01.058 Botschaft zur Genehmigung des Abkommens vom 21. Juni 2001 zur Änderung des Übereinkommens vom 4. Januar 1960 zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) vom 12. September 2001

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, wir beehren uns, Ihnen mit der vorliegenden Botschaft den Bundesbeschluss zur Genehmigung des Vertrages zur Änderung des Übereinkommens zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) sowie Erlasse zur Umsetzung des Abkommens zu unterbreiten und schlagen Ihnen vor, diesen Beschlüssen und Erlassen zuzustimmen.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

12. September 2001

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Moritz Leuenberger Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2001-1602

4963

Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung

4967

Bericht

4970

1 Allgemeiner Teil 1.1 Einleitung 1.2 Ausgangslage 1.3 Verhandlungsergebnis und Würdigung

4970 4970 4970 4971

2 Besonderer Teil 2.1 Allgemeine Struktur des EFTA-Abkommens 2.2 Vertragsinhalt 2.2.1 Warenverkehr 2.2.1.1 Landwirtschaft 2.2.2 Technische Handelshemmnisse 2.2.2.1 Erweiterung von Anhang H auf Dienste der Informationsgesellschaft 2.2.2.2 Anhang I: Gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen 2.2.2.3 Änderungen des Bundesgesetzes über die technischen Handelshemmnisse (THG) 2.2.3 Staatliche Beihilfen, Öffentliche Unternehmungen und rechtliche Monopole, Wettbewerb 2.2.3.1 Staatliche Beihilfen 2.2.3.2 Öffentliche Unternehmen und rechtliche Monopole 2.2.3.3 Wettbewerb 2.2.4 Geistiges Eigentum 2.2.5 Personenverkehr 2.2.5.1 Personenverkehr im engeren Sinn 2.2.5.1.1 Die einzelnen Aufenthaltskategorien 2.2.5.1.1.1 Daueraufenthalt 2.2.5.1.1.2 Kurzaufenthalt 2.2.5.1.2 Grenzgänger 2.2.5.1.3 Sonderbestimmungen im Verhältnis zu Liechtenstein 2.2.5.2 Soziale Sicherheit 2.2.5.2.1 Die Koordinierungsvorschriften und ihre Auswirkungen auf die schweizerischen Versicherungszweige 2.2.5.2.1.1 Krankenversicherung 2.2.5.2.1.2 Alters- und Hinterlassenenversicherung 2.2.5.2.1.3 Invalidenversicherung 2.2.5.2.1.4 Berufliche Vorsorge 2.2.5.2.1.5 Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten 2.2.5.2.1.6 Familienleistungen 2.2.5.2.1.7 Arbeitslosenversicherung 2.2.5.2.2 Gesetzesänderungen 2.2.5.2.2.1 AHV-Gesetz

4971 4971 4972 4972 4972 4973

4964

4974 4976 4977 4979 4979 4979 4979 4980 4982 4982 4983 4983 4983 4983 4983 4984

4985 4985 4987 4987 4988 4988 4989 4989 4990 4990

2.2.6

2.2.7

2.2.8 2.2.9

2.2.5.2.2.2 Gesetz über die Berufliche Vorsorge 2.2.5.2.2.3 Freizügigkeitsgesetz 2.2.5.2.2.4 Krankenversicherungsgesetz 2.2.5.2.2.5 Arbeitslosenversicherungsgesetz 2.2.5.2.2.6 Kantonales Recht 2.2.5.3 Anerkennung von Diplomen Investitionen, Kapitalverkehr, Dienstleistungen 2.2.6.1 Investitionen und Kapitalverkehr 2.2.6.2 Dienstleistungen Land- und Luftverkehr 2.2.7.1 Landverkehr 2.2.7.1.1 Überführung des «acquis communautaire» 2.2.7.1.2 Vorrang der bestehenden bilateralen Abkommen 2.2.7.1.3 Kontingentsregelungen 2.2.7.2 Luftverkehr Öffentliches Beschaffungswesen Andere geänderte oder neue Bestimmungen des EFTAÜbereinkommens 2.2.9.1 Präambel und Vertragsziele 2.2.9.2 Ausnahmen und Sicherheitsklauseln 2.2.9.3 EFTA-Rat 2.2.9.4 Streitschlichtung 2.2.9.5 Schlussbestimmungen 2.2.9.6 Inkrafttreten

4991 4991 4991 4992 4992 4992 4992 4993 4994 4996 4996 4996 4997 4997 4998 4998 5000 5000 5001 5001 5002 5002 5003

3 Finanzielle und personelle Auswirkungen für den Bund und die Kantone 5003 3.1 Technische Handelshemmnisse 5003 3.2 Soziale Sicherheit 5004 3.3 Landverkehr 5005 4 Legislaturplanung

5005

5 Verhältnis zum Europäischen Recht und WTO-Recht 5.1 Technische Handelshemmnisse 5.2 Öffentliches Beschaffungswesen

5006 5006 5006

6 Verfassungsmässigkeit

5006

7 Gesamtschau der vorgesehenen Gesetzesänderungen 7.1 Genehmigung des Abkommens 7.2 Gesetzesänderungen 7.3 Authentischer Text, Übersetzungen und Veröffentlichung des Abkommens

5007 5007 5007 5008

Bundesbeschluss über die Genehmigung des Abkommens zur Änderung des Übereinkommens vom 4. Januar 1960 zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) (Entwurf) 5010 Bundesgesetz bezüglich der Bestimmungen über die Personalfreizügigkeit im Abkommen vom 21. Juni 2001 zur Änderung des Übereinkommens vom 4. Januar 1960 zur Gründung der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) (Entwurf) 5011 4965

Bundesgesetz über die technischen Handelshemmnisse (Entwurf)

5026

Abkommen zur Änderung des Übereinkommens zur Errichtung der Eurpäischen Freihandelsassoziation

5028

Übereinkommens zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation

5061

4966

Zusammenfassung Das Übereinkommen zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) wurde in Stockholm am 4. Januar 1960 unterzeichnet. Die Beziehungen zwischen den EFTA-Mitgliedstaaten werden seither durch diese Konvention geregelt, deren materieller Anwendungsbereich ursprünglich auf den Warenhandel beschränkt war. Im Jahre 1995 traten drei (Island, Liechtenstein und Norwegen) der verbliebenen vier EFTA-Staaten dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) bei. Die Schweiz hat ihrerseits im Jahre 1999 sieben sektorielle Abkommen mit der Europäischen Union (EU) unterzeichnet.

Bereits während der sektoriellen Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU hat der Bundesrat seiner Bereitschaft Ausdruck verliehen, nach abgeschlossenen Verhandlungen die ausgehandelten Ergebnisse im Sinne der Gleichbehandlung auch den EFTA/EWR-Staaten angedeihen zu lassen. Diese Absicht wurde vom Bundesrat in seiner Botschaft zur Genehmigung der sektoriellen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU bekräftigt. Ein formeller Vorschlag zur Verhandlungsaufnahme ­ unter Beachtung der Grundsätze der Gleichbehandlung und der Gegenseitigkeit ­ wurde den EFTA-Staaten nach Abschluss der sektoriellen Verhandlungen unterbreitet. Dieser Vorschlag betraf von vornherein nur das Verhältnis der Schweiz zu den übrigen EFTA-Staaten, waren doch die Beziehungen zwischen Island, Liechtenstein und Norwegen bereits im EWR-Vertrag geregelt.

Der Vorschlag der Schweiz wurde vom EFTA-Rat in der Folge auf Ministerebene aufgegriffen. Im Juni 1999 wurde entschieden, das EFTA-Übereinkommen zu revidieren, um so die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den EFTA-Staaten intensivieren zu können. Die angestrebte Verbesserung der Kooperation sollte insbesondere dem Stand der Beziehungen zwischen den EFTA-Staaten und der EU entsprechen sowie die Zusammenarbeit der EFTA-Staaten mit gewissen Drittstaaten, welche nicht EU-Mitgliedstaaten sind, berücksichtigen. Schliesslich sollten den Entwicklungen auf der Ebene des multilateralen Handels vor allem im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) Rechnung getragen werden. Die sektoriellen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU bildeten sodann bei der Überarbeitung des EFTA-Übereinkommens den Referenzpunkt.

Die Verhandlungen zwischen den EFTA-Staaten konnten im Wesentlichen am 6. April 2001 abgeschlossen
werden. Zwei Bereiche, der Schutz des Geistigen Eigentums und die Personenfreizügigkeit zwischen der Schweiz und Liechtenstein, bedurften vertiefter Abklärungen, welche jedoch zu Beginn des Monats Juni 2001 zu einem Abschluss gebracht werden konnten. Das Abkommen zur Änderung des Übereinkommens zur Errichtung der EFTA wurde in Vaduz am 21. Juni 2001 anlässlich einer Zusammenkunft des EFTA-Rates auf Ministerebene unterzeichnet.

Das in Vaduz unterzeichnete Abkommen erlaubt, eine komplette Überarbeitung des EFTA-Übereinkommens von 1960 vorzunehmen. Das revidierte EFTA-Übereinkommen hebt die vertraglichen Beziehungen zwischen der Schweiz und den übrigen EFTA-Staaten auf eine mit den durch die sektoriellen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU geschaffenen vertraglichen Beziehungen vergleichbare Ebene ­

4967

mit Ausnahme des Forschungsbereiches. Das neue, überarbeitete EFTA-Übereinkommen stellt nun auch für gewisse Bereiche die bis anhin fehlende Basis für die Aushandlung von Freihandelsbeziehungen zwischen den EFTA-Staaten und Drittstaaten, welche nicht Mitglieder der EU sind, dar. Dies namentlich in den Bereichen Dienstleistungen, Kapitalverkehr und Schutz des Geistigen Eigentums.

Auf die folgenden Punkte sei besonders hingewiesen: ­

die bestehenden Bestimmungen über den Warenhandel, der ursprüngliche Kern des EFTA-Übereinkommens, sind restrukturiert und von obsoleten Bestimmungen befreit worden (z.B. von den Bestimmungen betreffend Übergangsfristen für den Abbau von tarifären Massnahmen);

­

die Bestimmungen über den Handel mit Landwirtschaftserzeugnissen wurden nachgeführt unter Berücksichtigung der Entwicklungen der Beziehungen zwischen den EFTA-Staaten und Drittstaaten, welche nicht EU-Mitgliedstaaten sind, sowie im Rahmen der WTO. Die tarifären Konzessionen bezüglich landwirtschaftliche Grundprodukte wurden in einigen Fällen erweitert (z.B. auf Käse);

­

die gegenseitige Anerkennung der Konformitätsbewertungen wurde neu in das EFTA-Übereinkommen aufgenommen. Die diesbezüglichen Bestimmungen entsprechen denjenigen des Abkommens über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen zwischen der Schweiz und der EU.

Überdies wurde das Meldeverfahren für Entwürfe von geplanten Vorschriften überprüft und auf Vorschriften betreffend Dienstleistungen der Informationsgesellschaft ausgeweitet, um so den jüngsten Entwicklungen innerhalb der EU und des EWR Rechnung tragen zu können;

­

die Personenfreizügigkeit wurde neu auch für den EFTA-Raum eingeführt.

Begleitet wird sie von einer Koordinierung der verschiedenen Systeme der Sozialen Sicherheit und der gegenseitigen Diplomanerkennung. Die Personenfreizügigkeit zwischen den EFTA-Staaten ist der Regelung des betreffenden sektoriellen Abkommens zwischen der Schweiz und der EU nachgebildet. Besondere Bestimmungen gelten in diesem Bereich zwischen der Schweiz und Liechtenstein;

­

die EFTA-Staaten gewähren sich gegenseitigen Zugang zu ihren Märkten, welcher über die WTO-Standards hinausgeht;

­

der Schutz des Geistigen Eigentums wurde neu in das Übereinkommen aufgenommen und durch griffige Bestimmungen geregelt;

­

das EFTA-Übereinkommen enthält nun auch Bestimmungen über den Handel mit Dienstleistungen und Investitionen. Die EFTA-Staaten haben jedoch beschlossen, gewisse Restriktionen in diesen Bereichen beizubehalten. Diese sollen aber nach und nach abgebaut werden. Der Liberalisierungsprozess hängt im Wesentlichen auch vom Abschluss eines bilateralen Abkommens über Dienstleistungen zwischen der Schweiz und der EU ab;

­

das EFTA-Übereinkommen enthält schliesslich Bestimmungen über den Luft- und Landverkehr, welche den diesbezüglichen sektoriellen Abkommen

4968

zwischen der Schweiz und der EU nachgebildet sind. Beim Landverkehr wird ein Quotensystem eingeführt.

Das neue EFTA-Übereinkommen ist ein modernes Werkzeug, welches den aktuellen Bedürfnissen der internationalen Wirtschaftsbeziehungen in angemessener Weise Rechnung trägt. Es weist neu einen dynamischen Charakter auf. Dies bedeutet, dass es regelmässig den neuen Gegebenheiten angepasst werden wird, um so die Entwicklungen der bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU einerseits (Abschluss neuer Verhandlungen oder Anpassung der bestehenden Abkommen, um der Entwicklung des Gemeinschaftsrechts zu entsprechen), und diejenigen innerhalb des EWR andererseits berücksichtigen zu können. Eine erste Serie von Änderungen könnte sich bereits bei einer Nachführung der sektoriellen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU aufdrängen.

4969

Botschaft 1

Allgemeiner Teil

1.1

Einleitung

Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen das Abkommen zur Änderung des Übereinkommens vom 4. Januar 1960 zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) (im Folgenden «das EFTA-Abkommen»), welches von der Schweiz, Liechtenstein, Island und Norwegen am 21. Juni 2001 in Vaduz unterzeichnet worden ist, sowie die zwölf hieraus resultierenden Gesetzesänderungen zur Genehmigung. Die zwölf vorgeschlagenen Gesetzesänderungen werden Ihnen in der Form zweier Rechtsakte vorgelegt, um so dem Grundsatz der Einheit der Materie entsprechen zu können.

1.2

Ausgangslage

Der Bundesrat hat bereits während der Verhandlungen zu den sieben sektoriellen Abkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union1 seine Bereitschaft bekräftigt, die in den genannten Abkommen verankerten Erleichterungen im Sinne der Gleichbehandlung auch den EFTA-Staaten zu gewähren2. Diese Absicht hat der Bundesrat in seiner Botschaft zur Genehmigung der sektoriellen Abkommen bekräftigt3.

Anlässlich der Zusammenkunft des EFTA-Ministerrates vom 1. Juni 1999 beschlossen die EFTA-Mitgliedstaaten, das Übereinkommen vom 4. Januar 1960 zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) (im Folgenden «das EFTA-Übereinkommen») anzupassen. Hierbei ging es insbesondere um die Frage, welche Aspekte der sektoriellen Abkommen auf der Basis der Gegenseitigkeit und der Gleichbehandlung in das Verhältnis zwischen der Schweiz und den übrigen EFTA-Staaten übernommen werden konnten. Die EFTA-Staaten entschieden sich darüber hinaus für eine Modernisierung und Vervollständigung der Bestimmungen des EFTA-Übereinkommens, um so den aktuellen Bedürfnissen der internationalen Wirtschaftsbeziehungen gerecht werden zu können.

Die in der Folge unternommenen Arbeiten wurden von den EFTA-Staaten anlässlich der Zusammenkunft des EFTA-Ministerrates vom 12./13. Dezember 2000 genehmigt. Weiter wurde beschlossen, in formelle Verhandlungen zu treten sowie gleichzeitig das Ziel vereinbart, diese Verhandlungen innert einer Frist abzuschliessen, welche es erlauben würde, das angepasste EFTA-Übereinkommen möglichst gleichzeitig mit den sektoriellen Abkommen in Kraft treten zu lassen.

1

2 3

Im Rahmen der vorliegenden Botschaft wird der Ausdruck «Europäische Union (EU)» im natürlichen und nicht im juristischen Sprachgebrauch verwendet (vgl. hierzu den Integrationsbericht 1999 vom 9. Februar 1999, Ziff. 211, BBl 1999 3600).

Antwort auf die Motion Vollmer vom 20. Juni 1997, 97.3363.

Botschaft zur Genehmigung der sektoriellen Abkommen zwischen der Schweiz und der EG vom 23. Juni 1999, BBl 1999 6128.

4970

Die Verhandlungen konnten für die meisten Sachbereiche am 2.­6. April 2001 in Genf abgeschlossen werden. Lediglich zwei Sachbereiche bedurften vertiefter Diskussionen: der Schutz des Geistigen Eigentums und die Personenfreizügigkeit zwischen der Schweiz und Liechtenstein. Die Verhandlungen in diesen beiden Sachbereichen wurden Anfang Juni 2001 abgeschlossen, was eine Unterzeichnung des EFTA-Abkommens anlässlich des EFTA-Ministerrates vom 21. Juni 2001 ermöglichte.

Die Kantone wurden zur Verhandlungsvorbereitung beigezogen. Sie wurden namentlich zum Mandatsentwurf konsultiert und haben keine Vorbehalte geäussert.

1.3

Verhandlungsergebnis und Würdigung

Das EFTA-Abkommen stellt die vertraglichen Beziehungen zwischen der Schweiz und den übrigen EFTA-Staaten auf ein mit den zwischen der Schweiz und der EU abgeschlossenen sektoriellen Abkommen vergleichbares Niveau (mit Ausnahme des Abkommens über die wissenschaftliche und technische Zusammenarbeit). Zudem gelang es, das EFTA-Übereinkommen zu modernisieren und durch die Hinzufügung von Bestimmungen in den Bereichen Dienstleistungen, Kapitalverkehr und Schutz des Geistigen Eigentums zu vervollständigen.

