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98.033

Botschaft über die Revision des Bundesgesetzes über die Banken und Sparkassen vom 27. Mai 1998

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, . mit der vorliegenden Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf zu einer Revision des Bundesgesetzes über die Banken und Sparkassen.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, folgende parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 1995P 95.3285 Staatsgarantie der Kantonalbanken (N 6.10.95, Vollmer) 1995 P 95.3310 Staatsgarantie Kantonalbanken (S 6.12.95, Gemperli) 1996 P 95.3297 Staatsgarantie Kantonalbanken (N 7.3.96, Rychen) 1996 P

96.3003

Rechtliche Möglichkeiten der Zusammenarbeit von Kantonalbanken (N 7.3.96, Kommission für Wirtschaft und Abgaben, NR 95.300)

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

27. Mai 1998

1998-252

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Cotti Der Bundeskanzler: Couchepin

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Übersicht Teil A. Kantonalbanken Die Kantonalbanken bilden einen wichtigen Bestandteil des gesamtschweizerischen Bankensystems. Sie wurden im letzten Jahrhundert geschaffen zur Unterstützung der wirtschaftlichen Entwicklung in den einzelnen Kantonen und sind damit auch Ausdruck kantonaler Souveränität. Die halbstaatlichen und staatlichen Kantonalbanken sollten im schweizerischen Bankensystem Lücken füllen sowie den Wettbewerb beleben, der damals noch nicht von der heute an sich selbstverständlich gewordenen flächendeckenden Grundversorgung unseres Landes mit Bankdienstleistungen geprägt war. Die einzelnen Kantonalbanken weisen jeweils eine eigene historische Ennvicklung auf, und ihre kantonalen Rahmenbedingungen weichen zum Teil erheblich voneinander ab. Demzufolge haben sie für jeden einzelnen Kanton ihre spezifische Bedeutung und besondere Funktion.

Die meisten Kantonalbanken sind heute-in sämtlichen Sparten des Bankgeschäftes tätig; sie haben sich mehrheitlich zu eigentlichen Universalbanken entwickelt. Der Schwerpunkt ihrer Aktivitäten liegt aber grundsätzlich im engeren Wirtschaftsraum.

Die Kantonalbanken haben auch heute noch ihre Wettbewerbs- und wirtschaftspolitische Bedeutung und stellen ein Gegengewicht zu den Grossbanken dar.

Diesen historisch gewachsenen Umständen und Verschiedenheiten der Kantonalbanken muss bei der Neuregelung ihres Status Rechnung getragen werden, ohne den Schutz der Gläubiger und insbesondere auch der Steuerzahler zu vernachlässigen.

Mit der Entgegennahme der Motion vom 23, Januar 1996 der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates in der Form eines Postulats hat der Bitndesrat die Zusicherung verbunden, eine Expertenkommission einzusetzen, welche sämtliche in Zusammenhang mit den Kantonalbanken sich stellenden Fragen prüfen und allßllige Gesetzesänderungen vorschlagen soll. Damit hat der Bundesrat eine neue, umfassende Evaluation des Status der Kantonalbanken eingeleitet.

Aufgrund des Berichtes der Expertenkommission und der Ergebnisse der Vernehmlassung ergibt sich, dass eine Neuordnung des Status der Kantonalbanken notwendig ist.

Die Hauptrevisionspunkte lassen sich wie folgt zusammenfassen: Als konstitutives Begriffsmerkmal der Kantonalbanken gelten inskünftig die gesetzliche Grundlage im kantonalen Recht und die Beteiligung des Kantons von
mehr als einem Drittel des Kapitals und der Stimmen. Auf die Staatsgarantie als Begriffsmerkmal wird verzichtet.

Alle Kantonalbanken, auch diejenigen mit voller Staatsgarantie, werden zwingend der Aufsicht der Bankenkommission unterstellt.

Die Sondervorschriften betreffend die Reservebildung und die Verantwortlichkeitsbestimmungen werden für alle Kantonalbanken, auch diejenigen mit voller Staatsgarantie, aufgehoben. Für die Kantonalbanken mit voller Staatsgarantie

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·*

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kommen demzufolge lediglich noch folgende Sondervorschriften zur Anwendung; Keine Unterstellung unter die Bewilligungspflicht, Auflösung dieser Banken durch die Kantone, Eigenmittelrabatt.

Der besondere Status der Kantonalbanken der Kantone Genf und Waadt wird noch für die Dauer von zehn Jahren aufrechterhalten, sofern die Rechtsform dieser Banken nicht verändert oder die Staatsgarantie nicht eingeschränkt wird. · Die Kantonalbanken unterstehen bei der Umwandlung in Aktiengesellschaften der Stempelsteuerpflicht.

Teil B. Grenzüberschreitende Aufsicht über Banken, Börsen und Effektenhändler (Vor-Ort-Kontrollen) Global tätige Banken und Finanzintermediäre erfordern eine globale Aufsicht. Die Aufsicht über Banken, Effektenhändler und Finanzintermediäre ist jedoch heute nach wie vor national organisiert. Es gibt keine supranationalen Aufsichtsbehörden.

Um dennoch eine international wirksame Aufsicht sicherzustellen, hat insbesondere der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht seit Jahrzehnten und in mehreren Etappen Grundsätze für die Beaufsichtigung international tätiger Banken erarbeitet: So sollen alle internationalen Bankkonzerne im Herkunftsland durch eine Behörde beaufsichtigt werden, die fähig ist, eine konsolidierte Beaufsichtigung vorzunehmen. Die Herkunftslandbehörden sollen das Recht haben, bei den ausländischen Niederlassungen der Bankkonzerne, für die sie im Rahmen der Herkunftslandkontrolle verantwortlich sind, Informationen einzuholen. Dafür stehen ihnen mehrere Wege offen: Sie können die in ihrem Hoheitsgebiet tätigen Konzernverantwortlichen veranlassen, die Informationen konzernintern direkt oder durch interne Revisoren bei der ausländischen Niederlassung zu erheben und an sie weiterzuleiten (konzeminternerlnformationsfluss).

Sie können die Gastlandbehörden ersuchen, die Informationen für sie zu erheben und ihnen zu übermitteln (internationale Amtshilfe).

Schliesslich können sie nach Absprache mit den Gastlandbehörden die Informationen bei den ausländischen Niederlassungen selbst erheben (Vor-OrtKontrollen).

International geht ein klarer Trend dahin, alle diese Mittel zur Informationsbeschaffung gleichberechtigt zuzulassen. Bisheriger Höhepunkt dieser Entwicklung sind die «Stockholmer-Empfehlungen», welche vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht ausgearbeitet wurden. Vertreter von Aufsichtsbehörden aus mehr als 140 Staaten erklärten diese Stockholmer-Empfehlungen im September 1996 an der Internationalen Bankaufseherkonferenz in Stockholm zum internationalen Mindeststandard. Ähnlich verläuft die Entwicklung im Rahmen der Aufsicht über Effektenhändler.

Die Aufsichtsbehörden sollen nach den Stockholmer-Empfehlungen alle der drei dargestellten Mittel zur grenzüberschreitenden Informationsbeschaffung benützen

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dürfen, sofern bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Staaten, welche wie die Schweiz grenzüberschreitende Vor-Ort-Kontrollen von Aufsichtsbehörden grundsätzlich ausschliessen, werden aufgefordert, ihre Rechtsordnung zu ändern. Im Jahr 1998 soll die Umsetzung der Stockholmer-Empfehlungen geprüft werden. Die Schweiz hat sowohl als Herkunftsland international tätiger Banken als auch als Gastland ausländischer Banken kein Interesse, sich dieser Entwicklung zu verschliessen.

Allerdings sollen nur die för eine konsolidierte Aufsicht notwendigen Angaben erhoben werden dürfen. Zudem ist den Interessen der Kunden Rechnung zu tragen Heute kennt die schweizerische Aufsichtsgesetzgebung eine Regelung für den Informationsßuss innerhalb eines Bankkonzerns (Art. 4iuintiuies BankG) und ßir die internationale Amtshilfe der Bankenkommission (Art. 23sexi" BankG, Art. 38 BEHG, Art. 63 AFG). Grundsätzlich nicht zulässig sind dagegen hoheitliche Kontrollen ausländischer Aufsichtsbehörden oder von direkt von ihnen beauftragten Revisoren in der Schweiz. Solche Handlungen gelten als Amtshandlungen ßir einen fremden Staat und sind nach Art. 271 des Strafgesetzbuches straßjar. Zwar könnte der Bundesrat oder eine von ihm bezeichnete Amtsstelle solche Kontrollen in Einzelfällen bewilligen. Für eine generelle Regelung ist aber eine klare gesetzliche Grundlage notwendig. Der Vorschlag för einen neuen Art. 23seP'ies BankG (und parallel dazu Art. 38b's BEHG) lehnt sich eng an die bestehende Regelung der internationalen Amtshilfe an. Er wägt die Interessen der Aufsichtsbehörden und die Geheimhaltungsinteressen der Bankkunden gegeneinander ab und enthält folgende Kernelemente. Die Bankenkommission wird ausdrücklich ermächtigt, Kontrollen bei ausländischen Niederlassungen schweizerischer Bankkonzerne durchzufìihren. Umgekehrt sollen Kontrollen ausländischer Aufsichtsbehörden bei Niederlassungen ausländischer Banken oder Effektenhändler unter den nachfolgenden Bedingungen und Einschränkungen zulässig sein: Die ausländischen Aufsichtsbehörden müssen als Herkunftslandbehörden für die konsolidierte Aufsicht der geprüften Banken verantwortlich sein.

Die erhobenen Angaben dürfen nur zu Aufsichtszwecken verwendet werden.

Die ausländischen Aufsichtsbehörden müssen dem Amtsgeheimnis unterliegen.

Die erhobenen Informationen dürfen nicht ohne
Zustimmung der Bankenkommission an Dritte weitergegeben werden.

Die Bankenkommission darfeiner Weiterleitung an Dritte nur zustimmen, wenn diese Aufsichtsaufgaben wahrnehmen.

Die Weiterleitung der Informationen an Strafbehörden ist unzulässig, wenn die Rechtshilfe in Strafsachen ausgeschlossen wäre.

Die ausländischen Aufsichtsbehörden dürfen nur Informationen erheben, soweit dies nach Auffassung der Bankenkommission ßir eine konsolidierte Aufsicht notwendig ist. Dazu gehören insbesondere Systemkontrollen zur Prüfung der Organisation, des Riskmanagements, der Qualität der Geschäftsföhrung, der Eigenmittel- und Risikoverteilungsvorschrißen und der Berichterstattungspßichten.

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* Die ausländischen Aufsichtsbehörden haben selbst keine Einsicht in Daten, welche direkt oder indirekt mit dem Einlage- oder Vermögensverwaltungsgeschäft für einzelne Bankkunden zusammenhängen. Soweit solche Angaben für eine konsolidierte Aufsicht notwendig sind, erhebt sie die Bankenkommission selbst und führt vor der Übermittlung an die ausländische Behörde ein Verwaltungsverfahren durch.

Die Bankenkommission kann die ausländischen Behörden bei ihren Kontrollen begleiten oder durch eine Revisionsstelle begleiten lassen.

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Botschaft À. Kantonalbanken I Allgemeiner Teil II Ausgangslage III Bericht des Bundesrates vom 29. März 1995 Am 24. November 1993 hat der Bundesrat ein vom Nationalrat am 17. November 1993 überwiesenes Postulat der WAK (93.3529) entgegengenommen. Das Postulat lud den Bundesrat ein, «die Fragen der Kantonalbanken im Bankengesetz zu prüfen, insbesondere die Folgen einer eventuellen Privatisierung dieser Banken oder Einschränkung der Staatshaftung».

In dem am 29. März 1995 vom Bundesrat gutgeheissenen Bericht (BR-Bericht) wurde die staatspolitische, wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Kantonalbanken eingehend dargelegt. Der Bundesrat gelangte aufgrund der während der Erarbeitung dieses Berichtes vorherrschenden Situation zu folgenden Thesen: Auf Bundesebene drängt sich zur Zeit keine Gesetzesänderung auf. Der Bundesrat wird indessen die Entwicklung der Kantonalbanken verfolgen und zu gegebener Zeit eine neue Evaluation vornehmen.

-

Den Kantonen ist zu empfehlen, die Kantonalbanken der Aufsicht durch die Eidgenössische Bankenkommission (Bankenkommission) zu unterstellen.

Als Kantonalbanken gelten gemäss Bankengesetz nur Banken mit voller

Staatsgarantie.

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Der Leistungsauftrag ist nicht entscheidend für den Status einer Kantonalbank.

Den Kantonen steht es frei, die Organisationsform und die Trägerschaft der Kantonalbanken zu regeln. Diesbezüglich besteht auch bei Privatisierungen Gestaltungsfreiheit.

Die Schaffung einer speziellen Kategorie von Kantonalbanken mit beschränkter Staatshaftung unter Beibehaltung der Sonderbehandlung wurde im Hinblick auf den Schutz der Gläubiger und aus aufsichtsrechtlichen Gründen de lege lata ausgeschlossen. Bezüglich der Aufhebung oder Beschränkung der Staatsgarantie wurde festgehalten, dass dies auch de lege ferenda zu einem Wegfall der Sonderstellung und zur vollumfänglichen Unterstellung unter die Aufsicht durch die Bankenkommission führen müsste1.

Es wurde festgestellt, dass eine Privatisierung von Kantonalbanken bei gleichzeitiger Aufhebung der Staatsgarantie den Wegfall der Sonderbehandlung als Kantonalbank zur Folge haben müsste2. Eine Umwandlung in einen Rechtsträger des Privatrechtes beziehungsweise die Fusion mit einem solchen wurde als grundsätzlich möglich bezeichnet, soweit dies nach den Regeln des Obligationenrechts (OR; SR 220) erfolgt und insbesondere der Gläubiger- und Minderheitenschutz gewährleistet wird.

Auch die Fusion von Kantonalbanken wurde auf der Grundlage des geltenden Gesetzes als möglich erachtet. Die Errichtung von gemeinsamen Kantonalbanken durch 1 2

BR-Bericht, S. 28 ff. Der Bericht kann beim Rechtsdienst des Eidg. Finanzdepartements bezogen werden.

BR-Bericht, S. 31 f.

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-£ die Kantone könnte durch entsprechende Gesetzgebungsakte oder durch Konkordate erfolgen. Als problematisch wurde bei einem Zusammenschluss die Frage der Staatsgarantie beurteilt. So müsste eine solidarische Haftung unter den beteiligten Kantonen verlangt werden, um den Sonderstatus als Kantonalbank beibehalten zu können. De lege ferenda wurde es als sinnvoll erachtet, Regelungen in das Bankengesetz aufzunehmen, welche für Zusammenarbeit beziehungsweise Fusionen Klarheit schaffen würden3.

Da der Bericht des Bundesrates zum Schluss kam, dass sich (noch) keine Gesetzesänderung aufdränge, wurden weitere Problembereiche, wie das Firmenrecht, der gewerbliche Rechtsschutz und das Steuerrecht, nicht oder nicht eingehend behandelt.

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Bericht der Kartellkommission vom 27. März 1995

Nach einer eingehenden Darlegung der rechtlichen Rahmenbedingungen, der wirtschafts- und wettbewerbspolitischen Stellung der Kantonalbanken und der Haltung der direkt interessierten Kreise (Konkurrenten, Interessenverbände) gelangte die Kartellkommission zu folgenden Schlüssen: Wettbewerbsverzerrende Auswirkungen durch die Sonderbehandlung der Kantonalbanken, ob zu deren Gunsten oder Ungunsten, konnten nur in Einzelfällen nachgewiesen werden.

Als Gegenkraft zu den Grossbanken nehmen die Kantonalbanken grundsätzlich eine wettbewerbspolitisch bedeutsame Stellung ein.

Mit der anzustrebenden Aufhebung der bankengesetzlichen Privilegierung der Kantonalbanken und einem Verzicht auf die Definition des Begriffes «Kantonalbank» könnte der wirtschaftliche und organisatorische Handlungsspielraum der Kantonalbanken vergrössert werden, ohne dass dadurch einer weiteren Konzentration im Bankgewerbe Vorschub geleistet würde. Mit einer als notwendig bezeichneten Gleichstellung mit den anderen Banken würde auch dem Schutz der Steuerzahler vermehrt Rechnung getragen.

Eine Privatisierung der Kantonalbanken wird nicht als vordringliches Ziel betrachtet.

Die Kartellkommission empfahl deshalb dem Bundesrat unter anderem4; Das als konstitutiv geltende Begriffsmerkmal der Haftung des Kantons für die Bankverbindlichkeiten aufzuheben.

Die Sonderbestimmungen für die Kantonalbanken in den Bereichen Bewilligungspflicht, Reservebildung, Eigenmittel und Verantwortlichkeit aufzuheben.

Den Kantonen empfahl die Kartellkommission insbesondere5: Die bankengesetzliche Aufsicht vollumfänglich der Bankenkommission zu übertragen. Diese Übertragung der Aufsicht dürfte einen Abbau der politischen Einflussnahme auf die Geschäftstätigkeit zur Folge haben.

Den Leistungsauftrag der Kantonalbanken und die Einschränkungen bezüglich der Geschäftstätigkeit zu überprüfen und allenfalls zu überarbeiten.

3 4

5

BR-Bericht, S. 32 ff.

Vgl. Empfehlungen an den Bundesrat, KK-Bericht, S. 86; Erläuterungen zu den einzelnen Empfehlungen, KK-Bericht, S. 74 ff.

Vgl. Empfehlungen zuhanden der kantonalen Regierungen, KK-Bericht, S. 86; Erläuterungen zu den einzelnen Empfehlungen, KK-Bericht, S. 79 ff.

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Die Gewinnablieferung im Hinblick auf eine marktkonforme Abgeltung der Staatsgarantie und der Steuerprivilegien zu überprüfen.

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KB-Holding-Bericht des Verbandes Schweizerischer Kantonalbanken

Aufgrund einer Umfrage anlässlich einer Tagung des Verbandes Schweizerischer Kantonalbanken (VSKB) vom 10./11. November 1994 beschloss das Komitee VSKB6 am 23. November 1994, die Möglichkeit einer Kantonalbanken-Holding vertieft prüfen zu lassen. Es wurde eine Arbeitsgruppe eingesetzt, welche untersuchen sollte, ob und wie die Gruppe der Kantonalbanken angesichts sich verschärfender Wettbewerbsbedingungen durch den Zusammenschluss aller oder einer wesentlichen Zahl von Instituten gestärkt werden könnte. Damit sollte für eine von mehreren Zukunftsoptionen eine Grundlagenstudie geschaffen werden.

Gemäss dem vom 22. September 1995 datierten Bericht (KB-Holding-Bericht) könnten die Kantonalbanken unter einem gemeinsamen Dach zusammengefasst werden. In einem ersten Schritt müssten die beitrittswilligen Kantonalbanken direkt in privatrechtliche Aktiengesellschaften umgewandelt werden. In einem nächsten Schritt sollten sich acht bis zwölf gesunde Kantonalbanken zu einer Holding ohne Bankenstatus mit einer minimalen Bilanzsumme von 80 Milliarden Franken zusammenschliessen. Das Bestehen einer Staatsgarantie würde für den Beitritt zur Holding keine Voraussetzung darstellen.

Ziel einer solchen Strategie ist, die Gruppe der Kantonalbanken als wichtige Kraft im inländischen Bankensystem unter Wahrung der operativen und regionalen Eigenständigkeit der einzelnen Holdingtöchter zu erhalten. Die Kantone könnten durch die Veräusserung von Anteilen eine Privatisierung vornehmen und dadurch sowohl ihre Beteiligung als auch die damit verbundenen Pflichten7 abbauen. Den Eigenkapitalerfordernissen und,den Anforderungen des veränderten Marktes könnte durch die Bündelung der Kräfte im Rahmen der Holding besser entsprochen werden.

Die Studie wurde den Kantonalbanken zuhanden ihrer Trägerschaft unterbreitet. Bis heute sind noch keine Realisierungsschritte ersichtlich.

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Parlamentarische Vorstösse

Seit der Vorlage des BR-Berichtes wurden folgende parlamentarische Vorstösse eingereicht: -

Motion von Nationalrat Rychen (95.3297) vom 21. Juni 1995 betreffend Staatsgarantie Kantonalbanken

-

Motion von Ständerat Gemperli (95.3310) vom 22. Juni 1995 betreffend Staatsgarantie Kantonalbanken Durch die Motionen Rychen/Gemperli sollte der Bundesrat beauftragt werden, eine Revision des Bankengesetzes zu beantragen in dem Sinne, dass die Haftung der Kantone für die Verbindlichkeiten der Kantonalbanken nicht mehr vorgeschrieben.wird. Die Kantone sollten damit die Möglichkeit erhalten, ihre

6 7

Heute: Verwaltungsrat VSKB.

Deckung des Eigen- und Investitionsmittelbedarfes; Aufsicht.

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*

Staatsgarantie in eigener Kompetenz auszugestalten, sie beizubehalten, zu beschränken oder auf einen von ihnen zu bestimmenden Zeitpunkt aufzuheben.

Die Motionen wurden unter anderem damit begründet, dass sich die Kantonalbanken selber sowie das wirtschaftliche und insbesondere bankenwirtschaftliche Umfeld grundlegend geändert und die Kantonalbanken sich zu Universalbanken gewandelt haben. Die Verflechtung mit dem Staat behindere zudem die freie wirtschaftliche Entfaltung der Kantonalbanken. Um den Anforderungen der Zukunft zu genügen und eine lebensfähige Kantonalbanken-Struktur zu erhalten, müssten sich die Kantonalbanken möglichst frei entfalten können. Die Kantonalbanken-Bestimmungen des geltenden Bankengesetzes genügten den künftigen Herausforderungen an die Kantonalbanken nicht mehr.

Nach der mit der Motion verlangten Regelung sollten die Kantone frei sein in der Ausgestaltung der Beziehung zu ihrer Kantonalbank. Gerade im Bereich der sensiblen und nicht einheitlich lösbaren Problematik der Staatsgarantie sollte den von Kanton zu Kanton unterschiedlichen Vorstellungen über künftige Lösungen Rechnung getragen werden.

· -

·

Motion von Nationalrat Vollmer (95.3285) vom 21. Juni 1995 betreffend Staatsgarantie der Kantonalbanken Mit der Motion Vollmer sollte der Bundesrat insbesondere beauftragt werden, im Interesse einer grösseren Gestaltungsfreiheit in den verschiedenen Kantonen eine Revision der Bankengesetzgebung vorzulegen, welche es ermöglicht, dass die bisherige vollumfängliche Staatsgarantie durch die kantonale Gesetzgebung auf Spar- und ähnliche Einlagen beschränkt werden könnte, wobei auch für diese Einlagen eine Höchstgrenze für die Anwendung der Staatsgarantie festgesetzt werden könnte.

In der Begründung wurde unter anderem auf den BR-Bericht verwiesen, in dem der Bundesrat einen Reformbedarf kurzfristig ausgeschlossen hat. Es wurde darauf aufmerksam gemacht, dass die gegenwärtigen Rechtsgrundlagen unter Umständen einzelne Kantone dazu zwingen könnten, die Staatsgarantie und damit das Hauptmerkmal einer Kantonalbank vollständig aufzuheben. Am Beispiel der Berner Kantonalbank wurde erläutert, welche Auswirkungen eine Sanierung einer Kantonalbank auf die Steuerzahler haben kann, wenn nicht eine Flexibilisierung der bundesrechtlichen Staatsgarantiebestimmungen ermöglicht wird.

In seinen Stellungnahmen zu diesen Motionen verwies der Bundesrat auf seinen Bericht vom 29. März 1995. Er hielt an seiner in diesem Bericht geäusserten Meinung fest, wonach sich eine Revision des Bankengesetzes in naher Zukunft nicht aufdränge. Er machte darauf aufmerksam, dass man sich bei einem Infragestellen der Staatsgarantie auch über den Status einer solchen Kantonalbank und über den Unterschied zwischen ihr und einer Privatbank Gedanken machen müsste. Das geltende Bankengesetz hindere keinen Kanton daran, seine Kantonalbank zu privatisieren, in eine privatrechtlich ausgestaltete Bank umzuwandeln oder die Staatsgarantie aufzuheben beziehungsweise einzuschränken. Eine solche Bank würde aber den Status als Kantonalbank verlieren. Der unauflösbare Zusammenhang zwischen der Firma einer Kantonalbank und der vollen Staatsgarantie vermöge allerdings nicht ganz zu befriedigen. Die mit der Firma der Kantonalbanken verbundenen Bedingungen seien demzufolge zu überdenken.

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Der Bundesrat erklärte sich bereit, weiterhin die Entwicklung der Kantonalbanken zu verfolgen und die diesbezüglichen Fragen zu prüfen. Er beantragte, die Motionen in Postulate umzuwandeln. Die Motionen wurden diesem Antrag entsprechend als Postulate überwiesen.

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Motion der WAK (96.3003) des Nationalrates vom 23. Januar 1996 betreffend rechtliche Möglichkeiten der Zusammenarbeit von Kantonalbanken Mit dieser Motion sollte der Bundesrat beauftragt werden, das Bankengesetz dahingehend zu revidieren, dass den Kantonen respektive Kantonalbanken die Möglichkeit gegeben wird, unter der Firma «Kantonalbank» verschiedene Formen der Zusammenarbeit bis hin zu Fusionen einzugehen.

In seiner Stellungnahme hielt der Bundesrat fest, dass er die Entwicklung der Kantonalbanken weiterhin verfolgen werde und bereit sei, gesetzliche Massnahmen auf Bundesebene vorzuschlagen, falls sich dies als notwendig erweisen sollte. Der Bundesrat habe dies sowohl in seinem Bericht als auch in den Antworten auf die Motionen Vollmer, Gemperli und Rychen zum Ausdruck gebracht. Weiter sei im Bericht festgehalten worden, dass die Zusammenarbeit zwischen Kantonalbanken als auch Fusionen ohne Gesetzesänderung auf Bundesebene grundsätzlich- möglich seien.

Auch der KB-Holding-Bericht zeige, dass Formen der Zusammenarbeit zwischen Kantonalbanken trotz Staatsgarantie grundsätzlich möglich wären, auch wenn längerfristig die Aufhebung der Staatsgarantie als konstitutives Begriffsmerkmal angestrebt werden sollte. Die Staatsgarantie könne zugegebenermassen sowohl bei der Zusammenarbeit von Kantonalbanken als auch bei Fusionen ein Hemmnis darstellen. Die Frage, welche Erleichterungen diesbezüglich vorgesehen werden könnten, müsse einer genaueren Prüfung unterzogen werden. Geprüft werden müsse auch, inwiefern ein diesbezügliches Bedürfnis von seilen der Trägerschaft der Kantonalbanken bestehe. Sollte ein entsprechendes Bedürfnis bestehen und sich eine Gesetzesänderung als notwendig erweisen, müsste auf jeden Fall der Zusammenhang zwischen der Firma einer Kantonalbank und der vollen Staatsgarantie einer kritischen Überprüfung unterzogen werden.

Der Bundesrat erklärte sich bereit, eine breit abgestützte Expertenkommission einzusetzen, welche sämtliche in Zusammenhang mit den Kantonalbanken sich stellenden Fragen prüfen und allfâllige Gesetzesänderungen vorschlagen sollte. Er beantragte die Umwandlung der Motion in ein Postulat. Diesem Antrag ist der Nationalrat gefolgt.

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Standesinitiative des Kantons Bern zur Einschränkung der Staatshaftung bei Kantonalbanken

Die Standesinitiative vom 1. März 1995 verlangte, dass die Bankengesetzgebung des Bundes geändert wird, damit eine durch kantonales Gesetz gegründete Bank auch als Kantonalbank gilt, wenn die Staatshaftung eingeschränkt wird. Die Initiative beabsichtigte, eine Rechtsänderung herbeizuführen, welche es den Kantonen ermöglichen sollte, dass sie in eigener Kompetenz die Staatshaftung vollumfänglich aufheben könnten; dies unter Beibehaltung des Zusatzes «Kantonalbank» in der Firma.

