01.061 Bericht zum revidierten Übereinkommen über den Mutterschutz und zum Rückzug von fünf Übereinkommen (88. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz 2000) vom 15. Juni 2001

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, gestützt auf Artikel 19 der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) unterbreiten wir Ihnen einen Bericht zum revidierten Übereinkommen über den Mutterschutz (Nr. 183), das die Internationale Arbeitskonferenz an ihrer 88. Tagung verabschiedet hat. Ausserdem informieren wir Sie über den Rückzug von fünf Übereinkommen. Wir beantragen Ihnen, vom Bericht Kenntnis zu nehmen.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

15. Juni 2001

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates

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Der Bundespräsident: Moritz Leuenberger Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

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Übersicht Der vorliegende Text untersucht einerseits, ob das revidierte Übereinkommen über die Mutterschaft (Nr. 183) mit unserem nationalen Recht übereinstimmt und informiert andererseits über den Rückzug von fünf Übereinkommen durch die Internationale Arbeitskonferenz (IAK).

Zum neuen Übereinkommen Nr. 183 über die Mutterschaft: Die Revision des alten Übereinkommens Nr. 103 erhöht das Schutzniveau und führt zugleich eine gewisse Flexibilisierung ein. Der Schutz wird auf alle Frauen, auch auf jene in atypischen Arbeitsverhältnissen, ausgedehnt. Zudem wird der Mutterschaftsurlaub von 12 auf 14 Wochen verlängert. Gleichzeitig können gewisse Bestimmungen durch nationale Gesetze und nach Konsultationen mit den Sozialpartnern abgeschwächt werden. So kann beispielsweise statt einer Versicherungslösung die direkte Belastung des Arbeitgebers während des Mutterschaftsurlaubs vorgesehen werden. Ausserdem können bestimmte Kategorien von Frauen vom Übereinkommen gezielt ausgeschlossen werden.

Gemäss langjähriger Praxis ratifiziert die Schweiz jene IAO-Übereinkommen, deren Bestimmungen mit nationalem Recht und nationaler Praxis übereinstimmen. Ausnahmen gab es nur bei den fundamentalen Übereinkommen der IAO, welche heute alle von der Schweiz ratifiziert sind. Nach dem Abstimmungsresultat vom 13. Juni 1999 gibt es in der Schweiz weiterhin weder eine Mutterschaftsversicherung noch einen Mutterschaftsurlaub, weshalb eine Ratifikation des Übereinkommens nicht möglich ist.

Der vorliegende Bericht wurde der Eidgenössischen Kommission für Angelegenheiten der IAO vorgelegt. Diese ausserparlamentarische beratende Kommission, welche aus Mitgliedern der Verwaltung und der Sozialpartner besteht, wurde mit der Ratifizierung des Übereinkommens Nr. 144 der IAO im vergangenen Jahr eingesetzt. Sie stimmt der vorliegenden Analyse des Berichts zu.

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Bericht 1

Einführung

Gemäss Artikel 19 Absätze 5 und 6 der Verfassung der IAO sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, ihren Parlamenten die Übereinkommen und die internationalen Arbeitsempfehlungen, die an den Tagungen der IAK angenommen werden, vorzulegen.

Diese Vorlage hat binnen einem Jahr nach Beendigung der Tagung der IAK zu erfolgen. Die Frist kann um höchstens sechs Monate verlängert werden.

Im vorliegenden Bericht analysieren wir das mit der Empfehlung Nr. 191 ergänzte und am 15. Juni 2000 angenommene (abgeänderte) Übereinkommen Nr. 183 betreffend die Revision des Übereinkommens über den Mutterschutz, 1952, sowie den Rückzug von gegenstandslos gewordenen Übereinkommen, das heisst : Das Übereinkommen (Nr. 31) über die Arbeitszeit (Kohlenbergbau), 1931; das abgeänderte Übereinkommen (Nr. 46) über die Arbeitszeit (Kohlenbergbau), 1935; das Übereinkommen (Nr. 51) über die Verkürzung der Arbeitszeit (öffentliche Arbeiten), 1936; das Übereinkommen (Nr. 61) über die Verkürzung der Arbeitszeit (Textilindustrie), 1937; und das Übereinkommen (Nr. 66) über Wanderarbeiter, 1939.

2

Das Übereinkommen (Nr 183) betreffend die Revision des (abgeänderten) Übereinkommens (Nr. 103) über den Mutterschutz, 1952

2.1

Allgemeiner Teil

An seiner 268. Tagung (März 1997) hat der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes (IAA) beschlossen, die Frage der Revision des Übereinkommens (Nr.°103) (abgeändert) und der Empfehlung (Nr. 95) über den Mutterschutz, 1952, auf die Traktandenliste der 87. Sitzung der IAK zu setzen.

