01.001 Jahresbericht des Bundesrates über die Tätigkeiten der Schweiz im Europarat im Jahr 2000 vom 10. Januar 2001

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen den Bericht des Bundesrates über die Tätigkeiten der Schweiz im Europarat im Jahr 2000 und beantragen Ihnen, davon Kenntnis zu nehmen.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

10. Januar 2001

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates

11273

Der Bundespräsident: Moritz Leuenberger Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

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2000-2614

Übersicht Der Europarat konnte im Berichtsjahr seine Rolle als gesamteuropäisches Forum stärken. Die politische Präsenz der Organisation und ihre Leistungsfähigkeit haben sich verbessert.

Die 106. und die 107. Session des Ministerkomitees waren hauptsächlich der Lage im Kaukasus und in Südosteuropa gewidmet.

Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof fällte im Berichtsjahr vier die Schweiz betreffende Urteile. In zwei Fällen stellte er eine Verletzung der EMRK fest. Die Zahl der unerledigten Fälle stieg mangels zusätzlicher Ressourcen weiter an.

Das Ministerkomitee verabschiedete mehr als 20 Empfehlungen, die namentlich den verbesserten Schutz der Menschenrechte, die Rechtspflege, den Sport, das Gesundheitswesen sowie Wissenschaft und Forschung betreffen.

Zur Unterzeichnung aufgelegt wurden ein Zusatzprotokoll zur EMRK, welches das Diskriminierungsverbot verallgemeinert, sowie eine Europäische Landschaftskonvention. Letztere wurde von der Schweiz unterzeichnet.

Der Europarat führte seine Unterstützungsprogramme zur Entwicklung und Konsolidierung der demokratischen Sicherheit in Ost- und Südosteuropa weiter. Das Engagement in Krisengebieten nahm zu.

Die Schweiz beteiligte sich an zahlreichen europäischen Fachministerkonferenzen. Sie betrafen folgende Ressorts: kollektive Gebietskörperschaften (Istanbul, 6./7. April); Sport (Bratislava, 30./31. Mai); Medienpolitik (Krakau, 15./16. Juni); Justiz (London, 8./9. Juni); Raumordnung (Hannover, 7./8. September); Bekämpfung des Drogenmissbrauchs (Sintra, 12./13. Oktober); Erziehung (Krakau, 14.­17. Oktober); Rassismus (Strassburg, 11.­13. Oktober); Menschenrechte (Rom, 3./4. November).

Die Schweiz wirkte ferner in all den erwähnten Bereichen aktiv an den Arbeiten der dafür zuständigen Lenkungsausschüsse und Expertengruppen mit. Sie führte verschiedentlich den Vorsitz.

239

Bericht 1

Wichtigste Entwicklungen im Jahr 2000

1.1

Allgemeines

Der Europarat konnte im Jahr 2000 seine Rolle als paneuropäisches Forum weiter stärken: die Effizienz seiner Aktionen nahm zu und sein politisches Auftreten gewann an Gewicht; seine Bedeutung wurde von der Europäischen Union und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bestätigt und auch von der UNO anerkannt; eine neue Informationsstrategie verbesserte das Profil der Organisation in der Öffentlichkeit; die Konzentration der Tätigkeiten auf die fünf strategischen Kernbereiche ­ Menschenrechte, demokratische Stabilität, Rechtsstaatlichkeit, Bildung und Kultur, sozialer Zusammenhalt ­ zeigte positive Resultate.

Die Integration der neuen Mitglieder blieb in Einzelfällen schwierig, machte jedoch insgesamt Fortschritte. Das Monitoringverfahren zur Überprüfung der Einhaltung der mitgliedschaftlichen Verpflichtungen hat sich im Grossen und Ganzen bewährt.

Überprüft wurden diesmal u.a. die Todesstrafe, die Polizei und die Sicherheitskräfte sowie erneut die Meinungsäusserungs- und Informationsfreiheit.

Beachtenswert waren der Beitrag des Europarates zur Wiederherstellung des Rechtsstaates und der Menschenrechte in Tschetschenien, der Beitrag zum Stabilitätspakt in Südosteuropa, die Beobachtermission bei den Wahlen im Kosovo, das 50-jährige Jubiläum der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie die Europäische Rassismuskonferenz.

Zu gewisser Sorge Anlass gab die Entwicklung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes, da die Zahl der unerledigten Fälle weiter anstieg. Das durch die Reform des Gerichtshofes angestrebte Ziel der Abkürzung der Prozessdauer bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung des hohen Standes der Menschenrechte könnte dadurch in Frage gestellt werden, falls nicht zusätzliche finanzielle und personelle Mittel gefunden werden. Letztere vermögen jedoch mittel- und langfristig allein nicht mehr zu genügen. Vielmehr sind tiefgreifendere Reformen des EMRK-Kontrollmechanismus notwendig, u.a. solche institutioneller Natur. Die Schweiz setzte sich dafür ein, dass diese Fragen eingehend geprüft werden.

1.2

Sessionen des Ministerkomitees

Die 106. Session des Ministerkomitees fand am 11. Mai unter der Präsidentschaft Irlands statt. Im Mittelpunkt der Tagung standen die Mitwirkung Russlands im Europarat sowie der Beitrag des Europarates zum Stabilitätspakt für Südosteuropa. Am Vorabend wurde auf Einladung des russischen Aussenministers ein Meinungsaustausch über die Lage im Nordkaukasus abgehalten. Zahlreiche Länder, unter ihnen auch die Schweiz, gaben ihrer grossen Sorge über die systematischen Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien Ausdruck. Sie begrüssten deshalb die Entscheidung Russlands, zur Abklärung von Menschenrechtsverletzungen eine nationale Untersuchungskommission einzusetzen und Expertinnen und Experten des Europarates eine effektive Mitwirkung im Büro für Menschenrechte in Tschetschenien 240

zu gestatten; dieses untersteht der direkten Aufsicht des russischen Präsidenten und wird von seinem persönlichen Vertreter, Kalamanow, geleitet. Staatssekretär von Däniken, der die Schweiz im Ministerkomitee vertrat, versprach dem Europarat für die Aktivitäten im «Büro Kalamanow» eine Finanzhilfe in der Höhe von 100 000 Franken.

Die 107. Session des Ministerkomitees fand am 9. November unter italienischer Präsidentschaft statt und war einem Meinungsaustausch mit dem neuen jugoslawischen Präsidenten, Vojislav Kostunica, sowie der Lage in Südosteuropa und im Kaukasus (Armenien, Aserbaidschan, Tschetschenien) gewidmet. Die Ministerinnen und Minister verabschiedeten ferner eine Erklärung über ein Europa ohne Todesstrafe, in der mit Genugtuung davon Kenntnis genommen wird, dass die Todesstrafe bereits in 39 Mitgliedstaaten des Europarates rechtlich verboten ist, während sie in den verbleibenden zwei Staaten de facto nicht mehr vollzogen wird. Auf Einladung des Generalsekretärs wurde am Vorabend der Session eine informelle Diskussionsrunde abgehalten, an der sich auch der Präsident der Parlamentarischen Versammlung beteiligte. Im Mittelpunkt dieser informellen Tagung standen Südosteuropa und der Stabilitätspakt, wobei die Minister ­ in Anwesenheit von George Soros, dem Gründer des Open-Society-Institute ­ die in diesem Zusammenhang wichtige Rolle der Zivilgesellschaft unterstrichen. Die Schweiz war durch Bundesrat Joseph Deiss vertreten, der mit einigen seiner Kollegen auch bilaterale Gespräche führte. Das Präsidium des Ministerkomitees ging für die nächsten sechs Monate an Lettland über.

1.3

Neubeitritte und Kandidaturen

Nach eingehenden, sich über vier Jahre hinziehenden Vorabklärungen empfahl die Parlamentarische Versammlung dem Ministerkomitee Ende Juni, Armenien und Aserbaidschan zur Mitgliedschaft einzuladen. Die beiden Länder mussten sich verpflichten, weitere Schritte zur Vertiefung der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit sowie zum Ausbau des Menschenrechtsschutzes in die Wege zu leiten. Mit Bezug auf den Konflikt in Nagorno-Karabakh bekräftigten sie den gegenseitigen Willen, die Bemühungen zur Konfliktlösung mit friedlichen Mitteln fortzuführen. Eine Einladung der beiden Staaten, die im Jahr 2001 bestätigt werden muss, erfolgte an der 107. Session des Ministerkomitees am 9. November. In der Zwischenzeit wird ein Monitoring-Ausschuss, in dem die Schweiz vertreten ist, die demokratische Entwicklung in den beiden Ländern weiterverfolgen.

