Bericht über die R i s i k e n der internationalen V e r s c h u l d u n g # S T #

vom 12. März 1984

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, Nachfolgend unterbreiten wir Ihnen e i n e n Bericht über die R i s i k e n der internationalen V e r s c h u l d u n g .

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer v o r z ü g l i c h e n Hochachtung.

12. März 1984

Im Namen des Schweizerischen Der Bundespräsident: Der Bundeskanzler:

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Bundesrates

Schlumpf Buser

1984-212

Uebersi cht Die Erhöhung des Erdölpreises, die rezessionsbedingten Erschwernisse auf den Exportmärkten, sinkende Rohstoffpreise und die steigenden Zinssätze haben einerseits die Finanzierungsbedijrf ni sse der Schuldnerländer sprunghaft ansteigen lassen, anderseits aber die Finanzierungsbereitschaft der internationalen G e l d - und Kapitalmärkte herabgemindert. Dies hat die i n t e r n a t i o n a l e V e r s c h u l d u n g s k r i s e ausgelöst. 11 E n t wicklungs- und Ostblockländer teilen sich in 55 % der Gesamtv e r s c h u l d u n g , die s i c h Ende 1982 auf 750 M i l l i a r d e n D o l l a r belief. Insgesamt sind rund 30 Länder mit ihren A u s l a n d z a h lungen im Rückstand" oder haben V e r h a n d l u n g e n mit ihren Gläubigern geführt. Die meisten Staaten der Welt sind jedoch als Schuldner oder G l ä u b i g e r von der V e r s c h u l d u n g s k r i s e betroffen; die internationale V e r s c h u l d u n g ist somit zu einem weltweiten Problem geworden.

Bei der B e w ä l t i g u n g des V e r s c h u l d u n g s p r o b l e m s hat sich ein fallweises Vorgehen herausgebildet, das sich auf eine enge Zusammenarbeit zwischen Schuldnerstaaten, öffentlichen und p r i v a t e n G l ä u b i g e r n und internationalen Institutionen unter der Führung des Internationalen Währungsfonds abstützt. Es handelt sich dabei um eine schmale Gratwanderung zwischen den Anpassungsmassnahmen der Schuldnerstaaten, die sozial und politisch tragbar sein müssen, und zusätzlicher Finanzierung. Der Sanierungsprozess wird Jahre dauern, und ob er g e l i n g t , wird n i c h t zuletzt davon abhängen, ob die Weltwirtschaft wieder zu einem inflationsfreien Wachstum zurückfindet und die Industriestaaten berei-t sind, den Protektion i s m u s einzudämmen und ihre Märkte den Produkten aus den Schuldnerländern besser zu öffnen.

In der Schweiz ist die derzeitige Grosse der privaten Kre-

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ditengagements gegenüber den w i c h t i g e n S c h u l d n e r l ä n d e r n nur teilweise bekannt, denn die entsprechenden Daten werden flir die Unternehmungen ausserhalb des Bankensektors und die privaten Anleger nicht erhoben. E i n e E r h e b u n g der E i d g . Bankenkommission hat gezeigt, dass sich der Gesamtbetrag der Engagements der Gross- und Auslandbanken per Ende 1982 in über 60 Problemländern auf rund 23 M i l l i a r d e n Franken belief und somit im Durchschnitt um e i n i g e s unter den vorhandenen eigenen Mitteln lag. Ebenfal l s zufriedenstel 1end ist die R i s i kosituation des Bundes und der N a t i o n a l b a n k , jene der Exportrisikogarantie (ERG) ist demgegenüber mit einem grösseren Unsicherheitsmoment behaftet. Dennoch ist der Bundesrat der M e i n u n g , dass zurzeit kein Anlass besteht, die von der ERG über S c h u l d e n k o n s o l i d i e r u n g e n erworbenen Forderungen abzuschreiben und die Vorschüsse des Bundes in à fonds perduBeiträge umzuwandeln.

Die Risiken von Treuhandanlagen über Schweizer Banken sind im Zusammenhang mit der internationalen V e r s c h u l d u n g n i c h t von besonders grosser Bedeutung. Die V e r m i t t l u n g solcher Anlagen ist für die Banken weniger risikobehaftet als die Gewährung von Krediten auf eigene Rechnung und Gefahr.

Der.. Bundesrat ist der Meinung, dass die zahlreichen im Bereich der Bankenaufsicht ergriffenen Massnahmen und die Bereitschaft der N a t i o n a l b a n k , im Krisenfall L i q u i d i t ä t s h i l f e zu leisten, genügen, um für alle Eventualitäten gewappnet zu sein. Bei der Limitierung des staatlichen Risikos wird es in Zukunft vor allem darum gehen s das ERG-Engagement in seiner Grosse und Zusammensetzung so zu gestalten, dass die ERG nicht in eine dauernde A b h ä n g i g k e i t von Bundesvorschüssen gerät, aber doch ihren gesetzlichen Zweck der Exportunterstützung zur Beschäftigungsförderung erfüllt.

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Die Aussichten, dass die internationale Verschuldungskrise bewältigt werden kann, sind nach Auffassung des Bundesrates als gut zu beurteilen. Es handelt sich n i c h t um eine Systemkrise, sondern um eine temporäre Ueberforderung des Systems.

Für den Wortlaut und die Begründung des Postulats wird auf Anhang I verwiesen.

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e r i c h t

l

Elnleitung

Die Schwierigkeiten, mit dem internationalen V e r s c h u l d u n g s problem fertig zu werden, liegen in seiner Dimension und Komplexität. Eine erste S c h w i e r i g k e i t besteht in der grossen Anzahl von betroffenen Staaten. Die V e r s c h u l d u n g s f r a g e ist zu einem weltweiten Problem geworden, das - direkt oder i n d i r e k t - sowohl die Schuldner- als auch die G l ä u b i g e r l ä n der betrifft. Rund 30 E n t w i c k l u n g s - und O s t b l o c k l ä n d e r sind mit ihren A u s l a n d s z a h l u n g e n im Rückstand oder haben Verhandl u n g e n mit ihren G l ä u b i g e r n geführt. Zusammen mit anderen Staaten sehen sie sich zudem vor das Problem gestellt, dass die internationalen G e l d - und Kapitalmärkte nur noch sehr zurückhaltend Kredite gewähren und dies zu d e u t l i c h schlechteren B e d i n g u n g e n als bisher.

Die Lösung des Problems wird aber auch dadurch erschwert, dass teilweise sich konkurrenzierende Ziele anvisiert werden müssen: Auf der einen Seite sollte der Kreditanstieg ein tragbares Mass nicht übersteigen, wobei jedoch die Neua u s l e i h u n g e n nicht versiegen oder gar Kreditmittel aus den krisengeschüttelten Schuldnerstaaten abgezogen werden s o l l ten. Auf der anderen Seite müssen sich die Schuldnerländer den veränderten wirtschaftlichen und f i n a n z i e l l e n Verhältnissen anpassen, ohne dabei ihre Wachstumschancen preiszugeben.

Bei der Sanierung der S c h u l d n e r l ä n d e r bewegt man sich auf einem sehr engen Grat zwischen Anpassung und zusätzlicher Finanzierung. Die a l l z u starke Betonung des einen oder anderen Aspekts gefährdet den Gesundungsprozess. Die Beurteilung dieser Frage setzt ein gutes Urteilsvermögen b e z ü g l i c h der w i r t s c h a f t l i c h e n , - f i n a n z i e l l e n , p o l i t i s c h e n und sozialen Tragbarkeit der Massnahmen voraus. Dies erfordert ein

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fallweises Vorgehen, um den u n t e r s c h i e d l i c h gelagerten Verhältnissen der S c h u l d n e r l ä n d e r gerecht werden zu können.

Im vorliegenden Bericht soll vorerst die Dimension der Vers c h u l d u n g s p r o b l e m a t i k aufgezeigt werden. Dabei beschränken wir uns auf die S c h i l d e r u n g der Lage in den Entwicklungsländern und den Ostblockstaaten. Anschliessend gehen wir den Gründen für das V e r s c h u l d u n g s p r o b l e m nach. Mit Hinweisen auf die Massnahmen, die ergriffen wurden, leiten wir dann zur Beantwortung der Fragen über, die vom Interpellanten gestel11 worden sind.

2

Die Aussenverschuldüng der E n t w i c k l u n g s - und der Ostblockl ander

Ende 1983 stieg die geschätzte Gesamtverschuldung der Entw i c k l u n g * - und der O s t b l o c k l ä n d e r auf rund 750 M i l l i a r d e n U S - D o l l a r (Tabelle 1; A n h a n g II). Seit 1973 hat sie sich verfünffacht, wobei die jährlichen Steigerungsraten bis 1981 d u r c h s c h n i t t l i c h 20,3 % (real 9,8 %) ausmachten.

1982 verringerte sich die Steigerungsrate stark (7,8 %; real 0,5 %) und 1983 verharrte sie auf diesem tiefen Niveau (7,4 %; real 2,1 %}.

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Die Länder mit der höchsten Aussenverschuldüng

Tabelle 2 (Anhang II) zeigt, dass 55 % der Gesamtverschuldung auf die 11 Entwicklungs- und Ostblockländer mit der höchsten Aussenverschuldüng entfallen. Im weiteren legt sie offen, dass zwischen diesen Ländern zwar sehr grosse Unterschiede bezüglich der Schuldendienstquote 'bestehen , sie aber - mit e i n i g e n gewichtigen Ausnahmen - über dem Durchschnitt der Schuldendienstraten der Entwicklungsländer (23,9 %) liegen.

1) Zins- und Kapital rückzahlungen im Verhältnis zu den Einnahmen aus den Exporten von Gütern und Diensten.

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A u s s e n v e r s c h u l d ü n g und Schuldendienst der E n t w i c k l u n g s länder

Beim V e r g l e i c h der Aussenschuld der E n t w i c k l u n g s l ä n d e r mit ihren Exporten von Gütern und Diensten (Schuldenquote) s t e l l t man eine massive Verschlechterung dieses V e r h ä l t n i s ses für 1982 fest (Tabelle 3).

Tabelle 3: Entwicklung von Schuldenquote und Schuldendienstquote der Entwicklungsländer

1973 1974 1975 1976 1977 1978 1979 1980 1981 1982 Quelle:

Schuldenquote: Aussenschuld in % der Exporte von Gütern und Diensten

Schul de n dl enjtg u o te : Zinsen der kurz- und langfristigen Schuld und Amortisationen der langfristigen Schuld in % der Exporte

115,4

15,9 14,4 16,1 15,3 15,4 19,0 19,0 17,6 20,4 23,9

104,6 122,4 125,5 126,4 130,2 119,2 112,9 124,9 143,3

IMF, World Economie Outlook, Occasionai Paper No. 21, Tabelle 33 und 35, S. 201 und 204

In der Zeit nach dem ersten O e l p r e i s s c h o c k von 1973 war das Exportwachstum (1973 - 1978: real 8,0 % p.a. ) d e u t l i c h hinter den Aenderungsraten der A u s l a n d s c h u l d e n (real 10,7 % p.a.)

zurückgeblieben. Zuerst Ueberbrückungskredité, danach der Investitionsbedarf zur Anpassung an die höheren Oelpreise waren zu grossen Teilen m i t v e r a n t w o r t l i c h für den v e r g l e i c h s weise hohen S c h u l d e n a n s t i e g und den daraus resultierenden Spitzenwert in der Schuldenquote. Nach 1978 zeigten sich erste Erfolge der autonom durchgeführten Anpassung: Das

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Schuldenwachstum (1978 - 1981: real 7,5 % p.a.) sank unter das inzwischen höhere Exportwachstum (real 9 % p.a.)- 1982 b i l dete sich das Wachstum der S c h u l d e n , trotz der inzwischen erneut wesentlich höheren Oelpreise, weiter auf real 2,9 % zurück. Dies genügte aber nicht, um den durch verminderte Exportvolumina und d e u t l i c h schlechtere Realaustauschverhältnisse verursachten E i n b r u c h in den Exporteinnahmen von über 10 % zu kompensieren.