Der Ständerat und der Nationalrat haben am 6. Dezember 1995 beziehungsweise am 7. März 1996 beschlossen, dieser Standesinitiative keine Folge zu geben. Diese Beschlüsse wurden vor allem im Hinblick auf den Stand der Arbeiten der Bundesversammlung und der Verwaltung zum gleichen Gegenstand (diverse parlamentarische 3856

JJS Vorstösse, BR-Bericht, KK-Bericht) gefasst. Weiter wurde festgehalten, dass nicht nur die Problematik der Beschränkung der Staatsgarantie geprüft werden sollte. Die Probleme im Zusammenhang mit den Kantonalbanken müssten umfassend geprüft und einer Lösung zugeführt werden.

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Ergebnisse des Vorverfahrens

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Einsetzung, Zusammensetzung und Auftrag der Expertenkommission

Zur Prüfung einer Revision des Bundesgesetzes über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG; SR 952.0) in bezug auf die Kantonalbanken hat der Vorsteher des federführenden Eidgenössischen Finanzdepartementes (EFD) am 13. Mai 1996 eine Expertenkommission eingesetzt.

In der Expertenkommission waren die wichtigsten Interessengruppen vertreten. Als Mitglieder der Expertenkommission wurden ernannt; Schaerer Barbara, Dr. iur., Fürsprecherin, ULM;, Vizedirektorin der Eidgenössischen Finanzverwaltung (Präsidentin) Birchler Urs W., Dr. oec. pubi., Direktor der Schweizerischen Nationalbank Blattner Nikiaus, Prof., Dr. rer. pol., volkswirtschaftlicher Berater der Schweizerischen Bankiervereinigung Dähler Rolf, lie. iur, lie. oec., Direktor des Sekretariats der Wettbewerbskommission Hauri Kurt, Dr. iur., Präsident der Eidgenössischen Bankenkommission Lauri Hans, Dr. iur., Fürsprecher, Regierungsrat, Finanzdirektor des Kantons Bern Marti Werner, lie. iur., Rechtsanwalt, Regierungsrat, Volkswirtschaftsdirektor des Kantons Glarus Mati Carlo, lie. rer. pol., Direktor des Verbandes Schweizerischer Kantonalbanken

Mellini Romano, doti. rer. poi., Direttore generale della Banca dello Stato del Cantone Ticino Schonenberger Peter, lie. iur., Rechtsanwalt, Vorsteher des Finanzdepartements des Kantons St. Gallen Die Mitglieder amteten als unabhängige Experten. Der Rechtsdienst der Eidgenössischen Finanzverwaltung führte das Sekretariat.

Die Expertenkommission wurde beauftragt, Abklärungen bezüglich der Notwendigkeit einer Gesetzesrevision auf Bundesebene in bezug auf die Kantonalbanken zu treffen. Gegebenenfalls sollte sie einen Vorschlag für eine Revision des Bankengesetzes samt erläuterndem Bericht ausarbeiten. Die Revision sollte die gesetzliche Voraussetzung dafür schaffen, dass die Kantonalbanken die Herausforderungen der Zukunft bewältigen können.

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Feststellungen und Vorschläge der Expertenkommission

Die Expertenkommission ist zum Schluss gekommen, dass es auf Bundesebene einer Gesetzesrevision bedarf. So hat sie in ihrem im Dezember 1996 vorgelegten Bericht

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(Bericht Expertenkommission) zur Notwendigkeit einer Gesetzesrevision festgehalten»; Der verfassungsmässige Auftrag an den Gesetzgeber geht dahin, dass den besonderen Aufgaben und der besonderen Stellung der Kantonalbanken Rechnung getragen werden muss. Es ist nicht zu bestreiten, dass sich im Rahmen des Strukturwandels auch die Aufgabenschwerpunkte sowie die Stellung von Kantonalbanken verändert haben und noch weiter verändern werden. Dieser veränderten Stellung muss im Rahmen der Gesetzgebung Rechnung getragen werden.

Die geltenden Bestimmungen gewähren den Kantonen weder einen genügenden Handlungsspielraum, damit sie ihre Kantonalbanken unter Beachtung der öffentlichen Interessen auf die neuen Herausforderungen einstellen können, noch bieten sie einen genügenden Schutz für alle Risikoträger. Dazu gehören namentlich auch die Steuerzahler.

Wenn Kantone die Staatsgarantie für ihre Kantonalbanken beschränken beziehungsweise aufheben, muss dies vor allem auch aus ordnungspolitischen Gründen dazu führen, dass solche Kantonalbanken den Geschäftsbanken grundsätzlich gleichgestellt werden. Diese Gleichstellung - als Gegenstück zum vergrösserten Handlungsspielraum - ist im Rahmen der geltenden Bestimmungen nicht möglich.

Eine Flexibilisierung der geltenden Bestimmungen ist unter dem Gesichtspunkt der unterschiedlichen Vorstellungen über Position und Weiterentwicklung der Kantonalbanken wünschbar.

Die Expertenkommission definierte folgende Leitlinien für eine Gesetzesrevision9: Den Kantonen soll möglichst viel Handlungsspielraum gegeben werden, so dass sie in der Ausgestaltung und Organisation ihrer Kantonalbanken möglichst frei sind. Die von verschiedenen Kantonen angestrebte Privatisierungsfähigkeit ihrer Kantonalbanken soll nicht durch bundesrechtliche Vorschriften unnötig behindert werden. Die kantonale Souveränität soll durch den Bund nur so weit eingeschränkt werden, als dies zur Einhaltung der Grundsätze des Gläubigerund Funktionsschutzes notwendig ist. Im Gegenzug sind die Kantone gehalten, bei einer Ausschöpfung des vergrösserten Handlungsspielraums die Verantwortung zu übernehmen und die sich daraus ergebenden Konsequenzen zu tragen.

Die im Bankengesetz bestehende Regelung schränkt die Kantone insofern ein, als sie die Gewährung einer vollen Staatsgarantie als konstitutives Merkmal der
Kantonalbanken verlangt. Den Kantonen ist es demzufolge nicht möglich, auf die Gewährung einer vollen Staatsgarantie zu verzichten, ohne dabei gleichzeitig auf die geschäftliche Verwendung der Bezeichnung «Kantonalbank» und den Sonderstatus zu verzichten. Für eine Beibehaltung der Staatsgarantie und damit eine diesbezügliche Einschränkung der Kantone besteht aus der Sicht des Gläubiger- und Funktionsschutzes nur dann eine Rechtfertigung, wenn dieser Schutz nicht anderweitig sichergestellt werden kann.

In einigen Kantonen gehen die Bestrebungen dahin, die Kantonalbank zu privatisieren und dabei gleichzeitig die Staatsgarantie aufzuheben oder zu beschränken. Das Erfordernis der Beibehaltung einer vollen Staatsgarantie wirkt Bericht Expertenkommission, S. 14 f. Der Bericht kann beim Rechtsdienst des EFD bezogen werden.

Bericht Expertenkommission, S. 15 f.

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. dabei zweifellos hemmend. Nach Ansicht der Expertenkommission kann darauf verzichtet werden, ohne dass dadurch Ziel und Zweck des Bankengesetzes, namentlich der Gläubiger- und Funktionsschutz, eingeschränkt würden. Gleichzeitig müssen die Kantone mit Kantonalbanken ohne volle Staatsgarantie aber bereit sein, weitgehend auf die Sonderstellung dieser Kantonalbanken zu verzichten. Das Gesetz gewährt die verfassungsrechtlich vorgesehene Sonderstellung nur den Kantonalbanken mit voller Staatsgarantie. Die Kantonalbanken ohne volle Staatsgarantie müssen grundsätzlich gleich behandelt werden wie die «normalen» Banken. Nur so können ungerechtfertigte Privilegierungen und damit Wettbewerbsverzerrungen verhindert werden.

Die Kantone sollen nicht gezwungen werden, den Status ihrer Kantonalbanken zu verändern. Sofern sie am bisherigen Status und insbesondere an einer vollen Staatsgarantie festhalten, sollen sie dies auch in rechtlich unveränderter Form tun können. Damit möchte die Expertenkommission denjenigen Kantonen entgegenkommen, die keinen Veränderungsbedarf sehen.

Was die beiden altrechtlichen Kantonalbanken (Genf, Waadt) betrifft, so wird ihnen die Beibehaltung ihres Status vollumfänglich garantiert, sofern ihre Rechtsform nicht verändert oder die Staatsgarantie nicht eingeschränkt wird.

Im Hinblick auf die in verschiedenen Kantonen anstehenden Projekte bezüglich einer Neuausrichtung der Kantonalbanken sollte die vorgeschlagene Revision des Bankengesetzes möglichst rasch vorgenommen werden.

Gestützt auf diese Leitlinien entwickelte die Expertenkommission folgende Thesen"»; Die Staatsgarantie gilt nicht mehr als Begriffsmerkmal der Kantonalbanken.

Die Kantone werden aber nicht gezwungen, die Staatsgarantie aufzuheben. Sofern sie an einer vollen Staatsgarantie festhalten wollen, kommen die Sonderbestimmungen für Kantonalbanken zur Anwendung.

Als Kantonalbank gelten Banken, die gestützt auf ein kantonales Gesetz geschaffen werden und an welcher der Kanton eine qualifizierte Beteiligung hält.

Sie entspricht einer direkten oder indirekten Beteiligung von mindestens 10 Prozent des Kapitals oder der Stimmen oder der Möglichkeit, die Geschäftstätigkeit der Bank auf andere Weise massgebend beeinflussen zu können.

Die möglichen Rechtsformen der Kantonalbanken werden festgelegt: Die Öffentlich-rechtliche
Anstalt, die spezialgesetzliche, gemischtwirtschaftliche oder private Aktiengesellschaft.

Auf Kantonalbanken ohne volle Staatsgarantie sind die bankenrechtlichen Sonderbestimmungen für Kantonalbanken nicht anwendbar. So benötigen sie eine · Bewilligung der Bankenkommission, welche ihnen auch wieder entzogen werden kann, und sie unterstehen der unbegrenzten Aufsicht der Bankenkommission.

Die Sonderbestimmungen für Kantonalbanken mit voller Staatsgarantie (z. B.

Reservebildung, Eigenmittel, Verantwortlichkeit) sollen nicht geändert werden.

Diese Kantonalbanken können nach wie vor freiwillig der Aufsicht der Bankenkommission unterstellt werden. Nach Ansicht der Expertenkommission ist eine solche Unterstellung unabdingbar.

Den Kantonalbanken der Kantone Genf und Waadt wird die Beibehaltung ihres besonderen Status garantiert, sofern die Rechtsform nicht verändert oder die Staatsgarantie nicht eingeschränkt wird.

10

Bericht Expertenkommission, S. 40 ff.

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Die Kantonalbanken unterstehen bei der Umwandlung in Aktiengesellschaften nicht der Stempelsteuerpflicht.

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Ver n eli m lassù n g zum Bericht der Expertenkommission

Der Bundesrat hat am 19. Februar 1997 das EFD ermächtigt, den Bericht der Expertenkommission in die Vemehmlassung zu geben. Das Vernehmlassungsverfahren dauerte bis am 31. Mai 1997.

Die Frage nach der Notwendigkeit einer Revision des Bankengesetzes wurde von einer grossen Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmer bejaht (40 Ja/2 Nein). Auch die weitere Grundsatzfrage betreffend die Lockerung der Staatsgarantie - sie soll nicht mehr als Begriffsmerkmal der Kantonalbanken gelten - wurde von einer grossen Mehrheit bejaht (37 Ja/7 Nein). Dagegen ausgesprochen haben sich die SP, der VSA, der SGB sowie die Kantone OW, NW, ZG und VS.

Die nachgenannten Thesen der Expertenkommission blieben ebenfalls unbestritten beziehungsweise wurden von einer grossen Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmer gutgeheissen:

die Festlegung der möglichen Rechtsformen der Kantonalbanken; -

der Verzicht auf die Anwendung der bankenrechtlichen Sonderbestimmungen für Kantonalbanken ohne volle Staatsgarantie;

-

die Beibehaltung des besonderen Status der Kantonalbanken der Kantone Genf und Waadt, sofern ihre Rechtsform nicht verändert oder die Staatsgarantie nicht eingeschränkt wird;

der Verzicht auf Unterstellung der Kantonalbanken unter die Stempelsteuerpflicht bei der Umwandlung in Aktiengesellschaften.

Einzig bei den Thesen betreffend die Neudefmition des Kantonalbankenbegriffs, insbesondere der Festlegung der qualifizierten Beteiligung und obligatorischen Unterstellung der Kantonalbanken mit voller Staatsgarantie unter die Aufsicht der Bankenkommission, wichen die Meinungen der Vemehmlassungsteilnenmer mehrheitlich von den Vorschlägen der Expertenkommission ab.

Bezüglich der von der Expertenkommission vorgeschlagenen qualifizierten Beteiligung der Kantone an ihren Kantonalbanken wurde von einer Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmer bezweifelt, dass mit einer Beteiligung von 10 Prozent der angestrebte Zweck erreicht werden kann. 14 Vernehmlassungsteilnehmer verlangten deshalb, dass die Beteiligung höher sein soll. Die Vorschläge der Vernehmlassungsteilnehmer reichen von 20 Prozent bis 51 Prozent des Kapitals oder der Stimmen, damit die angestrebte Beeinflussungsmöglichkeit des Kantons gewährleistet und die Führung der Bezeichnung «Kantonalbank» gerechtfertigt werden könne.

Eine Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmer (23 Ja/16 Nein), insbesondere auch der Kantone (15 Ja/8 Nein), trat für eine obligatorische Unterstellung aller Kantonalbanken unter die Aufsicht der Bankenkommission ein.

13

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Wie unter Ziffer 114 ausgeführt wurde, sollte der Bundesrat mit den nachfolgend aufgeführten, als Postulate überwiesenen Motionen beauftragt werden, das Bankengesetz dahingehend zu revidieren, dass die Haftung der Kantone für die Verbind3860

*

^k

lichkeiten der Kantonalbanken flexibler gehandhabt werden könnte beziehungsweise den Kantonen die Möglichkeit gegeben wird, unter der Firma «Kantonalbank» verschiedene Formen der Zusammenarbeit bis hin zu Fusionen einzugehen: Motion von Nationalrat Rychen (95.3297) vom 21. Juni 1995 betreffend Staatsgarantie Kantonalbanken Motion von Nationalrat Vollmer (95.3285) vom 21. Juni 1995 betreffend Staatsgarantie der Kantonalbanken Motion von Ständerat Gemperli (95.3310) vom 22. Juni 1995 betreffend Staatsgarantie Kantonalbanken Motion der WAK (96.3003) des Nationalrates vom 23. Januar 1996 betreffend rechtliche Möglichkeiten der Zusammenarbeit von Kantonalbanken Mit der Vorlage dieser Botschaft über die Revision des Bundesgesetzes über die Banken und Sparkassen wird den vorerwähnten Postulaten weitgehend entsprochen, weshalb den Räten ihre Abschreibung beantragt werden kann.

14 141

Grundzüge des vorliegenden Entwurfes Vorbemerkung

In Anbetracht der parlamentarischen Vorstösse und der Schlussfolgerungen der Expertenkommission, welche aufgrund der Ergebnisse der Vemehmlassung grundsätzlich bestätigt wurden, ist der Bundesrat der Auffassung, dass das Bankengesetz mit Ausnahme der nachgenannten Änderungen im Sinne der Vorschläge der Expertenkommission möglichst rasch revidiert werden soll.

142

Abweichungen von den Schlussfolgerungen des Berichts der Expertenkommission

Der Bundesrat schlägt vor, in folgenden Bereichen von den Vorschlägen der Expertenkommission abzuweichen: 1.

2.

Die von der Expertenkommission vorgeschlagene qualifizierte Beteiligung der Kantone soll auf eine direkte Beteiligung der Kantone an ihren Kantonalbanken von mehr als einem Drittel des Kapitals und der Stimmen festgelegt werden.

In Übereinstimmung mit der Mehrheit der Vemehmlassungsteilnehmer stellt der Bundesrat fest, dass nur mit einer solchen Beteiligung ein dauerhafter und verlässlicher Einfluss der Kantone auf ihre Kantonalbanken und damit eine Wahrnehmung ihrer Interessen und Verantwortung gewährleistet werden kann.

Auf eine weitere Erhöhung der bundesrechtlich vorgeschriebenen Mindestbeteiligung sollte verzichtet werden, da dies die Privatisierungs- und Kooperationsfähigkeit der Kantonalbanken einschränken würde.

Da im Gegensatz zur SWISSLEX-Vorlage von 1993 (BEI 1994 I 85 ff.) nun eine Mehrheit der Kantone für eine obligatorische Unterstellung der Kantonalbanken unter die Aufsicht der Bankenkommission eintritt und eine solche Unterstellung sowohl den Gläubigerschutz als auch den Steuerzahlerschutz verstärkt, sollen auch die Kantonalbanken mit voller Staatsgarantie zwingend der Aufsicht der Bankenkommission unterstellt werden.

3861

3.

4.

U

12

13 14

15

Entgegen der Meinung der Expertenkommission und den Ergebnissen der Vernehmlassung soll für alle Kantonalbanken, auch für diejenigen mit voller Staatsgarantie, zur weiteren Verstärkung des Steuerzahler- und des Gläubigerschutzes neben der Unterstellung unter die Aufsicht der Bankenkommission auch auf die besonderen Reservebildungsvorschriften (An, 5 Abs. 2 BankG) und Verantwortlichkeitsbestimmungen (Art. 38 Abs. l BankG) verzichtet werden.

Die Expertenkommission hat vorgeschlagen, auf die Unterstellung der Kantonalbanken unter die Stempelsteuerpflicht bei der Umwandlung in Aktiengesellschaften zu verzichten. Gestützt auf die Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens müsste diesem Vorschlag der Expertenkommission grundsätzlich entsprochen werden (36 Ja/7 Nein). Wie aber einige Vernehmlassungsteilnehmer auch angeführt haben, würde die vorgeschlagene Privilegîerung der Kantonalbanken dem Grundsatz der Gleichbehandlung widersprechen und zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Der Bundesrat hat befunden, dass diese Argumente schwerer zu gewichten sind als eine anfällige Erleichterung der Umwandlungen mittels Steuerbefreiung. Er hat deshalb beschlossen, dass die Kantonalbanken bei der Umwandlung in Aktiengesellschaften der Stempelsteuerpflicht unterstehen sollen.

Gegen eine Privilegierung der Kantonalbanken in bezug auf die Emissionsabgabe sprechen weiter folgende Gründe: Nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung von Gewerbegenossen, wie er nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichts aus Artikel 31 BV folgt11, sind steuerrechtliche Massnahmen verboten, die den Wettbewerb unter direkten Konkurrenten verzerren beziehungsweise nicht wettbewerbsneutral sind. Eine Sonderregelung für die Kantonalbanken ist nicht zulässig, da sie zu einer offensichtlichen Wettbewerbsverzerrung gegenüber den anderen Banken führen würde und demzufolge nicht wettbewerbsneutral wäre.

Auch bei den vorgesehenen Umwandlungen der TELECOM PTT12 und der Rüstungsbetriebe13 wurde auf eine Befreiung von der Stempelsteuerpflicht verzichtet. Dies nicht zuletzt, um eine indirekte Privilegierung der öffentlichen Hand zu vermeiden14.

Mit der Reform der Unternehmensbesteuerung15 wird die Emissionsabgabe von 2 auf l Prozent reduziert, was zu einer erheblichen Reduktion der Steuerbelastung auch bei der Umwandlung von Kantonalbanken führt. Ein

BGE123JI401E.il Heute: SWISSCOM; Botschaft vom 10. Juni 1996 zu einem Postorganisationsgesetz und einem Telekommunikationsimternehmensgesetz; BB1 1996 III 1306, insb. Ziff.

222.4 zu Art. 15 Telekommunikationsuntemehmensgesetz (SR 784.11, AS 1997 2480).

Botschaft vom 16. April 1997 zu einem Bundesgesetz über die Riistungsunternehmen des Bundes, BEI 1997 III 769, insb. Ziff. 27.

Gemäss Art. 10 Abs. I Bundesgesetz vom 23. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG, SR 641.10) sind die umzuwandelnden Gesellschaften abgabenpflichtig. Die Stempelabgabe belastet demzufolge das Ergebnis der Gesellschaft und nicht direkt die Tragerschaft der Gesellschaft.

Botschaft vom 26. März 1997 zur Reform der Untemehmensbesteuerung, BEI 1997 II 1164, insb. Ziff. 33. Bundesgesetz über die Reform der Untemehmensbesteuerung 1997, Ziff. 3, BEI 1997IV 808 (AS 1998 669 insb. 674 f. und 677), in Kraft seit dem 1. April 1998.

3862

·£

5.

gänzlicher Verzicht auf die Emissionsabgaben oder eine weitergehende Reduktion des Satzes ist nicht vertretbar.

Die von der Expertenkommission vorgeschlagene und in der Vemehmlassung von einer grossen Mehrheit gutgeheissene Beibehaltung des Sonderstatus für die Kantonalbanken der Kantone Waadt und Genf soll auf zehn Jahre befristet werden. Im Sinne der Gleichbehandlung sollen diese beiden Kantone spätestens bei Ablauf dieser Frist entscheiden, ob sie ihren Kantonalbanken eine volle Staatsgarantie gewähren wollen oder ob ihre Kantonalbank wie jede andere Kantonalbank ohne volle Staatsgarantie behandelt werden soll.

2

Besonderer Teil: Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

21

Titel

Im Gegensatz zur Verordnung vom 17. Mai 1992 über die Banken und Sparkassen (Bankenverordnung; BankV; SR 952.02) wurde für das Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen bislang kein Kurztitel und keine Abkürzung offiziell festgelegt.

Um die Zitierbarkeit zu erleichtern und die Zitierweise zu vereinheitlichen, soll auch für dieses Gesetz ein Kurztitel und eine Abkürzung festgelegt werden.

22

Definition der Kantonalbanken (Art. 3a Abs. l BankG)

Gemäss Artikel 3a Absatz l Bankengesetz gelten heute als Kantonalbanken die durch kantonalen gesetzlichen Akt errichteten Banken, für deren Verbindlichkeiten der Kanton haftet. Das zweite Merkmal soll in Zukunft wegfallen. Das Erfordernis der vollen Staatsgarantie stellt gemäss dem vorgeschlagenen Artikel 3a Absatz l kein konstitutives Merkmal der Kantonalbanken mehr dar. Deshalb wird auch darauf verzichtet, im Bundesrecht die Staatsgarantie zu definieren; dies bleibt den Kantonen überlassen. Neu stellen die Errichtung durch einen kantonalen gesetzlichen Akt sowie eine qualifizierte Beteiligung des Kantons an seiner Kantonalbank die konstitutiven Begriffsmerkmale einer Kantonalbank dar.

221

Wegfall der Staatsgarantie als konstitutives Begriffsmerkmal

Es ist nicht zu verkennen, dass die Staatsgarantie vor allem in der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation ein stabilisierendes Element darstellt und im Rahmen des Gläubigerschutzes gerade heute wieder höher gewertet wird. Deshalb darf es auch nicht Ziel dieser Revision sein, die Gewährung der nach wie vor in weiten Kreisen geschätzten Staatsgarantie von Bundesrechts wegen zwingend einzuschränken oder aufzuheben. Mit dem Wegfall der Staatsgarantie als konstitutives Begriffsmerkmal für die Kantonalbanken wird es den Kantonen freigestellt, ob und in welchem Umfange sie aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation eine Staatsgarantie gewähren wollen. Die Flexibilisierung der Staatsgarantieregelung auf Bundesebene erweitert somit den Spielraum der Kantone für die Ausgestaltung ihrer Kantonalbanken und überlässt die Regelung dieser Frage richtigerweise dem Garanten (Kanton).

3863

Mit der Beibehaltung der Staatsgarantie im Bundesrecht werden zum Beispiel die Fusion von Kantonalbanken oder die Schaffung einer Holding faktisch verunmöglicht, da die beteiligten Kantone für die Verbindlichkeiten der fusionierten beziehungsweise zusammengeschlossenen Banken solidarisch haften. Mit dem Wegfall der bundesrechtlichen Pflicht zur Gewährung einer Staatsgarantie kann auch bei der Fusion von Kantonalbanken oder Schaffung einer Holding der Handlungsspielraum der Kantone erweitert werden.

Wie die Beispiele der Kantone Bern, Solothurn, Jura und Appenzell-Ausserrhoden zeigen, übernehmen die Kantone mit der Gewährung der Staatsgarantie ein erhebliches Risiko, welches schlussendlich die Steuerzahler belastet16. Es muss deshalb den Kantonen als Risikoträger überlassen werden, ob sie die Staatsgarantie beibehalten wollen. Die bestehende Situation, in welcher die Haftenden, letztendlich die Steuerzahler, nur einen begrenzten Einfiuss auf die von ihnen zu tragenden Risiken haben, vermag nicht zu befriedigen. Indem die Gewährung, Bestimmung von Inhalt und Umfang der Staatsgarantie den Kantonen überlassen wird, wird diese Situation wesentlich verbessert. Die historisch gewachsene Staatsgarantie soll auf ein Mass reduziert werden können, das mit der Steuerkraft im Einklang steht.

Offen bleibt allerdings, ob sich Kantone aus politischen und wirtschaftlichen Gründen verpflichtet sehen .könnten, im Einzelfall ihrer Bank trotz allenfalls nicht (mehr) bestehender Rechtspflicht beizustehen. Entscheidungsgrundlage und -Spielraum sind aber offensichtlich bei einer nicht mehr bestehenden Staatsgarantie wesentlich grösser als beim Bestehen einer Rechtspflicht zu unbeschränktem Beistand. Durch die Pflicht zur Reservebildung17 kann zudem weitgehend vermieden werden, dass sich die Kantone trotz allenfalls nicht mehr bestehender oder beschränkter Staatsgarantie veranlasst sehen, nicht mehr garantierte Einlagen über eine Rekapitalisierung der Bank zu schützen.

222

Grundlage im kantonalen Recht

Beim vorausgesetzten kantonalen Erlass handelt es sich um eine formellgesetzliche Grundlage18, welche die Gründung und Organisation der Kantonalbank regelt. Ein formelles Gesetz muss verlangt werden, da nur auf diese Weise sichergestellt ist, dass die notwendige demokratische Legitimation vorhanden ist. Ein Regierungsratsbeschluss oder eine Verordnung würde nicht genügen, um dem Erfordernis der gesetzlichen Grundlage gerecht zu werden.

16

17 18

Wie Erfahrungswerte und Modellrechnungen zeigen, gehen bei Bankenliquidalionen 20-30 Prozent der" Bilanzsumme verloren. Die Bilanzsumme der Kantonalbanken liegt in einzelnen Kantonen zwischen dem Zehn- und Fünfzehnfachen der jährlichen Steuereinnahmen. Ein mutmasslicher Liquidationsverlust und damit das finanzielle Risiko der Staatsgarantie läge demzufolge zwischen dem Zwei- und Vierfachen der jährlichen Steuereinnahmen.

Vgl. Ziff. 242.

Je nach Definition im kantonalen Recht kann es sich hierbei auch um ein Dekret handeln.

3864

223

Qualifizierte Beteiligung des Kantons

Die rein rechtliche Bindung zwischen dem Kanton und seiner Kantonalbank durch den kantonalen gesetzlichen Akt soll durch eine finanzielle Beteiligung des Kantons verstärkt werden. Deshalb wird zusätzlich eine qualifizierte Beteiligung des Kantons an seiner Kantonalbank verlangt.

Mit einer Beteiligung von mehr als einem Drittel des Kapitals und der Stimmen wird einerseits sichergestellt, dass den Kantonen eine minimale Beeinflussungsmöglichkeit erhalten bleibt, die es ihnen erlaubt, bei der Festlegung der Geschäftstätigkeit der Kantonalbank dafür zu sorgen, dass den öffentlichen Interessen Rechnung getragen wird. Andererseits wird vermieden, dass unter der Bezeichnung «Kantonalbank» eine Bank geführt wird, an welcher der betroffene Kanton überhaupt nicht oder nur in sehr beschränktem Ausmass beteiligt ist. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es für jede staatswirtschaftliche Tätigkeit neben einer gesetzlichen Grundlage eines öffentlichen Interesses bedarf19. Dieses dürfte in Anbetracht der heute grösstenteils noch bestehenden Leistungsaufträge für die Kantonalbanken und der weiteren Interessen der Kantone an ihren Banken in der Regel über den vom Bundesrecht verlangten Minimalanforderungen an die qualifizierte Beteiligung liegen.