Die Schweiz schloss sich dem Konsens an in der Hoffnung, dass die Aufnahme von Armenien und Aserbaidschan Sicherheit, Stabilität und Demokratie in der Region stärken und sich auch positiv auf die bilateralen Beziehungen mit der Schweiz auswirken wird.

Bei der Kandidatur von Bosnien-Herzegowina wurden keine eigentlichen Fortschritte erzielt, während im Fall der Bundesrepublik Jugoslawien angesichts der eingetretenen demokratischen Wende mit einer Beschleunigung des Beitrittsverfahrens gerechnet werden darf. Die Mitgliedschaft von Belarus liegt nach wie vor in weiter Ferne.

241

2

Demokratischer Zusammenhalt

2.1

Menschenrechte

Am 27. Juni verabschiedete das Ministerkomitee das Zusatzprotokoll Nr. 12 zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), welches im Rahmen des Lenkungsausschusses für Menschenrechte (CDDH) ausgearbeitet wurde. Durch das Zusatzprotokoll wird das Diskriminierungsverbot verallgemeinert, d.h., jede Person kann sich gegen jede Art von Diskriminierung zur Wehr setzen, ganz gleich in welchem Bereich und unabhängig vom Motiv der Diskriminierung. Das Protokoll wurde am 4. November im Rahmen der Europäischen Ministerkonferenz über Menschenrechte in Rom zur Unterzeichnung vorgelegt; es tritt in Kraft, sobald es von zehn Mitgliedstaaten ratifiziert worden ist. Der Bundesrat wird im Hinblick auf eine künftige Unterzeichnung und Ratifikation des Protokolls eine genaue Analyse der nationalen Gesetzgebung vornehmen und gegebenenfalls bei den Kantonen eine Vernehmlassung durchführen.

Das Ministerkomitee verabschiedete eine Empfehlung betreffend Wiederaufnahme gewisser Verfahren auf nationaler Ebene im Anschluss an Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Empfehlung 2000/2). In dieser Empfehlung werden die Mitgliedstaaten im Falle einer Verletzung der EMRK aufgefordert, der beschwerdeführenden Partei unter gewissen Voraussetzungen die Möglichkeit der Wiedererwägung oder der Wiederaufnahme des innerstaatlichen Verfahrens einzuräumen. Zu diesen Voraussetzungen gehört unter anderem, dass der Beschwerdeführer auf Grund des innerstaatlichen Entscheides weiterhin unter einem sehr schwer wiegenden Nachteil leidet, der durch Schadenersatz oder Genugtuung nicht behoben werden kann. Die Schweiz sieht die Möglichkeit einer Revision bereits seit mehreren Jahren sowohl auf Bundesebene als auch in kantonalen Prozessordnungen vor.

Ferner verabschiedete das Ministerkomitee eine Empfehlung betreffend das Recht von Personen in grosser Armut auf Befriedigung ihrer elementaren materiellen Bedürfnisse (Empfehlung 2000/3). Nach dieser Empfehlung soll dieses Recht auch von ausländischen Personen vor Behörden und Gerichten direkt beansprucht werden können und mindestens Nahrung, Kleidung, Obdach sowie grundlegende medizinische Versorgung umfassen. Anlass zu dieser Empfehlung gab ein Urteil des Bundesgerichts in diesem Bereich (vgl. auch Art. 12 der Bundesverfassung).

Der CDDH unterbreitete dem Ministerkomitee einen
Entwurf, durch welchen das Reglement des Ministerkomitees geändert werden soll. Dabei geht es im Wesentlichen darum, die aktuelle Praxis des Ministerkomitees bei der Überwachung des Vollzugs der Urteile des Gerichtshofs zu kodifizieren, mit dem Ziel, die Arbeiten des Ministerkomitees gegenüber der Öffentlichkeit transparenter zu machen.

Im Rahmen des CDDH erläuterten und überprüften die Mitgliedstaaten ihre Vorbehalte und Erklärungen zur EMRK und zu deren Zusatzprotokollen. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass der Bundesrat am 3. Juli nach Ermächtigung durch die eidgenössischen Räte die Vorbehalte und Auslegenden Erklärungen der Schweiz zu Artikel 6 EMRK (Garantie eines fairen Verfahrens) zurückgezogen hat.

Aus Anlass des 50. Jahrestages der EMRK fand am 3. und 4. November in Rom eine Europäische Ministerkonferenz über Menschenrechte statt, an welcher Bundesrätin Ruth Metzler-Arnold teilnahm. Die Konferenz beschäftigte sich mit der Frage, wie die EMRK auf nationaler Ebene besser umgesetzt und wie die Effizienz des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte angesichts der zunehmenden Arbeitslast 242

gewährleistet werden kann. Ferner setzten sich die für Menschenrechte zuständigen Ministerinnen und Minister mit der Frage auseinander, wie der Europarat bei schwer wiegenden und massenhaft vorkommenden Menschenrechtsverletzungen in Europa wirksamer vorgehen könnte. Die Konferenzteilnehmerinnen und -teilnehmer bekräftigten die zentrale Rolle des Europarates im Bereich des Menschenrechtsschutzes sowie die Bedeutung der EMRK als verfassungsmässiges Instrument bei der Verwirklichung eines europäischen «ordre public».

Während seines ersten Amtsjahres hielt sich der Kommissar für die Menschenrechte, Alvaro Gil-Robles, am 19. September zu einem offiziellen Besuch in Bern auf. Im Mittelpunkt der Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern der Bundesverwaltung standen seine Erkundungsmissionen in Tschetschenien und Georgien sowie Fragen einer möglichen finanziellen oder personellen Unterstützung konkreter Projekte durch die Schweiz. Gil-Robles stattete Bundesrat Joseph Deiss einen Höflichkeitsbesuch ab.

2.2

Die Schweiz vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte

Im Berichtszeitraum fällte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte vier die Schweiz betreffende Urteile. In zwei Fällen stellte der Gerichtshof eine Verletzung der EMRK fest. Ein weiterer Fall wurde infolge gütlicher Regelung aus dem Register gestrichen.

Anlass zum Urteil Amann vom 16. Februar 2000 gab die Überwachung eines Telefongesprächs der ehemaligen sowjetischen Botschaft durch die Bundesanwaltschaft.

Bei diesem Gespräch bestellte eine Botschaftsmitarbeiterin beim Beschwerdeführer ein Enthaarungsgerät. Darauf legte die Bundesanwaltschaft über den Beschwerdeführer eine Fiche an, in der sie ihn als «Kontaktperson zur sowjetischen Botschaft» bezeichnete. Im Nachgang zur Fichenaffäre erfuhr dies der Beschwerdeführer auf Grund seines Auskunftsbegehrens. Seine Verantwortlichkeitsklage wurde vom Bundesgericht am 14. September 1994 abgewiesen. Der Gerichtshof stellte in seinem Urteil fest, die Telefonabhörung sowie das Anlegen und Aufbewahren der Fiche seien Verstösse gegen Artikel 8 EMRK (Anspruch auf Achtung des Privatlebens und des Briefverkehrs), die ohne gesetzliche Grundlage erfolgt seien. Das Vorliegen einer Verletzung des Rechts auf wirksame Beschwerde (Art. 13 EMRK) wurde vom Gerichtshof hingegen verneint.

Im Fall Kiefer hatte der Beschwerdeführer am 7. November 1985 infolge einer 1983 erlittenen Gesundheitsschädigung eine Invalidenrente beantragt. 1990 kam die Schweizerische Ausgleichskasse auf Grund zahlreicher medizinischer Gutachten zum Schluss, die Invalidität sei nicht hinreichend erwiesen. Nach Einholung weiterer Gutachten erging am 30. Oktober 1992 der Vorentscheid, der Beschwerdeführer sei zum fraglichen Zeitpunkt gar nicht versichert gewesen, was vom Eidgenössischen Versicherungsgericht am 18. November 1994 bestätigt wurde. Der Gerichtshof stellte in seinem Urteil vom 28. März 2000 fest, das Verfahren habe in Verletzung von Artikel 6 Absatz 1 EMRK unverhältnismässig lange gedauert.