Einen noch ungünstigeren Verlauf nahm die E n t w i c k l u n g der Schuldendienstquoten(label le 3). Unter dem Druck der G l ä u b i ger mussten die Kreditlaufzeiten zunehmend verkürzt werden, die Zinssätze entwickelten sich - aus Gründen, die ausserh a l b des Einflussbereichs der verschuldeten Länder lagen auf nominell und real v ö l l i g ungewohnte Höhen, N i c h t a l l e Ländergruppen waren a l l e r d i n g s von dieser E n t w i c k l u n g in g l e i c h e m Masse betroffen. Nachfolgend sollen die Schuldende enstverpf l i chtungen der E n t w i c k l u n g s l ä n d e r unter analytischen und regionalen Gesichtspunkten betrachtet werden.

Analytisch unterteilt der Internationale Währungsfonds (IWF) die E n t w i c k l u n g s l ä n d e r ' in Netto-Oelexporteure und NettoOelimporteure, die letzteren ausserdem in die drei folgenden Untergruppen - Hauptexporteure

von Fabrikaten (Schwel lenländer

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),

- Länder mit n i e d r i g e m P r o - K o p f - E i n k o m m e n , - ü b r i g e Gel importi ander .

1) In dieser Ländergruppe sind Oman und die OPEC-Staaten - mit Ausnahme von Gabon und Equador - nicht enthalten. Zuordnung der Länder in die einzelnen Gruppen und Untergruppen gemäss Tabelle 4 (Anhang II).

2) Mexiko als Schwellen!and wird unter der Gruppe der Netto-Oelexporteure geführt.

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Graphik 1: Die Entwicklung der Schuldendienstraten der Entwicklungsländer von 1973 bis 1982; analytische Gliederung (in % der Exporte von Gütern und Diensten).

l 73

l 74

l l 75

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l l 77

78

l 79

l M

l l l 8l

K

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1 Netto-Oelexporteure 2 Hauptexporteure von Fabrikaten (Schwellenländer) 3 übrige Oel-Importländer 4 Länder mit niedrigem Pro-Kopf-Einkommen Quelle: IMF, World Economie Outlook, Occasionai Paper No. 21, chart 15, S. 68 Der G r a p h i k l k a n n e n t n o m m e n w e r d e n , d a s s d i e G r u p p e d e r Netto-Oelexporteure während der ganzen Betrachtungsperiode (1973-1982) die w e i t a u s höchste Schuldendienstrate (Durchs c h n i t t 2 8 , 2 %) zu v e r z e i c h n e n h a t t e , g e f o l g t von den S c h w e l l e n l ä n d e r n (17,0 % ) , den übrigen -Oel-Importländern ( 1 5 , 6 %) u n d d e n Ländern m i t (11,7%).

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niedrigem Pro-Kopf-Einkommen

Graphik 2:

Die Entwicklung der Schuldendienstraten von 1S73 bis 1982regionale Gliederung (in % der Exporte von Gutern und Diensten).

Legends: 1 Westliche Hemisphere (alls IWF-Mitglieder Lateinamerikas und der Karibik exkl. Venezuela) 1 Europa 3

Afrika

4 Mittlerer Osten 5 Asien Quelle: IMF, World Economic Outlook, Occasional Paper No 21 chart 15, S. 68 A u c h bei der r e g i o n a l e n U n t e r t e i l u n g s i n d zu'm T e i l

starke

U n t e r s c h i e d e in den S c h u l d e n d i e n s t r a t e n f e s t z u s t e l 1 en (Graphik 2). Nach den D u r c h s c h n i t t s w e r t e n g e o r d n e t e r g i b t sich folgendes Bild: W e s t l i c h e Hemisphere ( 3 6 , 6 * ) , Europa ( 1 6 , 9 % ) , Mittlerer Osten (15,7 % ) , A f r i k a (11,9 % ) , A s i e n (8,7 %).

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Aussenverschuldung der Ostblockländer

E b e n f a l l s s t a r k u n t e r s c h i e d l i c h 1st d e r V e r s c h u l d u n g s g r a d der Staaten Osteuropas. Zusammengenommen ( T a b e l l e 5; Anhang II)

w i e s e n s i e Ende 1981 eine B r u t t o v e r s c h u l d u n g in

Hartwahrungen v o n 9 2 , 1 M i l l i a r d e n D o l l a r a u f . D i e S c h u l d e n quote (Nettoschuld in % der Exporte in k o n v e r t i b l e r W S h r u n g )

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stieg bis 1979 auf 125 % und ist seither rückläufig (1982 noch 115 %).])

3

Gründe flir die V e r s c h u l d u n g s k r i s e

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Ursachen der hohen Aussenschuld

Die hohe Aussenschuld der Entwicklungsländer liegt in den Defiziten ihrer L e i s t u n g s b i l a n z e n und dem K a p i t a l a b f l u s s aus diesen Staaten begründet.

In allen Entwicklungsländern zusammen betrugen die Leistungsb i l a n z d e f i z i t e im Jahre 1973 1 1 , 3 M i l l i a r d e n D o l l a r und erreichten 1981 einen Höchststand von 107,7 M i l l i a r d e n Dollar.

In den beiden darauffolgenden Jahren b i l d e t e n sie sich stark zurück (Tabelle 6; A n h a n g II), wobei die R u c k b i l d u n g vor a l l e m bei jenen Staatengruppen (Netto-Deiexporteure, Schwell e n l ä n d e r ) beobachtet werden konnte, die im Zeitraum 1973 bis 1981 den grössten Anstieg in ihren Fehlbeträgen zu verzeichnenhatten.

Neben der defizitären L e i s t u n g s b i l a n z haben aber in verschiedenen Staaten auch K a p i t a l a b f l ü s s e ins A u s l a n d eine wesentliche R o l l e für die starke E r h ö h u n g der A u s s e n v e r s c h u l düng in den Jahren 1974-1982 gespielt. Im Extremfall sind sie für bis zu 90 % der ausstehenden Schuld verantwortlich.

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Auslöser der Krise

Die f l ü s s i g e Verfassung der internationalen Geld- und Kapitalmärkte erleichterte es den E n t w i c k l u n g s l ä n d e r n , ihre Finanzierungsbedürfnisse zu günstigen B e d i n g u n g e n zu befriedigen. Die vor a l l e m für den Auf- und Ausbau der Exportindustrie geborgten Gelder wurden, wie dies die Weltbank 1) IMF, World Economie Outlook, Occasionai Paper No. 21, Table 49, S. 218.

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a t t e s t i e r t ', im a l l g e m e i n e n p r o d u k t i v e i n g e s e t z t und ermöglichten ein vom Export getragenes, überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum (durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von 5 l in den Jahren 1 9 7 3 - 1 9 8 0 ) 2 ' .

Die A u s w e i t u n g des E x p o r t s e k t o r s machte die E n t w i c k l u n g s länder aber in v e r s t ä r k t e m Mass von der E n t w i c k l u n g der W e l t w i r t s c h a f t abhängig. Die zweite E r d ö l t e u e r u n g und die Rezession des Welthandels, gefolgt von sinkenden Rohstoffp r e i s e n und zunehmendem P r o t e k t i o n i s m u s , t r a f e n die E n t w i c k l u n g s l ä n d e r hart. Zum einen, indem die W a c h s t u m s r a t e des E x p o r t v o l u m e n s s t a r k a b s a n k ( D u r c h s c h n i t t 1 9 7 3 - 1 9 8 0 : 6 , 1 %; 1982: 0 , 5 % ) , z u m a n d e r e n , indem d i e "Terms o f T r a d e " s i c h sprunghaft verschlechterten (1981: - 4,2 %; 1982: - 3,1 %) .

Unter E i n b e z u g der D i e n s t l e i s t u n g e n v e r r i n g e r t e n s i c h die r e a l e n E x p o r t e im J a h r e 1982 s o g a r um über 10 %. In den Entw i c k l u n g s l ä n d e r n kam es d a d u r c h zu einem e i g e n t l i c h e n W a c h s t u m s e i n b r u c h ( D u r c h s c h n i t t 1 9 7 3 - 1 9 8 0 : 5 , 0 %; 1 9 C 2 : 0,9 %) .

E i n z e l n e S c h u l d n e r l ä n d e r hatten ihre W a c h s t u m s p r o g r a m m e zu lange w e i t e r g e f ü h r t , ohne auf die s i c h v e r s c h l e c h t e r n d e n w e l t w i r t s c h a f t l i c h e n Rahmenbedingungen R ü c k s i c h t zu nehmen.

A u c h wurden t e i l w e i s e die I n v e s t i t i o n e n zu w e n i g in den Export- b z w . I m p o r t s u b s t i t u t i o r i s b e r e i c h e n g e t ä t i g t .

Dazu kam, d a s s s i c h d i e Z i n s s ä t z e wegen d e r r e s t r i k t i v e n Geldp o l i t i k e n in den I n d u s t r i e s t a a t e n auf R e k o r d h ö h e n bewegten und der A n t e i l der v a r i a b e l v e r z i n s l i c h e n V e r s c h u l d u n g in den m e i s t e n P r o b l e m l ä n d e r n stark a n w u c h s . D i e Z i n s z a h l u n g e n machten dadurch einen immer g r ö s s e r e n A n t e i l des S c h u l d e n d i e n s t e s aus 1) IBRD, World Debt Tables 1982-3, February 1983. In ihrem
Weltentwicklungsbericht von 1983 (S. 43) belegt die Weltbank, dass über die Zeit 1976/80 der Produktionsertrag pro investierten Dollar um fast die Hälfte über jenem in den alten Industrieländern lag.

