1838 # S T #

zu 4628 II. Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche.

(Dezembersession 1944.)

(Vom 17. November 1944.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, unter Vorlage der Akten über nachstehende 14 Begnadigungsgesuche Bericht zu erstatten und über deren Erledigung Antrag zu stellen: 50. Käthe Kunath, 1898, Geschäftsfrau. Aarau, 51. Walter Naef, 1907, Kaufmann und Wirt, Toffen (Bern), 52. Walter Gelpke, 1876, Kaufmann, Basel.

(Kosten der Lebenshaltung und Schutz der regulären Marktversorgung.)

Gemäss Bundesratsbeschluss vom 1. September 1939 betreffend die Kosten der Lebenshaltung und den Schutz der regulären Marktversorgung und den auf Grund desselben erlassenen Ausführungsvorschriften sind verurteilt worden : 50. Käthe K u n a t h , verurteilt am 19. Mai 1944 von der strafrechtlichen Eekurskommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes zu Fr. 30 000 Busse wegen Verkaufs von Futtermitteln zu übersetzten Preisen.

In Abänderung des erstinstanzlichen Urteils wurde zudem die einmalige Veröffentlichung des Urteils im Amtsblatt des Kantons Aargau und einer Tageszeitung verfügt.

In einer Eingabe vom 14. September 1944 ersucht der Verteidiger der Verurteilten die Bundesversammlung um Verzicht auf die Urteilspublikation.

Im vorliegenden Falle stelle diese eine Nebenstrafe und keine Massnahme im Sinne des neuen Eechtes dar. In materieller Beziehung kommt der Gesuchsteller auf den dem Urteil zugrunde liegenden Tatbestand zurück und versichert, Frau Kunath habe nicht aus Gewinnsucht gehandelt. Zudem liege die begangene Widerhandlung schon mehrere Jahre zurück.

1339 Im Bericht über unsere Geschäftsführung im Jahre 1943 (Abschnitt Bundesanwaltschaft, 216/217) führten wir aus, dass das eidgenössische Justizund Polizeidepartement auf Wunsch der Begnadigungskommission die Frage der Zulässigkeit der Begnadigung in bezug auf eine Urteilspublikation geprüft und hierüber besonders Bericht erstattet habe. Das Departement kam zum Schlüsse, dass gemäss Art. 396 StGB nur eigentliche Strafen im Begnadigungsweg erlassen werden können, wozu auch die Nebenstrafen der Art. 51 bis 56 StGB zu rechnen seien, hingegen nicht die Urteilspublikation, die zu den blossen Massnahmen gehöre (Art. 42 bis 45 und 57 bis 61). Die Begnadigungskommission hatte diese Stellungnahme gutgeheissen und zuhanden der Begnadigungsbehörde erklärt, dass es nicht Sache der Bundesversammlung sein könne, auf die vom Eichter angeordnete Massnahme der Urteilspublikation zu verzichten. In der Junisession 1944 wurde anlässlich der Behandlung des Geschäftsberichtes im Nationalrat die Frage des Bereiches der Begnadigung zur Diskussion gestellt, verbunden mit dem Wunsch, das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement möge die Frage insgesamt einer erneuten Überprüfung unterziehen.

Ohne unsere endgültige Stellungnahme in dieser Grundsatzfrage präjudizieren zu wollen, möchten wir im vorliegenden Fall feststellen, dass die von der strafrechtlichen Eekurskommission verfügte Urteilspublikation nicht auf Grund von Art. 61 des Strafgesetzbuches erging, sondern gestützt auf Art. 4, Abs. 4, des Bundesratsbeschlusses vom 1. September 1939 betreffend die Kosten der Lebenshaltung und den Schutz der regulären Marktversorgung, lautend: «.. .wird mit Busse bis zu Fr. 30 000 oder mit Gefängnis bis zu einem Jahr bestraft. Die beiden Strafen können verbunden werden. Ausser auf Geldbusse und Gefängnis kann auch auf Veröffentlichung der gegen fehlbare Personen oder Firmen erlassenen Strafverfügungen oder Urteile erkannt werden.» Es werden hier somit Busse, Freiheitsstrafe und Urteilspublikation auf dieselbe Stufe gestellt und dienen alle drei als Strafsanktionen. Wir neigen deshalb zur Ansicht, dass der Urteilspublikation der Strafcharakter dann nicht abgesprochen werden kann, wenn sie ein Erlass im besonderen Falle ausdrücklich neben andern Strafen aufführt (vgl. auch Lautner, «System des schweizerischen Kriegswirtschaftsrechts»,
Lieferung l--2, XI. Abschnitt, 19/20 und 59/60). Es kann daher angenommen werden, dass die im Falle Kunath angeordnete Urteilspublikation eine Nebenstrafe darstellt, die die Bundesversammlung gegebenenfalls gnadenhalber erlassen kann. In diesem Sinne beantragen wir Eintreten auf die Eingabe.

