besitzt, den er 1883 käuflich erworben hat. Das Verhältniß zu seinem Sohne ist ein dienstbotliches. Vater Hegglin war früher Konkursit. Seit etwa vier Jahren rehabilitirt, stand er stets, auch am 15. März 1891, als der liberale Gemeinderath zu verfügen hatte, auf dem Stimmregister von Neuenkirch.

Der Bericht bemerkt noch bezüglich des J o h a n n B i r r e r von Hasle, derselbe habe auch auf dem Stimmregister in Neuenkirch vom 15. März 1891 gestanden. Der Gemeinderath von Hasle ertheilte wiederholt den Bescheid, J. Birrer sei stimmfähig. Vertnuthlich liegt eine Verwechslung vor und betrifft die Kriminalisirung einen Andern gleichen Namens.

Der Amtsgehülfe schließt seinen Bericht mit der Erklärung, daß er seine Erkundigungen und Ermittelungen durchweg an Ort und Stelle gesucht und gewonnen habe, bei glaubwürdigen und ehrenhaften Leuten beider politischen Richtungen.

VII.

Am 9. Dezember 1891 ersuchte das eidgenössische Justizdepartement die Luzerner Regierung um Auskunft über folgende, im Bericht des Amtsgehülfen von Sursee nicht berührte Punkte:

456 1. Ist es wahr, daß Johann Birrer von Hasle seit dem 21. Juni 1891 wegen Brandstiftung in Untersuchung gezogen wurde und am 3. Juli dem Untersuchungsrichter erklärt hat, er nehme an, daß er wegen seiner Theilnahme an der Gemeinderathswahl vom 21. Juni verhaftet worden sei?

2. Wo hat Josef Troxler von Hildisrieden seinen Heimatschein hinterlegt, in Neuenkirch, oder in Sempach, oder an beiden Orten Î 3. Hat Jost Rüßli von Malters in Ruswil einen gesetzlich regulirten Wohnsitz? Oder ist dieser nicht vielmehr am Wohnorte der Familie vorhanden, in Neuenkirch? Kommt es im Kanton Luzern vor, daß Ehefrauen ohne Scheidung von ihren Männern selbständig wohnen und wirthschaften ? Müssen sie in diesem Falle nicht besondere Schriften hinterlegen?

VIII.

Am 17. Dezember wurden von rekurrentischer Seite fünf neue Urkunden eingelegt, von denen sich zwei auf Johann Birrer von Hasle und drei auf Jost Rüßli von Malters beziehen.

Dieselben haben folgenden Inhalt: 1. Ein Auszug der Obergerichtskanzlei vom 15. Dezember bescheinigt, daß am 3. Juli 1891 Johann Birrer von Hasle, geboren 1859, des Anton sei. und der Regina Mühlebach, verehelicht mit Anna Villiger, wohnhaft im Wagnerhüsli im Hellbühl, unter der Anklage auf vorsätzliche Brandstiftung vor Verhöramt Luzern stand, und auf die Frage, ob er wisse, warum er verhaftet worden sei, antwortete: ,,Nein, aber ich dachte wegen der Wahl".

Derselbe Kanzlei-Auszug bescheinigt ferner, daß Johann Birrer von Hasle, geboren 1859, illegitimer Sohn des Anton und der Regina Mühlebach, verehelicht mit Anna Villiger, damals zu Kriens, am 13. Dezember 1881 vom Obergericht des Kantons Luzern wegen Raubes, als rückfälliger Verbrecher gegen das Eigenthum, zu einer Zuchthausstrafe von 3 1/2 Jahren und zum Ehrenverlust verurtheilt wurde.

2. Eine Beseheinigung der Gemeinderathskanzlei Neuenkirch vom 15. Dezember besagt, daß Johann Birrer von Hasle, wohnhaft im Wagnerhüsli (Hellbühl), auf dem Stimmregister für die Gemeinderathswahlen vom 7. Juni 1891 gestanden hatte, dann aber im Register für die Betreibungsbeamtenwahl vom 4. Oktober 1891 gestrichen wurde.

3. Eine Erklärung der Ehefrau des Jost Rüßli von Malters, in Herdmännigen, Gemeinde Neuenkirch, bezeichnet die Behauptung

457 als falsch, daß ihr Mann mit seiner Familie nicht in gutem Einvernehmen lebe und nicht auf deren Liegenschaft Herdmännigen bei ihr wohne. Derselbe arbeite wegen Kleinheit der Liegenschaft (bloß J /2 Jucharte Land) allerdings viel auswärts im Taglohn, er gebe aber seinen Arbeitslohn zur Bestreitung der Auslagen für Liegenschaft und Familie heim, kehre Sonn- und Feiertags regelmäßig zur Familie nach Hause zurück, sei auch während der Woche zu Hause, so oft Haus- oder Feldarbeiten zu besorgen seien. Im laufenden Jahre habe er viele Verbesserungen an Haus und Liegenschaft vorgenommen und jeweilen längere Zeit zu Hause gearbeitet.

4. Eine Bescheinigung des Gemeindeammanns Fleischlin in Neuenkirch vom 16. Dezember 1891 stellt fest, daß ,,Jost Rüßli von Malters, in Herdmännigen dahier11, seinen Heimatschein am 23. April abtun beim Ammannamte deponirt hat.

5. Eine Bescheinigung der Gemeinderathskanzlei Mallers vom 17. Dezember 1891 bezeugt, daß aus den dortigen Protokollen nichts ersichtlich sei, wonach Jost Rüßli in den letzten Jahren mit seiner Frau Unfrieden und Streit gehabt, daß er getrennt von Frau und Kindern lebe und sich nicht urn dieselben bekümmere.

Das Gegentheil hievon gehe aus der Thatsache hervor, daß noch am 25. Februar 1891 die Geburt des jüngsten Kindes Maria Katharina Rüßli dem Civilstandsamt Walters angezeigt wurde.

Unterm 28. Dezember 1891 wurde von rekurrentischer Seite noch eine Bescheinigung der Gemeinderathskanzlei Neuenkirch vom 23. Dezember 1891 zu den Akten gebracht, zufolge welcher Frau Maria Josefa Riißli, geb. Schmid, Ehefrau des Jost Rüßli, in den dortigen Kaufbriefen als Eigenthünierin der Liegenschaft Herdmännigen in der Gemeinde Neuenkirch erscheint.

IX.

Der luzernische Regierungsrath sprach sich in Zuschriften an das eidgenössische Justizdepartement vom 11. und 23. Dezember 1891 über die von diesem Deparlemente am 9. Dezember aufgeworfenen Fragen und die am 17. Dezember zur Einsicht erhaltenen füüf obengenannten Urkunden aus.

Die Nachforschungen nach den Strafuntersuchungsakten gegen Job. Birrer von Hasle, wegen Brandstiftung, hatten zuerst ein negatives Resultat ergeben ; da die Untersuchung gegen denselben sehr bald fallen gelassen und ausschließlich gegen einen gewissen Imbaeh fortgeführt worden war, erinnerte sich der luzernische Verhörrichter augenblicklich nicht an eine Untersuchung gegen Birrer; nach nochmaliger Aufforderung zur Nachforschung seitens des kantonalen

458

Jtistizdeparlementes wurde dann aber das Vorhandensein dieser Akten konstatirt. Der Regierungsrath bemerkte diesfalls unterm 23. Dezember: ,,Die angestellten Nachforschungen haben ergeben, daß ein Johann Birrer von Hasle, geb. 1859, im verflossenen Juli vor dem kantonalen Verhöramte in Untersuchung gestanden ist; in diesem Sinne ist unsere Vernehmlassung vom 11. dies zu berichtigen."

Mit seiner Zuschrift: vom 11. Dezember hat der Regierungsrath dem Eidgenössischen Justizdepartemente die Untersuehungsakten gegen Kaspar Bühlmann von Neuenkirch, betreffend Amtsehrbeleidigung, zur Einsicht übermittelt. Diese Untersuchung bezieht sich auf die Behauptung der hierortigen Rekurrenten, Johann Birrer von Luthern, wohnhaft im Sennhöfli zu Neuenkirch, habe, obwohl nicht stimmfähig, an den Gemeinderathswahlen vom 21. Juni in Neuenkirch Theil genommen. Der erwähnte Kaspar Bühlmann erklärte durch schriftliches Zeugniß vom 29. Juni 1891, er habe gesehen, wie Johann Birrer vom Stimmenzähler Alois Sellerei- eine Stimmkarte erhielt und mit derselben an's Bureau ging. Alois Scherer erhob infolge dessen gegen Kaspar Buhlmann Strafklage wegen Amtsehrbeleidigung. Ruspar Bühlmann beharrte anfänglich auf der Richtigkeit seines Zeugnisses, gestand dann aber später zu, dasselbe sei unrichtig, er habe es aus Dummheit ausgestellt.

Das Amtsstatthalteramt Luzern beantragte daraufhin, K. Bühlmann sei der Amtsehrbeleidigung schuldig zu erklären und von daher mit einer Geldbuße von Fr. 30, eventuell mit 10 Tagen Gefängm'ß zu bestrafen. K. Bühlmann unterzog sich am 7. November 1891 freiwillig diesem Strafantrage.

In Bezug auf die Domizilverhältnisse des Joseph Troxler und Jost Rüßli verweist der Regierungsrath in seiner Zuschrift vom 11. Dezember auf schriftliche Erklärungen des Gemeindeammanns von Sempach, der Gemeinderathskanzlei von Neuenkirch und des Gemeinderathes von Buswil.

Diese Erklärungen lauten dahin : Josef Troxler stand bis Ende Juni 1891, d. h. so lange er die Miethe in Sempach inné hatte, auf dem Stimmregister von Sempach und stimmte auch dort; er wurde mehrmals zur Einlegung von Schriften in Sempach aufgefordert, leistete aber nicht Folge.

Arn 9. Februar 1891 hat er in Neuenkirch seinen Heimatschein deponirt.

Jost Rüßli stand schon auf dem Stimmregister von Ruswil pro 17. November 1889 und blieb ununterbrochen in demselben eingeschrieben bis zur Bereinigung auf 4. Oktober 1891 (Wahl des

459 Betreibungsbeamten). Da wurde er auf Verlangen abgetragen, da vorgegeben wurde, er wohne nicht mehr im Oberholz zu Ruswil.

Allein es stellt sich nun heraus, daß er seinen Dienst im Oberholz niemals verlassen hatte und daher unrichtigerweise abgetragen wurde. Er gehörte pro 4. Oktober und seither auf das Stimmregister von Ruswil.

Der Regierungsrath bemerkt seinerseits: ,,Troxler hat seinen Heimatschein den 9. Februar 1891 in Neuenkirch deponirt, das rechtliche Moment der Wohnsitznahme in Neuenkirch wäre somit erfüllt; dagegen fehlt ihm der faktische Wohnsitz in der Gemeinde. Ohne dem Wahlknechtenunwesen einen Freibrief auszustellen, kann die bloße Heimatscheiaeinlage nicht als Wohnsitznahme im Sinne des Art. 27, Abs. 2, unserer Staatsverfassung erklärt werden.