2) Jährliches reales Wirtschaftswachstum (Durchschnitt der Jahre 73-80): Netto-Oel-Exporteure 6,5 % Hauptexporteure von Fabrikaten (Schwellenländer) 5,7 % übrige Netto-Oel-Importeure 4,4 % Entwicklungsländer mit niedrigem Pro-Kopf-Einkommen 3,b % Industriestaaten 3,0 % Quelle: IMF, World Economie Outlook, Occasionai Paper No. 21, Mai 83, Table 38, S. 207 und Table l, S. 170

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(Graphik 3). Der starke Zinsanstieg am Geld- und Kapital-. .

markt und die erhb'hten Zinsmargen haben das V e r s c h u l d u n g s problem ganz entscheidend verscharft: Ein Zinsanstieg von 1 Prozentpunkt verursacht den Schu 1 dner Tandem jahrlichen Kosten von 2 M i l l i a r d e n D o l l a r . Der von den wichtigen Industriestaaten Ende 1979 eingeleitete Desinflationsprozess hat insgesamt brutalere Effekte gehabt, als d i e s von den einzelnen Regierungen beabsichtigt war. Die Auswirkungen waren besonders hart, weil die Hauptlast der Inf1 ationsbekSmpfung auf der G e l d p o l i t i k l a g .

Graphik 3: Kapitalruckzahlungen und Zinszahlungen der Entwicklungslander als Anteile am Export von GLitern und Dienstleistungen (in %}

Legende: 1 2

Kapitalruckzahlungen Zinszahlungen

Quelje: IMF, World Economic Outlook, Occasional Paper No. 21, aus: chart 5, S. 9

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Fatal wirkte sich in dieser Situation aber auch die A u s l e i h p o l i t i k der Banken aus. Aus verschiedenen Gründen verminderte sich bereits ab 1979 zusehends ihre Bereitschaft, neue Kredite zu gewähren . Dazu kam die auch bei anderen Gläubigern sichtbar werdende Tendenz zu verkürzten Kreditfristen, wobei die Geldmarktsätze, vorab an den Euromärkten, noch rascher als die Sätze am langfristigen Kapitalmarkt anstiegen. Die Kumulation musste u n w e i g e r l i c h zu einer V e r s c h u l dungskrise führen.

Ganz a l l g e m e i n dürfte die V e r s c h u l d u n g s k r i s e weniger in der absoluten Höhe der A u s s e n s c h u l d der Problemländer begründet l i e g e n , sondern v i e l m e h r in der Dynamik ihres Aufbaus. Hohe Schulden von Staaten, die sich wirtschaftlich in v o l l e r Expansion befinden, sind nichts Aussergewöhnliches. Diesbezügl i c h sei etwa an Kanada erinnert, dessen Aussenschuld vor dem Ersten Weltkrieg rund das Achteinhalbfache seiner Exporte ausmachte.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der sprunghafte Anstieg der A u s s e n s c h u l d der Entwicklungsländer in den stark erhöhten Leistungsbilanzdefiziten und den Mittelabflüssen ins A u s l a n d begründet liegt. Die Erhöhung des Erdölpreises, die rezessionsbedingten Erschwernisse auf den Exportmärkten, sinkende Rohstoffpreise und die steigenden Zinssätze haben durch ihr g l e i c h z e i t i g e s Auftreten die Verschuldungskrise ausgelöst. Während der erstgenannte Faktor permanent wirken dürfte, sind die anderen Probleme mehr zyklischer Art, die bei einer Verbesserung der weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen gelost werden können. Dennoch lässt das Ausmass der Krise k e i n e Lösung auf kurze Frist erwarten.

1) Vgl. Dennis G., The Growth of International Bank lending, in: Aussenwirtschaft, Heft III, 1983, S. 279.

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4

Bisherige Massnahmen zur Lösung der Verschuldungskrise

Kurz nach dem Ausbruch der V e r s c h u l d u n g s k r i s e ist von verschiedener Seite empfohlen worden, nichts zu tun, d.h. den Ereignissen ihren Lauf zu lassen. Dies hätte bedeutet, dass e i n i g e S c h u l d n e r l ä n d e r ihre Z a h l u n g s u r f ä h i g k e i t hätten erklären müssen. Weil ihnen deswegen keine neuen Kredite mehr gewährt worden wären, hätten sie ihre L e i s t u n g s b i l a n z über strenge wirtschaftspolitische Massnahmen und Devisenbewirtschaftung a u s g l e i c h e n müssen. Auf der Seite der Schuldnerländer wäre dies in v i e l e n F ä l l e n g l e i c h b e d e u t e n d gewesen mit einem unkontrollierbaren Wirtschaftseinbruch und all den sich daraus ergebenden sozialen und p o l i t i s c h e n Konsequenzen. Ausserdem wäre die Gefahr n i c h t auszuschliessen gewesen, dass über Zahlungsverzugserklärungen von privaten und a l l e n f a l l s offiziellen Gläubigern und den daraus resultierenden Arrestierungen der Handels- und Finanzverkehr dieser Länder für lange Zeit erschwert worden, wenn n i c h t gar zum Erliegen gekommen wäre.

Andere Vorschläge gingen d a h i n , mit einem geordneten Schuldenerlass diese negativen Auswirkungen auf die Schuldnerstaaten zu vermeiden. Ein Schuldenerlass hätte die Bereitschaft einer sehr grossen Zahl von Gläubigern vorausgesetzt, auf ihre Guthaben ganz oder teilweise zu verzichten. Die Guthaben hätten im entsprechenden Umfang abgeschrieben werden müssen.

Dadurch wäre nicht nur die Ertragslage der Gläubiger in vielen Fällen aufs Schwerste tangiert, sondern auch ihre Fähigkeit und Bereitschaft vermindert worden, den Schuldnerländern weiterhin Kredite zur Verfügung zu stellen, um geordnete Handelsbeziehungen mit ihnen aufrecht zu erhalten.

Damit verbunden gewesen wäre eine teilweise Neuorientierung des bisherigen m u l t i l a t e r a l e n W e l t h a n d e l s - und eine Entflechtung des internationalen Finanzsystems. Ein Schuldenerlass, der zwangsweise öffentliche Mittel beanspruchen würde, hätte dip stark verschuldeten S c h w e l l e n l ä n d e r im

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Vergleich zu den anderen E n t w i c k l u n g s l ä n d e r n u n g e b ü h r l i c h bevorzugt. Ein solches Vorgehen wäre p o l i t i s c h n i c h t zu verantworten, denn eine vernünftige E n t w i c k l u n g s p o l i t i k zielt darauf ab, die verfügbaren öffentlichen Mittel in erster L i n i e für die Bedürfnisse der ärmsten E n t w i c k l u n g s länder einzusetzen. Vor a l l e m aber ist der Schuldenerlass auch unter dem Gesichtspunkt der Präjudizwirkung problematisch. Die bevorzugte B e h a n d l u n g , welche dabei die am stärksten verschuldeten Länder erfahren, macht für andere Staaten die V e r s c h u l d u n g und die Z a h l u n g s u n f ä h i g k e i t attraktiv, so dass die u n u m g ä n g l i c h e Vorsicht bei der Aufnahme neuer Kredite und die Anstrengungen zur E r f ü l l u n g des Schuldendienstes aufs Schwerste beeinträchtigt würden.

Weder bei den entscheidenden Instanzen der E n t w i c k l u n g s l ä n der noch bei jenen der G l ä u b i g e r haben diese Ideen Gehör gefunden. Vielmehr hat sich an verschiedenen Einzelfällen ein Vorgehen h e r a u s g e b i l d e t , das sich auf eine enge Zusammenarbeit a l l e r B e t e i l i g t e n - Schuldnerstaaten, Öffentliche und private G l ä u b i g e r , · i n t e r n a t i o n a l e Institutionen - unter der Koordinierung des IWF abstützt. Im Zentrum dieser Lösungsansätze steht die für ein S c h u l d n e r l a n d schwierige Aufgabe, sein aussenwirtschaftliches G l e i c h g e w i c h t wieder zu finden. Dies bedeutet, dass es in der Regel sehr harte wirtschaftspolitische Anpassungsmassnahmen ergreifen muss, die es mit dem IWF gemeinsam ausarbeitet. G l e i c h z e i t i g braucht es aber auch zusätzliche G e l d m i t t e l , welche die Zeit überbrücken helfen, die für das Wirksamwerden der Anpassungsmassnahmen nötig ist.

Aus der Sicht eines einzelnen Geldgebers mag es vernünftig erscheinen, die Vergabe von weiteren Krediten zu verweigern oder sie gar zurückzuziehen. Dies führt aber, wenn alle das gleiche tun, für das betroffene Land u n w e i g e r l i c h in die Zahlungsunfähigkeit mit all den bereits erwähnten Konsequenzen. Daher braucht es eine koordinierende Instanz, die sicherstellt dass sich ein in Gang gekommener negativer Prozess nicht fortsetzt.

Diese Aufgabe fällt dem Internationalen Währungsfonds zu. Er ge-

861

währt den Schuldnerländern Kredite, die ihnen dabei helfen sollen, die Zeit zu überbrücken, die notwendig ist, um das aussenwirtschaftliene G l e i c h g e w i c h t wieder zu erreichen.

Damit ein S c h u l d n e r l a n d die dazu notwendigen Massnahmen auch w i r k l i c h ergreift, auferlegt ihm der IWF wirtschaftspolitische Auflagen (Konditional i tat).

Diese Auflagen werden, auch in unserem Land, zum Teil heftig kritisiert. Diese Kritiken werden vor a l l e m in bezug auf die Ausgestaltung der Konditional i tat laut: Die vom IWF auferlegten Massnahmen seien, da sie in erster L i n i e den ärmsten Teil der Bevölkerung treffen würden, einerseits sozial nicht ausgewogen und anderseits würden sie das wirtschaftliche Wachstum der Schuldnerländer beeinträchtigen. Von den Kritikern wird oft übersehen, dass sich der IWF vor die schwierige Aufgabe gestellt sieht, einem S c h u l d n e r l a n d mit M i t t e l n zu helfen, die angesichts der Dimension der jeweiligen Probleme relativ beschränkt sind. Die von ihm gewährten Kredite reichen in den wenigsten F ä l l e n aus, um die während einer Uebergangszeit noch hohen Ertragsbilanzdefizite zu decken , Zur Sanierung sind .zusà'tzl iene Mittel aus anderen Finanzierungsquellen - Regierungen, Weltbank und privaten Banken - bereitzustellen. Ein K r e d i t d o l l a r des IWF löst durchschnittlich 4 Dollar aus anderen Finanzierungsquellen aus. Um die erforderliche Kreditwürdigkeit wieder herzustellen, muss aber einigermassen Gewähr bestehen, dass sich die aussenwirtscnaftliene Lage eines Schuldnerlandes innert nützlicher Frist wieder stabilisieren wird.

Wie ersichtlich können sich die international tätigen Banken bei den für die Schuldnerstaaten geschnürten Finanzierungspaketen nicht ihrer Verantwortung entziehen. So haben sich z.B. die Banken verpflichtet bzw. unter dem mehr als sanften Druck des IWF verpflichten müssen, ihre Kreditengagements gegenüber Mexiko

862

und B r a s i l i e n n i c h t nur stehen, zu lassen, sondern sie um rund 7 % aufzustocken. Es lässt sich statistisch nachweisen (Tabelle 7, Zeile "Netto-Geldaufnahme", A n h a n g II), dass den Entwicklungsländern trotz V e r s c h u l d u n g s k r i s e nach wie vor mehr Mittel zufliessen als von dort abgezogen werden. Stark geändert hat sich h i n g e g e n die Zusammensetzung der Finanzierungsströme. Betrug.das Verhältnis zwischen o f f i z i e l l e r und privater Nettofinanzierung im Durchschnitt der Jahre 19781980 noch 30 zu 70, so lag es 1982 bei 56 zu 44.