Damit vermieden werden kann, dass wichtige Beschlüsse, wie beispielsweise eine Zweckänderung, die Auflösung der Gesellschaft ohne Liquidation (Fusion) oder die Erhöhung des Aktienkapitals gegen den Willen des Kantons durchgesetzt werden können, wird die vom Bundesrecht verlangte Mindestbeteiligung der Kantone auf mehr als einen Drittel des Kapitals und insbesondere der Stimmen festgelegt; die Kantone verfügen damit auch bei rein privatrechtlich organisierten Kantonalbanken über eine Sperrminorität bei diesen wichtigen Beschlüssen20. Es steht aber den Kantonen frei, den Umfang ihrer Beteiligung über die bundesrechtliche Mindestbeteiligung hinaus festzulegen. Sie werden dabei jeweils ihren Interessen beziehungsweise einem allfälligen Leistungsauftrag der Kantonalbank Rechnung tragen.

Fusionieren Kantonalbanken, so muss die vorgesehene qualifizierte Beteiligung der mitwirkenden-Kantone am neuen Institut zusammen insgesamt mehr als einen Drittel des Kapitals und der Stimmen betragen.

Um eine sinnvolle Zusammenarbeit der Kantonalbanken, welche allenfalls durch
Überkreuzbeteiligungen mittels Aktientausch verankert würde, und allfällige Teilprivatisierungen nicht zu erschweren, wird darauf verzichtet, im Bundesrecht eine höhere Mindestbeteiligung festzulegen.

224

Rechtsform der Kantonalbanken

Im Bundesrecht soll neu festgehalten werden, welche Rechtsforrnen die Kantone den Kantonalbanken verleihen dürfen. Damit wird vermieden, dass für die rechtliche Ausgestaltung der Kantonalbanken Rechtsformen gewählt werden, die im Hinblick auf die Vorgaben des Bankenrechts ungeeignet oder nicht zulässig sind.

Im übrigen sind die Kantone frei, wie sie ihre Kantonalbank organisieren wollen. Sie können aufgrund der vorgesehenen Regelung die Form der öffentlich-rechtlichen 19

20

B. Krähenmann, Privatwirtschaftliche Tätigkeit des Gemeinwesens, Basel 1987, S. 172 ff.; J. Bühlmann, Privatisierung von Kantonalbanken: dargestellt am Beispiel der Zürcher Kantonalbank, Bern 1996, S. 107 ff.

Vgl. Art. 704 Obligationenrecht (OR, SR 220).

3865

Anstalt wählen oder diejenige der spezialgesetzlichen21 sowie der gemischtwirtschaftlichen Aktiengesellschaft22. Es ist aber auch denkbar, dass das Gesetz die Gründung einer Aktiengesellschaft des Privatrechts nach Artikel 620 ff. Obligationenrecht oder die Beteiligung des Kantons an einer bestehenden Bank vorsieht23.

Die übrigen Gesellschaftsformen, wie die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die Kommandit-Aktiengesellschaft sowie die Genossenschaft, wären grundsätzlich möglich, werden aber im vorgeschlagenen Gesetzestext ausdrücklich ausgeschlossen. Dieser Einschränkung würde kaum praktische Bedeutung zukommen, da aus rechtlichen und praktischen Gründen mit Ausnahme der zugelassenen Rechtsformen ohnehin kaum eine der übrigen Rechtsformen für eine Kantonalbank in Frage kommen dürfte24. Im Sinne einer Klärung der Rechtslage werden die möglichen Rechtsformen abschliessend aufgezählt. Die Schaffung einer Kantonalbank in der Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung wäre faktisch ausgeschlossen, da das in Artikel 4 der Banken Verordnung festgelegte Mindestkapital (10 Mio.) das maximale Stammkapital gemäss Artikel 773 Obligationenrecht (2 Mio.) Übersteigt25.

Die Rechtsform der Genossenschaft kann nicht in Betracht gezogen werden, weil sie aufgrund der geltenden Bestimmungen des Bankengesetzes für neue Handelsbanken26 ausgeschlossen wird. Diese Bestimmung kommt auch auf die umgewandelten Kantonalbanken zur Anwendung. Da bei der Einzelunternehmung und den Personengesellschaften natürliche Personen als Rechtsträger auftreten, sind diese Rechtsformen den Privatbankiers vorbehalten. In Anbetracht der Beteiligungs- und Haftungsverhältnisse kommen die letztgenannten Rechtsformen für Kantonalbanken ohnehin nicht in Frage27. Schliesslich kann auch die Rechtsform der KommanditAktiengesellschaft im Hinblick auf die Regelung der Beteiligungs- und Haftungsverhältnisse sowie des Firmenrechts für eine Kantonalbank nicht in Betracht gezogen werden28.

Bezüglich der spezialgesetzlichen Aktiengesellschaft nach Artikel 763 Obligationenrecht wird darauf hingewiesen, dass diese Aktiengesellschaften des kantonalen Rechts für ihre Verbindlichkeiten über eine gesetzlich geregelte subsidiäre Haftung des Kantons (Staatsgarantie) verfügen müssen29. Eine Ausnahme besteht lediglich für Gesellschaften, die vor dem 1. Januar 188330 durch besondere kantonale Gesetze gegründet wurden und unter Mithilfe öffentlicher Behörden verwaltet werden31.

2 1 22 23

Art. 763 OR Art. 762 pR Zu den einzelnen Rechtsformen der Kantonalbanken: Vgl. B, Gehrig, a.a.O., Ziff. 3.1, S. 422 ff.; J. Bühlrnann, a.a.O., S, 291 ff.; M. Russenberger, Die Sonderstellung der Schweiz. Kantonalbanken in der Bundesverfassung und im Bankengesetz, Diss. Zürich 1988, S. 58 ff.

24 Vgl. J. Zgraggen, Rechtsformen privatrechtlicher Banken, Bern 1974, insb. S. 49 ff.; ualer Bodmer/ Kleiner/Lutz, a.a.O., N. 15 zu Art. 3-34uatcr .

2 5 Bodmer/Kleiner/Lutz, a.a.O., N. 26 zu Art. 3-3l . · 26 Art. 13 BankG; vgl. Bodmer/Kleiner/Lutz, a.a.O., N. l ff. zu Art. 13.

27 Art. l Abs. l BankG; Bodmer/Kleiner/Lutz, a.a.O., N. 37 zu Art. 1; J. Zgraggen, a.a.O., S. 45 f.

28 J. Zgraggen, a.a.O., S. 53 ff.

29 W. F. Bürgi und U. Nordmann, Zürcher-Kommentar zum ZGB, Rz. 8 zu Art. 763 OR.

30 Datum des Inkrafttretens des alten OR vom 14. Juni 1881.

31 Art. 763 Abs. 2 OR. Vgl. auch: P. Nobel, Lageanalyse und rechtliche Entwicklungsperspektiven der Kantonalbanken, AJP 12/94, S. 1557; M. Russenberger, Kantonalbanken im Umbruch - vom staatlichen Institut zur privatrechtlichen Aktiengesellschaft, SZW 1/95, S. 4 ff. Ob die Gründungsgesetze heute noch in Kraft sind oder durch neue Gesetze ersetzt wurden, ist rechtlich nicht von Bedeutung (W. F. Bürgi und U. Nordmann, a.a.O., Rz. 9 zu Art. 763 OR).

3866

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Die vorgeschlagene gesetzliche Regelung umfasst sämtliche Möglichkeiten von der Gründung neuer bis zur Beteiligung an bestehenden Gesellschaften.

Das Bundesrecht legt neben den Rechtsformen für die Kantonalbanken zudem die Erfüllung und die Einhaltung der allgemeinen Bewilligungsvoraussetzungen des Bankengesetzes fest32. Selbstverständlich dürfen die Kantone nicht Bundesrecht verletzen beziehungsweise sie haben den Vorrang desselben bei der Ausgestaltung der Rechtsgrundlagen33 für ihre Kantonalbanken zu beachten. Bei der Schaffung und Organisation der Kantonalbanken müssen die Kantone namentlich auch die verfassungsrechtlichen sowie die privatrechtlichen Bestimmungen beachten34.

225

Umwandlung von Kantonalbanken

Die Errichtung und Umwandlung von Kantonalbanken muss aus der Sicht des Bundesrechts35 und des kantonalen Rechts eine Grundlage in einem kantonalen gesetzlichen Erlass haben36. Die Rechtsform der neuen Kantonalbank muss dabei geregelt werden, wobei die Kantone an die Schranken des Bundesprivatrechts und des Bankenrechts gebunden sind. Dies hat unter anderem zur Folge, dass sich die möglichen Rechtsformen auf die öffentlich-rechtliche Anstalt und die Aktiengesellschaften nach den Artikeln 620 ff., 762 oder 763 Obligationenrecht beschränken.

Für die direkte, liquidationslose Rechtsformumwandlung37 von inländischen Gesellschaften gibt es bislang keine gesetzlichen Grundlagen38, Zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Fusionen, Spaltungen und Umwandlung von Rechtsträgern des EJPD wurde am 16. Dezember 1997 dag Vernehmlassungsverfahren eröffnet39. Das Gesetz soll auch die Umwandlung öffentlich-rechtlicher Anstalten in private Aktiengesellschaften regeln. Bis dieses Gesetz in Kraft tritt, werden sich solche Umwandlungen an der Praxis der zuständigen kantonalen und der Bundesbehörden orientieren müssen.

Die Zulässigkeit der direkten Rechtsformumwandlung ist in der Lehre umstritten40.

In Anbetracht der flexiblen Haltung des Eidgenössischen Amtes für das Handelsregister (EHRA) anlässlich der Fusion (und damit der Umwandlung) der Solothurner Kantonalbank mit dem Schweizerischen Bankverein und der angestrebten Flexibilisierung im Bundesrecht darf aber geschlossen werden, dass aus der Sicht des Gesellschaftsrechts solche Umwandlungen als grundsätzlich zulässig erachtet werden. Das

32 33 34 35

36 37 38

3

9

40

Vgl. Ziff. 232.

Kantonales Gesetz und allfällige Gesellschaftsstatuten.

Art. 3 BV und Art. 2 Übergangsbestimmungen BV Gemäss bestehender und neuer Legaldefinition nach Art. 3a Abs. l BankG bzw. Art. 3a Abs. l EBankG.

Parallelität der Formen und Legalitätsprinzip.

Als Beispiel sei hier die direkte Umwandlung einer öffentlich-rechtlichen Anstalt in eine AG nach Art. 620 ff. OR erwähnt.

Hingegen bestehen Vorschriften für ausländische Gesellschaften: Vgl. Art. 161 Abs. l des Bundesgesetzes vom 18. Dezember 1987 über das Internationale Privatrecht (IPRG; SR 291) und die revidierten Bestimmungen von Art. 50 Abs. l und 2 Handelsregisterverordnung vom 7. Juni 1937 (HRegV; SR 221.411; AS 1996 2250).

BB11997 IV 1514. Die Vernehmlassungsfrist dauert bis am 31. Mai 1-998. Vgl. SZW 1/98, S. l ff.

Vgl. dazu von Buren, Die Rechtsformumwandlung einer öffentlich-rechtlichen Anstalt in eine private Aktiengesellschaft nach OR 620 ff., SZW 2/95, S. 85 ff., mit Verweisen auch auf andere Meinungen.

3867

EHRA knüpfte an eine direkte Umwandlung der Berner Kantonalbank die Bedingungen, dass die Umwandlung zu keiner Beeinträchtigung von Gläubigen nteressen41 führt und keine Minderheitenrechte verletzt werden42. Auch das Bundesgericht hatte bereits Gelegenheit, sich zu einer im Gesetz nicht vorgesehenen Umwandlung beziehungsweise Fusion zu äussern43. Es hat die in Anlehnung an die Bestimmungen des Obligationenrechts durchgeführte Umwandlung beziehungsweise Fusion als zulässig erachtet.

Aus der Sicht des Bankenrechtes kann sich der Bundesrat dieser Beurteilung der direkten Umwandlungsmöglichkeit anschliessen, sofern dem Gläubigerschutz im Einzelfall Nachachtung verschafft wird. Die zuständigen Bundesbehörden werden, wie auch bei der Kooperation und der Fusion von Kantonalbanken44, überprüfen und beurteilen müssen, ob im Einzelfall aufgrund der von der Trägerschaft gewählten Umwandlung und speziell auch im Rahmen des Umwandlungsvorgangs selbst der Gläubigerschutz unter Einschluss des Schutzes von Treu und Glauben45 gewahrt wird.

Aufgrund der Praxis der zuständigen Behörden ist demzufolge eine direkte Umwandlung einer öffentlich-rechtlichen Anstalt in eine Aktiengesellschaft nach Artikel 620 ff. Obligationenrecht möglich. Deshalb steht auch - unter Einhaltung der gleichen Bedingungen - der direkten Umwandlung einer solchen Anstalt in eine andere zur Verfügung stehende, weniger weitgehende Rechtsform (Aktiengesellschaften nach den Art. 762 oder 763 OR) nichts im Wege.

Wie eine Umwandlung im einzelnen abgewickelt werden muss, hängt von den bestehenden kantonalen gesetzlichen Grundlagen, den kantonalen Zusta'ndigkeitsvorschriften sowie allenfalls den bestehenden Statuten ab46.

226

Kooperation von Kantonalbanken

Wie im BR-Bericht47 ausgeführt, sind Fusionen und Kooperationen bereits aufgrund des geltenden Rechts grundsätzlich möglich. Die verschiedenen Probleme im Zusammenhang mit Fusionen und Kooperationen müssen im Einzelfall beurteilt und gelöst werden.

Die notwendigen rechtlichen und vertraglichen Grundlagen für Fusionen und Kooperationen müssten von den Kantonen gestützt auf ihre gesetzlichen Grundlagen und entsprechende Konkordate geschaffen werden48. Aufgrund der Bestimmung von Artikel 31iualcr Absatz 2 B V darf geschlossen werden, dass die Kantone bezüglich der Kantonalbanken legiferieren49 und deshalb auch Konkordate schliessen dürfen50.

41 42 43 44 45

46 47 48

49 50

Insbesondere durch eine Schmälerung des Haftungssubstrates.

von Buren, a.a.O., S. 90.

Fusion von Stiftungen, BGE115II415 ff.

Ziff. 226.

Vgl. Ziff. 227.

Es kann auf das Beispiel der Berner Kantonalbank verwiesen werden: Vgl. von Buren, a.a.O., S. 91 f.

BR-Bericht, S. 32 f.

Konkordate dürften in allen Fällen notwendig sein, da noch keine rein privatrechtlich organisierten Kantonalbanken bestehen, welche autonom über eine Fusion befinden könnten.

Rhinow in Kommentar BV, Art. 32, Rz. 54.

Häfelin in Kommentar BV, Art. 7, Rz. 22.

3868

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Soweit diese Konkordate dem Bundesrecht nicht zuwiderlaufen, steht solchen Lösungen nichts entgegen51. Da die interkantonalen Vereinbarungen der Genehmigung durch den Bund unterliegen52, wird die Übereinstimmung mit dem Bundesrecht im Einzelfall überprüft werden.

Bei Fusionen und allenfalls auch bei umfassenden Kooperationen muss im konkreten Fall geprüft werden, ob deren Regelung mit den bankenrechtlichen Bestimmungen, insbesondere bezüglich der Staatsgarantie, übereinstimmt. So ist für die Fusion zu einer Kantonalbank mit voller Staatsgarantie extern von einer solidarischen Haftung der beteiligten Kantone für das gemeinsam gebildete Institut auszugehen53. Die Regelung der internen Haftungsverhältnisse bleibt dagegen den Kantonen überlassen, da sie den Gläubigerschutz nicht tangiert.

Bei einer Fusion von Kantonalbanken ohne volle Staatsgarantie ist die Problematik der Haftung unter den Kantonen nicht im Rahmen des Bundesrechts zu lösen, da diese Banken nicht mehr über den an die Staatsgarantie gebundenen bankenrechtlieben Sonderstatus verfügen. Das kantonale Recht und die Konkordate müssten die Frage der Haftung für das gemeinsame Institut lösen.

Bei der Fusion und allenfalls auch bei einer umfassenden Kooperation54 muss sich die Trägerschaft des gemeinsamen Instituts für oder gegen eine volle Staatsgarantie entscheiden; dies mit den entsprechenden Folgen für den Status des gemeinsamen Instituts.

Durch die Einführung der Kategorie der Kantonalbank ohne beziehungsweise mit teilweiser Staatsgarantie dürfte die Zusammenarbeit von Kantonalbanken wesentlich erleichtert werden, da für diese Kantonalbanken die Problematik der solidarischen Haftung von Bundesrechts wegen entfällt und diesbezüglich keine Einschränkungen mehr bestehen. Es erscheint demzufolge nicht erforderlich, auf Bundesebene in bezug auf die Zusammenarbeit von Kantonalbanken besondere Bestimmungen vorzusehen.

227

Schutz des Publikums und der Gläubiger bei der Aufhebung oder Beschränkung der Staatsgarantie

In den meisten Kantonen wird sich das Publikum beim Begriff «Kantonalbank» in der Regel eine Bank mit voller Staatsgarantie vorstellen55, obschon in zwei Kantonen der Kanton nicht oder nur teilweise für die Verbindlichkeiten seiner Kantonalbank haftetsö.

Die Staatsgarantie ist zwar nicht Gegenstand der Firma, gleichwohl wird aber, um eine Täuschung vermeiden zu können, das Publikum über eine Aufhebung oder Beschränkung der Staatsgarantie umfassend informiert werden müssen. Da zudem die geschlossenen Verträge mit den Bankkunden einzuhalten sind und die bundesrechtlichen Schranken des Privatrechts, der Eigentumsgarantie, des Willkürverbotes sowie der allgemeine Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben zu berücksichtigen sind, ist den Interessen der Bankgläubiger bei der Aufhebung der Staatsgarantie spezielle 51

52 » 54 55 56

Art. 7 Abs. 2 BV; Häfelin, a.a.O., Art. 7, insbesondere Rz. 30 ff. und 81 ff.

Art. 102 Ziff. 7 BV; Häfelin, a.a.O., Rz. 92 ff.

BR-Bericht, S. 33.

Z. B. KB-Holding-Modell; Ziff. 113.

Vgl. BGE 95 I 282 E. 8; 112 II376.

Waadt und Genf. Vgl. Ziff. 27.

3869

Beachtung zu schenken. So muss den Gläubigern der Bank Gelegenheit gegeben werden, ihre Geschäftsbeziehungen bei einer Aufhebung oder Beschränkung der Staatsgarantie anpassen zu können.

Da die Aufhebung oder Beschränkung der Staatsgarantie einer Rechtsâ'nderung bedarf, ist eine entsprechende Information des Publikums aufgrund der politischen Diskussion, die geführt werden muss, weitgehend sichergestellt. Um aber bei den bestehenden Rechtsbeziehungen mit den Gläubigern die verfassungs- und privatrechtlichen Rahmenbedingungen des Bundesrechts zu wahren, müssten die Kantone 'im Rahmen ihrer Gesetzgebung die Staatsgarantie im bisherigen Umfang bis zum ordentlichen Kündigungstermin beziehungsweise bis zum Ende der Laufzeit und, wo eine solche nicht feststeht, für eine angemessene Frist die bestehenden Passivgeschäfte aufrecht erhalten^. Durch eine solche befristete Weitergeltung der Staatsgarantie und die Beschränkung auf im Zeitpunkt der Umwandlung bestehende Rechtsbeziehungen kann der Schutz von Treu und Glauben gewahrt werden, ohne dass dadurch ein Wettbewerbsvorteil für umgewandelte Kantonalbanken geschaffen würde.

Wird die Staatsgarantie aufgehoben oder beschränkt, wird die Bankenkommission im Rahmen der Bewilligungserteilung überprüfen, ob die bundesrechtlichen Rahmenbedingungen in bezug auf die bestehenden Rechtsbeziehungen gewahrt werden.

Sie kann in der Form einer Feststellungsverfügung vor der Bewilligungserteilung darüber befinden, ob diese Rahmenbedingungen, wie auch die anderen Bewilligungsvoraussetzungen, erfüllt werden58.

228

Leistungsauftrag der Kantonalbanken

Den Kantonen ist es freigestellt, ihrer Kantonalbank einen Leistungsauftrag zu erteilen oder darauf zu verzichten. Der Leistungsauftrag bildet von Bundesrechts wegen kein konstitutives Begriffsmerkmal für eine Kantonalbank. Einerseits würde es sich als sehr schwierig erweisen, den Leistungsauftrag im Bundesrecht allgemeingültig zu definieren. Andererseits steht gerade die Ausgestaltung des Leistungsauftrags in engem Zusammenhang mit der kantonalen Souveränität. Es ist deshalb nicht Sache des Bundesrechts, das kantonale öffentliche Interesse in bezug auf die Kantonalbanken generell zu definieren und damit der Trägerschaft der Kantonalbanken strategische Vorgaben zu machen und sie zur Übernahme von den mit Leistungsaufträgen verbundenen Risiken zu zwingen.

229

Firma

Aufgrund der Legaldefinition der Kantonalbanken (Art. 3a Abs. l BankG) dürfen nur Banken, welche dieser Definition entsprechen, in ihrer Firma die Bezeichnung «Kantonalbank» verwenden. Die neue Legaldefinition ist ohne weiteres für das Fir-

57

58

Bodmer/Kleiner/Lutz, a.a.O., N. 41e zu Art. 3-3lualer; M. Russenberger, Kantonalbanken im Umbruch - vom staatlichen Institut zur privatrechtlichen Aktiengesellschaft, SZW 1/95, Ziff. 2, S. 10; § 3 des solothumischen Gesetzes vom 4. Dezember 1994 über die Privatisierung der Solothumer Kantonalbank, Solothurnisches Amtsblatt vom 23. Dezember 1994; vgl. dazu: J. Bühlmann, a.a.O., Fn. 45, S. 154 und S. 300.

Art. 25 Bundesgesetz vom 20. Dezember J968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021); vgl. Entscheid in EBK Bulletin 18, S. 26 ff.

3870

·»

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menrecht und die weitere geschäftliche Verwendung dieser Bezeichnung massgebend.

Die Handelsregisterämter beziehungsweise das Institut für Geistiges Eigentum überprüfen, ob die Verwendung der Bezeichnung «Kantonalbank» und die Kantonsbezeichnung aus der Sicht des Firmenrechts beziehungsweise des Markenrechts zulässig ist59. Der übrige Gebrauch der Bezeichnung «Kantonalbank» wird von den kantonalen Behörden beurteilt60. Die Handelsregisterämter und das Institut für Geistiges Eigentum stützen sich bereits heute bei ihrer Beurteilung auf die Legaldefinition der Kantonalbank gemäss Artikel 3a Absatz l Bankengesetz ab. Sofern eine Bank dieser Definition entspricht, kann sie in ihrer Firma und zu anderen geschäftlichen Zwekken die Bezeichnung «Kantonalbank» verwenden. Mit der Beibehaltung einer Legaldefinition im Bankenrecht können die Handelsregisterämter und das Institut für Geistiges Eigentum ihre bisherige Beurteilungspraxis beibehalten. Damit ist auch gesichert, dass die geschäftliche Verwendung dieser Bezeichnung einheitlich beurteilt wird.

Aufgrund dieser Regelung können inskünftig die bestehenden Kantonalbanken mit voller Staatsgarantie sowie Banken ohne volle beziehungsweise ohne Staatsgarantie, welche als Kantonalbanken eine Bewilligung der Bankenkommission erhalten haben, die Bezeichnung «Kantonalbank» verwenden. Ein Hinweis in der Firma auf eine fehlende volle Staatsgarantie ist nicht notwendig.

Aufgrund der erforderlichen Gesetzesrevision auf kantonaler Ebene und damit der umfassenden Information des Publikums61 bezüglich der Beschränkung oder Aufhebung der Staatsgarantie ist eine Täuschung des Publikums und ein Wettbewerbsvorteil durch die Weiterverwendung der Bezeichnung «Kantonalbank» nicht zu erwarten.

23

Bewilligungspflicht und -Voraussetzungen, Aufsicht (Art. 3a Abs. 2 und 3 BankG)

231

Einleitung

Neben den Ausnahmen auf Verordnungsstufe im Bereich der Eigenmittelanforderungen wird die Unterstellung unter die Bewilligungspflicht einen weiteren Unterschied zwischen den Kantonalbanken mit voller Staatsgarantie beziehungsweise Instituten ohne eine solche Garantie darstellen. Erstere bleiben von der Bewilligungspflicht ausgenommen, letztere sind ihr unterstellt.

Die Überführung beziehungsweise Rückführung einer Kantonalbank ohne volle Staatsgarantie in den Status einer solchen mit voller Staatsgarantie, um in den Genuss der angeführten Ausnahmeregelung zu gelangen, ist jederzeit möglich. Die

59

60 61

Art. 940 in Verbindung mit Art. 944 OR und Art. 2 Bst. d Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG; SR 232.11) in Verbindung mit Art. 8 Bundesgesetz vom 5. Juni 1931 zum Schutz öffentlicher Wappen und anderer öffentlicher Zeichen (SR 232.21); Art. 2 Abs. l Bst. b Bundesgesetz vom 24. März 1995 über Statut und Aufgaben des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum (IGEG; SR 172.010.31, AS 1995 5050).

Art. 15 Bundesgesetz zum Schutz öffentlicher Wappen und anderer öffentlicher Zeichen.

Vgl. Ziff. 227.

3871

Trägerschaft muss für die Gewährung einer vollen Staatsgarantie lediglich die Grundlagen im kantonalen Recht schaffen.

232

Bewilligungspflicht und -Voraussetzungen

Nur bei den Kantonalbanken mit voller Staatsgarantie ist die Ausnahme von der Bewilligungspflicht aufgrund der Garantenstellung des Kantons gerechtfertigt.

Bei den Kantonalbanken ohne volle Staatsgarantie besteht keine Rechtfertigung für eine Ausnahme von der Bewilligungspflicht. Solche Kantonalbanken bedürfen demzufolge auch zur Aufnahme beziehungsweise zur Weiterführung der Geschäftstätigkeit einer Bewilligung der Bankenkommission. Diese kann ihr auch wieder entzogen werden. Der gesetzliche Erlass oder der Gründungsakt ist für die Entstehung einer solchen Kantonalbank konstitutiv62. Für die Aufnahme der Geschäftstätigkeit und den notwendigen Eintrag ins Handelsregister63 bedarf es aber vorab der Bewilligung der Bankenkommission64. Diese wird nur erteilt, wenn die Bank die allgemeinen Bewilligungsvoraussetzungen nach Artikel 3 Bankengesetz erfüllt. Die Pflicht zur Einholung einer Bewilligung für die Aufnahme der Geschäftstätigkeit gilt auch für bestehende Kantonalbanken, die - ohne die Rechtsform zu ändern - von einer vollen zu einer beschränkten Staatsgarantie wechseln beziehungsweise die Staatsgarantie aufheben.

Auch Kantonalbanken mit voller Staatsgarantie müssen die Bewilligungsvoraussetzungen von Artikel 3 Absätze 2 und 3 Bankengesetz jederzeit erfüllen. Anforderungen, die den Bewilligungsvoraussetzungen von Artikel 3 Absätze 2 und 3 Bankengesetz entsprechen, müssen demzufolge in den kantonalen Rechtsgrundlagen beziehungsweise den Rechtsgrundlagen der Bank (z. B. Kantonalbankengesetz, Statuten, Organisationsreglemente) festgelegt werden. Ob die Banken diese Anforderungen erfüllen, wird von der Bankenkommission geprüft und beaufsichtigt. Lediglich bezüglich der Aufsicht über die Einhaltung der rein kantonalrechtlichen Vorgaben (Leistungsauftrag) unterstehen die Kantonalbanken der Kontrolle der kantonalen Aufsichtsorgane.

