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Botschaft zur Volksinitiative «für die Halbierung des motorisierten Strassenverkehrs zur Erhaltung und Verbesserung von Lebensräumen (Verkehrshalbierungs-Initiative)» vom 29. Oktober 1997

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen die Botschaft über die Volksinitiative «für die Halbierung des motorisierten Strassenverkehrs zur Erhaltung und Verbesserung von Lebensräumen (Verkehrshalbierungs-Initiative)» und beantragen Ihnen, diese Volk und Ständen mit der Empfehlung auf Verwerfung und ohne Gegenvorschlag zur Abstimmung vorzulegen.

Der Entwurf zum entsprechenden Bundesbeschluss liegt bei.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

29. Oktober 1997

1997-564

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Koller Der Bundeskanzler: Couchepin

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Übersicht Die Volksinitiative «für die Halbierung des motorisierten Strassenverkehrs zur Erhaltung und Verbesserung von Lebens räumen», kurz VerkehrshalbierungsInitiative genannt, wurde am 20. März 1996 mit 108 841 gültigen Unterschriften in der Form des ausgearbeiteten Entwurfes bei der Bundeskanzlei eingereicht. Sie stellt die vorläufig letzte einer langen Reihe von Initiativen mit der Zielsetzung dar, den motorisierten Individualverkehr zu reduzieren oder zumindest dessen negative Auswirkungen einzudämmen. Neu ist der stipulierte Lösungsansatz, wonach die vom motorisierten Individualverkehr in der Schweiz erbrachte Fahrleistung halbiert werden soll.

Dass bei der Bekämpfung der vom motorisierten Strassenverkehr verursachten negativen Auswirkungen wie Lärm, Luftverschmutzung, Unfallgefahr, zunehmende Verbetonierung der Landschaft usw. weiterhin Handlungsbedarf besteht, trifft zwar zu. Aber die Verkehrshalbierungs-Initiative wird weder den in der Zwischenzeit eingeleiteten Massnahmen gerecht, noch trägt sie den bei einer allfälligen Annahme zu erwartenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen Rechnung. Vor allem aber ist ihr Lösungsansatz, die Halbierung der Fahrleistung innerhalb von lediglich zehn Jahren, höchst problematisch und unverhältnismässig.

Bei einer allfälligen Annahme der Initiative wären negative Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum und - aufgrund der kurzen Umsetzungsfrist - auch auf die Beschäftigung zu erwarten, eine Zunahme der Arbeitslosigkeit somit unausweichlich. Das geltende Verkehrsfìnanzierungssystem (und damit auch die Alimentie·rung der grossen Vorhaben im Bereich des Öffentlichen Verkehrs) würde grundsätzlich in Frage gestellt. Beim öffentlichen Verkehr wären bedeutende, nur mit unverhältnismässigem Aufwand eliminierbare Kapazitätsengpässe zu erwarten.

Gleichzeitig würde aufgrund der engen Zieldefinition der Ökologisch auch nicht unbedenkliche Flugverkehr (indirekt) gefördert. Nicht zuletzt würden auch die Beziehungen der Schweiz zum Ausland einer neuerlichen Belastungsprobe ausgesetzt. Bilaterale Abkommen, wie sie heute mit der EU im Bereich Landverkehr angestrebt werden, wären praktisch unvorstellbar. Zur Umsetzung der Initiative dürfte die Schweiz kaum umhin kommen, entweder geltende internationale Verträge zu kündigen oder komplizierte, die eigenen
Staatsbürgerinnen und -bürger diskriminierende Sonderregelungen zu schaffen.

Aufgrund dieser Nachteile stellt die Verkehrshalbierungs-Initiative keine brauchbare Alternative zur Politik des Bundesrates dar. Diese ist darauf ausgerichtet, mit gezielten Massnahmen einen möglichst hohen Nutzen zu erzeugen, ohne gleichzeitig die positiven Effekte der Motorisierung zu gefährden oder gar grundsätzlich in Frage zu stellen. Ein entsprechender Paradigmenwechsel drängt sich um so weniger auf, als sich die Erfolge dieser Politik insbesondere in den Bereichen Luftreinhaltung und Verkehrssicherheit durchaus sehen lassen können. Weitere Verbesserungen auf dem eingeschlagenen Weg sind möglich und auch vorgesehen. Zu erwähnen sind in diesem Zusammenhang namentlich die Massnahmen

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zur Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene (Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe, Alpenschutzartikel), die vorgesehene Absenkung des spezifischen Treibstoffverbrauchs bei den Personenwagen, weitere Vorschriften zur Luftreinhaltung (EURO III) und das Lärmschutzprogramm mit gezielten Eingriffen in übermässig belasteten Gebieten.

Der Bundesrat will deshalb konsequent an seiner Verkehrspolitik festhalten und empfiehlt die Verkehrshalbierungs-Initiative ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung.

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Botschaft I

Allgemeiner Teil

II III

Formelles Wortlaut

Die eidgenössische Volksinitiative «für die Halbierung des motorisierten Strassenverkehrs zur Erhaltung und Verbesserung von Lebensräumen (Verkehrshalbierungs-Initiative)» wurde am 20. März 1996 mit 108 841 gültigen Unterschriften in der Form eines ausgearbeiteten Entwurfes bei der Bundeskanzlei eingereicht. Die Initiative lautet: Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert: Art. 37*" Abs. l*" (neu), Abs. 2 zweiter, dritter und vierter (neu) Satz und Abs. 3 (neu) ""' Bund, Kantone und Gemeinden halbieren den motorisierten Strassenverkehr innerhalb von zehn Jahren nach Annahme der Verkehrshalbierungs-Initiative durch Volk und Stände. Der neue Stand darf nicht mehr überschritten werden. Massgebend ist die in der Schweiz insgesamt erbrachte Fahrleistung. Der öffentliche Verkehr ist von diesen Bestimmungen nicht betroffen und wird nicht mitgerechnet.

... Die Gemeinden können auf allen Strassen ihres Gebietes, ausgenommen auf den Nationalstrassen, Verkehrsbeschränkungen anordnen, soweit es dem Ziel von Absatz l1*' oder der Verbesserung oder Erhaltung von Lebensräumen dient. Die vollständige Sperrung der vom Bund bezeichneten Durchgangsstrassen ist nur in Absprache mit dem Bund zulässig. Die Benützung der Strassen im Dienste der öffentlichen Hand bleibt vorbehalten.

1 Die für die Halbierung des motorisierten Strassenverkehrs anzuwendenden Mittel werden durch das Gesetz bestimmt.

Die Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung werden wie folgt ergänzt: Art. 23 (neu) Ist die Ausfühmngsgesetzgebung nach Artikel 37M* Absatz 3 innerhalb dreier Jahre nach Annahme der VerkehrshalbJerungs-Initiatìve nicht rechtskräftig, eriässt der Bundesrat die notwendigen Bestimmungen auf dem Verordnungsweg.

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Zustandekommen

Mit Verfügung vom 2. Mai 1996 stellte die Bundeskanzlei fest, dass die eidgenössische Volksinitiative «für die Halbierung des motorisierten Strassenverkehrs zur Erhaltung und Verbesserung von Lebensräumen (Verkehrshalbierungs-Imtiative)» formell zustande gekommen ist (BB11996II 882).

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Behandlungsfrist

Gemäss Artikel 29 Absatz l des Geschäftsverkehrsgesetzes (GVG; SR 17L11) ist die Botschaft des Bundesrates zur Volksinitiative bis am 19. März 1998 der Bundesversammlung zu unterbreiten. Diese muss anschliessend bis zum 19. März 2000 Beschluss gefasst haben (Art. 27 GVG).

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12 121

Gültigkeit Einheit der Form

Nach Artikel 121 Absatz 4 BV ist eine Initiative auf Teilrevision der Bundesverfassung nur in der Form der allgemeinen Anregung oder des ausgearbeiteten Entwurfs zulässig. Die Vermengung beider Formen wäre nicht statthaft (Art. 75 Abs.

3 des Bundesgesetzes vom 17. Dez. 1971 über die politischen Rechte, BPR; SR 161,1"), Die vorliegende Initiative ist als vollständig ausgearbeiteter Entwurf abgefasst. Insofern ist die Einheit der Form gewahrt.

Ausformulierte Initiativen müssen das Initiativbegehren klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, damit sich die Stimmberechtigten über die Tragweite ihrer Stimmabgabe im klaren sind. Ob die vorliegende Initiative die geforderte Klarheit und Eindeutigkeit aufweise, könnte insofern zu Diskussionen Anlass geben, als die beantragte Verfassungsnorm zwar ein Ziel vorgibt, nicht aber die Art und Weise, wie dieses Ziel erreicht werden soll. Unter dem Aspekt der Einheit der Form kann diese offene Konzeption, welche die Umsetzung der Initiative der Gesetzgebung überlässt, indessen nicht beanstandet werden.

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Einheit der Materie

Zur Gewährleistung einer freien und unverfälschten WHIensäusserung trägt auch das Gebot der Einheit der Materie bei, welches in Artikel 121 Absatz 3 BV verankert ist. Danach können Initiativbegehren jeweils immer nur eine Materie zum Gegenstand haben. Diesem Erfordernis ist nach Artikel 75 Absatz 2 BPR entsprochen, wenn zwischen den einzelnen Teilen einer Initiative ein sachlicher Zusammenhang besteht.

Gemessen an den Kriterien, die von der Lehre zur Beurteilung der Einheit der Materie herangezogen werden, ist unter diesem Aspekt an der Zulässigkeit der Verkehrshalbierungs-Initiative nicht zu zweifeln: Ihr mag wohl eine ökologische Motivation zugrundeliegen, klare Zielsetzung ist jedoch die Halbierung der Fahrleistung des motorisierten Individualverkehrs innerhalb von zehn Jahren. Insoweit bezieht sich das Begehren auf ein Thema. Die Erhaltung und Verbesserung von Lebensräumen wären bloss Folgen, die sich bei Umsetzung des Initiativbegehrens von selbst einstellen würden. Allenfalls könnte in den ökologischen Anliegen ein die Einheit der Materie nicht in Frage stellendes Nebenthema der Initiative gesehen werden, da zwischen dem Verkehrsaufkommen und der Umweltbelastung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht.

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Vereinbarkeit mit dem Völkerrecht

Neben den in der Bundesverfassung selbst vorgesehenen Gültigkeitsvoraussetzungen der Einheit der Form und der Materie werden als Schranken der Verfassungsrevision einzig zwingende völkerrechtliche Verpflichtungen allgemein anerkannt.

Der Grundsatz des Vorrangs zwingenden Völkerrechts vor dem Landesrecht ist

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heute ein Fundamentalprinzip des Bundesrechts1. Nach schweizerischer Rechtsauffassung bilden Völkerrecht und Landesrecht eine einheitliche Rechtsordnung.

Kollidierende Normen sind deshalb wenn immer möglich auf dem Wege der Auslegung miteinander in Einklang zu bringen2. Wo dies nicht möglich ist, kommen die rechtsanwendenden Behörden jedoch nicht darum herum, der völkerrechtlichen Verpflichtung Geltung zu verschaffen und entgegenstehenden landesrechtlichen Nonnen die Anwendung zu versagen. Dies ist dann der Fall, wenn zwingendes Völkerrecht (sog. ius cogens) bzw. Staatsvertragsrecht berührt ist, von dessen Verpflichtungen sich die Schweiz nicht einseitig befreien kann.

Bei der vorliegenden Initiative wird zwingendes Völkerrecht nicht berührt. Die Initiative tangiert jedoch eine Reihe völkerrechtlicher Abkommen, in denen sich die Schweiz u.a. verpflichtet hat, ausländische Fahrzeuge zum freien Verkehr auf ihrem Gebiet zuzulassen oder Warentransporte nicht in einer den freien Wettbewerb verzerrenden Weise zu behindern. Diese Abkommen vermögen jedoch keine völkerrechtlich motivierte Ungültigerklärung der Initiative zu begründen. Zum einen, weil die Praxis der Bundesorgane aus dem Völkervertragsrecht fliessende Schranken der Verfassungsrevision bislang verneint hat.3 Zum andern, weil sämtliche durch die vorliegende Initiative berührten bilateralen und multilateralen Abkommen kündbar oder zeitlich befristet sind und die allenfalls notwendigen Kündigungen innert der zehnjährigen Umsetzungsfrist erfolgen könnten und bis dahin auch das befristete Staatsvertragsrecht neu auszuhandeln sein wird. Die vorliegende Initiative ist somit auch im Lichte des Völkerrechts gültig.