Das Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes kann sich mit einer Begnadigung nicht einverstanden erklären.

Die von der Verurteilten geleitete Firma hat sich aus einer Geflügelfarm zu einer der bedeutendsten Futtermittelfabriken des Landes entwickelt. Es handelt sich um eine gutfundierte und wohlausgebaute Vertreter- und Wiederverkäuferorganisation. Objektiv betrachtet, war die der Gesuchstellerin zur Last gelegte Preisüberschreitung in ihrer Tragweite schwerwiegender Natur.

Hingegen darf auch im Begnadigungsverfahren nicht übersehen werden, dass

1340 die übertretenen Verfügungen der eidgenössischen Preiskontrollstelle von der Verurteilten eine völlige Umstellung ihres Unternehmens forderten. Da die im Futterhandel zulässigen Margen auf Grund möglichst knapp berechneter brauchublicher Unkosten festgesetzt wurden, fand sich darin kein Baum für die Bezahlung eines verhältnismässig grossen Mitarbeiterstabes -- insbesondere Vertreter --, wie ihn das betreffende Geschäft bisher gehabt hatte. Beide urteilenden Instanzen erklärten, nicht daran zweifeln zu können, dass der Verurteilten gerade das Schicksal ihrer Angestellten besondere Sorge bereitete, und dass sie sich zu ihrer Handlungsweise also nicht von eigentlicher Gewinnsucht bestimmen liess. Die strafrechtliche Kommission, die in erster Instanz urteilte, erachtete die Anordnung der Urteilsveröffentlichung nicht als angebracht, weil die Widerhandlung schon über zwei Jahre zurücklag und zudem ihren Beweggrund nicht in einer Gewinnsucht, sondern «in achtenswerten Überlegungen» hatte. In zweiter Instanz wurde die Urteilspublikation offenbar nur deshalb verfügt, weil dies der bisher gehandhabten Praxis entsprach, wonach auf Urteilspublikationen erkannt wird, wenn die Strafsache von einiger volkswirtschaftlicher Bedeutung ist. Immerhin wurde die Publikation auf bloss zwei Zeitungen beschränkt. -- Mit Bücksicht darauf, dass die Widerhandlung heute nahezu vier Jahre zurückliegt und die Urteilspublikation nach so geraumer Zeit als eine wirkliche Härte erscheinen mag, beantragen wir abschliessend, auf die Urteilspublikation zu verzichten.

51. Walter N a e f , verurteilt am 5. Mai 1944 von der strafrechtlichen Bekurskommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes in Bestätigung eines erstinstanzlichen Urteils zu Fr. 80 000 Busse wegen volkswirtschaftlich ungerechtfertigter Schiebungen in Eosshaar und Hirse sowie wegen Verkaufs von Hirse zu übersetzten Preisen. Ausserdem wurde die Veröffentlichung des Urteils in zwei Zeitungen und die Eintragung im Strafregister verfügt.

Für den Verurteilten ersucht dessen Anwalt um gänzlichen Brlass von Busse und Kosten sowie um Verzicht auf die Strafregistereintragung. Er schildert den Sachverhalt, wirft die Schuldfrage erneut auf und fuhrt aus, Naef sei nicht in der Lage, einen so hohen Betrag aufzubringen. Die strenge Strafe sei allein auf Grund der
nachträglich verschärften Praxis der strafrechtlichen Kommissionen ausgesprochen worden. Die finanzielle Lage des Verurteilten sei heute bedenklich. Er sehe sich gezwungen, mit seinen Gläubigern ein Stillhalteabkommen abzuschliessen. Eine solche Vereinbarung sei aber durch den Bussenvollzug stark gefährdet.

Die ausgefällte Busse bezwecke vorwiegend die Wegsteuerung des widerrechtlich erzielten, heute allerdings nicht mehr einbringlichen Gewinnes von rund Fr. 30 000. Die Widerhandlung bestand darin, dass Naef für den Inlandkonsum bestimmte Waren ihrer bestimmungsgemässen Verwendung entzog und hiezu Vorschub leistete. Die volkswirtschaftlich ungerechtfertigten Schiebungen waren deshalb zu bejahen, weil der natürliche Handels weg -- vom

1341 Importeur bzw. Fabrikanten über den Grossisten zum Detaillisten -- durch Einschieben weiterer Zwischenglieder wesentlich verlängert wurde. Xaef hat vorsätzlich gehandelt. Die in letzter Zeit durchgeführten Erhebungen bestätigen jedoch, dass sich der Gesuchsteller gegenwärtig in finanziell bedrängten Verhältnissen befindet. In Würdigung der gesamten Aktenlage b e a n t r a g e n wir deshalb mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes die teilweise Begnadigung im Wege der Herabsetzung der Busse bis zu Fr. 20 000. -- Die Strafregistereintragung und die Kosten sind im Begnadigungsweg nicht zu prüfen.

