zu 00.420 Parlamentarische Initiative Vorbereitungshaft bei Asylmissbrauch (Hess) Bericht vom 30. April 2001 der Staatspolitischen Kommission des Ständerates Stellungnahme des Bundesrates vom 30. Mai 2001

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, gestützt auf Artikel 21quater Absatz 4 des Geschäftsverkehrsgesetzes (GVG) unterbreiten wir ihnen nachfolgend unsere Stellungnahme zum Bericht der Staatspolitischen Kommission des Ständerates vom 30. April 2001 zur Parlamentarischen Initiative Hess «Vorbereitungshaft bei Asylmissbrauch.» Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

30. Mai 2001

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates

11485

Der Bundespräsident: Moritz Leuenberger Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2001-1035

5425

Stellungnahme 1

Ausgangslage

Die Kommission beantragt, durch eine Teilrevision des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG) zwei auf Grund von Entscheiden des Bundesgerichts festgestellte Lücken zu schliessen: 1.

Ausländerinnen und Ausländer, die erst nach der Entdeckung des rechtswidrigen Aufenthalts in der Schweiz ein Asylgesuch einreichen und damit offensichtlich nur bezwecken, eine Wegweisung aus der Schweiz zu verhindern, sollen bis zum Entscheid über das Asylgesuch in Vorbereitungshaft genommen werden können.

2.

Wer die mit dem Vollzug des ANAG betrauten Behörden durch falsche Angaben oder Verschweigen wesentlicher Tatsachen täuscht und dadurch die Erteilung einer Bewilligung für sich oder andere erschleicht, soll bestraft werden können. Der neue Straftatbestand wäre insbesondere bei der Eingehung oder Vermittlung einer Scheinehe anwendbar.

Der zweite Vorschlag ist in der Parlamentarischen Initiative nicht enthalten; die Kommission ist jedoch zur Auffassung gelangt, dass gleichzeitig auch hier die Missbrauchsbekämpfung zu verstärken sei.

2

Beurteilung der Kommissionsvorschläge

Dem Anliegen der Kommission stimmt der Bundesrat grundsätzlich zu. Ein neuer Straftatbestand im Fall einer Täuschung der Behörden wurde bereits in den Vernehmlassungsentwurf für ein neues Ausländergesetz aufgenommen. Auch ist die Aufnahme eines weiteren Grundes für die Anordnung der Vorbereitungshaft im Fall eines missbräuchlichen Nachreichens eines Asylgesuchs nach einem rechtswidrigen Aufenthalt aus den von der Kommission dargelegten Gründen durchaus sinnvoll.

Das Bedürfnis nach Pönalisierung des illegalen Aufenthalts und des missbräuchlichen Stellens eines Asylantrags genügt freilich für sich allein nicht, um die Haft auch nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe f EMRK zu rechtfertigen. Nach dieser Bestimmung wird neben einer gesetzlichen Grundlage im nationalen Recht vielmehr vorausgesetzt, dass die Haft zum Zweck der Sicherstellung der Ausweisung oder Auslieferung angeordnet wurde. Das setzt voraus, dass ein solches Verfahren tatsächlich im Gang ist und durch die zuständigen Behörden «mit der nötigen Sorgfalt» vorangetrieben wird.

Das Fehlen eines solchen Vorbereitungshaftgrundes stellt allerdings nicht einen «offensichtlichen Missstand» dar, wie dies die Kommission darlegt. Die Anzahl der Personen, die beim missbräuchlichen Nachreichen eines Asylgesuchs nicht bereits einen anderen Haftgrund setzen (z.B. Untersuchungshaft), ist äusserst gering. Diese Einschätzung wird im Übrigen von der Kommission selber bei der Beurteilung der finanziellen Auswirkungen geteilt.

Angesichts der Tatsache, dass auch in anderen Bereichen dieses aus dem Jahr 1931 stammenden Gesetzes ein dringlicher Handlungsbedarf geltend gemacht wird, könn5426

te eine solche vorgezogene Teilrevision weitere Änderungswünsche nach sich ziehen und so die Schaffung eines kohärenten neuen Ausländergesetzes wesentlich erschweren und gegebenenfalls hinauszögern. Deshalb hätte es der Bundesrat bevorzugt, wenn diese Bestimmungen im Rahmen der Totalrevision des ANAG aufgenommen worden wären. Der Bundesrat widersetzt sich diesem Vorgehen der SPK des Ständerates jedoch nicht.

Der Bundesrat wird noch im ersten Halbjahr 2001 vom Ergebnis des Vernehmlassungsverfahrens zum Entwurf für ein neues Ausländergesetz Kenntnis nehmen und über das weitere Vorgehen beschliessen. Die Verabschiedung der Botschaft ist für den Herbst 2001 geplant.

3

Stellungnahme des Bundesrates

Der Bundesrat beantragt den eidgenössischen Räten, den Anträgen des Berichts der Staatspolitischen Kommission des Ständerates vom 30. April 2001 zuzustimmen.

5427