Aus Schweizer Sicht ist das Verhandlungsergebnis als sehr befriedigend zu bezeichnen. Das EFTA-Übereinkommen wird nun als vertragliche Basis dienen können, welche bis heute in den Freihandelsverhandlungen zwischen den EFTA-Staaten und Drittstaaten teilweise gefehlt hat, insbesondere in den Bereichen Dienstleistungen, Kapitalverkehr und Schutz des Geistigen Eigentums.

2

Besonderer Teil

2.1

Allgemeine Struktur des EFTA-Abkommens

Die EFTA-Staaten haben beschlossen, das Übereinkommen vom 4. Januar 1960 zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation vollständig zu revidieren, wollten aber kein gänzlich neues Übereinkommen aushandeln, welches den Gründungstext der EFTA ersetzt hätte. Das EFTA-Abkommen vom 21. Juni 2001 enthält lediglich drei Artikel und 20 Anhänge, welche von I bis XX nummeriert sind. Anhang XX beispielsweise ist ebenso umfassend wie der Rest des Abkommens und beinhaltet eine konsolidierte Fassung des revidierten EFTA-Übereinkommens, berücksichtigt also die 86 substanziellen Änderungen, welche mit dem EFTA-Abkommen ausgehandelt worden sind.

Die 44 Artikel und 7 Anhänge des bestehenden EFTA-Übereinkommens wurden auf folgende Weise geändert: 16 Artikel und 4 Anhänge wurden aufgehoben, 24 Artikel und 2 Anhänge wurden geändert, 32 Artikel und 18 Anhänge wurden neu in den bestehenden Text eingefügt. All diese Änderungen sind im ersten Artikel des EFTAAbkommens enthalten. In dieser Form sind sie jedoch für den gewöhnlichen Leser kaum verständlich. Um den Bürgerinnen und Bürgern sowie den wirtschaftlichen Akteuren eine kohärente Lektüre zu ermöglichen, wurde beschlossen, in den bestehenden Text des EFTA-Übereinkommens alle vereinbarten Änderungen einzufügen 4971

und die Artikel und Anhänge in fortlaufender Reihenfolge zu nummerieren. Die solchermassen konsolidierte Fassung des EFTA-Übereinkommens (vorgesehen in Art. 2 des EFTA-Abkommens) besitzt in gleicher Weise wie das EFTA-Abkommen Authentizität. In der vorliegenden Botschaft beziehen sich alle Verweise (ausser es sei explizit anders angegeben) auf die konsolidierte Fassung des EFTA-Übereinkommens.

2.2

Vertragsinhalt

2.2.1

Warenverkehr

Die Bestimmungen über den Warenverkehr sind durchwegs aktualisiert und den durch die Entwicklung der letzten Jahren notwendig gewordenen formellen Änderungen angepasst worden: So wurden die ehemaligen Artikel 3, 4, 5, 7 und 8 (welche die Einfuhrzölle, die Zollbehandlung der Zone, die Handelsverzerrungen, die Zollrückvergütung und das Verbot von Ausfuhrzöllen regeln) um die nicht mehr relevanten Teile gekürzt und der verbleibende Inhalt in einer Norm zusammengefasst (Art. 3: Ein- und Ausfuhrzölle und Abgaben gleicher Wirkung). Der ehemalige Artikel 6 über Fiskalzölle und interne Steuern wurde vereinfacht (Art. 4: Interne Steuern).

Die zuvor im ehemaligen Artikel 4 (Zollbehandlung der Zone) erwähnten Ursprungsregeln haben neu in Artikel 5 (Ursprungsregeln) eine eigene Bestimmung erhalten. Die Ursprungsregeln selbst haben materiell keine Änderungen erfahren und wurden von Anhang B in den Anhang A versetzt.

Unverändert blieben der ehemalige Artikel 9 über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Zollverwaltung, welcher die Grundlage für die Amtshilfe bildet (Art. 6: Gegenseitige Amtshilfe im Zollbereich). Dies gilt auch für die ehemaligen Artikel 10 und 11 über die mengenmässigen Ein- und Ausfuhrbeschränkungen, welche in einer einzigen Bestimmung zusammengefasst wurden (Art. 7: Mengenmässige Ein- und Ausfuhrbeschränkungen und Massnahmen gleicher Wirkung), und für den ehemaligen Artikel 12 über die entsprechenden Ausnahmen hiervon, welche beispielsweise durch Gründe der öffentlichen Ordnung gerechtfertigt werden können (Art. 13: Ausnahmen).

Alle allgemeinen Artikel, welche für den Warenverkehr trotzdem relevant sind, wurden vereinfacht und in formeller Hinsicht den Entwicklungen der letzten Jahre angepasst. Es handelt sich hier um den ehemaligen Artikel 17 über das Dumping (Art. 36, Kapitel XI: Dumping), den ehemaligen Artikel 18 über Ausnahmen aus Gründen der Sicherheit (Art. 39) sowie den alten Artikel 20 über Schwierigkeiten in bestimmten Wirtschaftszweigen (Art. 40 und 41: Schutzmassnahmen).

2.2.1.1

Landwirtschaft

Im Bereich der Landwirtschaft konnte wegen des starken agrarpolitisch motivierten Widerstandes von Norwegen keine echte Liberalisierung, wie sie die Schweiz mit der EU vereinbart hat, erzielt werden. Im tarifären Bereich für Käse gelang es jedoch, eine beachtliche Ausdehnung des norwegischen Zollfreikontingents für Käse 4972

von 14 auf 60 Tonnen pro Jahr zu erzielen. Umgekehrt wird auch Norwegen und Island fortan ein zollfreies Käsekontingent von 60 Tonnen eingeräumt.

Die vormals in den Artikeln 21­26 verankerten Grundsätze für die Behandlung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen haben, was die Produkte der Verarbeitungsindustrie anbelangt, materiell keine Änderungen erfahren. Es wird auch weiterhin möglich sein, Einfuhrzölle für den Preisausgleich zu erheben und inländische Preisausgleichs- und Ausfuhrmassnahmen anzuwenden. Ebenfalls beibehalten wurde die Gleichbehandlung unter den EFTA- und EU-Staaten sowie anderen Freihandelspartnern (Art. 9 Teile I und II ­ Produkte von Anhang C: verarbeitete Landwirtschaftsprodukte). Der ehemalige Anhang D wurde zum Anhang C; sein Deckungsbereich blieb unverändert.

Neu werden die ehemals unilateral gewährten, durch EFTA-Ratsbeschluss in der Folge jedoch «multilateralisierten» Zollkonzessionen für Basis-Agrarprodukte im Übereinkommen verankert (Art. 8: Landwirtschaftliche Erzeugnisse). Die angestrebte Liberalisierung im Handel zwischen den EFTA-Staaten ist jedoch, wie oben erwähnt, bescheiden ausgefallen und erreicht zur Zeit weder den im bilateralen Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und der EG festgelegten, noch den in den meisten EFTA-Drittlandabkommen üblichen Grad. Die Grundlage für eine weitergehende Liberalisierung wurde mit der Einführung einer Entwicklungsklausel (Art. 9, Teile I und II ­ Produkte des Anhangs C, verarbeitete Landwirtschaftsprodukte) gelegt.

Zur Festigung der positiven Wirkungen der tarifären Konzessionen haben die EFTA-Staaten im Bereich der technischen Handelshemmnisse im Übereinkommen ­ in Anlehnung an das sektorielle Abkommen Schweiz­EU über die Landwirtschaft ­ die Gleichwertigkeit der Vorschriften für Saatgut und biologisch angebaute Produkte vereinbart. (Art. 11: Saatgut und biologische Landwirtschaft). Die spezifischen Regeln hierzu befinden sich in den zwei Anhängen E (für das Saatgut) und K (für die biologische Landwirtschaft).

Schliesslich ist in das Übereinkommen neu ein Verweis auf das Veterinär- und Pflanzenschutzabkommen der WTO zu finden (Art. 12: Veterinär- und Pflanzenschutzmassnahmen).

2.2.2

Technische Handelshemmnisse

Der Titel «Kapitel III: Technische Handelshemmnisse», welcher die beiden relevanten Artikel 14 (Notifikation der Entwürfe von technischen Vorschriften) sowie 15 (Gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen) enthält, wurde neu in das Übereinkommen eingefügt. Weitere zu diesem Bereich gehörende Bestimmungen sind in den Anhängen H (für die Notifikation) und I (für die gegenseitige Anerkennung) zu finden. Der bisherige Artikel 12bis «Notifikation der Entwürfe von technischen Vorschriften» hat zwei redaktionelle Änderungen erfahren. Erstens wurde in Absatz 1 der Hinweis auf Zertifizierungssysteme gestrichen, da Vorschriften hinsichtlich Zertifizierungsverfahren nach heutigem Verständnis als technische Vorschriften gelten, und zweitens entfällt der bisherige Absatz 3, weil in Artikel 53 eine generelle Regelung bezüglich der Änderung von Anhängen zum Übereinkommen getroffen wurde. Zudem gilt das Notifikationsverfahren künftig auch für Dienste der

4973

Informationsgesellschaft. Der Teil «Gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen» wurde neu in das Übereinkommen eingefügt und entspricht inhaltlich den Bestimmungen, wie sie im Rahmen der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EG über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen vereinbart wurden.

2.2.2.1

Erweiterung von Anhang H auf Dienste der Informationsgesellschaft

Das bisherige Notifikationsverfahren für Entwürfe von technischen Vorschriften wurde von den eidgenössischen Räten mit Bundesbeschluss vom 22. Juni 19884 genehmigt. Das Ziel solcher neben der EFTA auch im Rahmen der WTO und der EG bestehender Notifikationsverfahren ist es, bei der Erarbeitung von technischen Vorschriften über die Landesgrenzen hinweg für Transparenz zu sorgen, um allfällige Handelshemmnisse auf Grund divergierender nationaler Vorschriften wenn immer möglich bereits im Entwurfsstadium zu erkennen und durch geeignete Massnahmen zu vermeiden.

Mit Beschluss vom 14. März 19905 haben die eidgenössischen Räte zudem das Übereinkommen vom 19. Dezember 19896 zwischen den EFTA-Staaten und der EWG zur Schaffung eines Informationsaustauschverfahrens auf dem Gebiet der technischen Vorschriften genehmigt. Dieses sieht vor, die im Rahmen des EFTAbzw. des EU-Verfahrens gemeldeten Entwürfe von technischen Vorschriften gegenseitig auszutauschen. Dieses Abkommen, das auch eine Ausweitung des Anhangs H auf technische Vorschriften der Kantone zur Folge hatte, wurde zunächst für einen Versuchszeitraum von zwei Jahren abgeschlossen. Seit dem Inkrafttreten des EWRVertrags gilt für die anderen EFTA-Staaten jedoch das gemäss diesem Vertrag adaptierte Verfahren der EG-Richtlinie 83/189. Auf informeller Basis wurden aber die von der Schweiz im Rahmen von Anhang H bzw. von den EU-Mitgliedstaaten im Rahmen des EU-Verfahrens gemeldeten Entwürfe auch weiterhin gegenseitig ausgetauscht.

Im Jahre 1998 hat die EU ihr Notifikationsverfahren konsolidiert7 und anschliessend auf Dienste der Informationsgesellschaft8 ausgeweitet. Damit soll der Entstehung neuer Hindernisse im grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr vorgebeugt werden. Diese Erweiterung wurde inzwischen auch in den EWR-Vertrag übernommen9. Da das EFTA-Übereinkommen neu auch Bestimmungen über Dienstleistungen enthält, wurde beschlossen, gleichzeitig auch das Notifikationsverfahren gemäss Anhang H auf Dienste der Informationsgesellschaft auszuweiten, damit der Umfang der Notifikationspflicht bezüglich der Vorschriften im Rahmen des EFTA-Verfahrens wieder mit demjenigen des EG- bzw. des EWR-Verfahrens übereinstimmt.

4 5 6 7 8 9

AS 1988 2244 AS 1990 1799 SR 0.632.403.1 Richtlinie 98/34/EG; Abl. Nr. L 204, vom 21.7.1998, S. 37 Richtlinie 98/48/EG; Abl. Nr. L 217, vom 5.8.1998, S. 18 Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 16/2001 vom 28. 2. 2001; EG-Abl.

Nr. L 117, vom 26. 4. 2001, S. 16

4974

Ziel und Inhalt der oben erwähnten Notifikationsverfahren gemäss Anhang H des EFTA-Übereinkommens bzw. des Übereinkommens der EFTA-Staaten mit der EWG sind in zwei Botschaften10 zuhanden der Eidgenössischen Räte dargestellt. Da diese Verfahren seither nur unwesentliche Veränderungen erfahren haben, beschränken wir uns nachfolgend auf die Erläuterung der geplanten Änderungen von Anhang H auf Dienste der Informationsgesellschaft.

Unter «Dienst» im Sinne von Artikel 1 Absatz 2 (neu) ist eine in der Regel gegen Entgelt auf individuellen Abruf eines Empfängers elektronisch im Fernabsatz erbrachte Dienstleistung zu verstehen. Analog zur EG-Richtlinie 98/48 fallen indessen Hörfunk- und Fernsehdienste nicht unter diesen Begriff.

Unter einer «Vorschrift betreffend Dienste» im Sinne von Artikel 1 Absatz 5 (neu) ist eine allgemeine Vorschrift über den Zugang zu den Aktivitäten der unter Absatz 2 genannten Dienste und über deren Betreiben zu verstehen.

Dazu gehören insbesondere Vorschriften über die Dienste selbst sowie über deren Erbringer und Empfänger. Analog zur EG fallen jedoch Vorschriften über Telekommunikationsdienste und Vorschriften über Finanzdienstleistungen wie Wertpapierdienstleistungen, Versicherungs- und Rückversicherungsgeschäfte, Bankdienstleistungen, Tätigkeiten in Zusammenhang mit Pensionsfonds und Dienstleistungen im Zusammenhang mit Termin- oder Optionsgeschäften nicht unter die Notifikationspflicht. Sie gilt ferner nicht für die Abwicklung von Zahlungen zwischen Kreditinstituten.

Falls ein Mitgliedstaat während der dreimonatigen Konsultationsfrist eine «ausführliche Stellungnahme» im Sinne von Artikel 3 Absatz 2 abgibt, wonach die geplante Massnahme den freien Dienstleistungsverkehr allenfalls behindern könnte, verlängert sich die ursprüngliche Stillhaltefrist von drei Monaten für die Verabschiedung der notifizierten Vorschriften betreffend Dienste auf maximal vier Monate. Im Falle einer solchen ausführlichen Stellungnahme betreffend den Warenverkehr verlängert sich die maximale Stillhaltefrist dagegen wie bisher um weitere drei auf maximal sechs Monate. In Artikel 3 Absatz 3 wird überdies festgehalten, dass eine ausführliche Stellungnahme nicht die kulturpolitischen Massnahmen, insbesondere im Bereich der audiovisuellen Medien, betreffen darf, welche von EFTA-Mitgliedstaaten im
Einklang mit ihren internationalen Verpflichtungen und unter Berücksichtigung ihrer sprachlichen Vielfalt, der nationalen und regionalen Besonderheiten sowie ihres Kulturerbes getroffen werden. Abschliessend ist in diesem Zusammenhang in Erinnerung zu rufen, dass entsprechend der konsultativen Natur des Mitteilungsverfahrens auch weiterhin keine staatsvertragliche Verpflichtung besteht, die von den anderen Mitgliedstaaten eingereichten Kommentare zu übernehmen Da der Bereich der Dienste der Informationsgesellschaft sich in einer sehr dynamischen Entwicklung befindet, sind die Formen und Arten der neuen Dienste heute nicht abschliessend bekannt. Die Einführung einer Notifikationspflicht stellt unter diesen Umständen ein aus wirtschaftspolitischer Sicht geeignetes Mittel dar, um der Entstehung neuer Hindernisse im grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr vorzubeugen. Trotz der Dynamik im vorliegenden Bereich ist nicht mit einer wesentli10

BBl 1988 II 373 bzw. BBl 1990 I 479

4975

chen Zunahme der Notifikationen zu rechnen, da mit einer fortschreitenden Harmonisierung der materiellen Vorschriften in der EU bzw. im EWR die Notifikationspflicht der Mitgliedstaaten für die harmonisierten Bereiche wiederum entfallen wird.

2.2.2.2

Anhang I: Gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen

Inhaltlich entspricht dieser Anhang dem zwischen der Schweiz und der EG im Rahmen der bilateralen Verträge abgeschlossenen Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (MRA). Es sei daher auf die entsprechenden Ausführungen in den Ziffern 143 und 23 der Botschaft zur Genehmigung der sektoriellen Abkommen11 verwiesen. Nachfolgend sollen einzig diejenigen Punkte, die vom Abkommen zwischen der Schweiz und der EU abweichen, erläutert werden.

Es handelt sich dabei einerseits um Anpassungen, welche sich daraus ergaben, dass das MRA nicht als selbstständiges Abkommen, sondern als Anhang zu einem Abkommen konzipiert ist, sowie andererseits um zwei geringfügige materielle Änderungen.

Bezüglich der formellen Anpassungen ist festzuhalten, dass der Anhang keine Präambel enthält. Artikel 13 «Vertraulichkeit» des Abkommens mit der EU fand als Artikel 52 Eingang in das EFTA-Übereinkommen. Artikel 17 «Räumlicher Geltungsbereich» wurde in den neuen Artikel 58 des Übereinkommens integriert. Die Artikel 16 «Anhänge», Artikel 18 «Revision» und Artikel 21 «Inkrafttreten und Geltungsdauer» schliesslich werden inhaltlich durch die Schlussbestimmungen des EFTA-Übereinkommens abgedeckt.