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Durchführbarkeit

*

1955 erklärte die Bundesversammlung die sogenannte Chevallier-Initiative4 für ungültig, da diese Forderungen enthielt, welche im Zeitpunkt der Volksabstimmung gar nicht mehr hätten realisiert werden können. Seither werden problematische Initiativen jeweils auch auf faktische Undurchführbarkeit überprüft.

Die Hürden für eine Ungültigerklärung wegen Undurchführbarkeit sind allerdings hoch. Nach der Rechtsprechung sowie nach der Praxis des Bundesrates (Botschaft zur Initiative «Stopp dem Beton», BB11988 III 745) darf der Entscheid über das Initiativbegehren der Volksabstimmung nicht entzogen werden, wenn einem Initiativtext nach den anerkannten Auslegungsregeln eine Bedeutung beigemessen werden kann, die das Begehren nicht als offensichtlich und ohne jeden Zweifel undurchführbar erscheinen lässt. Dies trifft im vorliegenden Fall nicht zu. Die Möglichkeit der Halbierung der auf dem Gebiet der Schweiz zurückgelegten Fahrzeugkilometer (= Fahrleistung) des motorisierten Individuai Verkehrs, die Zuständigkeitsprobleme bezüglich Vollzug, die Diskriminierungsproblematik, die beschränkten Kapazitäten im öffentlichen Verkehr für eine allfällige Umlagerung des Strassenverkehrs und die zu erwartenden weitreichenden und einschneidenden 1

2 3 4

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Vgl. Botschaft über eine neue Bundesverfassung, BEI 1997 I 135 und 446, sowie Botschaft zur Volksinitiative «für eine vernünftige Asylpolitik», der bisher einzigen wegen Völkerrechtsverletzung für ungültig erklärten Initiative BEI 1994III1493 ff.

Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht im Rahmen der schweizerischen Rechtsordnung, VPB 53 IV, Nr. 54 Vgl. u.a. Rheinau-Initiative, BBI19541739 «Volksinitiative für eine Rüstungspause», BBI 1955II 334 ff.

wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Initiative ändern nichts an deren grundsätzlicher Durchführbarkeit. Der Streit darüber, ob die Schweiz diese Schwierigkeiten und Konsequenzen in Kauf nehmen will, muss auf dem Feld der politischen Auseinandersetzung ausgetragen werden. Die Initiative ist somit auch aufgrund des Kriteriums Durchführbarkeit als gültig zu erklären.

2 21

Besonderer Teil Zur Bedeutung des motorisierten Strassenverkehrs

Der motorisierte Individualverkehr ist aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken: Die Erschliessung und Versorgung der ländlichen Räume wird ermöglicht.

Der Tourismus, welcher vor allem im Berggebiet zu einem wichtigen, weitverbreiteten Erwerbszweig geworden ist, wird gefördert. In Bereichen wie der Landwirtschaft ist der Motorfahrzeugverkehr aufgrund des erfolgten Strukturwandels unersetzlich geworden. Mit dem Auto wird die Erreichbarkeit bisher peripherer Lagen im Einzugsgebiet der Städte verbessert. Der ländliche Raum erfährt eine bessere Anbindung an die Zentren. Die, verglichen mit der Industrie, räumlich konzentriertere Dienstleistungswirtschaft profitiert voii der hohen Mobilität der Geschäftsreisenden sowie der Pendlerinnen und Pendler.

Mit der blossen Auflistung konkreter einzelner Nutzen wird man dem hohen Stellenwert des motorisierten Strassenverkehrs in unserer Gesellschaft indessen noch nicht gerecht. Entscheidend für dessen herausragende Bedeutung dürfte vielmehr das durch ihn möglich gewordene hohe Ausmass an individueller Mobilität sein, welches beispielsweise im immer noch stark wachsenden Freizeitverkehr seinen Niederschlag findet.

Unbestrittenermassen hat der motorisierte Strassenverkehr neben diesen positiven auch negative, mit hohen Folgekosten verbundene Auswirkungen. Dazu gehören insbesondere die Belastung der Umwelt mit Schadstoffen und Lärm, eine nach wie vor hohe Zahl von Unfällen und volkswirtschaftlich schädliche Staus. Zudem geraten die Betriebe des öffentlichen Verkehrs durch die Konkurrenz des Autos immer mehr in finanzielle Schwierigkeiten.

Im weiteren zeigt sich, dass die Verkehrssysteme nicht im Gleichschritt mit dem Verkehrszuwachs ausgebaut werden können: Auf der Strasse, im Bahn- und im Flugverkehr mehren sich die Kapazitätsprobleme. Neben Zeiteinbussen treten Betriebs- und Sicherheitsprobleme auf und die volkswirtschaftlichen Verluste nehmen zu.

Aufgrund dieser gegenläufigen Tendenzen ist deshalb eine Verkehrspolitik zu verfolgen, welche zu einer Verringerung der aufgelisteten Nachteile führt, ohne die dem motorisierten Individualverkehr zu verdankenden Errungenschaften zu gefährden. Das entsprechende Instrumentarium des Bundes wird in Ziffer 5 dargestellt.

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22

Ziel und Mittel der Initiative

Ziel der Initiative ist gemäss klarem Wortlaut des Initiativtextes die Halbierung der Fahrleistung des motorisierten Individualverkehrs innerhalb von zehn Jahren nach Annahme der Initiative. Nicht mitzurechnen sind dabei die vom öffentlichen Verkehr erbrachten Fahrzeugkilometer. Dieser Zusatz und der sowohl im Titel als auch in Absatz zwei des Initiativtextes erwähnte Schutz der Lebensräume weist auf die ökologische Motivierung des Volksbegehrens hin. Entsprechendes ergibt sich auch aus den schriftlichen und mündlichen Ausführungen der Initiativträgerschaft (am 18. März 1997 wurde mit dieser ein Hearing durchgeführt) und ist deshalb im Rahmen dieser Botschaft gebührend zu berücksichtigen.

Mit welchen Mitteln die angestrebte Halbierung erreicht werden soll, bleibt weitestgehend offen. Die im zweiten Absatz enthaltene Ermächtigung der Gemeinden zum Erlass verkehrsbeschränkender Massnahmen liefert zwar einen Hinweis auf einen möglichen Interventionsbereich, bleibt jedoch ohne unmittelbaren Einfluss auf die Fahrleistung.

Der Erlass entsprechender Massnahmen wird vielmehr umfassend an den Gesetzgeber delegiert (neuer Art. 37b" Abs. 3). In einer Übergangsbestimmung zur Bundesverfassung soll der Bundesrat beauftragt werden, die notwendigen'Bestimmungen referendumsfrei auf dem Verordnungsweg zu dekretieren, wenn binnen dreier Jahre nach Annahme der Initiative (durch Volk und Stände) keine ordentliche Ausführungsgesetzgebung in Kraft treten sollte.

23 231 231.1

Verkehrs- und Umweltsituation Aktuelle Situation Fahrleistung

Die mit dem Ende des zweiten Weltkrieges einsetzende Motorisierung hat zu einem enormen Wachstum des privaten S trassenVerkehrs (Personenwagen, Gesellschaftswagen, Lastwagen, Lieferwagen, Motorräder, Mofas) geführt. Im Vergleich zu 1950 sind die entsprechenden Fahrleistungen um einen Faktor 15 gestiegen, im Zeitraum 1965/70 war die Fahrleistung halb so gross wie heute. 1993 wurden vom privaten Strassenverkehr in der Schweiz rund 52 Milliarden Fahrzeugkilometer (Fzkm)-erbracht. Das entspricht etwa 130 000 mal der Wegstrecke zum Mond.

Der grossie Teil davon (84%) wird mit Personenwagen zurückgelegt.

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Entwicklung der Fahrleistungen 1950-1995 (Quelle: Dienst für Gesamtverkehrsfragen, CVF, 1995)

Figur l

Entwicklung der Fahrleistungen in Mio Fzkm 60000

Im Gegensatz zur Fahrleistung ist die durchschnittliche Auslastung der Fahrzeuge (transportierte Personen bzw. Tonnen) laufend gesunken. Sie beträgt heute bei den Personenwagen (PW) l ,6 Personen, bei den Lastkraftwagen (LKW) 3,85 t und bei den Lieferwagen 0,3 t. Interessant ist die stark unterschiedliche Auslastung je nach Fahrtzweck: Während sich für eine Pendlerfahrt werktags durchschnittlich nur gerade 1,1 Personen in einem Fahrzeug befinden, beträgt der Besetzungsgrad für Freizeitfahrten am Wochenende zwischen 2,1 und 2,4 Personen.

Ein grosser Teil der Fahrleistungen ist Binnenverkehr und wird innerhalb der Schweiz abgewickelt. Bei den Personenwagen beträgt der Anteil des Binnenverkehrs 90 Prozent. Ähnlich sind die Verhältnisse bei den Lieferwagen. Nur unwesentlich grosser, nämlich knapp 13 Prozent, ist der Anteil des grenzüberschreitenden Verkehrs bei den Lastwagen. Der Anteil der ausländischen Fahrzeuge an den Fahrleistungen in der Schweiz beträgt bei den PW 14 Prozent, bei den LKW 13 Prozent.

Ungefähr je ein Drittel der PW Fahrleistungen werden innerorts, ausserorts oder auf Autobahnen und Autostrassen zurückgelegt. Bei den LKW beträgt der Innerorts-Anteil lediglich 21 Prozent, demgegenüber wird fast die Hälfte auf Autobahnen und Autostrassen zurückgelegt.

Eine Aufgliederung nach dem Fahrtzweck zeigt die enorme Bedeutung des Freizeitverkehrs. Fast die Hälfte (49%) der im Personenverkehr gefahrenen Kilometer werden in Zusammenhang mit Freizeitaktivitäten zurückgelegt. Der Rest verteilt sich auf Arbeit/Ausbildung (23%), Einkauf (15%) und Geschäft (13%).

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231.2

Umweltsituation und Unfalle

Die Auswirkungen des motorisierten Strassenverkehrs auf die Umwelt haben aufgrund der in den letzten Jahrzehnten massiv gestiegenen Fahrleistung stark zugenommen. Im Vordergrund stehen die Luftschadstoffemissionen (inkl. CO2), der Lärm und der Flächenverbrauch.

1993 verbrauchte der private Strassenverkehr 3,13 Millionen Tonnen Benzin und 0,95 Millionen Tonnen Diesel. Das entspricht (zusammen) etwa 5 Milliarden Liter Treibstoffe oder 25 Prozent des gesamten Energieverbrauchs in der Schweiz. Entsprechend hoch ist der Anteil des Strassenverkehrs an der Belastung unserer Luft resp..des Klimas: 33 Prozent des CO2, 61 Prozent des Stickoxyds, 24 Prozent der Kohlenwasserstoffe und 15 Prozent der Partikelemissionen stammen aus den Abgasen der Motorfahrzeuge. Dank den Abgasvorschriften, die in den 80er Jahren eingeleitet und seither verschärft worden sind, haben die Luftschadstoffemissionen (mit Ausnahme von CO2) sinkende Tendenz (vgl. die nachstehenden Grafiken).

Entwicklung der Emissionen im Personen- und Güterverkehr 1950-1995 (Indexiert, 1950 = 100) Quelle: Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) 1995, Bundesamt fur Statistik (BFS) 1996 Figur 2

Betrachtlich ist der Anteil des Verkehrs im Bereich Larm, 1993 waren 871 000 Wohnungen (d.h. etwa jede dritte) von übermassigen (d.h. über den Grenz- oder gar Alarmwerten liegenden) Larmimmissionen betroffen.

Etwa ein Viertel des gesamten Verbrauchs an Siedlungsfläche geht zulasten des Verkehrs. Verschiedene Faktoren wie die Fertigstellung des Nationalstrassennetzes, die geringere Erschliessungstätigkeit und die zunehmende Absorption der zur Verfügung stehenden Mittel fiir den Strassenunterhalt haben in jüngster Vergangenheit zu einem Rückgang der Verbrauchsrate geführt.