Das Urteil Athanassoglou und andere vom 6. April 2000 betrifft den Entscheid des Bundesrates über die Verlängerung der Betriebsbewilligung für das Kernkraftwerk Beznau II. Es lehnt sich eng an das frühere Urteil Balmer-Schafroth an (vgl. den Jahresbericht des Bundesrates über die Tätigkeiten der Schweiz im Europarat 1997, 243

BBl 1998 592). Der Gerichtshof bestätigte seine Rechtsprechung, dass Artikel 6 Absatz 1 EMRK (Anspruch auf gerichtliche Beurteilung) auf das Verfahren betreffend die Verlängerung der Betriebsbewilligung nicht anwendbar sei. Der Ausgang dieses Verfahrens sei nämlich für die zivilrechtlichen Ansprüche (Leben, körperliche Integrität, Eigentum) der Beschwerdeführer nicht direkt entscheidend gewesen. Die Nichtanwendbarkeit von Artikel 6 EMRK führte den Gerichtshof zum weiteren Schluss, dass Artikel 13 EMRK in diesem Fall ebenfalls nicht anwendbar sei.

Im Urteil Tatete vom 6. Juli 2000 ging es um eine an Aids und Hepatitis B erkrankte kongolesische Staatsangehörige, deren Asylgesuch abgewiesen worden war. Am 18. November 1999 erklärte der Gerichtshof die Rügen betreffend die Artikel 2 (Recht auf Leben) und 3 EMRK (unmenschliche Behandlung) für zulässig, ohne sich materiell dazu geäussert zu haben. In seinem Vorschlag einer gütlichen Einigung informierte der Bundesrat den Gerichtshof darüber, dass der Beschwerdeführerin die vorläufige Aufnahme aus ausschliesslich humanitären Gründen gewährt werden könnte, ohne dass damit aber ein Präzedenzfall geschaffen werde. Der Bundesrat äusserte sich auch überzeugt, dass einzig aus dem Grund, dass die medizinische Betreuung im Aufnahmestaat besser sei als im Falle der Rückführung der Beschwerdeführerin in ihren Heimatstaat, keine Verantwortung eines Mitgliedstaates auf Grund der Konvention entstehe. Nachdem die Beschwerdeführerin den Vorschlag des Bundesrates angenommen hatte, beschloss der Gerichtshof, den Fall aus dem Register zu streichen. Zuvor vergewisserte er sich im Sinne von Artikel 37 Absatz 1 EMRK, dass bei dieser gütlichen Einigung die Menschenrechte, wie sie in der Konvention und den Zusatzprotokollen anerkannt sind, geachtet wurden.

Im Weiteren schloss das Ministerkomitee die Behandlung zweier hängiger Fälle ab, in welchen die frühere Europäische Kommission für Menschenrechte jeweils die unverhältnismässig lange Dauer des Strafverfahrens (Art. 6 Abs. 1 EMRK) beanstandet hatte. Im Fall C.B. verabschiedete das Ministerkomitee am 24. Juli 2000 die Schlussresolution. Es wurde festgestellt, dass die Schweiz ihren Verpflichtungen nach dem früheren Artikel 32 EMRK nachgekommen ist. Mit Resolution gleichen Datums schrieb das Ministerkomitee den Fall W.O. in
Übereinstimmung mit dem Beschwerdeführer als gegenstandslos ab, nachdem die kantonale Petitions- und Begnadigungskommission dessen Verurteilung zu 24 Monaten Gefängnis in eine Geldstrafe von 20 000 Franken umgewandelt hatte.

2.3

Gleichstellung von Frau und Mann

Im Mittelpunkt der Arbeiten stand der Kampf gegen den Frauenhandel. Die vom Ministerkomitee hierzu verabschiedete und vom Lenkungsausschuss für die Gleichstellung von Frau und Mann (CDEG) vorbereitete Empfehlung 2000/11 «betreffend den Kampf gegen den zur sexuellen Ausbeutung durchgeführten Menschenhandel» geht umfassend auf diese Problematik ein und enthält Bestimmungen über die Prävention, den Schutz der Opfer und die Strafverfolgung der Täter. Zum gleichen Thema fand vom 29. Juni bis 1. Juli in Athen ein Seminar statt, das sich mit der Koordination der Strategien gegen den Menschenhandel in Südosteuropa befasste.

Das internationale Forum zur Gleichstellung von Frau und Mann wurde vom 19. bis 21. Oktober in Bratislava durchgeführt und widmete sich dem Thema «Grundrechte der jungen Mädchen und Frauen in Europa: Fragen und Herausforderungen für das 244

21. Jahrhundert». Unter grosser Anteilnahme von jungen Frauen wurden u.a. die Themen Gewalt, Sexualerziehung, Stereotype und Partizipation diskutiert.

Die Arbeiten zum «Gender Mainstreaming» wurden in weiteren Fachtagungen vertieft.

Das in Ziffer 2.1 erwähnte Zusatzprotokoll Nr. 12 zur EMRK wird für die Förderung der Gleichstellung von Frau und Mann von grosser Bedeutung sein.

2.4

Kampf gegen Rassismus und Fremdenhass

Im Mittelpunkt stand die Vorbereitung der Europäischen Konferenz gegen Rassismus, die unter dem Motto «Alle verschieden, alle gleich: von der Theorie zur Praxis» vom 11. bis 13. Oktober in Strassburg stattfand. Die Konferenz stellte die regionale Vorkonferenz zur UNO-Weltkonferenz gegen Rassismus dar, die im September 2001 in Südafrika abgehalten wird. Planung und Organisation wurden vom Sekretariat der Europäischen Kommission gegen Rassismus (ECRI) durchgeführt, das mit der Veröffentlichung einer Studie zur Bekämpfung von Rassismus im Internet einen eigenen Beitrag leistete. Diese Studie wurde vom Schweizerischen Institut für Rechtsvergleichung erstellt.

Die schweizerische Delegation stand unter der Leitung von Claudia Kaufmann, Generalsekretärin des EDI. Sie wies u.a. auf die Bedeutung der Bekämpfung des Rassismus als Beitrag zur Stärkung des Rechtsstaates und der Demokratie hin und unterstützte den Vorschlag eines Zusatzprotokolls zur Konvention «Kriminalität im Cyberspace», um rassistische Websites im Internet unter Strafe zu stellen. In den vier Ateliers zu den Themenbereichen Recht, Politik, Erziehung und Information konnte die Schweizer Delegation ihre Anliegen vorbringen und in den Schlussdokumenten festschreiben lassen.

Die Konferenz verabschiedete eine politische Erklärung und allgemeine Schlussfolgerungen, die zusammen mit den Berichten der Arbeitsgruppen in die Vorbereitungen der UNO-Weltkonferenz gegen Rassismus einfliessen werden.

Neben den nationalen Regierungsdelegationen beteiligten sich an der Konferenz auch Delegationen der nationalen Organe für die Rassismusbekämpfung (für die Schweiz die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus) sowie zahlreiche Nichtregierungsorganisationen (für die Schweiz das Forum gegen Rassismus). Zwischen diesen Delegationen konnten nützliche Kontakte hergestellt werden.

Zur Umsetzung der Ergebnisse der Europäischen Konferenz gegen Rassismus auf nationaler Ebene und zur Vorbereitung auf die Weltkonferenz wird die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus zusammen mit dem Forum gegen Rassismus am 21. März 2001 eine nationale Konferenz veranstalten.

2.5

Rechtliche Zusammenarbeit

Bundesrätin Ruth Metzler-Arnold nahm an der 23. Konferenz der Europäischen Justizminister vom 8. und 9. Juni in London teil, die dem Thema «Recht sprechen im 21. Jahrhundert» gewidmet war. Die Justizministerinnen und -minister verabschiedeten eine Resolution, die dem Europarat und seinen Mitgliedstaaten die nötigen Impulse für die Ergreifung von Massnahmen zur Vermeidung langer Gerichts245

verfahren und zur Effizienzsteigerung im Gerichtswesen verleihen soll. Die Konferenz befasste sich auch mit dem Beitrag der neuen Technologien zu einem besseren Funktionieren der Gerichte. Sie nahm ferner eine Entschliessung zur Unterstützung der Aktivitäten des Europarates im Rahmen des Stabilitätspaktes für Südosteuropa an.