Als materielle Änderung bestimmt der neue Artikel 10 Absatz 6, dass der gemäss Artikel 43 des EFTA-Übereinkommens eingesetzte Ausschuss, welcher u.a. auch für die Änderung der beiden Anlagen des Anhangs I zuständig ist, den EFTA-Rat über seine Entscheidungen informiert. Darüber hinaus sieht Artikel 14 letzter Satz vor, dass der genannte Ausschuss Artikel 4 «Ursprung» des Anhangs I ändern kann. Dies soll eine Anerkennung von Konformitätsbewertungen für Ursprungsprodukte aus weiteren Staaten ermöglichen: dies jedoch erst, wenn eine solche Erweiterung im Rahmen des Abkommens zwischen der Schweiz und der EU vereinbart worden ist.

Die zwei Anlagen zu Anhang I ­ sie enthalten die fünfzehn Produktekapitel sowie die allgemeinen Grundsätze für die Benennung von Konformitätsbewertungsstellen ­ stimmen mit den beiden Anhängen des Abkommens mit der EU überein. Diesbezüglich gilt es zu beachten, dass die in Abschnitt I der jeweiligen Produktkapitel aufgeführten Rechtsakte dem Stand von Anfang 1999 entsprechen und eine Anpassung an den neusten Stand erst nach Inkrafttreten des neuen Übereinkommens erfolgen wird.

Zum Anhang
I wurden ferner drei gemeinsame Erklärungen verabschiedet. Die erste betreffend die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen wurde auf Bestreben von Norwegen aufgenommen. Die Mitgliedstaaten bestätigen darin, dass der Einbezug von Bestimmungen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen in das EFTA-Übereinkommen kein Hindernis für eine gute Zu11

BBl 1999 VII 6148 ff. bzw. BBl 1999 VII 6212 ff.

4976

sammenarbeit auf diesem Gebiet namentlich mit der EU darstellen darf. Norwegen wollte dadurch insbesondere die Unabhängigkeit der Arbeiten im Rahmen des EWR von jenen im Rahmen des EFTA-Übereinkommens sicherstellen. In der zweiten gemeinsamen Erklärung bekräftigen die Parteien ihren Willen, das Abkommen über die gegenseitige Anerkennung parallel zum MRA zwischen der Schweiz und der EU anzuwenden und anzupassen. Die dritte Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung der Guten Klinischen Praxis (GCP) und der GCP-Inspektionen stimmt inhaltlich mit jener im Abkommen mit der EU überein.

Der Anhang I des EFTA-Übereinkommens stellt eine politisch zwar willkommene, wirtschaftlich aber unbedeutende Erweiterung des MRA mit der EU auf unsere EFTA/EWR-Partner-Staaten dar. Er ersetzt zudem das am 15. Juni 1988 unterzeichnete Übereinkommen zwischen den EFTA-Staaten über die gegenseitige Anerkennung von Prüfergebnissen und Konformitätsbewertungen.12 Dieses Übereinkommen soll daher gekündigt werden, sobald das MRA mit der EU und der Anhang in Kraft getreten sind.

2.2.2.3

Änderungen des Bundesgesetzes über die technischen Handelshemmnisse (THG)

Da das THG13 u.a. die Gesetzesgrundlage für den Vollzug der im Rahmen von internationalen Abkommen vereinbarten Verfahren betreffend die Information und Konsultation über den geplanten Erlass von Vorschriften darstellt, soll die Erweiterung des Notifikationsverfahrens für Entwürfe von technischen Vorschriften gemäss Anhang H14 des EFTA-Übereinkommens auf Vorschriften betreffend Dienste der Informationsgesellschaft auch in dieses Gesetz übernommen werden. Dazu ist eine entsprechende punktuelle Erweiterung des Geltungsbereichs der Artikel 6, 14 und 15 des THG erforderlich. Nachfolgend wird auf die vorgeschlagenen Änderungen im Einzelnen eingegangen: Präambel Aus Anlass der vorliegenden Revision soll die Präambel an das neue EFTA-Übereinkommen sowie an die neue Bundesverfassung angepasst werden. Das Übereinkommen vom 15. Juni 198815 zwischen den EFTA-Staaten über die gegenseitige Anerkennung von Prüfergebnissen und Konformitätsnachweisen (Tampere-Konvention) ist nicht mehr erwähnt. Diese Konvention wird durch den Anhang I des revidierten EFTA-Übereinkommens ersetzt und soll nach Inkrafttreten dieses Anhanges gekündigt werden. Ausserdem werden die neuen Artikel der Bundesverfassung in den Fussnoten zitiert.

Art. 6 Die Änderung von Artikel 6 umfasst die Einführung des Begriffes «Vorschriften betreffend Dienstleistungen» in Buchstabe a. Aus redaktionellen Gründen wurde 12 13 14 15

SR 0.041.293 SR 946.51 SR 0.632.31 SR 0.941.293

4977

Buchstabe b ebenfalls modifiziert. Ziel ist es, eine materielle Übereinstimmung zwischen den staatsvertraglichen Verpflichtungen und dem innerstaatlichen Recht herbeizuführen. Der in Artikel 6 und in den Artikeln 14 und 15 verwendete Begriff «Vorschriften betreffend Dienstleistungen» geht bewusst über die gemäss dem erweiterten Anhang H des neuen EFTA-Übereinkommens zu notifizierenden «Vorschriften betreffend Dienste der Informationsgesellschaft» hinaus. Dadurch soll vermieden werden, dass bei einer späteren Erweiterung von Anhang H auf andere Dienstleistungen eine erneute Revision des THG erforderlich sein wird. Der genaue Umfang der Notifikationspflicht wird indessen ohnehin nicht durch Artikel 6 THG, sondern erst durch die auf das THG abgestützte Notifikations-Verordnung16 bestimmt, die vom Bundesrat jeweils an den neusten Stand der für die Notifikation massgebenden internationalen Abkommen angepasst wird.

Art. 14 Artikel 14 erfährt zwei zu Artikel 6 analoge materielle Änderungen. Durch den neuen Absatz 2 wird die gemäss Absatz 1 Buchstabe f bestehende Kompetenz des Bundesrates zum Abschluss internationaler Abkommen über Information und Konsultation bezüglich Vorbereitung, Erlass, Änderung und Anwendung von technischen Vorschriften oder Normen auch auf den Abschluss von Staatsverträgen erweitert, welche die Notifikation von Vorschriften und Normen betreffend Dienstleistungen beinhalten. Da die Abschlusskompetenz des Bundesrates analog zur bisherigen Regelung auch weiterhin für Vorschriften der Kantone gelten soll, wird in Absatz 3 sinngemäss die bisherige Lösung von Absatz 2 übernommen. Damit wird u.a. gewährleistet, dass spätere gemäss Artikel 53 des Übereinkommens vom EFTA-Rat zu beschliessende Änderungen von Anhang H vom Bundesrat in eigener Kompetenz genehmigt werden können.

Wie im ersten Abschnitt der Ziffer 237.2 der Botschaft vom 15. Februar 199517 zum Bundesgesetz über die technischen Handelshemmnisse festgehalten worden ist, handelt es sich bei der Auflistung der bundesrätlichen Vertragsschlusskompetenzen ausdrücklich nicht um eine abschliessende Aufzählung. Es ist ­ nach dem zweiten Abschnitt der Ziffer 237.1 der erwähnten Botschaft ­ Sinn und Zweck von Artikel 14, dem Bundesrat auch hinsichtlich des Informationsverfahrens (Art. 6) eine selbstständige Staatsvertragskompetenz
einzuräumen. Gestützt auf Artikel 47bisb Absatz 3 Buchstabe c des Bundesgesetzes vom 23. März 1962 über den Geschäftsverkehr der Bundesversammlung sowie über die Form, die Bekanntmachung und das Inkrafttreten ihrer Erlasse (Geschäftsverkehrsgesetz, GVG)18 in Verbindung mit dem erweiterten Artikel 6 und Artikel 14 Absatz 1 würde der Bundesrat zwar bereits über die Vertragsschlusskompetenz hinsichtlich Vorschriften und Normen betreffend Dienstleistungen verfügen. Die Ausweitung der Staatsvertragskompetenz auf Vorschriften der Kantone gemäss Absatz 3 bedarf dagegen einer ausdrücklichen Regelung, da diesbezüglich Artikel 47bisb Absatz 3 Buchstabe c GVG nicht zur Begründung einer Vertragsschlusskompetenz herangezogen werden kann.

16 17 18

SR 946.511 BBl 1995 II 521 SR 171.11

4978

Art. 15 Gestützt auf Artikel 15 Absatz 2 wurde die Schweizerische Normen-Vereinigung beauftragt, die der Schweiz zugestellten ausländischen Notifikationen der Schweizer Wirtschaft zugänglich zu machen. Um eine Aufgabendelegation gemäss dem erweiterten Anhang H des EFTA-Übereinkommens zu ermöglichen, muss daher auch diese Bestimmung auf Vorschriften und Normen betreffend Dienstleistungen erweitert werden.

2.2.3

Staatliche Beihilfen, Öffentliche Unternehmungen und rechtliche Monopole, Wettbewerb

2.2.3.1

Staatliche Beihilfen

Staatliche Beihilfen können zu Marktverzerrungen führen und dadurch mittelbar den Handel beeinträchtigen. Aus diesem Grund erklärt das EFTA-Übereinkommen gewisse handelsbeschränkende Beihilfen für unzulässig (Art. 16). Mit dem vorliegenden Revisionsvertrag wird diese Vorschrift den seit Abschluss der Uruguay-Runde geltenden Bestimmungen in der WTO angepasst. Gleichzeitig verzichten die EFTAMitgliedstaaten im Verhältnis untereinander auf die Erhebung von Ausgleichszöllen (Art. 36, Kapitel XI: Dumping). Angestrebt wird ferner eine Ausdehnung der Beihilferegeln des Abkommens vom Waren- auf den Dienstleistungssektor.

2.2.3.2

Öffentliche Unternehmen und rechtliche Monopole

Artikel 17 des EFTA-Übereinkommens unterstellt öffentliche sowie mit besonderen Rechten ausgestattete Unternehmen dem Verbot diskriminierender und protektionistischer Massnahmen. Diesbezüglich werden die genannten Unternehmen also gleich behandelt wie die an diesen Unternehmen beteiligten oder die fraglichen Rechte verleihenden Mitgliedstaaten der EFTA. Gleichzeitig werden die Wettbewerbsregeln des Abkommens auch in Bezug auf öffentliche oder mit besonderen Rechten ausgestattete Unternehmen für anwendbar erklärt. Die geltenden Bestimmungen werden nur in Einzelheiten dem erweiterten Geltungsbereich des Übereinkommens angepasst.

2.2.3.3

Wettbewerb

Die Liberalisierung des grenzüberschreitenden Verkehrs von Waren, Dienstleistungen sowie von Auslandinvestitionen kann durch wettbewerbsbeschränkende Praktiken von Unternehmen beeinträchtigt werden. Aus diesem Grund enthalten Freihandelsverträge meist handelsspezifische Vorschriften zum Schutz des Wettbewerbs. Im geltenden EFTA-Übereinkommen ist eine entsprechende Bestimmung in Artikel 15 enthalten. Die Vertragsstaaten sorgen namentlich dafür, dass die Liberalisierungsziele des Abkommens nicht durch wettbewerbsbeschränkende Abreden und missbräuchliche Verhaltensweisen von Unternehmen vereitelt werden. Die Schweiz

4979

kennt seit Jahren entsprechende Vorschriften19. Die mit dem revidierten EFTAÜbereinkommen verbundenen Neuerungen sind dabei vorwiegend verfahrensrechtlicher Natur (Art. 18: Wettbewerb).

Unmittelbar anwendbares Recht für Unternehmen wird durch Artikel 15 nicht geschaffen, wie in einer gemeinsamen Erklärung der Mitgliedstaaten ausdrücklich festgehalten wird. Das Verfahren ist also rein zwischenstaatlicher Natur. Die Bestimmungen des Abkommens zur Streitschlichtung sind allerdings unmittelbar anwendbar. Auf Grund der beschränkten Justiziabilität der in Artikel 15 enthaltenen Vorschriften kann ein allfälliges Schiedsgericht jedoch nur in sehr allgemeiner Weise prüfen, ob ein Mitgliedstaat die erforderlichen Massnahmen gegen wettbewerbswidrige Praktiken mit handelsbeschränkender Wirkung getroffen hat.

2.2.4

Geistiges Eigentum

Die Bestimmungen über den Schutz des Geistigen Eigentums im Abkommen unterteilen sich in eine Grundsatznorm im Hauptteil des Abkommens (Art. 19 Kapitel VII) und einen Anhang (J), welcher spezifische, materielle Verpflichtungen enthält.

Artikel 19 statuiert im ersten Abschnitt die Verpflichtung, einen effektiven Immaterialgüterrechtsschutz in Übereinstimmung mit den spezifischen Vorschriften des Abkommens zu gewährleisten. Insbesondere sind adäquate Massnahmen gegen Fälschung und Piraterie sowie allgemein zur Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte vorzusehen. Im Weiteren verlangt dieser Artikel von den Mitgliedstaaten die Beachtung der Prinzipien der Inländerbehandlung und der Meistbegünstigung gemäss den relevanten Bestimmungen des WTO/TRIPS-Abkommens (Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte an Geistigem Eigentum)20. In einem letzten Abschnitt wird vorgesehen, dass die Mitgliedstaaten, auf Antrag eines Mitgliedstaates, die Bestimmungen über den Schutz des Geistigen Eigentums überprüfen mit dem Ziel, das Schutzniveau zu verbessern und Handelsverzerrungen, welche durch den gegenwärtigen Umfang des Schutzes des Geistigen Eigentums verursacht werden, zu vermeiden oder zu beseitigen.

Im Anhang 3 wird im ersten Artikel zunächst der Begriff «Geistiges Eigentum» definiert und die gemäss Übereinkommen darunter fallenden Immaterialgüterrechtsbereiche festgelegt.

In einer zweiten Bestimmung bestätigen die Mitgliedstaaten ihre Verpflichtungen unter denjenigen internationalen Abkommen, die heute als Grundpfeiler des internationalen Immaterialgüterrechtsschutzes gelten (WTO/TRIPS-Abkommen, Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums21; Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst22; Rom-Abkommen über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen23).

19 20 21 22 23

Kartellgesetz vom 6. Oktober 1995, SR 251 SR 0.632.20, Anhang 1C SR 0.232.04 SR 0.231.15 SR 0.231.171

4980

Zudem verpflichten sich die Mitgliedstaaten, vor dem 1. Januar 2005 der Genfer Akte (1999) des Haager Abkommens über die internationale Hinterlegung gewerblicher Muster und Modelle, dem WIPO Copyright Treaty (Genf 1996) sowie dem WIPO Performance and Phonograms Treaty (Genf 1996) beizutreten. Die Schweiz hat diese drei internationale Abkommen bereits unterzeichnet und sollte ihnen vor dem gesetzten Fristablauf beitreten. Sodann erklären sich die Mitgliedstaaten auf Ersuchen eines jeden Mitgliedstaates zu Konsultationen auf Expertenebene über ihre internationalen Aktivitäten, Beziehungen und Entwicklungen im Bereich «Schutz des Geistigen Eigentums» bereit.

Im Anhang werden spezifische, materielle Schutzstandards bezüglich der einzelnen Immaterialgüterrechtsbereiche festgelegt, die über das multilaterale Schutzniveau des WTO/TRIPS-Abkommens hinausgehen: Im Bereich Patentschutz wird für Liechtenstein und die Schweiz auf das Schutzniveau des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ24) gemäss Umsetzung in der nationalen Gesetzgebung verwiesen. Für Island und Norwegen wird diesbezüglich auf das Schutzniveau gemäss dem Abkommen vom 2. Mai 1992 über den Europäischen Wirtschaftsraum und seiner Umsetzung im nationalen Recht verwiesen. Damit sind gegenüber dem WTO/ TRIPS-Abkommen die Ausschlussmöglichkeiten von der Patentierbarkeit in Bezug auf Erfindungen aus dem Bereich Biotechnologie enger gefasst. Darüber hinaus verpflichten sich die Mitgliedstaaten, unter Beachtung bestimmter Bedingungen, ergänzende Schutzzertifikate für Arzneimittel und Pflanzenschutzmittel zu gewähren, die einem amtlichen Marktzulassungsverfahren unterliegen und deren effektive Patentschutzdauer dadurch verkürzt wird. Für Designs wird eine Schutzdauer von 5 Jahren mit der Möglichkeit einer Verlängerung um mindestens vier weitere Schutzperioden von je fünf Jahren an Stelle der zehnjährigen des WTO/TRIPS-Abkommens vorgesehen. Den Mitgliedstaaten steht es jedoch offen, eine kürzere Schutzdauer für Designs von Bestandteilen zur Reparatur eines Erzeugnisses vorzusehen. Im Bereich «Schutz geografischer Herkunftsangaben» wird eine Schutzausdehnung dadurch erreicht, dass die Mitgliedstaaten den Schutz geografischer Herkunftsangaben, einschliesslich von Ursprungsbezeichnungen, nicht nur für sämtliche Waren, sondern auch für Dienstleistungen zu
gewährleisten haben.

Im Anhang schlussendlich sind Bestimmungen bezüglich der Verfahren zum Erwerb und zur Aufrechterhaltung der Rechte an Geistigem Eigentum sowie zu deren Durchsetzung enthalten, welche sich grundsätzlich am WTO/TRIPS-Standard orientieren.

Die Bestimmungen über den Schutz des Geistigen Eigentums im revidierten EFTAÜbereinkommen gehen in verschiedenen Punkten über den Schutzstandard des WTO/TRIPS-Abkommens hinaus und bedeuten damit für die Schweiz gegenüber der multilateralen WTO-Regelung ein Plus. Im internationalen Vergleich verfügen die EFTA-Mitgliedstaaten über ein ausgebautes Schutzsystem für Geistiges Eigentum auf gutem Schutzniveau. Für die Schweiz bringt die Revision des EFTA-Übereinkommens im Bereich Geistiges Eigentum die gegenüber bisherigem Recht zusätzliche Verpflichtung, bis zum 1. Januar 2005 der Genfer Akte des Haager Abkommens über die internationale Eintragung gewerblicher Muster und Modelle sowie den beiden Urheberrechtsabkommen der WIPO beizutreten.

