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Bundesblatt 96. Jahrgang.

Bern, den 6. Juli 1944.

Band I.

Erscheint in der Segel alle 14, Tage. Preis 20 Franken im Jahr, 10 Franken im Saltjahr, zuzüglich Nachnahme- and Postbestellungsgebühr.

Einrückungsgebühr: 60 Kappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an Stämpfli & de. in Bern.

Ablauf der Referendumsfrist: # S T #

5. Oktober 1944.

Bundesgesetz über die

Schweizerischen Bundesbahnen.

(Vom 23. Juni 1944.)

Die Bundesversammlung der schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , gestützt auf Art. 26 sowie Art. 85, Ziffern l und 3, der Bundesverfassung, nach Einsicht der Botschaften des Bundesrates vom 24. November 1936 und 17. September 1943, beschliesst :

Erster Teil.

Verwaltung und Betrieb.

I. Allgemeine Bestimmungen.

Art. 1.

Verwaltung und Betrieb der dem Bunde gehörenden oder von ihm gepachteten Eisenbahnen sind Sache einer innerhalb der Schranken der Bundesgesetzgebung selbständigen eidgenössischen Verwaltung, die den Namen «Schweizerische Bundesbahnen» führt.

Art. 2.

Die Erwerbung weiterer Eisenbahnen oder der Bau neuer Linien durch den Bund kann nur gestützt auf einen dem Referendum unterstellten Bundesbeschluss erfolgen.

Art. 3.

1 Die Bundesbahnen haben der Volkswirtschaft und der Landesverteidigung zu dienen. Bei der Tarif- und Fahrplangestaltung haben sie auf die Bundesblatt.

96. Jahrg.

Bd. I.

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volkswirtschaftlichen Bedürfnisse Eücksicht zu nehmen, soweit ihre finanziellen Mittel es gestatten.

2 Die Bundesbahnen sind nach gesunden betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu verwalten und zu betreiben. Sie sind dauernd in gutem Zustand zu erhalten und haben sieh den Erfordernissen des Verkehrs und den Fortschritten der Technik anzupassen.

Art. 4.

Die Gesetzgebung des Bundes in Eisenbahnsachen findet auch auf die Bundesbahnen Anwendung. Der Bundesrat kann jedoch Ausnahmen zulassen, sofern dadurch nur das innere Verhältnis zwischen Bund und Bundesbahnen berührt wird.

2 Der Bundesrat kann ferner die Bundesbahnen ermächtigen, ihre Betriebsweise zu ändern, um sie den Bedürfnissen des Verkehrs und den Erfordernissen der Volkswirtschaft anzupassen.

3 Die endgültige Stillegung von Eisenbahnlinien bedarf der Zustimmung der Bundesversammlung.

Art. 5.

1 Die Bundesbahnen haben ihren Sitz in Bern.

2 .Sie können ausser an ihrem Sitz am Hauptorte jedes Kantons von den Kantonseinwohnern belangt werden.

3 Für dingliche Klagen gilt der Gerichtsstand der gelegenen Sache.

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Art. 6.

Die Bundesbahnen sind mit Einschluss der zu ihrer Aufgabe als Transportunternehmung gehörenden Hilfs- und Nebenbetriebe, wie Kraftwerke, Werkstätten, Lagerhäuser und d'gl., von jeder Besteuerung durch die Kantone und Gemeinden befreit. Die Befreiung erstreckt sich nicht auf Liegenschaften, die keine notwendige Beziehung zum Betrieb des Unternehmens haben.

2 Die vom Bunde den Kantonen auf Grund des Bundesgesetzes vom 22. Dezember 1916 über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte zu leistende Entschädigung wird durch dieses Gesetz nicht berührt.

3 Für das Kollmaterial, das Mobiliar und die Transportgegenstände sind die Bundesbahnen den kantonalen Vorschriften über die Versicherungspflicht gegen Feuerschaden nicht unterworfen.