233

Aufsicht

Um einen genügenden Gläubiger- und Steuerzahlerschutz gewährleisten zu können, müssen alle Kantonalbanken in aufsichtsrechtlicher Hinsicht gleich behandelt werden wie die übrigen Banken. Eine Ausnahme von der Unterstellung unter die Aufsicht der Bankenkommission ist im Hinblick auf einen konsequenten Schutz aller Risikoträger (Gläubiger, Trägerschaft und Steuerzahler) nicht mehr gerechtfertigt.

Wie die Probleme von gewissen Kantonalbanken gezeigt haben, hingen diese in erheblichem Masse mit Mängeln im Bereich der Unternehmensleitung und -kontrolle zusammen. Zum Teil wurde mit Rücksicht auf für das Bankgeschäft nicht relevante Interessen zuwenig für die finanzielle Sicherheit und die langfristige Rentabilität der 62

63 64

Für die Gründung einer öffentlich-rechtlichen Anstalt und einer spezialgesetzlichen Aktiengesellschaft ist der kantonale gesetzliche Erlass konstitutiv. Für die Gründung einer gemischtwirtschaftlichen Aktiengesellschaft und einer Aktiengesellschaft nach Artikel 620 ff. OR ist der Eintrag ins Handelsregister konstitutiv.

BGE115 Ib237, E. 3

Art. 3 Abs. l BankG

3872

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^k ^^

Banken eingetreten. Das durch das Bestehen der Staatsgarantie nicht voll vorhandene Risikobewusstsein und das Fehlen einer rasch handelnden, professionellen Aufsicht verlangt gerade auch bei den Kantonalbanken mit voller Staatsgarantie nach einer Unterstellung unter die Aufsicht der Bankenkommission.

Alle Kantonalbanken sind deshalb, wie die übrigen Banken, obligatorisch der uneingeschränkten Aufsicht der Bankenkommission zu unterstellen. Mit dieser Aufsicht sind auch die entsprechenden Sanktionsmöglichkeiten verbunden. So kann die Bankenkommission gegenüber den Kantonalbanken - mit Ausnahme der Liquidation bei Kantonalbanken mit voller Staatsgarantie65 - sämtliche Massnahmen des Bankengesetzes zur Wiederherstellung des gesetzmässigen Zustandes ergreifen66. In letzter Konsequenz kann die Bankenkommission den Kantonalbanken ohne volle Staatsgarantie die Bewilligung zur Weiterführung der Geschäftstätigkeit entziehen, was deren Auflösung zur Folge hat67. Da hingegen Kantonalbanken mit voller Staatsgarantie nicht der Bewilligungspflicht unterstehen, kann die Bankenkommission diesen Banken als letztes Mittel lediglich die Weiterführung der Geschäftstätigkeit ganz oder teilweise untersagen. Die Liquidation beziehungsweise Umstrukturierung ist anschliessend Sache des Kantons.

24

Reservebildungs- und Eigenmittelvorschriften

241

Einleitung

Zur weiteren Verstärkung des Steuerzahler- und des Gläubigerschutzes werden neben der obligatorischen Unterstellung unter die Aufsicht der Bankenkommission zusätzlich die besonderen Reservebildungsvorschriften (Art. 5 Abs. 2 BankG) und Verantwortlichkeitsbestimmungen (Art. 38 Abs. l BankG) für alle Kantonalbanken, dass heisst auch für diejenigen mit voller Staatsgarantie, aufgehoben.

242

Reservebildungsvorschriften (Art. 5 Abs. 2 BankG)

Aufgrund der geltenden Regelung finden, die besonderen bankengesetzlichen Reservebildungsvorschriften von Artikel 5 Bankengesetz auf Kantonalbanken keine Anwendung.

Ein grosser Teil der Kantonalbanken verfügt zwar über die bankengesetzlich notwendigen Reserven, ohne von Bundesrechts wegen dazu verpflichtet zu sein. Wie aber insbesondere die Krise im Immobiliensektor gezeigt hat, haben gewisse Kantonalbanken nicht die notwendigen Reserven bereitgestellt, die nötig gewesen wären, um die Risiken in diesem Geschäftsbereich abdecken und allfällige Verluste ausgleichen zu können; sie sind deshalb bekanntlich in erhebliche Schwierigkeiten geraten.

Um dies inskünftig zu verhindern, werden die Kantonalbanken verpflichtet, die gleichen Reserven bereitzustellen wie die übrigen Banken. Damit wird auch weitgehend vermieden, dass sich die Kantone trotz allenfalls nicht mehr bestehender oder beschränkter Staatsgarantie und demzufolge nicht mehr bestehender Rechtspflicht ver-

65

66 67

Vgl. Ziff. 25.

Art. 23Ier BankG Vgl. Ziff. 25.

3873

anlasst sehen, formell nicht mehr garantierte Einlagen direkt oder indirekt über eine Rekapitalisierung der Bank zu schützen.

Artikel 5 Absatz l Bankengesetz setzt eine kontinuierliche Äufnung eines Reservefonds voraus und zwar bis der Fonds V5 des Grundkapitals oder, bei Banken ohne eigenes einbezahltes Kapital, V2o der fremden Gelder erreicht hat. Aufgrund dieser Regelung sind Kantonalbanken, die nicht bereits über die bankengesetzlich vorgesehenen Reserven verfügen, nicht verpflichtet, den Reservefonds nach dem Inkrafttreten der Gesetzesrevision sofort zu äufnen. Es ist deshalb auch nicht notwendig, diesbezüglich eine Übergangsregelung zu schaffen.

243

Eigenmittelvorschriften

Das geltende Recht gewährt denjenigen Kantonalbanken, für deren Verbindlichkeiten der Kanton vollumfänglich haftet, einen Abzug von 12,5 Prozent der erforderlichen eigenen Mittel68. Dieser Eigenmittelrabatt berücksichtigt unter anderem die Staatsgarantie, belastet indessen potentiell die Steuerpflichtigen.

Weiter können diese Kantonalbanken nachrangige Schulden unter den gleichen Bedingungen wie die übrigen Banken als Eigenmittel anrechnen, sofern die der Bank gewährten nachrangigen Darlehen zufolge Verzicht des Gläubigers oder auf andere Weise nicht durch die Staatsgarantie gedeckt sind69. Da nachrangige Schulden als Eigenmittelsurrogat dienen, ist es zulässig, sie von der Staatsgarantie auszuschliessen, ohne damit den Status als Kantonalbank im Sinne von Artikel 3a Absatz l Bankengesetz in Frage zu stellen70. Erreicht oder übersteigt der Betrag der als Eigenmittel angerechneten nachrangigen Schulden 12,5 Prozent der erforderlichen eigenen Mittel, entfällt der Abzug für die Staatsgarantie. Andernfalls vermindert er sich um die als Eigenmittel angerechneten nachrangigen Verbindlichkeiten71.

Der Gläubigerschutz wird durch diese Bestimmungen nicht tangiert. Sie stehen im Zusammenhang mit der Gewährung der vollen Staatsgarantie. Eine Änderung ist im Hinblick auf den Gläubigerschutz somit nicht angezeigt. Allerdings findet mit dem Eigenmittelrabatt eine Verschiebung des Risikos zu Lasten der Träger der Staatsgarantie - der Steuerzahler - statt. Diese Risikoverschiebung steht zwar im Widerspruch zum gleichfalls angestrebten Schutz der Steuerzahler. Da dieser Schutz aber insgesamt durch die vorgeschlagene Rechtsä'nderung stark verbessert wird72, kann auf eine Änderung der Eigenmittelvorschriften in der Bankenverordnung verzichtet werden. Sollte es sich erweisen, dass auch die in dieser Revision vorgesehenen Massnahmen den Schutz der Steuerzahler nicht genügend zu gewährleisten vermögen, so würde der Bundesrat sich veranlasst sehen, auch für die Kantonalbanken mit voller Staatsgarantie die Gewährung eines Eigenmittelrabattes zu überprüfen.

öS W

Art. 13Bst.bBankV Art. I Ib Abs. 2 Est. b BankV Vgl. Jahresbericht der Bankenkommission 1992, S. 48 ff.

71 72

Art. 13 Bst.b BankV Obligatorische Unterstellung unter die Aufsicht der EBK, Aufhebung der Sondervorschriften betreffend die Reservebildung und der Verantwortlichkeit.

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25

Auflösung von Kantonalbanken73 (Art. 23W"'« BankG)

Wie unter Ziffer 233 ausgeführt, kann die Bankenkommission gegenüber den Kantonalbanken - mit Ausnahme der Liquidation bei Kantonalbanken mit voller Staatsgarantie - sämtliche Massnahmen des Bankengesetzes zur Wiederherstellung des gesetzmässigen Zustandes ergreifen. Den Kantonalbanken ohne volle Staatsgarantie kann die Bankenkommission somit die Bewilligung zur Weiterführung der Geschäftstätigkeit entziehen, was - wie bei den übrigen Geschäftsbanken - deren Auflösung zur Folge hat. Die Auflösung erfolgt gestützt auf die Bestimmungen des Bankengesetzes74 sowie gegebenenfalls des Obligationenrechts75 und, wo juristische Personen des kantonalen Rechts betroffen sind, nach dem anwendbaren kantonalen Recht. Die allfällige Aufhebung der kantonalrechtlichen Grundlagen einer solchen Kantonalbank erfolgt durch das hierfür zuständige kantonale Organ.

Bei den Kantonalbanken mit voller Staatsgarantie kann die Bankenkommission als äusserstes Mittel nur die Schliessung verfügen. Die Auflösung dieser Banken kann aufgrund der Staatsgarantie nicht von den Bundesbehörden angeordnet und nach den Bestimmungen des Bankengesetzes durchgeführt werden. Sie muss von den Kantonen angeordnet und durchgeführt werden. Dabei steht es ihnen frei, über Art und Weise der Auflösung, eine allfällige Sanierung und das zu wählende Verfahren oder die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes zu entscheiden.

26

Verantwortlichkeitsbestimmungen (Art. 38 Abs. l BankG)

Gemäss geltendem Recht finden' die bankengesetzlichen Verantwortlichkeitsbestimmungen auf die Kantonalbanken keine Anwendung.

Wie die Probleme bei gewissen Kantonalbanken gezeigt haben, hingen diese in erheblichem Masse mit Mängeln im Bereich der Unternehmensleitung und -kontrolle zusammen. Es ist deshalb nicht einzusehen, weshalb gerade diese Bereiche, welche in der Vergangenheit häufig mitverantwortlich waren für die aufgetretenen Verluste und Probleme, durch kantonale Sonderregelungen geschützt und allenfalls besser gestellt werden sollen als die Organe der übrigen Banken. Mit einer Anwendung der bankenrechtlichen Verantwortlichkeitsbestimmungen auf sämtliche Kantonalbanken kann das Risikobewusstsein der Unternehmensleitung und -kontrolle verbessert und somit auch der Gläubiger- und Steuerzahlerschutz gestärkt werden.

Durch die Aufhebung des Vorbehalts zugunsten des kantonalen Rechts wird sichergestellt, dass für die Gründer, Organe und Prospektverantwortlichen die Haftungsbestimmungen des Bankengesetzes ausschliesslich und direkt zur Anwendung gelangen76. Die Kantonalbanken sollen bezüglich der Verantwortlichkeit gleich behandelt werden wie die übrigen Banken. Eine Besserstellung der Organe einer Kantonalbank

73

74

75 76

Dieser Abschnitt befasst sich ausschliesslich mit der Auflösung unter den in Art. 23
uin 1 Art. 23i 1> '« Abs. 2 BankG

Für juristische Personen des Bundesprivatrechts.

Kleiner, a.a.O., Rz. Ib zu Art. 38 BankG 3875

bezüglich ihrer Verantwortlichkeit im Vergleich zu den Organen anderer Banken ist nicht gerechtfertigt.

Bei der Gründer-, Prospekt- und Organhaftung im Zusammenhang mit Kantonalbanken mit voller Staatsgarantie ist der Vorbehalt von Artikel 38 Absatz l Bankengesetz heute ohnehin nur in theoretischer Hinsicht von Bedeutung. So besteht für die Gläubiger grundsätzlich kein Anlass, eine Haftung der Gründer und Organe geltend zu machen, da der Kanton unabhängig vom Nachweis eines Verschuldens der Gründer und Bankorgane für allfällige Ausfälle haftet77.

Das interne Verhältnis zwischen dem delegierenden Kanton und damit ein allfälliges Regressrecht gegenüber den Personen, welche vom Kanton in die Bankorgane delegiert wurden, hängt von den jeweiligen Rechtsbeziehungen mit diesen ab78.

27

Sonderstellung der Waadtländer und Genfer Kantonalbank (Übergangsbestimmungen BankG)

Die Banque Cantonale de Genève und die Banque Cantonale Vaudoise sind heute gestützt auf Artikel 3a Absatz l Bankengesetz anders definiert als die übrigen Kantonalbanken. Sie müssen nicht über eine volle Staatsgarantie verfügen. Hingegen müssen die kantonalen Behörden bei der Verwaltung dieser Banken mitwirken. Der Kanton Genf gewährt lediglich auf den Spareinlagen und den Pensionskassengeldern eine Staatsgarantie, der Kanton Waadt gewährt für die Einlagen bei seiner Kantonalbank keine Garantie79.

Diese spezielle Regelung ist darauf zurückzuführen, dass - entgegen dem Antrag des Bundesrates - aufgrund der parlamentarischen Beratungen beim Erlass des Bankengesetzes 1934 der Banque Cantonale Vaudoise, dem Crédit foncier vaudois, der Caisse d'Epargne de la République et Canton de Genève und der Caisse hypothécaire du Canton de Genève eine Sonderstellung eingeräumt wurde. Dies wurde insbesondere mit dem langen Bestehen dieser Banken und der Mitwirkung der Trägerschaft bei der Verwaltung begründet80. Die Sonderstellung wurde in der Folge sowohl bei den Revisionen des Bankengesetzes81 als auch anlässlich der durchgeführten Fusionen82 nicht mehr in Frage gestellt.

Die Rechtsstellung dieser Kantonalbanken ist bereits heute nicht in allen Belangen gleich wie die Stellung der Kantonalbanken mit voller Staatsgarantie. Eine solche Differenzierung ist verfassungs- und gesetzeskonform83. So ist die Eigenmittelun77 78

79

80 81

82

83

Kleiner, a.a.O., Rz. la zu Art. 38 BankG.

L. Schürmann, a.a.O., S. 343. Die Haftung von in Organe gemischtwirtschaftlicher Aktiengesellschaften delegierte Mitglieder und der Regress der Kantone auf diese richtet sich nach"den Bestimmungen von Art. 762 Abs. 4 OR.

Für die von der Banque Cantonale Vaudoise geführte Caisse d'Epargne Cantonale Vaudoise gewährt der Kanton Waadt pro Einleger eine Garantie von maximal Fr. 40 000,zuzüglich Zins für fünf Jahre.

Vgl. insbesondere die Voten von NR Dollfus und NR Vallotton, Sten. Bull. NR 1934, S. 641 ff.

Vgl. z. B. BEI 1970 11167,1994 I 85 ff.

Die Banque Cantonale Vaudoise hat mit dem Crédit foncier vaudois fusioniert. Die Caisse d'Épargne de la République et Canton de Genève hat mit der Caisse hypothécaire du Canton de Genève zur Banque Cantonale de Genève fusioniert.

BGE110Ibl66ff.

3876

terlegung anders geregelt als bei den Banken mit voller Staatsgarantie84. Auch bezüglich des Konkursvorrechtes wurde bislang unterschieden zwischen Banken mit und ohne Staatsgarantie85. Artikel 3Hualer Absatz 2 BV verlangt nur eine Rücksichtnahme auf die besondere Stellung der Kantonalbanken, soweit eine solche überhaupt besteht86. Die Verfassungsbestimmung schafft keine Privilegierung gegenüber den anderen Banken87. Insofern kann auch zwischen den verschiedenen Arten von Kantonalbanken bereits heute differenziert werden.

Diese beiden Kantonalbanken werfen im Hinblick auf den Hauptzweck des Bankengesetzes, des Gläubigerschutzes, de lege lata keine Probleme auf88. Es besteht deshalb keine Veranlassung, den Status dieser Banken sofort zu verändern. Hingegen soll dieser Sonderstatus für die Kantonalbanken der Kantone Waadt und Genf nicht unbegrenzt, sondern lediglich auf zehn Jahre befristet gelten. Im Sinne der Gleichbehandlung müssen diese beiden Kantone spätestens nach Ablauf dieser Frist entscheiden, ob sie ihren Kantonalbanken eine volle Staatsgarantie gewähren wollen oder ob ihre Kantonalbank wie jede andere ohne volle Staatsgarantie behandelt werden soll, dass heisst, ob sie eine Bewilligung der Bankenkommission Verlangen sollen.

Mit der Schaffung des Status von Kantonalbanken ohne volle Staatsgarantie besteht keine Veranlassung mehr, den Sonderstatus für diese beiden Banken auf Dauer beizubehalten. Um den beiden Kantonen beziehungsweise den betroffenen Banken genügend Zeit für 'die allenfalls notwendigen Anpassungen einzuräumen, wird eine Übergangsfrist von zehn Jahren angesetzt. Bis zum Ablauf der Übergangsfrist werden diese beiden Banken - wie bisher - mit Ausnahme des Eigenmittelrabattes, der ihnen' nicht gewährt wird, gleich behandelt wie die Kantonalbanken mit voller Staatsgarantie; dies sofern sie die heute bestehende Rechtsform beibehalten und die Staatsgarantie nicht einschränken. Nehmen sie diesbezüglich Änderungen ihres Status vor, unterstehen sie in der Folge vollumfänglich den Bestimmungen des Bankengesetzes und werden gleich behandelt wie die übrigen Kantonalbanken ohne volle Staatsgarantie. So müsste etwa auch die Fusion der beiden Kantonalbanken oder deren Fusion mit einer anderen Bank, welche zu einer Änderung der Rechtsform oder der Staatsgarantie führt, den Verlust ihrer zeitlich befristeten Sonderstellung nach sich ziehen89.

28

Sonderregelung für die Zuger Kantonalbank (Übergangsbestimmungen BankG)

Gemäss § 7 des kantonalen Gesetzes vom 20. Dezember 197390 über die Zuger Kantonalbank muss sich die Hälfte des Aktienkapitals der Bank im Besitze des 84

An. 13Bst.bBankV Art. 15 Abs. 3 BankG. Diese Bestimmung wurde im Rahmen der SchKG-Revision per 1. Januar 1997 aufgehoben (AS 1995 1313).

86 BGEllOIblVl " Rhinow, a.a.O., Art. Sinter, RZ_ 30.

88 Beide Banken wurden freiwillig der umfassenden Aufsicht der Bankenkommission unterstellt.

89 Der Status der altrechtlichen Bank kann nicht auf ein neues Institut übertragen werden.

Hingegen dürfte die Übernahme von anderen Bankinstituten durch diese Kantonalbanken, wie dies bereits früher, geschehen ist, i.d.R. keine Auswirkungen auf ihren Status haben.

90 Kantonale Gesetzessammlung: BGS 651.1 85

3877

Kantons befinden. Um für Private den Aktienkauf trotz der Mehrheitsbeteiligung des Kantons attraktiv zu machen, hat der Kanton Zug im Gesetz eine allgemeine, auch für den Kanton gültige Beschränkung der Stimmrechtsausübung festgehalten. So darf ein einzelner Aktionär keinesfalls für mehr als den fünften Teil von sämtlichen vertretenen Aktien das Stimmrecht ausüben91. Um das Gesetz ändern und damit wichtige Beschlüsse betreffend die Bank fassen zu können, muss die Zustimmung von mindestens zwei Dritteln der vertretenen stimmberechtigten Aktien und des Kantonsrates vorliegen92. Können sich die Generalversammlung der Kantonalbank und der Kantonsrat nicht über eine Gesetzesänderung einigen, so kann die Auflösung der Kantonalbank verlangt werden93.

Aufgrund dieser Regelung im Gesetz über die Zuger Kantonalbank verfügt der Kanton zwar nicht über mehr als einen Drittel der Stimmen und damit über eine Sperrminorität in der Generalversammlung. Durch die notwendige Zustimmung des Kantonsrates ist aber sichergestellt, dass trotz der Stimmrechtsbeschränkung auf 20 Prozent der vertretenen Aktienstimmen keine wichtigen Beschlüsse betreffend die Kantonalbank gefasst werden können, ohne dass der Kanton seine Zustimmung dazu erteilt. Der Kanton Zug hat damit Voraussetzungen geschaffen, mit welchen die gleichen Ziele erreicht werden wie mit der Verfügungsgewalt über mehr als einen Drittel der Stimmen94. Es erscheint deshalb nicht notwendig, den Kanton Zug kurzfristig zu einer Gesetzesänderung bezüglich der Stimmrechtsbeschränkung zu veranlassen. Allerdings gilt diese nur so lange, als der Kanton selbst nichts an den Grundlagen dieser Regelung ändert. So darf die Staatsgarantie und die Ausübung des Stimmrechts- durch den Kanton nicht geändert werden, und es muss sichergestellt bleiben, dass wichtige Beschlüsse nicht ohne die Zustimmung des Kantons gefasst werden können.

3

Auswirkungen

31 311

Finanzielle und personelle Auswirkungen Auf den Bund

Finanzielle Auswirkungen Die Kantonalbanken sind, wie alle anderen kantonalen Anstalten, von der Pflicht zur Leistung direkter Bundessteuem ausgenommen95. Es muss davon ausgegangen werden, dass die Kantonalbanken bei einem Wechsel der Rechtsform in Aktiengesellschaften nicht mehr von der direkten Bundessteuer befreit sein werden96. Die Rechtsformumwandlung von Kantonalbanken wird deshalb neben der Stempelsteuer neu auch zu zusätzlichen Erträgen im Bereich der direkten Steuern führen. Der Umfang dieser Erträge lässt sich nicht abschätzen, da nicht feststeht, wie viele Kanto-

91 92 93 94

95 96

§ 19 Abs. 2 Gesetz über die Zuger Kantonalbank.

§ 42 Abs. l und 2 Gesetz über die Zuger Kantonalbank.

§ 42 Abs. 3 in Verbindung mit § 43 Gesetz über die Zuger Kantonalbank.

Art. 3a Abs. l ; Sperrminorität.

Art. 56 Bst. b Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11).

H. Masshardt, Kommentar zur direkten Bundessteuer, 2. Auflage, Zürich 1985, Ziff. 4 zu Art. 16; Agner/Jung/Steinmann, Kommentar zum Gesetz über die direkte Bundes" Steuer, Zürich 1995, Ziff. 3 zu Art. 56.

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nalbanken zu welchen Bedingungen umgewandelt beziehungsweise welche Erträge diese versteuern werden.

Personelle Auswirkungen Es ist nicht davon auszugehen, dass die Bankenkommission aufgrund dieser Gesetzesänderung zusätzliches Personal rekrutiert. Die zusätzlichen Überwachungsaufgaben in bezug auf die obligatorische Unterstellung der Kantonalbanken unter die Aufsicht der Bankenkommission können von dieser im Rahmen ihrer bisherigen Tätigkeit wahrgenommen werden. Da bereits eine grosse Zahl von Kantonen ihre Kantonalbanken freiwillig der Aufsicht der Bankenkommission unterstellt haben (15 von 24), wird die Geschäftslast der Bankenkommission durch die obligatorische Unterstellung sämtlicher Kantonalbanken unter die Aufsicht der Bankenkommission nicht erheblich zunehmen.

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Auf die Kantone und Gemeinden

Finanzielle Auswirkungen Wie unter Ziffer 311 ausgeführt wurde, wird die Rechtsformumwandlung von Kantonalbanken neben einer Belastung durch die Stempelsteuer für die Kantonalbanken zu einer zusätzlichen Belastung durch die direkte Bundessteuer führen. Welche weiteren finanziellen Auswirkungen mit anfälligen Rechtsformumwandlungen verbunden sind, kann nicht generell beurteilt werden, da dies von den jeweiligen kantonalen Regelungen abhängt.

Personelle Auswirkungen Aufgrund der obligatorischen Unterstellung unter die Aufsicht der Bankenkommission ist im Bereich der kantonalen Aufsichtsbehörden mit einer Reduktion der Geschäftslast zu rechnen. Die Auswirkungen auf die Arbeitslast der kantonalen Aufsichtsbehörden richtet sich jedoch in erster Linie nach den entsprechenden Regelungen im kantonalen Recht. Welche personellen Auswirkungen sich im Bereich der Kantone ergeben und wie sich allfällige Rechtsformänderungen von Kantonalbanken beziehungsweise deren (Teil-)Privatisierung auf die Rechnung der Kantone auswirken, kann nicht generell beurteilt werden. Dies hängt von den jeweiligen Bedingungen ab, welche das kantonale Recht festlegt.

313

Ausgabenbremse

Das Bankengesetz und insbesondere die vorgeschlagene Revision sind der Ausgabenbremse nicht unterstellt, da keine Subventionen (Finanzhilfen oder Abgeltungen) vorgesehen sind.

4

Legislaturplanung

Die Vorlage ist in der Legislaturplanung 1995-1999 (BB11996II293) nicht angekündigt worden.

Aufgrund der vorliegenden parlamentarischen Vorstösse, der seit 1995 im Kantonalbankenbereich aufgetauchten Probleme und der in verschiedenen Kantonen an3879

stehenden Projekte bezüglich einer Neuausrichtung der Kantonalbanken muss diese Vorlage als dringlich betrachtet werden. Von einigen Vernehmlassungsteilnehmem wurde betont, dass die Revision des Bankengesetzes möglichst rasch an die Hand genommen werden sollte.

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Internationaler Kontext

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'

Allgemeines

Auf internationaler Ebene bestehen keine verbindlichen Regelungen, welche ausschliesslich Banken betreffen, an welchen die öffentliche Hand in irgendeiner Form beteiligt ist.

Zu den Kantonalbanken wurden aber schon verschiedentlich Empfehlungen von internationalen Gremien abgegeben. Die bedeutendsten werden nachfolgend aufgeführt.

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IWF: Artikel-IV-KonsuItationen 1996 und 1997

Gestützt auf Artikel IV seiner Statuten97 führt der Internationale Währungsfonds (IWF) jährlich Konsultationen bei seinen Mitgliedern durch. Diese Konsultationen bilden das Hauptelement seiner wirtschaftlichen Überwachungstätigkeit. Sie erlauben dem IWF, die wirtschaftliche Lage der einzelnen Länder besser einzuschätzen und zu überprüfen, ob deren Wirtschaftspolitik im Einklang mit den Verpflichtungen als Mitglieder des IWF stehen.

Anlässlich der vierten Konsultation mit der Schweiz hat der IWF auch Auskünfte über den Status der Kantonalbanken und dessen allfällige Änderungen im Hinblick auf den Bericht des Bundesrates und der Wettbewerbskommission von 1995 verlangt. Der IWF wurde im Oktober 1996 über Sie rechtliche Stellung der Kantonalbanken und die Einsetzung einer Expertenkommission informiert.

In ihrer zusammenfassenden Stellungnahme kam die Delegation des IWF zum Schluss, dass die Kantonalbanken eine mögliche finanzielle Belastung für die Kantone darstellen und eine Ausgewogenheit in bezug auf den Schutz der Steuerzahler und der Gläubiger gesucht werden müsse.

Gemäss der Zusammenfassung des geschäftsführenden Direktors haben Exekutivdirektoren ihrer Besorgnis über die finanziellen Grundlagen der Kantonalbanken und die möglichen Folgen für die kantonalen Finanzen Ausdruck verliehen. Die verantwortlichen Behörden sollten ermuntert werden, Schritte zu unternehmen, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden und die Geschäftsführung sowie die Rechnungslegung der Kantonalbanken zu verbessern. Die Situation verlange eine genaue Prüfung durch die Aufsichtsbehörden des Bundes und der Kantone.

Der IWF wiederholte anlässlich der Konsultationen von 1997 seine Anfrage betreffend die Kantonalbanken. Er wurde in der Folge über die vorgesehenen Änderungen des Bankengesetzes betreffend die Unterstellung unter die Aufsicht der Bankenkommission, die Möglichkeit des Verzichts auf die Staatsgarantie, die Bewilligungserteilung sowie die Aufhebung der besonderen Reservebildungs- und Haftungsbe97

SR 0.979.1; AS 1992 2571

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Stimmungen informiert. Die vorgeschlagenen Änderungen wurden im Schlussbericht des IWF anerkennend geweitet.