,,Jost Rüßli hat seinen gesetzlich regulirten Wohnsitz in der Gemeinde Kuswil, wir bemerken aber, daß Knechte zur Regulirung des Wohnsitzes der Schrifteneinlage überhaupt nicht bedürfen. Verhältnisse, wie im Falle Rüßli, daß die Ehefrau ohne Scheidung selbstständig wohnt und wirthschaftet, sind nicht selten. Die Gerneinderälhe, \velche sich mit dem Niederlassungswesen zu befassen haben, unterlassen es in der Regel, von einer solchen selbstständig haushaltenden Frau Schriften zu verlangen.14 Auf die am 17. Dezember 1891 von rekurrentischer Seite zu den Akten gegebenen, das Domizilyerhältniß des Jost Rüßli beschlagenden Belege wurden dem Regierungsrathe vom Gemeiuderathe von Neuenkirch ebenso viele Gegenbelege zugesandt. ,,Wie in den meisten Fällen," fügt der Regierungsrath bei, ,,stehen sich auch hier gegenseitig sich widersprechende private und amtliche Zeugnisse gegenüber."1 Von diesen Gegenbelegen enthält eines das Zeugniß des Josef Bucher, Landwirth im Oberhol» zu Ruswil, eines Nachbars des. Dienstherrn von Jost Riißli und mit diesem unter Einem Dache wohnend, welches besagt, daß Jost Rüßli seit Margarethen 1890 bis zum heutigen Tage (20. Dezember 1891) bei dem gleichen Herrn, Jakob Helfenstein, im Dienste stehe ; ein anderes, von Gottlieb Limacher zu Malters am 20. Dezember 1891 ausgestellt, erklärt, daß Jost Rüßli seit Lichtmeß 1891 ununterbrochen bei Jakob Helfensteia im Holz zu Ruswil als Knecht im Dienste stehe und dort auch Kost i^nd Logis habe. Eine weitere Kundgebung geht aus vom Kirchenrath der Pfarrgemeinde Hellbühl, die
aus Theilen der vier politischen Gemeinden Neuenkirch, ßuswil, Littau und Malters zusammengesetzt ist; diese Kundgebung, ebenfalls vom 20. Dezember 1891 datirt, konstatirt, daß Jost Rüßli, Knecht bei Herrn Helfenstein im Oberholz, Gemeinde Ruswil, für

460

die Sigristen- und Organistenwahl vom 11. Januar und für die Kirchenrathswahlen vom 26. Juli 1891 auf dem Stimmregister der Gemeinde Ruswil gestanden und am 26. Juli als Stimmberechtigter von Ruswil sein Stimmrecht ausgeübt habe.

X.

Laut der gedruckten ,,Amtlichen Uebersicht der Verhandlungen des Großen Käthes, sowie des Regierungsrathes des Kantons Luzern a hat der Regierungsrath über Stimmrechtsstreitigkeiten bei Gemeinderathswahlen mit besonderer Berücksichtigung der Wohnsitzverhältnisse der Bürger u. A. folgende Entscheidungen getroffen : a. Arn 7. Juni 1879 wurde das Erkenntniß des Gemeinderathes von Rain umgestoßen, der einem Bürger die Auftragting auf das Stimmregister deßhalb verweigert hatte, weil sich derselbe niemals in das Wohnrejcister der Gemeinde habe aufnehmen lassen, folglich nirgends ersichtlich sei, ob derselbe einen dreimonatlichen Wohnsitz in Rain habe, vielmehr das Gegentheil angenommen werden müsse, zumal der Gemeindeschreiber von Schachen bescheinige, daß der betreffende Bürger seineu gesetzlichen Wohnsitz in der Gemeinde Schachen habe und dort mit seiner Familie seit Mitte März 1879 ein Hauslehen besitze. Der Regierungsrath berief sich für seinen Entscheid auf eine Bescheinigung des Gemeindeammanns von Schachen, daß der betreffende Bürger seit drei Monaten nicht dort gewohnt habe, sowie auf ein beglaubigtes Zeugniß einer Frau H.-St. in G., daß der nämliche Bürger bei ihrer Familie (in der Gemeinde Rain) seit dem 2. Februar 1879 ununterbrochen im Jahrlohn gearbeitet und gewohnt und während dieser Zeit seine Frau in Schachen bloß zweimal an Sonntagen besucht habe, endlich auf den Umstand, daß für denselben ein Sthumfahigkeitszeugniß vom 24. April 1879 vorlag.

b. Am 30. April 1887 hat der Regierungsrath auf dem Stimmregister der Gemeinde Großwangen für die Großrathswahlen vom 7. Mai 1887, entgegen der Verfügung des dortigen Gemeinderathes, einen Bürger Anton Röosli gestrichen, gestützt auf die Erklärung zweier Zeugen, daß derselbe seit Mathias 1885 in Ettiswil in Hausmielhe stehe, und unter Aufstellung des Motives, daß Anton Röösli demnach, selbst wenn er in Großwangen im Wochenlohn arbeiten würde, was aber nicht einmal behauptet werde, in Großwangen nicht stimmberechtigt sei.

c. Am 9. Mai 1891 wurde erkannt, es sei ein gewisser Chr. B., entgegen der Verfügung des Gemeindevathes von Escholzmatt, von dem Stimmregister dieser Gemeinde für die Großrathswahlen vom

461

10. Mai 1891 abzutragen, aus nachfolgender Erwägung : ,,Derselbe {Chr. B.) ist awar laut Bescheinigung des Gottlieb Brechbühl, DUrrenbach, seit fünf Jahren ununterbrochen dort im Dienst, seine Familie befindet sich jedoch in Trubschachen, Kauton Bern. Die Berufung des Gemeinderathes auf den hierseitigen Entscheid vom 7. Juni 1879 erscheint unzutreffend, da, nicht bewiesen ist, daß B.

im Jahrlohn in Escholzmatt im Dienste steht."1 XL Die Staats Verfassung des Kantons Luzern setzt fest: In § 27 : ,,Das politische Stimmrecht für kantonale Wahlen und Abstimmungen wird ausschließlich in der Wohngemeinde ausgeübt.

,,Als Wohngenieinde gilt diejenige Gemeinde, wo der betreffende Bürger in den letzten drei Monaten vor der fraglichen Wahl oder Abstimmung seinen ununterbrochenen gesetzlich regulirten Wohnsitz gehabt hat."

In § 88, Abs. 3 : ,,Alle Kantonsbürger und niedergelassenen Schweizerbürger, welche seit drei Monaten in der Gemeinde wohnen und die Requisite der kantonalen allgemeinen Stimmfähigkeit (§ 27) besitzen, sind in den Gemeindeversammlungen der politischen Gemeinde stimmfähig."1 Das luzernische GeseU über Fremdenpolizei und Niederlassungswesen vom 9. März 1859 enthält folgende Vorschriften über die Niederlassung der Kantonsbürger im Inaern des Kantoas: § 59. ,,Der Kantonsangehörige, welcher sich außer seiner Heirnatsgemeinde in einer andern Gemeinde des Kantons niederlassen will, muß mit einem nach Vorschrift (§ 17) abgefaßten Heimatschein versehen sein, welcher bei dem betreffenden Gemeinderath innert 8 Tagen abzugeben ist.

Für die Einlage eines solchen Heimatscheins ist dem Einleger ein Empfangschein auszustellen, wofür dieser eine Gebühr von 70 Rp.

zu bezahlen hat.

Die Herausgabe des Heimatscheins geschieht unentgeltlich.tt § 60. ,,Der Pflicht zur Einlegung eines Heimatscheins haben sich zu unterziehen : a. diejenigen, welche in einer andern Gemeinde ein Heimwesen erwerben und auf demselben ihren Wohnsitz aufschlagen, ohne sich in dieser Gemeinde eingebürgerl zu haben; b. diejenigen, welche außer ihrer Heimatsgemeinde auf einem Haus- oder Güterlehen sich haushäblich niedergelassen haben 5 c. Kostgänger und dergleichen."

462

§ 61. ,,Von der Pflicht, einen Heimatschem einzulegen, sind ausgenommen: a. Beamte, welche vermöge ihrer Amtsstelle in einer andern Gemeinde, als wo sie heimatberechtigt sind, wohnen müssen, sammt ihren Familien; b. Studirende, Lehrjungen, Dienstboten und Taglöhner, letztere insofern sie nicht ein Lehen beziehen oder eine Liegenschaft erwerben ; ebenso Personen, welche von einer Waisenbehörde äußert ihrer Gemeinde in Pflege gegeben werden.

Lehrjungen, Dienstboten und Taglöhner können jedoch von der Polizeibehörde ihres Wohnortes angehalten werden, sich durch eine Bescheinigung des Gemeinderaths ihres Heimatsortes über Namen, Herkunft und Leumund auszuweisen" ; inErwägung: 1. Nachdem die Rekurrenten es unterlassen haben, gegen die Wahlverhandlung vom 7. Juni 1891 rechtzeitig beim Regierungsrathe eine Kassationsbeschwerde einzulegen, bezw. nachdem das gegen diese Wahlverhandlung von einem Theile der hierortigen Rekurrenten am 16. Juni eingereichte Kassationsgesuch von seinen Urhebern zurückgezogen worden ist, können nicht durch eine Beschwerde beim Bundesrathe in Bezug auf den Wahlakt vom 7. Juni Begehren gestellt werden, welche das Resultat desselben neuerdings in Frage stellen und die, wenn sie begründet wären, dazu führen müßten, den Walilgang vom 21. Juni als einen überflüssigen erscheinen zu lassen.

Die Rekurrenten kommen mit sich selbst in Widerspruch, wenn sie ihre Opposition gegen den ersten Wahlgang fallen lassen, beim zweiten Wahlgang mitwirken, eine Beschwerde gegen das amtlich verkündete Resultat des zweiten Wahlganges wegen Ausschließung stimmberechtigter Bürger von der Stimmurne oder wegen Zulassung nicht stimmberechtigter Bürger zur Urne beim Regierungsrathe erheben, hierauf aber, vom Regierungsrathe abgewiesen, auf den ersten Wahlgang zurückgreifen und für denselben ein Resultat behaupten, das jede weitere Wahlverhandlung überflüssig gemacht hätte.

Der Bundesrath würde, wenn er auf ein derartiges Begehren eintreten wollte, über die Gültigkeit einer kantonalen Wahl urtheilen, über welche zu urtheilen die kantonale Rekursbehörde, in casu der luzernische Regierungsrath, gar nicht veranlaßt wurde, obgleich dies durchaus möglich gewesen wäre.

Nach konstanter Praxis lehnt der Bundesrath das Eintreten auf die Sache in solchen Fällen ab.