Die Situation im Unfallbereich stellt sich wie folgt dar: 1996 wurden bei 81 900 registrierten Unfällen 26'500 Personen verletzt und 616 getötet, Diese Zahlen sind immer noch viel zu hoch. Dabei darf aber nicht ausser acht gelassen werden, dass die Verkehrssicherheit in den letzten 25 Jahren gemessen an der massiven Zunahme der Kilometerleistung erheblich gestiegen ist. Betrug die Zahl der Verkehrstoten 1971 noch 1773, so ist sie nun mit 616 Personen fast dreimal defer. In

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diesem Zeitraum sank die Zahl der Todesopfer pro Milliarde Personenkilometer von 35 auf 7. Auch bei den verletzten Personen zeigt sich eine relative Verbesserung.

Entwicklung der Anzahl Unfalle, Verletzten und Getöteten 1950-1996.

(Indexiert, 1950 = 100) (Quelle: B F S 1 9 9 6 b ) F i g u

232

r 33

Trend

Aktuelle Perspektivstudien unterstellen ein weiteres Wachstum des Verkehrs. Aus der Optik der Verkehrshalbierungs-Initiative ist der Zeitraum bis 2010 von besonderem Interesse, weil im Falle einer Annahme der Initiative im Jahr 2000 die Fahrleistung des motorisierten Individualverkehrs bis dahin zu halbieren ware.

Wie die nachstehende Tabelle aus einer Studie des Dienstes GVF zeigt, ist fur diesen Zeitraum beim Personenverkehr mit einem Wachstum von knapp 11 Prozent und beim Güterverkehr mit einem solchen von sogar über 35 Prozent zu rechnen.

Diesen Berechnungen wurde allerdings nicht nur eine unbeeinflusste Entwicklung (u.a. Beibehaltung der 28 Tonnen-Limite), sondern auch ein weiteres Wirtschaftswachstum zugrundegelegt. Aufgrund der hartnackigen Rezession ist tendenziell ein dampfender Einfluss vor allem auf die Wachstumsrate des Güterverkehrs zu erwarten.

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Entwicklung der Fahrleistungen des privaten Strassenverkehrs im Trendszenario zwischen 1993 und 2010. (in Mio. Fzkm) (Quelle: GVF 1995, inkl. Anpassungen im Güterverkehr gemäss BFS 1997b und Ecoplan 1997) Tabelle l Veränderung 2000/2010

Mio Fahrzcugkilomeicr

1993

2000

2010

Personenverkehr PW Motorrad Mofa Rei secar

44116 1384' 1 302 109

47827 1662 950 134

53274 1 823 828 185

+ 11,4% + 9,7% - 12,8%

2136 2670

2597 3509

3664 4770

+ 41,1% + 35,9%

51717

56 679

64 544

+13,9%

Güterverkehr LKW Lieferwagen Total

+ 38,1%

Aufgrund des sinkenden Treibstoffverbrauchs der Motorfahrzeuge und tieferer Abgaswerte wird sich die Umweltsituation auch in Zukunft nicht parallel zur Fahrleistung weiterentwickeln. Während beim Güterverkehr weiterhin von beträchtlichen Zuwachsraten ausgegangen werden muss, sind beim Personenverkehr für Energieverbrauch und CCh-Ausstoss höchstens noch leicht steigende, bei den Stickstoffdioxyd- und den Kohlenwasserstoffemissionen sogar rückläufige Werte zu erwarten. Da im Lärmbereich vorwiegend auf (lokal begrenzte) passive Schallschutzmassnahmen gesetzt wird, ist.hier noch keine signifikant sinkende Tendenz feststellbar.

233

Handlungsbedarf

Bezüglich Fahrleistung hat der Bundesrat lediglich für den Bereich des alpenquerenden Güterverkehrs - in Zusammenhang mit der Umsetzung des Alpenschutzartikels - ein Mengenziel festgelegt. Danach ist der alpenquerende Strassenschwerverkehr im Ausmass des Transitverkehrs von Grenze zu Grenze bis 2005 auf die Schiene zu verlagern. Im Vergleich zum ambitiösen Halbierungsziel handelt es sich dabei um eine vernachlässigbare Menge von weniger als l Prozent des zu reduzierenden Verkehrsvolumens.

Handlungsbedarf auch beim motorisierten Individualverkehr besteht indessen aufgrund verschiedener Zielsetzungen im Umweltbereich. Defizite ergeben sich insbesondere beim Luftreinhaltekonzept, wo die beabsichtigte Reduktion der Stickoxydemissionen ohne zusätzliche Massnahmen bei weitem verfehlt wird (Ziellücke für das Jahr 2000 53 000 Tonnen oder 45% der erwarteten Emissionen).

Noch grösser wird dieses Defizit, wenn es aufgrund der Deklaration zum Ozonproblem verschiedener für Umweltfragen zuständiger Ministerinnen und Minister (u.a. der Schweiz) berechnet wird.

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Auch im Lärmbereich muss davon ausgegangen werden, dass trotz der eingeleiteten Massnahmen die gesteckten Ziele (Einhaltung der jeweiligen Grenzwerte) nicht oder zumindest nicht innerhalb der gesetzten Frist (d.h. bis 2002) flächendeckend erreicht werden können.

In Einklang mit den Zielen des Aktionsprogramms Energie 2000 verlangt der Entwurf zum CCh-Gesetz (BB11997III410 ff.) bis zum Jahr 2010 eine Reduktion der CC>2-Emissionen um 10 Prozent gegenüber dem Stand um 1990. Dieses Ziel soll primär mit freiwilligen Massnahmen und, falls notwendig, mit einer COzAbgabe erreicht werden, welche zumindest das Wachstum der Fahrleistung reduzieren würde.

Fazit: Vor allem aufgrund einzelner umweltpolitischer Zielsetzungen (Einhaltung der Grenzwerte für NOx und Ozon) besteht zusätzlicher Handlungsbedarf auch beim motorisierten Indivldualverkehr.

24 241

Kompetenzverteilung im Strassenverkehrsrecht Entstehungsgeschichte

In der Bundesverfassung von 1848 wurde die Strassenhoheit den Kantonen Überlassen und dem Bund ein Oberaufsichtsrecht über Strassen und Brücken zugesprochen. Mit der zunehmenden Motorisierung um die Jahrhundertwende wurden die Nachteile der z.T. sehr unterschiedlichen kantonalen Polizeireglemente erkannt und das Postulat für ein einheitliches Strassenverkehrsrecht gestellt. Mit einer einheitlichen Ordnung wollte man insbesondere folgenden vom Auto ausgehenden Unannehmlichkeiten begegnen: den Gefahren, in die es das Publikum versetze, dem Staub, den es entwickle, der übertriebenen Geschwindigkeit vieler Automobilfahrer sowie der Unübersichtlichkeit der Regelung für ausländische Automobilisten und den damit verbundenen Nachteilen für Industrie und Handel der Schweiz. Um eine Vereinheitlichung zu erreichen, wurde zunächst der Konkordatsweg beschritten. Da jedoch nicht alle Kantone dem Konkordat beitraten, und dieses die gewünschte Einheitlichkeit auch aus andern Gründen - z.B. wegen fehlender Strafbestimmungen - nicht brachte, beantragte der Bundesrat den Räten aufgrund einer parlamentarischen Motion, die Bundesverfassung durch einen Artikel 37b" zu ergänzen. Dieser Vorschlag sah einerseits vor, dass der Bund befugt ist, «polizeiliche Vorschriften für Automobile und Fahrräder aufzustellen» und andererseits wurde den Kantonen das Recht vorbehalten, auf ihrem Gebiet den Automobil- und Fahrradverkehr zu beschränken oder sogar zu untersagen. Damit konnte dem Postulat der Einheitlichkeit entsprochen und gleichzeitig den besonderen Verhältnissen der Landesgegenden Rechnung getragen werden. Der heutige Wortlaut von Artikel S?1"1 wurde schliesslich am 22. Mai 1921 von Volk und Ständen angenommen. Ein nächster Schritt im Verkehrsrecht erfolgte aufgrund der Entwicklung und Zunahme des motorisierten Verkehrs nach dem Zweiten Weltkrieg. Der schweizerische Strassenbau wurde einer grundlegenden Überprüfung unterzogen und mit den 1958 angenommenen neuen Artikeln 36bu (Bau, Errichtung, Benützung von Nationalstrassen), 36" (Finanzierung der National- und Hauptstrassen) und 37 (Oberaufsicht des Bundes über Strassen und Brücken) der Bundesverfassung wurde die Grundlage für die Verwirklichung eines Nationalstrassennetzes geschaffen. Dieses Netz wurde durch den Beschluss der Bundesver-

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Sammlung vom 21. Juni 1960 im einzelnen festgelegt und seither nur unbedeutend geändert.

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Geltendes Recht

Die obgenannte Entwicklung führte zur heutigen verfassungsrechtlichen Ordnung im Strassenverkehr: Die Ordnung des Motorfahrzeug- und Fahrradverkehrs ist dem Bund übertragen (Art, 37Wt BV). Im weiteren stehen ihm besondere Kompetenzen bezüglich des Nationalstrassenbaus (Art. 36b" BV), die Oberaufsicht über Strassen und Brücken (Art. 37 BV) und Gesetzgebungskompetenzen im Bereich FUSS- und Wanderwege (Art. 3T""" BV) zu. Im wesentlichen Hegt die Strassenhoheit jedoch nach wie vor bei den Kantonen5. Die Kantone sind für den Bau, den Unterhalt und die Finanzierung der Strassen, für die Regelung des gesteigerten Gemeingebrauchs an Strassen und für die Festlegung der Zweckbestimmung der Strassen zuständig. Insbesondere bleibt den Kantonen - unter bestimmten Vorbehalten - das Recht gewahrt, den Automobil- und Fahrradverkehr zu beschränken oder zu untersagen (Art. 37b" BV). Die verfassungsmäßige Kompetenzabgrenzung zwischen Bund und Kantonen im Strassenverkehr wird in den Artikeln 2 und 3 des Strassenverkehrsgesetzes (SVG; SR 741,01} konkretisiert. Gemäss Artikel 3 Absatz 3 SVG steht es den Kantonen und Gemeinden zu, auf Strassen, die nicht dem allgemeinen Durchgangsverkehr6 geöffnet sind, also auf allen Strassen, die nicht mit den Signalen 4.01 (Autobahnen) 4.03 (Autostrassen) und 3.03 (Hauptstrassen) gekennzeichnet sind, vollständige Fahrverbote oder zeitlich beschränkte Verkehrsbeschränkungen (z. B. signalisierte durchgehende Nachtfahrverbote, Fahrverbote an Wochenenden) anzuordnen. In Beiden Fällen handelt es sich um Totalfahrverbote, im ersten auf unbeschränkte Zeit, im zweiten um eines, welches zu bestimmten Tages- und Nachtzeiten jeglichen Verkehr verbietet. Beim Erlass von Totalfahrverboten sind die Behörden, im Rahmen der sich aus dem Bundesverfassungsrecht ergebenden Schranken, grundsätzlich frei.

Die Kantone können gemäss Artikel 3 Absatz 4 SVG aber auch andere Beschränkungen oder Anordnungen erlassen. Dabei handelt es sich um sogenannte funktionelle Verkehrsmassnahmen, die den Verkehr zwar nicht verbieten, ihn jedoch auf die eine oder andere Art beschränken (z.B. durch Einbahnverkehr, Geschwindigkeits- oder Gewichtsbeschränkungen, Überholverbote, Parkregelungen für den ruhenden Verkehr, Vortrittsregelung usw.). Das Gesetz knüpft die Zulässigkeit solcher Massnahmen an gewisse Voraussetzungen;
so können «andere Beschränkungen und Anordnungen» nur erlassen werden, «soweit der Schutz der Bewohner oder gleichermassen Betroffener vor Lärm und Luftverschmutzung, die Sicherheit, die Erleichterung oder die Regelung des Verkehrs, der Schutz der Strasse oder andere in den Örtlichen Verhältnissen liegende Gründe dies erfordern.» So sind Verkehrsbeschränkungen auch aus denkmalschützerischen, ortsplanerischen sowie aus Gründen der touristischen Attraktivität möglich. Den kantonalen und lokalen Behörden steht also schon heute eine breite Palette von Eingriffsmöglichkeiten zu.

