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Schweizerisches Buns

38. Jahrgang. IL

Nr. 27.

26. Juni 1886.

Jahresabonnement (portofrei in der ganzen Schweiz) : 4 Franken.

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Druck und Expedition der Stämpflischen Buchdruckerei in Bern.

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Bundesgesetz betreffend

den Handel mit Gold- und Silberabfällen.

(Vom 17. Juni 1886.)

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der s c h w e i z e r i s c h e n Ei dgenossenschaft, in Vollziehung der Artikel 64 und 31, Alinea c, der Bundesverfassung ; nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 27. November 1885, beschließt: Art. 1. Wer das Gewerbe betreibt, von Personen,, welche in der Uhren- und Bijouterie-Industrie Gold- und Silberwaaren bearbeiten, die bei dieser Bearbeitung sich ergebenden Abfälle, Schmelzprodukte oder Barren anzukaufen (oder auszutauschen), oder wer für die betreffenden Waaren den Beruf als Handelsprobirer ausüben will, muß vorher der zuständigen kantonalen Behörde eine bezügliche Erklärung abgegeben haben, welche dieselbe dein eidgenössischen Handelsdepartement übermitteln wird, und sich gleichzeitig über den Genuß der bürgerlichen und politischen Rechte ausweisen. Der Probirer muß überdies im Besitze des in Vollziehung des Bundesgesetzes betreffend Kontrolirung und Garantie des Feingehalts der Gold- und Silberwaaren, vom 23. Dezember 1880, ertheilten eidgenössischen Diplomes sein.

Bundesblatt. 38. Jahrg. Bd. II 52

786 Das Departement vorabfolgt den Bewerbern, welche die vorgeschriebenen Bedingungen erfüllen, ein gestempeltes und pagnirtes Souchenregister und veröffentlicht ihre Namen im schweizerischen Handelsamtsbiatt. Die für das Register und die Publikation zu entrichtenden Gebühren werden vom Bundesrathe festgesetzt.

Die Bewerber, denen entsprochen worden ist, haben sich in's Handelsregister eintragen zu lassen.

Art. 2. Wer den Ankauf und das Einschmelzen der Abfälle als Gewerbe betreibt, hat Folgendes au beobachten: Er hat regelmäßig und ohne Verzug jeden Ankauf und jede vorgenommene Einschmelzung in das Souchenregister einzutragen und im Uebrigen die Vorschriften der Bundesbehörde bezüglich der Führung des Registers und der ihr abzuliefernden Auszüge aus letztem zu befolgen. Die eidgenössischen und kantonalen administrativen und richterlichen Behörden sind befugt, jederzeit von dem Register Einsicht zu nehmen.

Er darf Abfälle zum Einschmelzen nur von bekannten Personen, die sich über die Herkunft derselben ausweisen können, kaufen oder annehmen. Wenn Minderjährige, Beauftragte oder Zwischenhändler solche anbieten, so muß er sich vergewissern, daß sie hiezu gehörig ermächtigt sind.

Er hat in dieser Beziehung die vom Bundesrathe aufgestellten besondern Vorschriften zu befolgen.

Es ist ihm untersagt, von Haus zu Haus zu gehen, um Abfälle aufzukaufen oder solche zum Einschmelzen zu verlangen.

Es ist ihm untersagt, Barren oder Schmelzprodukte anzukaufen, welche nicht von einem Kontrolamt oder einem Handelsprobirer geprüft und nicht mit dem Stempel des genannten Amtes oder Probirers versehen sind.

Wer Einschmelzungen vornimmt, hat jede Barre, die er geschmolzen hat, mit einem Stempelzeichen zu versehen.

Zu diesem Behufe muß er zwei gleiche Stempel besitzen,

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wovon der eine bei dem seinem Wohnort am nächsten gelegenen Kootrolamt zu hinterlegen ist. Jede nicht mit dem Stempel eines Schmelzers versehene Barre wird auf dem Kontroiamt oder beim Handelsprobirer provisorisch in Beschlag genommen, bis die Herkunft gehörig nachgewiesen ist. Wird dieser Nachweis nicht innert Jahresfrist geleistet, so fällt die ungestempelte Barre, beziehungsweise deren Werth, vorbehaltlich Art. 206 des Bundesgesetzes über das Obligationenrecht, dem betreffenden Kantonsfiskus zu. Die Barren der Schalenmacher müssen mit deren eigenem Stempel versehen sein.

Art. 3. Die Verpflichtungen des Handelsprobirers sind die folgenden : Er hat regelmäßig und ohne Verzug jede Probe gemäß den Vorschriften, die ihm von der Bundesbehörde zukommen, in das Souchenregister einzutragen. Die Vollziehungsverordnung kann bezüglich der sogenannten Arbeitsbarren Ausnahmen von dieser Regel festsetzen.

Er hat diejenigen Auszüge aus diesem Register zu liefern, welche von ihm durch die zuständige Behörde verlangt werden, und die eidgenössischen und kantonalen administrativen und richterlichen Behörden von demselben Einsicht nehmen zu lassen.