24

SR 0.232.142.2

4981

2.2.5

Personenverkehr

2.2.5.1

Personenverkehr im engeren Sinn

Das Übereinkommen zur Änderung des EFTA-Abkommens im Bereich des Personenverkehrs basiert auf dem bilateralen Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EG. Es umfasst zum einen die Freizügigkeit für Erwerbstätige (Arbeitnehmer und Selbstständige) und für Nichterwerbstätige (Studenten, Rentner und andere Nichterwerbstätige), zum anderen gewisse Aspekte des personenbezogenen grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs. Ein bilaterales Protokoll zwischen der Schweiz und Liechtenstein regelt die im bilateralen Verhältnis anwendbaren Sonderbestimmungen (siehe nachfolgend).

Das Übereinkommen sieht einen schrittweisen, nicht automatischen Übergang zum freien Personenverkehr vor. Die Übergangsfristen werden mit dem Freizügigkeitsabkommen Schweiz­EG in Einklang gebracht. Der freie Personenverkehr wird im Rahmen beider Abkommen erst nach Ablauf der Übergangsfrist, d.h. erstmals nach fünf Jahren, definitiv aber erst nach zwölf Jahren eingeführt.

Auch das revidierte EFTA-Übereinkommen sieht eine konsensuelle Schutzklausel vor, die derjenigen des Freizügigkeitsabkommens Schweiz­EG entspricht. Der Rat wird einen Ausschuss einsetzen, der für die Verwaltung und die richtige Anwendung des Abkommens verantwortlich sein wird. Bei schwerwiegenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen tritt der Ausschuss auf Wunsch eines Mitgliedstaates zusammen, um geeignete Abhilfemassnahmen zu prüfen. Der Rat entscheidet, welche Massnahmen zu ergreifen sind.

Das revidierte Übereinkommen sieht für die Übergangsperiode folgende Regelung vor: Bereits ab Inkrafttreten des Übereinkommens gilt die Inländergleichbehandlung (National Treatment) für EFTA-Angehörige in der Schweiz und für Schweizer in der EFTA. Neu wird für EFTA-Angehörige ab diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf Bewilligungserteilung unter dem Vorbehalt der arbeitsmarktlichen Prüfung während der jeweiligen Übergangsfrist (Inländervorrang, Kontrolle der Lohn- und Arbeitsbedingungen, Kontingentierung) bestehen. Gleichzeitig werden präferenzielle Kontingente für EFTA-Angehörige geschaffen (300 Daueraufenthalter; 200 Kurzaufenthalter). Ab Inkrafttreten des Übereinkommens besteht zudem die Möglichkeit der Anrufung einer konsensuellen Schutzklausel. Nach zwei Jahren ab Inkrafttreten des Übereinkommens wird der Inländervorrang gegenseitig aufgehoben. Gleichzeitig wird
für EFTA-Angehörige die Kontrolle der Lohn- und Arbeitsbedingungen wegfallen. Die Schweiz kann hingegen die Kontingentierung gegenüber den EFTAAngehörigen noch während fünf Jahren weiterführen.

Das Freizügigkeitsabkommen Schweiz­EG und das revidierte EFTA-Übereinkommen sollen möglichst gleichzeitig in Kraft gesetzt werden können. Deshalb gelten grundsätzlich für beide Abkommen die gleichen Übergangsfristen, oder sie werden ­ je nach Zeitpunkt des Inkrafttretens ­ so aufeinander abgestimmt, dass die Enden der Übergangsfristen beider Abkommen zeitlich zusammenfallen.

4982

2.2.5.1.1

Die einzelnen Aufenthaltskategorien

Das revidierte Übereinkommen übernimmt die Bewilligungskategorien, wie sie im Gemeinschaftsrecht vorgesehen sind. Ab Inkrafttreten des revidierten Übereinkommens werden demnach die folgenden Aufenthaltskategorien eingeführt:

2.2.5.1.1.1

Daueraufenthalt

Die Bewilligungsdauer beträgt bei einem überjährigen Arbeitsvertrag fünf Jahre. Die Bewilligung wird automatisch verlängert, wenn das Arbeitsverhältnis fortgesetzt wird. Es besteht ein Recht auf geografische und berufliche Mobilität sowie auf Familiennachzug.

Die Niederlassungsbewilligung wird durch das Übereinkommen nicht berührt, sondern stützt sich auf die mit den EFTA-Staaten abgeschlossenen Niederlassungsvereinbarungen, die weiterhin in Kraft bleiben.

2.2.5.1.1.2

Kurzaufenthalt

Das Saisonnierstatut fällt mit Inkrafttreten des Übereinkommens auch gegenüber den EFTA-Angehörigen dahin. Es wird durch ein eurokompatibles Kurzaufenthalterstatut ersetzt. Die Bewilligungsdauer ist an die Dauer des Arbeitsvertrages (unterjährige Arbeitsverhältnisse) gebunden. Es besteht ein Recht auf Familiennachzug sowie auf berufliche und geografische Mobilität.

2.2.5.1.2

Grenzgänger

Die Pflicht zur täglichen Rückkehr an den Wohnort wird durch eine wöchentliche Heimkehrpflicht ersetzt. Ein Voraufenthalt von sechs Monaten in der benachbarten Grenzzone wird nicht mehr verlangt. Bereits mit Inkrafttreten des revidierten Übereinkommens können EFTA-Angehörige mit Wohnsitz in der Grenzzone in der gesamten Grenzzone des Nachbarstaates erwerbstätig werden. Fünf Jahre nach Inkrafttreten des revidierten Übereinkommens fallen die Grenzzonen definitiv dahin.

2.2.5.1.3

Sonderbestimmungen im Verhältnis zu Liechtenstein

Das Freizügigkeitsabkommen wird praktisch unverändert auf die EFTA-Staaten ausgedehnt; für Liechtenstein gilt jedoch ein eigenes Protokoll, das die wichtigsten Grundsätze des Personenverkehrs zwischen der Schweiz und Liechtenstein im Einzelnen festhält.

Das Protokoll, das integrierenden Bestandteil des EFTA-Übereinkommens bildet, regelt die wichtigsten Grundsätze des Personenverkehrs zwischen der Schweiz und Liechtenstein sowie einen Zeitplan für deren Umsetzung. Liechtenstein und die Schweiz vereinbaren, dass Liechtenstein auf die schweizerischen Staatsangehörigen die Gleichbehandlung mit den EWR-Staatsangehörigen gemäss der Sonderlösung, 4983

die Liechtenstein im Rahmen des EWR zugestanden wird, zur Anwendung bringt (EWR-Treatment). Es wird in diesem Protokoll weiter vereinbart, dass die Schweiz auf Liechtenstein die Regeln des Freizügigkeitsabkommens gemäss Übereinkommen zur Änderung des EFTA-Abkommens anwendet.

Die weiteren Verhandlungen werden in zwei Phasen ablaufen. In einer ersten Phase bis ein Jahr nach Inkrafttreten des Übereinkommens soll die Gleichbehandlung der bereits im anderen Vertragsstaat wohnhaften Staatsangehörigen umgesetzt sein; bis zwei, spätestens drei Jahre nach Inkrafttreten des Übereinkommens soll auch die Gleichstellung der Personen ohne Wohnsitz geregelt werden.

2.2.5.2

Soziale Sicherheit

Im Bereich der Sozialen Sicherheit übernimmt das revidierte EFTA-Übereinkommen die Regeln der bilateralen Abkommen Schweiz­EG. Somit beschränkt es sich ausschliesslich auf die Koordination der Sozialversicherungssysteme der beteiligten Staaten. Koordinierung bedeutet, dass die einzelnen Staaten bei der Anwendung ihrer Sozialversicherungsgesetze gewisse gemeinsame Grundsätze akzeptieren müssen, sie aber im Übrigen frei bleiben, ihr Recht nach den eigenen Bedürfnissen zu gestalten.

Die Grundlage des Koordinationsrechtes bilden die Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 und 574/72. Für die Beschreibung des massgebenden Koordinationsrechts sei auf die Ausführungen in der Botschaft zu den bilateralen Abkommen Schweiz­EG (Ziff. 273.21, 273.22) verwiesen. Die dortigen Erläuterungen gelten analog auch für die Koordination der Sozialversicherungssysteme im revidierten EFTA-Übereinkommen.

Die Vertragsstruktur richtet sich nach dem Vorbild der bilateralen Abkommen Schweiz­EG: Artikel 21 des revidierten EFTA-Übereinkommens (Koordinierung der Sozialversicherungssysteme) enthält eine grundlegende Bestimmung für die Soziale Sicherheit und verweist für die Detailvorschriften auf Anlage 2 zu Anhang K.

Anhang K wiederholt in seinem Artikel 8 die Grundprinzipien für die Soziale Sicherheit, regelt die Behandlung von Beschwerden (Art. 11) und sieht die Schaffung eines Ausschusses über Freizügigkeit vor (Art. 14), welcher ermächtigt ist, eine Arbeitsgruppe für die Koordination der Systeme der Sozialen Sicherheit zu bilden. Änderungen der diesbezüglichen Vertragsbestimmungen sind dem Rat vorbehalten.

Artikel 16 von Anhang K klärt die Anwendbarkeit des Gemeinschaftsrechts und der gemeinschaftsrechtlichen Rechtsprechung. Artikel 17 regelt die Entwicklung des Rechts und die Beziehung zu bestehenden bilateralen Abkommen über Soziale Sicherheit. Diese sind ab Inkrafttreten des revidierten EFTA-Übereinkommens suspendiert, soweit sie die gleiche Materie regeln (Art. 18). Solche bilaterale Abkommen bestehen seit Jahrzehnten zwischen der Schweiz und Liechtenstein und seit 1979 zwischen der Schweiz und Norwegen. Zwischen der Schweiz und Island gibt es keine solchen Abkommen.

Die Detailregelungen der Sozialen Sicherheit in Anlage 2 zum Anhang K decken sich weitestgehend mit denjenigen von Anhang II zum Freizügigkeitsabkommen.

Die EFTA-Staaten verpflichten sich untereinander, die im Abschnitt A des Anhangs aufgeführten Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts oder gleichwertige Rechts4984

vorschriften anzuwenden (Art. 1). Die Schweiz muss demzufolge wie im Rahmen des Freizügigkeitsabkommens gleichwertiges innerstaatliches Recht schaffen, während die drei anderen EFTA-Staaten das massgebende EG-Recht bereits auf Grund des EWR-Abkommens direkt anwenden. Artikel 2 der genannten Anlage entspricht Artikel 2 von Anhang II zum Freizügigkeitsabkommen und sieht vor, dass die Vertragsstaaten die Eintragungen in den Abschnitten B und C berücksichtigen bzw. zur Kenntnis nehmen müssen. Dabei handelt es sich um Beschlüsse und andere Regelungen der EG-Verwaltungskommission über die Soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer. Artikel 3 erklärt drei Protokolle als Bestandteil des revidierten Übereinkommens, welche Sonderbestimmungen für die Arbeitslosenversicherung sowie abweichende Sozialversicherungsregelungen im Verhältnis der Schweiz zu Liechtenstein und zu Norwegen enthalten.

Die wesentlichen Bestimmungen sind in Abschnitt A aufgeführt. Er bezieht sich auf die Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 (materiellrechtliche Vorschriften) und Nr. 574/72 (Durchführungsvorschriften). Ebenfalls einbezogen ist die Richtlinie 98/49. Für die Beschreibung der Verordnungen wird auf die Ziffern 273.222 und 273.223 der Botschaft zu den bilateralen Abkommen Schweiz­EG verwiesen.

In Anlage 1 (Art. 9 Abs. 2) zu Anhang K befindet sich schliesslich eine Bestimmung, die über die eigentliche Soziale Sicherheit hinausgehend die Gleichbehandlung bei der Gewährung sozialer Vergünstigungen verlangt.

Die Sozialversicherungsregelungen des EFTA-Übereinkommens bauen zwar auf die gleichen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts wie das Freizügigkeitsabkommen Schweiz­EG und den EWR-Vertrag auf, sie ermöglichen aber keine vertragsübergreifende Koordinierung zwischen allen an den Verordnungen mitwirkenden Staaten. Eine solche könnte nur durch eine Vernetzung der Sozialversicherungsvorschriften der drei beteiligten Verträge erreicht werden. Die Frage, ob in absehbarer Zeit mit der Vorlage eines entsprechenden «Dachvertrages» zu rechnen sei, kann angesichts der damit verbundenen komplexen rechtlichen und politischen Fragestellungen heute nicht schlüssig beantwortet werden.

2.2.5.2.1

Die Koordinierungsvorschriften und ihre Auswirkungen auf die schweizerischen Versicherungszweige

Das europäische Koordinationsrecht und seine Auswirkungen auf die schweizerischen Sozialversicherungszweige wurden in der Botschaft zu den bilateralen Abkommen Schweiz­EG ausführlich erläutert (Ziff. 273.22 und 273.23). Im Folgenden werden nur die davon abweichenden Regelungen des revidierten EFTA-Übereinkommens und ihre Auswirkungen auf die schweizerischen Versicherungszweige beschrieben.

2.2.5.2.1.1

Krankenversicherung

Das Freizügigkeitsabkommen mit der EG verpflichtet die Schweiz, die in Anhang VI (Schweiz) zur Verordnung Nr. 1408/71 erwähnten Personengruppen in der schweizerischen Krankenversicherung obligatorisch zu versichern. Dieselbe Ver4985

pflichtung besteht auch im Verhältnis zu den EFTA-Staaten Island und Norwegen, welche bewusst keine der bestehenden Ausnahmemöglichkeiten genutzt haben. Im Unterschied zum Freizügigkeitsabkommen handelt es sich bei der vereinbarten Bestimmung im revidierten EFTA-Übereinkommen um eine Verweisungsnorm, welche die Schweizer Gesetzgebung als für diese Personengruppen anwendbar erklärt.

Dank dieser Formulierung behält die Schweiz auch weiterhin die Möglichkeit, in ihrer Gesetzgebung Ausnahmen für besondere Fälle, namentlich für Personen, die bereits über eine genügende Versicherungsdeckung verfügen, vorzusehen. Die Unterstellung unter die Versicherungspflicht und die Befreiungsmöglichkeiten sollen im Detail in der KVV geregelt werden.

Der Grundsatz, wonach Arbeitnehmer der Krankenversicherung des Erwerbsortes unterstellt sind, wird zwischen der Schweiz und Liechtenstein keine Anwendung finden. Gemäss den gemeinschaftlichen Koordinationsregeln müssten Schweizer Grenzgänger, welche in Liechtenstein arbeiten, sowie ihre Familienangehörigen in diesem Staat krankenversichert sein. Da die Zahl der betroffenen Personen im Verhältnis zur liechtensteinischen Wohnbevölkerung jedoch sehr hoch ist, würde die Unterstellung all dieser Personen für Liechtenstein zu nicht tragbaren Belastungen namentlich in struktureller Hinsicht führen. Die Schweiz und Liechtenstein haben deshalb mit Bezug auf die Versicherungsunterstellung das Wohnsitzprinzip vereinbart. Für Personen, deren Wohnsitz in der Schweiz liegt, entstehen dadurch keine Nachteile. Die liechtensteinischen Arbeitgeber werden verpflichtet, Grenzgängern aus der Schweiz den gleichen Arbeitgeberanteil zu vergüten, welcher für Arbeitnehmer mit Wohnsitz in Liechtenstein zu entrichten ist. Da die Versicherungsprämien in Liechtenstein im Übrigen in etwa den Prämien der angrenzenden Schweizer Kantone entsprechen, werden auch Familienangehörige und Rentenberechtigte nicht schlechter gestellt sein.

Zur innerstaatlichen Umsetzung der bilateralen Abkommen Schweiz­EG wurde das KVG vom 6. Oktober 2000 einer Teilrevision unterzogen. Neu wurde die Information der im Ausland wohnenden Personen und die Kontrolle ihrer Versicherungsunterstellung geregelt. Diese Bestimmungen werden auch im Verhältnis zu den EFTAStaaten anwendbar sein. Für die Beschreibung dieser Bestimmungen
sei auf die Botschaft zur Teilrevision des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung vom 31. Mai 200025 verwiesen.

Aus Praktikabilitätsgründen stehen die besonderen Versicherungsformen grundsätzlich nicht offen für Versicherte mit Wohnsitz im Ausland. Es ist jedoch vorgesehen, in der KVV Grenzgängern nach der Schweiz und ihren Familienangehörigen eine Versicherung mit eingeschränkter Wahl der Leistungserbringer anzubieten.

Wie die Versicherten mit Wohnsitz in einem EU-Mitgliedstaat werden auch diejenigen mit Wohnsitz in einem EFTA-Staat von der Prämienverbilligung für Versicherte in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen profitieren können. Dabei werden auch die durch die KVG-Teilrevision eingeführten Bestimmungen zur Umsetzung des Freizügigkeitsabkommens mit der EG anwendbar sein. Für die Beschreibung dieser Bestimmungen sei ebenfalls auf die Botschaft zur Teilrevision des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung vom 31. Mai 2000 verwiesen.

25

BBl 2000 4083

4986

2.2.5.2.1.2

Alters- und Hinterlassenenversicherung

Wie das Freizügigkeitsabkommen mit der EG verpflichtet auch das revidierte EFTA-Übereinkommen die Schweiz basierend auf dem Grundsatz der Gleichbehandlung, die Staatsangehörigen der Vertragsparteien zu den gleichen Bedingungen wie die eigenen Staatsangehörigen zur freiwilligen AHV/IV zuzulassen. Das Parlament hat bei der Revision der freiwilligen AHV/IV beschlossen, diese Versicherung für den EU-Raum abzuschaffen. Entsprechend soll nun die freiwillige AHV/IV auch im EFTA-Raum aufgehoben werden.