5 6

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Dies im Unterschied zur Finanzierung, fliesst doch ein grosser Teil der dem Strassenverkehr zurechenbaren Erträge dem Bund zu. Demgegenüber gehen die Gemeinden praktisch leer aus (vgl. Ziff. 431) Eine Auflistung der für den Durchgangsverkehr geöffneten Strassen findet sich in der Durchgangsstrassenverordnung vom 18. Dezember 1991; SR 741.272

Dass die Umgestaltung von Strassenräumen schon aufgrund der heutigen Rechtsgrundlage möglich ist, zeigt das Beispiel der Löwenstrasse in Zurich (vgl. die nachstehenden Skizzen).

Querschnittsvergleich der Lowenstrasse in Zurich. Links die Situation vor, rechts nach dem Umbau, (Quelle: Bericht 59 des NFP Stadt und Verkehr, S. 151) Zu beachten gilt es Artikel 37 Absatz 2 BV, wonach fur den Verkehr auf Strassen, die im Rahmen ihrer Zweckbestimmung der Öffentlichkeit zuganglich sind, keine Gebühren erhoben werden dürfen. In besonderen Fallen kann die Bundesversammlung Ausnahmen bewilligen. Historisch dachten Bundesrat und Parlament vor allem an Gebuhrenfürr Tunnel und andere teure Einrichtungen wieBrückenn und Galerien7.

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Auswirkungen der Initiative auf das geltende Recht

Die Initiative nennt em klares Ziel, die Halbierung des motorisierten Strassenverkehrs, doch äussert sie sich wenig zu den Mitteln. Stattdessen verweist sie dazu in Absatz 3 auf ein zu erlassendes Ausführungsgesetz. Wenn ein solches innerhalb von drei Jahren nicht zustande kommen sollte, müsste der Bundesrat die notweadigen Bestimmungen auf dem Verordnungsweg erlassen (Art. 23 UeB BV8). Dabei stunden ihm die gleichen Mittel zur Verfügung wie dem ordentlichen Gesetzgeber. Er könnte auch Mittel ergreifen, die einer Grundlage in einem Gesetz im formellen Sinn bedürften, soweit diese Mittel zur Erreichung des Ziels notwendig waren.

Absatz 2 präzisiert zusatzlich, dass die Gemeinden auf allen Strassen ihres Gebietes, ausgenommen auf Nationalstrassen, Verkehrsbeschränkungen anordnen können, soweit es dem Ziel von Absatz 1 bis oder der Verbesserung oder Erhaltung von Lebensraumen dient. Aufgrund der sehr weiten Fassung von Artikel 3 Absatz 4' SVG, welcher solche funktionelle Verkehrsbeschrankungen schon heute

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AB 1958 N 249

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Eine allfällige Umnumerierung wurde der Bundesrat nach Annahme der Initiative vornehmen,s. AS 1994 1101

283

zulässt, ist die praktische Relevanz dieser Kompetenzzuweisung jedoch gering.

Neu ist vor allem die Stossrichtung (Beitrag an die Verkehrshalbierung), Dem Bund würden weiterhin die schon heute existierenden Mittel des Strassenverkehrsrechts zur Verfügung stehen (Art. 37bil Abs. l BV). Zudem hat der Bund u.a. die Möglichkeit, auf den Treibstoffen Abgaben zu erheben und allenfalls die Passage gewisser Tunnel und Brücken gebührenpflichtig zu erklären. Zulässig wären auch Lenkungsabgaben (s. BB1 1993 II 1538/39) in Form eines Zuschlags auf dem Treibstoff. Solche Lenkungsabgaben kämen in Frage, wenn die Erträge im Sinn eines Ökobonus wieder an die Bevölkerung zurückverteilt wurden.

Weniger klar ist, ob der Gesetzgeber zur Verkehrsverminderung in den grösseren Städten flâ'chendeckend Strassenbenützungsgebühren (Road Pricing) vorsehen könnte. Wie gezeigt, darf der Verkehr auf Strassen, die der Öffentlichkeit zugänglich sind, nicht gebührenpflichtig erklärt werden. Allerdings sind Lenkungsabgaben keine Gebühren, so dass die Frage nach ihrer Zulässigkeit dennoch berechtigt ist. Sie muss heute noch offengelassen werden. In der Tat fehlt es dem heutigen Recht an einer gewissen Logik, wenn zwar die strengere Massnahme (das generelle Fahrverbot) Unbestrittenermassen zulässig ist, die mildere (die Verkehrssteuerung mittels Abgaben) jedoch nur eingeschränkt ermöglicht wird. Im Falle der Annahme der Initiative wäre die Vereinbarkeit von Lenkungsabgaben mit dem Grundsatz der Gebührenfreiheit näher zu prüfen.

25

Praktische Umsetzung

Der Weg zu einer anfälligen Umsetzung der Verkehrshalbierungs-Initìatìve wird im Initiativtext wie erwähnt ausdrücklich offengelassen. Je nach gewähltem Massnahmenpaket sind dabei stark unterschiedliche Auswirkungen zu erwarten.

Im Rahmen der Vorbereitungsarbeiten zu dieser Botschaft wurde deshalb eine Studie9 in Auftrag gegeben mit dem Ziel, ein Umsetzungsszenario zu skizzieren und die dabei zu erwartenden Auswirkungen auf Verkehr, Umwelt und Wirtschaft aufzuzeigen.10 Ausgehend von Vorschlägen der Initiantinnen und Initianten und von der Annahme, dass die vom Bund vorgesehenen Massnahmen, welche die Fahrleistung innerhalb der vorgegebenen Frist praktisch stabilisieren sollten, auch ergriffen werden, wurde ein Massnahmenpaket vorgeschlagen, dessen wichtigste Inhalte sich wie folgt zusammenfassen lassen: Einführung eines Ökobonus im Bereich Personenverkehr. Grundlage für die Berechnung wäre, in Analogie zur leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe, das Ziel der Internalisierung der heute bekannten und berechneten externen Kosten dieser Verkehrskategorie. Bei Erhebung über den Benzinpreis würde sich dieser um 1-1.70 Franken je Liter verteuern. Zusätzlich würde, zur selektiven Feinsteuerung an neuralgischen Orten mit übermässigen Ver, kehrsbelastungen, ein Road Pricing eingeführt.

Effizienzsteigerung beim motorisierten Individualverkehr, insbesondere durch Förderung von Mitfahrgemeinschaften (Car Pooling) und Autoteilen (Car Sharing). Damit sollte einerseits der Auslastungsgrad erhöht und ande9

·°

284

«Reduktionspotentiale beim motorisierten Individualverkehr», Infras, Zürich Juli 1997 Für den Bundesrat stellen die hier vorgestellten Ergebnisse dieser Studie nur eine unter mehreren Entscheidgrundlagen dar, andere Umsetzungs-Szenarien sind denkbar.

rerseits der Anreiz zu Besitz resp. Benutzung von Motorfahrzeugen verringert werden. Getroffene Annahmen: Durch Car-Pooling entfallen 25 Prozent der Pendler- und 5 Prozent der Einkaufsfahrten; bis 2010 sind 700 000 (Szenario 1) beziehungsweise 2000000 Personen (Szenario 2) Mitglieder einer CarSharing Organisation.

Effizienz- und Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Verkehrs, insbesondere durch eine Investitionsoffensive zur Steigerung der Produktivität sowie durch differenzierte Tarifsenkungen (z.B. Verbilligung des General- und des Halbpreisabonnements). Diese Massnahmen stellen kein eigenständiges Reduktionspotential dar, sondern sind Voraussetzung für die Wirksamkeit anderer Massnahmen.

Schaffung autoarmer Städte. Mit einer unterschiedlichen Mischung von Einzelmassnahmen (restriktives Parkplatzregime, Schaffung autofreier Zonen, Road Pricing, verbesserte öV-Angebote) soll die Benützung des Autos in diesen Gebieten zusätzlich reduziert werden. Getroffene Annahmen: Umverteilung der Flächen zugunsten des öffentlichen Verkehrs (öV) und des nichtmotorisierten Individualverkehrs (NMIV) in der Grössenordnung von 20 Prozent.

Sperrung der Innenstädte und Initialisierung von autofreien Zonen im Zusammenhang mit der Umnutzung von Industriegebieten.

Erhebung einer Parkplatzabgabe auf öffentlichen und privaten Parkplätzen (PP) in der GrÖssenordnung von 2-4 Franken pro PP-Benutzung (mit Ausnahmen) und gleichzeitig Reduktion der öffentlichen PP um 20 Prozent.

Tarifsenkung für den städtischen Personenverkehr von 30 Prozent.

Schaffung autoarmer Tourismusorte. Die angestrebte Reduktion der Fahrleistung soll hier einerseits durch die Erhöhung der Zahl autofreier Tourismusorte auf ca. 30, andererseits durch Parkplatz- und Zufahrtsbeschränkungen in den nicht autofreien Tourismusorten erreicht werden.

Einführung vier autofreier Sonntage. In Anlehnung an die Erfahrungen mit autofreien Sonntagen in den 70er Jahren soll gemäss Studie an vier Sonntagen pro Jahr landesweit ein generelles Fahrverbot gelten. Das Wirkungspotential dieser Massnahme wäre allerdings gering.

Die nachstehende Tabelle vermittelt einen Überblick über die zu erwartenden Auswirkungen dieser Massnahmen und über deren wahrscheinliche Gesamtwirkung.

285

Grobabschätzung der isolierten Wirkungen der Massnahmenbündel der Initiantinnen auf die Fahrleistung Tabelle 2 Massnahmenbündel

Isoliertes Reduktionspotential innerhalb von 10 Jahren absolut (Mio Fzkm/a) relativ (% der jeweiligen Fahrleitung 2000)

Wechselwirkungen mil anderen M assnah m enpaketen

Nationale Preisstrategie: Fahrleistungsabh. Ökobonus Erhöhte Schwerverkehrsabgabe Road Pricing

Moto/Mofa PW Car LKW Lieferwagen Total

0.3-0.9 6-17 max. 0.02 0.2-0.3 max. 0.5 7-18.7

(13-35%) (13-35%) (10%) (8-12%) (15%) (12-33%)

Übergeordnetes Paket Kemmassnahme

Effizienzsteigerung MIV

PW LKW Lieferwagen Total

2.3-7.2 0.125 0.125 2.5-7.5

(5-15%) (1%) ' (1%) (4-13%)

abhängig von übergeordneten Preismassnahmen MIV und ÖV, nur geringe eigenständige Wirkung

Effizienzsteigerung ÖV

Keine eigenständiges Potential (Tarifmassnahmen):

Paket ist Grundbedingung für die Wirkungsweise der anderen Pakete

Personenverk. 0.2-0.3

(0,5%)

Autoarme Städte

Moto/Mofa PW LKW Lieferwagen Total

(1%) (6-8%) (< 1%) (< 1%) (5-7%)

regional verstärkte Teilwirkung zusätzlich zu obigen Massnahmen

Autoarme Tourismusorte

Personenverk. ca. 0.7

(1,4%)

regional verstärkte Teilwirkung zusätzlich zu obigen Massn ahmen

Autofreie Sonntage

Personenverk. ca. 0.3

(0,6%)

zusätzlich zu obigen Massnahmen

<0.1 2.8-3.8 <0.1 <0.1 3-4

Eine Abschätzung der Gesamtwirkung aufgrund der veranschlagbaren Wirkungen der Einzelmassnahmen ergibt ein Reduktionspotential von 16-40 Prozent (vgl.

Tabelle 3). Mit andern Worten: Mit den vorgeschlagenen Eingriffen Hesse sich wahrscheinlich etwa die Hälfte, maximal jedoch 80 Prozent der von der Initiative vorgegebenen Reduktion erreichen.