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II. Befugnisse der Bundesversammlung und des Bundesrates.

Art. 7.

Der Bundesversammlung steht zu: a. die Genehmigung der vom Bundesrat aufzustellenden allgemeinen Grundsätze für die Tarifbildung ; b. die Gesetzgebung über das Dienstverhältnis des Personals;

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e. die Genehmigung der Voranschläge, der Jahresrechnung und des Geschäftsberichtes; d. die Beschlussfassung über die Erhöhung der für Anschaffungen und Bauten aufzuwendenden Mittel (Art. 18, Abs. 3) ; . e. die Beschlussfassung über Massnahmen zur Deckung von Fehlbeträgen (Art. 16, Abs. 2); , : ·: ; ; /. die Beschlussfassung über die Erwerbung weiterer Eisenbahnen sowie den Bau neuer Linien durch den Bund (Art. 2); g. die Genehmigung der endgültigen Stillegung von Eisenbahnlinien (Art. 4, : Abs. 8).

, , Art. 8.

Der Bundesrat übt;die Oberaufsicht über die Geschäftsführung und den Finanzhaushalt der Bundesbahnen aus. Er kann ihnen die zur Wahrung wichtiger Interessen des Landes ; notwendigen Weisungen erteilen. Er hat insbesondere folgende Befugnisse: a. Vertretung der Bundesbahnen vor der Bundesversammlung; &. Wahl des Verwaltungsrates und der Geschäftsleitung; o. Prüfung der Voranschläge und der Jahresrechnung sowie ihre Vorlage an die Bundesversammlung; d. Ausgabe von, Anleihen.

: ; 3 Er regelt, unter Vorbehalt des Art. 10, seine übrigen Befugnisse sowie die Aufsichtsrechte des Post- und Eisenbahndepartements und die Zuständigkeiten der leitenden Organe der Bundesbahnen. Dabei soll durch weitgehende Abtretung von Befugnissen an diese Organe für eine einfache, rasche und unabhängige Geschäftsbehandlung gesorgt werden.

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IH. Organe der Schweizerischen Bundesbahnen.

Art. 9.

1

Die leitenden Organe der Bundesbahnen sind : a. der Verwaltungsrat; b. die Geschäftsleitung.

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Sie sind für ihre Geschäftsführung dem Bundesrate verantwortlich.

Art. 10.

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Der Verwaltungsrat besteht: aus dem Präsidenten, dein Vizepräsidenten und dreizehn Mitgliedern. Sie werden vom Bundesrat auf eine Amtsdauer von drei Jahren gewählt.

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Ihm steht zu: a. die Aufsicht über die Verwaltung; b. die Aufstellung der von der Geschäftsleitung zu befolgenden allgemeinen Eichtlinien, soweit sie nicht durch das Gesetz oder durch Anordnungen des Bundesrates bestimmt sind; c. die Begutachtung aller wichtigen, die Bundesbahnen betreffenden Geschäfte, die von der Bundesversammlung oder vom Bundesrat zu behandeln sind oder von diesem dem Verwaltungsrat vorgelegt werden; d. die Aufstellung der Voranschläge zuhanden des Bundesrates; e. die Prüfung der Jahresrechnung und des Geschäftsberichtes zuhanden des Bundesrates; /. die -Aufstellung der Wahlvorschläge für die Mitglieder der Geschäftsleitung zuhanden des Bundesrates; g. die Wahl der Abteilungsvorstände der Generaldirektion; h. die Aufstellung der allgemeinen Verwaltungsorganisation, die Festsetzung der Befugnisse und Obliegenheiten der einzelnen Dienststellen ; i. die Beschlussfassung über generelle Projekte für grössere Bauten; k. die Genehmigung wichtiger Verträge; l. die Aufstellung der allgemeinen Ausführungserlasse der Bundesbahnen zur Gesetzgebung und zu den Verordnungen des Bundesrates über das Dienstverhältnis des Personals; m. die Aufstellung der Statuten der Pensions- und Hilfskasse für das Personal der Schweizerischen Bundesbahnen, unter Vorbehalt der Genehmigung durch den Bundesrat.