Das Ministerkomitee konstituierte den Beirat Europäischer Richterinnen und Richter (CCJE), eine Institution, die von der Konferenz der Europäischen Justizminister 1999 verlangt worden war. Dieser Beirat wird im Wesentlichen die Beratung der zuständigen Instanzen des Europarates bei der Durchführung des globalen Aktionsprogramms für die Richterinnen und Richter in Europa zur Aufgabe haben. Für die Schweiz wird der Präsident des Bundesgerichts Einsitz im Beirat nehmen.

Das Ministerkomitee verabschiedete am 25. Oktober eine Empfehlung zur freien Berufsausübung der Anwältinnen und Anwälte (Empfehlung 2000/21). Grund für diese Empfehlung gab der Umstand, dass in gewissen europäischen Ländern Anwältinnen und Anwälte oftmals einem Druck ausgesetzt sind, der mit ihrer Unabhängigkeit unvereinbar ist.

Der Expertenausschuss für Familienrecht (CJ-FA) behandelte den Entwurf und den erläuternden Bericht für eine Konvention über den persönlichen Verkehr mit den Kindern. Diese Konvention hat einerseits den Zweck, gemeinsame Grundsätze zu formulieren, die beim Abfassen oder bei der Änderung eines gerichtlichen Entscheides oder bei einer Vereinbarung zur Regelung des Besuchsrechts zu beachten sind.

Andererseits soll sie Bedingungen und Schutzmassnahmen umschreiben, damit die Besuche eines Kindes bei einem Elternteil, dem die elterliche Sorge nicht zusteht, oder bei Verwandten reibungslos verlaufen und die Rückkehr in den Staat seines gewöhnlichen Aufenthalts gesichert ist.

Der Leitende Ausschuss für Bioethik (CDBI) beendete seine Beratungen über das Zusatzprotokoll betreffend die Transplantation von Organen und Geweben menschlichen Ursprungs. Aus dem Protokoll geht namentlich hervor, dass die für Gewebe geltenden Bestimmungen auch auf Zellen Anwendung finden. Der Zwischenbericht über den Stand der Erkenntnisse im Bereich der Xenotransplantation wurde veröffentlicht. Eine internationale Konferenz zu diesem Thema ist geplant. Das «Weissbuch Psychiatrie und Menschenrechte» wurde in die
Vernehmlassung geschickt. Eine Arbeitsgruppe wird im Anschluss an die internationale Bioethik-Konferenz von 1999 Strategien für die Auseinandersetzung mit ethischen, sozialen und juristischen Fragen entwickeln. Die Beratungen der Arbeitsgruppen über die biomedizinische Forschung, die Genetik im Humanbereich und den Schutz des menschlichen Fötus wurden weitergeführt.

Der Beratende Ausschuss zum Übereinkommen zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten (STE 108) genehmigte den Entwurf eines Zusatzprotokolls über die unabhängigen Datenschutzkontrollinstanzen und die grenzüberschreitenden Datenflüsse. Das Protokoll regelt auch die grenzüberschreitende Datenbekanntgabe an Empfängerinnen und Empfänger, die den Bestimmungen der Konvention nicht unterliegen (Erfordernis eines angemessenen Datenschutzniveaus).

246

2.6

Strafrechtsfragen

Der Europäische Lenkungsausschuss für Strafrechtsfragen (CDPC) verabschiedete Empfehlungsentwürfe zu folgenden Themen: frühzeitige psychosoziale Intervention in der Verbrechensverhütung; Rolle der Staatsanwaltschaft im System der Strafjustiz; Verbesserung und Durchsetzung der europäischen Regeln über die in der Europäischen Gemeinschaft angewandten Sanktionen und Massnahmen.

Der Ausschuss setzte ferner eine Expertengruppe zur Behandlung des Problems der lebenslänglich Verurteilten und anderer Langzeitgefangener ein. Das Mandat des Expertenkomitees für die polizeiliche Ethik und die Probleme im Zusammenhang mit der Ausübung der Polizeigewalt wurde bis Ende Jahr 2001 verlängert, damit die Arbeiten am «Europäischen Kodex der Polizeiethik» beendet werden können.

Folgende Themen wurden neu in das Arbeitsprogramm des CDPC aufgenommen: künftige Entwicklung der internationalen strafrechtlichen Zusammenarbeit; Zweckmässigkeit der Erarbeitung eines Zusatzprotokolls zur Konvention über Geldwäscherei; Beschlagnahme und Einziehung von Verbrechenserlösen; Zugang zu einem Richter und richterliche Kontrolle im Falle der Haft.

2.7

Flüchtlingsfragen

Die vom Ministerkomitee verabschiedete Empfehlung 2000/9 «über den vorläufigen Schutz» wendet sich an die Mitgliedstaaten des Europarates, die mit Massenfluchtsituationen konfrontiert werden (wie z.B. Albanien und Mazedonien). Die Empfehlung ist als eine Ergänzung zur Genfer Flüchtlingskonvention und als praktische Massnahme gedacht. Sie legt die Mindestgarantien für diejenigen Personen fest, die vorläufigen Schutz beanspruchen.

2.8

Medien

Das Ministerkomitee verabschiedete die Empfehlung 2000/7 «über das Recht der Journalisten zur Geheimhaltung ihrer Informationsquellen» sowie das Europäische Übereinkommen über den rechtlichen Schutz von zugangskontrollierten Diensten und von Zugangskontrolldiensten (Convention européenne sur la protection juridique des services à accès conditionnel et des services d'accès conditionnel), das am 24. Januar 2001 zur Unterzeichnung aufgelegt wird. Es wird in Kraft treten, sobald es von drei Mitgliedstaaten des Europarates ratifiziert worden ist, wahrscheinlich noch im Jahre 2001. Die Schweiz wird nächstens das Ratifizierungsverfahren eröffnen.

Die für den 1. Oktober 2000 vorgesehene Inkraftsetzung des Zusatzprotokolls des Europäischen Übereinkommens über das grenzüberschreitende Fernsehen (STE 171) wurde auf Grund einer Einsprache Frankreichs bis auf weiteres verschoben.

An der Europäischen Ministerkonferenz über Medienpolitik vom Juni in Krakau verabschiedeten die Ministerinnen und Minister eine politische Erklärung und ein Aktionsprogramm mit u.a. folgenden Themenschwerpunkten: Erstellen eines neuen Regulierungsrahmens im Medienbereich, der den technologischen und digitalen Entwicklungen Rechnung trägt; Ausgleich zwischen der Rede- und Informationsfreiheit und den anderen legitimen Rechten und Interessen; Vielfalt der Inhalte und 247

Dienstleistungen der Medien. Die Medienministerinnen und -minister bekundeten den Willen, die öffentlichrechtlichen Fernsehanstalten zu unterstützen.

Die Schweiz war in sechs Expertengruppen des Lenkungsausschusses des Europarates im Medienbereich (CDMM) vertreten und führte in drei Fällen den Vorsitz. Es sind dies die Expertengruppe über die Anspruchsberechtigten im Medienbereich, die Expertengruppe für den Medienpluralismus sowie die Expertengruppe betreffend die Evaluierung numerischer Entwicklungen im Medienbereich. Die Schweiz ist zudem ins Büro des CDMM gewählt worden. Dieses Engagement ist von besonderer Bedeutung für die Schweiz wegen ihrer Abwesenheit von den Diskussionen der Europäischen Union im audiovisuellen Bereich.

2.9

Gemeinden und Regionen, grenzüberschreitende Zusammenarbeit

Am 6. und 7. April fand in Istanbul die Europäische Konferenz der für die kollektiven Gebietskörperschaften zuständigen Minister statt, die der Rolle der lokalen Gebietskörperschaften auf dem Gebiet der sozialen Dienste sowie der lokalen Demokratie, der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und der Stabilität in Südosteuropa gewidmet war. Zu beiden Themen wurde eine Empfehlung zuhanden des Ministerkomitees und der Regierungen verabschiedet. Die schweizerische Delegation stand unter der Leitung des Walliser Staatsrats Thomas Burgener.

Das Ministerkomitee beschloss im März eine Revision der Charta des Kongresses der Gemeinden und Regionen Europas (KGRE), der dadurch vermehrte Selbstständigkeit erhielt. Die vom Kongress geforderte völlige Gleichstellung mit der Parlamentarischen Versammlung liess sich jedoch nicht realisieren.