286

Vergleich der Massnahmenbündel der Initiantlnnen mit dem Reduktionsziel

Reduktionsziel gemäss HalbîerungsInitiative Aggregierte Wirkung aller Massnahmenbündel

Ziellücke

Tabelle 3

Mrd, Fikm bis 2010

In % der AusgangsFahrleistung 2000

28.3

50%

Moto/Mofa

PW Car LKW Lieferwagen Total

0.4-1 8-20.5 max. 0.02 0.3-0.4 0.5-0.7 9.2-22.6

15-38% 17^3% 15% 11-15% 14-20% 16-40%

Total

5.8-19.2

10-34%

Um den Verkehr effektiv zu halbieren, müssten deshalb zusätzliche Massnahmen ins Auge gefasst werden. Im Vordergrund stehen dabei erhöhte Abgaben (Erhöhung von Ökobonus und leistungsabhängiger Schwerverkehrsabgabe, LSVA) und zusätzliche Fahrverbote, da die Reduktionspotentiale in den übrigen Bereichen ohne gravierende Verschärfungen (mittels Verboten) innerhalb der vorgegebenen Frist nur bedingt steigerbar sind. Als entsprechende Alternativen zur Diskussion gestellt werden die Beschränkung des Alters der Fahrzeuglenkerinnen, Kilometerkontingentierungen, weitergehende Fahrverbote und Vorschriften bezüglich Auslastung der Fahrzeuge.

3 31

Auswirkungen einer Verkehrshalbierung Auf den Verkehr

Bezüglich der Auswirkungen auf das Verkehrsgeschehen würde sich der Rückgang gemäss Studie zu etwa gleichen Teilen (d.h. je etwa zu einem Drittel) auf folgende Segmente verteilen: Echte Reduktion der (motorisierten) Mobilität: Wege würden verkürzt beziehungsweise zu FUSS, mit dem Fahrrad oder überhaupt nicht mehr zurückgelegt.

Erhöhung des Auslastungsgrades der Fahrzeuge um 30-40 Prozent.

Umlagerung auf den öffentlichen Verkehr.

Einen Überblick über die bezüglich Verkehrsmittel und Fahrtzweck zu erwartenden Auswirkungen vermittelt die nachfolgende Tabelle

287

Verteilung der Fzkm-Reduktion auf die Verkehrsmittel und Fahrtzwecke (Grobschätzung, bezogen auf den Zeitpunkt 2000) Tabelle 4 Verkehrsmittel

Fahnzwecke Anteil an der Reduktion

PWi Motorrad/Mofa Car*

LKW Lieferwagen Total

89% 3% ~0

3% 5%

Rückgang Fahrleislung

55% 45% ~0 20% 30%

100%

= 28,.3 Mrd Fzkm 1

2

Anteil an der Reduktion

. Pendler Einkauf Nutzverkehr Freizeit/ Tourismus

Rückgang Fahrleistung

20% 10%

45%

10%

35%

60%

60%

35%

100% = 28,,3 Mrd Fzkm

Unterschiede in den Fahrzeuganteilen zwischen PW mit Diesel- und Ottomotoren sollten durch die vorgesehenen Massnahmen nicht hervorgerufen werden. Eine Bedingung dafür ist allerdings, dass bei einem Ökobonus auf dem Treibstoffpreis der Diesel-Preis ebenfalls steigt. Dazu sind Rückerstattungssysteme für die LKW (die der LSVA unterstehen) erforderlich.

Die Fahrleistung reduziert sich kaum, da im Ferienreiseverkehr infolge der Umlagerung von PW auf Car Wachstumsprozesse denkbar sind.

Der nach regionalen Gesichtspunkten grösste Rückgang wäre in den Städten (minus 65%), der geringste in den Berggebieten (minus 20%) zu erwarten. Der zahlenmässig grösste Rückgang an gefahrenen Kilometern sollte sich in den Agglomerationen einstellen (60% des Gesamttotals).

Unsicher sind die Auswirkungen einer allfälligen Annahme der Initiative auf den öffentlichen Verkehr. Hält sich die Verkehrsverlagerung im von der Studie veranschlagten Rahmen, so würde dies innert 10 Jahren im Personenverkehr eine Zunahme von mindestens 85 Prozent und im Güterverkehr von ca. 15 Prozent bedeuten. Da sich diese zusätzliche Nachfrage jedoch nicht gleichförmig auf den Tagesgang verteilt, sind erhöhte Zunahmen in den Spitzenstunden zu erwarten.

Diese können nur mit entsprechenden Zusatzinvestitionen, insbesondere auf den Hauptlinien und im Agglomerationsgebiet, aufgefangen werden. Im Zentrum steht die Anschaffung von zusätzlichem Rollmaterial (längere Züge, Doppelstockkompositionen), verbesserte Betriebsleittechnik und gezielte Infrastrukturausbauten.

Letztere würden spürbare Kostenfolgen verursachen. Unter Einbezug der Investitionen für Bahn 2000 und NEAT schätzen die SBB die erforderlichen Zusatzinvestitionen für den gesamten öffentlichen Verkehr, ohne Berücksichtigung denkbarer spezifischer Verhaltensänderungen sowie gezielter Markteingriffe, auf gegen 50 Milliarden Franken. Würden die Umlagerungen anstatt zu einer Verdoppelung zu einer Verdreifachung der Verkehrsleistung führen, wären allenfalls zusätzliche 50 Milliarden notwendig. Dies zumindest dann, wenn das Service-Niveau des öffentlichen Verkehrs gehalten werden soll. Positiv dürfte sich eine Annahme der Initiative auf die Erhaltung des öV-Angebotes in der Fläche auswirken.

Unabhängig vom Ausmass der Verkehrszunahme steht schon heute fest, dass eine fristgerechte Umsetzung der Initiative so oder so zu Kapazita'tsfriktionen - vor allem auf den Hauptlinien und in den Agglomerationsgebieten - führen würde, da die notwendigen Investitionen nicht fristgerecht realisiert werden könnten.

288

Die Tatsache, dass die Initiative lediglich den motorisierten Stras senverkehr im Visier hat, dürfte zu einer gewissen Verlagerung von Freizeittourismus auf den Flugverkehr führen, da hier die Preise nicht verändert würden. Damit verbunden wären einerseits höhere Umweltbelastungen, andererseits, aufgrund von Parkplatzrestriktionen in beziehungsweise vor den Tourismusorten, eine Abschwächung der Motivation für Ferien im Inland.

Ganz massiv wären die Auswirkungen einer Halbierung des motorisierten Individualverkehrs auf die Finanzierung des Verkehrssystems. Vorerst einmal würde das Einnahmensubstrat für Bund und Kantone aus Treibstoffzöllen und Motorfahrzeugsteuern um je etwa die Hälfte reduziert. Selbst unter der Annahme, dass bei Umsetzung der Initiative kaum noch zusätzliche Strassen notwendig wären, stellt sich wegen der stark steigenden Unterhaltskosten die Frage,- ob die verbleibenden Mittel zu deren Finanzierung ausreichen würden. Dies dürfte weitgehend davon abhängen, ob die zusätzlichen Einnahmen v.a. aus dem vorgesehenen Ökobonus an die Bevölkerung rückverteilt oder im Verkehrsbereich reinvestiert werden sollen.

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Umwelteffekte und Verkehrssicherheit

Positive Auswirkungen einer Halbierung der Verkehrsleistung wären im Umweltbereich zu erwarten. Allerdings würden diese aufgrund der gegenläufigen Wirkungen durch den Ausbau des öffentlichen Verkehrs unterproportional ausfallen.

Die nachstehende Tabelle vermittelt eine Übersicht über die zu erwartenden Umwelteffekte nach Umweltbereichen.

Übersicht über die Umwelteffekte nach Umweltbereichen bei einer Halbierung des privaten Strassenverkehrs Tabelle 5 U m welibereich

Positive Effekte

Mögliche negative Neben-

Gesamteffekt

Luftschadstoffe

Reduktion der Luftschadstoff-Emissionen im Strassenverkehr etwa proportional zur Fahrleistung Unterproportionale Verbesserung der Immissionssituation (NÛ2, Ozon)

Zusätzlicher Strombedarf ÖV je nach Strommix (Effekt relativ gering)

Reduktion der Schadstoffemissionen' Nox: - 40-45% VOC: - 45-50% Partikel: -20-30%

Klima

Reduktion der COjEmissionen etwa proportional zur Fahrleistung Abnahme N2OEmissionen

Zusatzlicher Strombedarf ÖV je nach Strommix

Reduktion der CO2Emissionen um 45-50%

Lärm

Lärmbilanz positiv La'rmreduktion unterErhöhung Bahnlärm (v.a. in sensiblen Korriproportional zur Fahrleistung, v.a. spürbar im doren) städtischen Raum

wirkungen

289

Umwcllbcrcîch

Positive Effekte

Mögliche negative NebenWirkungen

Gcsamteffekt

Flächen-

Versiegelte Flache

Zunahme Flächenver-

Flächenbilanz positiv,

verbrauch

nimmt weniger zu (Flächenbelastung

brauch durch ÖV-Neubauten

aber nicht bezüglich versiegelter Fläche son-

durch MIV nimmt ab)

dem bezüglich der Flächenbelastung durch MIV

Weitere

Abnahme der Umwelt-

Effekte

belastungen durch Vor- gen durch Vorprozesse prozesse

i

Zunahme der Belastun-

Gesamtbilanz positiv

bei der Bahn

Zu berücksichtigen sind die unterschiedlichen Anteile der einzelnen Verkehrsmittel

Insgesamt dürften sich mit der ange'strebten Halbierung die gesetzten Ziele im Umweltbereich (vgl. Ziff. 233) weitgehend erreichen lassen. Dies gilt insbesondere auch für den Energiesektor, wo trotz des Mehrverbrauchs im öffentlichen Verkehr ungefähr eine Halbierung resultieren sollte. Ausschlaggebend dafür ist die Reduktion der Vorbelastungen («graue Energie») beim motorisierten Individualverkehr aufgrund des sinkenden Fahrzeugbestandes. Mit punktuellen Grenzwertüberschreitungen wäre lediglich noch in den Bereichen Lärm und Ozon zu rechnen.

Die Tatsache, dass die Zahl der Unfälle und der Verkehrsopfer trotz ständiger Verkehrszunahme tendenziell rückläufig ist oder zumindest stagniert, zeigt, dass die Verkehrssicherheit nur beschränkt von der erbrachten Fahrleistung abhängig ist. So würde die grundsätzlich positive Auswirkung eines Verkehrsrückgangs auf die Sicherheit durch die höhere Auslastung der Fahrzeuge (höhere potentielle Unfallschwere) und die tendenziell höhere Durchschnittsgeschwindigkeit («freiere» Fahrt) teilweise kompensiert. Die Studie «Reduktionspotentiale beim motorisierten Individualverkehr» geht deshalb lediglich von einer entsprechenden Reduktion von 20-30 Prozent aus.

33

Wirtschaftliche Auswirkungen

Bei einer fristgerechten Umsetzung der Initiative wären Folgen zu erwarten, welche die übliche Grössenordnung von Auswirkungsanalysen sprengen. Deshalb konnte für die Analyse der wirtschaftlichen Auswirkungen nicht auf ähnliche empirisch festgehaltene Prozesse zurückgegriffen werden. Die Unsicherheiten sind dementsprechend gross.

Gewiss wären die zu erwartenden Effekte nicht nur negativer Natur. So könnte die Umverteilung freiwerdender Mittel in beschäftigungsintensiven Branchen unter bestimmten Bedingungen auch wirtschaftlich positive Effekte auslösen. Dies wird durch die Ergebnisse bereits berechneter Ökosteuer-Szenarien bestätigt (vgl. z.B.

INFRAS/Ecoplan 1996, Ecoplan/Universität Bern 1996).

290

Bezogen auf die einzelnen Verkehrssegmente, wären folgende Auswirkungen zu erwarten: Durch die Halbierung des privaten Strassenverkehrs würde dessen Wertschöpfung um ca. 20 Milliarden Franken pro Jahr vermindert.

Ein Teil dieser Wertschöpfung würde umverteilt, vor allem zum öffentlichen Verkehr und zu innovativen Bereichen im privaten Verkehr.

Ein Rückgang im Strassentransportgewerbe, der durch die Nachfragesteigerung bei der Bahn nur zum Teil kompensiert wird.