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OECD: Wirtschaftsberichte 1995»

In seinem Wirtschafisbericht des Jahres 1995 über die Schweiz hat sich die OECD auch mit den öffentlich-rechtlichen Unternehmungen befasst59.

Im Bericht wird festgestellt, dass die Öffentliche Hand durch die Kantonalbanken Über erhebliche Beteiligungen im Bankensektor verfügt. Durch die den Kantonalbanken auferlegten Beschränkungen bezüglich ihrer Aktivitäten und der Unmöglichkeit, von der Intemationalisierung profitieren zu können, müsse die Produktivität der Kantonalbanken im Vergleich zu den anderen Banken als mittelmässig bezeichnet werden. Die Staatsgarantie und die bankenrechtliche Sonderstellung werden insofern nicht als positiv gewertet, als diese eine vorsichtige Geschäftsführung nicht gerade fördern würden. Gewisse Kantonalbanken seien infolge der Krise im Immobiliensektor und den fehlenden Reserven, um die Verluste ausgleichen zu können, in erhebliche Schwierigkeiten geraten.

Aufgrund dieser Ereignisse seien Zweifel an der Existenzberechtigung der Kantonalbanken aufgekommen. Wie auch in anderen OECD-Mitgliedstaaten wurde festgestellt, dass bei öffentlich-rechtlichen Bankinstituten mit Staatsgarantie Probleme bestehen im Hinblick auf das Risikobewusstsein und die Überwachung, welche nicht zu vergleichen seien mit denjenigen der privaten Banken. Es wird deshalb im Bericht der Schluss gezogen, dass die Wahrnehmung von öffentlichen Interessen durch die Kantonalbanken effizienter gestaltet werden könnte, wenn diese direkt abgegolten würden. Die öffentliche Hand würde sich so veranlasst sehen, die öffentlichen Interessen klarer zu umschreiben, womit eine bessere Evaluation der eingesetzten Mittel vorgenommen werden könnte. Die von einigen Kantonen angestrebte Privatisierung wäre demzufolge ein Mittel zur Effizienzsteigerung und würde zudem im Bankensektor allen Wettbewerbsteilnehmern gleich lange Spiesse verschaffen.

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Basler Âusschuss für Bankenaufsicht100

Der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht hat in den im April 1997 veröffentlichten «Core Principles for Effective Bank Supervision» festgehalten, dass alle Banken ungeachtet der Eigentümerschaft - den gleichen Geschäftsführungs- und Aufsichtsregeln unterstehen sollten. Gleichwohl müsse die spezielle Stellung der staatlichen Banken anerkannt werden. So kann einerseits das Zurverfügungstehen von staatlichen Mitteln für diese Banken ein Vorteil und eine Stärkung darstellen. Andererseits ist aber zu beachten, dass durch diese Mittel innerhalb der Bank bestehende Probleme nicht rechtzeitig erkannt werden und die Marktdisziplin weniger effektiv ist als 58 99 100

Etudes économiques de l'OCDE, Suisse 1995, OECD Paris 1995.

Wirtschafisbericht, S. 88 ff.; zu den Kantonalbanken, S. 110 ff.

Basler Ausschuss: 1975 durch die Notenbank-Gouverneure der Zehnergruppe gebildet, setzt sich zusammen aus hohen Funktionären der Bankenaufsichtsbehörden und der Notenbanken Belgiens, Deutschlands, Frankreichs, Grossbritanniens, Italiens, Japans, Kanadas, Luxemburgs, Schwedens, der Schweiz und der Vereinigten Staaten. Die EU hat Beobachterstatus. Die Schweiz ist durch den Direktor des Sekretariats der Bankenkoramission sowie einen Direktor der Nationalbank vertreten.

3881

bei anderen Banken. Insbesondere können diese Mittel auch zum Eingehen von das übliche Mass überschreitenden Risiken führen. Es sei deshalb von grossier Bedeutung, dass bei staatlichen Banken, um die Steuerzahler und das Kreditwesen allgemein zu schützen, die gleichen Aufsichtsmittel und -massstäbe zur Anwendung kommen wie bei den anderen Banken101.

55 551

Rechtsvergleichung Europäische Gemeinschaft

Im Bankensektor ist gestützt auf Artikel 61 Absatz 2 EG-Vertrag und im Zuge der Liberalisierung des Kapitalverkehrs ein weitgehend harmonisiertes europäisches Recht entstanden. Mit den Richtlinien zur Herstellung eines, einheitlichen Bankenmarktes wurden insbesondere die Mindestvoraussetzungen für die grenzüberschreitende Zulassung sowie das Aufsichtsrecht angeglichen102.

Der besondere Status von Instituten mit Staatsgarantie wird durch das Gemeinschaftsrecht nicht in Frage gestellt. Auch im Gemeinschaftsrecht wird der Sonderstellung, die im nationalen Recht festgehalten werden, Rechnung getragen. So wird die Anwendung der Richtlinien zur Herstellung eines einheitlichen Bankenmarktes auf die Tätigkeit von in der Ersten Koordinierungsrichtlinie aufgelisteten Öffentlichrechtlichen Instituten auf Dauer ausgeschlossen103 oder es wird ihnen zumindest eine Sonderstellung eingeräumt, welche nur eine sehr eingeschränkte Anwendung der betroffenen Rechtsakte zulässt104.

552

Deutschland

Die sogenannten öffentlichen Banken in der Bundesrepublik Deutschland105 sind in die Rechtsform der Anstalt, der Körperschaften des öffentlichen Rechts und als Aktienbanken organisiert. Eigentümer dieser Banken sind überwiegend die Länder (Landesbanken) sowie die Sparkassen- und Giroverbände. Die Beteiligung der öffentlichen Hand reicht vom ausschliesslichen Landeseigentum bis hin zu einer 100-Prozent-Eigentümerschaft der Sparkassen- und Giroverbände. Die Förder- und Spezialkreditinstitute befinden sich im Eigentum des Bundes oder der Länder.

101

102

103

1(M

105

«Gore Principles for Effective Bank Supervision», Appendix I, Special Issues Relaied lo Govemment-owned Banks, Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, April 1997. Übersetzung in EBK Bulletin 33, S. 135.

Erste Koordinierungsrichtlinie: 77/780/EWG-AB1. L 322/1977 S. 30 zuletzt geändert durch die Richtlinie: 96/13/EG-AB1. L 66/1996 S. 15; Zweite Koordinierungsrichtlinie: 89/646/EWG-AB1. L 386/1989 S. I; Richtlinie 92/30/EWG über die Beaufsichtigung von Kreditinstituten auf konsolidierter Basis - ABI. L 110/1992 S. 52.

Vgl. Art. 2 Abs. 2 Erste Koordinierungsrichtlinie sowie die angeführten Revisionen und Art. 2 Abs. 2 Zweite Koordinierungsrichtlinie sowie Art. 2 Richtlinie 92/30/EWG über die Beaufsichtigung von Kreditinstituten auf konsolidierter Basis - ABI. L 110/1992 S. 54.

Art. 2 Richtlinie 92/30/EWG über die Beaufsichtigung von Kreditinstituten auf konsolidierter BasisABI. L 110/1992 S. 54: Behandlung wie Finanzinstitute und nicht als Kreditinstitute.

Förder- und Spezialkreditinstitute, Landesbanken/Girozentralen, AG-Banken und Sparkassen.

3882

Die Hauptaufgabenbereiche der öffentlichen Banken sind das sogenannte Fördergeschäft - die Gewährung von Krediten und Bürgschaften zu Sonderkonditionen im öffentlichen Interesse106. Daneben haben sich vor allem die Landesbanken zu regional tätigen Universalbanken entwickelt. Die Aufgabenbereiche der öffentlichen Bankinstitute sind in ihren Satzungen festgeschrieben.

Es bestehen zwei Haftungsformen für diese Banken. Die sogenannte Anstaltslast und die Gewährsträgerhaftung. Erstere beinhaltet eine Gewährleistung, welche nur im Innenverhältnis zwischen der Trägerschaft und dem Bankinstitut Wirkung entfaltet, bezüglich der Erhaltung der Funktionsfähigkeit in finanzieller Hinsicht107.

Letztere ist eine summenmässig unbeschränkte und unmittelbare Ausfallgarantie der Trägerschaft gegenüber den Gläubigem des Institutes für alle Verbindlichkeiten der öffentlichen Bank108. Die Anstaltslast ist gewohnheitsrechtlich und teilweise gesetzlich verankert; die Gewährsträgerhaftung ist in den entsprechenden Rechtsgrundlagen der Banken festgeschrieben. Wird eine öffentliche Bank mit Gewährsträgerhaftung in eine privatrechtliche Bank umgewandelt109, so besteht diese Haftung für diejenigen Verbindlichkeiten fort, die im Zeitpunkt der Umwandlung bereits bestanden haben, nicht hingegen für neue Verpflichtungen110.

Auch in Deutschland wurde in den letzten Jahren die Existenzberechtigung der öffentlichen Banken als Teil der öffentlichen Hand in Zweifel gezogen. Insbesondere wurden ordnungspolitische und fiskalische Gründe - bei Privatisierung anfallender Erlös - für eine Privatisierung angeführt. Der öffentliche Auftrag dieser Institute und insbesondere auch die Versorgungsfunktion wurden teilweise als veraltet dargestellt.

Diese Kritik hat aber bislang nicht dazu geführt, dass vermehrt öffentliche Banken privatisiert wurden. Dies dürfte darauf zurückzuführen sein, dass die Funktion dieser Institute als Wettbewerbsregulativ im regionalen Umfeld sowie als Staats- und Hausbank für Länder, Gemeinden und regional tätige Wirtschaftsunternehmen bei den Trägem dieser Banken schwerer gewichtet wird als allfällige Vorteile einer Privatisierung111.

553

Liechtenstein

Im Hinblick auf den Beitritt Liechtensteins zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) am 1. Mai 1995 und die damit verbundene Übernahme diverser Richtlinien der Europäischen Union wurde das liechtensteinische Finanzdienstleistungsrecht angepasst. So wurde auch das Gesetz über die Banken und Sparkassen von 1961 (neu: Gesetz über die Banken und Finanzgesellschaften, Bankengesetz), das sich an die schweizerische Rechtsordnung anlehnte, total revidiert.

106

Bsp.: Wohnbau- und LandwirtschaftsfÖrdenmg, Finanzierung von Umweltschutzvorhaben, Bildung neuer Unternehmen usw.

Bsp.: Ausgleich einer allfälligen Unterbilanz.

Eingeschlossen sind die Verbindlichkeiten für alle in- und ausländischen Filialen, nicht hingegen für Tochterinstitute.

K» Vgl.§385a Aktiengesetz.

110 Vgl. § 303 Abs. 2 Umwandlungsrecht.

1 1 ' Aufgrund einer Initiative von deutschen Privatbanken überprüft die EU-Kommission zur Zeit, ob die Sonderstellung der öffentlichen Banken (Haftung und Mittel der öffentlichen Hand) ordnungspolitisch relevant ist und eine Änderung des Rechts der EU vorgenommen werden müsste. Resultate dieser Abklärungen liegen noch nicht vor.

107 108

3883

Parallel zur Revision des Bankengesetzes wurde auch die rechtliche Ordnung für die staatliche Liechtensteinische Landesbank revidiert. Mit dem Gesetz vom 21. Oktober 1992 über die Liechtensteinische Landesbank wurde die sich im Staatseigentum befindende Bank in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und teilweise privatisiert sowie die Staatsgarantie eingeschränkt112. Die Landesbank untersteht neu vollumfänglich dem Bankengesetz.

554

Österreich, Frankreich, Italien

Diese Staaten waren in erheblichem Ausmasse im Bankensektor tätig. Die Beteiligung der öffentlichen Hand reichte vom ausschliesslichen Staatseigentum bis hin zu einer mehr oder weniger umfangreichen Beteiligung des Staates oder von Staatsunternehmen an Bankinstituten.

Seit einigen Jahren bestehen in diesen Staaten weitgehende Bestrebungen, neben anderen staatlichen Unternehmen und Beteiligungen auch die öffentlichen Banken zu privatisieren beziehungsweise die Beteiligungen an Banken abzubauen. Die Gründe hierfür sind hauptsächlich fiskalischer Art (Äufnung der Staatskasse mittels der zufliessenden Privatisierungs- und Veräusserungserlöse) sowie die angestrebte Liberalisierung113.

6 61

Rechtliche Grundlagen Verfassungs- und Gesetzmäßigkeit

Die verfassungsrechtliche Zuständigkeit des Bundes für diese Gesetzesänderung ergibt sich aus Artikel 3l9ua'er BV.

Artikel 31i"alcr Absatz 2 BV verpflichtet den Bund, in der Gesetzgebung über das Bankwesen «der besonderen Aufgabe und Stellung der Kantonalbanken Rechnung zu tragen». Eine Rücksichtnahme auf die besondere Stellung der Kantonalbanken wird demzufolge nur verlangt, soweit eine solche überhaupt besteht114. Die Verfassungsbestimmung erlaubt keine Privilegierung gegenüber den anderen Banken115.

Insofern muss bereits heute zwischen den verschiedenen Arten von Kantonalbanken differenziert und die Unterschiede zwischen den Kantonalbanken und den anderen Banken mitberücksichtigt werden. Je mehr sich die einzelnen Kantonalbanken den anderen Banken angleichen, desto weniger ist in Anwendung von Artikel 31iualer Absatz 2 BV die Gewährung einer Sonderstellung im Bundesrecht gerechtfertigt.

Der Revisionsvorschlag lässt es den Kantonen weitgehend offen, welche Stellung sie ihren Banken im kantonalen Recht einräumen wollen (Staatsgarantie, Rechtsform, Leistungsauftrag, weitergehende Beteiligung des Kantons). Dieser im kanto112

Nur noch für Sparguthaben bei der Landesbank und für die Kassenobligationen der Landesbank, soweit deren Mittel nicht ausreichen (Art. 5 Gesetz vom 21. Oktober 1997 über die Liechtensteinische Landesbank).

"3 OECD Wirtschaftsberichte, Österreich 1995, OECD Paris 1995, S. 104 f.; Etudes économiques de l'OCDE, Autriche 1989/90, OECD Paris 1990, S. 40 u. 51; Etudes économiques de l'OCDE, France 1997, OECD Paris 1997, S. 132 ff.; Etudes économiques de l'OCDE, Italie 1992-93, OECD Paris 1993, insb. S. 69 ff. .

114 BGE1101bl71 115 Rhinow, in Kommentar zur BV, Art. 3 Huater, Rz. 30.

3884

*

nalen Recht festgeschriebenen Stellung wird im Bundesrecht bei Kantonalbanken mit voller Staatsgarantie durch die Gewährung des Eigenmittelrabattes und die Befreiung von der Bewilligungspflicht angemessen Rechnung getragen. Dem Grundsatz von Artikel 31iuatcr Absatz 2 BV wird demzufolge nachgelebt, soweit der Gläubiger- und Steuerzahlerschutz dies zulassen.

62

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Der Entwurf enthält keine Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen an den Bundesrat oder an eine andere Behörde.

B. Grenzüberschreitende Aufsicht über Banken, Börsen und Effektenhändler (Vor-Ort-Kontrollen) I II III

Allgemeiner Teil Ausgangslage Internationalisierung der Finanzgeschäfte

Die internationale Tätigkeit der Banken und Finanzintermediäre hat sich in den letzten Jahren zunehmend verstärkt. Dieser international feststellbare Trend zur Globalisierung gilt auch für die schweizerischen Banken, das heisst Banken, deren Stammhaus oder Sitz in der Schweiz ist und für deren konsolidierte Überwachung die Bankenkommission verantwortlich ist. Besonders eindrücklich ist diese Entwicklung bei den zwei Schweizer Grossbankenkonzernen. Ihre Geschäftstätigkeit ist am stärksten international ausgerichtet. Diese Entwicklung hat sich in den letzten Jahren noch verstärkt. 63 Prozent ihrer Aktiven und 57 Prozent ihrer Passiven liegen im Ausland (alle Zahlen per 1996). Rund 25 Prozent ihrer ca. 89 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erwirtschaften im Ausland (1992: 19 %) 32 Prozent der Betriebserträge (1995: 30 %). Von 1992-1996 wuchs auch das Netz der ausländischen Niederlassungen116 sehr, viel stärker als das inländische (47 % gegenüber 6 %).

Die Internationalisierung des Finanzgeschäfts machte sich auch in der Schweiz als traditionelles Gastland ausländischer Banken bemerkbar. So nahm die Zahl der schweizerischen Tochtergesellschaften und Zweigniederlassungen von ausländischen Banken von 1987 bis 1996 um beachtliche 23 Prozent auf 157 zu. Zwar nahm ihr Anteil am Bilanzsummentotal in den letzten zehn Jahren um rund 9 Prozent ab.

In einzelnen Geschäftsbereichen haben die Auslandbanken aber einen erheblichen Marktanteil. So halten sie über die Hälfte der über Schweizer Banken getätigten Treuhandanlagen oder rund 16 Prozent der Depotwerte (einschüesslich Treuhandgelder). Ihre Stellung am für den ganzen Finarizplatz wichtigen Vermögensverwaltungsgeschäft ist somit bemerkenswert. Nach Umfragen des Verbandes der Auslandbanken in der Schweiz (Auslandbankenverband) tätigen die Auslandbanken in der Schweiz rund 85 Prozent dieses Vermögensverwaltungsgeschäfts mit privaten Anlegern, die überwiegend im Ausland ansässig sind.

"6 Zum Begriff der Niederlassung: Vgl. Ziff. 228.

3885

112

Instrumente der grenzüberschreitenden Überwachung

Die zunehmend international tätigen Banken werden nicht durch internationale Aufsichtsbehörden überwacht. Vielmehr stehen die nach wie vor national organisierten Aufsichtsbehörden vor der Aufgabe, ihr Aufsichtsinstrumentarium der weltweiten Geschäftstätigkeit der überwachten Finanzintermediäre und der immer stärkeren Vernetzung der Finanzmärkte anzupassen.

Im Bereich der Bankenaufsicht beschäftigt sich der weltweit als standardsetzend anerkannte Basler Ausschusses für Bankenaufsicht (Basler Ausschuss) seit Jahrzehnten mit den damit zusammenhängenden Fragen. Er hat dazu in mehreren Etappen Grundsätze für eine wirksame Beaufsichtigung international tätiger Banken formuliert, worunter das sogenannte «Basler Konkordat» und aufgrund ihrer Aktualität insbesondere die «Stockholmer Empfehlungen» vom Juni 1996 und die «Grundprinzipien für eine wirksame Bankenaufsicht» vom September 1997 speziell zu erwähnen sind117. Aufgrund dieser Empfehlungen sollen folgende Massnahmen getroffen werden: Alle international tätigen Banken werden im Herkunftsland durch eine Behörde beaufsichtigt, die eine konsolidierte Beaufsichtigung wahrnehmen kann.

Gast- und Herkunftslandbehörden sind bei ernsthaften Problemen einer international tätigen Bank unverzüglich zu informieren.

Die Gründung einer Bankniederlassung im Ausland wird im voraus von der Aufsichtsbehörde des Gastlandes und der Aufsichtsbehörde des Herkunftslandes der Bank genehmigt.

Ein Informationsaustausch wird nicht nur zwischen Bankaufsichtsbehörden, sondern auch zwischen Bank- und Finanzmarktaufsichtsbehörden ermöglicht.

Die Aufsichtsbehörden haben im Rahmen der Herkunftslandkontrolle das Recht, bei den Auslandniederlassungen der Banken oder Bankkonzerne, für die sie als Herkunftslandbehörde verantwortlich sind, Informationen einzuholen.

Eine Aufsichtsbehörde hat verschiedene Möglichkeiten, Informationen über ausländische Niederlassungen der von ihr auf konsolidierter Basis überwachten Bankgruppen einzuholen beziehungsweise überprüfen zu lassen. Sie kann; Informationen von der nach dem Recht ihres Landes organisierten Mutterbank verlangen118, welche sie ihrerseits beispielsweise direkt bei ihrer ausländischen Niederlassung oder durch ihre interne oder externe Revisionsstelle erheben muss; auf-dem Weg der Amtshilfe die Gastlandbehörde ersuchen, die Informationen bei der Niederlassung zu erheben oder beispielsweise durch Revisionsstellen erheben zu lassen und ihr zu übermitteln; 117

So namentlich: Grundsätze für die Beaufsichtigung der ausländischen Niederlassungen von Banken (Mai 1983, das sogenannte «Basler Konkordat»); Sicherstellung eines ausreichenden Informationsaustausches zwischen den Bankaufsichtsbehörden (Ergänzung vom April 1990 des Basler Konkordates von 1975/1983, EBK Bulletin 22, S. 56); Informationsaustausch zwischen Banken- und Finanzmarktaufsichtsbehörden (April 1990, EBK Bulletin 22, S. 71); Mindestanforderungen für die Beaufsichtigung internationaler Bankkonzerne und ihrer grenzüberschreitenden Niederlassungen (Juni 1992, das sogenannte «BCCI-amendment», EBK Bulletin 23, S. 44); Grenzüberschreitende Bankenaufsicht (Oktober'1996, Stockholmer-Empfehlungen, EBK Bulletin 31, S. 57); Grundsätze für eine wirksame Bankenaufsicht (September 1997, EBK Bulletin 33, S. 71).

118 in BGE jpg ib 5J9 ^t das Bundesgericht ein derartiges Auskunftsbegehren der EBK als rechtmässig geschützt.

3886

*

eine Revisionsstelle mit der Erhebung und Prüfung der Angaben beauftragen; eigene direkte Prüfungen bei der ausländischen Niederlassung durchführen («Vor-Ort-Kontrollen»), sei es alleine oder zusammen mit der Gastlandbehörde.

In allen Fällen müssen sich die beteiligten Behörden vollständig und offen über ihre Erhebungen informieren.

Während Jahren betrachtete der Basler Ausschuss jede dieser Methoden der Informationserhebung für sich alleine als ausreichend. Seit 1992 und insbesondere als Folge der Unzulänglichkeiten, welche sich bei der Überwachung in den Fällen Bank of Commerce and Crédit (BCCI)119 und Barings120 zeigten, wird jedoch auf internationaler Ebene immer dringender gefordert, dass Herkunftslandbehörden die Möglichkeit haben müssten, bei ausländischen Niederlassungen der von ihnen überwachten internationalen Banken selbst direkte Prüfungen «vor Ort» durchzuführen.

In den Fällen BCCI und Barings verursachten betrügerische Handlungen ausserhalb des Herkunftslandes den wirtschaftlichen Zusammenbrach der Institute.

Diese Entwicklung gipfelte in 29 Empfehlungen zur grenzüberschreitenden Bankenaufsicht («Stockholmer-Empfehlungen»121), welche im Juni 1996 anlässlich der Internationalen Bankaufseherkonferenz, der International Conference of Banking Supervisors, in Stockholm veröffentlicht worden sind. Mit den 29 Stockholmer Empfehlungen sollen die Aufsicht über die Risiken im Bankgeschäft verbessert sowie die Stabilität der einzelnen Kreditinstitute und des Finanzsystems insgesamt sichergestellt werden. Die Empfehlungen enthalten folgende wesentlichen Punkte: Unter der Voraussetzung, dass die Identität der Kunden angemessen geschützt ist, sollten Herkunftslandbehörden die Möglichkeit haben, nach ihrem Ermessen und nach Konsultation der Gastlandbehörde der betreffenden Länder Prüfungen vor Ort durchzuführen, um eine wirksame und umfassende konsolidierte Aufsicht vornehmen zu können (Empfehlung, Abs. 19).

Der Bericht unterscheidet nicht zwischen Zweigniederlassungen und Tochtergesellschaften, sondern behandelt beide gleich, indem er sie als «Auslandsniederlassung» bezeichnet (Empfehlung, Abs. 17) und die Durchführung von Vor-Ort-Kontrollen allgemein befürwortet (Empfehlung, Abs. 19).

Im Rahmen der konsolidierten Aufsicht sollen die Herkunftslandbehörden auch das Recht haben, mit Zustimmung
der Gastlandbehörden und im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen des Gastlandes Zugang zu Namen einzelner Einleger oder Investoren und zu Informationen über die betreffenden Einlagenbzw. Anlagekonten zu erhalten (Empfehlung, Abs. 19). Ohne Einschränkung sollen Herkunftslandaufsichtsbehörden Zugang zu Informationen über Schuldner haben (Empfehlung, Abs. 8).

Gastlandbehörden, in deren Länder die Gesetzesregelungen Prüfungen vor Ort durch Aufsichtsbehörden anderer Länder nicht zulassen, sollen sich gezielt für eine Änderung einsetzen (Empfehlung, Abs. 12).

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119

120

121

Am 5. Juli 1991 schlössen Bankenaufsichtsbehörden in einer konzertierten Aktion unter der Führung der Bank of England die in rund 70 Ländern tätige BCCI-Bankengruppe wegen betrügerischen Machenschaften der obersten Geschäftsleitung. Vgl. EBKJahresbericht 1991, S. 40 f.

Im Frühjahr 1995 wurde bekannt, dass die britische Investment-Bank «Barings Brothers» durch die unlauteren Machenschaften eines Händlers bei einer Tochtergesellschaft im asiatischen Raum einen Verlust von über £ 800 Mio. erlitt und deshalb ihre Selbständigkeit aufgeben musste. Vgl. EBK-Jahresbericht 1995, S. 14.

Vgl. vorne FN 117.

,

3887

Für die Durchführung der Vor-Ort-Kontrolle schlägt der Stockholmer Bericht122 ein Standardverfahren vor: Die Herkunftslandbehörde informiert die Gastlandbehörde über ihre Absicht, eine Niederlassung im Gastland zu besuchen.

Die Herkunftslandbehörde erläutert der Gastlandbehörde den Zweck des Besuchs und den Gegenstand ihrer Untersuchungen bei der Niederlassung, Die Herkunftslandbehörde verpflichtet sich gegenüber der Gastlandbehörde, die bei dem Besuch gewonnenen Informationen nur für ganz bestimmte aufsichtsrelevante Zwecke zu verwenden und - soweit im Rahmen der geltenden Gesetze möglich - nur mit vorheriger Zustimmung der Gastlandbehörde an Dritte weiterzugeben.

Die Gastlandbehörde nennt der Herkunftslandbehörde eventuelle Bereiche, für die eigentliche Informationsbeschränkungen gelten (z. B. Informationen über einzelne Kunden). Benötigt die Herkunftslandbehörde eine Ausnahmeregelung, muss sie dies angeben.

Die Gastlandbehörde hat die Möglichkeit, aber nicht die Pflicht, die Herkunftslandbehörde beim Besuch zu begleiten.

Gegebenenfalls informiert die Gastlandbehörde die Herkunftslandbehörde über die gesetzlich vorgeschriebene Vorgehensweise im Gastland; wenn nötig oder zweckdienlich, ist sie bei der korrekten Einhaltung dieser Verfahren behilflich, um eine rasche Durchführung der Prüfung zu ermöglichen.

Eine Umfrage des Basler Ausschusses von 1996 ergab, dass die weit überwiegende Mehrheit aller befragten 127 Staaten als Gastland ausländischer Banken Vor-OrtKontrollen der verantwortlichen ausländischen Herkunftslandbehörden bereits zulassen. Solche grenzüberschreitenden direkten Prüfungen von Aufsichtsbehörden des Herkunftslandes, welche an unterschiedliche Bedingungen geknüpft sein können, müssen heute als internationaler Mindeststandard der Aufsicht bezeichnet werden. So ruft der Basler Ausschuss in den im September 1997 publizierten «Grundsätzen für eine wirksame Bankenaufsicht» alle Gastlandbehörden auf, sich für eine Änderung der Gesetzgebung einzusetzen, wenn diese einen Informationsaustausch und Vor-Ort-Kontrollen grundsätzlich ausschliesst123. Zu beachten ist, dass für die Internationale Bankenaufseherkonferenz 1998 eine Umfrage über die Umsetzung der Stockholmer Empfehlungen stattfinden soll. Nicht auszuschliessen ist eine negative Publizität, sofern die Schweiz weiterhin zu den
wenigen Ländern gehören würde, die Vor-Ort-Kontrollen schlechterdings ausschliessen und die Stockholmer Empfehlungen und die «Grundsätze für eine wirksame Bankenaufsicht» in diesem Punkt nicht einhalten würde.