Gestützt auf die an der ersten Diskussion im Juni 1999 angenommenen Schlussfolgerungen hat das IAA gemäss Artikel 39 des Konferenz-Reglements die Entwürfe für ein Übereinkommen und für eine Empfehlung vorbereitet, die als Grundlage für die zweite Diskussion anlässlich der 88. Sitzung der IAK dienten. Am 15. Juni 2000 hat die IAK das Übereinkommen (Nr. 183) betreffend die Revision des (abgeänderten) Übereinkommens über den Mutterschutz, 1952, und die dazugehörige Empfehlung (Nr. 191) angenommen. Dieses Übereinkommen ersetzt das (abgeänderte) Übereinkommen (Nr. 103) über den Mutterschutz von 1952 (vgl. Art. 13 des Übereinkommens [Nr. 183] ), das nur von wenigen Staaten ratifiziert wurde.

Die Annahme eines neuen Übereinkommens über den Mutterschutz bildet das Ergebnis erheblicher Anstrengungen des IAA seit Mitte der 80er-Jahre zur Frage von Bedeutung und Wirksamkeit der internationalen Arbeitsnormen, mit dem Ziel herauszufinden, ob sie den heutigen Verhältnissen noch angemessen sind. Denn seit der Annahme des Übereinkommens (Nr. 103) im Jahre 1952 hat sich die Rolle der Frau in der Gesellschaft verändert, die Beschäftigungsstruktur hat eine bedeutsame Entwicklung erfahren, und der Anteil der erwerbstätigen Frauen hat stark zugenommen,

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weshalb der Mutterschutz der Arbeitnehmerinnen immer mehr an Bedeutung gewinnt.

Das neue Übereinkommen bringt erhebliche Fortschritte mit sich, indem der den Frauen während der Schwangerschaft und der Stillzeit zukommende Schutz ausgedehnt wird, selbst wenn es in bestimmten Bereichen durch einen Verweis auf die innerstaatliche Gesetzgebung und Rechsprechung eine verstärkte Flexibilität einführt mit dem Ziel, eine grössere Anzahl von Ratifikationen zu erreichen. Diesbezüglich kann sich die Schweiz den durch dieses neue Instrument verfolgten Zielen anschliessen.

2.2

Besonderer Teil

2.2.1

Erläuterung der Bestimmungen und Haltung der Schweiz gegenüber dem Übereinkommen

Das Übereinkommen (Nr. 183) enthält 21 Artikel, wovon nur die ersten elf Artikel materiell-rechtlicher Natur sind. Um festzustellen, ob die Schweiz die Anforderungen des Übereinkommens erfüllt, müssen dessen Bestimmungen mit den Gesetzesnormen und der Praxis der Schweiz verglichen werden, namentlich mit den Bestimmungen des Obligationenrechts (OR; SR 220), des Arbeitsgesetzes vom 13. März 1964 (ArG; SR 822.11) und dessen Ausführungsverordnungen, insbesondere der Verordnung 1 (ArGV 1; SR 822.111), des Gleichstellungsgesetzes vom 24. März 1995 (GlG; SR 151) und des Bundesgesetzes vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10).

Gemäss Artikel 1 des Übereinkommens bezeichnet der Begriff «Frau» jede Person weiblichen Geschlechts ohne irgendwelche Diskriminierung. Es handelt sich um eine sehr offene Begriffsumschreibung. Der Begriff «Diskriminierung» muss im Sinne des Übereinkommens (Nr. 111) über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf, 1958, verstanden werden. Ferner finden sich diese Begriffsumschreibungen im Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (SR 0.108), und im Übereinkommen vom 21. Dezember 1965 zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (SR 0.104), die ebenfalls von der Schweiz ratifiziert wurden. Ferner schliesst das Übereinkommen Nr. 183 jede auf der Mutterschaftssituation basierende Diskriminierung aus, indem es den Inhalt von Artikel 2 des Übereinkommens (Nr. 103) übernimmt. Die Begriffsbestimmung von «Kind» ist derjenigen der «Frau» nachgebildet. Insbesondere ist damit auch das Adoptivkind gemeint. Einen besonderen Schutz lassen die Bestimmungen des Übereinkommens dem Kind allerdings nicht angedeihen. Allgemein gewährleistet Artikel 8 der Bundesverfassung die Gleichbehandlung und die Nicht-Diskriminierung; ferner hat die Schweiz das Übereinkommen Nr. 111 (vgl. die Botschaft BBL 1960 I 29) der IAO, die Europäische Menschenrechtskonvention (Artikel 14; SR 0.101) und den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (Artikel 26; SR 0.103.2) ratifiziert. Insofern stellt diese Bestimmung des Übereinkommens Nr. 183 keinerlei Probleme für das schweizerische Recht.

Artikel 2 des Übereinkommens umschreibt den persönlichen Geltungsbereich des Übereinkommens.