Zu einem Strukturwandel im Pendler-, Einkaufs- und Freizeitverkehr, der jedoch bezüglich Beschäftigung kaum wirksam oder nicht quantifizierbar ist.

Betroffen wäre der Zulieferbereich für die (ausländische) Fahrzeugindustrie, doch fehlen detaillierte Angaben zu dessen Wertschöpfung.

Um die vorgesehenen Massnahmen einigermassen wirtschaftsverträglich umsetzen zu können, braucht es allerdings Zeit, welche im Fall der Verkehrshalbierungs-Initiative aufgrund der knappen Frist von zehn Jahren fehlt. Die Ansicht der Initiativträgerschaft, für sie stehe der auszulösende Prozess und nicht die exakte Einhaltung der Frist im Vordergrund mag für sie wohl zutreffen, massgeblich ist jedoch der diesbezüglich eindeutige Initiativtext.1 * Aufgrund des (für eine fristgerechte Umsetzung unerlässlichen) Einbezugs von Zwangsmassnahmen wären die zu erwartenden Auswirkungen sowohl auf das Wachstum der Wirtschaft als - aller Voraussicht nach - auch auf die Beschäftigung negativ. Entsprechend betroffen wären vorerst einmal die Agglomerationen, da hier der grösste Teil der Arbeitsplätze angesiedelt ist. Aufgrund des abgeschwächten Wirtschaftswachstums in den Schweizer Wirtschaftszentren würde auch die Produktion in den ländlichen Gebieten gedämpft. Stark betroffen wären aber auch die Tourismusgebiete. Die Konkurrenzvorteile für einzelne - mit dem öffentlichen Verkehr gut erreichbare - Orte dürften kaum genügen, um die sich aus einer international isolierten Tourismuspolitik ergebenden Nachteile (fernbleiben von ausländischen, abwandern schweizerischer Touristen ins Ausland) zu kompensieren.

Strukturell wären neben Verlierer- auch Gewinnerbranchen zu erwarten. Zu ersteren gehören neben dem Transportgewerbe vor allem der Strassenbau, die Mineralölindustrie, der Fahrzeughandel, Fahrzeugreparaturgewerbe/Garagen und Autofahrschulen. Hauptsächliche Gewinner dürften
demgegenüber der öffentliche Verkehr und die mit ihm liierten Branchen sein (unter dem Strich dürften sich damit auch für das Baugewerbe positive Auswirkungen ergeben). Aber auch im Bereich des Strassenverkehrs und zugehöriger Branchen wären Gewinner zu erwarten (Car-Sharing-Firmen, Taxigewerbe, Fahrzeug Vermietung).

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Auswirkungen auf Bund, Kantone und Gemeinden

Für Bund, Kantone und Gemeinden dürften die finanziellen Auswirkungen im Vordergrund stehen. Ins Gewicht fallen würden dabei vor allem die Reduktion der Einnahmen aus Mineralöl- und Motorfahrzeugsteuern. Ob, und wenn ja wie weit In der Studie «Reduktionspotentiale beim motorisierten Individualverkehr» wurde auch ein Szenario mit einer wesentlich längeren Umsetzungsfrist untersucht. Dabei resultierten bezüglich Auswirkungen auf Wirtschaft und Beschäftigung deutlich bessere Ergebnisse.

291

diese kompensiert werden könnten, hängt von der Verteilung der neuen Einnahmequellen ab. Neue Finanzierungsmöglichkeiten dürften sich für die Gemeinden, welche ihre Strassenausgaben bisher primär aus Steuergeldern finanzierten, ergeben (höhere Parkierungsgebühren, Road-Pricing).

Stellenmässig dürfte der Verlust von Arbeitsplätzen im Bereich Vollzug Strassenverkehr (z.B. Verkehrspolizisten) durch Mehrbeschäftigung in den Bereichen öffentlicher Verkehr (SBB) und Verwaltung (für den Vollzug der Initiative) mehr als kompensiert werden.

4 41

Beurteilung der Initiative Würdigung

Die Initiative nimmt Anliegen auf, welche Wünschen von weiten Teilen der Bevölkerung entsprechen: Schutz vor den negativen Auswirkungen des motorisierten Individualverkehrs wie Lärm, Luftverschmutzung, Unfallgefahr, zunehmender Verbetonierung der Landschaft, generell dem Verlust von Lebensqualität. Dass hier trotz der erzielten Fortschritte weiterhin Handlungsbedarf besteht, trifft zwar zu. Aber die Initiative wird weder den in der Zwischenzeit bereits eingeleiteten Massnahmen gerecht, noch trägt sie den bei ihrer Annahme zu erwartenden politischen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen Rechnung. Vor allem aber ist ihr Lösungsansatz - Reduktion der Fahrleistung innert zehn Jahren auf die Hälfte höchst problematisch und unverhältnismässig.

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Vergleich mit früheren Initiativen im Bereich Verkehr

Die Verkehrshalbierungs-Initiative stellt einen weiteren Vorstoss in einer langen Reihe von Volksbegehren mit der Zielsetzung dar, den motorisierten Strassenverkehr einzudämmen oder zumindest dessen negative Auswirkungen zu mildern: Initiative «gegen die Luftverschmutzung durch Motorfahrzeuge» (Albatrosinitiative, abgelehnt am 25. Sept. 77) Initiative «für die vermehrte Mitbestimmung der Bundesversammlung und des Schweizervolkes im Nationalstrassenbau» (abgelehnt am 26. Feb. 78) Initiative «für zwölf motorfahrzeugfrete Sonntage pro Jahr» (abgelehnt am 28.

Mai 78) Initiative «für die Rettung des Simmentals vor Nationalstrassen» (Zurückgezogen am 15. Dez. 86) Initiative «für eine gerechte Besteuerung des Schwerverkehrs» (Schwerverkehrsabgabe, abgelehnt am 7. Dez. 86) Initiative «zur Förderung des öffentlichen Verkehrs» (abgelehnt am 3. März 91 ) Initiative «Stopp dem Beton - für eine Begrenzung des Strassenbaus!» (abgelehnt am I.April 90) Kleeblattinitiativen (Initiative «für eine autobahnfreie Aarelandschaft zwischen Biel und Solothurn/Zuchwil», Initiative «für eine autobahnfreie Landschaft zwischen Murten und Yverdon», Initiative «für ein autobahnfreies Knonauer Amt», alle abgelehnt am 1. April 90 und die Initiative «für einen autobahnfreien Kanton Jura» (zurückgezogen am 21. Nov. 89)

292

Initiative «zum Schutz des Alpengebietes vor dem Transitverkehr» (angenommen am 20. Feb. 94) Wie die Aufstellung zeigt, wurden diese Volksbegehren, mit Ausnahme der Alpen-Initiative und zweier zurückgezogener Initiativen, an der Urne klar abgelehnt.

Dies sicher nicht zuletzt deshalb, weil in der Zwischenzeit Massnahmen zur Bekämpfung von zu Recht kritisierten Missständen in die Wege geleitet wurden.

Beispiele dafür sind etwa die Massnahmen zur Luftreinhaltung, welche zu einem allmählichen Rückgang der Schadstoffbelastung der Luft geführt haben oder die Projekte zur Förderung des öffentlichen Verkehrs wie Bahn 2000 und NEAT. Vor diesem Hintergrund passt die Lancierung einer Initiative, welche in ihrem Forderungsgehalt ihre Vorgängerinnen bei weitem übertrifft, nicht ins politische Umfeld.

43 431

Die Mängel der Initiative Falscher Ansatz

An sich bestehen durchaus Parallelen zwischen den Zielsetzungen der offiziellen Verkehrspolitik und denjenigen, welche dem Initiativbegehren zugrundeliegen (vgl. Ziff. 51). Wenn die Initiative trotzdem vorbehaltlos abzulehnen ist, so vor allem aufgrund des gewählten Ansatzes Fahrleistung des motorisierten Individualverkehrs: Sowohl bei verschiedenen Umweltbelastungen als auch bezüglich Verkehrssicherheit wirkt sich eine Reduktion der Fahrleistung nur unterdurchschnittlich aus.

Wichtige Potentiale wie der technologische Fortschritt werden nicht einbezogen und dürften aufgrund der Verlagerung der Anstrengungen auf andere Gebiete sogar weniger gut ausgeschöpft werden als bisher.

Der öffentliche Verkehr und der Luftverkehr werden gefördert, ohne dass der ökologische Nutzen (bzw. Schaden) dieser Entwicklung und der dabei ausgelösten Investitionen hinterfragt wird.

Die Gleichstellung der von völlig verschiedenen Motorfahrzeugen (z.B. von einem Motorfahrrad oder einem Lastwagen) zurückgelegten Fahrzeugkilometer ist sachlich falsch.

Nicht zu überzeugen vermag auch der Ansatz der einzigen im Initiativtext enthaltenen konkreten Massnahme, die Forderung nach zusätzlichen Kompetenzen für die Gemeinden zum Erlass verkehrsbeschränkender Anordnungen. Wie in Ziffer 23 aufgezeigt und durch diverse Massnahmen von Kantonen und Gemeinden zur Verkehrsberuhigung und Verkehrsbeschränkung (Verstetigung auf niedrigem Geschwindigkeitsniveau, Parkierungskonzepte, Spurreduktionen zugunsten des öf-" fentlichen Verkehrs usw.) belegt, sind entsprechende Kompetenzen grundsätzlich bereits im geltenden Recht vorhanden. Bis heute sind denn auch nur wenig solche Konfliktfälle publik geworden. Die bekanntesten unter ihnen betreffen ausgerechnet einen durch die Initiative explizit ausgeklammerten Bereich (Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Nationalstrassen).

Ein weit grösseres Problem dürfte für die Gemeinden jedoch darin bestehen, dass ihnen die notwendigen Finanzierungsmittel zur Umsetzung ihrer Verkehrs anliegen fehlen, da sie an den wichtigsten Finanzierungsquellen (Mineralöl- und Motorfahrzeugsteuern) höchstens indirekt und nur geringfügig partizipieren. Die ihnen 293

verbleibende Möglichkeit der Finanzierung von Strassenbauvorhaben aus allgemeinen Steuermitteln ist nicht sachgerecht (Verletzung des Verursacherprinzips) und aufgrund der herrschenden Finanzknappheit auch nur sehr beschränkt möglich. Diesem Mangel trägt die geltende Rechtsordnung des Bundes ein Stück weit Rechnung, indem u.a. an Massnahmen zur Trennung des Verkehrs Beiträge aus Mineralölsteuererträgen ausgerichtet werden.

432

Fatale Auswirkungen

Der Umstand, dass die Initiative nicht als im juristischen Sinn undurchführbar zu qualifizieren ist, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass deren Umsetzung und die damit verbundenen Auswirkungen unser Land vor grossie Probleme politischer, wirtschaftlicher und sozialer Natur stellen würden. Die allfällige Annahme eines Initiativtextes, welcher die Folgen für das Individuum offenlässt, bedeutet erfahrungsgemäss noch keineswegs Zustimmung zur Ausführungsgesetzgebung mit entsprechenden konkreten Massnahmen. Die für den Fall eines Scheiterns der Ausführungsgesetzgebung im Initiativtext vorgesehene Lösung (Erlass der entsprechenden Massnahmen auf dem Verordnungsweg) vermag das Problem erst recht nicht zu lösen: Entweder würde der Bundesrat aus Praktikabilitätsüberlegungen genau diejenigen Massnahmen anordnen, welche im ordentlichen Verfahren gescheitert sind und sich so den Vorwurf eigenmächtigen Verhaltens" einhandeln.

Oder er würde sich um den Erlass anderslautender Vorschriften bemühen, welche jedoch zwangsläufig auf noch weniger Akzeptanz stossen dürften als die ursprünglich vorgesehenen.

Im Ökonomischen Bereich wären vor allem aufgrund der kurzen Frist landesweit eindeutig negative Konsequenzen auf Beschäftigung und Wirtschaftswachstum zu erwarten. Dies gilt vor allem auch für die Randregionen: Obwohl der Verkehrsrückgang hier unterproportional ausfallen dürfte, wären sie als vom öffentlichen Verkehr meist weniger gut erschlossene Gebiete von einer Annahme der Initiative besonders betroffen. Dass dabei ausgerechnet der Luftverkehr und Tourismusregionen im benachbarten Ausland zu den Gewinnern gehören dürften, zeugt von der mangelnden Konsistenz des Volksbegehrens.