463

Demgemäß können hierorts die Begehren der Rekurrenten in Betreff der nochmaligen Abzählung der am 7. Juni für den Kandidaten Wolfisberg eingelegten Stimmzettel und in Betreff der Zuzählung der Stimme des vom Regierungsrath am 12. Juni für die Wahl vom 7. Juni stimmfähig erklärten Jakob Wyß von Büron nicht in Betracht fallen. Diese Begehren hatten in Opposition gegen einen zweiten Wahlgang innerhalb nützlicher Frist beim Regierungsrathe gestellt, bezw. festgehalten werden sollen ; dann wäre den Rekurrenten eventuell der Rekursweg an die Bundesbehörde offen gestanden.

Die Einwendung des luzernischen Regierungsrathes gegen die Inbetrachtziehung der rekurrentischen Anbringen betreffend die Stimmgebung des Jakob Wyß und betreffend das Resultat des ersten Wahlganges ist somit begründet.

2. Dagegen sind die Anbringen der Rekurrenten gegen die Gültigkeit des amtlich verkündeten Resultates des zweiten "Wahlganges vom 21. Juni von der Bundesbehörde innerhalb der Schranken ihrer Kompetenz materiell zu prüfen. Von dem Ergebnisse dieser Prüfung wird es abhangen, ob für die eidgenössische Rekursbehörde Grund vorliege, nach dem Begehren der Rekurrenten dievom luzernischen Regierungsrathe durch Abweisung der bezüglichen Kassationsbeschwerde am 25. Juli 1891 anerkannte Wahl des Herrn Großrath Josef Muff zum Mitglied des Gemeinderathes von Neuenkirch, sowie die daraufhin erfolgte Aemtervertheilung als nichtig zu erklären.

Nach der feststehenden Praxis (vergi, z. B. den Bundesrathsbeschluß vom 17. November 1891 in Sachen Häfliger und Genossen betreffend eine Großrathswahl in Triengen, Erwägung l unter Ziff. II, im Bundesblatt 1891, V, 549) ist eine Beschwerde gegen eine kantonale Wahl oder Abstimmung von der Bundesbehörde dann als begründet zu erklären, wenn dabei Rechte verletzt worden sind, welche den Bürgern entweder durch das Bundesrecht (Verfassung oder Gesetzgebung) oder durch das kantonale Verfassungsrecht zugesichert sind.

Zu diesen Rechten gehört in allererster Linie das politische Stimmrecht und der aus demselben erfließende Anspruch der stimmberechtigten Bürger darauf, daß keine Wahl als gültig anerkannt werde, welche nicht durch ihre Stimmgebung, sondern durch die Theilnahme nichtstimmberechtigter Personen zu Stande gekommen ist.

Dahin gehört auch der Anspruch jedes einzelnen Bürgers auf Zulassung
der stimmberechtigten Bürger zur Stimmabgabe und folgerichtig auf Kassation einer Wahl, die info'ge rechtswidrigen Ausschlusses stimmberechtigter Bürger zu Stande gekommen ist.

464

3. Die Rekurrenton haben ihre Beschwerde auf Gründe der einen und der andern Art gestützt.

Sie verlangen in ihrem Rekurse vom 3. August 1891 Kassation der Wah l Verhandlung vom 21. Juni hauptsächlich aus dem Grunde, weil, nach ihrer Angabe, fünf Nichtstimmberechtigte an derselben Theil genommen haben.

Sie verlangen in ihrem als Bestandteil des erstem erklärten Rekurse vom 25. September 1891, daß, entgegen dem Regierungsentscheide vom 6. Juni 1891, drei Bürger auf das Stimmregister von Neuenkirch aufgetragen, zwei von denselben abgetragen werden, in dem Sinne, daß die Auftragung bezw. Abtragung als bereits für die Wahlen vom 7. und 21. Juni rechtswirksam erklärt werde; sie verlangen in demselben Rekurse, jedoch ohne Bezugnahme auf eine spezielle Wahl oder Abstimmung, die Auftragung des Bürgers Nikiaus Huber von Neuenkirch, entgegen einem Regierungsbeschlusse vom 28. August 1891.

Wenn der Regierungsrath in seiner Vernehmlassung da und dort gegenüber den Stimmrechtsbestreitungen des ersten Rekurses bemerkt, dieselben erscheinen als verspätet, da sie vor der Wahl nicht geltend gemacht worden seien, so verweist der Bundesrath in dieser Beziehung auf die Erwägungen zu seinen Beschlüssen über die Rekurse betreffend die Gemeinderathswahlen von Schwarzenberg und Altwis, Kanton Luzern, aus welchen sich ergibt, daß diese Einrede der Verspätung nicht als begründet gelten kann.

In Bezug auf die im zweiten Rekurse aufgeworfenen Stimmrechtsfragen ist eine solche .Einrede von Seite des Regierungsrathes nicht erhoben worden und sie konnte nicht erhoben werden, da sich jene Fragen, mit Ausnahme des Falles Huber, alle auf eine Regierungsschlußnahme vom 6. Juni beziehen, welche mit Bezug auf ein gemeinderäthliches Erkenntniß vom 30. Mai 1891 gefaßt ist. Die genannte Regierungsschlußnahme beweist auch, daß Auftragungen auf das Stimmregister nicht bloß, wie der W o r t l a u t des § 3 des luzernischen Organisationsgesetzes es (hit sich bringen würde, von Seite der nichtaufgetragenen Bürger, sondern auch von Seite anderer Bürger verlangt werden können.

4. Der Bundesrath tritt demnach auf die materielle Untersuchung der einzelnen, im vorliegenden Falle streitigen Stimmrechtsfragen ein.

Dieselben beschlagen: 1. J o h a n n B i r r e r von H a s l e . Nachdem durch gerichtskanzleiischen Protokollauszug festgestellt ist, daß Johann Birrer von Hasle, geboren 1859. des Anton und der Regina Mühlebach,

465 verehelicht

mit Anna Villiger, arn 13. Dezember 1881 wegen

Raubes z u 3 1 / 2 Jahren Zuchthaus u n d z u m Ehrenverlust ·und der Regina Mühlebach, verehelicht mit Anna Villiger, wohnhaft im Wagnerhüsli im Hellbüh(Gemeindede Neuenkirch), am 3. Juli 1891 unter der Anklage auf Brandstiftung vor Verhöramt «tand und erklärte, er nehme an, daß er ,,wegen deWahl""' verhaftet worden sei ; nachdem der Gemeinderath von Hasle am ·3. August 1891 bescheinigt hat, daß nur e i n Bürger der Gemeinde, Namens Johann Birrer, von Anton Birrer und Regina Mühlebach abstamme und daß derselbe sich dem Vernehmen nach im Hellbuhl zu Neuenkirch aufhalte; nachdem ferner durch eine Bescheinigung des Militärkontrolbüreaus des Kantons Luzern vom 3. August 1891 dargethan ist, daß ein einziger Johann Birrer von Hasle mit Geburtsjahr 1859 existirt; nachdem endlich der jetzige (am 7. und 2l. Juni 1891 gewählte) Gemeinderath von Neuenkirch, die Identität des Johann Birrer im Wagnerhüsli (Hellbühl) mit dem anno 1881 kriminalisirten Johann Birrer einsehend, denselben auf dem .Stimmregister pro 4. Oktober 1891 gestrichen hat, ist eiZweifelel darüber nicht mehr erlaubt, daß dieser Johann Birrer von Hasle mit Unrecht als stimmberechtigt angesehen wurde und am 7. und 21. Juni 1891 bei den Gemeinderathswahlen voNeuenkircheh rechtswidrig mitgestimmt hat.

2. J o h a n n B i r r e r von Lu t h er n. Derselbe, wie beidseitig zugegeben wird, nicht stimmfähig, hat bei der Wahl vom 21. Juni in Neuenkirch nach seiner eigenen, vor der Strafgerichtsbehörde (Statthalteramt Luzern) abgegebenen Erklärung n i c h t gestimmt. Seine Person fallt daher außer Betracht.

3. J o s e f Huwiler von Entlebuch. Da dieser Bürger am 4. April 1890 seinen Heimatschein in Neuenkirch deponirt hat und im Juni 1891 noch dort liegen hatte, da er in Emmen, wo er am 29. März 1891 ein Lehen übernommen haben soll, seinen Wohnsitz zur Zeit der Neuenkircher Wahlen nicht gesetzlich regulirt hatte, -da ferner auch über die faktische Fortstetzung seines Wohnsitzes während des Sommers 1891 in Neuenkireh Zeugnisse vorliegen, so ist, anzunehmen, dieses Wohnverhältniß habe im Monat Juni 1891 noch bestanden. Huvviler war demnach in Neuenkirch stimmberechtigt.

4. M o r i t z Richli von N e u e n k i r c h . Unbestrittenermaßen ist dessen Konkurs vom 24. Juni 1874 vor der Wahlverhandlung in Neuenkirch gerichtlich zurückgerufen worden. Damit
war die Bedingung zur Wiedereinsetzung in das politische Stimmrecht nach der luzernischen Gesetzgebung erfüllt. Waren die Voraussetzungen des Rückrufs nicht erfüllt, so mußte gegen den bezüglichen GerichtsBundesblatt. 44. Jahrg. Bd. I.

32

466

beschluß bei der zuständigen Oberbehörde reklamirt werden. Die Frage, ob die an die Gerichtskasse erfolgte Einzahlung des Gesammtbetrages der gläubiger'schen Ansprachen das Gericht zum Rückrufe des Konkurses berechtigte, hat der Bundesrath nicht zu untersuchen. Daß bisher ,im Kanton Luzern eine gegenteilige Praxis bestanden habe, ist nicht nachgewiesen worden.

Moritz Richli war also stimmberechtigt.

5. J o h a n n M e y e r im D o r f . Wie der Regierungsrath mit Recht sagt, erscheint die erst am 21. Juli 1891 erfolgte Eingabe, welche die Nichtstimmberechtigung desselben als Kassationsgrund gegen die Wahl vom 21. Juni geltend macht, nach Maßgabe von § 259, Abs. 2, des luzernischen Organisationsgesetzes als verspätet.

Es kann von Bundes wegen nichts dagegen eingewendet werden, wenn die Kantonsbehörden sich weigern, auf solche verspätete Begehren einzutreten. Die Rekurrenten sagen, daß die Eingabe darum nicht als verspätet angesehen werden könne, weil in der Kassationsbeschwerde ganz allgemein davon die Rede sei, daß Nichtstimmfähige an der Wahl Theil genommen haben, daß deßhalb die Spezialisirung immer noch gegeben und gestattet gewesen sei. Allein diese Auffassung ist, offenbar irrig, sowohl angesichts der Gesetzesvorschrift (a. a. 0.)) welche verlangt, daß Einsprüche gegen eine Wahl spätestens zehn Tage nach derselben m i t den B e w e i s e n an den Regierungsrath eingereicht werden müssen, als auch mit Rücksieht auf die praktische Erledigung von Wahlbeschwerden, indem diese ja geradezu unmöglich gemacht werden konnte, wenn solche nachträgliche Eingaben zu einer Kassationsbeschwerde, laute dieselbe nun mehr oder weniger allgemein, zuläßig wären.