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Gemäss Ziffer 1 von Artikel 2 gilt das Übereinkommen für alle unselbstständig beschäftigten Frauen, einschliesslich derjenigen, die in atypischen Formen abhängiger Arbeit tätig sind. Der Ausdruck «beschäftigte Frauen» umfasst alle Frauen, die einem Arbeitsverhältnis verpflichtet sind, unbesehen der Form des Arbeitsvertrags (mündlich oder schriftlich, ausdrücklich oder stillschweigend) oder der Art der Entlöhnung. Bestimmend ist die Arbeitsbeziehung unabhängig von der Art der Arbeit oder dem Arbeitsort. Das ArG findet grundsätzlich auf alle öffentlichen oder privaten Betriebe, die dauernd oder vorübergehend einen oder mehrere Arbeitnehmer beschäftigen, Anwendung (Art. 1 Abs. 1 und 2 ArG). Nach dem OR verpflichtet sich der Arbeitnehmer durch den Einzelarbeitsvertrag auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Leistung von Arbeit im Dienst des Arbeitgebers und dieser zur Entrichtung seines Lohnes; zum Begriff des Arbeitsvertrags kommt ebenfalls die Teilzeitarbeit hinzu (Art. 319 OR). Der Geltungsbereich des Übereinkommens umfasst somit denjenigen des ArG und des OR, und die Ziffer 1 kann somit angenommen werden.

Ziffer 2 von Artikel 2 erlaubt die teilweise oder ganze Ausnahme von begrenzten Gruppen von Arbeitnehmern aus dem Geltungsbereich des Übereinkommens, wenn die Anwendung des Übereinkommens auf diese Gruppen besondere Probleme von erheblicher Bedeutung aufwerfen würde.

Ziffer 3 von Artikel 2 stipuliert die Modalitäten der Anwendung der vorstehenden Ziffer.

Das ArG schliesst von seinem Geltungsbereich nicht nur bestimmte Personengruppen aus (vor allem die Heimarbeiter, vgl. Art. 3 ArG), sondern auch bestimmte Arten von Betrieben (namentlich die Landwirtschaftsbetriebe, die Unternehmen des öffentlichen Verkehrs und die öffentlichen Verwaltungen, vgl. Art. 2 ArG). Für die öffentlichen Verwaltungen muss präzisiert werden, dass gemäss Artikel 3a ArG Artikel 35 ArG über den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmerin bei Mutterschaft auf die Verwaltungen des Bundes, der Kantone und der Gemeinden anwendbar ist. Ist die in Ziffer 2 vorgesehene Flexibilitätsklausel ausreichend, um diese Ziffer akzeptieren zu können? Diese Frage kann angesichts des Umstands, dass weitere Bestimmungen dieses Instrumentes mit dem schweizerischen Recht nicht vereinbar sind, offen gelassen werden (vgl. nachstehend).

Artikel 3 des
Übereinkommens stellt eine allgemeine Bestimmung bezüglich des Gesundheitsschutzes von Mutter und Kind dar. Er verlangt von den Mitgliedstaaten, dass sie, nach Anhörung der repräsentativsten Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, Massnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass schwangere oder bruststillende Frauen nicht gezwungen sind, Arbeit zu verrichten, die für die Gesundheit der Mutter oder des Kindes schädlich ist oder die eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit von Mutter oder Kind darstellt. Auf der Grundlage der dem Bundesrat durch Artikel 35 Absatz 2 des ArG eingeräumten Befugnis regelt Artikel 62 ArGV 1 die Ausübung von gefährlichen oder beschwerlichen Arbeiten bei Schwangerschaft und Mutterschaft, Tätigkeiten, die nur erlaubt sind, wenn auf Grund einer Risikobeurteilung feststeht, dass für die Gesundheit von Mutter und Kind keine Belastung vorliegt, oder dass eine solche durch geeignete Schutzmassnahmen ausgeschaltet werden kann. Artikel 3 kann angenommen werden.

Artikel 4 des Übereinkommens behandelt den Mutterschaftsurlaub. Jede Frau, auf die das Übereinkommen Anwendung findet, hat Anspruch auf einen mindestens

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vierzehnwöchigen Mutterschaftsurlaub (Ziff. 1). Der Mutterschaftsurlaub hat einen sechswöchigen obligatorischen Urlaub nach der Entbindung einzuschliessen, soweit auf innerstaatlicher Ebene von der Regierung und den repräsentativen Verbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer nichts anderes vereinbart wird (Ziff. 4). Das ArG sieht keinen Mutterschaftsurlaub als solchen vor (mit der Idee der Entlöhnung); es untersagt die Beschäftigung der Frauen während acht Wochen nach der Niederkunft; danach dürfen die Wöchnerinnen bis zur 16. Woche nur mit ihrem Einverständnis beschäftigt werden (Art. 35a Abs. 3 ArG). Artikel 4 kann somit nicht angenommen werden.