52. Walter Gelpke, verurteilt am 17. Dezember 1943 von der strafrechtlichen Eekurskommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes in Abänderung eines erstinstanzlicheii Urteils zu Fr. 2000 Busse, weil er in der Zeit von Oktober 1941 bis Februar 1942 ein Seifenprodukt zu übersetzten Preisen und ohne Bewilligung verkauft hatte. Im September 1941 hatte er überdies l kg Tee ohne Abgabe ,von Eationierungsausweisen bezogen.

Gelpke ersucht um Begnadigung, wozu er in längeren Ausführungen die Schuldfrage erneut aufwirft und erklärt, er sei zu Unrecht verurteilt worden.

Er sei als Konkursit verarmt und finde in seinem Alter keine neue Anstellung mehr, so dass er auf seine Fabrikation von Seifenprodukten angewiesen sei.

Bei der Strafzumessung hat die strafrechtliche Eekurskommission die persönlichen Verhältnisse des Gesuchstellers gemäss Art. 48, Ziff. 2, StGB berücksichtigt, soweit diese ihr damals bekannt waren. Obwohl Gelpke streng genommen einen widerrechtlichen Gewinn von Fr. 3503.20 erzielt hatte, wurde die Busse angesichts seines bescheidenen Einkommens auf Fr. 2000 festgesetzt.

Die Eekurskommission verwies den Beschuldigten dabei auf den Weg der Begnadigung, in der Meinung, dass auf diese Art die Bussenhälfte erlassen werden könnte. -- Die Vermögensverhältnisse des Verurteilten sind aber tatsächlich nicht so schlimm, wie er sie darzustellen versucht. Gelpke kann im Gegenteil als gutgestellter Bürger bezeichnet werden, was die seit der Verurteilung durchgeführten Erhebungen einwandfrei ergeben. Da somit keine Begnadigungsgrunde vorliegen, b e a n t r a g e n wir mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes Abweisung.

53. Alois Dahinden, 1904, Bäcker und Konditor, Weggis (Luzern), 54. Albert Oberhänsli, 1887, Bäcker, Biel (Bern).

(Widerrechtliche Verwendung von Mahlprodukten.)

Gemäss Bundesratsbeschluss vom 19. September 1939 über die Verarbeitung von Weizen, Eoggen und Dinkel und über die Verwendung der Mahlprodukte, in der neuen Fassung vom 15. März 1940, sind verurteilt worden:

1342 53. Alois Dahin den, verurteilt am 15. Juli 1944 von der strafrechtlichen Bekurskommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes in Bestätigung eines erstinstanzlichen Urteils zu 20 Tagen Gefängnis und Fr. 1000 Busse, weil er im Jahre 1942 erhebliche Mehlmengen verheimlicht, seine Backkontrolle vorschriftswidrig geführt und ein grösseres Quantum Mehl verfüttert hatte. Im Jahre 1940 hatte er ausserdem falsche Angaben über den Bedarf an rationierten Lebensmitteln für verarbeitende Betriebe gemacht.

Für den Verurteilten ersucht dessen Anwalt um gänzlichen oder doch wenigstens bedingten Erlass der Gefängnisstrafe, wozu er in längeren Ausführungen darzulegen versucht, dass Dahinden zu Unrecht so hart bestraft worden sei. Es sei insbesondere unbillig, einem gut beleumdeten Bürger den bedingten Straf Vollzug zu verweigern. Im Kanton Luzern bedeute eine Gefängnisstrafe eine unaustilgbare Entehrung. Den Ausführungen des Anwaltes schliesst sich auch der Verurteilte selbst an, indem er hinzufügt, der Strafvollzug stelle für seine Familie eine grosse Schande dar. Die Begnadigungsbehörde möge sie doch davor bewahren.

Die vom Gesuchsteller begangenen Widerhandlungen waren alle schwerwiegender Art. Dies galt insbesondere von der Verheimlichung erheblicher Mehlvorräte. Erhält ein Bäcker gestützt auf falsche Angaben über seine Vorräte zusätzliche Zuteilungen, so verschafft er sich damit einen rechtswidrigen Vorteil auf Kosten seiner Berufskollegen und des im Lande vorhandenen Gesamtvorrates. Was die Verfütterung von Backmehl anbelangt, so liegt die Schwere der Verfehlung auf der Hand. Dazu kommt, dass alle diese Widerhandlungen vorsätzlich begangen wurden und der Verurteilte alles tat, um die Untersuchung zu erschweren und die Verantwortung von sich abzuwälzen. Als ganz besonderer Strafschärfungsgrund fielen die V o r s t r a f e n kriegswirtschaftlicher Natur des Dahinden in Betracht (vgl. den erstinstanzlichen Entscheid 19). Beide urteilenden Instanzen stellten fest, dass die dem Verurteilten nachgewiesenen Verfehlungen diesen als verantwortungs- und gewissenlosen Menschen charakterisierten, der unbekümmert um alle Vorschriften und ohne Bücksicht auf die Allgemeinheit ausschliesslich auf seinen persönlichen Vorteil bedacht war.