Schliesslich wäre zu befürchten, dass sich die Initiative diskriminierend und damit als dem sozialen Frieden abträglich erweisen dürfte. So wirken sich die negativen Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum vor allem auf die sozial Schwächeren aus. Je nach Ausgestaltung der Massnahmen könnte dieser Effekt allerdings kompensiert werden (z.B. durch Pro-Kopf-Rückverteilung von Lenkungsabgaben). Zu befürchten wären aber auch Auseinandersetzungen darüber, welche Region, welche Bevölkerungsgruppe usw. welchen Verzichtsbeitrag zu leisten hätte.

Als besonders heikel dürften sich einmal mehr die zu erwartenden Friktionen im Verkehr mit dem
'Ausland erweisen. Zur Umsetzung der Initiative dürfte die Schweiz nicht umhin kommen, entweder geltende internationale Verträge zu kündigen oder komplizierte, die eigenen Staatsbürgerinnen und -bürger diskriminierende Sonderregelungen zu schaffen. Ein zusätzliches Problem, stellt in diesem Zusammenhang der aufgrund des höheren Benzinpreises unvermeidliche Tanktourismus .dar.

294

433

Abgrenzungsprobleme

Verschiedene der im Initiativtext enthaltenen Begriffe werfen Définitions- und Abgrenzungsfragen auf. So fallen nach Meinung der Initiandnnen und Initianten Leichtmobile unterhalb eines bestimmten Gesamtgewichts nicht nur nicht unter den Begriff «motorisierter Strassenverkehr», vielmehr wird deren Einsatz sogar als ein Ansatz zur Umsetzung der Initiative erwähnt. Diese Haltung ist mit dem Wortlaut der Initiative nicht vereinbar. Fraglich ist auch, ob, und wenn ja, wie weit die in der Landwirtschaft erbrachte Fahrleistung unter den Begriff des motorisierten Strassenverkehrs fällt. Werden dabei alle oder nur die auf der Strasse erbrachten Kilometer erfasst?

Abgrenzungsprobleme ergeben sich beim Begriff öffentlicher Verkehr, so etwa in der Frage, ob auch Taxifahrten darunter einzustufen sind.

Als heikel könnte sich auch die Bestimmung erweisen, wonach die Gemeinden Verkehrsbeschränkungen anordnen können «soweit es dem Ziel von Absatz ?"

oder der Verbesserung oder Erhaltung von Lebensräumen dient». So führt beim Umbau einer signalgesteuerten Kreuzung in einen Kreisel die mit dieser Massnahme verbundene Verflüssigung des Verkehrs einerseits zu einer Erhöhung der Leistungsfähigkeit in einem kritischen Bereich, wirkt also der beabsichtigten Senkung der Fahrleistung tendenziell entgegen." Andererseits resultiert dabei eine wesentliche Verbesserung der Umweltsituation beziehungsweise des Lebensraums.

So führte der Umbau des Bären-Knotens in Zollikofen in einen Kreisel (vgl. Bild) zu einem Rückgang der NOX Emissionen um 35-40 Prozent. Dies ist ein anschauliches Beispiel für die Fragwürdigkeit des Ansatzes Fahrleistung.

Kreisellösungen (im Bild der Bären-Kreisel in Zollikofen) stellen einerseits Massnahmen im Sinn der Initiative dar (Verbesserung des Lebensraums), andrerseits wirken sie deren Zielsetzung entgegen (sie steigern i.d.R. das Leistungsvermögen der Strasse). Ein anschauliches Beispiel für die Fragwürdigkeit des Ansatzes Fahrleistung und für die im Fall der Annahme der Initiative zu erwartenden Auslegungsprobleme.

295

Nicht ein Problem der Definition, sondern ein solches der Messbarkeit ergibt sich aus dem Begriff Fahrleistung. Dabei handelt es sich eindeutig um die Gesamtzahl der in einem bestimmten Zeitabschnitt, d.h. in der Regel in einem Jahr, auf dem Gebiet der Schweiz zurückgelegten Fahrzeugkilometer. Die Herkunft der Fahrzeuge spielt dabei keine Rolle. Während sich die Zahl der zurückgelegten Kilometer noch einigermassen genau ermitteln lässt, bestehen bezüglich der aufgrund ergriffener Massnahmen zu erwartenden Auswirkungen auf die Fahrleistung grosse Unsicherheiten.

44

Verzicht auf Gegenvorschlag

Aufgrund der erwähnten Parallelen zwischen den Zielsetzungen der offiziellen Verkehrspolitik und der Absicht der Initiantinnen und Initianten, die negativen Auswirkungen des motorisierten Individualverkehrs zu reduzieren, stellt sich die Frage nach Erarbeitung eines Gegenvorschlags.

Gegen ein solches Vorgehen spricht allein schon die Tatsache, dass der Ansatz der Initiative, Reduktion der Fahrleistung, bis heute kein vorrangiges Ziel der bundesrätlichen Verkehrspolitik darstellt. Insbesondere hat sich der Bundesrat bis heute diesbezüglich kein Mengenziel gesetzt. Ein Einschwenken auf den vom Initiativbegehren vorgezeichneten Pfad, beispielsweise in Form einer Verkehrsreduktion von 10 Prozent, drängt sich um so weniger auf, als die negativen Auswirkungen des motorisierten Individualverkehrs erkannt und tragbare Gegenmassnahmen eingeleitet worden sind. Die bereits eingetretenen Verbesserungen bestätigen die Richtigkeit des eingeschlagenen Kurses. Weitere Massnahmen mit derselben Stossrichtung sind vorgesehen (vgl. Ziff. 5) und bei Bedarf zu ergänzen.

Auch die Kompetenzen der Gemeinden bedürfen nicht einer grundsätzlichen Erweiterung. Punktuelle Verbesserungen können im Rahmen des geltenden Rechts vorgenommen werden. Auf die Ausarbeitung eines Gegenvorschlages ist somit zu verzichten.

5 51

Die Politik des Bundes Charakterisierung der Politik des Bundes im Bereich des motorisierten Individualverkehrs

Zwischen der Verkehrspolitik des Bundes und der Motivation der Initiantinnen und Initianten bestehen insoweit Parallelen, als beide die negativen Auswirkungen des motorisierten Individualverkehrs reduzieren wollen. Die Lösungsansätze sind indessen völlig verschieden. Während die Initiative eine wirtschaftlich und politisch strapaziöse Radikalkur verlangt, setzt die Bundespolitik gezielt auf Massnahmen, welche mit vertretbarem Aufwand einen möglichst hohen Nutzen erzeugen, ohne gleichzeitig die positiven Effekte der Motorisierung zu gefährden oder gar grundsätzlich in Frage zu stellen. Insbesondere in den Bereichen Luftreinhaltung und Verkehrssicherheit konnten dadurch deutliche Verbesserungen erreicht werden: Die in die Wege geleiteten Massnahmen haben bei steigender Fahrleistung zu einem spürbaren Rückgang der Schadstoffbelastung der Luft geführt (weniger

296

Schwefeldioxide, weniger Kohlenwasserstoffe und nun auch sinkende Tendenz bei den Stickoxiden).

Die Zahl der Strassenverkehrsunfälle und der dabei Verletzten ist trotz des starken Verkehrs Wachstums in den letzten Jahren konstant geblieben, diejenige der tödlich Verunfallten sogar kontinuierlich gesunken. Die Wirksamkeit gezielter Einzelmassnahmen illustriert die Erhöhung der Ordnungsbussen vom 1. September 1996, welche zumindest kurzfristig auch bei der Zahl der Unfälle und der Verletzten zu einem Rückgang geführt hat.

Die aufgeführten Beispiele zeigen, dass der Bund auf negative Auswirkungen des motorisierten Individualverkehrs gezielt und mit Erfolg reagiert hat. Dass das Erreichte noch nicht in allen Bereichen zu befriedigen vermag, sondern weitere Schritte folgen müssen, ist unbestritten. Dies ist auch vorgesehen, doch will der Bundesrat dabei konsequent am eingeschlagenen Weg festhalten. Das bedeutet vor allem12: Das Wachstum des Verkehrs muss in Grenzen gehalten werden.

Die Verkehrsträger sollen koordiniert ausgebaut werden.

Der Verkehr soll möglichst umweltschonend, energie- und raumsparend sowie effizient bewältigt werden.

Die Eigenwirtschaftlichkeit des Verkehrs soll verbessert, dessen Direkte und indirekte Subventionierung abgebaut werden.

Folgende Massnahmen (in Klammern Stand der Realisierung) tragen zur Umsetzung dieser Zielsetzung bei: Massnahmen zur Absenkung des Treibstoffverbrauchs (Verordnung vom 18.

Dez. 1995 über die Absenkung des Treibstoffverbrauchs von Personenwagen; V AT; SR 741 421}.

Die Verschärfung der Abgasvorschriften in Übereinstimmung mit der Europäischen Union (Bundesratsbeschluss vom 21. Apr. 1993). Die EU sieht für das Jahr 2000 die Einführung von EURO III, für 2005 von Euro IV vor.

Aktionen im Rahmen des Programms «Energie 2000» (Grundlage Art. 24""° BV).

Die Erhöhung des Treibstoffzolls (Botschaft über Bau und Finanzierung des öffentlichen Verkehrs, BBI1996IV 638 ff.).

Die Einführung einer leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe, LSVA (Botschaft zu einem Bundesgesetz über die LSVA, BB11996 V 521 ff.).

Die Einführung einer Alpentransitabgabe, ATA (Grundlage: Art. 36TM'" BV, Vorlage bis 15. Sept. 1997 in Vemehmlassung).

Die vom Bundesrat im Rahmen der bilateralen Verhandlungen mit der EU angebotene schrittweise Ablösung der 28-Tonnen-Limite
(Bundesratsbeschluss vom 3. Apr. 1996).

Massnahmen zur Reduktion des CO2-Ausstosses, insbesondere die im COaGesetz enthaltene Option für eine COi-Abgabe (in Vemehmlassung, BBI 7997III41 Off.).

Tabelle 6 vermittelt einen Überblick über die geplanten Massnahmen und die dabei zu erwartenden Auswirkungen auf Fahrleistung und Umweltbelastung. Nicht in dieser Tabelle enthalten sind die im Rahmen der Revision des Umweltschutzgesetzes bereits beschlossenen, auf den 1. Juli 1997 in Kraft tretende Erhöhung der 12

Vgl. dazu Botschaft über die Volksinitiative «zum Schutz des Alpengebietes vor dem Transitverkehr, BBI 1992 II 877.

297

Beitragssätze an strassenverkehrsbedingte Massnahmen gemäss Luftreinhalteverordnung von 30-50 auf 40-70 Prozent sowie die Impulsprogramme des Bundes im Rahmen von Energie 2000.

Übersicht über die Wirkung der geplanten Massnahmen

Tabelle 6

Scgmenl und Bezugsgrösse

Auswirkung auf Fahrleistung (relativ zum Trend)

Auswirkung auf Umweltbelastung (relativ zum Trend)

Absenkung spezifischer Treibstoffverbrauch (V AT)

Personenwagen (Neuwagen)

Vernachlässigbar

Reduktion des Treibstoffverbrauchs und COi-Emissionen der Neuwagen um 15% zwischen 1996 und 2001

Abgasvorschriften (EURO III)

Alle Fahrzeuge Vernachlässigbar (Neuwagen)

Reduktion der Luftschadstoffe NOx 18 500 t/a (2010) HC 10 900 t/a (2010) (BUWAL 1996)

«Energie 2000»- Personen- und Aktionen Güterverkehr

gering (als Initialaktio- Unterstützend im Energievernen), aber grosse Poten- brauch und CO2-Emissionen tiale1 (v.a. PW)

Erhöhung des Personen- und Treibstoffzolls Güterverkehr (Benzin/Diesel) tur NEAT

PW: Treibstoffreduktion PW: Treibstoffreduktion von wird unterstützt, Fahrlei- 2-4% stungsreduktion um 1-2%LKW: vernachlässigbar LKW: vernachlässigbar (INFRAS 1996a)

LSVA/ATA mit LKW Ablösung 28 Tonnen-Limite

Binnenverkehr: -31 % ZieWQuellverk: -42% Transitverkehr: -80% Total: -35%

Reduktion des Energieverbrauchs, COz-Emissionen, Emissionen Luftschadstoffe von ca. minus 40-50%

COa-Abgabe

Abgabe auf Treibstoffen: (50 Rappen pro Liter) PV: - 4-7% GV: vemachlässigbar (INFRAS 1996a)

Abgabe auf Treibstoffen: Energieverbrauch/CO2-Emissionen minus 9-15%, Luftschadstoffe minus 4-7% GV vemachlässigbar

1

Personen- und Güterverkehr

z.B. Car Sharing, Förderung Kombiverkehr

Fazit: Unter der Annahme, dass die COi-Abgabe eingeführt (sie ist im CÜ2Gesetz nur als Option enthalten) und die 28-Tonnen-Limite im Güterverkehr aufgehoben wird, darf bis 2010 gegenüber dem Trend 2000 mit einem weiteren spürbaren Rückgang der verkehrsbedingten Umweltbelastung gerechnet werden (Energie-7,1%, CO2-6,8%, NOx^,7%).