Artikel 5 des Übereinkommens regelt die Eventualität einer Krankheit, von Komplikationen oder die Gefahr von Komplikationen als Folge der Schwangerschaft oder der Entbindung. In einem solchen Fall muss ein zusätzlicher Urlaub gewährt werden. Dieser Urlaub ist nicht Teil des oben erwähnten Mutterschaftsurlaubs, aber muss unter ganz bestimmten Umständen, vor oder nach dem Mutterschaftsurlaub, gewährt werden. Die Art und die Höchstdauer dieses Urlaubs können in Übereinstimmung mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis vorgeschrieben werden.

In der Schweiz ist dieser Urlaub ein Krankheitsurlaub. Die Tatsache, dass eine Frau am Schluss ihres Mutterschaftsurlaubes wegen einer Krankheit der Arbeit fernbleibt, führt zu keinen Problemen. Die Frage der Entlöhnung während dieses «zusätzlichen Urlaubs» stellt sich jedoch im gleichen Sinne wie bei Artikel 4 (vgl. nachstehend zu Art. 6).

Artikel 6 des Übereinkommens regelt die Frage der Gewährung von Geld- oder Sachleistungen während des Urlaubs gemäss Artikel 4 und 5.

Während Ziffer 1 von Artikel 6 den Grundsatz aufstellt, legen die Ziffern 2 bis 4 die Kriterien bezüglich des Niveaus der zu gewährenden Geldleistungen fest. Dieses Niveau muss den Unterhalt der Frau und des Kindes in einwandfreien gesundheitlichen Verhältnissen und bei angemessener Lebenshaltung gewährleisten (Ziff. 2).

Beruhen die für den in Artikel 4 erwähnten Urlaub gezahlten Geldleistungen auf dem früheren Verdienst, darf der Betrag dieser Leistungen zwei Drittel des früheren Verdienstes der Frau oder des für die Berechnung der Leistungen berücksichtigten Teils dieses Verdienstes nicht unterschreiten (Ziff. 3). Werden die Geldleistungen
auf Grund anderer Methoden bestimmt, hat ihr Betrag dem Betrag vergleichbar zu sein, der sich im Durchschnitt aus der Anwendung von Ziffer 3 ergibt (Ziff. 4). Jedes Mitglied hat sicherzustellen, dass die Anspruchsvoraussetzungen für Geldleistungen von einer grossen Mehrheit der Frauen, für die dieses Übereinkommen gilt, erfüllt werden können (Ziff. 5).

Artikel 324a Absatz 3 OR sieht vor, dass der Arbeitgeber im Falle von Schwangerschaft und Niederkunft der Arbeitnehmerin in gleicher Weise während einer bestimmten begrenzten Zeit zur Lohnzahlung verpflichtet ist, wie im Falle von Krankheit oder Unfall der Arbeitnehmerin (Art. 324a Abs. 1 und 2). Allerdings ist die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Lohnzahlung zeitlich begrenzt: Während des ersten Dienstjahres für 3 Wochen, und anschliessend für eine angemessene längere Zeit, je nach der Dauer des Arbeitsverhältnisses und den besonderen Umständen.

Aus Gründen der Vereinfachung haben gewisse Gerichte (Bern, Zürich und Basel) Skalen ausgearbeitet, woraus ersichtlich ist, auf wie viele Wochen Bezahlung die Arbeitnehmer je nach der Anzahl ihre Dienstjahre Anspruch haben. Diese Skalen gelten heute als Referenz. Die Geldleistungen gemäss OR erlauben so der Frau nicht immer, ihren und ihres Kindes Unterhalt zu bestreiten. Es kommt vor, dass selbst die 5872

acht Wochen, während denen die Arbeit untersagt ist, wie sie vom ArG vorgesehen sind, nicht vollständig bezahlt werden. So muss eine Person nach der «Berner Skala» im dritten Dienstjahr sein, damit der Arbeitgeber verpflichtet ist, den Lohn während den vom ArG vorgesehenen achtwöchigen Arbeitsverbots zu bezahlen (im 10. Dienstjahr, um Anspruch auf 16 bezahlte Wochen zu haben). Ferner wird der Anspruch der Arbeitnehmerin auf Lohnzahlung, wenn sie während des Dienstjahres krank geworden ist, ­ ob dies nun mit der Mutterschaft zusammenhänge oder nicht ­ um die Anzahl Krankheitstage reduziert.