Im Hinblick auf die erwähnten Vorstrafen gab auch die Bekurskommission
der Meinung Ausdruck, dass die bisher verhängten Strafen und administrativen Massnahmen (Geschäftsschliessungen) immer noch nicht spezialpräventiv gewirkt hatten, so dass jede Milde sich als unangebracht erweise. Aus diesem Grunde konnte der bedingte Strafvollzug nicht gewährt werden. Zuzugeben ist, dass auch die Familie des Verurteilten unter dieser Strafe zu leiden haben wird, was bedauerlich ist. Diese Wirkung pflegt indessen mit jeder Freiheitsstrafe verbunden zu sein und ist, wenn nicht das ganze Strafensystem beeinträchtigt werden soll, nicht zu vermeiden. Zu erwähnen ist schliesslich noch, dass sich Dahinden trotz der Gefängnisstrafe nicht davon abhalten Hess, sich auch neuerdings gegen die kriegswirtschaftlichen Vorschriften zu vergehen (Abgabe von Brot, Backwaren und Mehl ohne Führung der vorgeschriebenen Kontrollhefte und ohne gleichzeitige Entgegennahme der Bationierungsscheine).

1343 Da im übrigen hinreichende Begnadigungsgründe fehlen, beantragen wir mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes Abweisung.

54. Albert Oberhänsli, verurteilt am 16. Oktober 1943 von der 1. strafrechtlichen Kommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes zu 30 Tagen Gefängnis und Fr. 500 Busse, alsZusatzstrafe zu einer am 17. Dezember 1942 erfolgten Verurteilung zu Fr. 1200 Busse, weil er im Laufe des Sommers 1942 frisches Brot und frische Backwaren verkauft und seine Backkontrolle nicht richtig geführt hatte. Die strafrechtliche Kommission verfügte ausserdem die Urteilspublikation und die Strafregistereintragung.

Der Verurteilte ersucht um Erlass der Gefängnisstrafe, wozu er seinen angegriffenen Gesundheitszustand geltend macht und verspricht, inskünftig den Vorschriften strikte nachzuleben. Er habe jetzt seinen Bäckereibetrieb seinem Sohn überlassen.

Oberhänsli musste schon mehrmals wegen Widerhandlungen gegen die kriegswirtschaftlichen Vorschriften verurteilt werden. Diese Verurteilungen haben ihn von weiteren Übertretungen nicht abzuhalten vermocht. Die urteilende Behörde war der Überzeugung, Vorleben und Charakter des Verurteilten liessen nicht erwarten, dass er durch die Gewährung des bedingten Strafvollzuges von weiteren Vergehen abgehalten werde. In der Tat mussten nachträglich zwei neue Strafuntersuchungen gegen den Gesuchsteller eingeleitet werden.

Die diesbezüglichen Strafanträge wurden bereits gestellt. Oberhänsli weist im übrigen auch noch andere Vorstrafen auf. Er geniesst keinen guten Leumund.

Wir sind somit der Ansicht, dass der Gesuchsteller eines Entgegenkommens unwürdig ist, und b e a n t r a g e n mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes Abweisung. Zur Abklärung der Straferstehungsfähigkeit wurde der Verurteilte vom zuständigen Amtsarzt untersucht. Dieser äusserte sich dahin, dass der Bestrafte unter bestimmten Vorsichtsmassnahmen die Strafe erstehen könne.

55.

56.

57.

58.

Willy Grieder, 1906, kaufmännischer Angestellter, Oberentfelden (Aargau), Hans Wolî, 1908, Käser, Rothenburg (Luzern), ' Marie Rietmann, 1902, Geschäftsfrau, Xeu-Allschwil, (Basellandschaft), Fritz Gerber, 1897, Landwirt, Arni (Bern).

(Sicherstellung der Landesversorgung mit Lebens- und Futtermitteln.)

Gemäss Bundesratsbeschluss vom 17. Oktober 1939 über die Sicherstellung der Landesversorgung mit Lebens- und Futtermitteln und den auf Grund desselben erlassenen Ausführungsvorschriften sind verurteilt worden:

1344 55. Willy Grieder, verurteilt am 27. Dezember 1943 vom Einzelrichter der 1. strafrechtlichen Kommission des eidgenössischen Volkswirtschaf tsdepartementes zu Fr. 150 Busse, weil er sich in den Jahren 1942 und 1943 in seiner Eigenschaft als Angestellter der kantonalen Bationierungsstelle Eationierungsausweise für Lebensmittel rechtswidrig angeeignet und solche auch von einem mitverurteilten Arbeitskollegen entgegengenommen hatte.

Grieder ersucht um Erlass der Busse, die er nicht bezahlen könne. Er habe infolge seiner Machenschaften die Arbeitsstelle verloren, und sein jetziger Lohn reiche kaum zum Lebensunterhalt.