12

Rechtslage in der Schweiz

In der Schweiz sind heute zwei der vorne genannten Instrumente zur grenzüberschreitenden Aufsicht über Banken oder Effektenhändler bereits rechtlich verankert.

Es sind dies der Informationsfluss von einer schweizerischen Niederlassung zur ausländischen Mutterbank124 und die internationale Amtshilfe125. Keine ausdrückli122 123 124 125

Anhang A zum Stockholmer Bericht.

Vgl. FNuin11?, Erläuterung zu Grundsatz 25.

Art. 41 quies BankG SMi Art. 23 « BankG; Art. 38 Bundesgesetz vom 24. März 1995 über die Börsen und den Effektenhandel (Börsengesetz, BEHG, SR 954.1)

3888

·s che Rechtsgrundlage besteht dagegen für direkte Prüfungen ausländischer Herkunftslandbehörden in der Schweiz.

121

Informationsfluss von schweizerischen Niederlassungen zur ausländischen Muttergesellschaft

Artikel 23*«'« BankG nachgebildet ist Artikel 4i"it"i"'« BankG, welcher den Informationsfluss von den Niederlassungen zur Mutterbank ermöglicht und regelt. Hintergrund der bei der Bankengesetzrevision von 1994 eingefügten Bestimmung bildet der Informationsfluss von einer schweizerischen Niederlassung zur ausländischen Muttergesellschaft. Die Bestimmung gilt aber sinngemäss auch für den Informationsfluss innerhalb schweizerischer Bankgruppen. Aufgrund dieser Bestimmung können Niederlassungen in der Schweiz ihren ausländischen Muttergesellschaften, die im Ausland von einer Bank- oder Finanzmarktaufsichtsbehörde überwacht werden, nicht öffentlich zugängliche Informationen und Unterlagen zur konsolidierten Beaufsichtigung übermitteln. Der Informationsfluss erfolgt nicht zwischen den Aufsichtsbehörden, sondern von der Niederlassung in der Schweiz zur ausländischen Mutterbank. Er dient einerseits der Mutterbank zur internen Kontrolle über die Gruppe. Anderseits dürfen die Angaben gemäss Artikel 4<ïuin(P"'« BankG zur direkten Beaufsichtigung von Banken oder anderen bewilligungspflichtigen Finanzintermediären verwendet werden. Auf diesem Weg dürfen kundenbezogene Informationen ohne Zustimmung der Kunden ausgetauscht werden. Die Gesetzesbestimmung erlaubt auch ein formloses Weiterleiten von Informationen von der Mutterbank im Ausland an ihre Aufsichtsbehörde. Die über Artikel 4quinquies BankG erhaltenen Informationen können von ausländischen Aufsichtsbehörden demnach auch für die grenzüberschreitende Aufsicht verwendet werden. Nicht ausdrücklich Gegenstand der Regelung von Artikel 4^uin()uies BankG ist der Informationsfluss zwischen schweizerischen Zweigniederlassungen und dem ausländischen Hauptsitz der Bank.

Angesichts der rechtlichen Unselbständigkeit der Zweigniederlassung, welche allen Kunden bewusst sein muss, ist aber ein Informationsfluss mindestens im gleichen Umfang zulässig.

122

Internationale Amtshilfe

Die vor kurzem geschaffenen Bestimmungen über die internationale Amtshilfe im Banken-, Börsen- und Anlagefondsbereich126 ermöglichen der Bankenkommission, ausländische Aufsichtsbehörden um vertrauliche Informationen zu ersuchen wie auch solche Informationen unter Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen ausländischen Überwachungsbehörden zu übermitteln. Die Gesetzesbestimmungen sehen vor, dass die erhaltenen Informationen und Angaben nur zur direkten Beaufsichtigung verwendet werden dürfen. Die ausländische Aufsichtsbehörde muss an ein Amts- oder Berufsgeheimnis gebunden sein und die erhaltenen Informationen dürfen von der ausländischen Behörde nur mit Zustimmung der Bankenkommission offengelegt oder weitergeleitet werden. Die internationale Amtshilfe dient den Aufsichtsbehörden dazu, Sachverhalte, die sich im Ausland verwirklicht haben und im 126

Artikel 23se*'« BankG; Art. 38 BEHG; Art. 63 Bundesgesetz vom IS. März 1994 über die Anlagefonds (Anlagefondsgesetz, AFG, SR 951.31) 3889

Zusammenhang mit einem überwachten Institut stehen, für ihre Aufsichtstätigkeit zu verwenden. Die internationale Amtshilfe ist dagegen nicht dazu bestimmt, im Auftrag ausländischer Strafverfolgungsbehörden in der Schweiz Angaben zu erheben.

Dazu dient die internationale Rechtshilfe in Strafsachen, welche weder durch die internationale Amtshilfe, noch durch eine Regelung der Vor-Ort-Kontrolle umgangen werden darf. Die Bankenkommission darf im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Polizeiwesen aber einer Weiterleitung der übermittelten Informationen an Strafbehörden zustimmen, sofern die ausländischen Strafbehörden solche Informationen auch auf dem Weg der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen erhalten könnten.

13

Zulässigkeit von Vor-Ort-Kontrollen ausländischer Aufsichtsbehörden in der Schweiz

Seit langem führen Aufsichtsbehörden der Herkunftsländer schweizerischer Auslandbanken im Rahmen von Aufenthalten in der Schweiz formlose Gespräche mit dem Management von Niederlassungen ausländischer Banken in der Schweiz. Die Unterredungen dienen der ausländischen Aufsichtsbehörde dazu, sich ein Bild von der Geschäftsführung und der Organisation der Niederlassungen in der Schweiz zu machen. Solche Gespräche führen ausländische Aufsichtsbehörden auch mit der Konzemleitung am Hauptsitz in der Schweiz von schweizerischen Bankkonzernen mit Niederlassungen im Ausland. Dies ist unter anderem deshalb notwendig, weil angesichts modemer Matrixorganisationen die Leiter von Niederlassungen für gewisse von der Niederlassung getätigten Geschäftsbereiche nicht mehr hauptsächlich verantwortlich sind. In der Regel verbinden die-ausländischen Aufsichtsbehörden solche Gespräche mit den Leitern der Niederlassung in der Schweiz beziehungsweise den schweizerischen Konzernleitungen mit bilateralen Unterredungen mit der Bankenkommission, wenn diese nicht bereits bei den Gesprächen mit der beaufsichtigten Bank dabei ist.

Solche Gespräche finden mit oder ohne Vermittlung der Bankenkommission auf freiwilliger Basis statt. In der Schweiz besteht somit bereits eine Praxis, dass ausländische Aufsichtsbehörden die Schweiz in Ausübung ihrer Funktion betreten. Da diese Gespräche für die Banken aber freiwillig sind und der ausländischen Behörde kein Recht auf Einsicht in Dokumente und Bücher geben, stellen solche Treffen keine hoheitlichen Handlungen dar und unterliegen keiner Bewilligungspflicht. Üblicherweise wird die Bankenkommission jedoch über solche Gespräche informiert, sofern sie nicht selbst daran beteiligt ist.

Vor-Ort-Kontrollen sind hoheitliche Handlungen eines Finanzmarktaufsichtsorgans auf ausländischem Territorium, bei welchen direkte Prüfungen bei ausländischen Niederlassungen eines auf konsolidierter Basis beaufsichtigten Instituts durchgeführt werden. Vor-Ort-Kontrollen beruhen nicht auf Freiwilligkeit und hängen nicht von der Zustimmung und Kooperation der ausländischen Niederlassungen ab. Diese können zur Herausgabe von Informationen und Dokumenten sowie zur Offenlegung von Büchern verpflichtet werden.

Vor-Ort-Kontrollen ausländischer Behörden im beschriebenen Sinne sind hoheitliche Handlungen. Ohne Bewilligung stellen sie verbotene Handlungen im Sinne von

3890

·*

·

Artikel 271 Ziffer l Schweizerisches Strafgesetzbuch127 dar. Die Strafbarkeit entfällt, wenn der ausländischen Behörde vorgängig eine Bewilligung zur Vornahme der hoheitlichen Handlung erteilt worden ist. Artikel 271 Ziffer l Schweizerisches Strafgesetzbuch enthält keine Regelung, in welchen Fällen eine Bewilligung erteilt werden darf, und welche Stelle für die Bewilligungserteilung zuständig ist. Aufgrund des geschützten Rechtsgutes, der staatlichen Souveränität, ist der Bundesrat aufgrund seiner verfassungsrechtlichen Kompetenzen in der Aussenpolitik128 für die Bewilligungserteilung zuständig. Er hat seine Kompetenz in einem Bundesratsbeschluss über die Ermächtigung der Departemente und der Bundeskanzlei zum selbständigen Entscheid über Bewilligungen nach Artikel 271 Ziffer l des Schweizerischen Strafgesetzbuches129 delegiert. Aufgrund dieses Bundesratsbeschlusses ist grundsätzlich das EFD zuständig130, Vor-Ort-Kontrollen im Finanzbereich zu bewilligen. Es kann diese Befugnis an eine Abteilung oder das Departementssekretariat weiterdelegieren131.

Das EFD wäre somit heute befugt, in Einzelfällen Kontrollen ausländischer Aufsichtsbehörden bei schweizerischen Tochterbanken zu gestatten. Dies geschieht seit Jahrzehnten in anderen Sachbereichen. So erlaubt beispielsweise das Bundesamt für Aussenwirtschaft (BAWI) Inspektoren ausländischer Gesundheitsbehörden Fabrikationsanlagen schweizerischer Pharmauntemehmen zu prüfen, welche ' Medikamente im Ausland registrieren lassen wollen132. Auch das EJPD gestattet in Ausnahmefällen direkte Beweisaufnahmen zu Händen ausländischer Gerichte in der Schweiz133. Eine Regelung der Vor-Ort-Kontrolle in der Schweiz ist in einem bilateralen Vertrag zwischen der Schweiz, und dem Fürstentum Liechtenstein vom 19. Dezember 1996 enthalten. Dadurch werden Versicherungsinstitute aus der Schweiz solchen mit Sitz in einem EU-Mitgliedstaat gleichgestellt134, weil die Schweiz gegenüber dem Fürstentum Liechtenstein seit dessen EWR-Beitritt ein Drittland ist.

Damit eine angemessene Versicherungsaufsicht sichergestellt werden kann, wurde der Grundsatz der Herkunftslandkontrolle im Vertrag verankert. Zur Umsetzung der Herkunftslandaufsicht sieht der Staatsvertrag ausdrücklich vor, dass die Aufsichtsbehörde des Fürstentum Liechtenstein wie auch diejenige der Schweiz Vor-OrtKontrollen im anderen Land durchführen können135. Bedingung dafür ist gemäss 127 128

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StGB, SR 311.0 Art. 102 Ziff. 8 BV. Zur Bewilligungserteilung im Verhältnis zur Rechtshilfe: Vgl. VPB 61.82.

Bundesratsbeschluss vom 7. Juli 1971 über die Ermächtigung der Departemente und der Bundeskanzlei zum selbständigen Entscheid über die Bewilligungen nach Artikel 271 Ziffer l des Schweizerischen Strafgesetzbuches, SR 172.012.

Art. l Abs. l Bundesratsbeschluss vom 7. Juli 1971 über die Ermächtigung der Departemente und der Bundeskanzlei zum selbständigen Entscheid über die Bewilligungen nach Artikel 271 Ziffer l des Schweizerischen Strafgesetzbuches.

Art. l Abs. 3 Bundesratsbeschluss vom 7. Juli 1971 über die Ermächtigung der Departemente und der Bundeskanzlei zum selbständigen Entscheid über die Bewilligungen nach Artikel 271 Ziffer l des Schweizerischen Strafgesetzbuches.

Vgl. Annette Althaus, Amtshilfe und Vor-Ort-Kontrolle, Diss. Bern 1997, S. 242 f.

Peter Nobel, Die Rechtshilfe in Zivilsachen im Lichte der Ratifikation der Haager Konvention von 1970 über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- und Handelssachen, SZW 2/95, S. 72 ff.

Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein betreffend die Direktversicherung vom 19. Dezember 1996, noch nicht in Kraft, publiziert in BB11997 II 231.

Ziff, 4 des Anhangs: «Aufsicht nach Sitzlandprinzip» des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein betreffend die Direktversicherung vom 19. Dezember 1996.

3891

dem Abkommen, dass die jeweilige Gastlandaufsichtsbehörde über eine Prüfung vorgähgig informiert wird. Obwohl nicht ausdrücklich erwähnt, muss auch das betreffende Versicherungsinstitut über eine bevorstehende Vor-Ort-Kontrolle orientiert werden. Der Gastlandaufsichtsbehörde wird das Recht eingeräumt, an den Prüfungen teilzunehmen.

Genehmigungen des Bundesrates oder einer von ihm bezeichneten Stelle zur Durchführung einer Vor-Ort-Kontrolle in der Schweiz wären somit im Einzelfall auch im Rahmen der Finanzmarktaufsicht wie auch in anderen Bereichen nach geltendem Recht zulässig. Mit dieser Vorlage wird jedoch eine generelle, für verschiedene Behörden geltende Regelung angestrebt, welche an klar geregelte Bedingungen geknüpft werden soll. Dafür ist eine Verankerung in einem Gesetz im formellen Sinn notwendig. Zudem kann nur so die nötige Rechtssicherheit für die Beteiligten und insbesondere für die betroffenen Kunden erreicht werden.

14

Vorarbeiten zur vorgeschlagenen Regelung der Vor-Ort-Kontrolle

Die Frage von Vor-Ort-Kontrollen ausländischer Finanzmarktaufsichtsbehörden war zweimal Gegenstand von Vorlagen, welche im Parlament beraten wurden. Im Rahmen der «Eurolex-Vorlage» im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Beitritt der Schweiz zum «Europäischen Wirtschaftsraum» (EWR) stimmten die Räte einer Vorlage zu, welche direkte Prüfungen ausländischer Bankaufsichtsbehörden bei schweizerischen Zweigniederlassungen von Banken mit Sitz in EU-Staaten erlaubt hätte136. Diese Bestimmung trat nicht in Kraft, da Volk und Stände am 6. Dezember 1992 den Beitritt zum EWR ablehnten. Eine analoge Regelung unterbreitete der Bundesrat dem Parlament 1993 im Rahmen der «Swisslex-Vorlage»137. Das Parlament lehnte den Vorschlag ab. Die Ablehnung wurde insbesondere damit begründet, es sollten vor den bilateralen Verhandlungen mit der EU keine einseitigen Vorleistungen erbracht werden. Eine Regelung und damit eine Zulassung von direkten Prüfungen bei Zweigniederlassungen von Banken mit Sitz in EU-Staaten würde die Schweizer Position bei den bilateralen Verhandlungen mit der EU schwächen, wurde weiter argumentiert138. Die Amtshilfebestimmungen im Börsen- und Anlagefondsgesetz wurden in der Folge entsprechend angepasst.

Die Bankenkommission diskutierte die Frage der Vor-Ort-Kontrolle bereits im vergangenen Jahr in ihrem Jahresbericht für das Jahr 1995139. Anlass waren die erwähnten Arbeiten einer gemischten Arbeitsgruppe aus Vertretern des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht und der Gruppe der Bankenaufseher aus den wichtigsten Offshore-Finanzzentren (Offshore Group of Banking Supervisors), deren Bericht die Grundlage für die Stockholmer Empfehlungen vom Juni 1996 bildete.

Die Bankenkommission führte im April 1997 mit den Banken eine ausführliche Diskussion zu diesem Thema. Sie unterbreitete, den betroffenen Kreisen, dem Auslandbankenverband und der Schweizerischen Bankiervereinigung, im Juni 1997 ein detailliertes Arbeitspapier. Aufgrund der Reaktionen zu diesem Papier konnte eine weitgehende Übereinstimmung der Ansichten der Bankenkommission und der be136 137 138 139

BB11992V713 BEI 1993 1973 AB 1993 N EBK-Jahresbericht 1995, S. 92 ff.

3892

troffenen Bankkreise festgestellt werden. Die Bankenkommission setzte deshalb im September 1997 eine Arbeitsgruppe unter der Leitung ihres Sekretariats mit Vertreterinnen und Vertretern des EFD, der Banken und Revisionsstellen ein.

Die Arbeitsgruppe lieferte dem EFD und der Bankenkommission am 7. November 1997 ihren Bericht ab. Der Bericht bildet die Grundlage für die vorliegende Botschaft.

15

Verzicht auf ein Vernehmlassungsverfahren

Da sich die betroffenen Banken und die Bankenkommission über eine gesetzliche Grundlage zur Regelung von Vor-Ort-Kontrollen in der Schweiz einigen konnten, wurde auf die Durchführung eines Vemehmlassungsverfahrens verzichtet.

16

Grundsätze des vorliegenden Entwurfs

Die gesetzliche Regelung der Vor-Ort-Kontrolle soll folgenden Grundsätzen entsprechen: Mindeststandards des Basler Ausschusses erfüllen; Abstimmung mit den Voraussetzungen zur Amtshilfe (Verwendung der Informationen nur für Aufsichtszwecke, Bindung der ausländischen Behörden an das Amts- oder Berufsgeheimnis, Zustimmung der Bankenkommission zur Weiterleitung von Informationen an Dritte): Festhalten am Zustimmungserfbrdernis zur Durchführung von Vor-OrtKontrollen in der Schweiz; Optimaler Kundenschutz; Übernahme der Amtshilfevoraussetzungen.

161

Mindeststandards des Basler Ausschusses erfüllen

Der vorgeschlagene Gesetzesentwurf erfüllt die Vorgaben der Stockholmer Empfehlungen. Zwar soll es auch in Zukunft nicht im ausschliesslichen Ermessen der ausländischen Herkunftslandaufsichtsbehörden liegen, in der Schweiz Vor-OrtKontrollen durchzuführen. Sie benötigen dazu die Zustimmung der Bankenkommission. Diese wird den Kontrollen aber zustimmen, wenn die mit den Stockholmer Empfehlungen übereinstimmenden Voraussetzungen erfüllt sind. Die Schweizer Regelung der Vor-Ort-Kontrolle wird gegenüber allen Staaten gelten und nicht nur gegenüber solchen, welche die Stockholmer Empfehlungen verabschiedet und ihre eigene Rechtsordnung den Empfehlungen entsprechend angepasst haben. Auch aus diesem Grund ist ein Zustimmungserfbrdernis sinnvoll. Eine solche Ausgestaltung der Regelung steht im Einklang mit den Stockholmer Empfehlungen.

Durch das Zustimmungserfordernis soll verhindert werden, dass gegenüber ausländischen Aufsichtsbehörden ein Rechtsanspruch auf Vor-Ort-Kontrollen begründet wird. Dementsprechend kann die Bankenkommission bei nicht erfüllten Voraussetzungen eine direkte Prüfung ablehnen, ohne dass die ausländische Aufsichtsbehörde als Partei den Erlass einer Verfügung verlangen und diese vor Bundesgericht anfechten kann. Sind die im Gesetz genannten Voraussetzungen erfüllt, wird die Bankenkommission aber nach pflichtgemässem Ermessen eine direkte Prüfung nur dann

3893

ablehnen, wenn besondere und stichhaltige Gründe vorliegen. Zu denken ist etwa an ein fehlendes Gegenrecht, das heisst, wenn die Bankenkommission keine direkten Prüfungen bei Niederlassungen von Schweizer Banken im betreffenden Staat durchführen kann1"10. Ausgeschlossen von Vor-Ort-Kontrollen bleiben einzig die Kontrollen von kundenbezogenen Informationen im Einlage- und Vermögensverwaltungsgeschäft. Diese sollen ausschliesslich durch die Bankenkommission erfolgen.

Die Bankenkommission wird im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens abklären, ob sie einer Einsicht durch die Herkunftslandbehörden zustimmen kann141.

162

Abstimmung mit den Voraussetzungen zur Amtshilfe

Die Voraussetzungen für die Durchführung von Vor-Ort-Kontrollen in der Schweiz decken sich nach der vorgeschlagenen gesetzlichen Regelung bis auf wenige redaktionelle Änderungen mit denjenigen der internationalen Amtshilfe. Diese Abstimmung der Voraussetzungen ist sinnvoll, weil sowohl die internationale Amtshilfe als auch die Vor-Ort-Kontrollen sowie der Informationsfluss von einer schweizerischen Tochterbank zur ausländischen Muttergesellschaft gestützt auf Artikel 4iuiniuics BankG Instrumente der grenzüberschreitenden Aufsicht darstellen. Die Regelung der Vor-Ort-Kontrollen ist demnach auf die heute geltende Regelung der internationalen Amtshilfe abgestimmt und übernimmt die nachfolgend dargestellten drei Voraussetzungen: Die Anwendung des in den Amtshilfebestïmmungen vorgesehenen Spezialitätsprinzips l42 auf die Vor-Ort-Kontrolle und damit die Sicherstellung der Verwendung der Informationen nur für Aufsichtszwecke sollten keine besonderen Schwierigkeiten bieten. So gehen die Stockholmer Empfehlungen noch über die schweizerische Regelung hinaus, indem sie ausdrücklich die Begründung des Informationsbedarfs durch einen «spezifischen, aufsichtsbezogenen Zweck»143 verlangen. Aus der bisherigen Zusammenarbeit der Bankenkommission mit ausländischen Aufsichtsbehörden ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass ausländische Aufsichtsbehörden Informationen zu beschaffen und zu aufsichtsfremden Zwecken zu missbrauchen versuchten. Vor der Durchführung der Prüfung wird sich die ausländische Behörde bei der Bankenkommissioh melden und die Bankenkommission über den Grund der Vor-Ort-Kontrolle sowie über den Prüfungsumfang informieren müssen. Die Bankenkommission muss dazu ihre Zustimmung erteilen.

Mit der Bindung der ausländischen Behörden an das Amts- oder Berufsgeheimnis wird ein weiteres Erfordernis der schweizerischen Aufsichtsgesetze144 erfüllt.

Die Zustimmung der Bankenkommission zur Weiterleitung von Informationen an Dritte stellt ein weiteres Erfordernis dar. Die Stockholmer Empfehlungen145 bestimmen grundsätzlich, dass Herkunftslandbehörden erhaltene Informationen nicht ohne Zustimmung der Gastlandbehörden an Dritte weiterleiten dürfen.

Stellt die Herkunftslandbehörde bei einer Vor-Ort-Kontrolle einen schweren 14

<> Zum Gegenrecht: Vgl. Ziff. 23.

14l Wie in der Stockholmer Empfehlung, Abs. 19 vorgesehen.

I« Art. 23seKi« Abs. 2 Est. a BankG, Art. 38 Abs. 2 Est. a BEHG 143 Stockholmer Empfehlung, Abs. 10 144 An. 23sexi« Abs. 2 Bst. b BankG, Art. 38 Abs. 2 Bsl. b BEHG 145 Stockholmer Empfehlung, Abs. 10

3894

*

Verstoss gegen die Strafgesetze des Herkunftslandes fest, ist sie möglicherweise nach nationalen Rechtsvorschriften verpflichtet, dies der Strafverfolgungsbehörde mitzuteilen. In einem solchen Fall sollte die Herkunftslandbehörde der Gastlandbehörde nur mitteilen, was sie zu tun beabsichtigt146. Insbesondere auf Betreiben der Schweizer Delegation in der gemischten Arbeitsgruppe wurde jedoch festgestellt, dass eine blosse Mitteilung dem schweizerischen Zustimmungserfordernis nicht Rechnung tragen würde147. Die Zustimmung der Gastlandaufsichtsbehörde vor der Weiterleitung von Informationen an Strafverfolgungsbehörden muss vorliegen für Länder, wie die Schweiz, deren Gesetzesbestimmungen dies vorsehen. Die Stockholmer-Empfehlungen entsprechen in dieser Hinsicht der schweizerischen Regelung zur Amtshilfe.

163

Festhalten am Zustimmungserfordernis zur Durchführung von Vor-Ort-Kontrollen in der Schweiz

Die Auslandbanken in der Schweiz betreiben insbesondere das Vermögensverwaltungsgeschäft für Privatkunden. In diesem Bereich hat der Persönlichkeitsschutz eine besondere Bedeutung. Aus diesem Grund müssen Vor-Ort-Kontrollen auf das für eine konsolidierte Aufsicht Notwendige beschränkt sein, worunter namentlich Kontrollen von Risikomanagement-Systemen zu verstehen sind. Zudem bedürfen ausländische Behörden für die Durchführung einer Vor-Ort-Kontrolle einer vorgängigen Zustimmung der Bankenkommission. Diese kann grundsätzlich formlos und allenfalls zum voraus für vorgängig bestimmte Arten von Kontrollen, deren Umfang genau definiert ist, erteilt werden. Eine im voraus erteilte Erlaubnis für bestimmte Arten von Kontrollen kann ebenso formlos wieder rückgängig gemacht werden. Erachten die betroffenen Banken oder Effektenhändler die gesetzlichen Voraussetzungen für eine direkte Kontrolle als nicht erfüllt, können sie von der Bankenkommission eine Verfügung verlangen. Die ausländische Aufsichtsbehörde ist nicht Partei in diesem Verfahren.

Die Bankenkommission soll die Befugnis erhalten, ihre formlose Bewilligung zur Durchführung von Vor-Ort-Kontrollen in der Schweiz zu erteilen. Sie entscheidet darüber selbständig nach pflichtgemässem Ermessen und prüft dabei insbesondere, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Durchführung der Vor-Ort-Kontrolle erfüllt sind. Die ausländischen Behörden können demnach nicht alleine über direkte Prüfungen bei schweizerischen Niederlassungen entscheiden. Sie bedürfen einer Erlaubnis durch die Bankenkommission. Obschon die Erlaubnis bei Vorliegen der gesetzlichen Erfordernisse grundsätzlich erteilt werden soll, besteht darauf kein Rechtsanspruch. Die Bankenkommission soll einem Ersuchen nicht zustimmen, wenn ihr grenzüberschreitende Prüfungen im ersuchenden Land verweigert werden oder wenn die Bankenkommission konkrete Anzeichen von Missbräuchen besitzt.

164

Optimaler Kundenschutz

Auch aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes muss derselbe verfahrensrechtliche Kundenschutz vorgesehen werden, der in den Amtshilferegeln des Banken-, Börsen146 147

Stockholmer Empfehlung, Abs. 26 Fussnotenzusatz zur Stockholmer Empfehlung, Abs. 26 3895

und Anlagefondsgesetzes verankert ist. Die schweizerischen Amtshilferegeln verlangen bekanntlich ein förmliches Verwaltungsverfahren durch die Bankenkommission vor der Übermittlung von kundenbezogenen Informationen148. Dieser Kundenschutz ist im internationalen Vergleich einmalig. Bei der Regelung der Vor-OrtKontrolle müssen zwei Interessen berücksichtigt werden: Einerseits sollen Kundeninformationen analog der bisherigen Amtshilferegelung nur im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens durch die Bankenkommission Übermittelt werden. Anderseits haben die ausländischen Behörden in besonderen Fällen ein berechtigtes Aufsichtsinteresse daran, zu bestimmten Prüfungszwecken wie der Überprüfung von Vorschriften über Klumpenrisiken direkten Zugang zu bestimmten Kundeninformationen zu erhalten.

2 21

Besonderer Teil: Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen Befugnis der Bankenkommission zu Vor-Ort-Kontrollen im Ausland (Art. 23MP[ics Abs. l BankG und Art. 38a Abs. l BEHG)

Hauptzweck der Vorlage ist, grenzüberschreitende direkte Prüfungen von Herkunftslandbehörden zu ermöglichen und dabei die Voraussetzungen festzulegen, unter denen sie stattfinden dürfen. Umgekehrt kann aber auch die Bankenkommission in die Lage kommen, -im Rahmen der konsolidierten Aufsicht über schweizerische Bank- oder Effektenhändlerkonzerne solche Prüfungen bei ausländischen Niederlassungen von Schweizer Banken oder Effektenhändlern durchzuführen oder durch Revisionsstellen durchführen zu lassen.