Uebrigens ist ein Beweis, daß Johann Meyer am 21. Juni gestimmt hat, in den Akten nicht erbracht.

6. J o s e f T r o x l er von H i l d i s r i e d e n . Es steht fest, dass Troxler in der Gemeinde Neuenkirch seit mehreren Jahren im Jahrlohne im Dienste steht. Ebenso ist erwiesen, daß er für seine Familie in der Gemeinde Sempach bis Ende Juni 1891 eine Wohnung gemiethet hatte und sich selbst regelmäßig alle Samstage dorthin begab und dort, die Mittagszeit des Sonntags ausgenommen, bis Montags früh verblieb. Er war bis jetzt in Setnpach im Stimmregister eingeschrieben und stimmte auch dort. Am 9. Februar 1891 hat er indessen seinen Heimatschein in
Neuenkirch deponirt.

Die unter Ziffer X der Fakten angeführten Regierungsentscheide aus früheren Jahren und aus dem Jahre 1891 legen für die Bestimmung des Wohnsitzes im J a h r l o h n stehender Bürger dem persönlichen Aufenthalte arn Dienstorte gegenüber dem Wohn-

467

Verhältnisse der Familie ein entscheidendes Gewicht bei. Diese Praxis läßt sich mit guten Gründen rechtfertigen; sie entspricht der Anschauung, daß der Mittelpunkt der Lebensthätigkeit, der persönlichen und ökonomischen Verhältnisse eines Bürgers, der im Jahrlohn dient und bei seinem Dienstherrn wohnt und ißt, an dem Dienstorte sieh befinde, und daß in einem solchen Falle dem mehr oder weniger häufigen, mehr oder weniger regelmäßigen Verweilen des Bürgers an dem Orte, wo seine Familie sich aufhält, keine domizilbegründende Wirkung beigemessen werden könne.

Der Fall eines von dem Aufenthaltsorte der Familie verschiedenen persönlichen Wohnsitzes liegt bei Josef Troxler in vollkommen ausgesprochener Weise vor, und es ist deßhalb unerfindlich, wie die luzernische Regierung in Hinsicht auf die von Troxler am 9. Februar 1891 vollzogene Deposition seines Heimatscheines in Neuenkirch zu der Bemerkung gelangt, damit sei freilich das rechtliche Moment der Wohnsitznahme in Neuenkirch erfüllt, allein es fühle Troxler der faktische Wohnsitz in dieser Gemeinde und man würde durch Anerkennung eines solchen dem Wahlknechtenunwesen einen Freibrief ausstellen.

Daß Troxler bisher in Sempach eingeschrieben war und stimmte, ist allerdings ein Thatumstand, der auch in Betracht zu ziehen ist; allein gegenüber dem feststehenden Prinzip betreffend den Wohnsitz der im Jahrlohn stehenden Dienstboten und nach den übrigen faktischen Verumständungen des Falles, sowie im Hinblick darauf, daß Troxler's Wohnsitzverhältniß bis jetzt niemals den Gegenstand eines Untersuchungsverfahrens gebildet hatte, kann dieser Umstand eine maßgebende Bedeutung nicht haben.

Joseph Troxler war somit am 21. Juni 1891 in Neuenkirch wohnhaft und darum in dieser Gemeinde stimmberechtigt.

7. J o s t R ü ß l i von M a l t e r s . Wenn dieser Bürger in Ruswil im Jahrlohn stünde, wie Josef Troxler in Neuenkirch, so könnte ein Zweifel, darüber nicht aufkommen, daß er in Ruswil seit 1889 mit Recht bis vor Kurzem im Stimmregister eingetragen war und sein Stimmrecht ausübte. Rüßli steht aber unbestrittenermaßen im Oberholz in Ruswil bloß im Wochenlohn, wie der Bericht des Amtsgehülfen sagt, ,,seit Jahren", wie oie in letzter Linie von Nachbaren des Dienstherrn ausgestellten Zeugnisse besagen, seit Margarethen 1890, beziehungsweise seit Lichtmeß 1891. Der
luzernische Regierungsrath hat in seiner bisherigen Praxis angenommen und noch im Mai 1891 in dem Falle Chr. Br. in Escholzmatt ausdrücklich bestätigt, daß auch ein seit Jähren ununterbrochen fortdauerndes Dienstverhältnis im Wochen- oder Taglohn das Domizil des Bürgers am Dienstorte nicht begründet, wenn die Familie

468

desselben an einem andern Orte sich befindet, daß vielmehr ein Bürger in solchem Verhältnisse seinen Wohnsitz am Aufenthaltsorte der Familie habe.

Darnach bestände auch für diesen Fall ein durch die Praxis bestätigter Grundsatz, dessen Anwendung zur Anerkennung des Stimmrechts von Jost Rüßli in Neuenkircli führen müßte.

Der Bundesrath gibt indessen zu, daß nicht die Frage a l l e i n , ob Jahrlohn oder Wochen- bezw. Taglohn zwischen Meister und Knecht vereinhart ist, für die Feststellung des Wohnsitzes des letztern in Betracht fällt. Es müssen auch die übrigen faktischen Verhältnisse berücksichtigt werden, und nur wenn diese sichere Elemente des Wohnsitzes aufweisen, kann in Verbindung mit ihnen dem Lohnverhältnisse das entscheidende Gewicht zugeschrieben werden. So war beispielsweise zur Begründung des Wohnsitzes von Josef Troxler in Neuenkircli die Thatsache allein, daß er dort im Jahrlohn steht, nicht genügend ; es mußte dazu die weitere Thatsache kommen, daß er seit Jahren im Gebiete der Gemeinde Neuenkirch, auf dem Hofe seines Dienstherrn, die Woche hindurch Tag und Nacht sich aufhält, und es trat als weiteres unterstützendes Moment hinzu die, wenn auch gesetzlich nicht erforderliche, so doch den' Willen des Bürgers, in Neuenkircli seinen politischen Wohnsitz zu reguliren, beurkundende Hinterlegung des Heimatscheines an genanntem Orto.

In diesem Sinne ist auch zu untersuchen, ob die Umstände, unter denen ein im Wochenlohn arbeitender Bürger zuweilen nicht am Dienstorte, sondern anderwärts bei seiner Familie sich aufhält, für ein wirkliches Zuhausewohnen desselben an dem andern Orte sprechen.

Im Falle des Jost Rüßli sind nun die Verhältnisse der Familie so geartet, daß es der Kantonsbehörde gestattet war, das Unterscheidungsmerkmal des Wochenlohnes hier ausnahmsweise nicht als ausschlaggebend zu betrachten, daß sie sagen konnte, Rüßli habe nicht in Herdmännigen (Neuenkirch) den Mittelpunkt seiner persönlichen und ökonomischen Verhältnisse, er habe nicht dort sein Heim, mit einem Worte: er wohne nicht dort. Für diese Auffassung der Sachlage, für welche allerdings eine sichere aktenmäßige Grundlage erst seit dem Regierungsbeschlusse vom 6. Juni 1891 hergestellt worden ist, spricht vor Allem die Thatsache, daß Rüßli weder Eigenthümer noch Miether bezw. Pächter des Hauses und Grundstückes in
Herdmännigen (Neuenkirch) ist, daß vielmehr Frau Rüßli diese Liegenschaft für sich, auf ihren Namen und aus ihrem Gelde, erworben hat; es spricht ferner dafür der Umstand, daß Frau Rüßli selbständig das Hausirgewerbe betreibt; es spricht endlich dafür das persönliche Verhältniß des Mannes zu seiner Frau und zu der Haushaltung in Neuenkirch, wie es sich nach dem Berichte des Amts-

469 gehülfen von Sursee darstellt Die Erklärung der Ehefrau ist nicht ein von unbefangener Seite herrührendes Zeugniß, das gegenüber dem auf Erkundigungen bei Bürgern beider politischen Parteien sich stützenden Amtsberichte einen Gegenbeweis herzustellen vermöchte.

Die im Berichte des Amtsgehülfen von Sursee eulhaltenen Angaben über Rüßli's Verhältnis zu seiner Familie stimmen zudem überein mit den diesfälligen Aufnahmen bei der eidgenössischen Volkszählung vom 'J. Dezember 1888.

Damals war Rüßli Knecht auf einem Bauerngute in der Gemeinde Neuenkirch, bewohnte also dieselbe Ortschaft wie seine Familie. Trotzdem erscheint er in den Akten nicht als Vorsteher der Haushaltung auf Herdmännigen, dem Besitzthum seiner Frau, sondern als Hausgenosse seines Meisters, Jos.

Leonz Elmiger in Neuenkivch, während dagegen Frau Rußli als Haushaltungsvorsteherin und Mutter in den Akten verzeichnet ist.

Mag es sich übrigens mit den persönlichen Beziehungen der Eheleute zu einander verhalten, wie es will, so viel steht fest, daß ausschließlich das Dienstverhältniß in Ruswil das ökonomische Dasein des Mannes begründet und ausfüllt, und daß er in Herdmännigen nicht wie der Hausherr auf seinem Gute, in seiner Wohnung, auftreten kann. Infolge der wirtschaftlichen Sonderstellung der Frau Rüßli erscheint das regierungsräthliche Erkenntoiß, welches den Mittelpunkt der persönlichen und ökonomischen Verhältnisse Rüßli's nicht an dem Aufenthaltsorte der Familie, sondern an seinem Dienstorte findet, nicht als eine Verletzung des verfassungsmäßigen Grundsatzes der Gleichheit der Bürger vor dem Gesetze, sondern kann, durch die besonderen Verumständungen des Falles gerechtfertigt, zu Recht bestehen.

Daß Rüßli am 23. April 1891 in Neuenkirch seinen Heimatschein eingelegt hat, fällt nicht in gleicher Weise wie bei Troxler in's Gewicht, da die sonstigen Bedingungen des Wohnsitzes in Neuenkirch bei ihm nicht wie bei Troxler erfüllt sind; überdies würde die Hinterlegung des Heimatscheines im April unter keinen Umständen ihm die Stimmberechtigung schon für die Juni-Wahlen gesichert haben, auch wenn sie in casu eine domizilbegründende Wirkung hätte.

8. J o h a n n V o g e l ist auf Grund eines amtsärztlichen Zeugnisses, das ihm die zur Ausübung des Stimmrechts erforderliche geistige Gesundheit abspricht, als nicht stimmfähig erklärt
worden. Dagegen kann nichts Stichhaltiges eingewendet werden.

Wenn in Neuenkirch noch andere Geisteskranke sich im Stimniregister eingetragen finden, so werden auf Begehren auch diese gestrichen werden müssen.