Der KGRE führte vom 23. bis 25. Mai seine siebte Plenartagung durch. Er revidierte die Geschäftsordnungen seiner beiden Kammern und verabschiedete eine Reihe von Empfehlungen, u.a. zu den Themen Bürgerliche Verantwortung und Beteiligung am öffentlichen Leben; Kriminalität in den Städten und Finanzierung der politischen Parteien auf regionaler Ebene. Präsident der Schweizer KGRE-Delegation war Josef Bürge, Stadtammann von Baden (AG).

Das Ministerkomitee verabschiedete die Empfehlung 2000/1 über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen territorialen Gebietskörperschaften oder Behörden auf dem Gebiet der Kultur. Sie hebt eine Reihe von Gebieten hervor, auf denen die kulturelle grenzüberschreitende Zusammenarbeit gefördert werden sollte oder könnte. Die Empfehlung wurde vom EDA allen Kantonen zugestellt.

Der Vorsteher des EDA und der Präsident der Konferenz der Kantonsregierungen führten im November einen Meinungsaustausch über einen möglichen Beitritt der Schweiz zur Europäischen Charta der lokalen Selbstverwaltung (STE 122). Die Meinungsunterschiede betreffend die Vorbehalte, die beim Beitritt angebracht werden müssten, konnten jedoch nicht bereinigt werden.

248

3

Sozialer Zusammenhalt und Lebensqualität

3.1

Bevölkerung

Das Ministerkomitee verabschiedete die vom Lenkungsausschuss für Wanderungsfragen (CDMG) vorbereitete Empfehlung 2000/15 «über die Sicherheit des Aufenthalts von langjährigen Einwanderern». Die Schweiz war in den vorbereitenden Gremien vertreten und brachte, zusammen mit mehreren anderen Staaten, einige Vorbehalte an.

3.2

Raumplanung

Am 7. und 8. September fand in Hannover die 12. Tagung der Europäischen Konferenz der für die Raumordnung verantwortlichen Minister (CEMAT) statt, die mit der Verabschiedung von «Leitlinien für eine nachhaltige räumliche Entwicklung auf dem europäischen Kontinent» zu Ende ging. Die Leitlinien stellen eine politische Orientierungshilfe dar und sind Ausdruck einer kohärenten Strategie einer integrierten Entwicklung auf der Grundlage des Subsidiaritäts- und Reziprozitätsprinzips.

Sie verstärken die Wettbewerbsfähigkeit, die Zusammenarbeit und die Solidarität der Gemeinden und Regionen über die Grenzen hinweg und entsprechen den Zielen und Grundsätzen der schweizerischen Raumplanungspolitik.

Die Ministerinnen und Minister, unter ihnen Bundesrat Moritz Leuenberger, forderten das Ministerkomitee des Europarats auf, an der Umsetzung der Leitlinien mitzuwirken und die Aktivitäten der CEMAT im zwischenstaatlichen Tätigkeitsprogramm der Organisation beizubehalten. Zudem unterstrichen sie die Bedeutung der Beziehungen zur Parlamentarischen Versammlung und zum Kongress der Gemeinden und Regionen Europas (KGRE) sowie der transnationalen und interregionalen Zusammenarbeit, Letzteres vor allem wegen der Projekte, die von den Organen der Europäischen Union gefördert werden.

3.3

Soziale Fragen

Entsprechend den Beschlüssen des Strassburger Gipfeltreffens von 1997 wurden die Tätigkeiten des Europarates auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit, der Sozialpolitik und der Beschäftigung unter dem gemeinsamen Dach des sozialen Zusammenhalts vereinigt. Mit dem Europäischen Ausschuss für den sozialen Zusammenhalt (CDCS) wurde ein neues interdisziplinäres Lenkungsorgan geschaffen, das diesem Ziel entspricht. Der CDCS erarbeitete eine Europäische Strategie für den sozialen Zusammenhalt, welche die Grundlage für die Tätigkeit in den kommenden Jahren bilden wird. Sie unterscheidet vier Arten von Aktivitäten: Rechtsetzung und Kontrolle der Rechtsanwendung; Ausarbeitung von Politiken; Projekte in den Mitgliedstaaten; Forschung und Analyse. Die inhaltlichen Schwerpunkte bilden: die soziale Sicherheit; der Zugang zu den Sozialrechten; die Sozialpolitik in den Städten sowie das Programm für das Kind, das mit einer Europäischen Konferenz in Nikosia zu Ende ging.

Im Mittelpunkt der Debatten des Forums für das Kind, einer zwischenstaatlichen und interdisziplinären Einrichtung und einem Eckpfeiler des Programms für das Kind, standen die Flüchtlingskinder aus dem Kosovo, die unbegleiteten ausländi249

schen Kinder und die Kinderarbeit. Untersucht wurden ebenfalls Fragen, die sich in Bezug auf Strassenkinder, HIV-infizierte Kinder, in Heimen lebende gefährdete Kinder und sexuell missbrauchte Kinder stellen. Das Programm für das Kind führte ferner zusammen mit UNICEF ein psychosoziales Hilfsprogramm für die durch den Kosovokrieg traumatisierten Flüchtlingskinder durch. Unter der Bezeichnung «Forum für Kind und Familie» wurde eine neue ständige Einrichtung beschlossen, die im Jahr 2001 ihre Tätigkeit aufnehmen wird.

3.4

Gesundheitswesen

Das Ministerkomitee verabschiedete die vom Europäischen Gesundheitsausschuss (CDSP) ausgearbeitete Empfehlung 2000/5 «über die Entwicklung von Strukturen, die eine Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger und der Patientinnen und Patienten an Entscheidungsprozessen im Gesundheitswesen ermöglichen sollen».

Für das Arbeitsprogramm des CDPS im Jahr 2001 wurden folgende Themen ausgewählt: Organisation der Palliativpflege; Gesundheitswesen und Medien; Auswirkungen der Informatik auf das Gesundheitswesen; politische Massnahmen zur Unterstützung der Gesundheitsförderung und der Verhütung von Krankheiten.

Vom 24. bis 26. August wurde in Zürich die Tagung des Expertenausschusses zur Entwicklung einer Methodik für die Ausarbeitung von Richtlinien für eine bessere medizinische Praxis abgehalten. Die Tagung wurde vom Bundesamt für Gesundheit zusammen mit der Verbindung der Schweizer Ärzte (FMH) durchgeführt. Die 7. Konferenz der europäischen Gesundheitsminister wird am 12. und 13. Juni 2003 in Oslo stattfinden und dem Thema «Menschenrechte und Gesundheit» gewidmet sein.

Das dritte Supplement zur dritten Ausgabe der Europäischen Pharmakopöe trat am 1. Januar 2000 in 27 Ländern in Kraft. Gleichzeitig wurde auch die Eilrevision betreffend die Minimierung des Risikos der Übertragung von Erregern der spongiformen Enzephalopathien tierischen Ursprungs (BSE) durch Arzneimittel in Kraft gesetzt. Da der Arbeitsumfang innerhalb der Europäischen Pharmakopöekommission stetig wächst, wurden das Geschäftsreglement und die Richtlinien für die Europäische Pharmakopöe überarbeitet und die Rechte und Pflichten aller an der Ausarbeitung der Europäischen Pharmakopöe Beteiligten neu geregelt. Schweizer Expertinnen und Experten waren an diesem Prozess massgeblich beteiligt. Die Sektion Pharmakopöe des Bundesamtes für Gesundheit erhielt im Mai als erste nationale Pharmakopöebehörde innerhalb Europas das Zertifikat nach ISO 9001.

Die Tätigkeiten der Kooperationsgruppe zur Bekämpfung des Drogenmissbrauchs und des illegalen Drogenhandels (Pompidou-Gruppe) standen ganz im Zeichen der Ministerkonferenz, die alle drei Jahre durchgeführt wird. Die diesjährige Konferenz fand am 12. und 13. Oktober in Sintra (Portugal) statt und stand unter dem Motto «Schadensverminderung als eine Komponente eines umfassenden, multidisziplinären Ansatzes
zur Bekämpfung der Drogenproblematik». Die Schweiz war durch Bundesrätin Ruth Dreifuss vertreten. Die Ministerinnen und Minister verabschiedeten ein neues Aktionsprogramm der Gruppe für die Jahre 2000­2003 sowie eine politische Erklärung. Die Schweiz hat wesentlich zur Erarbeitung dieser beiden Dokumente beigetragen, die weitgehend die bundesrätliche Drogenpolitik widerspiegeln. Mit dem neuen Aktionsprogramm setzte sich die Gruppe das Ziel, die Erarbeitung und Umsetzung von nationalen Programmen zu unterstützen sowie die zwi250

schenstaatliche Kooperation zu fördern. Die Gruppe anerkennt dabei die Notwendigkeit eines multidisziplinären Ansatzes. Dem Erfahrungs- und Informationsaustausch zwischen Expertinnen und Experten, Politikerinnen und Politikern, Verwaltungen sowie Forscherinnen und Forschern wird besondere Bedeutung zugemessen.

