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Schweizerisches Bundesblatf.

44. Jahrgang. I.

Nr. 1.

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6. Januar 1892.

Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die Anstellung eines weitern Instruktors I Klasse für die Sanitätstruppen.

(Vom 5. Januar 1892.)

Tit.

Bei den gewaltigen Fortsehritten, welche die Waffentechnik seit Einführung der neuen Militärorganisation gemacht hat, ist mit Bestimmtheit anzunehmen, daß in künftigen Kriegen die Zahl der Verwundeten, die Sanitätshülfe in Anspruch nehmen, eine ganz erheblich größere sein wird. Da aus naheliegenden Gründen an eine entsprechende Vermehrung der Sanitätstruppen nicht gedacht werden kann, so muß doch wenigstens Alles gethan werden, um die Leistungsfähigkeit dieser Truppe durch immer sorgfältigere Ausbildung zu steigern. Dies ist aber bei dem gegenwärtigen, unzureichenden Bestände des Instruktionskorps nicht erreichbar.

Sollen größere Fortschritte gemacht werden, so muß der Unterricht in möglichst kleinen Schulabtheilungen ertheilt werden können.

So kann z. B. die Kenntniß vom Körperbau und den Verrichtungen der einzelnen Theile, welche so wichtig ist für eine verständige und zielbewußte Hülfeleistung, den Sanitätsrekruten nicht in Form einer Hochschulvorlesung mit Erfolg gelehrt werden, sondern nur durch beständiges Fragen und Wiedererläutern. Jede Rekrutenschule hat einen Bestand von wenigstens 100 Mann, wozu regelmäßig noch eine Offiziersbildungsschul oder Unteroffiziersschule kommt von durchschnittlich 25 Schulern. Die Rekrutenschule Bundesblatt. 44. Jahrg. Bd. I.

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muß demnach für den theoretischen, fachtechnischen Unterricht io drei Abtheilungen gegliedert werden, welche immerhin mit etwa 35 Mann noch groß genug sind, um dem Lehrer den Fortschritt recht mühsam zu machen. Für den mehr praktischen Unterricht, welcher größtentheils durch die Instruktoren II. Klasse und Hülfsinstruktoren ertheilt wird, muß jede Abtheilung in zwei Züge getrennt werden, wenn ein Erfolg überhaupt möglich sein soll. So würde nun die Sache ganz gut gehen, unter der Voraussetzung, daß das Instruktorenkorps stets vollzählig wäre, nicht Einzelne erkrankten, abkommandirt würden oder zu andern Dienstleistungen verwendet werden müßten. Nun kommen aber noch dazu die gleichzeitigen Offiziers- und Unteroffiziersschulen, welche einen Theil des Instruktionspersonals ebenfalls in Anspruch nehmen. Selbstverständlich kann der Obërinstruktor nicht mehr als drei bis vier Stunden täglichen Unterricht übernehmen, wenn er ohne Vernachläßigung seiner übrigen Obliegenheiten die Aufsicht als Schulkonimandant führen, für jeden Tag den Dienst und die Arbeit ordnen und Berichte und Schreibereien besorgen soll. Es müssen also die Instruktoren I. Klasse hier zur Aushülfe beigezogen werden, was indessen auch zum Vortheile ihrer eigenen Ausbildung geschieht und schon deßhalb nothwendig ist, damit nicht, wenn zufällig einmal der Obërinstruktor verhindert sein sollte, die ganze Maschine in's Stocken geräth. Könnte man nun die Tagesordnungbeliebig aufstellen und sich nach Konvenienz einrichten, so würde diese Aushülfe der Instruktoren I. Klasse wenigstens nur eine größere Arbeitsleistung ihrerseits verlangen und keine störende Rückwirkung auf die Aasbildung, der Rekrutenschule haben. Dies können wir aber nicht, denn die Stunden für den Reitunterricht sind gegebene und durch die Erfahrung festgestellte und dürfen auch der äußeren Verhältnisse wegen nicht abgeändert werden, und ebenso sind wir mit den Stunden für den Spitalbesuch von dem Wunsche der Professoren und Assistenzärzte abhängig. Es ist deßhalb mit dem besten Willen nicht zu vermeiden, daß eine Störung im regelmäßigen Fortgange des Unterrichts bei der Rekrutenschule eintritt, daß manche Fächer, wie z. B. Krankenpflege, welche besser durch einen Militärarzt ertheilt würden, den Instruktoren II. Klasse überlassen werden müssen, daß bei manchen Uebungen,
die beaufsichtigt werden sollten, oder bei denen die Belehrung des Arztes nothwendig wäre, derselbe nicht gegenwärtig sein kann oder daß dem Instruktor I. Klasse die Zeit nicht gegeben ist, sich für seinen Unterricht genügend vorzubereiten, was besonders bei Offiziersbildungsschülern einen sehr nachtheiligen Eindruck hinterläßt. Alle diese Schwierigkeiten steigern sich noch, wenn zufällig