470

9. J o h a n n G e o r g W i l l i arbeitet in Sempach im Wochenlohn; er ist seit 26. Januar 1891 verheirathet und hat für sich und seine Frau im März auf ein Jahr eine Wohnung in Neuenkirch gemietbet, wohin er sich alle Samstage begibt, um Montags wieder in den Dienst nach Sempach zurückzukehren.

Wäre Willi im Jahrlohn angestellt geblieben, wie es bis Lichtmeß 1891 der Fall war, so würde sein Verhältniß demjenigen von Josef Troxler gleichkommen, und er müßte als in Sempach domizilirt betrachtet werden. Vom Fallo des Jost Rüßli unterscheidet sich dieser Fall dadurch, daß Willi in Neuenkirch persönlich und ökonomisch zu Hause sich befindet.

Er ist also an letzterm Orte wohnhaft und stimmberechtigt.

10. J o s e f Hegglin, Seine Stimmberechtigung ist mit der Behauptung angefochten, daß er in Neuenkirch keine Schriften eingelegt habe und doch einemlandwirthschaftlichenn Gewerbe vorstehe.

D i e Stellung Hegglin's a u f d e m Bauerngute seinesSohness wird aälerdings sehr wenig d e n sittlichen Anforderungen, d i e a n d a s in dem Umstände, daß der Vater Konkursit war und nach seiner Rehabilitation wie vorher beim Sohne verblieb, ihren Grund haben.

Die Dienstbotenstellung des Vaters H. ist von konservativen, wie liberalen Gemeindebehörden anerkannt worden. Er stand schon seit vier Jahren, ohne daß er Schriften hinterlegt hatte, auf dem Stimmregister von Neuenkirch, und es lag nach den Akten im Juni 1891 keine Veranlassung vor, ihn auf demselben zu streichen.

Wenn Vater Hegglin wirklich geisteskrank w a r , so hätte seine Streichung aus diesem Gründe verlangt und erwirkt werden können.

11. Niklaus H u b e r. Die erst durch regierungsräthlichen Entscheid vom 28. August 1891 erfolgte Streichung dieses Bürgers im Stimmregister von Neuenkirch hat keinen Bezug mehr auf die Gemeinderathswahlen vom Juni 1891.

Huber war Knecht in Ruswil bis 12. August 1891 : seither dient er in Helfenstegen zu Neuenkirch. Daß er neben seinem Dienste in Ruswil als Taglöhner zufolge eines nicht aktenmäßig erwiesenen MiethVertrages vom 14. März 1891 in Neuenkirch ein Zimmer inné gehabt und dort wirklich gewohnt habe, ist nach den vorliegenden Thatumständen nicht anzunehmen.

Huber ist daher im August 1891 noch nicht in Neuenkirch stimmberechtigt gewesen.

471

5. Gemäß dem vom W ahl bureau festgestellten und vom Regierungsrat bestätigten Ergebniß der Gemeinderathswahl in Neuenkirch vorn 21. Juni 1891 haben bei einer Gesammtzahl der gültigen Stimmen von 585 und bei einem absoluten Mehr von 293 Stimmen erhalten: Der als gewählt proklamirte Herr Großrath J. Muff 294; der Gegenkandidat Herr J. Fries 291.

Nach der unter Ziffer 4 vom Bundesrathe angestellten Prüfung hat ein Bürger, Johann Birrer von Hasle, an der Wahl unberechtigterweise theilgenommen. Die Zahl der gültigen Stimmzettel stellt sich darnach nicht auf 585, sondern auf 584, das absolute Mehr aber bleibt auf 293 stehen.

Andererseits ist ein in Neuenkirch stimmberechtigter Bürger, Joseph Troxler von Hildisrieden, an der Ausübung seines Stimmrechts durch Regierungsbeschluß vom 6. Juni 1891 verhindert worden.

Die Stimme dieses Bürgers muß zu der Gesammtzahl der abgegebenen gültigen Stimmen hinzugezählt werden, so daß sich wieder die Zahl 585 ergibt, mit dem gleichen absoluten Mehr von 293.

Wenn der dem Kandidaten Großrath J. Muff ungünstige Fall angenommen wird, daß die Stimme des Johann Birrer auf ihn gefallen war, so vermindert sich die ihm zukommende Zahl der Stimmen um eine, und es bleiben ihm deren 293, d. h. das absolute Mehr; wenn ferner angenommen wird, der an der Stimmabgabe verhinderte Josef Troxler hätte seine Stimme dem Gegenkandidaten Muffs, J. Fries, gegeben, so erhält dieser letztere 292 Stimmen.

Das Resultat der Wahl wird demnach durch die vorzunehmende Modifikation des Stimmregisters nicht verändert; Großrath Muff istals gewählt zu ' betrachten, sein Gegenkandidat aber bleibt um eine Stimme unter dem absoluten Mehr, beschlossen: 1. Auf die Begehren der Rekurrenten, dahingehend : es sei Herr J. Fries als in der Wahl Verhandlung vom 7. Juni zum Gemeinderath von Neuenkirch gewählt zu erklären; es seien die am 7. Juni für Herrn J. Wolfisberg abgegebenen Stimmen nochmals zu zählen und seine Wahl, je nach dem Ergebniß der Zählung, anzuerkennen oder als nicht zu Stande gekommen zu erklären, kann materiell nicht eingetreten werden.

2. Die von den Rekurrenten aufgeworfenen Stimmrechtsfragen, sind im Sinne der Erwägung 4 entschieden.

472

Infolge dessen wird das Begehren um Kassation der am 2J. Juni vollzogenen Wahl des Herrn J. Muff als Gemeinderath von Neuenkirch und der hernach erfolgten Aemtervertheilung abgewiesen.

3. Dieser Beschluß ist der h. Regierung des Kantons Luzern.

sowie- zu Händen der Rekurrenten dem Herrn F. Roesli-Frey in Wartensee zu Neuenkireh und dein Herrn Alois Bühlmann, Verwalter, in Neuenkireh mitzutheilen.

B e r n , den 16. Januar 1892.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes.

D e r Bundespräsident:

Hauser.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

473

Reglement für

die Anstalt zur Prüfung von Baumaterialien am eidg.

Polytechnikum in Zürich.

Vom schweizerischen Schulrathe erlassen am 7. Dezember 1891.

Vom Bnndesrathe genehmigt am 8. Januar 1892.

Art. 1.

Die eidgenössische Anstalt zur Prüfung von Baumaterialien in Zürich steht unter der Oberaufsicht des schweizerischen Schulrathes, welcher sich durch eine aus seinem Schöße bestellte besondere Kommission über die Einrichtungen, Bedürfnisse und Leistungen der Anstalt fortwährend in Kenntniß hält. Der Anstalt steht ein auf Vorschlag des schweizerischen Schulrathes vom schweizerischen Bundesrathe gewählter Techniker vor, welcher solche leitet und verwaltet und die Ausführung der ihr zufallenden Arbeiten mit Hülfe des hiezu nöthigen ständigen Personals besorgt.

Art. 2.

Die Anstalt hat nach den ihr von Privaten und Behörden zugehenden Aufträgen die Untersuchung der allgemeinen Eigenschaften und Festigkeitsverhältnisse von Bau- und Konstruktionsmaterialien aller Art durchzuführen und daneben auch von sich aus Untersuchungen auf gleichem Gebiete in allgemein wissenschaftlichem und volkswirtschaftlichem Interesse anzustellen.

474

Art. 3.

In der eidgenössischen Anstalt können Bau- und Konstruktionsmaterialien jeder Art, insbesondere natürliche und künstliche Bausteine, Bindemittel, Bauhölzer, Metalle, Hanf- und Drahtseile, Ketten, Triebriemen, sowie fertige Konstruktionen, Maschinen- und Brückenbestaudtheile etc. hinsichtlich Materialbeschaffenheit, Elastizität und Festigkeit untersucht werden. Ferner ist dafür gesorgt, daß auch alle einschlägigen chemisch-analytischen Arbeiten gegen Entrichtung mäßiger Gebühren durch geeignete Chemiker gehörige Erledigung finden.

Art, 4.

Aufträge von Privaten und Behörden zur Ausführung der Prüfung von Bau- und Konstruktionsmaterialien sind schriftlich an den Vorsteher der Anstalt zu richten. Derselbe ist verpflichtet, sich mit den Auftraggebern sofort in's Benehmen zu setzen und jeden Auftrag mit thunlichster Beförderung in geordneter Reihenfolge, also derart auszuführen, daß der ältere Auftrag dem Jüngern vorausgeht.

Sollte wegen Ueberbürdung des Personals oder der maschinellen Einrichtungen der Anstalt die Erledigung eines Auftrages mehr als vier Wochen Zeit erfordern, so ist der Auftraggeber liievon rechtzeitig zu verständigen.

Art. 5.

Das zur Prüfung bestimmte Material ist franko in die Anstalt (Zilrich, Leonhardgasse) einzuliefern.

Art. 6.

Hinsichtlich Materialbedarf und Gebtihrenbeträge für die üblichen Qualitätsproben gibt Art. 11 nähern Aufschluß. Vereinbarte Spezialanfträge werden Fall für Fall nach Maßgabe des Zeitaufwandes billig berechnet, wobei die Tageskosten für Benutzung 'der Einrichtungen nebst Bedienungsmannschaft der Anstalt Fr. 50 nicht Übersteigen sollen. Sämmtliche aus mangelhafter Appretur, Beschädigung auf dem Transport etc. erwachsenden Kosten fallen in allen Fällen dem Auftraggeber zur Last.

475

Art. 7.

Die Sorge für Anschaffung von Befestigungsmitteln und Werkzeugen liegt im Allgemeinen der Anstalt ob. Eine Ausnahme hievon machen Einspannvorrichtungen solcher Prüfungsobjekte, deren Untersuchung zu seltenen Ausnahmefällen gehört; in solchen Fällen hat der Auftraggeber für die Einspannvorrichtungen zu sorgen, beziehungsweise deren Kosten zu tragen. Nach Maßgabe der Verwendbarkeit solcher Befestigungsmittel für andere Zwecke ist der Vorstand der Anstalt befugt, diese an den Beschaffungskosten derselben bis auf 50 °/o Antheil nehmen zu lassen. Befestigungsmittel, an deren Beschaffungskosten die Anstalt theilgenommen, gehen in deren Besitz über und werden entsprechend inventarisirt.

Art. 8.

Unmittelbar nach Zustellung der Empfangsboscheinigung eines Prüfnngsobjektes hat der Auftraggeber den Betrag der Gebühren filr die verlangte Untersuchung franko an den Vorsteher der Anstalt einzusenden. Bei Aufträgen zu Untersuchungen, für welche bestimmte GebUhrenbeträge nicht angesetzt sind, ist der Vorsteher der Anstalt befugt, nach eigenem Ermessen einen beliebigen T heil des Betrages der vorausberechneten Kosten der Untersuchungen bei Beginn derselben, den Rest gelegentlich der Absendung der Schlußausfertigung des Prüfungsattestes per Postnachnahme zu erheben.