Die Umkehrung dieser Vernaitniszahl kann a l l e r d i n g s kein Dauerzustand werden. Die f i n a n z i e l l e Unterstützung der Regierungen, Notenbanken und des IWF hat, auch wenn sie sich a l l e r Voraussicht nach über e i n i g e Jahre erstrecken wird, l e d i g l i c h temporären Charakter. Sie soll sicherstellen, dass die Schuldnerlander wieder zu ihrem aussenwirtschaftlichen Gleichgewicht zurückfinden , d.h. zu einem Zustand, bei welchem die für die wirtschaftliche E n t w i c k l u n g dieser Länder nötigen Fi nanzierungsstrb'me wieder selbsttätig fliessen.

Die offiziellen Kredite bezwecken denn auch nicht die Sozial i s i e r u n g a l l e n f a l l s eintretender privater Verluste. Ideen, wonach private A u s l a n d g u t h a b e n von den Regierungen oder anderen offiziellen Organen übernommen werden sollten, sind abzulehnen.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass bei den Sanierungspaketen sowohl von den Schuldnern wie auch von den -Gläubigern grosse Anstrengungen v e r l a n g t werden, um die durch die V e r s c h u l d u n g s k r i s e verursachte Bedrohung des internationalen Finanz- und Währungssystems abzuwenden. Der Sanierungsprozess wird a l l e r d i n g s Jahre dauern,und ob er schliessl i c h g e l i n g t , wird nicht zuletzt davon abhängen, ob die Weltwirtschaft wieder zu einem inflationsfreien Wachstum zurückfindet. Die daraus resultierende N o r m a l i s i e r u n g der Zinssituation und die verstärkte Importnachfrage der Industrie-

863

länder würde es den Schuldnerländern erleichtern, ihren V e r p f l i c h t u n g e n nachzukommen.

5

Die privaten Kreditengagements der Schweiz gegenüber den wichtigen S c h u l d n e r l ä n d e r n

Bei den privaten Kreditengagements gegenüber den w i c h t i g e n Schuldnerländern müssen wir uns auf jene der Banken beschränken, denn die entsprechenden Zahlen für die schweizerischen Unternehmen ausserhalb des Bankensektors (insbesondere Exportunternehmen und Versicherungen) und die privaten Anleger werden - soweit sie nicht durch die ERG oder die IRQ abgesichert sind - n i c h t erhoben.

Bei unseren Betrachtungen über die A u s l a n d a k t i v i t ä t der Banken gehen wir von Zahlen aus, die von der Schweizerischen N a t i o n a l b a n k erhoben und p u b l i z i e r t werden. Bei der Auswertung dieser Statistiken g i l t es,gewisse Besonderheiten zu beachten ' und der Tatsache R e c h n u n g zu tragen, dass sie nur in einer länderweise r e l a t i v stark aggregierten Form p u b l i z i e r t werden. Trotz dieser Besonderheiten haben Quervergleiche mit einer nicht veröffentlichten Sondererhebung der Eidgenössischen Bankenkommission vom Frühjahr 1983 gezeigt, dass die Zahlen dennoch die effektiven Grössenordnugen r e l a t i v gut wiedergeben.

Die nachfolgende Zusammenstellung zeigt, dass d i e A u s l a n d aktiven m e h r h e i t l i c h auf die schweizerischen Grossbanken, auf die a u s l ä n d i s c h beherrschten Banken und F i l i a l e n ausländischer Banken (= A u s l a n d b a n k e n ) sowie die a u s l ä n d i s c h beherrschten Finanzgesellschaften e n t f a l l e n . Ende 1982 betrug der Anteil der Grossbanken 65,6 %, derjenige der Auslandbanken 22,7 % und jener der a u s l ä n d i s c h beherrschten 1) Insbesondere nicht konsolidierte Zahlen und Erfassung nach dem Schuldner- und nicht nach dem Risikodomizil.

864

Finanzgesellschaften 4,7 %. Die Landerrisi ken konzentrierten sich somit zu 93 % auf diese drei Kategorien, die zusammen einen Anteil von 64,1 Prozent an der gesamten Bilanzsumme a l l e r in der Schweiz tatigen Banken und Finanzgesellschaften innehaben.

A u s l a n d a k t i v e n der Banken und Finanzgesellschaften jper Ende 1982 1 ) _ in % in Mrd.Fr.

4,8 2,1 Kantonalbanken 65,6 150,4 Grossbanken 0,3 0,7 Regional ban ken Raiffeisenkassen 22,8 52,4 Ubrige Banken, davon ( 2,4) ( 5,4) Handelsbanken (19,1) (43,9) auslandisch beherrschte Banken 5,2 12,0 Finanzgesellschaften, davon (10,8) ( 4,7) auslandisch beherrschte Finanzges.

3,6 8,2 Filialen auslandischer Banken 0,4 0,9 Privatbankiers 229,4

100,0

Eine weitere Zusammenstellung (Gliederung der A u s l a n d g u t h a ben nach Landergruppen) legt offen, dass 74,5 % der A u s l a n d aktiven a l l e r in der Schweiz tatigen Banken und Finanzgesel1schaften Ende 1982

21 in den BIZ-Landern ' und im u b r i g e n West-

europa angelegt waren. 5,9 % l a g e n in Lateinamerika und 2,1% in Osteuropa, also in jenen Staatenraumen, die von der intern a t i o n a l e n V e r s c h u l d u n g s k r i s e am starksten betroffen sind.

Die Kantonalbanken, die R e g i o n a l b a n k e n und Sparkassen und die meisten schweizerisch beherrschten "librigen Banken" 1) Aus: SNB, Das schweiz. Bankenwesen im Jahre 7982, Tabelle 17, S. 53.

2) D, F, UK, I, B, NL, Lux., A, DK, S, USA, Cn, J, aber ohne Irland,

865

und Finanzgese.l Ischaften halten ihre A u s l a n d a k t i v e n praktisch a u s s c h l i e s s l i c h In den Industrieländern '. Somit kann davon ausgegangen werden, dass die A u s l a n d g u t h a b e n in L a t e i n amerika und Osteuropa praktisch a u s s c h l i e s s l i c h auf die Grossbanken sowie die Auslandbanken und die ausländisch beherrschten Finanzgesellschaften entfallen.

Gì iederung der2 A u s l a n d g u t h a b e n nach Ländergruppen per Ende 1982 ' Alle Banken und Finanzgesellschaften BIZ-Länder Übriges Westeuropa Osteuropa

Grossbanken

in Mrd.Fr.

in %

in Mrd.Fr.

in %

152,0

67,4

102,2

69,1

16,1

7,1

8,2

5,6

4,7

2,1 6,6

2,1

1,4

9,2

6,2

9,6

6,5

Karibische Zone

14,9

Lateinamerika

13,3

Afrika

7,8

5,9 3,5

4,3

2,9

Mittlerer Osten

6,3

2,8

3,7

2,5

10,3

4,6

8,6

5,8

Asien

225,4

100

147,9

100

Für die R i s i k o b e u r t e i l u n g aussagekräftiger als absolute Werte sind die Verhältniszahlen der Auslandguthaben gegenüber den eigenen Mitteln. Im Jahresbericht für 1983 der Ei'dg. Bankenkommission wird diesbezüglich festgehalten, dass sich" der Gesamtumfang der Länderengagements' per Ende 1982 in über 60 Probiemländern auf rund 23 Mi 11 iarden Franken belief und damit im Durchschnitt um e i n i g e s unter den vorhandenen eigenen Mitteln der Gross- und A u s l a n d b a n k e n lag, die in eine von der Bankenkommission gemachten Er1) Die Darlehens- und Raiffeisenkassen weisen überhaupt keine Auslandguthaben auf.

Z) Aus: SNB, Das Schweiz. Bankwesen im Jahre 1982, Tabelle 18, S. 54.

3) Auf konsolidierter Basis und nach dem Risikodomizil erfasst.

866

hebung einbezogen wurden. Zieht man zudem die gebildeten W e r t b e r i c h t i g u n g e n und die frei verfügbaren s t i l l e n Reserven in Betracht, so stehen die Schweizer Banken verhältnismässig gut da.

Des weitern stellt sich die Frage der R i s i k e n im Interbankengeschäft. B e k a n n t l i c h ist es eine Spezialität unserer Bankinstitute, die grossen internationalen Geschäftsbanken mit kurzfristigem Kapital zu versorgen, die ihrerseits Länderrisiken eingegangen sind. So beliefen sich die Guthaben aller schweizerischen Banken und FinanzgeselIschaften Ende 1982 auf 114 M i l l i a r d e n Franken ', was rund der Hälfte ihrer gesamten Auslandforderungen bzw. beinahe 20 Prozent der A k t i v e n entsprach. Den Schweizer Banken erwächst daraus ein R i s i k o zweiten Grades. Sollten den ausländischen Banken aus den Länderrisiken Verluste entstehen, die sie insolvent werden lassen, könnten die Schweizer Banken ihrerseits Verluste erleiden.

Das Ausmass derartiger Verluste und die W a h r s c h e i n l i c h k e i t ihres Eintretens kann heute nicht beurteilt werden. Sicher dürfte nur sein, dass es zur Auslösung einer Insolvenzwelle einer e i g e n t l i c h e n Finanzkrise bedarf. Es ist aber anzunehmen, dass die Notenbanken der Industrieländer im Rahmen ihrer Mögl i c h k e i t e n Massnahmen ergreifen würden, um dem Ausbruch einer solchen Krise zuvorzukommen.

1) Aus: SNB, Das Schweiz. Bankwesen im Jahre 1982, Tabelle 94, S. 272.

867

6

Die R i s i k e n der Treuhandanlagen

Die treuhänderische A n l a g e von Festgeldern durch Banken ist eine typisch schweizerische Institution, die man im A u s l a n d nicht kennt. Ihre Entstehung verdankt diese Geschäftsform in erster Linie der Drehscheibenfunktion des Finanzplatzes Schweiz sowie dem Umstand, dass die Treuhandanlagen, sofern der Schuldner im Ausland domiziliert ist, der Verrechnungssteuer n i c h t unterliegen. Heute kommt angesichts der höheren R i s i k e n bei grenzüberschreitenden K r e d i t a u s l e i h u n g e n h i n z u , dass für die Bank die Treuhandanlage eine grundsätzlich problemlosere Variante des Auslandgeschäfts d a r s t e l l t (vgl.SNß, Das schweizerische Bankwesen im Jahre 1982, Zürich 1982, Nr. 67, S. 45).