3 Die nähere Umschreibung der Obliegenheiten und Befugnisse des Verwaltungsrates erfolgt durch die Vollziehungs Verordnung.

Art. 11.

Die Geschäftsleitung besteht aus der Generaldirektion und den Kreisdirektoren. Sie wird vom Bundesrat auf unverbindlichen Vorschlag des Verwaltungsrates bestellt.

Art. 12.

Die Generaldirektion hat ihren Sitz in Bern. Ihre Zusammensetzung wird vom Bundesrat auf unverbindlichen Vorschlag des Verwaltungsrates bestimmt.

Sie besorgt gemäss der vom Verwaltungsrat zu erlassenden Geschäftsordnung die oberste Leitung und Geschäftsführung.

Art. 13.

Für die Verwaltung und den Betrieb ist das Bundesbahnnetz in drei Kreise eingeteilt, an deren Spitze je ein Kreisdirektor steht. Sitze der Kreisdirektionen sind Lausanne, Luzern und Zürich.

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IV. Dienstverhältnis des Personals.

Art. 14.

Für die Ordnung des Dienstverhältnisses der Beamten der Bundesbahnen finden die über das Dienstverhältnis der Bundesbeamten bestehenden Bestimmungen Anwendung.

Zweiter Teil.

Fiuanzhausbalt und Entschuldung I. Finanzhaushalt.

Art. 15.

1 Über den Finanzhaushalt der Bundesbahnen ist eine eigene, vom Bechnungswesen des Bundes getrennte Eechnung zu führen.

2 Die Eeohnungen der Bundesbahnen sind so zu gestalten,, dass sich die Vermögenslage, die Schuld- und Forderungsverhältnisse, die Aufwendungen für Bauten und die, Betriebsergebnisse zuverlässig und vollständig feststellen lassen.

Art. 16.

1 Der nach Deckung sämtlicher Verbindlichkeiten mit Einschluss der Abschreibungen sich ergebende Beingewinn der Bundesbahnen ist wie folgt zu verwenden: a. zunächst ist ein Betrag bis zu 8 Millionen Franken jährlich in eine Eeserve zur Deckung künftiger Fehlbeträge einzulegen, bis diese Eeserve 20 % des Dotationskapitals erreicht hat; 6. hierauf ist das Dotationskapital bis zu 4 % zu verzinsen.

Über die Verwendung eines verbleibenden Überschusses beschliesst die Bundesversammlung bei der Genehmigung der Jahresrechnung.

2 Bin Fehlbetrag wird aus der Eeserve gedeckt. Ist diese erschöpft, so beschhesst die Bundesversammlung bei der Genehmigung der Jahresrechnung über die Art der Deckung. Ausgeschlossen ist der Vortrag des Fehlbetrags auf neue Eechnung.

Art. 17.

Die Bundesbahnen haben an ihrem Anlage- und Betriebsvermögen die erforderlichen und den Umständen angemessenen Abschreibungen gemäss einem vom Bundesrate zu genehmigenden Eeglement durchzuführen.

Art. 18.

Für Anschaffungen und Bauten, welche die Bundesbahnen gestützt auf Art. 3 ausführen, dürfen höchstens die aus Abschreibungen gewonnenen Mittel verwendet werden.

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Die nicht für Neuinvestierungen bestimmten Mittel sind zu Kückzahlungen von Anleihen der Bundesbahnen zu verwenden.

3 Eeichen die aus den Abschreibungen gewonnenen Beträge für die in Abs. l genannten Zwecke nicht aus und sollen die fehlenden Mittel durch eine Erhöhung der festverzinslichen Schulden der Bundesbahnen beschafft werden, - so bedarf es zu dieser Erhöhung eines dem Beferendum unterstellten Bundesbeschlusses.

Art. 19.