Für Interessenten, die jährlich eine größere Anzahl von KontrolUntersuchungen auszuführen beabsichtigen, ist der Tarif mit Minimaltaxen angesetzt. Dieselben haben beim Vorsteher der Anstalt ein entsprechendes Abonnement zu lösen. Die Gültigkeit des Abonnements erstreckt sich vom Datum der Ausstellung desselben auf ein Jahr.

Für verfallene Coupons wird kein Ersatz geliefert.

Art. V).

Die Resultate särnmtlicher Untersuchungen werden protokollirt und es wird jedem Auftraggeber in der Regel eine Abschrift des bezüglichen Protokolls in Form eines Prüfungsattestes ausgefertigt und zugestellt. Die über durchgeführte Untersuchungen ausgefertigten Prüfungsresultate haben sich auf Anführung des Befundes der Resultate der Proben zu beschränken und sollen keinerlei Gutachten über Verwendbarkeit der untersuchten Materialien enthalten.

Ohne Ermächtigung des Auftraggebers ist der Vorsteher der Anstalt nicht berechtigt, an Unberufene schriftliche oder mündliche Mittheilungen über im Zuge befindliche oder ausgeführte Untersuchungen zu machen. Wenn dagegen von Seite des Auftraggebers

476

innerhalb vier Wochen vom Datum der Ausfertigung des Prüfungsattestes gegen eine allfällige Publikation der Versuchsresultate kein ausdrücklicher Vorbehalt gemacht wird, so wird angenommen, daß dieselben benutzt und veröffentlicht werden dlirfen.

Art. 10.

Der Vorsteher der Anstalt zur Prüfung von Baumaterialien ist verpflichtet, zu Händen der ihm vorgesetzten Behörde jährlich einen einläßlichen Bericht Über die Thätigkeit und die Betriebsresultate des Instituts zu erstatten. Auch hat derselbe belangreiche Ergebnisse sowohl der gemäß Art. 2 von sich aus angebahnten, als auch der zu Folge spezieller Aufträge ausgeführten Untersuchungen in Form von: ,,Mittheilungen der Anstalt zur Prüfung von Baumaterialien am schweizerischen Polytechnikum" von Zeit zu Zeit in geeigneter Weise zu veröffentlichen.

Art. 11.

Die eidgenössische Anstalt zur Prüfung .von Baumaterialien fuhrt, zu festen Gebührenbeträgen, folgende Untersuchungen aus: Kategorie A: Natürliche Bausteine.

a. Umfassende Prüfung von Mauersteinen.

Ermittlung des geologischeil Alters, der Dichte, des Volumengewichtes, der Porosität, des Härtegrades, der Fähigkeit der Wasseraufnahme, Frostbeständigkeit, der Druckfestigkeit parallel und senkrecht zum Lager, in trockenem und wassergesättigtem Zustande.

Materialbedarf: 14 Würfel von 8 cm. (bei weichen Steinsorten 10 cm.) Kantenlänge, 2 Ilandstücke von (i cm. Dicke und 6 bis 8 cm. Länge und Breite. Die Würfel müssen ebenflächig und scharfkantig gearbeitet sein und mit genauer Bezeichnung der Lagerflächen abgeliefert werden.

Alle aus ungenügendem Appretiren der Würfel resultirenden Kosten fallen dem Auftraggeber zur Last.

Gebührenbetrag für eine einzelne Untersuchung . Fr. 80. -- Preis eines Abonnementes zu 5 Versuchen . . ,, 240. -- ,, ,, ,, ,, 10 ,, . . ,, 400. b. Reduzirte Qualitätsprobe von Mauersteinen.

Ermittlung des geologischen Alters, der Dichte, des Volumengewichtes, des Härtegrades, der Fähigkeit der Wasseraufnahme,

477

sowie Bestimmung der Druckfestigkeit in trockenem Zustande normal zum Lager.

Materialbedarf: 4 Würfel, 2 Handstiicke.

Hinsichtlich Abmessungen und Appretur der Würfel gelten die Bestimmungen unter a.

Gebührenbetrag für eine einzelne Untersuchung . Fr. 40. -- Preis eines Abonnements zu 5 Versuchen . . ,, 120. -- ,, ,, ,, ,,10 ,, . . ,, 200. c. Prüfung von D achschief er.

Ermittlung des geologischen Alters, der Dichte, des Volumengewichtes, der Porosität, der Fähigkeit der Wasseraufnahme, der Wasserdurchlässigkeit, des Gehalts an kohlensaurem Kalk und Pyrit, der Wetterbeständigkeit (nach Fresenius), der Frostbeständigkeit, der Bruchfestigkeit in trockenem und wassersattem Zustande.

Materialbedarf: 22 Stück ausgesucht, gleich starke, scharfkantig beschnittene Schieferplatten.

Gebuhrenbetrag für eine einzelne Untersuchung . Fr. 100. -- Preis eines Abonnements zu 5 Versuchen . . . ., 300. -- Kategorie B: Künstliche Bausteine.

a. Prüfung von Mauerziegeln.

Feststellung der Oberflächenbeschaffenheit, der Dichte, des Yolumengewichtes, der Porosität, der Fähigkeit der Wasseraufnahme, des Gtehalts an löslichen Salzen, des Gehalts an löschfähigen Körpern, der Frostbeständigkeit, der Druckfestigkeit senkrecht zur Lagerfläche in trockenem und wassersattem Zustande.

Materialbedarf: 22 Stück ausgesucht gleich scharfgebrannte Steine (womöglich in Normalformat).

Gebuhrenbetrag für eine einzelne Untersuchung . Fr. 80. -- Preis eines Abonnements zu 5 Versuchen . . . ,, 240. -- ,, ,, ,, ,, 10 ,, . . . ,, 400. -- b. Prüfung von Dachziegeln.

Feststellung der Oberflächenbeschaffenheit, der Dichte, des Volumengewichtes, der Porosität, der Fähigkeit der Wasseraufnahme, der Wasserdurchlässigkeit, des Gehalts an löslichen Salzen, des Gehalts an löschfähigen Körpern, der Frostbeständigkeit, der Bruchfestigkeit in trockenem und wassersattem Zustande.

478 Materialbedarf: 22 Stück ausgesucht gleich scharfgebrannte Steine.

Gebülirenbetrag für eine einzelne Untersuchung . Fr. 100. -- Preis eines Abonnements zu 5 Versuchen . . . ,, 300. -- G e b U h r e n b e t r ä g e für s p e z i e l l e U n t e r s u c h u n g e n in d e r K a t e g o r i e A u n d B.

Bestimmung ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,,

des spezifischen Gewichtes . . . . Fr. 5. -- der Porosität ,, 8. -- der Fähigkeit der Wasseraufnahme .

,, 10. -- d e r Wasserdurchlässigkeit . . . .

,, 8 - -- der Wetterbeständigkeit von Dachschiefer (nach Fresenius) . . . .

,, 10. -- der Frostbeständigkeit ,, 20. -- der Zugfestigkeit (pro Sorte) . . .

,, 20. -- der Druckfestigkeit (pro Sorte) . .

,, 20. -- der Bruchfestigkeit (pro Sorte) . . ,, 20. -- Kategorie C: Bindemittel.

1. Luftkalk in Stückform.

a. Umfassende

Prüfung.

Chemische Analyse, Ablöschversuche, Ausgiebigkeit, Ermittlung der Gewichtsverhältnisse und der Mörtelfestigkeit für Zug und Druck in Mischungsverhältnissen von 1:1 bis 1:5 nach 7-, 28-, 84-, 210und 365tägiger Erhärtung an der Luft und in feuchter Kohlensäure.

Materialbedarf 50 kg.

Gebührenbetrag für eine, einzelne Untersuchung . Fr. 120. -- Preis eines Abonnements zu 5 Versuchen . . . ,, 360. -- b. Reduzirte Qualitätsprobe.

Ermittlung der Ausgiebigkeit, der Druckfestigkeit der Mörtel in Mischungsverhältnissen von 1:3 bis inklusive l : 5 nach 7-, 28-, 84-, 210- und 365tiigiger Erhärtung an der Luft und in feuchter Kohlensäure.

Materialbedarf 25 kg.

Gebührenbetrag für eine einzelne Untersuchung . Fr. 60. -- Preis eines Abonnements zu 5 Versuchen . . . . . 180. --

479

2. Luftkalk in Pulverform als Kalkhydrat.

a. Umfassende Prüfung.

Chemische Analyse, Ermittlung des spezifischen Gewichtes, de» Glühverlustes, der Volumengewichte, der Mörtelfestigkeit für Zug und Druck in Mischungsverhältnissen von l : l bis l : 5 nach 7-, 28-, 84- und 210tägiger Erhärtung an der Luft und in feuchter Kohlensäure.

Materialbedarf 50 kg.

Gebiihrenbetrag für eine einzelne Untersuchung . Fr. 120. -- Preis eines Abonnements zu 5 Versuchen ,,n 360. -- b. lleduzirte Qualitätsprobe.

Gleich wie bei Luftkalk in Stückform unter l b.

Materialbedarf: 25 kg.

Gebührenbetrag für eine einzelne Untersuchung . Fr. 60. -- Preis eines Abonnements zu 5 Versuchen . . ,, 180. -- 3. Hydraulischer Kalk (Roman- und Portlandcement).

a. Umfassende Prüfung.

Chemische Analyse, Ermittlung des spezifischen und des Volumengewichtes, des Glühverlustes, des Erhärtungsbeginnes und der Bindezeit, sowie der Temperaturerhöhung; Feststellung der Volumenbeständigkeit und Feinheit der Mahlung, Ermittlung der Selbstfestigkeit und der Mörtelfestigkeit für Zug und Druck in Mischungsverhältnissen von 1:1 bis inklusive l : 7, nach 7-, 28-, 84-, 210- und 360tägiger Luft- und Wasserlagerung. Ferner die Feststellung der Betonfestigkeit nach 28-, 84- und 360üigiger Luft- und Wasserlagerung.

Materialbedarf 150 kg.

Gebührenbetrag für eine einzelne Untersuchung . Fr. 380. -- b. Gewöhnliche Qualitätsprobe.

Chemische Analyse, Ermittlung des spezifischen und des Volumengewichtes, des Glühverlustes, des Erhärtungsbeginnes und der Bindezeit, sowie der Temperaturerhöhung; Feststellung der Volumenbeständigkeit und Feinheit der Mahlung, ferner die Ermittlung der Selbstfestigkeit für Zug und Druck und die Ermittlung der normengemäßen Mörtelfestigkeit bei 7-, 28-, 84-, 210- und 360tägiger Wasserlagerung.

480

Materialbedarf 50 kg.

Gebührenbetrag für eine einzelne Untersuchung . Fr. 180. -- Preis eines Abonnements zu 5 Versuchen . . . ,, 540. ·-- c. Rednzirte Qualitälsprobe.