Geldleistungen können im Falle von Mutterschaft auch im Rahmen des KVG ausgerichtet werden. Die Taggeldversicherung ist allerdings freiwillig. Vorausgesetzt, eine Frau hat eine solche Versicherung abgeschlossen, hat sie Anspruch auf Mutterschaftsleistungen, wenn sie bei der Niederkunft seit mindestens 270 Tagen und ohne Unterbrechung von mehr als drei Monaten versichert war. Der Versicherer muss die Leistungen während 16 Wochen ausrichten, wovon mindestens acht Wochen nach der Niederkunft. Diese Leistungen dürfen nicht auf die Dauer der Ausrichtung der Taggeldleistungen bei Krankheit angerechnet werden und müssen selbst nach deren Ausschöpfung geleistet werden (Art. 74 KVG). Ist die Frau am Ende des Mutterschaftsurlaubs jedoch krank und hat sie ihren Taggeldanspruch bei Krankheit ausgeschöpft (Art. 72 Abs. 3 KVG), hat sie keinen Anspruch mehr auf Geldleistungen der Krankenversicherung während des zusätzlichen Urlaubs gemäss Artikel 5 des Übereinkommens.

Bezüglich der Leistungshöhe vereinbart der Versicherer mit dem Versicherungsnehmer das versicherte Taggeld (Art. 72 Abs. 1 KVG). Die Versicherer sind nicht gehalten, eine Minimalentschädigung vorzuschlagen. Die Kassen begrenzen die Einzeltaggeldversicherung im Sinne des KVG oft auf 6, 10 oder 30 Franken pro Tag.

Unsere innerstaatlichen Leistungen erfüllen die Anforderungen des Übereinkommens nicht, sodass die Ziffern 2, 3, 4 und 5 nicht angenommen werden können.

Ziffer 6 von Artikel 6 stipuliert den Grundsatz, wonach den Frauen, welche die Anspruchsvoraussetzungen für Geldleistungen nicht erfüllen, Leistungen aus der Sozialhilfe zu gewähren sind. Das Recht, in Notlagen Hilfe zu erhalten, ist in Artikel 12 der Bundesverfassung verankert. In der Schweiz fällt
die Sozialhilfe in die Zuständigkeit der Kantone; sie kommt nur ergänzend und subsidiär zum Zuge und gilt nur für die Personen, die keine Sozialversicherungsdeckung haben oder nicht mehr haben, oder deren Einkommen ungenügend ist. Das schweizerische Recht im Bereich der Sozialhilfe ist mit den Anforderungen des Übereinkommens vereinbar, weshalb Ziffer 6 angenommen werden kann.

Gemäss Ziffer 7 von Artikel 6 müssen der Mutter und ihrem Kind ärztliche Leistungen in Übereinstimmung mit der innerstaatlichen Gesetzgebung oder auf eine andere der innerstaatlichen Praxis entsprechenden Weise gewährt werden. Diese Leistungen haben Betreuung vor, während und nach der Entbindung und erforderlichenfalls Krankenhauspflege zu umfassen. Bei Mutterschaft sieht das KVG Sachleistungen im Rahmen der Krankenpflegeversicherung vor (obligatorische Versicherung für die ganze Bevölkerung). Diese Versicherung übernimmt die von Ärzten und Ärztinnen oder von Hebammen durchgeführten oder ärztlich angeordneten Kontrolluntersuchungen während und nach der Schwangerschaft; die Entbindung zu Hause, in einem Spital oder einer Einrichtung der teilstationären Krankenpflege sowie die Ge-

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burtshilfe durch Ärzte und Ärztinnen oder Hebammen; einen Beitrag von 100 Franken für die Geburtsvorbereitung in Kursen, welche die Hebamme in Gruppen durchführt; die Stillberatung, sofern sie durch Hebammen oder durch speziell in Stillberatung ausgebildete Krankenschwestern oder Krankenpfleger durchgeführt wird (Art. 29 KVG). Ist die Frau während der Schwangerschaft oder nach der Entbindung krank, hat sie Anspruch auf die allgemeinen Leistungen bei Krankheit. Die Dauer der Übernahme der Krankenpflege und der Medikamente ist unbegrenzt. Die schweizerische Gesetzgebung betreffend die obligatorische Krankenpflegeversicherung (KVG, 2. Titel) ist mit dieser Ziffer vereinbar.

Ziffer 8 von Artikel 6 sieht einerseits vor, dass die Leistungen im Zusammenhang mit dem Urlaub durch eine obligatorische Sozialversicherung oder aus öffentlichen Mitteln oder auf eine durch die innerstaatliche Gesetzgebung und Praxis bestimmte Weise zu gewähren sind. Anderseits schreibt diese Bestimmung vor, dass dem Arbeitgeber die unmittelbaren Kosen einer solchen Geldleistung, die einer von ihm beschäftigten Frau zusteht, ohne seine ausdrückliche Zustimmung nicht persönlich auferlegt werden dürfen. Diese Befreiung des Arbeitgebers von den Kosten der einer Arbeitnehmerin geschuldeten finanziellen Leistungen unterliegt einer zweifachen Ausnahme: Erstens kann ein Mitgliedstaat, der vor dem 15. Juni 2000 (Zeitpunkt der Annahme des Übereinkommens) über ein solches System verfügte, dies weiterführen und das Übereinkommen ratifizieren, ohne seine Gesetzgebung abzuändern.