Im Falle der Erwerbung weiterer Eisenbahnen oder des Baues neuer Linien durch den Bund (Art. 2) ist im grundlegenden Bundesbeschluss zu bestimmen, mit welchem Betrag die Baurechnung der Bundesbahnen zu belasten ist. Die Belastung soll den kommerziellen Wert, den die zu erwerbende Bahn oder die zu bauende Linie für die Bundesbahnen hat, nicht übersteigen.

Art. 20.

Der Bundesrat erlässt die erforderlichen Ausführungsvorschriften über den Finanzhaushalt und die Bechnungsführung sowie die Vorlage der Voranschläge und der Jahresrechnung.

II. Entschuldung.

Art. 21.

Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes entlastet die Eidgenossenschaft den Haushalt der Bundesbahnen durch Übernahme fester Schulden in einem Betrage, der den Bundesbahnen folgende Bilanzbereinigung gestattet: a. Die Aktiven werden vermindert um 1. den Überschuss des Bückkaufspreises über die Anlagekosten; 2. den in den Emissions- und Konversionskosten auf Anleihen enthaltenen Eisenbahnfonds ; 3. das Kriegsdefizit der Jahre 1914--1922; 4. einen Betrag von 45,6 Millionen Franken auf Baukonto; 5. den Passivsaldo der Gewinn- und Verlustrechnung.

6. Die Passiven werden vermehrt um den bisherigen Fehlbetrag im Erneuerungsfonds, dagegen vermindert um das getilgte Schuldkapital und die Bücklagen für Abschreibungen seit 1940.

2 Die Eidgenossenschaft stattet die Bundesbahnen mit einem Dotationskapital von 400 Millionen Franken aus.

3 Die Neuordnung der Pensions- und Hilfskasse der Bundesbahnen bleibt besonderen Massnahmen des Bundes vorbehalten, die gleichzeitig mit der Neuordnung der eidgenössischen Versicherungskasse zu treffen sind.

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Dritter Teil.

Schlussbestimmungen.

1

Art. 22.

Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Ge-

setzes.

2

Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes werden aufgehoben : a. die nicht bereits aufgehobenen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 15. Oktober 1897 betreffend die Erwerbung und den Betrieb von Eisenbahnen für Eechnung des Bundes und die Organisation der Verwaltung der Schweizerischen Bundesbahnen; b. das Bundesgesetz vom 16. Dezember 1920 über die Änderung und Ergänzung des Art. 7 des vorgenannten Bundesgesetzes; c. das Bundesgesetz vom 1. Eebruar 1923 betreffend die Organisation und Verwaltung der Schweizerischen Bundesbahnen samt der Vollziehungsverordnung vom 9. Oktober 1923; d. alle übrigen mit dem neuen Gesetz im Widerspruch stehenden Bestimmungen anderer Gesetze, Bundesbeschlüsse und Verordnungen.

3 Der Bundesrat erlässt die zum Vollzuge dieses Gesetzes erforderlichen Verordnungen.

Also beschlossen vom Nationalrat, Bern, den 23. Juni 1944.

Der Präsident: Dr. P. Gyslcr.

Der Protokollführer: Leimgruber.

Also beschlossen vom Ständerat, Bern, den 23. Juni 1944.

Der Präsident: Dr. A. Suter.

Der Protokollführer: Ch. Oser.

Der schweizerische Bundesrat beschliesst: Das vorstehende Bundesgesetz ist gemäss Art. 89, Absatz 2, der Bundesverfassung und Art. 3 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse zu veröffentlichen.

Bern, den 23. Juni 1944.

89

Im Auftrag des Schweiz. Bundesrates, Der Bundeskanzler: Leimgruber.

Datum der Veröffentlichung: 6. Juli 1944.

Ablauf der Referendumsfrist: 5. Oktober 1944.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bundesgesetz über die Schweizerischen Bundesbahnen. (Vom 23. Juni 1944.)

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14

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06.07.1944

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10 035 101

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