Der Gesuchsteller sollte unseres Eraohtens in der Lage sein, die Busse wenigstens in kleineren Monatsraten aufzubringen. Seine heutige, etwas bedrängte Lage hat er selbst verschuldet. Das Verhalten Grieders war besonders verwerflich. Wir heben hervor, dass er sich weiterhin Eationierungsausweise angeeignet hat, nachdem schon eine Strafuntersuchung gegen einen Mitarbeiter der Bationierungsstelle eingeleitet worden war. Dieser Umstand wirft kein gutes Licht auf die Gesinnung des Verurteilten, weshalb wir mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes Abweisung beantragen.

56. Hans Wolf, verurteilt am 12. Mai 1944 von der 8. strafrechtlichen Kommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes zu Fr. 900 Busse, weil er in der Zeit zwischen Sommer 1941 bis Herbst 1942 1000 l Milch in die Milcheingangskontrolle nicht eingetragen, eine grosse Menge Milch verfüttert und Butter und Käse ohne gleichzeitige Entgegennahme der erforderlichen Bationierungsausweise und zu übersetzten Preisen abgegeben hatte.

Wolf ersucht um teilweisen Erlass der Busse, wozu er ausführt, er habe sich in Unkenntnis der bestehenden Vorschriften vergangen, und seine finanziellen Verhältnisse seien ungünstig.

Unter Hinweis auf die Urteilserwägungen und die Ausführungen des Generalsekretariates des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes vom 23. Oktober 1944 b e a n t r a g e n wir mit dieser Behörde deshalb Abweisung, weil die Gesuchsangaben nicht stimmen und der Gesuchsteller in der Lage ist, die Busse gänzlich zu entrichten.

57. Marie Bietmann, verurteilt am 2. Juni 1944 von der strafrechtlichen Bekurskommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes in
Bestätigung eines erstinstanzlichen Entscheides .zu drei Monaten Gefängnis, unter Anrechnung von zwei Tagen Untersuchungshaft, und zu einer Busse von Fr. 20 000, weil sie in den Jahren 1942 und 1943 insgesamt 171 Schwarzschlachtungen vorgenommen, wiederholt die Schlachtgewichtszuteilungen und Schlachtkontingente überschritten und grosse Mengen Fleisch und Fett verheimlicht und ohne Entgegennahme der vorgeschriebenen Bationierungsscheine abgegeben hatte. Die urteilende Behörde hat überdies die Urteilspublikation und die Aufnahme im Strafregister verfügt.

1345 Für die Verurteilte ersucht deren Verteidiger urn bedingte Begnadigung hinsichtlich der Freiheitsstrafe. Er weist darauf hin, dass Marie Eietmann im Jahre 1940 ihren Ehemann verloren habe und seither das Geschäft -- es handelt sich um einen grösseren Metzgereibetrieb -- unter aussergewöhnlichen Verhältnissen allein weiterführt. Sie habe zudem für die Erziehung von drei minderjährigen Kindern zu sorgen. Frau Bietmann habe durch diesen Straf fall und die darauf erfolgte Urteilspublikation auch gesundheitlich gelitten, was übrigens durch ein Arztzeugnis belegt wird. Es sei am Platze, den unschuldigen Kindern nicht ihre Mutter für volle drei Monate zu entziehen. -- Die Verurteilte schliesst sich den Ausführungen ihres Verteidigers an.

Einige hundert Personen aus der Gemeinde Allschwil und Umgebung bekunden durch ihre Unterschrift, dass sie im Straffalle Eietmann für eine bedingt erkannte Strafe einstehen.

Die Eekursinstanz hat das ganze erstinstanzliche Urteil überprüft und namentlich untersucht, ob eine Gefängnisstrafe von drei Monaten am Platze sei. Sie hat dies bejaht und dabei ausgeführt, ein Überblick über die zahlreichen, während eines ganzen Jahres begangenen Widerhandlungeu zeige, dass die Verurteilte bewusst und aus reiner Gewinnsucht sämtliche kriegswirtschaftlichen Vorschriften übertrat, die ihr irgendwie hinderlich waren.

Wie wir bereits in früheren Berichten betonten, besteht hinsichtlich der Gewährung des bedingten Strafvollzuges im kriegswirtschaftlichen Strafverfahren eine bestimmte Praxis. In mehreren Entscheiden hat die Eekurskommission ausgeführt, dass in diesem Spezialgebiet grösste Zurückhaltung bei der Anwendung der in Art. 41 StGB dem Eichter eingeräumten Möglichkeit der Gewährung des bedingten Strafvollzuges geboten sei, da hier der Strafzweck der Generalprävention weit mehr im Vordergrund stehe als im gemeinen Strafrecht. Auch bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des Art. 41 StGB wurde daher bei S c h w a r z h a n d e l s f ä l l e n von erheblichem Ausrnass diese Eechtswohltat versagt, weil sich aus dem zu beurteilenden Verhalten der Beschuldigten entnehmen liess, dass ihr Charakter nicht die nötige Sicherheit für die genügende Wirkung einer bedingt vollzogenen Freiheitsstrafe gewährt (Art. 41, Ziff. l, Abs. 2 StGB). Die Eekurskommission war der Überzeugung,
dass dieses Merkmal auch bei Frau Eietmann zutraf.