Die Verordnung vom 17. Mai 1972 zum Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen (SR 952.02; A n h a n g II Est. C Ziff. 5) definiert die Treuhandgeschäfte als "Anlagen und Kredite, welche die Bank im eigenen Namen, jedoch aufgrund eines s c h r i f t l i c h e n Auftrages a u s s c h l i e s s l i c h für R e c h n u n g und Gefahr des Kunden tätigt oder gewährt. Der Auftraggeber trägt das Währungs-, Transfer- und Delkredererisiko, ihm kommt der v o l l e Ertrag des Geschäfts zu; die Bank bezieht nur eine Kommission."

Daraus geht hervor, dass die Bank als Treuhänderin nur für die getreue und sorgfältige A b w i c k l u n g des ihr übertragenen Geschäfts (OR Art. 398 Abs. 2)und a l l e n f a l l s noch für die aus einem Schadenfalle zu ergreifenden r e c h t l i c h e n und informationsmässigen Vorkehren haftet. W ä h l t der Auftraggeber den Schuldner n i c h t selber aus und überlässt er dies seiner Bank - was überwiegend die Regel ist - so erstreckt sich die Haftung der Bank insbesondere auch auf die sorgfältige .

Auswahl des Geldnehmers. Diese beschränkte Haftung g i l t aber nur dann, wenn die Treuhandbank die Treuhandgelder bei einer Drittbank plaziert. Sofern die Bank - was durchaus

868

ü b l i c h ist - die anvertrauten Gelder in der eigenen Gruppe anlegt, sei es bei einer Tochtergesellschaft oder bei einer Zweigniederlassung im Ausland, unterliegt das Geschäftsrisiko der Treuhandbank einer differenzierten Betrachtungswei-

Legt die Bank die anvertrauten Gelder bei einer eigenen Zweigniederlassung im Ausland an, so liegt kein eigentliches Treuhandgeschäft vor: sie selber wird Schuldnerin des Treugebers; dessen Geld ist Fremdkapital und muss als solches in der B a n k b i l a n z ausgewiesen werden. Die Bank haftet somit mit ihrem Vermögen für die "treuhänderische Anlage" bei ihrer Zweigniederlassung.

Anders verhält es sich, wenn die Treuhandgelder bei einer Tochtergesellschaft im Ausland angelegt werden. Hier liegt bei einer formalrechtlichen Betrachtung ein echtes Treuhandgeschäft vor, weshalb das Delkrederen"siko beim Treugeber liegt. A l l e r d i n g s steigen in diesem F a l l e die Anforderungen an die getreue Auftragserfüllung und damit auch die Gefahr, vom Treugeber auf Schadenersatz belangt zu werden, weil die Treuhandbank die f i n a n z i e l l e n Verhältnisse ihrer Tochtergesellschaft besser beurteilen können muss als die von Drittbanken. Deshalb wird die Treuhandbank möglicherweise - je nach den Umständen und solange sie selber dazu in der Lage ist - für die S c h u l d e n ihrer Tochtergesellschaft einstehen und den Treugeber befriedigen. Für das Transfer- und insbesondere das Währungsrisiko wird indessen wie bei der Zweigniederlassung der Treugeber einzustehen haben.

Der Umfang der echten Treuhandanlagen b e l i e f sich per Ende 1982 auf über 160 M i l l i a r d e n Franken (Tabelle &; A n h a n g II), hievon waren 91 % bei Banken in den westlichen Industriestaaten (inkl. Japan) angelegt und weitere 6 % wurden bei Banken im Offshore-Gebiet der K a r i b i k gehalten. In Entwickl u n g s l ä n d e r n und Osteuropa werden Treuhandgelder, wie dies

869

aus nachstehender Tabelle hervorgeht, in der Regel nicht angelegt.

Länderweise Gliederung der Treuhandguthaben gegenüber dem Ausland per Ende 1982 .

BIZ-Länder übriges Westeuropa Osteuropa Karibische Zone Latei namerika Afrika Mittlerer Osten Asien

146,40 3,74 0,02 9,53 l ,58 0,92 l,05 l ,22

M i l l i a r d e n Franken " " " " " " "

164,46 M i l l i a r d e n Franken = = = = ~:= = --

S

Q u e l l e : Das Schweiz. Bankwesen im Jahre 1982, S. 56 Der Anteil der unechten Treuhandguthaben gegenüber a u s l ä n dischen Zweigniederlassungen schweizerischer Banken beträgt rund 20 Mi 11iarden Franken, womit sich die T r e u h a n d g u t h a b e n gegenüber dem A u s l a n d gesamthaft auf über 180 M i l l i a r d e n Franken per Ende 1982 belaufen (vgl. Monatsbericht der S N B , Nr. 3, März 1983).

Bezüglich der R i s i k o b e u r t e i l u n g der Treuhandanlagen .kann zusammenfassend festgehalten werden, dass - für die Banken bei der Vermittlung solcher Anlagen grundsätzlich weniger R i s i k e n a n f a l l e n als bei der Gewährung von Krediten auf eigene Rechnung und Gefahr; ^ - Treuhandanlagen bei Drittbanken l e d i g l i c h die Haftung für eine sorgfältige Auftragserfüllung, insbesondere für die Auswahl des Geldnehmers, begründen;

870

- die R i s i k e n aus Treuhandanlagen im Zusammenhang mit der internationalen V e r s c h u l d u n g nicht von besonderer Bedeutung sind.

7

M u t m a s s l i c h e S c h u l d e n t i l g u n g e n gegenüber der Schweiz und m ö g l i c h e U m s c h u l d u n g s a k t i o n e n der w i c h t i g e n S c h u l d nerländer in den nächsten fünf Jahren .

Unsere vorangegangenen Ausführungen sollten klar gemacht haben, dass das V e r s c h u l d u n g s p r o b l e m gelöst werden kann, wenn sich in naher Zukunft eine Reihe von Voraussetzungen (erfolgreicher wirtschaftlicher Anpassungsprozess in den S c h u l d n e r l ä n d e r n - n a m e n t l i c h für die Haushalt- und Währ u n g s p o l i t i k -, stetiges inflationsfreies Wachstum, tiefere Realzinsen, offenes Handelssystem, zusätzliche Finanzflüsse) erfüllen lassen. D i e s b e z ü g l i c h positive E n t w i c k l u n g e n sind zu beobachten. Dennoch kann im Moment nicht verlässlich abgeschätzt werden, was für S c h u l d e n k o n s o l i d i e r u n g s a k t i o n e n in den nächsten fünf Jahren auf uns zukommen werden und welches ihr Ausmass sein wird. Ebenso wird es mit noch so verfeinerten Erhebungsmethoden nicht g e l i n g e n , v e r l ä s s l i c h e Fäll.i gkeitsstrukturen zu ermitteln. Die v e r t r a g l i c h festgelegten Laufzeiten der einzelnen Kredite sind zwar bekannt, nicht jedoch ihre effektiven. So haben v i e l e Kredite nur eine kurze Laufzeit, in der Praxis werden sie aber immer wieder erneuert. Dadurch ergeben sich fast unüberwindbare Probleme der zeitlichen Zuordnung. Eines jedoch ist vorauszusehen:In den nächsten Jahren wird es netto nicht zu Schuld e n t i l g u n g e n der hochverschuldeten Staaten kommen. Vielmehr ist damit zu rechnen, dass diese Länder zusätzliches Geld brauchen werden, wenn vermieden werden s o l l , dass sie wirtschaftliche Sanierungsmassnahmen ergreifen müssen, die pol i t i s c h und sozial untragbar sind. Die schweizerischen Gläub i g e r werden dabei ihren Beitrag zu leisten haben, und zwar sowohl über die Teilnahme an weiteren Schuldenkonsolidierungs-

871

Operationen als auch, indem sie weiterhin Neugeld zur Verfügung stellen. In diesem Zusammenhang g i l t es auch auf die Bedeutung der schweizerischen E n t w i c k l u n g s h i l f e in ihrer bilateralen und m u l t i l a t e r a l e n Form h i n z u w e i s e n , auch wenn diese Mittel in erster Linie in die ärmsten Entwicklungsländer gehen, die nicht im Zentrum der gegenwärtigen Vers c h u l d u n g s p r o b l e m a t i k stehen.

8

Auslandengagements von B u n d , Exportrisikogarantie und Nati onal bank _ ___

Im 5. und 6. Kapitel sind die privaten Kreditengagements der Schweiz gegenüber den wichtigsten S c h u l d n e r l ä n d e r beh a n d e l t worden, nachfolgend sollen die offiziellen zur Sprache kommen, und zwar getrennt nach jenen der Exportrisikogarantie (ERG), des Bundes und der N a t i o n a l b a n k .

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Die R i s i k e n der Exgortrisikogarantie

Die ERG kann das S c h u l d n e r r i s i k o , d a s aus Lieferungen an staatliche Körperschaften entsteht,sowie das Transfer- und das Fremdwährungsrisiko versichern. Die ERG führt eine eigene Rechnung,der Bund leistet ihr bei Bedarf Vorschüsse.

Das ERG-Engagement beträgt gegenüber den l a t e i n a m e r i k a n i schen Ländern insgesamt 3,5 Mi 11 iarden Franken und gegenüber den osteuropäischen Ländern 2,2 M i l l i a r d e n Franken (Stand 31. Dez. 1983).

Die Schadenfälle der ERG aus dem Transferrisiko sind wegen der Z a h l u n g s u n f ä h i g k e i t von Schuldnerstaaten in den vergangenen Jahren sprunghaft angestiegen '. Zusammen mit den

1) 1980: 1981: 1982: 1983:

872

97 109 181 299

Mio.Fr.

" " " "

bereits früher sehr hohen Entschädigungen für Kursverluste hat dies dazu geführt, dass die Reserven des ERG-Fonds aufgebraucht wurden,und dass der Bund 1982 erstmals einen Vorschuss von 109,2 M i l l i o n e n Franken gewähren musste. Für 1983 wurde ein weiterer Vorschuss von 240 M i l l i o n e n Franken notwendig, und es kann schon heute mit grosser Sicherheit gesagt werden, dass die Vorschussumme des Bundes weiter ansteigen wird. Das Ausmass dieser Vorschüsse ist n i c h t vorauszusehen, denn es hängt davon ab, wie rasch die S c h u l d n e r l ä n d e r ihre Z a h l u n g s b i l a n z e n in den Griff bekommen und ihre Kreditfähigkeit zurückerlangen.

Bei Zahlungen, welche die ERG für Transferschäden an die schweizerischen Exporteure zu leisten hat, g i l t es zu beachten, dass sie - und dies im Unterschied zur Entschädigung von Kursverlusten aufgrund der Versicherung des Währungsrisikos - nicht d e f i n i t i v e Verluste darstellen. Die ERG bekommt im g l e i c h e n Betrag verzinsliche Forderungen (Stand 30.

Nov. 1383: 428,6 Mio.Fr.), denn bei Transferschäden h a n d e l t es sich in der Regel nicht um eine Schuldenaberkennung oder einen S c h u l d e n e r l a s s , sondern die Fäl l igkeiten werden meistens in einem m u l i t l a t e r a l und bilateral vereinbarten Konsolidierungsverfahren hinausgeschoben. G e l i n g t es einem Schuldnerl a n d , seine Z a h l u n g s b i l a n z wieder in Ordnung zu bringen und damit wieder neue Kredite zu erhalten, besteht die berechtigte Hoffnung, dass es die zukünftigen F ä l l i g k e i t e n wieder honorieren kann.