Das revidierte EFTA-Übereinkommen beruht wie das Freizügigkeitsabkommen auf dem Grundsatz, dass Kinder- und Waisenrenten nur von einem Staat gewährt werden. In Abweichung von dieser Regel hat die Schweiz mit Liechtenstein und Norwegen vereinbart, in ausschliesslich bilateralen Fällen die nationalen Vorschriften anzuwenden, welche auf dem Pro-Rata-Prinzip beruhen. Soweit es um Waisenrenten geht, ist dieses Prinzip inzwischen auch zwischen den EU-Mitgliedstaaten anwendbar. Dies basiert auf einer Änderung der Verordnung Nr. 1408/71, welche nach Unterzeichnung des Freizügigkeitsabkommens erlassen worden ist.

Eine neue Bestimmung, welche sich nicht im Freizügigkeitsabkommen findet, sieht vor, dass Familienangehörige, welche einen ins Ausland entsandten Arbeitnehmer begleiten, weiterhin der AHV/IV unterstellt bleiben26. Eine solche Regelung existiert bereits heute in den Abkommen zwischen der Schweiz und Liechtenstein und zwischen der Schweiz und Norwegen sowie in allen neueren, von der Schweiz abgeschlossenen bilateralen Sozialversicherungsabkommen.

Auf Grund der Ähnlichkeit der Sozialversicherungssysteme der Schweiz und Liechtensteins enthält das bilateral zwischen diesen Staaten abgeschlossene Abkommen über die Soziale Sicherheit besondere Regelungen. Im Rahmen des revidierten EFTA-Übereinkommens erschien es daher bei rein bilateralen Fällen als sinnvoll, die Unterstellungsregelungen des bilateralen Abkommens beizubehalten. Diese bleiben durch Eintragung in Anhang III zur Verordnung Nr. 1408//71 denn auch weiterhin anwendbar.

2.2.5.2.1.3

Invalidenversicherung

Seit dem 1. Januar 2001 werden schweizerische Invalidenrenten auch dann gewährt, wenn eine Person bei Eintritt des Versicherungsfalles nicht mehr versichert ist. Die bei Abschluss des Freizügigkeitsabkommens mit der EG noch bestehende Notwendigkeit, eine Person nach Ausscheiden aus der schweizerischen Versicherung durch eine Ersatzversicherungsklausel als der schweizerischen Versicherung zugehörig zu betrachten, damit sie im Invaliditätsfall eine Rente erhalten kann, entfällt somit.

Aufrechterhalten bleibt aber die im Freizügigkeitsabkommen vorgesehene einjährige Weiterversicherung nach krankheits- oder unfallbedingter Arbeitsunterbrechung.

Diese garantiert nämlich, dass die betreffende Person die Mindestbeitragsdauer für eine Rente erfüllen kann oder führt zu einer Verlängerung der Versicherungsdauer und damit zu einer Rentenverbesserung (Ziff. 7 von Anh. VI [Schweiz] zur Vo.

Nr. 1408/71) 26

Anhang VI zur Verordnung Nr. 1408/71, S. Schweiz, Ziff. 3

4987

Eingliederungsmassnahmen werden nach Artikel 18 IVG nur gewährt, solange eine Person in der IV versichert ist. Wer nicht mehr in der Schweiz arbeitet oder wohnt, ist nicht mehr versichert und hat daher keinen Anspruch auf diese Leistungen mehr.

Um Personen, die während einer Beschäftigung in der Schweiz arbeitsunfähig geworden sind, insbesondere Grenzgängerinnen und Grenzgängern, die Massnahmen dennoch ausrichten zu können, werden solche Personen als versichert betrachtet, wenn sie zuvor in der Schweiz eine existenzsichernde Beschäftigung ausübten und sofern sie nicht ausserhalb der Schweiz wieder eine Erwerbstätigkeit aufgenommen haben. Die Massnahmen werden indessen grundsätzlich nur in der Schweiz durchgeführt.

Im Verhältnis zwischen der Schweiz und Liechtenstein wird die Bestimmung des bilateralen Sozialversicherungsabkommens beibehalten, welche die Gewährung von Eingliederungsmassnahmen an Personen im anderen Staat vorsieht. Die Gewährung dieser Massnahmen im anderen Staat wurde jedoch zeitlich befristet (Anh. III zur Vo. Nr. 1408/71).

2.2.5.2.1.4

Berufliche Vorsorge

Analog zum Freizügigkeitsabkommen mit der EG ist auch nach dem revidierten EFTA-Übereinkommen die Barauszahlung der Austrittsleistung bei Verlassen der Schweiz nach Ablauf einer fünfjährigen Übergangsfrist nicht mehr möglich, wenn die Versicherten in einem EFTA-Staat in der obligatorischen Rentenversicherung versichert sind.

Auch hier gilt jedoch im Verhältnis zu Liechtenstein eine abweichende Regelung.

Auf Grund des zweiten Zusatzabkommens zum bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und Liechtenstein vom 29. November 2000, das seit seiner Unterzeichnung provisorisch angewendet wird, werden Freizügigkeitsguthaben bei Beschäftigungswechsel nach Liechtenstein und umgekehrt auf die Freizügigkeitseinrichtung des jeweils anderen Landes übertragen. Diese Regelung, die gleichzeitig auch die Barauszahlung bei Verlassen der Schweiz nach Liechtenstein aufhebt, wird beibehalten (Anh. III zur Vo. Nr. 1408/71).

2.2.5.2.1.5

Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten

Das Gemeinschaftsrecht wird auch zwischen den EFTA-Staaten anwendbar sein. Im Verhältnis zu Liechtenstein wurde allerdings die Regelung des geltenden bilateralen Sozialversicherungsabkommens aufrechterhalten (Anh. III zu Vo. Nr. 1408/71). Für die Gewährung von Leistungen nach den Rechtsvorschriften eines Vertragsstaates gilt das Gebiet des anderen Vertragsstaates nicht als Ausland. Dadurch wird sichergestellt, dass die Versicherer des einen Vertragsstaates ihren Versicherten auch bei Unfällen und Berufskrankheiten, die im anderen Vertragsstaat eintreten, Sach- und Geldleistungen gewähren können, als wäre der Unfall oder die Berufskrankheit im Inland eingetreten. Die Unfallversicherer des einen Staates sind bei der Anwendung des nationalen Rechts des anderen Vertragsstaates zudem den Unfallversicherern des anderen Staates gleichgestellt, damit die Abgrenzung der Leistungspflicht der Versicherer wie im innerstaatlichen Recht erfolgen kann.

4988

2.2.5.2.1.6

Familienleistungen

Bei den schweizerischen Familienleistungen ist das Gemeinschaftsrecht zwischen den EFTA-Staaten analog zum Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EG anwendbar.

2.2.5.2.1.7

Arbeitslosenversicherung

Das koordinierte Regelwerk erfasst sämtliche Leistungen bei Arbeitslosigkeit, auch jene der kantonalen Arbeitslosenhilfe, obwohl diese keine reinen Versicherungsleistungen sind, sondern auch Sozialhilfecharakter haben. Die Regelungen zur Koordinierung des Leistungsrechts für Arbeitslose folgen weitgehend dem Beschäftigungslandprinzip, d.h. der Anspruch auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit besteht in dem Staat, in welchem man zuletzt beschäftigt war.

Die Regelungen zur Koordinierung des Leistungsrechts für Arbeitslose bilden vier Schwerpunkte: A. Die Zusammenrechnung von Versicherungs- und Beschäftigungszeiten Kommt es für den Leistungsanspruch auf zurückgelegte Versicherungs- und Beschäftigungszeiten an, so sind Versicherungs- und Beschäftigungszeiten als Arbeitnehmer nach den Rechtsvorschriften eines andern Vertragsstaates zu berücksichtigen. Damit eine solche Zusammenrechnung erfolgen kann, muss die betreffende Person unmittelbar zuvor in dem Staat, nach dessen Rechtsvorschriften sie Leistungen beantragt, Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten zurückgelegt haben. Für die Berechnung der Leistungen ist grundsätzlich das Entgelt, welches der Arbeitslose bei seiner letzten Beschäftigung erhalten hat, massgebend.

B. Leistungsexport Arbeitslose können bei der Beschäftigungssuche in einem andern Vertragsstaat für maximal drei Monate die Leistungen weiterbeziehen. Dabei muss sich der Arbeitssuchende bei der Arbeitsverwaltung des Vertragsstaates, in dem er Arbeit sucht, zur Verfügung stellen.

C. Besondere Regelung für Grenzgänger und Saisonarbeitnehmer Der Grenzgänger hat bei Vollarbeitslosigkeit das Recht auf Leistungen in seinem Wohnsitzstaat zu Lasten eben dieses Staates, auch wenn er zuletzt nicht im Wohnsitzstaat beschäftigt war.

Der Saisonarbeitnehmer ­ ein Arbeitnehmer, der eine saisonale Beschäftigung in der Dauer von maximal acht Monaten in einem andern Land ausübt und seinen Wohnsitz im Heimatstaat beibehält ­ hat hinsichtlich der Leistungen bei Arbeitslosigkeit ein Wahlrecht: Er kann die Leistungen im Land der letzten Beschäftigung beziehen oder aber seinen Anspruch im Wohnsitzstaat geltend machen.

Die im Freizügigkeitsabkommen Schweiz­EG enthaltenen Bestimmungen über die Arbeitslosenversicherung gelten analog auch gegenüber Staatsangehörigen der EFTA-Staaten. Es sei deshalb auf die Abschnitte 273.222.35, 273.235, 274.44 sowie

4989

312.615 der Botschaft vom 23. Juni 1999 zur Genehmigung der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EG verwiesen.

D. Zusatzprotokoll Das Protokoll 1 zu Anlage 2 des Anhangs K des EFTA-Übereinkommens sieht analog dem Freizügigkeitsabkommen mit der EG eine Übergangsfrist von sieben Jahren vor, während der die Zusammenrechnung von Versicherungszeiten im Bereich Arbeitslosenversicherung nur bei denjenigen Arbeitnehmern zur Anwendung gelangen wird, welche auf Grund eines über ein Jahr dauernden Arbeitsverhältnisses in die Schweiz eingereist sind. Es sei in diesem Zusammenhang auf Abschnitt 273.222.35 der Botschaft vom 23. Juni 1999 zur Genehmigung der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EG verwiesen.

2.2.5.2.2

Gesetzesänderungen

Um garantieren zu können, dass die Bestimmungen des revidierten EFTAÜbereinkommens in Korrelation mit dem nationalen Recht gelten und widersprechenden Bestimmungen vorgehen, ist es notwendig, in allen Gesetzen der sozialen Sicherheit eine Bestimmung aufzunehmen, welche auf die Bestimmungen des revidierten EFTA-Übereinkommens verweist. Die Aufnahme einer solchen Verweisnorm ist vom Parlament bereits im Zusammenhang mit der Umsetzung der bilateralen Abkommen (s. Botschaft Ziff. 275.211) beschlossen worden. Eine solche Verweisernorm wurde in alle Sozialversicherungsgesetze eingefügt.

In Bezug auf das Gesetz über die Berufliche Vorsorge (BVG) und das Freizügigkeitsgesetz hat das Parlament anlässlich der Beratungen über die Genehmigung der bilateralen Abkommen Schweiz­EG mit einer Motion den Bundesrat beauftragt, im Rahmen der ersten BVG-Revision die notwendigen Anpassungen an die Verordnungen Nr. 1408/71 und Nr. 574/72 vorzunehmen und gleichzeitig auf den allgemeinen Verweis auf das europäische Recht im BVG und FZG zu verzichten. In Ausführung dieser Motion hat der Bundesrat einen Änderungsvorschlag ausgearbeitet und ihn der Kommission für Soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK N) im Rahmen der laufenden Beratungen über die erste BVG-Revision vorgelegt (Bericht an die SGK N betreffend die Anpassung des schweizerischen Rechts an die EU-Verordnungen in Ausführung einer Motion [99.3480] des Nationalrates [BBl. Nr. 37, S. 4852]). Dieser Änderungsvorschlag wird nun für die Beratungen über die erste BVG-Revision entsprechend angepasst, damit bei der Ausführung der Motion der Bezug zum revidierten EFTA-Übereinkommen gewährleistet ist.

2.2.5.2.2.1

AHV-Gesetz

Das Parlament hat bei der Revision der freiwilligen AHV/IV27 die Beitrittsmöglichkeit auf Schweizer Bürger und Staatsangehörige von EG-Mitgliedstaaten beschränkt, welche in einem Staat ausserhalb der EU wohnen. Gemäss den Übergangsbestimmungen ist es den Schweizer Bürgern, welche in einem EU-Staat leben und im Zeit27

In Kraft seit dem 1. April 2001

4990

punkt des Inkrafttretens dieser Revision bei der freiwilligen AHV/IV versichert waren, erlaubt, noch während maximal sechs hintereinander folgenden Jahren ab Inkrafttreten der Revision versichert zu bleiben. Jene Personen, welche im Zeitpunkt der Revision das 50. Altersjahr überschritten haben, können bis zum Erreichen des gesetzlichen Rentenalters versichert bleiben.

Artikel 2 Absatz 1 AHVG ist demzufolge anzupassen: Der Beitritt zu dieser Versicherung ist nun auch für Staatsangehörige von EU- und EFTA-Mitgliedstaaten sowie Schweizer Bürger zulässig, welche ausserhalb des EU- oder EFTA-Raumes wohnen.

Es ist notwendig, neue Übergangsbestimmungen (AHVG und IVG) vorzusehen für Schweizer, welche in Island, in Liechtenstein oder in Norwegen wohnen und im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes über das Übereinkommen zur Änderung des EFTA-Abkommens im Bereich des Personenverkehrs28 bei der freiwilligen AHV/IV versichert waren.

2.2.5.2.2.2

Gesetz über die Berufliche Vorsorge

Artikel 56 Absatz 1 Buchstabe g hält neu fest, dass der Sicherheitsfonds künftig auch als Verbindungsstelle im Verhältnis zu den EFTA-Mitgliedstaaten fungiert.

2.2.5.2.2.3

Freizügigkeitsgesetz

Artikel 5a wird durch einen Buchstaben c Ziffer 2 ergänzt, die sicherstellt, dass die Barauszahlung der Austrittsleistung bei Verlassen der Schweiz nach Ablauf einer fünfjährigen Übergangsfrist nicht mehr möglich sein wird, wenn die Versicherten in der isländischen oder in der norwegischen Rentenversicherung obligatorisch versichert sind. Ein neuer Buchstabe c verbietet die Barauszahlung bei Wohnsitz in Liechtenstein.

2.2.5.2.2.4

Krankenversicherungsgesetz

Notwendig sind dieselben gesetzlichen Anpassungen, die bereits auf Grund des Freizügigkeitsabkommens mit der EG vorgenommen worden sind. Der Geltungsbereich dieser Bestimmungen wird jeweils auf die EFTA-Staaten ausgedehnt. Für die Beschreibung dieser Bestimmungen sei deshalb auf Ziffer 275.212 der Botschaft zur Genehmigung der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EG sowie auf die Botschaft zur Teilrevision des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung vom 31 Mai 2000 verwiesen, insbesondere betreffend die Prämienverbilligung, wo die Angaben in der Botschaft über die bilateralen Abkommen nicht mehr gültig sind.

Artikel 65a Buchstabe b wurde sprachlich der Terminologie der Gesetzgebung über den Aufenthalt und die Niederlassung von Ausländern angepasst.

28

BBl 2001 5028

4991

2.2.5.2.2.5

Arbeitslosenversicherungsgesetz

Artikel 14 Absatz 3 AVIG wird dahingehend geändert, dass nur noch Schweizer, die ausserhalb des Gebietes der EG-Mitgliedstaaten oder der EFTA-Mitgliedstaaten eine Beschäftigung als Arbeitnehmer ausgeübt haben, von der Erfüllung der Beitragszeit befreit werden. Schweizer, die in einem solchen Staat als Arbeitnehmer tätig waren, haben gemäss Gemeinschaftsrecht im letzten Beschäftigungsstaat einen Anspruch auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit. Sie benötigen daher den in Absatz 3 der genannten Bestimmung vorgesehenen Schutz in der Schweiz nicht mehr. Diese Lösung besitzt den Vorteil, dass Auslandschweizer, welche ausserhalb des Gebietes der EGund EFTA-Mitgliedstaaten wohnen und welche noch nie in der Schweiz gewohnt haben, weiterhin von der Befreiung profitieren können.

2.2.5.2.2.6

Kantonales Recht

Für die Umsetzung der Koordinationsvorschriften in kantonales Recht kann auf die Ausführungen in der Botschaft zu den bilateralen Abkommen mit der EG (Ziff. 275.22)29 verwiesen werden.

2.2.5.2.3

Anerkennung von Diplomen

Das Abkommen sieht vor, zwischen der Schweiz und den anderen EFTA-Staaten die in der Materie relevanten EWR-Regelungen anzuwenden. Dies bedeutet, dass die Anerkennung von Diplomen sich nach den einschlägigen Richtlinien der EG richtet.

Die auf Grund der sektoriellen Abkommen mit der EG in der Verordnung über die Krankenversicherung vorgenommenen Änderungen im Bereich der medizinischen Berufe (Ärzte, Apotheker, Zahnärzte) finden im Rahmen des Übereinkommens ebenfalls Anwendung. Bei den paramedizinischen Berufen sind weder auf Grund des Übereinkommens noch auf Grund der sektoriellen Abkommen mit der EG Verordnungsänderungen nötig.