In der politischen Deklaration bekräftigten die Ministerinnen und Minister ihr Engagement, Massnahmen zur Entschärfung der Drogenproblematik zu treffen. Dabei wird der Prävention ein wichtiger Platz eingeräumt. Das Präsidium der PompidouGruppe ging für die nächsten drei Jahre an Irland über.

3.5

Tierschutz

Unter schweizerischem Vorsitz setzte eine Expertengruppe die Überarbeitung des Europäischen Übereinkommens über den Schutz von Tieren bei internationalen Transporten (STE 65) fort. Ausserdem nahm die Expertengruppe die Arbeiten für ein technisches Protokoll zu Mindestladeflächen auf.

Im Rahmen der Revision von Anhang A des Europäischen Übereinkommens zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Wirbeltiere (STE 123) unterbreiteten die vier Expertengruppen (Nager und Kaninchen, Hunde und Katzen, Minipigs, Nicht-Menschenaffen) ihre Vorschläge den Vertragsstaaten zur Stellungnahme. Neue Arbeitsgruppen konstituieren sich für Vögel und Fische. Dokumente über weitere Tierarten, die oft als Versuchstiere verwendet werden, sind in Aussicht gestellt.

Der Ständige Ausschuss des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen (STE 87) beendete seine Beratungen über die Empfehlung zur Trutenhaltung. Auf Grund eines neu vorgebrachten Vorbehalts des deutschen Delegierten kann die Verabschiedung jedoch nicht mehr wie vorgesehen dieses Jahr erfolgen. Die Revisionsarbeiten zu den Empfehlungen zur Schweinehaltung verlaufen sehr kontrovers.

3.6

Umwelt- und Naturschutz

Der Rat für die Paneuropäische Strategie zur Erhaltung der biologischen und landschaftlichen Vielfalt (STRA-CO) tagte im März in der lettischen Hauptstadt Riga. Er hielt fest, dass die Einbindung der Ziele zur Erhaltung der biologischen und landschaftlichen Vielfalt in die sektoriellen Wirtschaftspolitiken Vorrang haben sollte.

Eine Ad-hoc-Gruppe, der auch Schweizer Experten aus dem BLW und dem BUWAL angehören, wurde mit der Vorbereitung einer Konferenz auf hoher Ebene über die nachhaltige Landwirtschaft und die Biodiversität (Frankreich 2001) betraut.

In der Folge könnte im Jahr 2003 eine paneuropäische Konferenz der Landwirtschafts- und Umweltminister durchgeführt werden.

Der Ausschuss für die Tätigkeit des Europarates auf dem Gebiet der biologischen und landschaftlichen Vielfalt (CO-DBP) trat am 9. und 10. März in Strassburg zusammen, um namentlich die Arbeiten des Europarates und der Paneuropäischen Strategie zu koordinieren. Sein Büro, in dem die Schweiz vertreten ist, zeigte sich sehr besorgt über die Auswirkungen der drastischen Budget- und Personalkürzungen (­40%), die der Europarat für die Jahre 2000 und 2001 auf dem Gebiet der Pflege des natürlichen, kulturellen und landschaftlichen Erbes vorgenommen hatte. Dies 251

trotz der Bedeutung, die diese Bereiche für den Frieden und die Erhaltung des gemeinsamen Erbes in seinen vielfältigen Erscheinungsformen in ganz Europa haben.

Die Europäische Landschaftskonvention wurde im Juli vom Ministerkomitee verabschiedet und anlässlich einer Ministerkonferenz am 20. Oktober in Florenz zur Unterzeichnung aufgelegt. 18 Staaten, darunter die Schweiz, haben die Konvention unterzeichnet. Dank ihrer eigenen grossen Erfahrung auf dem Gebiet der Landschaftspflege konnte die Schweiz bei der Ausarbeitung dieses Übereinkommens einen wertvollen Beitrag leisten.

Der Ständige Ausschuss des Berner Übereinkommens über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume (44 Vertragsstaaten aus Europa, Afrika und Asien) hielt im Dezember 1999 in Strassburg seine 19. Tagung ab. Auf Anregung der Schweiz wurde eine «Groupe de réflexion stratégique» geschaffen, um die Synergien mit verschiedenen die nachhaltige Entwicklung betreffenden Konventionen, Programmen und verwandten Gebieten (Biodiversitätskonvention, Paneuropäische Strategie, Agenda 21 usw.) zu verstärken.

Mit Bezug auf das Paneuropäische ökologische Netzwerk (REP) beschloss die Schweiz, sich im Rahmen des Netzwerks SMARAGD an der Identifizierung von besonders schützenswerten Lebensräumen zu beteiligen. Der Fachausschuss des REP erarbeitete mit technischer und finanzieller Unterstützung des BUWAL «Leitlinien zur Errichtung von ökologischen Netzwerken der Flüsse».

3.7

Entwicklungsbank des Europarates (Sozialentwicklungsfonds)

Die Bank konnte sich weiterhin finanz- und bankentechnisch konsolidieren. Ihr internationales Rating ist gestiegen und das Potenzial für künftige Einsätze gewachsen. In diesem Sinne steht die Bank heute besser da, als dies seit Jahren der Fall war.

Die beschlossene fünfte Kapitalerhöhung, an der sich die Schweiz mit der Zeichnung von Anteilscheinen in der Höhe von 30,6 Millionen Euro beteiligen wird, dürfte diese Tendenz noch verstärken. Eine weitere Stärkung erhofft man sich vom Beitritt der Europäischen Union und der Europäischen Entwicklungsbank, über den verhandelt wird. Einen gewissen Schwerpunkt der Tätigkeit der Bank bildeten erneut die Länder in Südosteuropa im Bereich der Förderung des sozialen Zusammenhalts.

3.8

Nord-Süd-Dialog

Die Evaluation der von der Schweiz angeregten Organisationsanalyse und die daraus folgenden Empfehlungen schufen die Grundlage für eine stärkere Fokussierung der Aktivitäten des Nord-Süd-Zentrums (Europäisches Zentrum für Interdependenz und Solidarität). Die Empfehlungen werden schrittweise umgesetzt. Dies hat dazu geführt, dass sich weitere europäische Länder für den Beitritt zum Sonderabkommen interessieren und damit dessen Basis stärken werden.

252

4

Kultureller Zusammenhalt und Pluralismus der Kulturen

4.1

Kultur und Denkmalpflege

Ein Höhepunkt der diesjährigen Aktivitäten war die im Rahmen der Zusammenarbeit mit der Europäischen Union ausgearbeitete Erklärung über die Kulturelle Vielfalt. Sie macht die Mitgliedstaaten auf die Schwierigkeiten aufmerksam, welche die Liberalisierung und Globalisierung der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen für die Kultur- und Medienpolitik auf nationaler und europäischer Ebene mit sich bringen. Die Staaten werden aufgerufen, die kulturelle Vielfalt im Einklang mit den einschlägigen Instrumenten des Europarats zu unterstützen und zu fördern, besonders auch dann, wenn sie im Rahmen anderer internationaler Instanzen ersucht werden sollten, Verpflichtungen einzugehen, die die Wirksamkeit dieser Instrumente beeinträchtigen könnten.

Ein ebenfalls wichtiger Punkt war der Start des Programms STAGE, das den drei Kaukasusländern Georgien, Armenien und Aserbaidschan technische Hilfe im kulturpolitischen Bereich anbietet. Das Programm enthält Ausbildungsseminare für Kulturverantwortliche, Workshops zum Thema Gesetzgebung in der Kulturpolitik, Expertenbesuche und Konferenzen. Ziel ist es, die Umstellung der Kulturpolitik dieser Länder auf ein demokratisches System zu gewährleisten, das es möglichst breiten Bevölkerungsschichten erlaubt, sich selbst auszudrücken und mitzuwirken. Das Programm STAGE kam dank einem freiwilligen Beitrag der Schweiz von 50 000 Franken zustande.