Artikel 23scPIics Absatz l BankG und Artikel 38a Absatz l BEHG ermächtigen die Bankenkommission, im Rahmen der konsolidierten Aufsicht über schweizerische Banken oder Effektenhändler sowie über Börsen Vor-Ort-Kontrollen bei ausländischen Niederlassungen von Schweizer Banken, Effektenhändlern oder Börsen durchzuführen oder durch Revisionsstellen durchführen zu lassen. Diese Befugnis wird aus Gründen der Symmetrie im Gesetz ausdrücklich verankert, obschon sie nach geltendem Recht nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. Die vorgeschlagene Ergänzung ändert im übrigen nichts daran, dass die Bankenkommission direkte Prüfungen im Ausland in der Praxis nur durchführen kann, soweit das Recht des ausländischen Gastlandes dies erlaubt.

22 221

Voraussetzungen für Vor-Ort-Kontrolïen in der Schweiz (Art. 23s=pü« Abs. 2 und 3 BankG und Art. 38fl Abs. 2 und 3 BEHG) Vor-Ort-Kontrollen nur für Herkunftslandaufsichtsbehörden (Art. 23«pt>« Abs. 2 Bst. a BankG und Art. 38a Abs. 2 Bst. a BEHG)

Nur Herkunftslandaufsichtsbehörden dürfen Vor-Ort-Kontrollen in der Schweiz durchführen. Der Grundsatz, dass die globale Aufsicht in erster Linie durch die Herkunftslandbehörde erfolgt, hat sich weltweit durchgesetzt. Es handelt sich dabei um die konsolidierte Aufsicht, welche durch die Herkunftslandaufsichtsbehörde durch1« Art. 23sexiES Abs. 3 BankG, Art. 38 Abs. 3 BEHG 3896

geführt w.ird. Daher hat nur diese Behörde ein berechtigtes Aufsichtsinteresse, im Ausland direkte Kontrollen vorzunehmen. Je nach Ausgestaltung des ausländischen Aufsichtssystems handelt eine ausländische Herkunftslandaufsichtsbehörde nicht selbst, sondern durch Beauftragte wie beispielsweise Revisionsstellen, was ebenfalls zulässig ist. Unter Umständen ist vor der Durchführung einer Vor-Ort-Kontrolle abzuklären, ob eine ausländische Behörde die Herkunftslandaufsichtsbehörde ist, was bei komplizierten Konzernverhältnisses nicht immer offensichtlich ist149. So können mehrere Herkunftslandbehörden150 bestehen. In diesem Fall muss das konkrete Vorgehen unter den betroffenen Behörden abgesprochen werden. Nicht zulässig wären direkte Prüfungen ausländischer Marktaufsichtsbehörden bei Schweizer Banken oder Effektenhändlern zur Kontrolle der Transaktionen, welche Kunden über diese Institute auf ausländischen Märkten getätigt haben. Solche Informationen sollen weiterhin nur über die internationale Amtshilfe durch die Bankenkommission oder allenfalls über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen ausgetauscht werden.

Damit wird der Zugang zur Vor-Ort-Kontrolle und deren Zweck (konsolidierte Aufsicht) klar beschränkt151.

222

Verwendung der Informationen nur für eine konsolidierte Aufsicht (Art. 23«pti« Abs. 2 Est. b BankG und Art. 38a Abs. 2 Est. b BEHG)

Die im Rahmen der Vor-Ort-Kontrolle erhaltenen Informationen dürfen nur zur konsolidierten Beaufsichtigung verwendet werden. Diese Voraussetzung beschränkt den Verwendungszweck und führt damit analog der Regelung über die internationale Amtshilfe das Spezialitätsprinzip ein. Die Informationen, welche die Aufsichtsbehörde auf dem Weg der Vor-Ort-Kontrolle erhalten hat, dürfen ausschliesslich zur konsolidierten Beaufsichtigung verwendet werden.

Die direkten Prüfungen der Aufsichtsbehörden werden auf das für eine konsolidierte Aufsicht Notwendige beschränkt und dienen schwergewichtig und in erster Linie der Überwachung der Organisation, der leitenden Personen und des Risikomanagements sowie des Meldeverfahrens gegenüber Aufsichtsbehörden. Dazu ist der Einblick in konkrete Kundendaten in der Regel nicht notwendig. Ausnahmen ergeben sich beispielsweise im Bereich der Prüfung von Grossrisiken oder bei schwerem Betrugsverdacht beispielsweise gegenüber dem Management152. Im übrigen kann beispielsweise auch die Überprüfung der Werthaltigkeit von Aktiven oder der Refinanzierungsstruktur einen Einblick in einzelne Kundendaten bedingen. Der Zweck der Prüfung ist zugeschnitten auf Vor-Ort-Kontrollen bei Banken und Effektenhändler in der Schweiz, die zu einem ausländischen Konzern gehören.

149

150 151

Vgl. dazu Art. 4 der Richtlinie 92/30 EWG des Rates vom 6. April 1992 über die Beaufsichtigung von Kreditinstituten auf konsolidierter Basis (Konsolidierungsrichtlinie; ABI.

Nr. L 110 vom 28. April 1992), welcher insbesondere bestimmt, welche Aufsichtsbehörde für die konsolidierte Überwachung eines Kreditinstituts, welches zu einer FinanzHoldinggesellschaft gehört, verantwortlich ist.

Bsp. Versicherungsaufsicht und Bankenaufsicht.

Vgl. Art. 23sePües Abs. 2 Bst. a BankG und Art. 38a Abs. 2 Est. a BEHG.

152 Fall der BCCI.

3897

223

Bindung an ein Amts- oder Berufsgeheimnis

(Art. 23seP[ies Abs. 2 Bst. c BankG und Art. 38a Abs. 2 Est. e BEHG)

Die Bindung an das Amts- oder Berufsgeheimnis entspricht den Bestimmungen über die internationale Amtshilfe.

224

Weiterleitung nur mit Zustimmung der Bankenkommission (Art. 23«Plics Abs. 2 Bst. d BankG und Art. 38er Abs. 2 Bst. d BEHG)

Die bei der Vor-Ort-Kontrolle erhaltenen Angaben können nur mit Zustimmung der Bankenkommission weitergeleitet werden. Die Bankenkommission kann diese Zustimmung formlos, im Einzelfall oder generell für bestimmte Arten von Informationen und bezeichneten Behörden erteilen.

Es entspricht einer Praxis der Bankenkommission für die internationale Amtshilfe, dass sie vor Übermittlung vertraulicher .Angaben auf dem Amtshilfeweg die betreffenden Behörden um eine Bestätigung ersucht, wonach diese die Amtshilfevoraussetzungen einhalten können und wollen. Die Bankenkommission wird diese Praxis auf die Durchführung von Vor-Ort-Kontrollen ausdehnen. Vor allem die Zusicherung der ausländischen Aufsichtsbehörde, vor Weiterleitung der erhaltenen Angaben die Bankenkommission um ihre Zustimmung zu ersuchen, kann problematisch sein.

Ausländische Behörden können nach nationalem Recht zur Offenlegung oder Weiterleitung vertraulicher Angaben unter Umständen verpflichtet werden, sei es auf Anfrage zum Beispiel durch ein Gericht oder aufgrund einer gesetzlichen Anzeigepflicht. In diesen Fällen sollen die Behörden die Bankenkommission sofort über das Gesuch um Offenlegung oder Weiterleitung informieren. Kann die Bankenkommission ihre Zustimmung nicht erteilen, sollen die Behörden alle zumutbaren Anstrengungen unternehmen, um eine Offenlegung oder Weiterleitung zu verhindern. Sie sollen insbesondere die ihnen zur Verfügung stehenden Rechtsmittel ergreifen und die ersuchende Stelle auf die möglichen negativen Konsequenzen für die Amtshilfe und in Zukunft auch für die Vor-Ort-Kontrolle aufmerksam machen, welche aus einer erzwungenen Offenlegung oder Weiterleitung resultieren können. Dieses Vorgehen entspricht den Stockholmer-Empfehlungen153. Mehr kann nicht verlangt werden, ohne jede Informationsübermittlung auf dem Weg der Amtshilfe oder der VorOrt-Kontrolle zu verunmöglichen.

Die gleichen Probleme bestehen im übrigen auch für die Bankenkommission. Sie kann zur Herausgabe von vertraulichen Informationen aufgrund eines Urteils des Bundesgerichts154 oder durch eine Parlamentarische Untersuchungskommission155 gezwungen werden. Sie ist auch zur Strafanzeige verpflichtet, welche sie gegebenenfalls durch von ausländischen Aufsichtsbehörden stammende vertrauliche Infor-

153 Stockholmer Empfehlung, Abs. 11 und Fussnoienzusalz zur Stockholmer Empfehlung, Abs. 26.

W BGE123IV157 155 Art. 61 Bundesgesetz über den Geschäftsverkehr der Bundesversammlung sowie über die Form, die Bekanntmachung und das Inkrafttreten ihrer Erlasse (Geschäftsverkehrsgesetz, SR 171.11).

3898

·&

^k ^P

mationen begründen muss156. Sie könnte allerdings den Umfang der dem Strafrichter zu übermittelnden Informationen beschränken, wenn sie sonst gegen eine Auflage einer informierenden ausländischen Behörde verstossen würde.

Die Bankenkommission kann zwar auch einer Weiterleitung von Informationen an Strafverfolgungsbehörden zustimmen. Allerdings soll dadurch die Rechtshilfe in Strafsachen nicht umgangen werden. Die Bankenkommission darf deshalb einer Weiterleitung an Strafbehörden nur zustimmen, wenn die Rechtshilfe in Strafsachen nicht ausgeschlossen wäre. Das Gesetz verweist damit auf die Ausschlussgründe von Artikel 2 ff. des Bundesgesetzes über internationale Rechtshilfe in Strafsachen157.

Entsprechend ist eine Zustimmung durch die Bankenkommission und damit eine Weiterleitung ausgeschlossen, wenn das Strafverfahren im betreffenden Land schwere Verfahrensmängel aufweist, politische oder fiskalische Delikte Gegenstand des Strafverfahrens bilden, oder wenn die Straftat unbedeutend ist. Vor ihrem Entscheid über die Zustimmung zur Weiterleitung hat sich die Bankenkommission mit dem Bundesamt für Polizeiwesen über diese Fragen ins Einvernehmen zu setzen.

225

Notwendigkeit der Informationen für eine konsolidierte Aufsicht (Art. 23«P'i« Abs. 3 BankG und Art. 38a Abs. 3 BEHG)

Die Vor-Ort-Kontrolle ist - wie bereits hervorgehoben - ein Aufsichtsinstrument, das Herkunftslandbehörden eine konsolidierte Überwachung ermöglichen soll.

Nebst den gleichen Voraussetzungen wie bei der internationalen Amtshilfe ist bei Vor-Ort-Kontrollen als weitere Bedingung erforderlich, dass die Angaben nur für die konsolidierte Aufsicht erhoben werden. Welche Arten von Informationen darunter fallen, wird in Absatz 3 umschrieben. Sowohl die Bedingungen in Absatz 2 als auch diejenigen in Absatz 3 müssen erfüllt sein, damit die Bankenkommission ihre Zustimmung zur Durchführung von Vor-Ort-Kontrollen in der Schweiz erteilt. Die Bankenkommission hat demnach zu prüfen, ob nebst den von der Amtshilfe her bekannten Voraussetzungen die Angaben für eine konsolidierte Aufsicht notwendig sind. Im Rahmen dieser Prüfung kann die Bankenkommission die Einsichtsmöglichkeit beschränken und zum Beispiel eine Prüfung nur von Krediten, welche eine gewisse Mindestgrösse überschreiten, gestatten.

In den Artikeln 23scPtîcs Absatz 3 BankG und 38a Absatz 3 BEHG wird nicht abschliessend beschrieben, welche Angaben grundsätzlich für eine konsolidierte Aufsicht notwendig sein können: Dazu gehören Informationen über die Organisation der Geschäftstätigkeit. Die Herkunftslandbehörde kann nur überprüfen, ob die Gruppe konzernweit angemessen organisiert ist, wenn sie mit den Organisationsstrukturen der einzelnen Konzerngesellschaften und den Geschäftseinheiten vertraut ist. Die Bankenkommission und die ausländische Herkunftslandbehörde teilen sich ihre Aufsichtsaufgaben. Die Bankenkommission überprüft auf nationaler Ebene die angemessene Organisation der Niederlassung in der Schweiz und die Herkunftslandbehörde steht für eine konzernweit angemessene Organisation ein (An. 23SCPÜCS Abs. 3 Bst. a BankG, Art. 38a Abs. 3 Bst. a BEHG).

156 157

Vgl. z. B. Art. 23ter Abs. 4 BankG.

Bundesgesetz über internationale Rechtshilfe in Strafsachen, Rechtshilfegesetz, IRSG, SR 351.1

3899

Zur konsolidierten Überwachung notwendig sind ebenfalls Angaben darüber, wie Risiken erfasst, begrenzt und überwacht werden.- Diese Angaben ermöglichen der Herkunftslandbehörde zu überprüfen, ob konzemweit ein funktionierendes Risikomanagementsystem besteht (Art. 23sePües Abs. 3 Bst. b BankG).

Die Herkunftslandbehörde kann bei einer Vor-Ort-Kontrolle Einsicht in Akten der Personen verlangen, welche die Gesellschaft leiten, um zu überprüfen, ob diese Gewähr für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit bieten. Moderne Matrixorganisationen haben zur Folge, dass dem Management einer Konzemgesellschaft nicht notwendigerweise die gesamte Verantwortung für die innerhalb der Gesellschaft getätigten Geschäfte obliegt. Die Bankenkommission überwacht, dass die Gewähr für einwandfreie Geschäftstätigkeit der leitenden Personen eingehalten wird, sofern diese für Geschäfte der dem Banken- oder Börsengesetz unterstellten Gesellschaft verantwortlich sind. Die Herkunftslandbehörde hat demgegenüber die einwandfreie Geschäftstätigkeit konzernweit sicherzustellen. Daher benötigt sie unter Umständen Angaben über die leitenden Personen der Niederlassung in der Schweiz, die für Geschäfte, welche im Ausland oder von ausländischen Konzemgesellschaften getätigt werden, verantwortlich sind (Art. 23äePües Abs. 3 Bst. c BankG, Art. 38o Abs. 3 Bst. c BEHG).

Angaben, welche die Herkunftslandbehörde zur konsolidierten Aufsicht benötigt, betreffen die Einhaltung der Eigenmittel- und Risikoverteilungsvorschriften, welche nach Massgabe des ausländischen Rechts, welchem die Herkunftslandbehörde untersteht, auf konsolidierter Basis erfüllt sein müssen. Bei der Überprüfung, ob die Eigenmittel- und Risikoverteilungsvorschriften eingehalten sind, besteht ein berechtigtes aufsichtsrechtliches Interesse der Herkunftslandbehörde am Einblick in Kundendaten, um zu überprüfen oder durch Revisionsstellen überprüfen lassen, ob konzernweit Grossrisiken bestehen. Darin eingeschlossen sind bereits bestehende Klumpenrisiken nach schweizerischem Rechtes (Art. 23«P«i« Abs. 3 Bst. d BankG, Art. 38a Abs. 3 Bst. d BEHG).

Um einen Konzern auf konsolidierter Basis beaufsichtigen zu können, benötigt die Herkunftslandbehörde Angaben der Niederlassungen im Ausland wie beispielsweise über die Eigenmittel- und die Risikoverteilung in den einzelnen Konzerngesellschaften. Sie
hat ein legitimes Aufsichtsinteresse zu kontrollieren (oder durch die Revisionsstellen kontrollieren zu lassen), ob die vorgeschriebenen Berichte und Meldungen korrekt erstattet werden (Art. 23sePlies Abs. 3 Est. e BankG, Art. 38o Abs. 3 Bst. e BEHG).

226

Verfahrensrechtlicher Schutz von Kundeninteressen (Art. 23«pti« Abs. 4 BankG und Art. 38a Abs. 4 BEHG)

Ausländische Aufsichtsbehörden sollen im Rahmen der Vor-Ort-Kontrollen grundsätzlich keinen Zugang zu Kundendaten haben, soweit sie im weitesten Sinne mit dem Vermögensverwaltungs- oder Einlagengeschäft zusammenhängen. Ausgeschlossen ist damit auch die direkte Einsicht in Lombardkredite159 oder in andere mit dem Vermögensverwaltungsgeschäft in Verbindung stehende Kredite oder Kredite, welche ohne förmlichen Pfandvertrag, aber aufgrund eines vorhandenen

"58 Vgl. Art. 21 ff. Bankenverordnung (SR 952.02).

159 Unter Lombardkredite versteht man Kredite, welche insbesondere durch die Verpfändung von Wertschriften oder Edelmetallen gesichert sind.

3900

Depots, gewährt werden. Damit wird dem Bedürfnis nach dem Schutz der Persönlichkeitsrechte der in- und ausländischen Vermögensverwaltungskunden Rechnung getragen. Nur in Ausnahmefällen besteht ein aufsichtsrechtliches Bedürfnis, solche Kundendaten zu kennen160. Sofern ein solches Bedürfnis besteht, kann die Bankenkommission die Angaben selbst erheben und nach der Durchführung eines Verwaltungsverfahrens der ausländischen Behörde auf dem Amtshilfeweg übermitteln.

Damit wird der weitgehende Verfahrensschutz für Kunden auch für das Aufsichtsinstrument der Vor-Ort-Kontrolle sichergestellt. Die Übermittlung von Kundendaten auf dem Weg der internationalen Amtshilfe bedeutet, dass die Bankenkommission vor Übermittlung solcher Informationen eine anfechtbare Verfugung erlassen muss, sofern der Kunde nicht vorgängig seine Zustimmung zur Informationsübermittlung erteilt. Nicht als Kunden gelten in diesem Zusammenhang Banken oder Effektenhändler, welche bei andern Banken Einlagen haben. Informationen im Rahmen des ïnterbankengeschafts werden von der Kundenschutzregelung nicht erfasst. Ein besonderer Vertrauensschutz ist bei bewilligungspflichtigen Finanzintermediären nicht erforderlich.

Kundenangaben, welche nicht im Zusammenhang mit dem Vermögensverwaltungsgescha'ft stehen, unterliegen demgegenüber der direkten Einsicht der ausländischen Aufsichtsbehörden, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Die betroffenen Kunden, beispielsweise Kommerzkreditkunden161, haben keinen Anspruch auf ein Verwaltungsverfahren durch die Bankenkommission. Insofern weicht der Vorschlag von der bestehenden Amtshilferegelung ab162. Dieser Unterschied ist gerechtfertigt, da eine konsolidierte Überwachung von Klumpenrisiken einem offensichtlichen aufsichtsrechtlichen Bedürfnis entspricht und im Rahmen der Bankenaufsicht zum aufsichtsrechtlichen Mindeststandard gehört. Bei Effektenhändlern steht demgegenüber praktisch die gesamte Geschäftstätigkeit im Zusammenhang mit der Vermögensverwaltung. Daher wird im Börsengesetz die Kundenschutzregelung der internationalen Amtshilfe (An. 38 Abs. 3 BEHG) ohne Änderung bei der Regelung der Vor-Ort-Kontrolle im Börsengesetz übernommen (Art. 38a Abs. 4 BEHG).

Wünscht eine Herkunftslandbehörde Einblick in Kundendaten und hat die Bank Zweifel, ob diese Kundendaten direkt oder indirekt
mit dem Vermögensverwaltungs- oder Einlagengeschäft zusammenhängen, kann sie sich an die Bankenkommission wenden. Dasselbe ist möglich, wenn die Niederlassung in der Schweiz der Ansicht ist, die Voraussetzungen für die Durchführung der Vor-Ort-Kontrolle in der Schweiz, insbesondere die Verwendung zum Zwecke der konsolidierten Überwachung, seien nicht erfüllt. Bei Uneinigkeit zwischen der Herkunftslandbehörde und der Bank in der Schweiz kann die Bank sich an die Bankenkommission wenden, welche den Umfang der Offenlegungspflicht bestimmt. Nötigenfalls kann dies mittels förmlicher Verfügung geschehen. Die ersuchende ausländische Behörde ist nicht Partei in diesem Verfahren.

160 161

Stockholmer Empfehlung, Abs. 9 Kredite an ins Handelsregister eingetragene Firmenkunden.

162 Art. 23«*ies Abs. 3 BankG

3901

227

Fakultative Begleitung durch die Bankenkommission oder die Revisionsstellen (Art. 23«PÜ« Abs. 5 BankG und Art. 38a Abs. 5 BEHG)

In der vorgeschlagenen Regelung wird die Bankenkommission ermächtigt, die ausländische Aufsichtsbehörde bei der Vor-Ort-Kontrolle zu begleiten oder durch eine banken- oder börsengesetzliche Revisionsstelle begleiten zu lassen. Die Bankenkommission entscheidet über die Begleitung nach eigenem Ermessen. Weder die ·ausländische Behörde noch das Institut, bei welchem eine Vor-Ort-Kontrolle vorgenommen wird, sollen einen Rechtsanspruch auf Begleitung besitzen. Die Bankenkommission kann an solchen Begleitungen ein eigenes Aufsichtsinteresse haben.

Anderseits dient die Begleitung auch dem Schutz der Auslandbanken oder deren Kunden. Die Kosten der Begleitung durch die Bankenkommission oder die Revisionsstelle trägt die betroffene Bank beziehungsweise der betroffene Effektenhändler.

228

Kreis der von der Vor-Ort-Kontrolle betroffenen Unternehmen und Unternehmensteile (Art. 23*P'ics Abs. 6 BankG und Art. 38a Abs. 6 BEHG)

Vor-Ort-Kontrollen sollen bei Vertretungen, Zweigniederlassungen, Tochtergesellschaften und Konzerngesellschaften durchgeführt werden können (Bst. a). Vor-OrtKontrollen bei Zweigniederlassungen müssen zulässig sein, da diese praktisch ausschliesslich von der Herkunftslandaufsichtsbehörde überwacht werden. Zudem verweisen die schweizerischen Aufsichtsregeln für Zweigniederlassungen im wesentlichen auf die ausländische Aufsichtsordnung, weshalb beispielsweise keine separaten Eigenmittel oder die Einhaltung der schweizerischen Vorschriften über Klumpenrisiken verlangt werden163. Tochtergesellschaften sind rechtlich selbständig und werden in erster Linie von der Aufsichtsbehörde desjenigen Landes, nach dessen Rechtsordnung sie errichtet worden sind, überwacht. Die globale Aufsicht über die gesamte Gruppe erfolgt durch die Herkunftslandbehörde und ist nur sichergestellt, wenn diese Aufsichtsbehörde über die notwendigen Informationen der Tochtergesellschaften und Niederlassungen verfügt.

Weiter können auch Gesellschaften in die konsolidierte Aufsicht einbezogen werden, welche keine bewilligungs'pfiichtige Tätigkeit ausüben oder nicht durch direkte Beherrschung in einen Bank- oder Finanzkonzem eingebunden sind164. Um eine konsolidierte Aufsicht überhaupt ' sicherstellen zu können, müssen Vor-OrtKontrollen bei Konzernen beziehungsweise Konzernteilen zulässig sein, soweit diese in den Kreis der konsolidierungspflichtigen Gesellschaften gehören. Es kann sich dabei um Holdinggesellschaften an der Spitze oder innerhalb eines Konzerns (Subholdinggesellschaften) oder Schwestergesellschaften handeln oder um Gesellschaften, welche Dienstleistungen für Banken oder Effektenhändler erbringen165 und im Hinblick auf die Ermöglichung einer umfassenden, konsolidierten Aufsicht einem Unternehmen zugerechnet werden müssen (Bst. b).

163

Vgl. Art. 4 ff. Verordnung der Eidg. Bankenkommission vom 21. Oktober 1996 über die ausländischen Banken in der Schweiz, SR 952.111.

164 Vgl. Art. ISaAbs. l Bankenverordnung.

165 Etwa im Rahmen einer Auslagerung von Aufgaben.

3902

229

Auskunftspflicht der Niederlassungen (Art. 23«P
Zweigniederlassungen ausländischer Banken, Börsen und Effektenhändler benötigen in der Schweiz eine Bewilligung der Bankenkommission und sind dieser gegenüber bereits heute zur Auskunft verpflichtet166. Dies gilt auch für Tochtergesellschaften, soweit sie Geschäfte als Bank, Börse oder Effektenhändler tätigen. Neu kann die Bankenkommission oder die ausländische Aufsichtsbehörde auch von Unternehmungen Auskünfte oder Akten verlangen oder ihre Räumlichkeiten betreten, wenn diese im Hinblick auf die Ermöglichung einer umfassenden, konsolidierten Aufsicht einem Konzern zugerechnet werden müssen16?. Im Rahmen von förmlichen Verwaltungsverfahren können zwar auch Dritte nach Massgabe des Verwaltungsverfahrensgesetzes zum Zeugnis und zur Aktenedition verpflichtet werden168. Die VorOrt-Kontrolle muss im Normalfall169 aber auch ohne förmliches Verwaltungsverfahren durchgeführt werden können. Es ist deshalb notwendig, dass auch Unternehmen in die Vor-Ort-Kontrolle einbezogen werden, die keine bewilligungspflichtige Tätigkeit ausüben oder nicht durch direkte Beherrschung in einen Bank- oder Finanzkonzern eingebunden sind, wenn diese im Hinblick auf die Ermöglichung einer umfassenden, konsolidierten Aufsicht einem Konzern zugerechnet werden müssen. Es muss in der Folge auch für solche Unternehmen die Pflicht verankert werden, bei der Vor-Ort-Kontrolle mitzuwirken und den ausländischen Aufsichtsbehörden und der Bankenkommission Auskunft zu geben, Akten offenzulegen und Zutritt zu ihren Geschäftsräumlichkeiten zu gewähren, ohne dass im Einzelfall ein Verwaltungsverfahren eingeleitet werden muss. Bei Auseinandersetzungen, ob ein Unternehmen als Niederlassung im Sinne dieses Absatzes zu qualifizieren ist, entscheidet die Bankenkommission durch Erlass einer Verfügung.

23

Subsidiarität und Gegenrecht

Vor-Ort-Kontrollen werden erfahrungsgemäss nicht als primäres Aufsichtsinstrument für die grenzüberschreitende Überwachung eingesetzt, weil sie zu aufwendig sind. Sie werden eher subsidiär zur Abklärung ganz bestimmter aufsichtsrechtlicher Probleme vorgenommen. Das Prinzip der Subsidiarität von Vor-Ort-Kontrollen ergibt sich von alleine und sollte daher nicht als Voraussetzung für die Zustimmung zur Vor-Ort-Kontrolle durch die Bankenkommission in die gesetzliche Regelung aufgenommen werden. Zudem kann ein solches Erfordernis durch die Gastlandbehörde kaum überprüft werden. Die Entscheidung, zu welchem Zeitpunkt eine ausländische Aufsichtsbehörde welches Aufsichtsinstrument einsetzt, sollte grundsätzlich der betreffenden Herkunftslandbehörde, welcher die globale Überwachung obliegt, überlassen werden. Der generelle Vorbehalt der Zustimmung durch die Bankenkommission reicht aus.

Nicht vorgesehen ist, das Gegenrecht als Voraussetzung für die Zustimmung zur Vor-Ort-Kontrolle ausländischer Herkunftslandaufsichtsbehörden in den Gesetzes166 Art. 23bis Abs. 2 BankG und Art. 35 Abs. 2 BEHG 167 Vor allem im Hinblick auf das zunehmende Outsourcing ist diese Ausweitung der Kontrolle zwingend notwendig.

168 Art. 15 ff. VwVG (SR 172.021). Kölz / Hiiner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, Zürich 1993, Rz. 121 f.