Zweitens: Ein Mitgliedstaat, der das Übereinkommen ratifiziert hat, kann später ein solches System beschliessen, dies unter dem Vorbehalt, dass die Regierung die Zustimmung der repräsentativen Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer hat.

Das Übereinkommen ist in diesem Punkt von einer grossen Flexibilität geprägt, die es erlaubt, verschiedenen Systemen Rechnung zu tragen.

Zusammengefasst kann Ziffer 6 nicht angenommen werden, da das schweizerische Recht den bezahlten Mutterschaftsurlaub immer noch nicht kennt.

Artikel 7 des Übereinkommens führt eine Flexibilitätsklausel zu Gunsten von Ländern ein, deren Wirtschaft und System der Sozialen Sicherheit unzureichend entwickelt sind. Dieser Artikel findet keine Anwendung auf die Schweiz.

Artikel 8 des Übereinkommens
ist auf einen genügenden Beschäftigungsschutz gerichtet.

Gemäss Ziffer 1 von Artikel 8 ist es einem Arbeitgeber untersagt, das Arbeitsverhältnis einer Frau während ihrer Schwangerschaft, des Mutterschaftsurlaubs oder während des Urlaubs im Fall einer Krankheit oder von Komplikationen sowie während eines durch die innerstaatliche Gesetzgebung vorzuschreibenden Zeitraums nach ihrer Rückkehr an den Arbeitsplatz zu beenden, ausser aus Gründen, die mit der Schwangerschaft oder der Geburt des Kindes und ihren Folgen oder dem Stillen nicht zusammenhängen. Gemäss Artikel 336c Absatz 1 Buchstabe c OR darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis während der Schwangerschaft und in den 16 Wochen nach der Niederkunft nicht kündigen. Allein die Kündigung aus wichtigen Gründen im Sinne von Artikel 337 OR ist möglich. Als wichtiger Grund gilt namentlich jeder Umstand, bei dessen Vorhandensein dem Kündigenden nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann (Art. 337 Abs. 2 OR). Eine Kündigung während dieser Sperrfristen, die nicht aus wichtigen Gründen erfolgt, ist nichtig (Art. 337c Abs. 2 OR). Von daher kann ein dem schweizerischen Recht unterworfener Arbeitgeber, sofern er nicht einen wichtigen Grund hat, das

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Arbeitsverhältnis während der Sperrfrist nicht kündigen, selbst wenn sein Grund keinen Bezug zur Schwangerschaft oder der Geburt des Kindes und ihren Folgen oder dem Stillen hat. So wäre beispielsweise eine Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen in der Schweiz nichtig, während dies in Bezug auf das Übereinkommen (Nr. 183) möglich wäre. Da unsere Gesetzgebung die Arbeitnehmerinnen besser schützt als das Übereinkommen, kann diese Ziffer angenommen werden.

Ziffer 2 von Artikel 8 schreibt vor, dass eine Frau nach dem Ende ihres Mutterschaftsurlaubes an denselben oder einen gleichwertigen Arbeitsplatz mit dem gleichen Entgelt zurückkehren kann. Der Umstand, dass sie nicht an denselben oder einen gleichwertigen Arbeitsplatz zurückkehren kann, käme einer Änderung des Arbeitsvertrags gleich; im schweizerischen Recht geht aus dem Begriff des Vertrags selbst hervor, dass alle Änderungen, die nach dem Abschluss des Arbeitsvertrags eintreten, der übereinstimmenden Willensäusserung der Vertragsparteien bedürfen.

Sind sich die Parteien über die Änderung des Vertrags uneinig ­ also hier über den Umstand, dass die Frau nicht an ihren angestammten oder gleichwertigen Arbeitsplatz zurückkehren kann ­, muss der Arbeitgeber, der die Vertragsänderung vorgeschlagen hat, den Arbeitsvertrag kündigen. Andernfalls bleiben die früheren Bedingungen, über die sich die Parteien einig waren, in Kraft (Art. 320 OR; BGE 109 II 327). Ferner verbietet Artikel 3 GlG jede Entlassung, die, selbst nach der Sperrfrist gemäss Artikel 336c Absatz 1 Buchstabe c OR, auf eine Diskriminierung wegen des Geschlechts, insbesondere unter Berufung auf die familiäre Situation oder die Schwangerschaft, gestützt ist (Art. 3 Abs. 1 und 2 GlG). So genügt es für die betroffene Arbeitnehmerin, eine Diskriminierung glaubhaft zu machen, damit diese vermutet wird (Art. 6 GlG). Die Verletzung des Diskriminierungsverbots kann in diesem Fall eine Entschädigung von bis zu sechs Monatslöhnen bewirken (Art. 5 Abs. 2 und 4 GlG). Somit kann angenommen werden, dass der durch das OR gebotene Schutz in diesem Punkt den Anforderungen von Ziffer 2 entspricht.