2.2.6

Investitionen, Kapitalverkehr, Dienstleistungen

Im Rahmen der Revisionsarbeiten haben die EFTA-Staaten beschlossen, auch den Einbezug von Regelungsbereichen zu prüfen, die bisher noch nicht Gegenstand des EFTA-Übereinkommens bilden. Diese Frage stellte sich beispielsweise bei den Investitionen und beim Dienstleistungshandel.

Während der Vorbereitungsphase zeigte sich, dass über die Opportunität eines Einbezugs neuer Regelungsbereiche zwischen den nordischen Ländern der EFTA einerseits und der Schweiz und Liechtenstein andererseits unterschiedliche Vorstellungen bestanden. Obwohl sich Norwegen und Island der geringen ökonomischen Bedeutung bewusst waren, befürworteten sie die Erarbeitung eines ambitiösen Dienstleistungs- und Investitionskapitels. Sie begründeten dies mit der Absicht, dass das 29

BBl 1999 6128, 6366

4992

Übereinkommen möglichst umfassend sein sollte und die Gesamtheit der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den EFTA-Mitgliedstaaten regeln sollte. Für die Schweiz und Liechtenstein ging es hingegen darum, eine für die vier Länder geltende gemeinsame Plattform für die EFTA­Drittland-Verhandlungen (zum Beispiel mit Chile, Singapur, Südafrika) zu schaffen und dadurch die Position der EFTA in solchen Verhandlungen zu stärken.

Neben diesen unterschiedlichen Vorstellungen in Bezug auf die Zielsetzung eines revidierten Übereinkommens bestand auch hinsichtlich der Ausgangslage ein wichtiger Unterschied: Im Verhältnis zwischen der Schweiz und den anderen EFTA-Mitgliedstaaten bilden die im Rahmen der WTO eingegangenen Verpflichtungen die Grundlage für den Dienstleistungshandel; die anderen drei EFTA-Mitgliedstaaten sind hingegen unter sich über das EWR-Abkommen verbunden und somit in ein weitergehendes präferenzielles Handelsregime integriert. Das schweizerische Handelsregime bei den Dienstleistungen widerspiegelt die Verpflichtungen, welche die Schweiz in der WTO eingegangen ist. Jede substanzielle Konzession hat deshalb eine Änderung unserer internen Gesetzgebung zur Folge. Demgegenüber widerspiegeln die Gesetzgebungen von Norwegen und Island die im Rahmen des EWR eingegangenen Verpflichtungen, was diesen Ländern einen grösseren Handlungsspielraum in der Gestaltung ihrer präferenziellen Handelspolitik einräumt, sofern diese durch das EWR-Abkommen gedeckt ist.

Die letztlich erzielte Einigung bestätigt den verstärkten Kooperationswillen der Schweiz und ihrer Partner aus der EFTA im Bereich der Investitionen und der Dienstleistungen. Im Wesentlichen stützt sich das Abkommen auf die Prinzipien des europäischen Rechts, enthält aber ebenfalls Bestimmungen, wie sie im klassischen Völkerrecht üblich sind.

2.2.6.1

Investitionen und Kapitalverkehr

Die Bestimmungen von Kapitel IX des aufdatierten EFTA-Übereinkommens sind in Teil 1 (Niederlassung) und Teil 2 (Kapitalverkehr) gegliedert. Sie haben zum Ziel, den Investoren und Unternehmen der EFTA-Mitgliedstaaten im Hoheitsgebiet der EFTA-Mitgliedstaaten gleiche Rechte in Bezug auf Niederlassung und Behandlung zu gewähren. Nicht zuletzt mit Blick auf die EFTA­Drittland-Beziehungen ist es wichtig, die investitions- und kapitalverkehrsrelevanten Positionen der EFTA-Mitgliedstaaten auf eine gemeinsame Grundlage zu stellen. Solche Abkommen, soweit sie mit Überseestaaten abgeschlossen werden, enthalten in der Regel auch entsprechende niederlassungsrechtliche Bestimmungen.

Kernpunkt des sachlichen Anwendungsbereichs bildet das Niederlassungsrecht für Gesellschaften, die nach den Rechtsvorschriften eines EFTA-Mitgliedstaates gegründet wurden und ihren satzungsmässigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung im Hoheitsgebiet der EFTA-Mitgliedstaaten haben. Das Niederlassungsrecht gilt gleichermassen auch für die Gründung, den Erwerb und die Leitung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften durch Gesellschaften eines EFTA-Mitgliedstaates, die im Hoheitsgebiet eines anderen EFTA-Mitgliedstaates errichtet wurden.

4993

Die Gewährleistung der gleichen rechtlichen Voraussetzungen für alle vom aufdatierten EFTA-Übereinkommen erfassten Formen von Gesellschaften stellt eines der wesentlichen Prinzipien dar. Allerdings konnten die EFTA-Mitgliedstaaten Ausnahmen geltend machen, die in den Anhängen des Übereinkommens aufgeführt sind und einen integralen Bestandteil des Übereinkommens bilden. Es wird aber im Sinne des so genannten «Standstill» untersagt sein, diese Ausnahmen zu erweitern oder zu verschärfen (Art. 23: Grundsätze und Anwendungsbereich). Der Anwendungsvorbehalt gegenüber Geschäftstätigkeiten, die mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind, bildet neben dem Verbot der willkürlichen und ungerechtfertigten Ungleichbehandlung der vom aufdatierten EFTA-Übereinkommen erfassten Gesellschaften in und aus den verschiedenen EFTA-Mitgliedstaaten die wichtigste Ausnahme (Art. 27: Ausnahmen).

Von der Inländerbehandlung kann abgewichen werden, wenn die angewandte Sonderregelung durch rechtliche und technische Unterschiede zwischen den in verschiedenen EFTA-Mitgliedstaaten registrierten Gesellschaften, Tochtergesellschaften, Zweigniederlassungen und Agenturen gerechtfertigt ist. Die unterschiedliche Behandlung darf aber nicht über das aus rechtlichen und technischen Gründen unbedingt Notwendige hinausgehen (Art. 24: Inländerbehandlung). Im Finanzdienstleistungssektor können die EFTA-Mitgliedstaaten Massnahmen ergreifen, die aus aufsichtsrechtlichen Gründen erforderlich sind, um den Schutz von Investoren, Kontoinhabern, Versicherungsnehmern oder von Personen, gegenüber denen eine Verbindlichkeit auf Grund eines Treuhandgeschäfts besteht, oder die Integrität und Stabilität des Finanzsystems sicherzustellen. Diese Massnahmen dürfen allerdings die Gesellschaften der anderen EFTA-Mitgliedstaaten gegenüber den eigenen Gesellschaften nicht benachteiligen.

In Bezug auf die Niederlassung der unter das aufdatierte EFTA-Übereinkommen fallenden Gesellschaften auf dem Hoheitsgebiet der EFTA-Mitgliedstaaten bestehen EFTA-weit für den Kapitalverkehr grundsätzlich keine Beschränkungen. Allerdings ist diese Freiheit nur funktioneller Natur, d.h. nur im Zusammenhang mit der Niederlassung einer Gesellschaft eines EFTA-Mitgliedstaates auf dem Hoheitsgebiet eines anderen EFTA-Mitgliedstaates (Art. 28: Kapitalverkehr) gültig.

2.2.6.2

Dienstleistungen

Das Kapitel über den Dienstleistungshandel ist ähnlich aufgebaut wie das Kapitel über die Investitionen. Es erfasst alle Bereiche der Dienstleistungserbringung mit der Ausnahme des Land- und Luftverkehrs, die durch die Anhänge P bzw. Q dieses Übereinkommens geregelt werden.

Das Kapitel enthält eine Grundsatzbestimmung (Art. 29: Grundsätze und Anwendungsbereich), die jedwelche Beschränkung der grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung verbietet. Dies beinhaltet, dass ein Dienstleistungserbringer aus einem EFTA-Mitgliedstaat seine Dienstleistungen ohne Einschränkungen in einem anderen EFTA-Mitgliedstaat erbringen kann, auch wenn er in diesem EFTA-Mitgliedstaat über keine physische Präsenz verfügt. Des Weiteren erlaubt die Bestimmung die uneingeschränkte Dienstleistungserbringung über einen vorübergehenden Aufenthalt des Erbringers bzw. des Konsumenten in einem anderen EFTA-Mitgliedstaat. Die Ausübung des Aufenthaltsrechts zum Zwecke der Dienstleistungserbrin4994

gung oder -konsumation wird durch die in Anhang K (Personenverkehr) vorgesehenen Bedingungen geregelt. Das Kapitel hält zudem fest, dass das Fehlen einer in Übereinstimmung mit der Grundnorm erlassenen Einschränkung die Gewährung der Inländerbehandlung zur Folge hat, dabei das Recht der EFTA-Mitgliedstaaten auf Regelung ihrer Dienstleistungsmärkte jedoch unbeschadet lässt.

Mit Ländervorbehalten haben die EFTA-Mitgliedstaaten die Möglichkeit, vom Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs abzuweichen. Die Schweiz hat sich jene Vorbehalte zusichern lassen, welche für die Beibehaltung der jetzigen Rechtslage notwendig waren. Ein weiterer Vorbehalt brachte sie betreffend die Massnahmen des kantonalen und kommunalen Rechts an. Hingegen beinhaltet das Kapitel eine «Standstill-Klausel», wonach die bei Inkrafttreten des Übereinkommens geltenden Einschränkungen weder ausgeweitet noch verschärft werden dürfen. Des Weiteren sieht das Kapitel eine Meistbegünstigungsklausel vor, gemäss derer sich die EFTAMitgliedstaaten zusichern, einander keine schlechtere Behandlung zukommen zu lassen als einem anderen Drittstaat. Davon ausgenommen sind einzig die Mitgliedstaaten der EU. Im Hinblick auf zukünftige Abkommen zwischen den Mitgliedstaaten der EFTA und der EG verpflichten sich die EFTA-Mitgliedstaaten zur Aufnahme von Verhandlungen, um die aus solchen Abkommen resultierenden Vorteile auf gegenseitiger Basis aufeinander auszudehnen.

Im Finanzdienstleistungssektor können die EFTA-Mitgliedstaaten Massnahmen ergreifen, die aus aufsichtsrechtlichen Gründen erforderlich sind, um den Schutz von Investoren, Kontoinhabern, Versicherungsnehmern oder von Personen, gegenüber denen eine Verbindlichkeit auf Grund eines Treuhandgeschäfts besteht, oder die Integrität und Stabilität des Finanzsystems sicherzustellen. Diese Massnahmen dürfen allerdings die Gesellschaften der anderen EFTA-Mitgliedstaaten gegenüber den eigenen Gesellschaften nicht benachteiligen.

Aus dem vorliegenden aufdatierten EFTA-Übereinkommen kann keine Pflicht für die EFTA-Mitgliedstaaten zur Offenlegung von Angaben über die Geschäfte und Rechnungsunterlagen einzelner Kunden oder sonstiger vertraulicher oder geschützter Informationen, die sich im Besitz öffentlicher Stellen befinden, abgeleitet werden (Art. 31: Regulierung des Finanzmarktes). Die
Gewährleistung von gegenseitiger Anerkennung darf nicht in einer Weise vorgenommen werden, dass sie bei der Anwendung von Normen oder Kriterien für die Zulassung, Genehmigung oder Bescheinigung von Dienstleistungserbringern einem Mittel zur Diskriminierung zwischen verschiedenen Ländern gleichkommen würde (Art. 32: Anerkennung).

Was die audiovisuellen Dienstleistungen betrifft, so bleibt die Konvention des Europarates über Grenzüberschreitendes Fernsehen (die im übrigen ähnlich wie die Europäische Richtlinie mit demselben Titel gehalten ist) im Verhältnis Schweiz-EFTAStaaten weiterhin anwendbar. Im Übrigen sollen Diskussionen in diesem Bereich im Rahmen der EFTA gemäss der von der Schweiz im Europarat verfolgten Linie erfolgen. Dabei muss auch den Verhandlungen mit der Europäischen Union in diesem Bereich und ihren Resultaten Rechnung getragen werden. Was den Status von Beihilfen und Subventionen an den audiovisuellen Sektor betrifft, so dürften diese im Rahmen der EFTA, namentlich was die Radio- und Fernsehgebühren betrifft, nicht in Frage gestellt werden.

4995

Das Kapitel beinhaltet ferner nach Ländern gegliederte Ausnahmelisten30, die den EFTA-Mitgliedstaaten erlauben, von den in diesem Kapitel statuierten Verpflichtungen abzuweichen. Diese Ausnahmen kommen bei aufsichtsrechtlichen Tätigkeiten zur Anwendung oder betreffen Massnahmen zum Schutze der öffentlichen Ordnung, der öffentlichen Gesundheit oder des Umweltschutzes. Ebenfalls einem Vorbehalt unterliegen die Massnahmen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung sowie jene zur richtigen Anwendung des Steuerrechts. Der letzte Artikel verhindert schliesslich die Anrufung dieses Kapitels zur Geltendmachung von Rechten im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens.

2.2.7

Land- und Luftverkehr

2.2.7.1

Landverkehr

Die gegenseitige Liberalisierung des Zugangs zu Verkehrsmärkten wird neu in das Übereinkommen eingeführt (Art. 35, Verkehr). Der neue Anhang P regelt die Modalitäten der Liberalisierung im Landverkehrsbereich.

Der Inhalt des Landverkehrsabkommens wird auf Grund des Gleichbehandlungsprinzips aller Länder gleichwertig auf die EFTA-Staaten übertragen, wobei der Wortlaut so weit wie möglich identisch mit dem sektoriellen Abkommen gehalten wird. Dabei bilden der gegenseitige Marktzugang im Strassen- und Schienenbereich für den Personen- und Gütertransport sowie die Kontingentszuteilung für 40Tonnen-Fahrten und die Leer- und Leichtfahrten die zentralen Bestandteile der Übereinkunft.

Es gelten die Prinzipien der Nichtdiskriminierung, Reziprozität, Territorialität, Transparenz sowie der freien Wahl des Verkehrsträgers ebenso wie die Zielsetzungen der nachhaltigen Mobilität und einer koordinierten Verkehrspolitik im Alpenraum.

Im Anwendungsbereich wird ausdrücklich erwähnt, dass sowohl der bilaterale, der Transit- als auch der Dreiländerverkehr im Güter- und Personenbereich auf der Strasse sowie der internationale Schienenverkehr für Güter und Personen und der kombinierte Verkehr durch das Vertragswerk geregelt werden. Hingegen wird die Anwendung auf Eisenbahnunternehmen, welche ausschliesslich im Regional-, Agglomerations- oder Stadtverkehr tätig sind, ausgeschlossen.

2.2.7.1.1

Überführung des «acquis communautaire»

Im Rahmen des EFTA-Übereinkommens führt die Schweiz den acquis der EU, welcher auch im Anhang 1 des Landverkehrsabkommens mit der EU genannt ist, in äquivalentes schweizerisches Recht über. Die Anpassung des schweizerischen Rechts an die EU-Rechts-Entwicklung, beispielsweise im Eisenbahnrecht, muss zuerst im Rahmen des Gemischten Ausschusses Schweiz­EU geregelt werden, bevor Anpassungen im Rahmen des EFTA-Übereinkommens vorgenommen werden können.

30

Wie beim WTO/GATS-Übereinkommen werden diese Listen nicht veröffentlicht. Sie sind auf Anfrage beim seco, 3003 Bern, erhältlich.

4996

Artikel 29 des Anhangs P zum Landverkehr regelt die Modalitäten betreffend Ausschuss, der das Recht hat, Vorschläge in Bezug auf Rechtsanpassungen dem EFTARat zu unterbreiten.

2.2.7.1.2

Vorrang der bestehenden bilateralen Abkommen

Bestehende bilaterale Abkommen unter EFTA-Mitgliedsländern wie beispielsweise zwischen der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein haben gemäss Artikel 4 des Anhangs P Vorrang vor den vorliegenden Bestimmungen in Bezug auf die Belange des internationalen Güter- und Personenverkehrs.

2.2.7.1.3

Kontingentsregelungen

In Bezug auf die Kontingentszuteilung für die 40-Tonnen-Fahrten sowie die Leerund Leichtfahrten sind die Verhandlungspartner übereingekommen, diese den einzelnen Mitgliedstaaten bilateral und nicht als Gesamtheit der EFTA (wie dies für die EU der Fall ist) zuzuteilen.

Analog zur vorgezogenen Anwendung der Kontingentsregelung mit der EU wird den EFTA-Mitgliedsländern Fürstentum Liechtenstein, Norwegen und Island eine Anwendung der Kontingentsregelung zugestanden, bevor die revidierte EFTAGründungsakte in Kraft treten kann. Zu diesem Zweck wurden bereits vorgängig zur definitiven Überarbeitung der EFTA-Gründungsakte Verhandlungen zwischen der Schweiz und den einzelnen EFTA-Ländern betreffend Anzahl Kontingente durchgeführt. Auf Grund des bereits am 25. April 2001 erfolgten Bundesratsbeschlusses bezüglich dieser Kontingentsregelungen und entsprechenden Entwürfe zum Notenaustausch kann die vorgezogene Anwendung dieser Kontingentsregelung mittels Notenaustausch zwischen den betroffenen Regierungen vollzogen werden.

Auf der Basis der Berechnungsgrundlagen der Kontingentszuteilung für die EU können den EFTA-Mitgliedsländern folgende Kontingente zugeteilt werden: Land

FL N ISL

40-T-Kontingente

Leer-/Leichtfahrten

2001/2

2003/4

4000 900 4

5000 1200 7

3000 500 5

Da die Schweiz mit Liechtenstein auf staatsvertraglicher Basis eine Zollunion31 bildet, wird Liechtenstein auch ein Kontingent für Binnenfahrten im gemeinsamen Zollraum erteilt (gleiche Behandlung wie ein schweizerischer Kanton). Die Anzahl Binnenkontingente beträgt je 2385 entsprechend 795 Tageskarten für die Jahre

31

Vertrag zwischen der Schweiz und Liechtenstein über den Anschluss des Fürstentums Liechtenstein an das schweizerische Zollgebiet vom 29. März 1923 (SR 0.631.112.514).