169 Art. 23SC"PÜ« Abs. 4 BankG und Art. 38a Abs. 4 BEHG 3903

text aufzunehmen. Auf eine solche Voraussetzung wurde auch in den Amtshilfebestimmungen verzichtet. Ob Gegenrecht gewährt wird, kann zum voraus und losgelöst von einem konkreten Fall kaum abschliessend abgeklärt werden. Die Bankenkommission wird zudem eher um die Durchführung einer Vor-Ort-Kontrolle in der Schweiz ersucht werden, als dass sie in die Lage kommt, selber eine direkte Prüfung im Ausland vorzunehmen. Daher sollte auf das Erfordernis des Gegenrechts verzichtet wird. Es entspricht allerdings der Praxis der Bankenkommission, vor Erteilung der Amtshilfe in einem konkreten Fall abzuklären, ob die ausländische Aufsichtsbehörde grundsätzlich rechtlich ermächtigt und willens ist, der Bankenkommission Amtshilfe zu leisten. Dies wurde der Bankenkommission bis anhin immer zugesichert. Mehr sollte bei der internationalen Amtshilfe wie auch bei der Vor-OrtKontrolle, die beide einzelfallbezogen sind, nicht vorausgesetzt werden. Erhält die Bankenkommission in einem konkreten Fall keine Amtshilfe oder wird ihr die Vornahme einer Vor-Ort-Kontrolle im Ausland verweigert, wird sie gegenüber der betreffenden Aufsichtsbehörde in Zukunft zumindest zurückhaltend sein oder eine Amtshilfe oder Vor-Ort-Kontrolle ablehnen. Ein solches Verhalten steht im Einklang mit dem GATS/WTO-Abkommen1TM, solange es nicht den Handel mit Bankdienstleistungen beeinträchtigt. Sollte dies doch der Fall sein, muss es sich aufsichtsrechtlich rechtfertigen lassen.

24

Verzicht auf die Vor-Ort-Kontrolle bei Anlagefonds

Die Aufsicht über Anlagefonds hat einen anderen Charakter als die Aufsicht über Banken und Effektenhändler. Sie knüpft an den Vertrieb von Produkten an, während die Aufsicht über Banken und Effektenhändler die Überwachung von Instituten bezweckt. Die Fondsleitungen benötigen zwar eine Bewilligung, doch spielt die Institutsaufsicht über Fondsleitungen eine weniger grosse Rolle als bei der Aufsicht über Bankinstitute und Effektenhändler. Fondsleitungen tragen keine Kredit- oder Marktrisiken. Auch besitzen die wenigsten Fondsleitungen im Ausland Tochtergesellschaften oder Zweigniederlassungen. Auf die Regelung einer Vor-Ort-Kontrolle im Anlagefondsbereich kann deshalb verzichtet werden.

3 31 311

Auswirkungen Finanzielle und personelle Auswirkungen Auf den Bund

Finanzielle Auswirkungen Die Vorlage hat keine finanziellen Auswirkungen auf den Bund. Die Kosten der

Aufsicht werden vollständig von den Beaufsichtigten getragen.

170 GATS: General Agreement on Trade in Services - Allgemeines Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen. GATT: General Agreement on Tariffs and Trade - Allgemeines Abkommen über Zölle und Handel. WTO: World Trade Organisation - Welthandelsorganisation. Abkommen vom 15. April 1994 zur Errichtung der Welthandelsorganisation, SR 0.632.20, in Kraft seit dem 1. Juli 1995.

3904

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Personelle Auswirkungen Die Vorlage bedingt, zusammen mit den anlaufenden Amtshilfeverfahren im Rahmen des Börsengesetzes, zusätzlich ein bis mehrere Juristen bei der Bankenkommission, um die gesetzlich vorgesehenen Verwaltungsverfahren durchführen zu können.

Die zusätzlichen Kosten werden vollumfänglich von den Beaufsichtigten getragen.

312

Auf die Kantone und Gemeinden

Die vorgeschlagene Zulassung von Vor-Ort-Kontrollen ausländischer Aufsichtsbehörden in der Schweiz wird auf die Kantone und Gemeinden weder finanzielle noch personelle Konsequenzen haben.

313

Ausgabenbremse

Das Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen und insbesondere die vorgeschlagene Revision sind der Ausgabenbremse nicht unterstellt, da keine Subventionen (Finanzhilfen oder Abgeltungen) vorgesehen sind.

4

Legislaturplanung

Die Vorlage ist in der Legislaturplanung 1995-1999 (BEI 7996II 293) nicht angekündigt worden.

Aufgrund der Stockholmer Empfehlungen und wegen der zunehmenden internationalen Tätigkeit von Banken und Finanzintermediären mit komplexer werdenden Geschäften ist die Stärkung der grenzüberschreitenden Aufsicht notwendig. Diese Vorlage muss als dringlich betrachtet werden. Die betroffenen Bankkreise erachten Vor-Ort-Kontrollen selbst als ein wichtiges Aufsichtsinstrument und haben ein eigenes Interesse an deren Zulässigkeit in der Schweiz bekundet.

5 51

Internationaler Kontext Übersicht über die Praxis im Ausland

Im Hinblick auf die Internationale Bankenaufseherkonferenz 1996 in Stockholm wurde eine Umfrage über die nationalen Aufsichtssysteme gemacht, an welcher 127 Länder teilnahmen. Die Ergebnisse dieser Umfrage zeigen, dass 83 Prozent der Industrieländer und 90 Prozent der übrigen Länder selbst direkte Prüfungen bei den unterstellten Banken vornehmen. 87 Prozent der Industrieländer und 80 Prozent der übrigen Länder lassen Vor-Ort-Kontrollen von Herkunftslandbehörden zu. Dabei gewähren 100 Prozent der Industrieländer und 83 Prozent der übrigen Länder Zugang zur Identität individueller Schuldner sowie 90 Prozent bzw. 74 Prozent zur Identität individueller Anleger171. In einer Umfrage gaben sämtliche im Basler Ausschuss vertretenen Länder an, Vor-Ort-Kontrollen zuzulassen. In den meisten Ländern ist sie nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt. Man kann allerdings davon aus17! EBK-Jahresbericht 1996, S. 73.

3905

gehen, dass einzelne Länder informelle Aussprachen zwischen dem Management einer Niederlassung in ihrem Land und der ausländischen Herkunftslandbehörde als Vor-Ort-Kontrollen bezeichnet haben.

52

Regelung in der Europäischen Union

In der Europäischen Union stellt die Vor-Ort-Kontrolle ein Korrelat zur Herkunftslandaufsicht dar und ist in verschiedenen EG-Richtlinien vorgesehen. Artikel 15 der 2. Bankenkoordinierungsrichtlinie (2. BKR)172 bestimmt für Banken mit einer EGEinheitslizenz, dass die Aufsichtsbehörden des Herkunftslandes nach vorgängiger Unterrichtung der Gastlandaufsichtsbehörde direkte Prüfungen bei Zweigniederlassungen in einem anderen EU-Staat vornehmen können. Nach Artikel 7 Absatz 7 der EG-Konsolidierungsrichtlinie173 sind Vor-Ort-Kontrollen auch bei ausländischen Tochtergesellschaften innerhalb der Europäischen Union zulässig. Nach dieser Richtlinienbestimmung sehen die Mitgliedstaaten vor, dass EG-Herkunftslandaufsichtsbehörden von ausländischen Tochtergesellschaften in einem EG-Mitgliedstaat erhaltene Informationen selber oder durch externe Prüfer vor Ort nachprüfen lassen können. Die EG-Herkunftslandaufsichtsbehörde muss die EG-Gastlandbehörde um die Durchführung einer direkten Prüfung ersuchen. Bei solchen Ersuchen hat die Gastlandaufsichtsbehörde drei Möglichkeiten: Sie kann dem Ersuchen auf Vor-Ort-Kontrolle durch die Herkunftslandbehörde entweder stattgeben, oder die direkte Prüfung selbst vornehmen, oder sie kann gestatten, dass die Vor-Ort-Kontrolle von einem Wirtschaftsprüfer durchgeführt wird.

Artikel? Absatz? der EG-Konsolidierungsrichtlinie geht weniger weit als die Stockholmer Empfehlungen, welche die Vor-Ort-Kontrolle nicht dem Ermessen der Gastlandaufsichtsbehörden, sondern demjenigen der Herkunftslandbehörden überlassen wollen. Dies erklärt sich dadurch, dass die EG-Richtlinie älteren Datums ist und die neusten Entwicklungen auf internationaler Ebene noch nicht nachvollzogen werden konnten. Die EG-Richtlinie entspricht damit erst den Empfehlungen des Basler Ausschusses von 1992. Wie die Schweiz sieht sich deshalb auch die EG mit neuen Vorgaben des Basler Ausschusses konfrontiert, den sie bereits in anderen Aufsichtsfragen als «lead regulalon> anerkannt hat174. Im Herbst 1997 hat der beratende Bankenausschuss der EG verlangt, dass die Regelung der Vor-Ort-Kontrolle in der EG-Konsolidierungsrichtlinie mit den Stockholmer-Empfehlungen in Einklang gebracht werde. Die entsprechenden Vorarbeiten sind im Gange und sollen im Jahr 1998 vorangetrieben werden.

Seit 1994 führt die EG-Kommission mit
der Schweiz und mit anderen Drittstaaten Gespräche mit dem Ziel, Vereinbarungen über die konsolidierte Beaufsichtigung von grenzüberschreitend tätigen Bankkonzernen abzuschliessen. Die Schweiz hat 172

173 174

Zweite Richtlinie 89/646 EWG des Rates vom 15. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute und zur Änderung der Richtlinie 77/780 EWG (ABI. L Nr. 386 vom 30. Dezember 1989).

Richtlinie 92/30 EWG des Rates vom 6. April 1992 über die Beaufsichtigung von Kreditinstituten auf konsolidierter Basis (ABI. L Nr. IlOvom 28. April 1992).

So basieren die Eigenmittelregeln der EG (Richtlinien 89/299/EWG und 89/647/EWG) mehrheitlich auf dem Basler Standard von 1988 (Basic accord).

3906

*

·

noch keine konkreten Verhandlungen aufgenommen, sondern führte die Gespräche bisher auf Expertenebene. Gegenstand der Gespräche sind der ïnformationsaus; tausch unter anderem auch im Rahmen von direkten grenzüberschreitenden Kontrollen. Aufgrund der neuen Vorgaben in den Stockholmer Empfehlungen wurde im Herbst 1997 beschlossen, die Gespräche erst weiterzuführen, wenn beiderseits die Bestrebungen zur Umsetzung der Stockholmer Empfehlungen weiter fortgeschritten sind. Für die Schweiz wird insbesondere von Bedeutung sein, wie die EG die Stockholmer Empfehlungen im Verhältnis zu Drittstaaten umsetzt.

Die EG hat das Prinzip einer globalen Aufsicht über Konzerne mit sektorenübergreifenden Aktivitäten im Banken-, Wertschriften- und Versicherungsbereich anerkannt.

Sie stützt sich auf die Vorarbeiten des Joint Forum on Financial Conglomérâtes.

Dieses ist ein zu gleichen Teilen aus Vertretern der Banken-, Effektenhandel- und Versicherungsaufsicht zusammengesetztes Gremium, in welchem die Bankenkommission vertreten ist. Es hat den Auftrag, praktische Wege zu einem sektorenübergreifenden Informationsaustausch unter Aufsichtsbehörden (auf nationaler und internationaler Ebene) zu erörtern. Es soll zudem die einem solchen Austausch hinderlichen praktischen und gesetzlichen Hürden identifizieren, Wege zur Verbesserung der Aufsichtskoordination prüfen und schliesslich Prinzipien zu einer wirkungsvolleren Überwachung beaufsichtigter Unternehmen in internationalen Finanzkonglomeraten entwickeln.

53

Grossbritannien

In Grossbritannien bestehen keine ausdrücklichen gesetzlichen Grundlagen, welche die Frage der Vor-Ort-Kontrollen ausländischer Aufsichtsbehörden aus dem Herkunftsland eines Bankkonzerns regeln würden. Solche Kontrollen sind aber nicht verboten. Die Bank of England als bisherige Bankenaufsichtsbehörde ermutigt im Gegenteil ausländische Aufsichtsbehörden, solche Kontrollen vorzunehmen. Davon machen insbesondere die Behörden aus anderen EG-Staaten und den Vereinigten Staaten Gebrauch. Letztere haben in London teilweise permanente Geschäftsstellen eingerichtet. Die Bank of England ersucht die ausländischen Aufsichtsbehörden um ein Gespräch vor der Vor-Ort-Kontrolle und um eine nachträgliche Meldung über deren Verlauf.

54

Luxemburg

Ausländische Aufsichtsbehörden haben in Luxemburg zwei Möglichkeiten, die konsolidierte Aufsicht über Tochtergesellschaften in Luxemburg wahrzunehmen. Sie können die Bestellung eines Wirtschaftsprüfers verlangen oder von der ausländischen Muttergesellschaft alle Daten der Tochtergesellschaft verlangen, welche für die konsolidierte Aufsicht notwendig sind. Um die über den konzerninternen Informationsfluss erhaltenen Angaben zu vervollständigen, dürfen ausländische Aufsichtsbehörden Gespräche mit dem Management der Tochtergesellschaft in Luxemburg führen. Im Rahmen solcher Gespräche vor Ort können die ausländischen Aufsichtsbehörden Zugang zu Informationen haben, die sie zur konsolidierten Aufsicht benötigen, um sich ein Urteil über die Risiken innerhalb der Bank, über die Qualität der Organisation und der internen Kontrolle zu bilden. Vor und nach diesem Gespräch organisiert das Institut Monétaire Luxembourgeois ein Treffen mit der aus3907

ländischen Aufsichtsbehörde, um die Gespräche vorzubereiten und abzuschliessen.

Die Möglichkeiten, Vor-Ort-Kontrollen in Luxemburg durchzuführen, werden von den verschiedenen ausländischen Aufsichtsbehörden unterschiedlich häufig wahrgenommen. Sie gehen von punktuellen Prüfungen bis zu regelmässigen Kontrollen einmal pro Jahr.

6 61

Rechtliche Grundlagen Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Die verfassungsrechtliche Zuständigkeit des Bundes für diese Gesetzesänderung ergibt sich aus Artikel 31iualcrBV.

62

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Der Entwurf enthält keine Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen an den Bundesrat oder an eine andere Behörde.

9742

3908

·-£

Anhang Abkürzungsverzeichnis a. a. O.

AB ABI.

Abs.

AG AJP AS BankG BankV BAWI BB1 BEHG BGE BR-Bericht Bst.

BTJP BV bzw.

DBG Diss.

EBK EFD

am angeführten Ort Amtliches Bulletin Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft Absatz Aktiengesellschaft Aktuelle Juristische Praxis Amtliche Sammlung des Bundesrechts Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen, Bankengesetz, SR 952.0 Verordnung vom 17. Mai 1992 über die Banken und Sparkassen, Bankenverordnung, SR 952.02 Bundesamt für Aussenwirtschaft Bundesblatt Bundesgesetz vom 24. März 1995 über die Börsen und den Effektenhandel, Börsengesetz, SR 954.1 Bundesgerichtsentscheid Bericht des Bundesrates vom 29. März 1995 Buchstabe Berner Tage für die juristische Praxis Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 29. Mai 1874, Bundesverfassung, SR 101 beziehungsweise Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer, SR642.11 Dissertation Eidgenössische Bankenkommission Eidgenössisches Finanzdepartement

EG / EWG / EU Europäische Gemeinschaft / Europäische Wirtschaftsgemeinschaft / Europäische Union EJPD f.

ff.

Fn.

GATT

Eidgenössisches Justiz und Polizeidepartement folgende fortfolgende Fussnote General Agreement on Tariffs and Trade (Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen) GATS General Agreement on Trade in Services (Allgemeines Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen) HRegV Handelsregisterverordnung vom 7. Juni 1937, SR 221.411 IGEG Bundesgesetz vom 24. März 1995 über Statut und Aufgaben des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum, SR 172.010.31 i.d. R.

in der Regel insb.

insbesondere IPRG Bundesgesetz vom 18. Dezember 1987 über das Internationale Privatrecht, SR297 IRSG Bundesgesetz über internationale Rechtshilfe in Strafsachen, Rechtshilfegesetz, SR 351.1 i. V. m.

in Verbindung mit IWF Internationaler Währungsfonds KB-Holding Kantonalbanken-Holding KK-Bericht Bericht der Kartellkornmission vom 27. März 1995 Mio.

Millionen MSchG Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben, Markenschutzgesetz, SR 232.71 N / NR Nationalrat N.

Note NW Kanton Nidwaiden OECD / OCDE Organisation for Economie Coopération and Development - Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

3909

OR

Bundesgesetz vom 30. März 1911 betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenenrecht), SR220

OW P Rz.

Kanton Obwalden Postulat Randziffer

S / SR · S.

Ständerat Seite

SchKG

Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs, SR28I.I Schweizerischer Gewerkschaftsbund Schweizerische Nationalbank Sozialdemokratische Partei der Schweiz Systematische Sammlung des Bundesrechts

SGB SNB SPS / SP SR Sten. Bull.

Stenografisches Bulletin (heute: Amtliches Bulletin) der Bundesversammlung

StGB SZW vgl.

VPB VS VSA VSKB VwVG

Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937, SR 311.0 Schweizerische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht vergleiche Verwaltungspraxis des Bundes Canton du Valais Vereinigung Schweizerischer Angestelltenverbände Verband Schweizerischer Kantonalbanken Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren,

WAK WTO z. B.

ZB1 ZG ZGB Ziff.

Kommission für Wirtschaft und Abgaben World Trade Organisation (Welthandelsorganisation) zum Beispiel Schweizerisches Zentralblatt für Staats- und Verwaltungsrecht Kanton Zug Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907, SR 2JO Ziffer

9742

3910

SR 772.027

Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen

Entwurf

Änderung vom

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 27. Mai 19981, ' beschliesst: l

I Das Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen2 wird wie folgt geändert: Titel Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG)

Art. 3a 1 Als Kantonalbank gilt eine Bank, die aufgrund eines kantonalen gesetzlichen Erlasses als Anstalt oder Aktiengesellschaft errichtet wird. Der Kanton muss an der Bank eine Beteiligung von mehr als einem Drittel des Kapitals halten und über mehr als einen Drittel der Stimmen verfügen.

2

Kantonalbanken dürfen die Geschäftstätigkeit nur mit einer Bewilligung der Bankenkommission nach Artikel 3 aufnehmen.

3 Keine Bewilligung benötigen Kantonalbanken, für deren Verbindlichkeiten die Kantone vollumfänglich haften. Sie müssen jedoch den Anforderungen von Artikel 3 Absätze 2 und 3 entsprechen und unterstehen der Aufsicht der Bankenkommission.

Art. 5 Abs. 2 2 Dieser Artikel findet keine Anwendung auf Privatbankiers, die sich nicht Öffentlich zur Annahme fremder Gelder empfehlen.

Art. 233uin
Die Bankenkommission entzieht der Bank, welche die Voraussetzungen der Bewilligung nicht mehr erfüllt oder ihre gesetzlichen Pflichten grob verletzt, die Bewilligung zur Geschäftstätigkeit. Sie kann unter den gleichen Voraussetzungen die Schliessung einer Kantonalbank, für deren Verbindlichkeiten die Kantone vollumfânglich haften, verfügen.

1 2

BEI 1998 3847 SR9S2.0

3911

Banken und Sparkassen. BG

2

Der Entzug der Bewilligung bewirkt bei juristischen Personen, Kollektiv- und Kommanditgesellschaften die Auflösung und bei Einzelfirmen die Löschung im Handelsregister. Die Bankenkommission bezeichnet den Liquidator und überwacht seine Tätigkeit. Die Auflösung von Kantonalbanken, für deren Verbindlichkeiten die Kantone vollumfänglich haften, ist Sache der Kantone.

Art. 23"Pties (neu) 1

Die Bankenkommission kann zur Durchsetzung dieses Gesetzes direkte Prüfungen bei ausländischen Niederlassungen von Banken, für deren konsolidierte Aufsicht sie im Rahmen der Herkunftslandkontrolle verantwortlich ist, selber vornehmen oder durch Revisionsstellen vornehmen lassen.

2 Die Bankenkommission darf ausländischen Bank- oder Finanzmarktaufsichtsbehörden direkte Prüfungen bei schweizerischen Niederlassungen von ausländischen Banken erlauben, sofern diese Behörden: a. für die konsolidierte Aufsicht der geprüften Banken im Rahmen der Herkunftslandkontrolle verantwortlich sind; b. die erhaltenen Informationen ausschliesslich zur konsolidierten Aufsicht von Banken und anderen bewilligungspflichtigen Finanzintermediären verwenden; c. an das Amts- oder Berufsgeheimnis gebunden sind; und d. die erhaltenen Informationen nicht ohne Zustimmung der Bankenkommission an zuständige Behörden und an Organe, die mit im öffentlichen Interesse liegenden Aufsichtsaufgaben betraut sind, weiterleiten. Die Weiterleitung von Informationen an Strafbehörden ist unzulässig, wenn die Rechtshilfe in Strafsachen ausgeschlossen wäre. Die Bankenkommission entscheidet im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Polizeiwesen.

3 Durch grenzüberschreitende direkte Prüfungen dürfen nur Angaben erhoben werden, welche für eine konsolidierte Aufsicht über Banken oder Finanzintermediäre notwendig sind. Dazu gehören insbesondere Angaben darüber, ob eine Bank oder ein Finanzintermediär konzernweit: a. angemessen organisiert ist;

b.

die in seiner Geschäftstätigkeit enthaltenen Risiken angemessen erfasst, begrenzt und überwacht;

c.

durch Personen geleitet wird, welche Gewähr für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit bieten; d. Eigenmittel- und Risikoverteilungsvorschriften auf konsolidierter Basis erfüllt; und e. den Berichterstattungspflichten gegenüber den Aufsichtsbehörden korrekt nachkommt.

4 Soweit die ausländischen Bank- oder Finanzmarktaufsichtsbehörden bei direkten Prüfungen in der Schweiz Informationen einsehen wollen, welche direkt oder indirekt mit dem Vermögensverwaltungs- oder Einlagengeschäft für einzelne Bankkunden zusammenhängen, erhebt die Bankenkommission die Informationen selbst und übermittelt sie den ersuchenden Behörden. Das Verfahren richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz3.

3

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SR 172.021

*

Banken und Sparkassen. BG 5

Die Bankenkommission kann die ausländischen Bank- und Finanzmarktaufsichtsbehörden bei ihren direkten Prüfungen in der Schweiz begleiten oder durch eine bankengesetzliche Revisionsstelle begleiten lassen.

6 Als Niederlassungen von Banken im Sinne dieses Artikels gelten: a. Tochtergesellschaften, Zweigniederlassungen und Vertretungen von Banken; b. andere Unternehmungen, soweit ihre Tätigkeit von einer Bank- oder Finanzmarktaufsichtsbehörde in die konsolidierte Aufsicht einbezogen wird.

7 Die nach schweizerischem Recht organisierten Niederlassungen haben den ausländischen Aufsichtsbehörden über Banken oder Finanzintermediäre und der Bankenkommission die zur Durchführung der direkten Prüfungen oder der Amtshiife durch die Bankenkommission notwendigen Auskünfte zu erteilen und Einsicht in ihre Bücher zu gewähren.

Art. 38 Abs. l Aufgehoben II Übergangsbestimmungen Die Kantonalbanken der Kantone Waadt und Genf sind noch während zehn Jahren ab Inkrafttreten dieses Gesetzes von der Bewilligungspflicht befreit, sofern die Rechtsform dieser Banken unverändert bleibt und die Staatsgarantie nicht weiter eingeschränkt wird. Sie müssen die Bewilligungsvoraussetzungen von Artikel 3 Absätze 2 und 3 erfüllen und unterstehen der Aufsicht der Bankenkommission.

2 Für die Kantonalbank des Kantons Zug wird eine Beteiligung des Kantons von mehr als einem Drittel der Stimmen nach Artikel 3ü Absatz l nicht vorausgesetzt, sofern die Staatsgarantie und die Ausübung des Stimmrechts durch den Kanton nicht geändert werden sowie sichergestellt bleibt, dass wichtige Beschlüsse nicht ohne die Zustimmung des Kantons gefasst werden können.

1

III

Referendum und Inkrafttreten 1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

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Banken und Sparkassen. BG

Anhang Änderung von anderen Bundesgesetzen Das Börsengesetz vom 24. März 19954 wird wie folgt geändert:

Art. 38a

Grenzüberschreitende Prüfungen (neu)

1

Die Aufsichtsbehörde kann zur Durchsetzung dieses Gesetzes direkte Prüfungen bei ausländischen Niederlassungen von Börsen und Effektenhändlern, für deren konsolidierte Aufsicht sie im Rahmen der Herkunftslandkontrolle verantwortlich ist, selber vornehmen oder durch Revisionsstellen vornehmen lassen.

2 Die Aufsichtsbehörde darf ausländischen Aufsichtsbehörden über Börsen und Effektenhändler direkte Prüfungen bei schweizerischen Niederlassungen von ausländischen Börsen und Effektenhändlern erlauben, sofern diese Behörden: a. für die konsolidierte Aufsicht der geprüften Börsen und Effektenhändler im Rahmen der Herkunftslandkontrolle verantwortlich sind; b. die erhaltenen Informationen ausschliesslich für die konsolidierte Aufsicht der Börsen und der Effektenhändler verwenden; c. an das Amts- oder Berufsgeheimnis gebunden sind; und d. die erhaltenen Informationen nicht ohne Zustimmung der schweizerischen Aufsichtsbehörde an zuständige Behörden und an Organe, die mit im öffentlichen Interesse liegenden Aufsichtsaufgaben betraut sind, weiterleiten. Die Weiterleitung von Informationen an Strafbehörden ist unzulässig, wenn die Rechtshilfe in Strafsachen ausgeschlossen wäre. Die Aufsichtsbehörde entscheidet im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Polizeiwesen.

3 Durch grenzüberschreitende direkte Prüfungen dürfen nur Angaben erhoben werden, welche für eine konsolidierte Aufsicht über Börsen oder Effektenhändler notwendig sind. Dazu gehören in bezug auf Effektenhändler insbesondere Angaben darüber, ob ein Effektenhändler konzemweit: a. angemessen organisiert ist; b. die in seiner Geschäftstätigkeit enthaltenen Risiken angemessen erfasst, begrenzt und überwacht; c. durch Personen geleitet wird und verantwortliche Mitarbeiter beschäftigt, welche Gewähr für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit bieten; d. Eigenmittel- und Risikoverteilungsvorschriften auf konsolidierter Basis erfüllt; und e. seinen Berichterstattungspflichten gegenüber den Aufsichtsbehörden korrekt nachkommt.

4

Soweit die ausländischen Aufsichtsbehörden über Börsen und Effektenhändler bei direkten Prüfungen in der Schweiz Informationen einsehen wollen, welche einzelne Kunden von Effektenhändlern betreffen, erhebt die Bankenkommission die Informationen selbst und übermittelt sie den ersuchenden Behörden. Das Verfahren richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz5. Die Übermittlung von Informatio-

4 5

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SR 954.1 SR 172.021

*

Banken und Sparkassen. BG

nen über Personen, welche offensichtlich nicht in die zu untersuchende Angelegenheit verwickelt sind, ist unzulässig.

5 Die Aufsichtsbehörde kann die ausländischen Aufsichtsbehörden über Börsen und Effektenhändler bei ihren direkten Prüfungen in der Schweiz begleiten oder durch eine börsengesetzliche Revisionsstelle begleiten lassen.

6 Als Niederlassungen im Sinne dieses Artikels gelten: a. Tochtergesellschaften, Zweigniederlassungen und Vertretungen von Börsen und Effektenhändlern; "b. andere Unternehmungen, soweit ihre Tätigkeit von einer Aufsichtsbehörde Über Börsen und Effektenhändler in die konsolidierte Aufsicht einbezogen wird.

7 Die nach schweizerischem Recht organisierten Niederlassungen haben den ausländischen Aufsichtsbehörden über Börsen und Effektenhändler und der Bankenkommission die zur Durchführung der direkten Prüfungen oder der Amtshilfe durch die Bankenkommission notwendigen Auskünfte zu erteilen und Einsicht in ihre Bücher zu gewähren.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft über die Revision des Bundesgesetzes über die Banken und Sparkassen vom 27.

Mai 1998

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1998

Année Anno Band

4

Volume Volume Heft

29

Cahier Numero Geschäftsnummer

98.033

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

28.07.1998

Date Data Seite

3847-3915

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10 054 734

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