Ermittlung des spezifischen und des Volumengewichtes, des (ìllihverlustes, dea Erhärtungsbeginnes und der Bindezeit, der Temperaturerhöhung. Feststellung der Volumenbeständigkeit und Feinheit der Mahlung, ferner die Ermittlung der normengemäßen Mörtelfestigkeit für Zug und Druck nach 7-, 28-, 84-, 210- und 360tägiger Wasserlagernng.

Materialbedarf 25 kg.

Gebü'hrenbetrag für cv.ie einzelne Untersuchung . Fr. 10Ü. -- Preis eines Abonnements zu 5 Versuchen . . . ,, 300. -- d. Normenprobe..

Ermittlung des spezifischen und des Volumengewichtes, des Glühverlustes, des Erhärtungsbeginnes und der Bindezeit, der Temperaturerhöhung. Feststellung der Volumenbeständigkeit und der Feinheit der Mahlung, ferner die Ermittlung der normengemäßen Mörtelfestigkeit flir Zug und Druck nach 7 und 28 Tagen.

Materialbedarf 10 kg.

GebUhrenbetrag für eine einzelne Untersuchung . Fr. 50. -- Preis eines Abonnements für 5 Versuche . . . ,, 150. -- ,, ,, ,, ,, 10 ,, . . . ,, 250.

,, ,, ,, ,, 15 ., . . . ,, 340.

i,

»

r.

»

2 0

»

·

'

'

»

40

°- ~

G o b ii h r e n b e t r ä g e f ü r s p e z i e l l e U n t e r s u c h u n g i n d e r K a t e g o r i e C.

Bestimmung des spezifischen Gewichtes und des Gliihverlustes Fr. 8.

,, der Volumengewichte ,, 5.

,, der Abbindeverhältnisse und Temperaturerhöhung ,, 5.

,.

der Volumenbeständigkeitsverhiiltnisse . . ,, 8.

,, der Wasserdurchlässigkeitverhältnisse pro Mörtelsorte ,, 5.

,, der FrostbestSndigkeitsverhältnisse pro Mörtelsorte ,, 20.

eh

-- -- -- -- -- --

481 Bestimmung der Festigkeitsverhältnisse, Zug und Druck pro Mörtelsorte und Altersklasse . . Bestimmung der Betonfestigkeit pro Sorte und Altersklasse : Bei Erzeugung der Probekörper in der Anstalt .

,, ,, ,, ,, auf dem Bauplatz Anmerkung.

Fr. 15. -- ,, 10. ·-- ,, 5. --

Bei jedem in Kategorie C fallenden Auftrag ist dem zur

Untersuchung eingesandten Material ein beglaubigtes Ursprungszeugniß beizulegen.

Kategorie D: Bauholz.

a. Umfassende

Prüfung.

Angabe des Verlaufs der Fasern, Zahl und Beschaffenheit der Astknoten im Längenschnitt. Ermittlung der durchschnittlichen Jahrringbreite, der Aenderungen der Kingbreite in der Richtung des Halbmessers, der Beschaffenheit der Holzringe, sowie des mittleren Verhältnisses des Herbstholzes zum Frtlhlingsholz. Ermittlung des Feuchtigkeitsgrades, der Dichte im Anlieferungszustande und bei zirka 105 ° C. getrocknetem Zustande, sowie des Volumengewichtes.

Feststellung der Zug-, Druck-, Scheer-, Biegungselastizität und -Festigkeit. Erhebung des Arbeitsdiagramms für Biegungsfestigkeit und Biegungsarbeit an den Grenzen charakteristischer Zustandeänderungen. Materialbedarf und Art der Appretur der Probestücke ist durch ein besonderes Regulativ festgestellt.

Gebührenbetrag für eine einzelne Untersuchung . Fr. 200. -- b. Reduzirte Qualitätsprobe.

Ermittlung der Druck- und Biegungsfestigkeit, Erhebung des Arbeitsdiagramms für Biegungsfestigkeit.

Materialbedarf: Aus jedem zu prüfenden Balken 3 scharfkantig, ebenflächig bearbeitete prismatische Stäbe von 12 auf 12 cm. Querschnitt und 160 cm. Länge.

Gebilhrenbetrag für eine einzelne Untersuchung . Fr. 60. -- Preis eines Abonnements zu 5 Versuchen . . . ,, 1 8 0 . -- c. Spezielle Untersuchungen nach jeweilen zu vereinbarendem besonderem Programme.

Jedem in die Kategorie D einschlägigeu Antrage soll wo möglich beigefügt werden : 1) Eine genaue "Bezeichnung der Holzart; Bundesblatt. 44. Jahrg. Bd. f.

33

482 2) Angabe des Alters und der Schlagzeit ; 3) Angabe der Herkunft und der örtlichen Verhältnisse des Standortes (Süd- oder Nordhang, Höhe über Meer, aus geschlossenen Beständen oder am Waldsaum etc.) ; 4) Geologische Verhältnisse des Standortes (Moräne, Molasse, Kalk, Thonschiefer etc.).

Kategorie E: Metalle.

Je nach den besondern Bedürfnissen und nach den Verwendungsarten der Metalle können Zug-, Druck-, Scheer-, Biege- und Torsionsversuche sowohl mit Halb- und Fertigprodukten, als auch mit einzelnen Brücken- und Maschinenbestandtheilen beantragt werden.

Die Geblihrenbeträge für die fraglichen Anträge unterliegen im Allgemeinen den Bestimmungen von Art. 6 des Réglementes.

Insbesondere gehören hieher : u. Die umfassende

Qualitätsprobe auf Zug oder Druck.

Ermittlung des Elastizitätsmoduls, des Grenzmoduls, de« Dehnungsbeginns, der Zerreißarbeit, der Kontraktion, der Bruchdehnung und der Dehnungsverhältnisse nach Bruch, sowie die Peststellung der Zugfestigkeit von Flach- oder Rundstäben bis 5 cm 2 Querschnittfläche.

GebUhrenbetrag eines einzelnen Versuches . . . Fr. K). -- b. Die reduzirte Qualitätsprobe

auf Zug oder Druck.

Ermittlung des Dehnungsbeginns, der Kontraktion, der Bruchdehnung und der Dehnungsverhältnisse nach Bruch, sowie der Zugfestigkeit von Flach- oder Rundstäben bis 5 cm2 Querschnittfläche.

Gebührenbetrag flir einen einzelnen Versuch . Fr.

6. -- ,, ,, mehr als zwei Versuche, pro Versuch ,, 5. -- Preis eines Abonnementes zu 10 Versuchen . ,, 40. -- ·

11

n

11

n

,, »

,, 11

,, »

,, 50 ,, 100

c. Die umfassende

25

,,

.

.

,,

,, ,,

. .

. .

,, ,,

90.

160. 300. --

Biegeprobe.

Ermittlung des Elastizitätsmoduls, der Biegungsfestigkeit, des Grenzmoduls, der Biegegrenze, der Kohäsionsgrenze (Biegungs-

483

festigkeit), der Größe der Durchbiegungen und der Biegungsarbeiten an den Grenzen der charakteristischen Zustandänderungen des Materials.

Materialbedarf : bei Eisenbahnschienen: Abschnitte von 1,20m. Länge; ,, Bauträgern, Zorès- und andern Formeisen: Abschnitte von 1,7 m. Länge; ,, Blechbalken : Stücke von 2,70 m Länge ; ,, Kupfer, Bronze und andern Legirungen : Barren quadratischen Querschnitts mit 5,0 cm. Seite und 1,10 m. Länge.

Gebiihrenbetrag fttr eine einzelne Untersuchung . Fr. 20. -- d. Die reduzirte Biegeprobe.

Ermittlung der Biegegrenze, der Kohäsionsgrenze (Biegungsfestigkeit), der Größe der Durchbiegungen und der Biegungsarbeiten an diesen Grenzen.

Materialbedarf.

Beim Gußeisen : nach Vorschrift gegossene Barren quadratischen Querschnitts mit 3,0 cm. Seite und 1,10 cm. Länge.

Beim schmiedbaren Eisen, Kupfer, Bronze und andern Legirungen: wie unter litt. c.

Gebnhrenbetrag für eine ein/eine Untersuchung . Fr. 6. -- ,, ,, mehr als zwei Versuche, pro Versuch ,, 5. -- Preis eines Abonnements zu 10 Versuchen . . ,, 40. -- n ,, ,, » 25 ,, . . ,, 90. ,, ,, ,, ,, 50 . . ,, 160. e. Spezielle Untersuchungen nach jeweilen zu vereinbarendem Programme.

G e b ü h r e n b e t r ä g e f ü r s p e z i e l l e U n t e r s u c h u n g e n in der K a t e g o r i e E.

Bestimmung des spezifischen Gewichtes . . . . Fr. 3. -- Für eine Kaltbruchprobe ,, 1. -- ,, ,, Warmbruchprobe ,, 1. 50 ,, ,, Schmiedeprobe, Umschlag- oder Ausbreiteprobe .

,, 5. -- ,, ,, Stauchprobe ,,3. -- ,, ,, Drahtzerreiß- oder Torsionsprobe . . . ,, 1 . -- .

,, ,, Draht-Umschlagprobe ,, 0. 10

484

Kategorie F: Draht- und Hanfseile; Triebriemen, Ketten etc.

a. Die gewöhnliche Qualitätsprobe auf Zug.

Beschreibung der äußern Beschaffenheit, Konstruktions- und Gewichts Verhältnisse; Feuchtigkeit und Aschengehalt bei Hanfseilen; Ermittlung der Dehnungsverhältnisse und der Zugfestigkeit.

GebUhrenbetrag fllr eine einzelne Drahtseilprobe: für Rundseile unter 3 cm. Stärke . . . . Fr. 15. -- ,, ,, von 3 cm. Stärke und darüber ,, 20. -- Preis eines Abonnementes zu 2 Versuchen 5 Versuchen

fUr Rundseile unter 3 cm Fr. 25. -- Fr. 50. -- ,, ,, von 3 cm. Stärke und darüber ,, 3 5 . -- ,, 70. -- GehUhrenbetrag flir eine einzelne Hanfseil- oder Triebriemenzerreißprobe Fr. 6. -- Preis eines Abonnementes zu 4 Versuchen . . ,, 20. -- M a t e r i a l b e d a r f : Für Prüfung der Drahtseile von Seilbahnen ist derselbe speziell durch ein besonderes Regulativ bestimmt. Wenn keine Einzeldrahtproben beabsichtigt sind, genügt im Allgemeinen pro Versuch ein Seilabschnitt von 2,5 m. Länge; für Einzeldrahtproben ist ein weiteres Seilstück von 1,2 m. erforderlich.

Eine einzelne Hanfseilprobe fordert eine Seillänge von 2,00 m.

Eine, einzelne Triebriemenzerreißprobe fordert einen Abschnitt von 1,50 m. Länge.

Kategorie G: Chemische Analysen.

a. Gebührenbeträge ganzer Analysen.