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass,von wenigen Ausnahmen abgesehen, die Schuldnerstaaten ihre Zahlungsrückstände früher oder später begleichen. Auch wenn aus dieser Erfahrung keine zwingenden Schlüsse für die Zukunft gezogen werden können, so gibt es doch die in Kapitel 4 erwähnten Hemmnisse zu beachten, die einer e i n s e i t i g e n Schuldenverweigerung oder nur schon einem geordneten Schuldenerlass entgegenstehen ,

35

Bundesblatt. 136. Jahrgang. Bd. I

873

Auf jeden F a l l besteht zurzeit k e i n A n l a s s , die von der ERG erworbenen Forderungen abzuschreiben und dementsprechend die Vorschüsse des B u n d e s an die ERG in à fonds perduBeiträge umzuwandeln.

82

Die Risiken des Bundes

Gegenüber den Oststaaten hat der B u n d keine Direktkredite ausstehend, gegenüber den E n t w i c k l u n g s l ä n d e r n betrugen sie Ende 1982 252 M i l l i o n e n Franken: - 144 M i l l i o n e n Franken waren Guthaben gegenüber Ländern, die gemäss T a b e l l e 2 zu den 11 höchstverschuldeten gehören, wobei a l l e i n auf die Türkei 130 M i l l i o n e n Franken entfielen.

- 98 M i l l i o n e n Franken stellten Guthaben dar, die in eine oder mehrere K o n s o l i d i e r u n g e n einbezogen wurden.

Seitdem der Bundesrat in seinem Entscheid vom 14. Januar 1981 bestimmt hat, dass die schweizerischen Exporteure den n i c h t ERG-gedeckten Teil bei S c h u l d e n k o n s o l i d i e r u n g e n selber zu tragen h a b e n , also im Restrisiko v e r b l e i b e n , wird das Direktengagement des Bundes aus Schuldenkonsoli dierungsoperationen n i c h t weiter ansteigen. E r h ö h u n g e n könnten sich a l l e n f a l l s noch aus Krediten ergeben, die im Rahmen der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit gesprochen werden. Da die schweizerischen E n t w i c k l u n g s l e i s t u n g e n vorwiegend in Form von n i c h t rückzahlbaren Beiträgen gewährt werden, ist dieses R i s i k o jedoch nicht a l l z u hoch zu veranschlagen.

Indirekte R i s i k e n bestehen für den B u n d , indem er Garant der ERG ist (s. dazu unsere Ausführungen unter Kapitel 81) und i n d e m er als Garantiegeber unter dem Bundesbeschluss über die M i t w i r k u n g der Schweiz an i n t e r n a t i o n a l e n Währungsmassnahmen auftritt. Der nachfolgenden Zusammenstellung kann entnommen werden, dass er unter diesem B u n d e s b e s c h l u s s 'per Ende 1983 noch Garantiezusagen von 140,5 M i l l i o n e n D o l l a r

874

ausstehend hatte: - Kredit Portugal

15,0 Mio. US-J

- K r e d i t Türkei

45,5 Mio.US-$

- Kredit Jugoslawien

80,0 Mio. US-$

Unter den A l l g e m e i n e n K r e d i t v e r e i n b a r u n g e n (AKV) waren Ende 1983 k e i n e Kredite ausstehend. Die b e i d e n Räte haben in der v e r g a n g e n e n W i n t e r s e s s i o n dem B e i t r i t t zu den erweiterten A K V zugestimmt. Gemäss dieser N e u r e g e l u n g werden a l l f ä l l i g e Kredite von der N a t i o n a l b a n k ohne ßundesgarantie gewährt, so d a s s f ü r den B u n d von dieser Seite her keine Engagements m e h r entstehen.

83

Die-Risiken der Schweizerissehen N a t i o n a l b a n k

Die Schweizerische N a t i o n a l b a n k hat zurzeit

keine Kredite

oder Depots g e g e n ü b e r sogenannten P r o b l e m l ä n d e r n a u s s t e h e n d , die n i c h t vom B u n d gema'ss B u n d e s b e s c h l uss über die M i t w i r k u n g der Schweiz an i n t e r n a t i o n a l e n W ä h r u n g s m a s s n a h m e n garantiert s i n d . V e r l u s t e aus Direktkrediten können ihr daher k e i n e erwachsen. Die W ä h r u n g s r e s e r v e n der N a t i o n a l b a n k sind in Staatsp a p i e r e n der führenden I n d u s t r i e l ä n d e r und bei W ä h r u n g s i n s t i t u t i o n e n sowie i m a u s l ä n d i s c h e n , v o r a l l e m a m e r i k a n i s c h e n G e l d m a r k t a n g e l e g t . Ausserdem waren am 31. Dezember 1982 f o l gende K r e d i t e o h n e B u n d e s g a r a n t i e an den IWF a u s s t e h e n d : - 636 M i l l i o n e n SZR (1451 M i o . Fr.) im Rahmen der Ergänzenden F i n a n z i e r u n g s f a z i l i t ä t (sogenannte W i t t e v e e n - F a z i l i tat); - 118 M i l l i o n e n SZR (269 Mio.Fr.) unter der von verschiedenen N o t e n b a n k e n gewährten F a z i l i t ä t aus dem J a h r e 1981.

Ferner hat die N a t i o n a l b a n k im R a h m e n e i n e r anfangs 1984 zustandegekommenen Ueberbrückungsfinanzierung verschiedener W ä h r u n g s b e h ö r d e n sowie S a u d i - A r a b i e n s dem IWF einen Kreditbetrag von 180 M i l l i o n e n SZR (411 Mio.Fr.) zugesagt. Die K r e d i t f a z i l i t ä t ist b i s h e r n i c h t benutzt worden.

875

Kreditbeanspruchungen sind ferner zu erwarten aufgrund des vom Parlament wie erwähnt in der vergangenen Wintersession beschlossenen Beitritts der Schweiz zu den erweiterten A K V , wobei der Höchstbetrag 1020 M i l l i o n e n SZR (2,3 Mrd.Fr.) ausmachen könnte.

Auch bei den Krediten an den IWF ist das Verlustrisiko als gering einzuschätzen. Der IWF ist ein erstklassiger S c h u l d ner, der bis anhin keine Verluste zu beklagen hatte und der im Laufe der Jahre grosse Reserven geäufnet hat und bei den Schuldnerstaaten b e z ü g l i c h R ü c k z a h l u n g der Kredite eine Sonderstellung e i n n i m m t . Erst wenn diese Reserven aufgebraucht und die Quoteneinzahlungen bzw. -Verpflichtungen der IWFM i t g l i e d e r zur Deckung von eingetretenen Verlusten n i c h t ausreichen s o l l t e n , könnten für die N a t i o n a l b a n k Verluste entstehen, ein in der Praxis wohl nur hypothetischer F a l l .

9

M ö g l i c h e Massnahmen, um die heute bestehenden R i s i k e n zu v e r m i n d e r n bzw. eine weitere V e r s c h u l d u n g und Risikozunahme für den Staat und den Finanzplatz zu verh indem

Das V e r s c h u l d u n g s p r o b l e m kann nur durch internationale Kooperation und S o l i d a r i t ä t entschärft werden. Wie bereits dargelegt, konnte dank dieser Zusammenarbeit das internationale Finanzsystem und damit die Weltwirtschaft vor einem Zusammenbruch gerettet werden. Im Rahmen der Bemühungen, das internationale Finanzsystem zu s t a b i l i s i e r e n , spielte der IWF die koordinierende R o l l e . Er wird auch in Zukunft eine katalysierende Funktion zu erfüllen haben. Deshalb wurden seine Mittel über eine Quotenerhöhung und die Erweiterung der A l l g e m e i n e n Kreditvereinbarungen (AKV) stark angehoben.

Die Schweiz b e t e i l i g t e sich an dieser Mittelaufstockung, indem sie ihren Beitrag an die AKV von bisher 865 M i l l i o n e n Franken auf rund 2,3 M i l l i a r d e n Franken (1020 M i l l i o n e n SZR) erhöhte.

876

Auf längere Frist kann das V e r s c h u l d u n g s p r o b l e m einzig gelbst werden, wenn Gewähr dafür besteht, dass sich die Schuldnerländer einem Anpassungsprozess unterziehen. Ueber die Ausgestaltung der Sanierungsprogramme kann man in guten Treuen geteilter M e i n u n g sein. In a l l e n Fällen ist aber darauf zu achten, dass die Massnahmen nicht soziale Unrast verursachen und die Länder p o l i t i s c h d e s t a b i l i s i e r e n . Auch sollten Investitionen nicht über Jahre hinweg blockiert werden. Die dadurch bewirkte Schwächung des Produktionsapparates lässt die Basis für einen wirtschaftlichen Aufschwung schrumpfen und verringert damit die F ä h i g k e i t der Schuldnerländer, ihrem S c h u l d e n d i e n s t nachzukommen. Wie immer man sich jedoch zur Frage des Vorgehens stellt, eines steht fest: die sozialen Kosten einer Anpassung sind u n v e r m e i d l i c h und sollten daher gerecht verteilt werden.

E i n e längerfristige Lösung des V e r s c h u l d u n g s p r o b l e m s setzt aber auch ein tragfähiges, m ö g l i c h s t inflationsfreies Wirtschaftswachstum voraus. Diese Voraussetzung dürfte jedoch nur gegeben sein, wenn die Industriestaaten ihrerseits bereit s i n d , notwendige Strukturanpassungen vorzunehmen, ihre Märkte zu öffnen und den Protektionismus zu bekämpfen. Ausserdem haben sie ihre Finanz- und G e l d p o l i t i k zu verstetigen. Denn eine Stop-and-Go-Pol iti k erhöht den Inflationssockel, lässt d i e Zinsen steigen, bringt Unruhe in die Devisenmärkte und gefährdet das weltwirtschaftliche Wachstum, was wiederum die rotektion i s t i s e h e n Tendenzen fördert.

Um die zur längerfristigen Lösung nötigen Voraussetzungen zu schaffen, wird es aber auch u n u m g ä n g l i c h sein, dass der IWF

877

seine w i r t s c h a f t l i c h e Ueberwachungsfunktion verstärkt. Damit kann vermieden werden, dass eine K u m u l a t i o n negativer Umstände wieder zu einer neuen V e r s c h ü l d u n g s k r i s e hinführt. Die Bestrebungen des IWF, vermehrt in dieser R i c h t u n g tätig zu werden,sind daher auch vom N i c h t m i t g l i e d Schweiz zu unterstützen.

Zu einem l ä n g e r f r i s t i g e n Lösungsansatz gehört aber auch die bessere und vor a l l e m frühzeitigere Erfassung der Länderrisiken. In diesem Zusammenhang sind die Bestrebungen der international tätigen Banken, sich über das neugeschaffene "Internationale Finanzinstitut" einen besseren U e b e r b l i c k Über die Kreditausstände der einzelnen Länder zu verschaffen, begrüssenswert. Erforderlich ist aber auch eine Verbesserung der Risikoerfassung und -begrenzung bei den Banken selbst.