4997

2001/2 resp. je 3180 Binnenkontingente entsprechend 1060 Tageskarten für die Jahre 2003/4.

2.2.7.2

Luftverkehr

Von den derzeitigen EFTA-Mitgliedstaaten hat einzig Norwegen ein Luftverkehrsabkommen mit der Schweiz abgeschlossen32. Das Abkommen enthält lediglich Bestimmungen über den Linienverkehr; dabei beschränkt es sich auf die wichtigsten Punkte wie Verkehrsrechte, Kapazitäten und Tarife. Die Luftverkehrsbeziehungen zwischen der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein sind in einem Notenaustausch vom 25. Januar 195033 geregelt. Dieser sieht eine grundsätzliche Delegation beinahe sämtlicher Aufsichtsaufgaben Liechtensteins an die Schweiz vor.

Die Liberalisierung des Luftverkehrs wird gemäss Artikel 35 des neuen Übereinkommens in Anhang Q (Anh.) geregelt.

Der Anhang basiert im Grundsatz auf den Bestimmungen des Abkommens über den Luftverkehr mit der EU, mit Ausnahme der Regeln über den Wettbewerb sowie die institutionellen Bestimmungen (ausser der Errichtung des Ausschusses über den Luftverkehr). Die beiden Bereiche wurden ausgeklammert, weil es sich dabei um horizontale Regelungen handelt, die im Abkommen selbst für alle Bereiche gleichermassen geregelt werden.

Der Anhang enthält zehn Artikel sowie eine Anlage mit allen europäischen Rechtsakten, die zwischen den Vertragsstaaten Anwendung finden sollen.

Abgesehen von den bereits erwähnten Bestimmungen über den Wettbewerb sowie die institutionellen Fragen sind die wesentlichen materiellen Unterschiede zum Abkommen mit der EG die Folgenden: Artikel 3 über die Niederlassungsfreiheit ist im Zusammenhang mit Anhang L des Abkommens zu sehen; dieser enthält einen Vorbehalt Islands, demzufolge im Bereich der Luftfahrt die isländischen Bestimmungen über die Investitionen durch Ausländer beibehalten werden sollen. Zwei Jahre nach Inkrafttreten des Abkommens soll dieser Vorbehalt einer erneuten Überprüfung unterzogen werden.

Überdies sieht der Anhang den unbeschränkten Zugang zu den Flughäfen der Mitgliedstaaten gemäss Verordnung 2408/92 (siehe Anlage zum Anhang) vor.

Die Anlage ist integrierender Bestandteil des Anhangs. Mit Ausnahme des Wettbewerbsrechts, das aus den oben dargelegten Gründen ausgeklammert wurde, entspricht die in der Anlage enthaltene Liste des sekundären Gemeinschaftsrechts der im Anhang zum Abkommen mit der EG enthaltenen Liste.

2.2.8

Öffentliches Beschaffungswesen

Das bilaterale Abkommen zwischen der Schweiz und der EG über Aspekte des öffentlichen Beschaffungswesens bezweckt eine Erweiterung des Anwendungsbe32 33

AS 1957 565 AS 1973 973

4998

reichs des WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA)34 auf das Verhältnis Schweiz­EU, um einen dem EWR vergleichbaren gegenseitigen Marktzutritt der Anbieter aus den Vertragsparteien zu erreichen. Nachdem im letzten Jahr auch Island dem GPA beigetreten ist, sind nun alle EFTA-Länder Mitglieder dieses Übereinkommens. Im Rahmen der Verhandlungen über die Erweiterung der EFTA-Konvention ist es nun gelungen, den mit dem EWR vergleichbaren gegenseitigen Marktzutritt, wie er im bilateralen Vertrag Schweiz­EU enthalten ist, auf die EFTA-Staaten auszudehnen.

Der zusätzliche gegenseitige Marktzugang wird in Artikel 37 Kapitel XII sowie in Anhang R des revidierten EFTA-Übereinkommens geregelt. Wie das bilaterale Abkommen Schweiz­EU bauen auch die Bestimmungen des revidierten EFTA-Übereinkommens auf dem GPA auf. Dies wird im Übereinkommen festgehalten, das darüber hinaus auch die Grundprinzipien der Nichtdiskriminierung, der Transparenz und des gegenseitigen Marktzutritts festhält. Die Umschreibung des erweiterten Anwendungsbereichs erfolgt im Anhang und seinen Anlagen.

Wie im bilateralen Abkommen Schweiz­EU soll der Anwendungsbereich der GPABestimmungen auf Stellen ausgedehnt werden, die dem GPA nicht unterstehen. Diese sind dieselben wie im bilateralen Vertrag Schweiz­EU: die privaten Anbieter in denjenigen Sektoren, in denen die öffentlichen Anbieter durch das GPA schon abgedeckt sind, nämlich in den Bereichen Wasser- und Elektrizitätsversorgung sowie Verkehr. Zusätzlich sollen Anbieter im Bereich Energie (ausgenommen Elektrizität) und im Bereich des Schienenverkehrs abgedeckt werden (Art. 2 von Anh. R). Im Energiebereich besteht eine Sonderregelung für Beschaffungsstellen Norwegens im Öl- und Gassektor. Infolge eines Beschlusses der EFTA-Überwachungsbehörde sind für diese Bereiche flexiblere Verfahren anwendbar (Fn. 1 zu Art. 2 b [ii]), wobei die Beschaffungen auch hier nach den Prinzipien der Nichtdiskriminierung, Transparenz und des Wettbewerbs erfolgen müssen.

Anders als im bilateralen Vertrag Schweiz­EG sollen Anbieter im Bereich der Telekommunikation angesichts der Liberalisierung dieses Marktes nicht erfasst werden.

Die Entwicklungen in diesem Bereich lassen nämlich den Schluss zu, dass in diesem Markt tätige Anbieter bei Inkrafttreten des revidierten EFTA-Übereinkommens
von der Bestimmung profitieren dürften, wonach eine Stelle nicht (mehr) den Beschaffungsregeln unterstellt ist, wenn sie in einem geografhisch bestimmten Gebiet, unter im Wesentlichen gleichen Bedingungen, dieselben Dienstleistungen wie ihre Konkurrenten erbringt (Art. 3 von Anh. R). Diese Bestimmung findet sich auch im bilateralen Abkommen Schweiz­EU.

Der gegenseitige Marktzutritt für Beschaffungen der Gemeinden soll, wie im bilateralen Abkommen Schweiz­EU, im Rahmen des GPA sichergestellt werden. Da mit dem Inkrafttreten des bilateralen Abkommens Schweiz­EU die Schweiz die Gemeinden dem GPA unterstellt und die anderen EFTA-Partner diese schon unterstellt haben, ist es nicht mehr nötig, diesen Grundsatz im revidierten EFTAÜbereinkommen festzuhalten. Die EFTA-Partner werden auf das Inkrafttreten der revidierten EFTA-Konvention hin eine Notifikation an die WTO richten, die zum Zweck hat, dass Anbieter aus einem EFTA-Staat in einem anderen EFTA-Staat für Beschaffungen der Gemeinden zugelassen werden.

34

SR 0.632.231.42

4999

Im Hinblick darauf, dass alle Beschaffungsstellen ­ ob dem GPA, dem bilateralen Abkommen Schweiz­EU oder der EFTA-Konvention unterstellt ­ dieselben Grundsätze und Regeln anwenden sollen, sind im revidierten Übereinkommen keine neuen Regeln vorgesehen. Gemäss Artikel 6 und 9 von Anhang R sowie Anlage 14 finden die Regeln des GPA Anwendung. Die Schwellenwerte sind dieselben wie im bilateralen Abkommen Schweiz­EU (Art. 5), die Bestimmungen decken dieselben Dienstleistungen ab (Art. 4 von Anh. R sowie die Anlagen 10 und 11) und dieselben Ausnahmen sind anwendbar (Art. 8 von Anh. R sowie die Anlagen 10 und 13).

Im bilateralen Abkommen Schweiz­EG ist zusätzlich zum Beschwerdeverfahren eine besondere Überwachung der Einhaltung der Verpflichtungen vorgesehen. Diese Bestimmung wurde indessen nicht in die EFTA-Konvention aufgenommen. Die EFTA-Partner zeigten kein besonderes Interesse an der Übernahme dieser Bestimmung und die Schweiz möchte zunächst im Rahmen des bilateralen Abkommens Schweiz­EU Erfahrungen betreffend diese Überwachungsmechanismen sammeln, bevor diese auf andere Partner ausgedehnt werden.

Die in der Konvention vorgesehene allgemeine Nichtdiskriminierungsbestimmung sowie Artikel 7 decken die im bilateralen Abkommen Schweiz­EU vorgesehene, rechtlich nicht durchsetzbare Bestimmung ab, wonach die vom Abkommen erfassten Beschaffungsstellen auch unterhalb der Schwellenwerte nicht diskriminierend handeln sollen. Wie im bilateralen Abkommen Schweiz­EG wurden auch im Rahmen der revidierten EFTA-Konvention die auf Grund des Binnenmarktgesetzes eingeführten Rechtsmittel unterhalb der Schwellenwerte ausdrücklich von dieser Bestimmung ausgeschlossen (Art. 7 von Anh. R, letzter Satz, sowie Anlage 12).

Die im bilateralen Abkommen Schweiz­EU vorgesehenen Kontaktstellen sollen auch im Rahmen des revidierten EFTA-Übereinkommens den Austausch von Informationen sicherstellen (Art. 10 von Anh. R).

2.2.9

Andere geänderte oder neue Bestimmungen des EFTA-Übereinkommens

2.2.9.1

Präambel und Vertragsziele

Präambel Die Präambel erinnert an die verschiedenen Etappen der EFTA-Entwicklung sowie an den Willen der EFTA-Staaten zur Erhaltung und Vertiefung ihrer besonderen Beziehung. Sie behandelt überdies die Leitmotive der Revision des EFTA-Übereinkommens und die damit verfolgten Ziele.

Vertragsziele Die betreffende Vertragsbestimmung (Art. 2: Ziele) handelt von den Mitteln, die erweiterten Ziele der EFTA zu erreichen: die kontinuierliche und ausgewogene Verstärkung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den EFTA-Staaten zu gleichen Wettbewerbsbedingungen sowie die Beachtung der äquivalenten Bestimmungen, der freie Warenverkehr, die schrittweise Liberalisierung der Personenfreizügigkeit, der Dienstleistungen und der Investitionen, die Realisierung eines erhöhten Schutzniveaus bei den Rechten des Geistigen Eigentums sowie die Liberalisierung der Vergabe öffentlicher Aufträge.

5000

2.2.9.2

Ausnahmen und Sicherheitsklauseln

Ausnahmen betreffend die innere Sicherheit Das revidierte EFTA-Übereinkommen garantiert den Schutz der Interessen der EFTA-Staaten im Bereich der inneren Sicherheit (Art. 39: Ausnahmen betreffend die innere Sicherheit). Es erlaubt daher jedem EFTA-Staat von allen Bestimmungen des EFTA-Übereinkommens abzuweichen, wenn er dies als für den Erhalt seiner Unabhängigkeit oder aus Gründen übergeordneter nationaler Interessen im Bereich der inneren Sicherheit als notwendig erachtet.

Schutzklausel in Form einer Generalklausel Das revidierte EFTA-Übereinkommen definiert die Schutzmassnahmen, welche bei schweren wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und Umweltproblemen ergriffen werden dürfen (Art. 40: Schutzmassnahmen). Die Bedingungen und Modalitäten ihrer Ergreifung werden aufgezählt (Art. 41: Schutzmassnahmen). Die Schutzmassnahmen können gegenüber allen EFTA-Staaten angewandt werden. Sie dürfen jedoch erst ergriffen werden, nachdem der Rat konsultiert und eine gegenseitige einvernehmliche Lösung angestrebt wurde, und dies frühestens einen Monat nach der Mitteilung. Bei aussergewöhnlichen Umständen, welche Sofortmassnahmen erfordern, kann der betroffene EFTA-Staat die notwendigen vorsorglichen Massnahmen anwenden (Art. 41 Abs. 3). Die solchermassen angewandten Schutzmassnahmen bleiben weiterhin Gegenstand der Konsultationen mit dem Rat. Dies im Hinblick auf ihre allfällige Aufhebung oder der Einschränkung ihres Anwendungsbereiches.

Streitigkeiten bezüglich des Anwendungsbereiches oder der Dauer der Schutzmassnahmen können einem Schiedsgerichtsverfahren unterstellt werden (Art. 48: Schiedsgerichtsbarkeit).

2.2.9.3

EFTA-Rat

Der EFTA-Rat ist für die richtige Anwendung und das gute Funktionieren des EFTA-Übereinkommens zuständig (Art. 43: Rat). Er übt die Aufgaben aus, welche ihm durch das EFTA-Übereinkommen zugewiesen werden, entscheidet, in den dafür vorgesehenen Fällen (Art. 53: Anhänge), über Änderungen des Übereinkommens, erleichtert den gegenseitigen Informationsaustausch und die Konsultationen zwischen den EFTA-Staaten, handelt die Handels- und Kooperationsverträge zwischen den EFTA-Staaten und allen Drittstaaten, Staatenverbänden oder internationalen Organisationen aus und bemüht sich, Streitigkeiten, welche ihm von einer Streitpartei vorgelegt werden, zu schlichten.

Das Übereinkommen gibt dem Rat die Vollmacht ­ neben den durch das Übereinkommen vorgesehenen Ausschüssen ­ Organen, weitere Ausschüsse oder Arbeitsgruppen einzusetzen (Art. 43 Abs. 3: Rat). Diese Ausschüsse, Arbeitsgruppen und Organe sind im Anhang aufgezählt (Anh. S).

Als paritätisches Organ entscheidet der Rat einstimmig. Er kann somit Entscheidungen nur im Einvernehmen mit allen Vertragsparteien fällen. Seine Entscheidbefugnisse sind im Übereinkommen abschliessend festgelegt. Darüber hinaus kann er nur Empfehlungen erlassen. Grundsätzlich sind die Entscheidungen des Rates von den 5001

EFTA-Staaten nach ihren jeweils eigenen Verfahren zu genehmigen. Das Gleiche gilt für jegliche Änderung des Übereinkommens (Art. 59: Änderung). Der Vollzug der Entscheidungen wird durch die einzelnen EFTA-Staaten sichergestellt. Der Rat ist befugt, in den hierfür vorgesehenen Fällen die Anhänge und die Anlagen zu modifizieren (Art. 53 Abs. 3: Anhänge). Was die Schweiz betrifft, bedeutet diese Kompetenzdelegation gleichzeitig eine Kompetenzdelegation an den Bundesrat, welcher in eigener Regie die Änderungen der Anhänge genehmigen darf. Somit ist festzuhalten, dass die Genehmigung des Abkommens zur Änderung des Übereinkommens durch die Bundesversammlung dem Bundesrat die genannte zusätzliche Kompetenz einräumt35. Der Bundesrat wird daher ermächtigt sein, die Änderungen der Anhänge und Anhänge durch den Rat zu genehmigen.

2.2.9.4

Streitschlichtung

Das revidierte Übereinkommen sieht einen Streitschlichtungsmechanismus vor (Kapitel XVII: Konsultationen und Streitschlichtung), welcher dem speziellen Charakter der Beziehungen zwischen den EFTA-Staaten Rechnung trägt. Der Mechanismus sieht die Möglichkeit von Konsultationen unter den Streitparteien, und gegebenenfalls im Rat, sowie ein Schiedsverfahren vor.

Der Anwendungsbereich dieses Mechanismus ist genau festgelegt (Art. 46: Anwendungsbereich). Die EFTA-Staaten müssen zwingend Konsultationen abhalten, bevor sie zum Schiedsverfahren Zuflucht nehmen (Art. 47: Konsultationen). Diejenigen Staaten, welche nicht in den Streit involviert sind, müssen über diesen informiert werden. Der Rat nimmt sich einer Angelegenheit erst an, wenn er diesbezüglich von einem EFTA-Staat angefragt wird.

Das Schiedsverfahren kann durch jeden EFTA-Staat in Gang gesetzt werden, wenn der Streit nicht auf dem Konsultationswege innert einer Frist von 45 Tagen beigelegt werden kann (Art. 48: Schiedsverfahren und Anh. T). Jeder EFTA-Staat, der nicht in den Streit involviert ist, wird über das Schiedsverfahren informiert und kann an diesem teilnehmen und seinen Standpunkt bekannt geben (Art. 48 Abs. 2). Die Urteile des Schiedsgerichts sind für alle am Streit beteiligten EFTA-Staaten verbindlich und endgültig (Art. 48 Abs. 3).

2.2.9.5

Schlussbestimmungen

Das Übereinkommen berührt die Rechte und Pflichten der EFTA-Mitgliedstaaten, welche aus Verträgen mit Drittstaaten oder aus multilateralen Verträgen entstehen, in keiner Weise (Art. 49 Abs. 1). Die Anwendung der Bestimmungen des EWR zwischen den EFTA-Staaten, welche dem EWR angehören, der Nordischen Kooperation und der Zollunion zwischen der Schweiz und Liechtenstein bleibt ausdrücklich vorbehalten.

Der völkerrechtliche Grundsatz, wonach jeder in Kraft stehende Vertrag dessen Parteien bindet und nach Treu und Glauben erfüllt werden muss,36 ist ausdrücklich fest35 36

JAAC 51/IV, S. 395 f.