Die Europäischen Tage des Denkmals wurden vom 1. bis 3. September in Bern im Beisein von Bundesrätin Ruth Dreifuss und des stellvertretenden Generalsekretärs des Europarats offiziell eröffnet. Insgesamt beteiligten sich 34 Länder an den Eröffnungsfeierlichkeiten, die ein grosser Erfolg waren.

Im Rahmen der Kampagne «Europa, ein gemeinsames Erbe» organisierte das Bundesamt für Kultur vom 26. bis 28. Oktober in Luzern unter dem Motto «Das verkaufte Paradies» ein internationales Kolloquium zum Thema «Tourismus und Denkmalpflege ­ fruchtbare Zusammenarbeit oder misstrauische Distanz?». Der Kongress bildete die Fortsetzung der Tagung von 1999 in Nizza.

An seiner ausserordentlichen Sitzung vom 4. September schlug der Direktionsausschuss von Eurimages (Fonds des Europarats für die Unterstützung der Koproduktion, des Verleihs und des Vertriebs filmischer Werke aus Europa) dem Generalsekretär vor, Renate Roginas (Deutschland) als Nachfolgerin
von Mireille Paulus (Luxemburg) zur Exekutivsekretärin zu ernennen. Die Vertreterin der Schweiz wurde ins Büro gewählt. Die Amtszeit der Mitglieder des Büros beträgt ein Jahr und kann einmal verlängert werden.

Ab 2001 zahlen die Mitgliedstaaten von Eurimages ihren Pflichtbeitrag nach einem neuen Schlüssel, wobei der Beitrag durch einen freiwilligen Jahresbeitrag ergänzt werden kann. Das neue Beitragssystem wird stufenweise über einen Zeitraum von drei Jahren eingeführt. Der Beitrittsantrag Sloweniens wurde in den Monaten Oktober und November geprüft, was es diesem Land ermöglichen wird, im Januar 2001 Mitglied von Eurimages zu werden.

253

4.2

Erziehungs- und Hochschulwesen

Im Bereich Erziehung lassen sich die diesjährigen Arbeiten anhand der Resultate der 20. Tagung der Ständigen Konferenz der Europäischen Erziehungsminister zusammenfassen, die am 16. und 17. Oktober in Krakau stattfand. Entsprechend den Zielen dieser Tagung genehmigten die Ministerinnen und Minister die Ergebnisse der abgeschlossenen Projekte, setzten neue Prioritäten für die Zukunft, erörterten aktuelle Fragen und setzten sich mit dem beunruhigenden Thema des gefährdeten sozialen Zusammenhalts auseinander. Die schweizerische Delegation wurde vom St. Galler Regierungsrat Hans Ulrich Stöckling, Präsident der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK), geleitet.

Die Ministerinnen und Minister bekräftigten die Bedeutung des Erziehungswesens im Hinblick auf die Entwicklung der demokratischen Staatsbürgerschaft und die Festigung des sozialen Zusammenhalts in einer offenen und pluralistischen Gesellschaft. Sie unterstrichen die entscheidende Rolle des Europarats und seines spezifischen Ansatzes, der auf gemeinsamen, von ihm verkörperten Werten beruht. Sie bezeichneten es als wünschenswert, dass die Bemühungen zur Erreichung dieser vorrangigen Ziele verstärkt werden.

Die Ministerinnen und Minister beurteilten die Ergebnisse der beendeten oder kurz vor dem Abschluss stehenden Projekte als positiv. Sie bekräftigten ihr Engagement für das Europäische Jahr der Sprachen 2001, das gemeinsam mit der Europäischen Union und mit Unterstützung der UNESCO durchgeführt wird. Sie setzten für die Tätigkeiten des Fachausschusses für das Schulwesen in den Jahren 2001­2003 folgende Prioritäten: Erziehung zur demokratischen Staatsbürgerschaft, Geschichtsunterricht, lebende Sprachen (Gemeinsamer Rahmen und Europäisches Portfolio der Sprachen), Lehre und Unterricht in der Kommunikationsgesellschaft, Erziehungspolitik und Erziehungsbedarf im Falle der Roma und Zigeuner.

Was die vom Europarat und im Rahmen des Grazer Prozesses in Südosteuropa ergriffenen Massnahmen betrifft, so definierten die Ministerinnen und Minister die zukünftige Rolle des Europarates in der Region und eröffneten im Anschluss an die Ereignisse in der Bundesrepublik Jugoslawien neue Perspektiven für die Zusammenarbeit.

Das umfangreiche Engagement der Schweiz für die im Erziehungsbereich in Strassburg durchgeführten Aktivitäten
während des Berichtsjahrs ist positiv zu bewerten.

Anlass zur Sorge geben allerdings zwei Aspekte, die bereits wiederholt angesprochen worden sind: der gravierende Rückgang der für den Kulturfonds zur Verfügung gestellten Mittel und die Personalknappheit im Sekretariat.

Die Schweiz beteiligte sich an allen Programmen des Ausschusses für das höhere Bildungswesen und die Forschung (CC-HER). Prof. Luc Weber präsentierte im Ausschuss den Schlussbericht und die Empfehlungen des von ihm geleiteten Projektes «social sciences and the challenge of transition». Der Ausschuss nahm vom Bericht Kenntnis und leitete ihn zusammen mit den Empfehlungsentwürfen an das Ministerkomitee weiter. Der Ausschuss genehmigte ferner vier Berichte des Programms zur Reform der Hochschulgesetzgebungen (LRP), das von der Schweiz unterstützt worden war, und verabschiedete eine Resolution zuhanden der Konferenz der Europäischen Erziehungsminister. Prof. Luc Weber wurde für ein weiteres Jahr ins Büro des Ausschusses gewählt.

254

4.3

Jugend

Die Schwerpunkte der Arbeiten des Lenkungsausschusses Jugend (CDEJ) lagen auf dem Gebiet der Mitbestimmung der Jugend und auf demjenigen der informellen Erziehung. Im Rahmen ihrer Präsidentschaft in der diesbezüglichen Arbeitsgruppe führte die Schweiz in Verbindung mit dem Seminar der Eidgenössischen Kommission für Jugendfragen vom 4. bis 6. Mai in Biel ein Podiumsgespräch zum Thema «Mitbestimmung der Jugend» durch. Die Eröffnung dieser Veranstaltung gab Bundesrätin Ruth Dreifuss Gelegenheit, auf die Bedeutung einer aktiven Mitarbeit der Jugend beim Aufbau der Gesellschaft aufmerksam zu machen. Die Ergebnisse der Podiumsgespräche, an denen sich zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter von Regierungen und Jugendorganisationen Europas sowie weitere Fachleute beteiligten, werden kurz- und mittelfristig in die Arbeitsprogramme des Sektors Jugend einfliessen.

4.4

Sport

Die Europäische Konferenz der Sportminister von Bratislava (30./31. Mai) verabschiedete Empfehlungen zu folgenden Themen: Dopingbekämpfung; Förderung des sozialen Zusammenhalts; Prävention gegen sexuelle Belästigung von Frauen, Jugendlichen und Kindern im Sport; Prävention gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz im Sport; Entwurf zu einem Kodex für eine nachhaltige Entwicklung im Sport. Diese Texte wurden in der Schlussempfehlung «Ein sauberer und gesunder Sport für das 3. Jahrtausend» zusammengefasst. In den erwähnten Bereichen sollen die inhärenten Werte des Sports durch geeignete Massnahmen besser genutzt, die Probleme im Sport vermindert und der Sport für künftige Generationen sauber und gesund erhalten werden.

Der Europarat und die Europäische Union arbeiten auf dem Gebiet des Sports, insbesondere bei Fragen der Dopingbekämpfung, eng zusammen. Der Einfluss des Europarates auf die Entwicklung in der Behandlung des Sports innerhalb der EU ist insofern von grosser Bedeutung, als den Werten des Sports (Integrationsmöglichkeiten, Erziehung) auch innerhalb der EU grosse Bedeutung beigemessen werden soll. Die grossen Verbände und europäischen Nichtregierungsorganisationen haben der EU verschiedentlich vorgeworfen, dass sie den Sport allzu oft nur als «Markt» betrachte, der nach marktwirtschaftlichen Kriterien zu funktionieren hat.