Er hat sich strikte an die im letzten Absatz des Artikels 2 enthaltene Bestimmung, sowie an alle andern Vorschriften zu halten, welche von der Bundesbehörde in Vollziehung des gegenwärtigen Gesetzes erlassen werden.

Art. 4. Im Auslande niedergelassene Personen, welche in der Schweiz Abfälle oder Barren ankaufen oder Aufträge betreffend Einschmelzen sich geben lassen wollen, können dies nur durch Vermittlung eines in der Schweiz niedergelassenen verantwortlichen Stellvertreters thun, welcher alle im Art. l vorgeschriebenen Formalitäten erfüllt und in jeder Beziehung den Vorschriften gegenwärtigen Gesetzes nachkommt.

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Die im Auslande gemachten Metallproben werden in der Schweiz nicht als gültig anerkannt, es sei denn, daß sie von einer der offiziellen, vom Bundesrathe bezeichneten Anstalten herrühren.

Art. 5. Der Bundesrath übt unter der Mitwirkung der kantonalen Behörden und der Verwaltungen der Kontrolämter für Gold- und Silbenvaaren die Aufsicht über den Handel, die Einschmelzung und das Probiren der Abfälle und Barren aus.

Er bestimmt auf dem Verordnungswege die Art und Weise der Betheiligung der Kontrolämter bei der Ausübung dieser Aufsicht.

Er ist befugt, die nöthigen polizeilichen Formalitäten vorzuschreiben, um den Stand und dio Identität derjenigen Personen festzustellen, welche gemäß ihrem Berufe berechtigt sind, Abfälle zu verkaufen oder einschmelzen zu lassen, oder Barren zum Probiren zu geben.

Art. 6. Jede Zuwiderhandlung gegen die vorstehenden Bestimmungen und die aus denselben hervorgehenden Réglemente und Verordnungen wird von Amtes wegen oder auf Klage hin den zuständigen Gerichten des Kantons überwiesen und mit einer Buße von 10--500 Franken bestraft.

Der Ertrag der Bußen fault in die vom Kanton bezeichnete Kasse.

Für den Fall der Unerhältlichkeit der Buße hat das Urtheil die Umwandlung derselben in entsprechende Gefängnißstrafe vorzusehen, wobei 5 Fr, Buße für einen Tag Gefängnißstrafe zu berechnen sind.

Das Urtheil ist dem Bundesrathe mitzutheilen.

Im Falle einer Verurtheilung kann der Bundesrath einer Person, welche den Ankauf, das Einschmelzen oder Probiren der Abfälle und Barren als Gewerbe betreibt, die Fortsetzung dieses Handels oder dieses Berufs untersagen.

Art. 7. Die Bestimmungen des Artikels 6 thun den civilrechtlichen Klagen, welche von benachtheiligten Personen

789 wegen irgend einer Uebei'tretung des gegenwärtigen Gesetzes oder von Reglementen und Verordnungen zu demselben erhoben werden können, keinen Eintrag.

Es bleiben gleichfalls vorbehalten die strafrechtlichen Bestimmungen der Kantone über Diebstahl, Unterschlagung, Betrug, Hehlerei und Gehülfenschaft.

Art. 8. Die Kantone haben das Recht, die Bestimmungen des gegenwärtigen Gesetzes auf andere Industrien, welche Gold und Silber bearbeiten, auszudehnen. Sie können auch andere, weitergehende Kontroivorschriften aufstellen, wie z. B. den Käufer verpflichten, im Wohnort des Verkäufers zu zahlen, sowie denjenigen, welcher Einschmelzungen vornimmt, dazu anhalten, seine Marke auch bei der zuständigen kantonalen Behörde (Art. 2, letztes Alinea) zu deponiren etc., immerhin mit der Beschränkung, daß diese Vorschriften dem gegenwärtigen Gesetze nicht widersprechen.

Die kantonalen, im vorhergehenden Alinea vorgesehenen Vorschriften werden dem Bundesrathe zur Genehmigung vorgelegt, welcher bei der Vollziehung derselben mitwirken kann.

Art. 9. Der ßundesrath ist mit der Vollziehung des gegenwärtigen Gesetzes beauftragt.

Er erläßt zu diesem Zwecke die nöthigen Réglemente.

Art. 10. Der Bundesrath ist beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874, betreffend die Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, das gegenwärtige Gesetz bekannt zu machen und den Zeitpunkt seines Inkrafttretens zu bestimmen.

Also beschlossen vom Ständerathe, B e r n , den 15. Juni 1886.

Der Präsident: Alph. Bory.

Der Protokollführer: Schatzmann.

790 Also beschlossen vom Nationalrathe, B e r n , den 17. Juni 1886.

Der Präsident: Morel.

Der Protokollführer: Ringier.

Der schweizerische B u n d e s r ath beschließt: Aufnahme des vorstehenden Bundesgesetzes in das Bundesblatt.

B e r n , den 22. Juni 1886.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident

Deucher.

Der Kanaler der Eidgenossenschaft: Ringier.

Note. Datum der Publikation: 26. Juni 1886.

Ablauf der Einspruchsfrist: 24. September 1886.

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Bundesgesetz betreffend den Handel mit Gold- und Silberabfällen. (Vom 17. Juni 1886.)

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