Artikel 8 des Übereinkommen kann vollumfänglich angenommen werden.

Artikel 9 des Übereinkommens verpflichtet die Mitgliedstaaten, Massnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass Mutterschaft keinen Grund für
eine Diskriminierung in der Beschäftigung darstellt (Ziff. 1). Der Grundsatz der Nichtdiskriminierung gemäss Artikel 8 der Bundesverfassung ist insbesondere im GlG umgesetzt worden, dessen Artikel 3 die Diskriminierung der Arbeitnehmer auf Grund ihres Geschlechts, namentlich sofern es die Arbeitnehmerinnen anbelangt, unter Berufung auf ihre Schwangerschaft untersagt. Diesbezüglich verweisen wir ebenfalls auf die Artikel 4, 5 und 6 GlG.

Das Verbot von Schwangerschaftstests ist eine der in Ziffer 2 von Artikel 9 aufgezählten Massnahmen, die dem Grundsatz gemäss Ziffer 1 Nachachtung verschaffen sollen. Allerdings erlaubt diese Bestimmung, dass Schwangerschaftstests ausnahmsweise aus Gründen der Sicherheit und der Gesundheit durchgeführt werden können. Gemäss der schweizerischen Gesetzgebung ergibt sich das Verbot von Schwangerschaftstests stillschweigend aus dem Schutz der Persönlichkeit (insbesondere von Art. 328 OR). Ferner verbietet Artikel 3 Absätze 1 und 2 GlG jede Diskriminierung auf Grund des Geschlechts bei der Anstellung, der Aufgabenzuteilung, und vor allem jede Diskriminierung auf Grund des Zivilstands, der familiären Situation oder der Schwangerschaft. Schwangerschaftstests können jedoch als objektiv gerechtfertigte Massnahmen betrachtet werden und sind somit möglich für Arbeiten, die in schwangerem Zustand nicht ausgeführt werden können (Mannequins, Tänze5875

rinnen, für die Entwicklung der Schwangerschaft schädliche Tätigkeiten usw.). Artikel 9 kann somit vollumfänglich angenommen werden.

Artikel 10 des Übereinkommens garantiert der Frau das Recht auf eine oder mehrere tägliche Pausen oder auf eine tägliche Verkürzung der Arbeitszeit zum Bruststillen ihres Kindes (Ziff. 1). Diese Stillpausen sind als Arbeitszeit anzurechnen und entsprechend zu bezahlen (Ziff. 2). Das ArG sieht vor, dass der Arbeitgeber den Müttern die erforderliche Zeit zum Stillen freigeben muss (Art. 35a Abs. 2); Artikel 60 Absatz 2 ArGV 1 schreibt vor, dass die Zeit für das Stillen im ersten Lebensjahr des Kindes als Arbeitszeit anzurechnen ist, wenn die Arbeitnehmerin ihr Kind im Betrieb stillt; verlässt sie den Arbeitsort zum Stillen, kann die Arbeitnehmerin die Hälfte dieser Abwesenheit als Arbeitszeit zählen. Das Problem der Entlöhnung dieser Pausen ist im Gesetz nicht geregelt, doch sofern die Parteien nichts Gegenteiliges vereinbart haben, ist diese Zeit, die als Arbeitszeit gilt, in aller Regel entlöhnt.

Ob die Tatsache, dass diese Zeit nicht systematisch entlöhnt ist, für eine Ratifikation ein Hindernis bildet, ist eine Frage, die in Anbetracht der sonstigen Hindernisse offen bleiben kann.

Gemäss Artikel 11 des Übereinkommens muss jedes Mitglied in Beratung mit den repräsentativen Verbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer regelmässig prüfen, ob es zweckmässig ist, die Dauer des Mutterschaftsurlaubs zu verlängern oder den Betrag oder Satz der Geldleistungen anzuheben.

Die Artikel 12 bis 21 des Übereinkommens enthalten die üblichen Schlussbestimmungen, die keiner besonderer Erörterungen bedürfen. Nur Artikel 13 des Übereinkommens verdient hervorgehoben zu werden: Er sieht vor, dass das Übereinkommen Nr. 183 mit seinem Inkrafttreten das Übereinkommen Nr. 103, ersetzt. Nachdem bis anhin zwei Mitgliedstaaten der IAO (Italien und Slowakei) das neue Übereinkommen Nr. 183 ratifiziert haben, wird dieses am 7. Februar 2002 in Kraft treten, und ab diesem Zeitpunkt ist die Ratifikation des Übereinkommens Nr. 103 nicht mehr möglich.

2.2.2

Haltung gegenüber der Empfehlung

Die Empfehlung (Nr. 191) hat keinen zwingenden Charakter. Die Frage der Ratifikation stellt sich deshalb nicht. Wir beschränken uns darauf, den Inhalt dieser Empfehlung zusammenzufassen, ohne feststellen zu wollen, ob sie mit der geltenden schweizerischen Gesetzgebung vereinbar ist oder nicht.