Bei dieser Auffassung der Gerichtsbehörde, mit deren Strenge wir grundsätzlich einverstanden sind, bleibt nur zu untersuchen, ob im Falle Eietmann besondere und stichhaltige Begnadigungsgründe vorliegen. Wir glauben, dem Umstände, dass Marie Eietmann Witwe und für die Erziehung von minderjährigen Kindern verantwortlich ist, besondere Eechnung tragen zu müssen.

Ein Entgegenkommen scheint sich schon im Interesse der Kinder selbst aufzudrängen. Frau Eietmann bereut heute ihre Verfehlungen offenbar aufrichtig.

Das Strafverfahren und die sechs verschiedenen Urteilspublikationen scheinen zudem eine nicht zu verkennende Wirkung auf die Gesuchstellerin, nicht zuletzt ihren Gesundheitszustand ausgeübt zu haben. Wir b e a n t r a g e n deshalb mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes den

1346 bedingten Erlass der Freiheitsstrafe, unter Auferlegung einer Bewährungsfrist von fünf Jahren, mit der besonderen Bedingung, dass Marie Rietmann während der Probezeit kein vorsätzliches Vergehen verübe und sich nicht neuerdings Widerhandlungen gegen kriegswirtschaftliche Vorschriften zuschulden kommen lasse.

58. Fritz G e r b e r , verurteilt am 22. April 1944 von der 1. strafrechtlichen Kommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes zu 8 Tagen Gefängnis, mit bedingtem Strafvollzug und einer Probezeit von 3 Jahren, Fr. 200 Busse, zur Entsetzung von seinem Amte als Fleischschauer und zur Nichtwählbarkeit zu einem Amte auf die Dauer von 2 Jahren (Art. 51 StGB), weil er in der Zeit zwischen November 1941 bis Februar 1942 in seiner Eigenschaft als amtlicher Fleischschauer die unzutreffenden Monatsrapporte eines Metzgermeisters als richtig befunden und unterzeichnet hatte. Ferner wurde die Urteilspublikation verfügt.

Für den Verurteilten ersucht dessen Verteidiger um Erlass der Nebenstrafe, wozu er den Sachverhalt schildert und das Urteil als besonders hart bezeichnet.

Gerber, der gut beleumdet sei, habe sich nur gefälligkeitshalber vergangen.

Der Verurteilte sei zudem herzkrank und könne sich demzufolge mit landwirtschaftlichen Arbeiten nicht befassen, weshalb er auf den kleinen "Verdienst als Fleischschauer angewiesen sei.

Die urteilende Behörde hat mit Becht ausgeführt, dass die Funktionen des Fleischschauers in der kriegswirtschaftlichen Fleischversorgung von äusserster Wichtigkeit sind und ihre missbräuchliche Ausübung schwere Folgen nach sich ziehen kann. Der Fleischschauer ist ein auf einen Vertrauensposten berufener Beamter, auf dessen unbedingte Zuverlässigkeit sich Behörden und Bevölkerung müssen verlassen können. Im Falle Gerber wurde von der urteilenden Behörde angenommen, dass sich der Verurteilte als seines Amtes unwürdig erwiesen hatte. Hinsichtlich der Freiheitsstrafe wurde ihm der bedingte Strafvollzug gleichwohl gewährt. Die Frage, ob sich diese Eechtswohltat gegebenenfalls auch auf die Nebenstrafen der Art. 51 bis 56 StGB erstrecken könne, ist in der Doktrin bis heute noch umstritten geblieben (vgl. Logoz, commentaire, N. 5, lit. b, zu Art. 41). Die strafrechtliche Kommission hat sie in der Strafsache Gerber nicht aufgeworfen. In Würdigung der ganzen Aktenlage
und namentlich des Umstandes, dass Gerber bis zu diesem Vorfall als zuverlässiger Fleischschauer galt, b e a n t r a g e n wir mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes, den vom Eichter gewährten bedingten Strafvollzug im Begnadigungswege ebenfalls auf die Nebenstrafe der Amtsentsetzung auszudehnen.

1347 59. Johann Sutter, 1903, Kaufmann, St. Gallen.

(Landesversorgung mit Lebens- und Futtermitteln; Versorgung mit flüssigen Kraft- imd Brennstoffen; Kosten der Lebenshaltung und Schutz der regulären Marktversorgung.)