Von wesentlicher Bedeutung ist zudem der unter den A u s p i z i e n der BIZ gegründete "Ausschuss für Bankengesetzgebung und -aufsieht". Das Ziel dieses Ausschusses besteht im wesentl i c h e n d a r i n , die sich aus der I n t e r n a t i o n a l i s i e r u n g des Bankwesens ergebenden aufsichtsrechtlichen Probleme gemeinsam zu prüfen, nach M ö g l i c h k e i t L ö s u n g s v o r s c h l ä g e zu erarbeiten und die Zusammenarbeit zwischen den Aufsichtsbehörden zu fördern. Seine Grundsätze, die er im Sinne von Empfehlungen erlässt, b i l d e n die R i c h t s c h n u r für die Bankenaufsichtsbehörden der im Ausschuss vertretenen Länder. Die Empfehlungen des Ausschusses betreffen b e i s p i e l s w e i s e die "Beaufsichtigung der a u s l ä n d i s c h e n N i e d e r l a s s u n g e n von Banken" (sog. "Basler Konkordat") oder die Eigenmittelausstattung international tätiger Banken und beziehen si eh insbesondere auch auf die B e h a n d l u n g der R i s i k e n aus der internationalen V e r s c h u l d u n g und die B i l d u n g angemessener Rückstellungen für solche Engagements.

878

J e d o c h haben d i e schweizerischen Behörden n i c h t d i e A b s i c h t , den für unsere W i r t s c h a f t w i c h t i g e n freien K a p i t a l v e r k e h r zu beschränken. Stattdessen

konzentrieren sie s i c h auf Massnah-

men zur Verbesserung der B a n k e n a u f s i c h t , zur V e r h ü t u n g einer B a n k e n k r i s e und zur L i m i t i e r u n g des s t a a t l i c h e n R i s i k o s über die ERG.

In der Schweiz konnten die erwähnten schusses für Bankengesetz

E m p f e h l u n g e n des "Aus-

und - a u f s i e h t " schon w e i t g e h e n d

aufgrund der g e l t e n d e n b a n k e n r e c h t l i c h e n Vorschriften e r f ü l l t werden. Die E i d g . B a n k e n k o m m i s s i o n e r h ä l t seit der E i n f ü h rung d e s R u n d s c h r e i b e n s über d i e K o n s o l i d i e r u n g s r i c h t l i n i e n im Jahre 1978 k o n s o l i d i e r t e B i l a n z e n der von den Banken direkt oder i n d i r e k t beherrschten

im Bank- oder F i n a n z b e r e i c h

tätigen Unternehmen mit Sitz im In- und A u s l a n d ; seit der R e v i s i o n der B a n k e n v e r o r d n u n g im Jahre 19SO werden

zudem

auch die Eigenmittelvorschriften und m i t h i n der Z u s c h l a g für A u s l a n d s a k t i v e n - der d a m a l s erhöht wurde - e b e n f a l l s auf k o n s o l i d i e r t e r B a s i s angewendet. A u c h hat die E i d g e n ö s s i s c h e B a n k e n k o m m i s s i o n seit e i n i g e n Jahren i h r A u g e n merk verstärkt

auf die R i s i k e n der i n t e r n a t i o n a l e n Ver-

s c h u l d u n g g e r i c h t e t ( v g l . J a h r e s b e r i c h t e d e r E i d g . Bankenk o m m i s s i o n von 1976, 1977, 1981-83). Sie hat n i c h t nur untersucht, wi'e die B a n k i n s t i t u t e in der Schweiz die L ä n d e r r i s i ken zu erfassen, zu b e u r t e i l e n und zu begrenzen

versuchen,

sondern diese auch wissen lassen, dass V e r s c h u l d u n g s - und S o l v e n z p r o b l e m e n i c h t s p u r l o s an den B a n k b i l a n z e n und Erf o l g s r e c h n u n g e n v o r ü b e r g e h e n dürfen. A u f g r u n d einer Sondere r h e b u n g vom J a n u a r 1983 hat sie s c h l i e s s l i c h die Wertber i c h t i g u n g s p r a x i s der Banken für A u s l e i h u n g e n in P r o b l e m l ä n d e r n überprüft und bei Instituten, die dem

Grundsatz

einer v o r s i c h t i g e n Bewertung n i c h t n a c h k a m e n , eingegriffen.

Zurzeit

betrachtet

die E i d g . B a n k e n k o m m i s s i o n einen Wert-

b e r i c h t i g u n g s s a t z von rund 20 % auf sol chen Engagements a l s angemessen.

Ganz a l l g e m e i n kann gesagt werden, dass die

879

schweizerischen E i g e n m i t t e l vorschriften wie auch die Anforderungen an die R ü c k s t e l l u n g e n für Guthaben in Problemländern zu den strengsten der W e l t gehören und zur S t a b i l i t ä t des schweizerischen Bankensystems beitragen.

Was die Vorkehren zur V e r h i n d e r u n g einer Bankenkrise anbetrifft, so ist davon auszugehen, dass bei einer Krise sich ein sehr grosser Liquiditätsbedarf einstellt. In einem solchen Fall wäre die N a t i o n a l b a n k bereit und in der Lage, vorübergehend vom Geldmengenziel t abzuweichen. Dabei würden allerd i n g s keine ungedeckten Kredite gewährt, sondern es m'üssten sogenannte n a t i o n a l b a n k f ä h i g e A k t i v e n h i n t e r l e g t werden. Die Uebernahme zweifelhafter Forderungen der Banken wäre d a m i t ausgeschlossen, weshalb Befürchtungen n i c h t am Platz s i n d , die exponierten Banken würden mittels öffentlicher M i t t e l entpannt. Die heute vom schweizerischen Bankensystem gehaltenen notenbankfähigen Aktiven dürften insgesamt ausreichen, um eine systemkonforme L i q u i d i t ä t s h i l f e im K r i s e n f a l l zu erm ö g l i c h e n . Bei der starken A u s l a n d v e r f l e c h t u n g schweizerischer Banken und der Interdependenz der Finanzmärkte könnte sich aber auch die Notwendigkeit der Bereitstellung internationaler L i q u i d i t ä t in Form namentlich von amerikanischen Dollars ergeben. Die Nationalbank ist mit ihren hohen, kurzfristig m o b i l i s i e r b a r e n Devisenreserven auch dafür gut gerüstet. Entscheidendes würde in diesem Fall a l l e r d i n g s von einer guten internationalen Zusammenarbeit abhängen, wobei den amerikanischen Währungsbehörden eine S c h l ü s s e l s t e l l u n g zukäme.

Bei der L i m i t i e r u n g des staatlichen R i s i k o s wird es in erster L i n i e darum gehen, das ERG-Engagement in seiner Grosse und Zusammensetzung so zu gestalten, dass die ERG n i c h t in eine dauernde A b h ä n g i g k e i t von Bundesvorschüssen gerät, aber doch ihren gesetzlichen Zweck der Exportunterstützung zur Beschäftigungsförderung erfüllt.

880

Die Aussichten, dass die internationale Verschuldungskrise bewältigt werden kann, sind nach Auffassung des Bundesrates als gut zu beurteilen. Es h a n d e l t sich n i c h t um eine Systemkrise, sondern um eine temporäre Ueberforderung des Systems.

In der Vergangenheit ist zwar v i e l von der Interdependenz der Weltwirtschaft gesprochen worden, die sich daraus ergebenden Konsequenzen sind jedoch zu wenig in die n a t i o n a l e n P o l i t i k e n eingeflossen. Da es keine vernünftige Alternative zur weltweiten A r b e i t s t e i l u n g g i b t , wird man n i c h t darum herumkommen, in Zukunft den oben skizzierten Weg zu beschreiten.

881

Anh a n g I

NATIONALRAT 82.557

Schrift!i ehe S t e l l u n g n a h m e

Postulat R e i n i g e r vom 6. Oktober 1982

R i s i k e n der i n t e r n a t i o n a l e n V e r s c h u l d u n g , B e r i c h t Der Bundesrat wird e i n g e l a d e n , e i n e n Bericht an das Parlament auszuarbeiten, der Auskunft g i b t über den schweizerischen A n t e i l an der i n t e r n a t i o n a l e n V e r s c h u l d u n g der Entw i c k l u n g s l ä n d e r und Osteuropas, über die Fälligkeitsstruktur und die R i s i k e n für die Schweiz sowie über die m ö g l i c h e n Massnahmen, um die Uebernahme p r i v a t e r K r e d i t r i s i k e n durch die Eidgenossenschaft zu vermeiden.

Mitunterzeichner: B a e c h t o l d , B ä u m l i n , Borei, B r a t s c h i , B u n d i , Deneys, E g g e n b e r g - T h u n , Gerwig, Gloor, Hubacher, J a g g i , Loetscher, Meier Werner, Meizoz, Morel, Morf, Neukomm, Ott, R e i m a n n , R i e s e n - F r e i b u r g , R o b b i a n i , R u b i , Vannay, WeberArbon, Zehnder (25)

Begründung D i e internationale V e r s c h u l d u n g z a h l r e i c h e r E n t w i c k l u n g s l ä n der und e i n i g e r osteuropäischer Staaten hat ein g e f ä h r l i c h e s Ausmass erreicht. J a h r e l a n g ist die H a n d e l s e x p a n s i o n mit d i e sen Ländern nur auf K r e d i t b a s i s f i n a n z i e r t worden. In der nächsten Zeit werden grosse S c h u l d n e r l ä n d e r z a h l u n g s u n f ä h i g werden, was auch e i n i g e n schweizerischen Bank- und Finanzinstituten gefährliche Risiken aufbürdet. Die kommenden Umschul d u n g s a k t i onen bringen die Gefahr mit s i c h , dass dabei der Staat die von den Banken eingegangenen Kreditrisiken übernehmen muss. Auch durch die E x p o r t r i s i k o g a r a n t i e ist die Eidgenossenschaft grosse Z a h l u n g s v e r p f l i c h t u n g e n e i n g e g a n g e n .

Von der i n t e r n a t i o n a l e n V e r s c h u l d u n g her droht zur Zeit die grösste Gefahr für die Wirtschaft und die Arbeitsplätze.

Der mit diesem Postulat vom Bundesrat verlangte Bericht soll über die folgenden Probleme K l a r h e i t schaffen: 1. Lieber die derzeitige Grosse der p r i v a t e n und öffentlichen Kreditengagements der Schweiz g e g e n ü b e r den w i c h t i g e n Schuldnerländern.

882

2. Ueber die R i s i k e n der T r e u h a n d a n l a g e n , die über den Finanzplatz Schweiz laufen, insbesondere über d i e j e n i g e n , die von schweizerischen Banken in i h r e n a u s l ä n d i s c h e n Töchtern p l a z i e r t werden.

3. Ueber die m u t m a s s l i c h e n S c h u l d e n t i l g u n g e n gegenüber der Schweiz und die m ö g l i c h e n U m s c h u l d u n g s a k t i o n e n der wichtigen S c h u l d n e r l ä n d e r in den nächsten fünf Jahren.