52

Optionen

Voraussetzung zur Erreichung der unter Ziffer 51 dargelegten Verbesserungen ist natürlich, dass keine in ihrer Wirkung gegenläufige Massnahmen ergriffen werden. Vielmehr sind den Erfordernissen und sich wandelnden Verhältnissen entsprechende weitergehende Schritte zu prüfen. Aus heutiger Sicht gehören dazu: Weitere Verschärfung der Abgasvorschriften (Einführung von EURO IV).

298

Erleichterte Einführung von Road Pricing im Sinn der vom Nationalrat am 24. März 95 als Postulat überwiesenen Motion Vollmer «Ermöglichung von Road Pricing in Städten».

Erleichterte Einführung der Zonensignalisation durch Vereinfachung der Verfahren; evtl. Erweiterung des Zonenperimeters.

Erleichterung der Finanzierung von gemäss Umweltschutzgesetz den Kantonen und Gemeinden übertragenen Aufgaben. Die Möglichkeit der Gewährung von Globalbeiträgen wird im Rahmen des neuen Finanzausgleichs geprüft.

Förderung des unmotorisierten Verkehrs.

Umgestaltung von Verkehrsflächen zur Verkehrsberuhigung.

Weiterführung der Massnahmen zur Absenkung des spezifischen Treibstoffverbrauchs bei Personenwagen, Verursachergerechte Finanzierung von Lärmschutzmassnahmen (die Gemeinden müssen immer noch einen grossen Teil ihrer entsprechenden Ausgaben aus allgemeinen Steuermitteln finanzieren).

6 61

Verhältnis zum europäischen Recht Rechtliche Probleme

Die Initiative tangiert eine Reihe von bi- und multilateralen Abkommen, in denen sich die Schweiz u.a. verpflichtet hat, ausländische Fahrzeuge zum freien Verkehr auf ihrem Gebiet zuzulassen oder Warentransporte nicht in einer den freien Wettbewerb verzerrenden Weise zu behindern (vgl. Ziff. 123).13 Um diese Abkommen auch bei Annahme und Umsetzung der Initiative erfüllen zu können, dürfen die Ausländer keinen Einschränkungen unterstellt werden. Je nach Umsetzung der Initiative könnte dies eine erhebliche «Selbstdiskriminierung» zur Folge haben, da die Halbierung des Verkehrs unter gleichbleibendem beziehungsweise wachsendem ausländischem Verkehrsaufkommen vorgenommen werden müsste. Damit würde die praktische Umsetzung der Initiative (vgl. Ziff. 25) zusätzlich erschwert.

Eine andere Möglichkeit wäre die Kündigung der betroffenen bi- und multilateralen Abkommen. Aus rechtlicher Sicht ist dies zwar durchaus möglich, würde jedoch faktisch - insbesondere unter Berücksichtigung der heutigen europäischen Verkehrsentwicklung - zu gravierendsten Problemen führen.

62

Wertung

Die Annahme der Initiative stünde in Widerspruch zu bisherigen und auch zu sich abzeichnenden weiteren Entwicklungstendenzen im europäischen Recht.

Das Ziel der Initiative, den Strassenverkehr zu halbieren, ist zu starr. Es entzieht der Schweiz die Möglichkeit, auf künftige Entwicklungen in Europa flexibel zu

13

Vgl. z.B. Abkommen vom 2. Mai 1992 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft über den Güterverkehr auf Strasse und Schiene (SR 0.740.71); Übereinkommen vom 26. Mai 1982 über die Personenbeförderung im grenzüberschreitenden Gelegenheitsverkehr mit Kraftomnibussen (SR 0.741.618); Freihandelsabkommen vom 22. Juli 1972 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (SR 0.632.401).

299

reagieren. So wäre beispielsweise ein Abkommen, wie es heute mit der EU im Bereich Landverkehr angestrebt wird, kaum noch vorstellbar.

Die Schweiz dürfte sich mit Annahme der Initiative auch Behinderungen im internationalen Verkehr und damit im Vergleich zu anderen europäischen Ländern Standortnachteile einhandeln.

Auch stellt sich die Frage, wie weit die Nachbarstaaten von zur Umsetzung der Initiative erforderlichen Massnahmen betroffen wären. So dürfte der Schweiz zum Vorwurf gemacht werden, durch Belastung des Durchgangsverkehrs in den Nachbarländern Umwegverkehr zu erzeugen.

Die Annahme der Initiative würde daher die Glaubwürdigkeit der Schweiz in der internationalen Verkehrspolitik schwächen. Falls sich eine diskriminationsfreie Umsetzung der Initiative als nicht machbar erweisen sollte, müsste sogar mit Vergeltungsmassnahmen gerechnet werden.

63

Tendenzen

Die Verkehrspolitik der Europäischen Union beziehungsweise die ihrer Mitgliedstaaten ist von ähnlichen Tendenzen geprägt wie die der Schweiz. Dazu gehört einerseits die Realisierung der Kostenwahrheit, wie sie im Grünbuch «Faire und effiziente Preise im Verkehr» vorgeschlagen wird, und andererseits die Bekämpfung der negativen Auswirkungen mittels gezielter Einzelmassnahmen. Exemplarisch dafür steht die geplante stufenweise Verschärfung der Abgasvorschriften (Euro III im Jahr 2000, fünf Jahre später bereits Euro IV).14 Falls sich die Schweiz wie beabsichtigt dieser Gangart anschliesst, dürften sich auch bei den Stickoxiden die Grenzwerte weitgehend einhalten lassen.

Zwei Beispiele aus dem nationalen resp. lokalen Bereich illustrieren weitere Tendenzen auf diesen Ebenen: Um die Innenstädte vom Verkehr entlasten zu können, wurde in Italien die gesetzliche Grundlage für die Einführung von Road Pricing in diesen Bereichen geschaffen.

In Deutschland wurde nicht nur die Einführung von Tempo-30-Zonen konsequent vorangetrieben, sondern auch stark befahrene Strassen umgestaltet und beruhigt. Die nachfolgende Abbildung zeigt ein gelungenes Beispiel aus der Stadt Hennef.

14

300

Vgl. mehrfach geänderte Richtlinie Nr. 70/220 des Rates vom 20. März 1970 über die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massnahmen gegen die Verunreinigung der Luft durch Emissionen von Kraftfahrzeugen (ABI. Nr. L 76 vom 6. April 1970, S.2). Für die laufende Revision vgl. insbes. KÖM (96) 248.

Die Frankfurter Strasse in Hennefnach dem Umbau.

Die Verkehrsmenge ist mit 72 000-15 000 Motorfahrzeugen pro Tag praktisch konstant geblieben, doch führten der Umbau und die damit verbundene starke Absenkung der Durchschnittsgeschwindigkeit zu einer wesentlichen Verbesserung der Lebensqualität.

Bild: Metron Brugg

7

Schlussfolgerung und Antrag

Der Bundesrat lehnt die Volksinitiative «für die Halbierung des motorisierten Strassenverkehrs zur Erhaltung und Verbesserung von Lebensräumen (Verkehrshalbierungs-Ini dative)» ab. Die angestrebte Reduktion des motorisierten Inidividualverkehrs um die Hälfte steht in Widerspruch zu unserer Verkehrspolitik und würde die Schweiz vor grossie Probleme politischer, wirtschaftlicher und sozialer Natur stellen. Das geltende Verkehrsfinanzierungssystem und damit auch die Finanzierung der Grossprojekte des öffentlichen Verkehrs wären gefährdet. Die internationalen Beziehungen würden zusätzlich belastet; Abkommen, wie sie heute im Bereich Landverkehr mit der EU angestrebt werden, wären kaum noch vorstellbar.

Eine Neuorientierung der Verkehrspolitik im Sinne der Initiative ist um so weniger angezeigt, als die negativen Auswirkungen des Strassenverkehrs erkannt und tragbare Gegenmassnahmen in die Wege geleitet worden sind. Die bereits eingetretenen Verbesserungen bestätigen die Richtigkeit des eingeschlagenen Kurses.

Der Bundesrat will deshalb seine Verkehrspolitik konsequent fortsetzen und beantragt den eidgenössischen Räten, die «Verkehrshalbierungs-Initiative» Volk und Ständen zur Ablehnung zu empfehlen.

9425

301

Bundesbeschluss über die Volksinitiative «für die Halbierung des motorisierten Strassenverkehrs zur Erhaltung und Verbesserung .von Lebensräumen

Entwurf

(Verkehrshalbierungs-Initiative)» vom

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Prüfung der am 20. März 19961 eingereichten Volksinitiative-«für die Halbierung des motorisierten Individualverkehrs zur Erhaltung und Verbesserung von Lebensräumen (Verkehrshalbierungs-Initiative)», nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 29. Oktober 19972, beschliesst: Art. l 1 Die Volksinitiative «für die Halbierung des motorisierten Strassenverkehrs zur Erhaltung und Verbesserung von Lebensräumen (Verkehrshalbierungs-Initiative)» vom 20. März 1996 ist gültig und wird Volk und Ständen zur Abstimmung unterbreitet.

2 Die Volksinitiative lautet: Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert: Art. 3?" Abs.11"' (neu), Abs. 2 zweiter, dritter und vierter (neu) Satz und Abs. 3 (neu) lbu Bund, Kantone und Gemeinden halbieren den motorisierten Strassenverkehr innerhalb von zehn Jahren nach Annahme der Verkehrshalbierungs-Initiative durch Volk und Stände. Der neue Stand darf nicht mehr überschritten werden.

Massgebend ist die in der Schweiz insgesamt erbrachte Fahrleistung. Der öffentliche Verkehr ist von diesen Bestimmungen nicht betroffen und wird nicht mitgerechnet.

1

... Die Gemeinden können auf allen Strassen ihres Gebietes, ausgenommen auf den Nationalstrassen, Verkehrsbeschränkungen anordnen, soweit es dem Ziel von Absatz l"1 oder der Verbesserung oder Erhaltung von Lebensräumen dient. Die vollständige Sperrung der vom Bund bezeichneten Durchgangsstrassen ist nur in Absprache mit dem Bund zulässig. Die Benützung der Strassen im Dienste der öffentlichen Hand bleibt vorbehalten.

3

Die für die Halbierung des motorisierten Strassenverkehrs anzuwendenden Mittel werden durch das Gesetz bestimmt.

1 2

302

BB11996 II 882 BB11998 269

Volksinitiative

Übergangsbestimmungen Art. 23 (neu) Ist die Ausführungsgesetzgebung nach Artikel 37bis Absatz 3 innerhalb dreier Jahre nach Annahme d e r Verkehrshalbierungs-Initiative nicht weg.

Art. 2 Die Bundesversammlung empfiehlt Volk und Ständen, die Initiative abzulehnen.

9425

303

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft zur Volksinitiative «für die Halbierung des motorisierten Strassenverkehrs zur Erhaltung und Verbesserung von Lebensräumen (Verkehrshalbierungs-Initiative)» vom 29. Oktober 1997

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Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1998

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

05

Cahier Numero Geschäftsnummer

97.078

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

10.02.1998

Date Data Seite

269-303

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10 054 544

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