59. Johann Sutter ist am 14. Januar 1944 von der o. strafrechtlichen Kommission des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes in Anwendung des Bundesratsbeschlusses vom 17. Oktober 1939 über die Sicherstellung der Landesversorgung mit Lebens- und Futtermitteln, des Bundesratsbeschlusses vom 21. Februar 1941 über die Landesversorgung mit flüssigen Kraft- und Brennstoffen und Mineralölen, sowie des Bundesratsbeschlusses vom 1. September 1939 betreffend die Kosten der Lebenshaltung und den Schutz der regulären Marktversorgung zu zwei Monaten Gefängnis und Fr. 4000 Busse verurteilt worden. Ausserdem wurde die Aufnahme im Strafregister und die Urteilspublikation verfügt.

Sutter hat in den Jahren 1941 bis 1943 Benzin, Petrol und Lebensmittel in Umgehung der Bationierungsvorschriften zu übersetzten Preisen erworben, Altmetalle und Textilabfälle ohne Bewilligung und zu unzulässigen Preisen abgegeben und überdies Holzkohle ohne Bationierungsausweise, sowie Benzincoupons verkauft.

Der Verurteilte ersucht um bedingten Erlass der Gefängnisstrafe, die ihn und seine Familie hart treffe. Er verweist auf den geleisteten Militärdienst und führt aus, er sei durch die Ausfällung einer hohen Busse, die bereits entrichtet sei, schon genug bestraft worden.

Demgegenüber stellen wir fest, dass der jeweilige widerrechtliche Gewinn nach konstanter Praxis der strafrechtlichen Kommissionen durch eine entsprechende Busse wegzusteuern war. Da Sutter durch seine Schwarzverkäufe um den Betrag von rund Fr. 3865 bereichert worden war, wurde die Busse auf Fr. 4000 festgesetzt. Ferner ist zu erwähnen, dass der Verurteilte sich jahrelang über die kriegswirtschaftlichen Bationierungs-, Bewirtschaftungs- und Preisvorschriften hinweggesetzt hat. Kriegswirtschaftlich galt Sutter zur Zeit der Verurteilung als Bückfälliger. Da er zudem vorbestraft ist und hinreichende Begnadigungsgründe nicht vorliegen, b e a n t r a g e n wir mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes Abweisung.

60. Friedrich Aeschlimann, 1913, Vertreter, Bern.

(Landesversorgung mit Lebens- und Futtermitteln; Versorgung von Volk und Heer mit technischen Eohstoffen usw.)

60. Friedrich Aeschlimann ist wie folgt verurteilt worden: am 30.Mai 1941 von der 1. strafrechtlichen Kommission des eidgenössischen Volkswirt-

1348 schaftsdepartementes in Anwendung des Bundesratsbeschlusses vom 25. Juni 1940 über die Sicherstellung der Versorgung von Volk und Heer, Halb- und Fertigfabrikaten zu einer Busse von Fr. 800, welche in der Folge als teilweise uneinbringlich in 77 Tage Haft umgewandelt wurde; am 9. September 1943 vom Einzelrichter der l. strafrechtlichen Kommission in AnwendungdesBundesratsbeschlusses vom 17. Oktober 1939 über die Sicherstellung der Landesversorgung mit Lebens- und Futtermitteln zu einer Busse von Fr. 400.

Aeschlimann hat im Jahre 1940 während der Textilsperre verschiedene Stoffcoupons an Konsumenten verkauft und nach eingetretener Rationierung dieser Produkte solche Waren ohne gleichzeitige Entgegennahme der erforderlichen Bationierungsscheine abgegeben. Im Jahre 1942 hat Aeschlimann Bationierungsscheine für Lebensmittel, Lederwaren, Seifenprodukte und Textilien über den laufenden Bedarf hinaus gegen Entgelt erworben und widerrechtlich verwendet.

Der Verurteilte ersucht um Begnadigung, wozu er versichert, er bereue seine Verfehlungen und werde sich von nun an bemühen, den Vorschriften nachzuleben. Gegenwartig sei er nicht in der Lage, einen so hohen Betrag aufzubringen.

Aeschlimann weist schon mehrere Vorstrafen auf. Auch kriegswirtschaftlich musste er wiederholt gebdsst werden. Er geniesst keinen guten Leumund, so dass anzunehmen ist, dass eine Begnadigung unangebracht wäre. Wir b e a n t r a g e n deshalb mit dem Generalsekretariat des eidgenössischen Volkswirtschaftsdeparteinentes Abweisung.

61. Emile Maya, 1914, französischer Staatsangehöriger, Fabrikarbeiter, Pontarlier (Frankreich), 62. Clovis Kochat, '1907, Landarbeiter, Pontarlier, 63. Eugène Briselance, 1912, französischer Staatsangehöriger, Holzer, Pontarlier.

(Zollvergehen.)