Mit Ohne Alkalien.

Alkalien.

Einei Thonanalyse Fr. 30. -- Fr. 45. -- Kalkstein- oder Mergelanalyse- .

,, 25. -- n 40. n Schlackenanalyse ,, 30. ,, 45. n Sandsteinanalyse ,, 45. ,, 30. n Kalk- oder Cementanalyse . . . . ,, 25. - n 40- ti Gußeisenanalyse ( 5 Stoffe) . . . . ,, 45. n Stahl - oder Schmiedeisenanalyse n (5 Stoffe) ,, 40. Bronze- und Messinganalyse (4 bis n 5 Stoffe) . . . .

,, 45. Zinnanalyse ,, 50. n Holzcementanalyse (nach Fresenius) ,, 25. n

485 b. Gebührenbeträge einzelner Bestimmungen.

1. M i n e r a l i s j c h e K ö r p e r . .

Eine Kieselsäure-Bestimmung ,, Thonerde-Bestimmung ,, Eisen-Bestimmung ,, Kalk-Bestimmung ,, Magnesia-Bestimmung ,, Kohlensäure-Bestimmung ,, Schwefelsäure-Bestimmung Schwefel-Bestimmung n ,, Wasser-Bestimmung

Eine ,, ,, ,, ,, r,

,, « ,, ,, n

2. M e t a l l e .

Kohlenstoff-Bestimmung Silicium,, Schwefel,, Phosphor,, Mangan,, Arsen

-

.

Fr. 5.

., 5.

,, 5.

,,10,. 5.

,, 5.

,, 3.

., 5.

,, 2.

Fr.

,, ,, . ;, j,

»

-- -- -- -- -- -- -- -- --

10. --· 10. -- 10. 10. -- lü. --

n 12. --

Aluminium,, Kupfer,, Antimon-Bismnth-Bestimmung Zinn-Bestimmung Zink,,

,. 10. -- ,, 12. -- ,, 15. -- ,,15- -- ,, 15. -

Z ü r i c h , den T.Dezember 1891.

Namens des schweizerischen Schulrathee, Der Präsident:

Bleuler.

Der Sekretär: G. Banmann.

486

Der schweizerische Bundesrath beschließt: Genehmigung des vorstehenden Reglements.

B e r n , den 8.Januar 1892.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident: Häuser.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

Voranschlag der schweizerischen Eidgenossenschaft für das Jahr 1892 in seinen Hauptrubriken.

Von den eidgenössischen Käthen angenommen am 23. Dezember 1891.

Rechnung 1890.

Fr.

Rp.

320,119. 69 1,317,836. 67

Voranschlag 1892.

E i n n a h m e n.

Fr.

Fr.

Erster Abschnitt.

Ertrag der Liegenschaften und Kapitalien: a. Liegenschaften 6 . Kapitalien .

. . .

. .

349,876 1,296,919 1,646,795

Zweiter Abschnitt.

25,395. 31

' :

30,700

Allgemeine Verwaltung

Dritter Abschnitt.

Departemente.

22,575. -- 43,904. 52 2,985. -- 117,429. 85 1,850,246. 04

A. D e p a r t e m e n t des A u s w ä r t i g e n : a. Politische Abtheilung b. Abtheilung Handel .

. .

c. Abtheilung Auswanderungswesen d. Abtheilung eidg. Amt für geistiges Eigenthum .

Uebertrag

22,000 46,100 1,200 159,700

·

229,000 1,906,496

]

Rechnung 1690.

Fr.

Voranschlag 1892.

E i n n a h. na e n.

Rp.

Fr.

1,850,246.04

Uebertrag

l

Fr.

,

1,906,495

B. D e p a r t e m e n t des I n n e r n .

1,132.30

1,373,779.36 1,002,676.91 457,142.85 98,689. 94 21,734.39 13,135. 03

2,772,835.88 31,258,296.13

C. J u s t i z - und P o l i z e i d e p a r t e m e n t

700

D. M i l i t a r d é p a r t e m e n t : a. Halbe Militärpflichtersatzsteuer b. Pulververwaltung c. Kavalleriepferde d. Uebrige Einnahmen e. Pferderegieanstalt. . .

f. Konstruktionswerkstätte g. Munitionsfabrik /!. Waffentabrik . . . .

1,330,000 1,246,502 400,175 85,750

3,148,427

E. Finanz- und Z o l l d e p a r t e m e n t : a. Finanzverwaltuns . . .

b. Zollverwaltung

2,309,560 30.500,000 32,809,560

38,849,668. 83

Uebertrag

37,865,182

Rechnung 1890.

Fr.

Voranschlag 1892.

Einnahmen.

Fr.

Rp.

Uebertrag

38,849,668. 83

Fr.

37,865,182

F. I n d u s t r i e - und L a n d w i r t h s c h a f t s d e p a r t e m e n t : 29,499. 85 i:iO,000. --

28,700 125,000

a. Abtheilung Versieherungsamt b Abtheiluno' Landwirthschaft

153,700 Gr. P o s t - u n d E i s e n b a h n d e p a r t e m e n t : 118,779. 74 24,180,020. 02

4,309,938. 03

u Eisenbahnwesen b Postverwaltunsj worunter: Reisende Werthzeichen c Telegraphenverwaltung

204,400 26,360,000 Fr. 1,668,000 ,, 20,000,000 4,433,925 30,998,325

Vierter Abschnitt.

3,344. 95 67,621,251.42

Unvorhergesehenes

4,018

69,021,225



Rechnung 1890.

Fr.

Rp.

2,652,373. --

Veranschlag 1892.

A u s g- s, t» e n.

Fr.

Erster Abschnitt.

Anfortisätion und Verzinsung der Anl6Ìh6Q

Fr.

2,652,070

Zweiter Abschnitt.

214,586. 25 21,529. 40 85,500. -- 361,430. 60 153,492. 52

Allgemeine Verwaltung.

A N A t i o n 3> 1 r 3, t h B Ständerath C Bundesrath D B u D d 68 k 8> D zl 6 i E. Bundesgericht .

. .

231,000 21,400 85,500 383,600 160,100 881,600

Dritter Abschnitt.

Departemente.

423,642. 87 172,038. 06 22,389. 95 101,227. 47

A. D e p a r t e m e n t d e s A u s w ä r t i g e n : a. Politische Abtheilun0' b Abtheilung Handel c. Abtheilung Auswanderungsweseu d. Abtheilung eidg. Amt für geistiges Eigenthum .

519,300 216,400 23,800 137,500 897,000

4,208,210. 12

Uebertrag

4,480,670

Rechnung 1890.

'

Fr.

Ep.

4,208,210. 12

1,200,071.56 6,190,969. 85

Voranschlag 1892.

.A. ïi s g1 a l> e n.

Uebertrag B. D e p a r t e m e n t des I n n e r n : a. Abtheiluna-O Inneres b. Abtheilung Bauwesen

Fr.

1,282,600 5,824,769

C. J u s t i z - und P oli ze i d e p a r t em en t D. M i l i t ä r d e p a r t e m e n t : 29,400. -- 39,800 I . Sekretariat .

.

. . .

20,545,936. 35 31,971,269 II. Verwaltung . .

worunter: a . Verwaltungspersonal . . . . F r . 575,860 6. Instruktionspersonal . · . . . ^ 976,385 c. Unterricht ,, 8,930,858 d. Bekleidung ,, 3,322,596 e. Bewaffnung uud Ausrüstung . ,, 10,817,245 f. Kavalleriepferde ,, 1,689,743 g. Kriegsmaterial ,, 2,639,534 h. Militäraristalten u. Festungswerke ,, 2,100,000 i. Uebrige Ausgaben ,, 919,048 907,278, 90 I I I Pulververwaltunff . . .

. . . . 1,088,922 IV Pferderegieaustalt V Koustruktionswerkstätte 85,179. 73 V I . Munitionsfabrik .

. . . .

10,646. 70 VII. Waffenfabrik 132,997. 74

33,310,690. 95

Uebertrag

>

Fr.

4,430,670

7,107,369 : 155,500

i

33,099,991 ; 44,793,530 ;

Rechnung 1890.

1

Fr.

Bp.

33,310,690. 95

1

3,813,479. 60 - 2,636,472 75 '

498,717.14

48 323 85 811 439 26

194,817. 46

Voranschlag 1892.

-A. u s g a b e n.

Fr.

;

Uebertrag E. F i n a n z - und Z o l l d e p a r t e m e n t : a. Finanzverwaltung b. Zollverwaltung

Fr.

44,793,580

2,412,160 3,100,000

F. I n d u s t r i e - und L a n d w i r t h s e h a f t s d e p a r t e m e n t : a. Abtheilung Industrie worunter Fr. 480,000 für gewerbliche und industrielle Berufsbildung.

b. Abtheilung Versicherungsamt c. Abtheilung Landwirthschaft worunter : Rindviehzucht Fr. 200,000 Pferdezucht ,, 180,000 Viehseuchenpolizei ,, 125,000 Maßnahmen gegen die Schäden, welche die landw. Produktion bedrohen ,, 130,000 Uebrige Ausgaben .

. .

.

,, 331,883 d. Abtheilung Forstwesen, Jagd und Fischerei .

;

i !

5,512,160 j

;

j l

628,100

51,200

!

966,883

!

Ì t 1

i 1 Ì i

218,700 115004,000 Qfi.A Qfi*l !·

| 41,313,941.01

Uebertrag

52,170,578

Rechnung 1890.

Voranschlag 1892.

Ausgaben.

Fr.

Rp.

41,313,941.01

Fr.

Uebertrag

Fr.

52,170,578

Or. P o s t - u n d E i s e n b a h n d e p a r t e m e n t : 177,560.12 21,908,657. 79

3,266,«34. 44

210,300

a. Eisenbahnwesen b. Postverwaltung worunter : Postbureaux Ablagen, Boten, Briefträger . . .

Transportkosten c. Telegraphen Verwaltung

25,540,000 Fr. 6,445,000 ,, 5,395,000 ,, 4,538,000 3,902,800 29,653,100

Vierter Abschnitt.

21,387. 75

25,552

Unvorhergesehenes

66,688,381. 11

81,849,225

13 i l a n z.

Die muthmaßlichen A u s g a b e n betragen Die muthmaßlichen E i n n a h m e n betragen Muthmaßlicher Ausgaben-Ueberschuß -«-. TTXagtgHTY^ -

Fr. 81,849,225. -- ,, 69,021,225. -- Fr. 12,828,000. --

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bundesrathsbeschluß über die Rekurse vom 3. August und 25. September 1891 von F.

Roesli-Frey, Robert Lang, X. Schmidli, Johann Wechsler und M. Muff, und von A.

Bühlmann, Verwalter, F.Vogel, X. Schmidli, Johann Wechsler, Robert Lang, M. Muff, Thierarz...

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1892

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

04

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

27.01.1892

Date Data Seite

441-493

Page Pagina Ref. No

10 015 592

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.