Die Schweiz steht hinter den verabschiedeten Texten. Die Umsetzung wird mit dem «Konzept des Bundesrates für eine Sportpolitik in der Schweiz» angestrebt.

5

Programme zur Entwicklung und Konsolidierung der demokratischen Stabilität

Die Programme zur Entwicklung und Konsolidierung der demokratischen Stabilität (ADACS) gehören zu den prioritären Aufgaben des Europarates. Die finanziellen Mittel für diese Programme, an denen sich zahlreiche nichtstaatliche Organisationen als Durchführungsorgane beteiligen, betrugen im Jahr 2000 ungefähr 13 Millionen Euro, die vor allem für die Bereiche Menschenrechte und rechtliche Zusammenarbeit verwendet wurden. Die wichtigsten Empfängerländer waren erneut die zentral-

255

und osteuropäischen Staaten. Zahlreiche Projekte, insbesondere in den Schwerpunktländern Albanien, Russland und Ukraine, wurden zusammen mit der EU durchgeführt. Besondere Aufmerksamkeit wurde den Beitrittskandidaten gewidmet.

Die Schweiz beteiligte sich an der Finanzierung dieser Programme über ihren Beitrag zum ordentlichen Haushalt.

Mit Bezug auf den Stabilitätspakt für Südosteuropa spielte der Europarat im Rahmen des Arbeitstisches 1 (Demokratisierung und Menschenrechte) eine wichtige Rolle. Die Schweiz stellte 2000 einen Betrag in der Höhe von 800 000 Euro in Aussicht, der für Projekte im Bereich des Schutzes von nationalen Minderheiten verwendet werden soll.

Der Europarat wurde mit einer Beobachtermission bei den Wahlen im Kosovo beauftragt, die unter der Leitung von alt Nationalrat Victor Ruffy stand. Die Kosten für den Missionschef wurden von der Schweiz übernommen.

Die Schweiz beteiligte sich ferner an den Bemühungen zur Bekämpfung der Staatenlosigkeit in den Nachfolgestaaten der UdSSR und zur Ausarbeitung der nationalen Gesetzgebungen in Übereinstimmung mit der Europäischen Staatsangehörigkeitskonvention, indem sie bei verschiedenen Expertentagungen über die Staatsangehörigkeit in Osteuropa den Vorsitz führte.

256

Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarates an die Regierungen ­

Recommandation sur la promotion de la coopération transfrontalière entre collectivités ou autorités territoriales dans le domaine culturel R (2000) 1

­

Recommandation sur le réexamen ou la réouverture de certaines affaires au niveau interne suite à des arrêts de la Cour européenne des Droits de l'Homme R (2000) 2

­

Recommandation sur le droit à la satisfaction des besoins matériels élémentaires des personnes en situation d'extrême précarité R (2000) 3

­

Recommandation sur l'éducation des enfants roms/tsiganes en Europe R (2000) 4

­

Recommandation sur le développement de structures permettant la participation des citoyens et des patients au processus décisionnel concernant les soins de santé R (2000) 5

­

Recommandation sur le statut des agents publics en Europe R (2000) 6

­

Recommandation sur le droit des journalistes de ne pas révéler leurs sources d'information R (2000) 7

­

Recommandation sur la mission de recherche de l'université R (2000) 8

­

Recommandation sur la protection temporaire R (2000) 9

­

Recommandation sur les codes de conduites pour les agents publics R (2000) 10

­

Recommandation sur la lutte contre la traite des êtres humains aux fins d'exploitation sexuelle R (2000) 11

­

Recommandation sur les sciences sociales et le défi de la transition R (2000) 12

­

Recommandation sur une politique européenne en matière de communication des archives R (2000) 13

­

Recommandation concernant la fiscalité locale, la péréquation financière et les apports financiers aux collectivités locales R (2000) 14

­

Recommandation sur la sécurité de résidence des immigrés de longue durée R (2000) 15

­

Recommandation relative aux principes de base communs à introduire dans les législations nationales en vue de lutter contre le trafic des produits dopants R (2000) 16

­

Recommandation relative au Code pour un développement durable du sport: un partenariat entre le sport et l'environnement R (2000) 17

­

Recommandation sur les critères de développement des politiques de promotion de santé R (2000) 18

­

Recommandation sur le rôle du ministère public dans le système de justice pénale R (2000) 19

257

­

Recommandation sur le rôle de l'intervention psychosociale précoce dans la prévention des comportements criminels R (2000) 20

­

Recommandation sur la liberté d'exercice de la profession d'avocat R (2000) 21

-

Recommandation concernant l'amélioration de la mise en oeuvres des règles européennes sur les sanctions et mesures appliquées dans la Communauté R (2000) 22

258

Dienststellen, die Informationen über einzelne Tätigkeitsgebiete vermitteln können Wichtigste Entwicklungen, Programme zur Entwicklung und Konsolidierung der demokratischen Stabilität

EDA, Politische Abteilung I, Sektion Europarat; EDA, Politische Abteilung III/B, Sektion globale Friedenspolitik

Menschenrechte, Europäische Menschenrechtskonvention

EJPD, Bundesamt für Justiz, Sektion Menschenrechte und Europarat; EDA, Direktion für Völkerrecht, Abteilung Völkerrecht, Menschenrechte und humanitäres Völkerrecht; EDA, Politische Abteilung IV, Sektion Menschenrechtspolitik

Rassismusbekämpfung

EDI, Generalsekretariat, Eidgenössische Kommission gegen Rassismus

Rechtliche Zusammenarbeit

EJPD, Bundesamt für Justiz, Abteilung für internationale Angelegenheiten; EJPD, Bundesamt für Justiz, Abteilung für internationale Rechtshilfe; BK, Eidgenössischer Datenschutzbeauftragter

Strafrechtsfragen

EJPD, Bundesamt für Justiz, Sektion Strafrecht

Gleichstellung von Frau und Mann

EDI, Eidgenössisches Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann

Flüchtlingsfragen

EDA, Politische Abteilung IV, Sektion humanitäre und internationale Flüchtlingspolitik; EJPD, Bundesamt für Flüchtlinge, Abteilung Recht und Internationales

Medien

EDA, Politische Abteilung V, Internationaler Mediendienst; EJPD, Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum, Urheberrecht; UVEK, Bundesamt für Kommunikation, Internationales; EVD, Wettbewerbskommission

Gemeinden und Regionen

EDA, Politische Abteilung I, Sektion Europarat; Direktion für Völkerrecht, Sektion Landesgrenzen und Nachbarrecht

Bevölkerung

EDI, Bundesamt für Statistik, Abteilung Bevölkerung und Beschäftigung; EJPD, Bundesamt für Ausländerfragen, Sektion Internationales und Analysen

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Raumplanung

UVEK, Bundesamt für Raumentwicklung, Internationale Angelegenheiten

Soziale Fragen

EDI, Bundesamt für Sozialversicherung, Abteilung internationale Angelegenheiten und Zentralstelle für Familienfragen; EVD, seco, Dienst für internationale Angelegenheiten

Gesundheit

EDI, Bundesamt für Gesundheit, Internationales

Tierschutz

EVD, Bundesamt für Veterinärwesen, Dienst allgemeine Tierschutzfragen

Umwelt- und Naturschutz

UVEK, Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft

Entwicklungsbank des Europarates (Sozialentwicklungsfonds)

EDA, Politische Abteilung I, Sektion Europarat; EFD, Eidgenössische Finanzverwaltung, Ausgabenpolitik

Nord-Süd-Dialog

EDA, Direktion für Entwicklung und Zuammenarbeit, Abteilung Politik, Planung und Multilaterales

Kultur

EDA, Politische Abteilung V, Sektion Kultur und UNESCO; EDI, Bundesamt für Kultur, Direktionsstab

Denkmalschutz

EDI, Bundesamt für Kultur, Sektion Heimatschutz und Denkmalpflege

Bildung und Hochschulwesen

EDI, Bundesamt für Bildung und Wissenschaft; Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK)

Jugend

EDI, Bundesamt für Kultur, Kulturförderung

Sport

VBS, Bundesamt für Sport

Internet-Adresse des Europarates: http://www.coe.int

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