Gemäss Bundesgesetz vom 1. Oktober 1925 über das Zollwesen sind bestraft worden : 61. Emile M a y a , durch Straf verfugung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 1. August 1944 in Anwendung von Art. 74, 76 und 77 des Bundesgesetzes vom 1. Oktober 1925 über das Zollwesen zu Bussen von Fr. 875 und Fr. 593.34 verurteilt, unter Nachlass der Bussendrittel infolge vorbehaltloser Unterziehung.

Maya hatte in den Jahren 1943 und 1944 zusammen mit andern Schmugglern unter mehreren Malen grössere Mengen Schinken, Butter, Käse, Eier und

1349 àgi. unter Umgehung der Zollkontrolle eingeführt und in der Schweiz gegen Tabak eingetauscht, den er dann widerrechtlich ausführte.

Da der ausländische Verurteilte die Bussen nicht bezahlen und auch keine Sicherheit leisten konnte, -wurden diese in insgesamt 149TageHaft umgewandelt.

Diese Strafe läuft am 24. Dezember 1944 ab. Vom 14. bis zum 28. Juli rnusste Maya eine ihm wegen unerlaubten Grenzübertrittes von einem Militärgerichte auferlegte Gefängnisstrafe verbüssen.

Am 8. Oktober ersuchte der Verurteilte um Begnadigung, wozu er geltend machte, er habe sich aus einer ausgesprochenen Notlage heraus zum Schmuggel bewegen lassen. Während der Strafhaft sei seine in Frankreich wohnhafte Familie ohne Stutze.

Die eidgenössische Oberzolldirektion kann sich mit einem Erlass der Haftstrafe nicht einverstanden erklären.

Demgegenüber stellen wir fest, dass die Verhältnisse in diesem Falle ähnlich sind wie in den in unserem ersten Bericht unter Nrn. l, 6--8 und 10 erwähnten Vollzugssachen. Wir b e a n t r a g e n deshalb unter Hinweis auf die Akten, den Erlass von 30 Tagen, so dass der Gesuchsteller kurz nach der Sitzung der Begnadigungskommission entlassen werden kann.

62. Clovis E o c h a t , durch Strafverfügungen der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 28. Juli 1944 zu Bussen von Fr. 900 und Fr. 233.34 verurteilt, weil er in den Jahren 1942--1944 unter verschiedenen Malen Lebensmittel und Zigarettenpapier schwarz eingeführt und Tabak widerrechtlich ausgeführt hatte. In der Folge wurden beide Bussen als uneinbringlich in insgesamt 108 Tage Haft umgewandelt, unter Anrechnung der Untersuchungshaft.

Mit Schreiben vom 30. August 1944 ersuchte Eochat aus dem Gefängnis um Begnadigung, wozu er geltend machte, sein Wohnort sei zum Kriegsschauplatz geworden und seine Anwesenheit bei seiner Familie sei unbedingt notwendig.

Im Einverständnis mit der eidgenössischen Oberzolldirektion verfügte der Bundesanwalt am 9. September die Entlassung des Verurteilten, unter Vorbehalt des endgültigen Entscheides der Bundesversammlung.

Unter Hinweis auf die Gesuchsanbringen und die vorstehenden Ausführungen beantragen wir den Erlass der Reststrafe von 17 Tagen.

63. Eugène Briselance, wegen widerrechtlicher Einfuhr von Lebensmitteln und Zigarettenpapier und verbotener Ausfuhr von Tabak von der eidgenössischen
Oberzolldirektion am 1. August 1944 zu Bussen von Fr. 980 und Fr. 853.34 verurteilt, unter Nachlass der Bussendrittel infolge vorbehaltloser Unterziehung. Zudem wurde er arn 5. August 1944 von der eidgenössischen Alkoholverwaltung zu einer Busse von Fr. 24 verurteilt wegen Verletzung des Alkoholmonopols.

Alle drei Bussen wurden ani 11. August 1944 in insgesamt 179 Tage Haft umgewandelt. Der Strafvollzug begann am 29. Juli und dauert bis 23. Januar 1945.

Bundesb] att.

96 Jahrg. Bd. I.

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1350 Mit Eingabe vom 19. Oktober 1944 ersucht Briselance um Begnadigung, wozu er die traurige Lage seiner in Frankreich zurückgelassenen Familie geltend macht.

Die eidgenössische Oberzolldirektion, auf deren Bericht vom 9. November wir verweisen, spricht sich gegen einen Straferlass aus.

Briselance ist verheiratet und Vater von zwei kleinen Kindern. Da seine Familie einzig auf seine Stutze angewiesen ist, beantragen wir aus Kommiserationsgründen die Entlassung des Verurteilten am 20. Dezember 1944.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 17. November 1944.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Stampili.

Der Bundeskanzler:

Leimgruber.

5459

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II. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche.

(Dezembersession 1944.) (Vom 17. November 1944.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1944

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

24

Cahier Numero Geschäftsnummer

4628

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

23.11.1944

Date Data Seite

1338-1350

Page Pagina Ref. No

10 035 176

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