Art. 26 und 27 VRK (SR 0.111)

5002

gehalten (Art. 50: Rechte und Pflichten der Mitgliedstaaten). Die EFTA-Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die Erfüllung ihrer völkerrechtlichen Verpflichtungen sicherzustellen.

Die Schlussbestimmungen enthalten überdies Regelungen bezüglich Transparenz (Art. 51), Geheimhaltung (Art. 52), die Zulassung und Assoziation neuer Mitgliedstaaten (Art. 56), die Ratifikationsbestimmung (Art. 54), das Inkrafttreten (Art. 55), den Austritt (Art. 57) und der Übereinkommensänderung (Art. 59). Um den Erfahrungen der Vergangenheit Rechnung zu tragen, sieht die Rücktrittsklausel vor, dass die EFTA-Mitgliedstaaten im Rücktrittsfall angemessene Lösungen vorsehen müssen, vor allem auf Haushaltsebene (Art. 57 Abs. 2).

Der räumliche Anwendungsbereich des Übereinkommens erstreckt sich auf die EFTA-Mitgliedstaaten, mit Ausnahme der norwegischen Region Svalbard (Anh. U).

Norwegen ist Depositarstaat. Die einzige verbindliche Vertragssprache ist das Englische.

2.2.9.6

Inkrafttreten

Gemäss seinem Artikel 3 tritt das Abkommen am ersten Tag des zweiten Monats nach der Hinterlegung der letzten Ratifikationsurkunde in Kraft. Aus technischen Gründen ist es wünschenswert, dass es möglichst zur gleichen Zeit wie die sektoriellen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU in Kraft tritt.

3

Finanzielle und personelle Auswirkungen für den Bund und die Kantone

Das Abkommen wird wahrscheinlich zusätzliche begrenzte Ausgaben für Bund und Kantone zur Folge haben. Dies insbesondere auf Grund der Bestimmungen über die technischen Handelshemmnisse, die Sozialversicherungen und den Landverkehr.

Die genauen Mehrausgaben können in der Mehrheit der Fälle zum heutigen Zeitpunkt nicht exakt beziffert werden. Sicher werden sie gering und unbedeutend sein: Nur marginale Zunahme der Ausgaben, welche vorgenommen werden müssen oder welche bereits infolge des Abschlusses der sektoriellen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU vorgenommen worden sind, geringe Intensität der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Vertragsparteien (namentlich Island und Norwegen). Gleiches gilt auch bezüglich der Erhöhung des Personalbestandes.

3.1

Technische Handelshemmnisse

Die Erweiterung der Notifikationspflicht gemäss Anhang H auf geplante Erlasse betreffend Dienste der Informationsgesellschaft hat für den Bund und die Kantone nur einen geringfügigen Mehraufwand zur Folge. Da die Formen und Arten solcher Dienste heute nicht abschliessend bekannt sind, lässt sich dieser Mehraufwand indessen nicht beziffern. Trotz der Dynamik in diesem Bereich ist jedoch nicht mit einer wesentlichen Zunahme der Notifikationen zu rechnen, da mit einer fortschrei-

5003

tenden Harmonisierung der materiellen Vorschriften in der EG bzw. im EWR der Umfang der von den Mitgliedstaaten zu notifizierenden Dienste tendenziell abnehmen wird. Da der Umfang der Notifikationspflicht gemäss Anhang H mit jenem des EG- bzw. des EWR-Notifikationsverfahrens übereinstimmt, wird demzufolge auch der Vollzugsaufwand für die Meldung der schweizerischen Vorhaben wiederum entsprechend verringert.

Was die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen anbelangt, wurde unter Ziffer 311.1337 der Botschaft zu den bilateralen Abkommen mit der EG bereits darauf hingewiesen, dass der Bund wegen der beträchtlichen Intensivierung der internationalen Zusammenarbeit in den vom MRA mit der EG betroffenen Produktebereichen für die erfolgreiche Umsetzung des Abkommens zusätzliche personelle und finanzielle Ressourcen benötigt. Da die EFTA/EWR-Staaten als Beobachter an den Treffen im Rahmen des Abkommens mit der EG teilnehmen werden, kann davon ausgegangen werden, dass für den Vollzug des Anhang M kaum zusätzliche Ressourcen erforderlich sein werden.

3.2

Soziale Sicherheit

Die Koordination unseres Sozialversicherungssystems mit jenem Norwegens und Islands dürfte insgesamt wegen des geringen Personenverkehrs zwischen der Schweiz und diesen Ländern ein sehr bescheidenes Ansteigen der Ausgaben hinsichtlich der Versicherungsleistungen bewirken. Im Verhältnis zu Liechtenstein ist die Zahl der Betroffenen grösser; dennoch dürften die neuen Bestimmungen hinsichtlich der Leistungen keine grösseren Zusatzausgaben erzeugen.

Im Bereich der AHV/IV wurde die notwendige Umgestaltung des Teilrentensystems in ein Pro-Rata-System bereits im Zusammenhang mit der Genehmigung des Freizügigkeitsabkommens mit der EG beschlossen. Die mit der Umgestaltung verbundenen Mehrkosten wurden deshalb bereits in der diesbezüglichen Botschaft ausgewiesen.

Die aus der Überweisung der IV-Viertelsrenten und der Abschaffung der Karenzfrist für Ergänzungsleistungen für Staatsangehörige der EFTA-Mitgliedstaaten resultierenden Mehrkosten sind ebenfalls vernachlässigbar. Diese Massnahmen sind denn bereits im geltenden bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und Liechtenstein vorgesehen.

Auf dem Gebiet der Krankenversicherung können die aus der Anwendung der neu geregelten Leistungsaushilfe sowie die aus der Prämienverbilligung für Personen mit Wohnsitz in Norwegen und Island resultierenden Kosten nicht beziffert werden. Im Verhältnis zu Liechtenstein wird die Schweiz auch weiterhin keine Prämienverbilligung an Personen mit Wohnsitz in Liechtenstein zu entrichten haben.

Was schliesslich die Arbeitslosenversicherung betrifft, so ist es zum heutigen Zeitpunkt kaum möglich, die finanziellen Auswirkungen des EFTA-Abkommens für diesen Bereich zu beziffern, dies infolge der geringen Zahl von Staatsangehörigen eines EFTA-Staates, welche in der Schweiz eine Beschäftigung ausüben. Die finanziellen Folgen dürften jedoch gering sein.

37

BBl 1999 VII 6414

5004

In jedem Bereich der Sozialversicherung werden künftig gleichzeitig mehrere Übereinkommen mit EFTA-Staaten zur Anwendung gelangen (das EFTA-Übereinkommen, die aktuellen bilateralen Abkommen und mit Liechtenstein das Übereinkommen zwischen der Schweiz, Deutschland, Österreich und Liechtenstein). Dies wird die rechtliche Situation sowie die Kontroll- und Überwachungsarbeiten erschweren.

Darüber hinaus, analog zum sektoriellen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU, wird sich die Schweiz an den Ausschüssen der EFTA beteiligen, die Konsequenzen der Änderungen des EWR-Abkommens und der damit zusammenhängenden Rechtsprechung auf das EFTA-Übereinkommen prüfen und die neuen Änderungen zum Anhang über die Soziale Sicherheit vorbereiten. Die Schweiz wird schliesslich eine Verbindung zwischen dem Anhang über die Soziale Sicherheit des sektoriellen Abkommens über die Freizügigkeit und dem Anhang über die Soziale Sicherheit des EFTA-Übereinkommens herzustellen suchen, um damit die Arbeit der anwendenden Behörden zu erleichtern. In diesem Zusammenhang wird ein übergreifendes Übereinkommen, umfassend das EFTA-Übereinkommen und das sektorielle Abkommen, verfasst werden müssen. Das Bundesamt für Sozialversicherung schätzt den benötigten Personalaufwand zur Bestreitung der zusätzlichen Arbeiten auf drei Personen.

3.3

Landverkehr

Die finanziellen Aufwendungen für die Druckkosten der zusätzlichen Kontingentsformulare sind relativ gering.

Die personellen Auswirkungen in Bezug auf die Abwicklung der Kontingentsformalitäten erfordern einen Mehraufwand für das Bundesamt für Strassen (ASTRA) durch die Bewilligungsausstellung und das Inkasso für Liechtenstein sowie für die Zollbehörden. Dieser Mehraufwand für die Kontrollen resp. die Abgabeerhebung durch die Zollbehörden ist jedoch gering, da diese die LSVA mit den entsprechenden Formalitäten von allen Transporteuren erheben müssen.

4

Legislaturplanung

Das Projekt ist nicht speziell im Legislaturplan 1999­200338 angekündigt worden, resultiert aber direkt aus dem Abschluss der sektoriellen Abkommen mit der EU, welche im Legislaturplan 1995­199939 figuriert. Die Ausweitung der sektoriellen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU auf die EFTA-Staaten tritt im Rahmen von Ziel 1 des Legislaturplanes 1999­200340 (R2 Teilnahme der Schweiz am europäischen Integrationsprozess) in Erscheinung.

Die Begleitmassnahmen entsprechen im Prinzip denjenigen, welche bezüglich der sektoriellen Abkommen beschlossen worden sind.

38 39 40

BBl 2000 2168 BBl 1996 II 328 BBl 2000 2174

5005

Die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen betreffend die technischen Handelshemmnisse sind nicht im Legislaturpan 1999­2003 vorgesehen. Diese resultieren aus der Weiterentwicklung des Gemeinschaftsrechtes und des EFTA-Rechtes.

5

Verhältnis zum Europäischen Recht und WTO-Recht

Durch die Revision des Übereinkommens werden die EFTA-Regeln den Gemeinschaftsregeln angenähert. Norwegen, Island und Liechtenstein wenden in ihrem Verhältnis untereinander die Bestimmungen des EWR-Abkommens an, während die Schweiz in ihrem Verhältnis zu den EFTA-Staaten die den Bestimmungen der sektoriellen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU nachgebildeten Regeln anwendet.

Das Abkommen wird in Ausführung von Artikel XXIV GATT 1994 und Artikel V GATS der WTO gemeldet werden müssen.

5.1

Technische Handelshemmnisse

Die Erweiterung des Notifikationsverfahrens gemäss Anhang H sowie das Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen gemäss Anhang M des Übereinkommens sind mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz vollständig vereinbar. Für weitere Einzelheiten sei namentlich auf die Ausführungen in den oben erwähnten Botschaften zur Genehmigung der Notifikationsverfahren41 bzw. auf die Darlegungen unter Ziffer 5342 der Botschaft zu den sektoriellen Abkommen mit der EU verwiesen.

5.2

Öffentliches Beschaffungswesen

Das revidierte EFTA-Übereinkommen übernimmt kein EU-Recht, denn für alle EFTA-Partner sind die Bestimmungen des WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen anwendbar. Auch bleiben die Verpflichtungen der Schweiz gegenüber anderen WTO-Mitgliedern unberührt. Die Ausführungen in Ziffer 52 der Botschaft zum sektoriellen Abkommen Schweiz/EU gelten auch für das revidierte EFTA-Übereinkommen.

6

Verfassungsmässigkeit

Der Entwurf des Genehmigungsbeschlusses basiert auf Artikel 54 Absatz 1 BV, welcher dem Bundesrat die allgemeine Kompetenz in der Aussenpolitik zuweist.

Dies äussert sich besonders in der Kompetenz zum Abschluss völkerrechtlicher

41 42

BBl 1988 II 373 bzw. BBl 1990 I 479 BBl 1999 VII 6430 ff.

5006

Verträge. Gemäss Artikel 166 Absatz 2 BV ist die Bundesversammlung zur Genehmigung der abgeschlossenen Verträge aufgerufen.

Gemäss Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffern 1­3 BV sind völkerrechtliche Verträge, welche von unbestimmter Dauer oder unkündbar sind oder welche den Beitritt der Schweiz zu einer internationalen Organisation oder eine multilaterale Rechtsvereinheitlichung vorsehen, dem fakultativen Referendum zu unterstellen.

Das EFTA-Übereinkommen, wie es durch das Abkommen geändert werden soll, sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor. Es ist somit zu prüfen, ob allenfalls eine multilaterale Rechtsvereinheitlichung angestrebt wird. Grundsätzlich spricht man dann von einer solchen Rechtsvereinheitlichung im Sinne von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV, wenn ein völkerrechtlicher Vertrag uniformes Recht enthält, dessen Bestimmungen zur Hauptsache innerstaatlich unmittelbar anwendbar sind und welche genügend detailgetreu einen in sich geschlossenen juristischen Sachverhalt regeln.43 In der Tat richten sich die Bestimmungen des revidierten EFTA-Übereinkommens an die administrativen und richterlichen Behörden und sind genügend bestimmt und klar, um im Einzelfall unmittelbar anwendbar zu sein, d.h. als Grundlage eines Entscheides im Einzelfall zu dienen.44 Der Genehmigungsbeschluss betreffend das multilaterale Abkommen zwischen Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz ist daher dem fakultativen Referendum gemäss Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV zu unterstellen, welche von völkerrechtlichen Verträgen handelt, die eine multilaterale Rechtsvereinheitlichung bezwecken.

Das Gesetzesprojekt bezüglich der Bestimmungen des freien Personenverkehrs basiert zur Hauptsache auf den Artikeln 112, 113, 114, 116 Absatz 2, 117, 121 und 122 Absatz 1 BV. Die beabsichtigten Änderungen des Bundesgesetzes über die technischen Handelshemmnisse stützen sich auf die Artikel 54, 95 und 101 BV.

7

Gesamtschau der vorgesehenen Gesetzesänderungen

7.1

Genehmigung des Abkommens

Der Genehmigungsbeschluss bezieht sich auf das Abkommen zur Änderung des Übereinkommens vom 4. Januar 1960 zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA), welches am 21. Juni 2001 von der Schweiz, Liechtenstein, Island und Norwegen in Vaduz unterzeichnet worden ist.

7.2

Gesetzesänderungen

Das Bundesgesetz bezüglich der Bestimmungen des freien Personenverkehrs, welche im Abkommen zur Änderung des Übereinkommens vom 4. Januar 1960 zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation ­ von der Schweiz, Liechtenstein, Norwegen und Island am 21. Juni 2001 unterzeichnet ­ enthalten sind, umfasst die folgenden Gesetzesänderungen: 43 44

BBl 1994 IV 419 BGE 120 Ia 10 ff.

5007

­

Bundesgesetz vom 26. März 1931 über den Aufenthalt und die Niederlassung von Ausländern (ANAG), SR 142.20;

­

Bundesgesetz vom 16. Dezember 1983 über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (BewG), SR 211.412.41;

­

Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG), SR 831.10;

­

Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG), SR 831.20;

­

Bundesgesetz vom 19. März 1965 über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (ELG), SR 831.30;

­

Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenenund Invalidenvorsorge (BVG), SR 831.40;

­

Bundesgesetz vom 17. Dezember 1994 über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (FZG), SR 831.42;

­

Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG), SR 832.10;

­

Bundesgesetz vom 20. März 1981 über die Unfallversicherung (UVG), SR 832.20;

­

Bundesgesetz vom 20. Juni 1952 über die Familienzulagen in der Landwirtschaft (FLG), SR 836.1;

­

Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (AVIG), SR 837.0;

­

Änderung des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 1995 über die technischen Handelshemmnisse (THG), SR 946.51.

Die Kantone und die Wirtschaftsakteure sind über die vorgesehenen Gesetzesänderungen konsultiert worden. Es sind keine Einwände erhoben worden. Die Dauer der Vernehmlassung musste aus Gründen der Vorbereitung der Botschaft erheblich verkürzt werden.

7.3

Authentischer Text, Übersetzungen und Veröffentlichung des Abkommens

1960 wurde das EFTA-Übereinkommen auf Englisch und Französisch redigiert. In den Verhandlungen haben Island, Liechtenstein und Norwegen verlangt, dass entweder nur auf Englisch oder aber in ihren jeweiligen eigenen Amtssprachen (Isländisch, Deutsch, Norwegisch; für die Schweiz: Deutsch, Französisch und Italienisch) redigiert werde. Um Zeit zu gewinnen, wurde vereinbart, sich auf Englisch zu beschränken. Die Erstellung eines Abkommenstextes in sechs authentischen Sprachfassungen hätte wohl mehrere weitere Monate in Anspruch genommen. Die Schweiz veröffentlicht das Abkommen als Übersetzung in ihre Amtssprachen.

Die komplexe Struktur des Abkommens zur Änderung des EFTA-Übereinkommens, die in Ziffer 21 beschrieben wird, rechtfertigt für seine Veröffentlichung sowohl im

5008

Bundesblatt wie anschliessend in der Amtlichen und Systematischen Sammlung besondere Regeln. Um eine doppelte Publikation derselben Bestimmungen, einerseits im Abkommen zur Änderung des EFTA-Übereinkommens und anderseits in der konsolidierten Version des EFTA-Übereinkommens zu vermeiden, soll lediglich der Hauptteil des Abkommens veröffentlicht werden, im weiteren die Konkordanztabelle zwischen der alten und neuen Nummerierung des Übereinkommens (also das Abkommen ohne seine Anhänge I bis XVIII) sowie die konsolidierte Version des EFTA-Übereinkommens unter Einschluss der Anhänge und der Schlussakte gleichzeitig mit dem Abkommen unterzeichnet worden sind. Wie bei der Veröffentlichung des Allgemeinen Abkommens über den Dienstleistungshandel der WTO werden die Ausnahmelisten im Bereiche der Dienstleistungen nicht veröffentlicht, unter Beachtung der Artikel 4 und 14, Absatz 4 des Publikationsgesetzes45. Der Text dieser Listen ist auf der Internetseite der EFTA46 verfügbar und kann auf Verlangen beim seco, 3003 Bern, bezogen werden.

45 46

SR 170.512 www.efta.int

5009