Dieser Text empfiehlt insbesondere den Mitgliedern, die Dauer des Schwangerschaftsurlaubs auf mindestens 18 Wochen und das Niveau der Geldleistungen entsprechend dem gesamten vorherigen Verdienst festzusetzen. Ferner lädt sie die Mitglieder ein, Massnahmen zu treffen, um die Beurteilung aller Risiken zu gewährleisten, welche der Arbeitsort für die Sicherheit und die Gesundheit der schwangeren oder ihr Kind stillenden Frau mit sich bringen könnte. Schliesslich verlangt die Empfehlung, dass der Schutz auf andere Arten von Elternurlaub ausgedehnt wird (Elternurlaub, Urlaub bei Adoption).

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2.2.3

Schlussfolgerung

Dieses neue Instrument bringt Verbesserungen in Bezug auf das Übereinkommen Nr. 103, beispielsweise indem es den persönlichen Geltungsbereich ausdehnt und die Dauer des Mutterschaftsurlaubs erhöht. Parallel dazu sieht es aber Verfeinerungen vor (vor allem Art. 6 Ziff. 8), um eine grössere Anzahl von Ratifikationen zu erreichen. Das schweizerische Recht ist zur Zeit mit den Bestimmungen des Übereinkommens nicht vereinbar. Wir verzichten deshalb darauf, Ihnen die Ratifikation des Übereinkommens Nr. 183 betreffend die Revision des (abgeänderten) Übereinkommens über den Mutterschutz, 1952, zu beantragen. Wir weisen Sie jedoch darauf hin, dass dieses neue internationale Instrument und die vorliegende Analyse ein wichtiges Element der Debatte über eine künftige Gesetzgebung im Bereich des Mutterschaftsurlaubs bilden. Ist diese Gesetzgebung einmal verabschiedet, beantragen wir Ihnen, dass die dreigliedrige Eidgenössische Kommission für Angelegenheiten der IAO sich erneut mit diesem Dossier befasse, um die Frage der Ratifikation dieses Übereinkommens zu prüfen.

Die dreigliedrige Eidgenössische Kommission für Angelegenheiten der IAO, welche den Bundesrat gemäss den Bestimmungen des Übereinkommens Nr. 144 in Angelegenheiten der IAO berät, hat sich dieser Schlussfolgerung generell angeschlossen.

Während die Arbeitnehmervertreter den Bundesrat aufforderten, seinen Willen für eine spätere Ratifizierung zu bekunden, verwiesen die Arbeitgebervertreter auf den Volksentscheid vom 13. Juni 1999 und auf die laufenden Reformarbeiten. Der Bundesrat wird nach Inkrafttreten einer Mutterschaftsversicherung das Übereinkommen erneut auf seine Übereinstimmung mit Schweizer Recht und Praxis prüfen.

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Rückzug des Übereinkommens (Nr. 31) über die Arbeitszeit (Kohlenbergbau), 1931; des abgeänderten Übereinkommens (Nr. 46) über die Arbeitszeit (Kohlenbergbau), 1935; des Übereinkommens (Nr. 51) über die Verkürzung der Arbeitszeit (öffentliche Arbeiten), 1936; des Übereinkommens (Nr. 61) über die Verkürzung der Arbeitszeit (Textilindustrie), 1937, und des Übereinkommens (Nr. 66) über Wanderarbeiter, 1939

Die Zahl der Übereinkommen der IAO ist bis heute auf 183 gestiegen. Viele dieser Übereinkommen wurden im Laufe des achtzigjährigen Bestehens der Organisation revidiert und danach neu nummeriert. Die IAK ergänzte an ihrer 85. Tagung (Juni 1997) den Artikel 19 ihrer Verfassung durch Absatz 9, der es ermöglicht, veraltete und z.T. nie in Kraft getretene Übereinkommen aufzuheben und zurückzuziehen.

Gemäss diesem Artikel 19 Absatz 9 der IAO-Verfassung wird ein Übereinkommen dann als veraltet angesehen, wenn es gegenstandslos geworden ist oder keinen nützlichen Beitrag zum Erreichen der Ziele der Organisation mehr leistet. Die hier betroffenen fünf Übereinkommen waren nur von maximal zehn Staaten ratifiziert worden; die Schweiz hatte keines davon ratifiziert. Sowohl die Arbeitsgruppe zur Revision der internationalen Arbeitsnormen des Verwaltungsrats der IAO als auch 68 der 69 Staaten, welche 1999 an einer Konsultation der IAO teilgenommen hatten, befürworteten den Rückzug der Übereinkommen. Nur Indonesien äusserte Bedenken.

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Im Juni 2000 nahm die IAK den definitiven Rückzug der fünf Übereinkommen an und leistete damit einen ersten Beitrag zur Straffung des Normenapparats und damit zur Stärkung der Organisation.

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