eine Schulabtheilung dazu kommt, welche eine andere Sprache, z. B. Italienisch, spricht, weil diese Abtheilung für sich allein ein bis zwei Instruktoren in Anspruch nimmt. Die Aushülfe durch als Cadres einberufene Militärärzte ist stets nur ein sehr unsicherer Nothbehelf, vielen fehlt das nöthige Lehrtalent, andern die nöthige Sicherheit, allen die Erfahrung und Routine. Die als Cüdres einberufenen Unteroffiziere werden zwar mit vieler Mühe zum Unterrichtgeben angeleitet und helfea mit großem Erfolge im Allgemeinen bei den praktischen Uebungen und bei der speziell militärischen Ausbildung, kommen aber bei Offiziers- und Unterofffziersschuleo nicht in Betracht. Wollen wir deßhalb, den stets gesteigerten Ansprüchen des Ernstfalles entsprechend, eine sorgfältigere Ausbildung auch des Sanitätspersonals anstreben, so müssen wir dringend wünschen, daß die Anstellung eines weiteren Instruktors I. Klasse bewilligt wird. Wie die Verhältnisse gegenwärtig sind, ist es nicht möglich, O J etwas für die Weilerausbildung O dieser Instruktorea zu thun, weil kaum einer vorübergehend entbehrlieh ist, soll der Fortgang der Schulen nicht beeinträchtigt werden, und doch sollten die Lehrer der Sanitätstruppen allseitig und sorgfältig gebildet sein, um so mehr, als den übrigen Militärärzten durch den Zutritt zu den Centralschulen eine größere Ausbildung ermöglicht ist. Wollen wir ernstlich den Zweck erreichen, so müssen auch die Mittel bewilligt werden, welche zu seiner Erreichung unentbehrlich sind.

Auch auf dem oberfeldärztlichen Bureau häuft sich die Arbeit derart, daß in der dienstfreien Zeit ein Instruktor I. Klasse sollte aushelfen können. Die Fertigstellung des Feldlazarethmaterials, die Feststellung der im Entwurf gedruckten Reglementsabsehnitte, die Durcharbeitung des im Manuskript vorliegenden VI. und VII. Abschnittes und die Vorbereitung der übrigen Abschnitte sind für sich allein schon eine höchst zeitraubende Arbeit, welche neben den ordentlichen Geschäften gethan werden muß, die für sich allein den Tag schon gehörig ausfüllen. Es würde dadurch auch die Möglichkeit einer besseren statistischen und wissenschaftlichen Verwerthung des reichen Rapportmaterials geboten.

Gegenwärtig besteht das Instruktionspersonal der Sanitätstruppen gemäß Bundesbeschluß vom 21. Februar 1878 aus l Oberinstruktor, 3 Instruktoren
I. Klasse und 4 Instruktoren II. Klasse.

Unter diesen Umständen gestatten wir uns, Ihnen den Antrag zu unterbreiten, es sei die Zahl der Instruktoren I. Klasse der Sanitätstruppen von 3 auf 4 zu erhöhen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 5. Januar 1892.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Häuser.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

die Anstellung eines vierten Instruktors I. Klasse für die Sanitätstruppen.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom o. Januar 1892, beschließt: Art. 1. Die durch Artikel 17 des Bundesbeschlusses vom 21. Februar 1878 betreffend Herstellung des Gleichgewichtes in den Bundesfinanzen festgesetzte Zahl der Instruktoren I. Klasse der Sanität wird von drei auf vier erhöht.

Art. 2. Bezüglich Besoldung und übrige Berechtigung gelten für den vierten Instruklor I. Klasse die gleichen Bestimmungen wie für die übrigen Sanitätsinstruktoren I. Klasse.

Art. 3. Der Bundesrath wird ermächtigt, den Beginn der Wirksamkeit dieses Beschlusses festzusetzen und dessen Vollziehung anzuordnen.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die Anstellung eines weitern Instruktors I Klasse für die Sanitätstruppen. (Vom 5. Januar 1892.)

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