4. Ueber die m ö g l i c h e n R i s i k e n für die Exportrisikogarantie, die ßundeskasse und die N a t i o n a l bank bei solchen U m s c h u l d u n g s a k t i o n e n und Z a h l u n g s u n f ä h i g k e i t s e r k l ä r u n g e n .

5. Ueber m ö g l i c h e Massnahmen, um die heute bestehenden R i s i ken zu v e r m i n d e r n .

6. Ueber m ö g l i c h e Massnahmen, um die weitere V e r s c h u l d u n g und Risikozunahme für den Staat und den F i n a n z p l a t z zu v e r h i n d e r n , insbesondere auch "über die M ö g l i c h k e i t e n , gestützt auf Art. 8 ! des Bankengesetzes die Kapitalexporte unter dem R i s i k o a s p e k t einzuschränken.

E r k l ä r u n g des Bundesrates Der Bundesrat ist bereit, das Postulat entgegenzunehmen.

883

A n h a n g II Tabelle 1: Die Entwicklung der internationalen Verschuldung ' (in Mrd. US-$) Entwicklungs1 änder2)

Osteuropa '

Total

1973

130,1

17,6

147,7

1974

160,8

24,0

184,8

1975

190,8

37,3

228,1

1976

228,0

47,6

275,6

1977

278,5

56,5

335,0

1978

336,3

67,5

403,8

1979

396,9

80,9

477,8

1980

474,0

89,2

563,2

1981

555,0

92,1

647,1 4

1982

612,4

85,0 >

697,4

1983

664,3

85,0 4)

749,3

Legende / Quellen: 1) Bruttoverschuldung 2) IMF, World Economie Outlook, Occasionai Paper No. 21, May 1983, Table 32, S. 200 3) OECD, Financial Market Trends; December 1977, March 1981, March 1983 4) Bankverein-Heft Nr. 24, März 1983, S. 6

884

An_han g 11 Tabelle 2: Die 11 Entwicklungs- und Ostblockländer mit der höchsten Aussenverschuldung per Ende 1982 (in Mrd. US-$) Verschuldung absolut in l von ( 1 ) Brasilien

,

Schulden- 2) dienstrate ' in %

Anteil am Gesamtexport Entwicklungsländer in %

84,0

11,2

70

5,9

Mexiko

83,0

11,1

55

6,3

Argentinien

96

2,4

43,0

5,8

Südkorea

37,0

4,9

14

6,4

Venezuela

27,0

3,6

26

5,5

Israel

25,5

3,4

24

Polen

25,0

3,4 .

150

1,5 _._

Indonesien

24,0

3,2

17

5,8

Türkei

22,5

3,0

33

1,7

Indien

21,0

2,8

15

2,1

Jugoslawien

20,5

2

28

3,0

T o t a l

412,5

(1) Total Entwicklungsländer und Ostblock

748,4

,7

55,1

40,6

100

(2) Entwick-, .

lungsl ander ' (3) Durchschnitt der Entwicklungsländer

100

23,9

Legende: 1) inkl. Indonesien und Venezuela 2) = Zins- und Kapital Rückzahlungen im Verhältnis zu den Einnahmen aus den Exporten von Gütern und Diensten Quellen: - IMF, World Economie Outlook, Occasionai Paper No. ?1, Tables 32/33 - Tabelle l - IMF, International Financial Statistics

885

A n h a n g II T a b e l l e 4: E i n t e i l u n g der E n t w i c k l u n g s l ä n d e r ' durch den IWF in die einzelnen Staatengruppen und -Untergruppen l . Netto-Pelexporteure: Bahrain, Bolivien, Volksrepublik Kongo, Equador, Aegypten, Gabon, M a l a y s i a , M e x i k o , Peru, A r a b i s c h e R e p u b l i k Syrien, T r i n i d a d und Tobago, Tunesien.

2. Netto-Qelimporteure: 21 Länder, die hauptsächlich

Fabrikate exportieren :

A r g e n t i n i e n , Brasi l i e n , 'Griechenland, Hongkong, Israel, Korea, P o r t u g a l , S i n g a p u r , Südafrika, J u g o s l a w i e n .

12 Länder mit n i e d r i g e m Pro-Kopf-Einkommen (höchstens 350$ im Jahre 1978): Afghanistan, Bangladesh, Benin, Bhutan, Burma, Burundi, Kap Verde, Zentralafrikanische R e p u b l i k , Tschad, V o l k s r e p u b l i k C h i n a , Kamerun, A e t h i o p i e n , G a m b i a , G u i n e a , G u i n e a - B i s s a u , H a i t i , I n d i e n , Demokratisches Kamputschea, Kenya, Demokratische V o l k s r e p u b l i k Laos, Lesotho, Madagaskar, Malawi, M a l d i v e n , M a l i , Mauretanien, Nepal, Niger, Pakistan, Ruanda, S e n e g a l , Sierra Leone, Solomonen, Somalia, Sri Lanka, Sudan, Tansania, Togo, Uganda, O b e r v o l t a , V a n u a t u , V i e t n a m , Zaire.

23 UebrigeOelimportländer A l l e nicht weder in der 1. Gruppe noch in den Untergruppen 21 und 22 aufgeführten E n t w i c k l u n g s l ä n d e r : 1)

1) Exkl, Oman und - mit Ausnahme von Gabon und Equador - die OPECStaaten.

886

Tabelle 5: Bruttoverschuldung der osteuropaischen Lander in Hartwahrungen (in Mrd. US-S) 1973

1974

1975

1976

1977

1978

1979

1980

1981

Bulgarian

1 ,5

1,7

2,4

3,2

3,7

4,3

4,4

3,5

2,9

93,3

Tschechoslowakei

0 ,9

1,1

1,5

1,9

2,6

3,2

4,1

4,9

4,9

444,4

DDR

2 ,8

3,6

4,9

5,8

7,1

8,9

10,9

13,8

14,8

428,6

Ungarn

2 ,0

2,3

3,2

4,0

5,7

7,5

8,5

9,5

8,8

340.0

Polsn

2 ,5

4,9

7,8

11,5

14,0

17,8

22,7

25,1

25,3

912,0

Rumanian

2 ,1

2,4

2,8

2,9

3,6

5,2

7,0

9,6

11,0

423,8

UdSSR

4 ,0

5,9

11,4

14,8

15,6

16,4

18,1

18,6

20,0

400,0

COMECON-Banken

1 ,8

2,1

3,3

3,5

4,2

4,2

5,2

4,2

4,4

144,4

17 ,6

24,0

37,3

47,6

56,5

67,5

80,9

89,2

92,1

423,3

T o t a l

1981/73

An hang II

Quelle: Financial Market Trends, OECD, December 1977, March 1981, March 1983

A5S

887



Tabelle 6: Die Entwicklung der Defizite in der Leistungsbilanz

der Entwicklungslahder (in Mrd. US-$)

00

1973

1974

1975

1976

1977

1978

'1979

1980

1981

1982

1983

11,3

37,0

46,3

32,6

28,9

41,3

61,0

89,0

107,7

86,8

67,8

Netto-OelExporteure

2,6

5,1

9,9

7,7

6,4

7,9

8,5

12,5

35,5

15,6

14,2

Schwellenlander

3,6

18,8

19,1

12,2

7,9

9,8

21,7

32,5

37,6

34,3

18,6

Lander mit niedrigem Pro-Kopf--, Einkommen !

3,4

6,6

7,3

5,5

5,4

8,4

9,9

11,8

12,1

12,0

11,4

Uebrige (Nicht-Oel) Entwicklungslander

1,1

5,6

9,7

8,3

12,0

14,7

18,9

27,6

33,0

26,4

23,1

]

Total '

,

Quelle:

IMF, World Economic Outlook, Occasional Paper Ho. 21, flay 1983, Tables 25 und 26

Anhang II

Legendsr 1) inkl. Volksrepublik China und Indian 2) exkl. "

Anhang II labelle 7: Finanzierungsstruktur der Leistungsbilanzdefizite der Entwicklungslander Durchschnitt 1974-1977

Durchschnitt 1978-1980

1981

1982

36

64

108

87

Verwendung von WahrungsReserven 1 )

7

- 11

2

7

Ni cht-schul denerhbhender Geldzufluss 2)

13

22

28

25

Netto-Gel daufnahme

30

53

82

55

- private Quellen langfristiges Kapital kurzfristiges Kapital 3 )

18 15 3

37 25 12

53 40 13

24 26 - 2

- offizielle Quellen langfristiges Kapital

12 10

16 15

29 23

31 20

2

1

6

11

100

100

100

100

60 .50 10

70 47 23

65 49 16

44 47 - 3

40 33

30 29

35 28

56 36

, . . . . .., ...

(m Mrd. US-$) Leistungsbilanzdefizit

IWF-Kredite und andere Reservekredite

-

(in Prozenten) Netto-Geldaufnahme - private Quellen langfristiges Kapital 3 kurzfristiges Kapital ) - offizielle Quellen langfristiges Kapital IWF-Kredite und andere Reservekredite

20

Legende:

1) Minus = Erhbhung der Wa'hrungsreserven 2) Offizielle Entwicklungshilfe, SZR-Zuteilungen,Bewertungsanderungen, Goldpreis-Aenderungen, Direktinvestitionen 3) ink!. Fehler und Auslassungen

Quelle:

IMF, World Economic Outlook, Occasional Paper No, 21, May 1983

36 Bundesblatt 136. Jahrgang. Bd. 1

889

Anhang II Tabelle 8: Treuhandgeschäfte nach Bankkategorien, absolut und in Prozentanteilen des Totais der Treuhandgeschäfte und der Bilanzsumme (Ende 1982)

1 .00 Kantonal banken 2.00 Grossbanken 3.00 Regionalbanken und Sparkassen

in Mio. Fr.

in l des Totais der Treuhandgeschäfte

Z'119,5

1 ,3

57'464,7

34,5

18,8

548,6

0,3

1,1

72 '841 ,8

43,8

83,2

19'383,2

11,7

72,0

· 5 3 '458, 6

32,1

88,31

B'021,6

3,0

32,3

567,8

0,3

27,8

4'453,8

2,7

33,0

23'640,9

14,2

4'792,0

2,9

166'4Z9,1

100,0

in % der Bilanzsumme

1,8 .

4.00 Darlehens- und Raiffeisenkassen 5.00 Uebrige Banken 5.10'davon schweizerisch beherrscht 5.20'davon ausländisch beherrscht 6.00 Finanzgesell schaften 6.10 davon schweizerisch beherrscht 6.20 davon ausländisch beherrscht 7.00 Filialen ausländischer Banken

8.00 Privatbankiers 1.00 - 8.00 Total

190,7 1) 136,9

Legende: 1) Gewichteter Durchschnitt = 105,7 % Quelle: ,- SNB, Das schweizerische Bankwesen im Jahre 1982, S. 36 und 43

890

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht über die Risiken der internationalen Verschuldung vom 12. März 1984

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1984

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

13

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

03.04.1984

Date Data Seite

846-890

Page Pagina Ref. No

10 049 247

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