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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Schmalspurbahn von Landquart nach Davos.

(Vom 10. Dezember 1886.)

Tit.

Am 12. September 1886 wählten die sämmtlichen Gemeinden des Prättigau und der Landschaft Davos einen Delegirtenausschuß, dem sie Vollmacht ertheilten, über die bei gleichem Anlaße beschlossenen Subventionen für eine Eisenbahn von Landquart durch das Prättigau nach Davos zu Gunsten einer sich bildenden Baugesellschaft zu verfügen und alle Schritte zu thun, welche zur Förderung dieses Eisenbahnunternehmens nützlich erscheinen würden.

Ein von diesem Delegirtenausschuß niedergesetztes fünfgliedriges Exekutivkomite sucht nun, als Vertreter sämmtlicher Gemeinden der beiden Thalschaften Prättigau und Davos, mit Eingabe vom 15. Oktober um die Konzession für den Bau und Betrieb einer Schmalspurbahn Landquart-Davos nach.

Zur Begründung ihres Konzessionsgesuches verweisen die Petenten auf das einmüthige Vorgehen der vielen Gemeinden beider Thalschaften, wodurch die dringende Notwendigkeit der Eisenbahn für die Bevölkerung besser dargethan erscheine, als durch alle andern Ausführungen über den Nutzen einer Eisenbahn im Allgemeinen.

Die projektirte Bahn beginnt bei der Station Landquart der V. S. B. auf einer Höhe von 527 m. über Meer, überschreitet alsbald die Landquart, zieht sich auf deren rechtem Ufer über Felsenbach, Pardisla, in der Nähe von Grüsch vorbei, nach Schiers,

1252 übersetzt hernach zum zweiten Male die Landquart, erreicht, auf dem linken Ufer sich haltend, die Stationen Furna, Jenatz, Fideris, übersetzt neuerdings die Landquart und gelangt über Küblis, Saas, Serneus, Klosters-Dörfli nach Klosters-Platz, wo die Bergbahn beginnt. Letztere überschreitet die Landquart, gewinnt auf einer Zahnschienenstrecke die Station Laret und mit der stärksten auf der Linie vorkommenden Steigung Wolfgang. Von hier fällt sie rasch ab bis zum Davoser-See, an dessen westlichem Ufer sie sich hinzieht, um dann Davos-Dörfli und die Endstation DavosPlatz, 1535 m. über Meer, zu erreichen. Für die Strecken Landquart-Felsenbach und Wolfgang-Davos-Platz sind Tracé-Varianten vorgesehen. Es sind 7 Zwischenstationen und 8 Haltestellen in Aussicht genommen. Die Gesammtlänge der Bahn beträgt 43,2 km.

Die Bahn wird schmalspurig erstellt werden, von Landquart bis Klosters-Platz als Adhäsionsbahn mit 39,13, eventuell 50 °/oo Maximalsteigung, von Klosters-Platz bis zum Davosersee (km. 88,4) als Zahnradbahn mit 100 °/oo Maximalsteigung, und vom Davosersee bis zur Endstation Davos-Platz wieder als Adhäsionsbahn. Als Minimalkurvenradius sieht das Projekt auf offener Strecke zunächst 80 m.

vor; wenn die Detailstudien bei 80 m. zu bedeutende Bauschwierigkeiten ergeben würden, soll, bei besonderer Konstruktion des Kollmaterials, auf der offenen Strecke bis auf Radien von 60 rn.

hinuntergegangen werden. Bei dea Stationen sind Minimalradien bis 50 m projektirt.

In einem Nachtrag zum Konzessionsgesuche vom 4. November nehmen Petenten gestützt auf ein Expertengutachten in Aussicht, unter Anwendung flexibeln Betriebsinai erials, Miuimalradien von nur 45 m., sowie schon auf der Thalstrecke Laudquart-Klosters die ZahnSchiene zur Anwendung zu bringen. Letzteres würde namentlich der Fall sein zwischen Serneus und Klosters und die Zusammenlegung dieser beiden Stationen bedingen.

Die Regierung von Graubünden hat sieh vorbehalten, bei Vorlage der Ausführungspläne die Frage des Anschlusses an die V. S. B.

statt in Landquart in Malans oder in Igis zur Sprache zu bringen.

Was das Rollmaterial anbetrifft, so sind Adhäsionslokomotiven für die Thalstrecke Landquart-Klosters und Zahnradmaschinen für die Bergstrecke Klosters-Davos in Aussicht genommen. Das Konzessionsgesuch sieht das amerikanische Wagensystem
vor, während die Konzessionsbewerber anläßlich der Konferenz den Vorbehalt machten, eventuell auch das Coupesystem einzuführen.

Trotz der bedeutenden Höhenlage der Bergstrecke und der O 3 ungünstigen Schneeverhältnisse im Winter setzen die Petenten vor-

1253 aus, daß Jahresbetrieb möglieh sein werde. Gegenüber dem im Gesuche vorgesehenen dreimaligen täglichen Zugsverkehr nach beiden Richtungen auf der ganzen Linie wollen die Bewerber nunmehr, laut Nachtrag zum Konzessionsgesuch, den Betrieb auf der Strecke Küblis-Davos auf blos zwei tägliche Züge nach beiden Richtungen beschränken.

. Die Baukosten (inklusive Rollmaterial) werden auf Grund eingehender Rekognoszirung und vorhandener technischer Vorlagen, sowie irn Vergleich zu ähnlichen Unternehmungen, auf rund Fr. 139,000 per Kilometer oder für die ganze Linie auf rund Fr. 6,000,000 veranschlagt. Dabei ist eine in jeder Beziehung durchaus betriebssichere Bauart mit starkem Oberbau (Stahlschienen) in Aussicht genommen.

Eine eigentliche Rentabilitätsberechnung mit Gegenüberstellung der muthmaßlichen Einnahmen und Ausgaben enthält die Vorlage zwar nicht, dagegen wird angeführt, daß an eine auch nur bescheidene Rendile des Baukapitals blos gedacht werden könne, wenn für die ganze Linie verhältnismäßig hohe Durch sch nittstaxen bewilligt werden. Die höher gelegenen Gemeinden glauben darauf im Hinblick auf ihre schweren finanziellen Opfer -- neben den von allen Gemeinden gleichmäßig zu prästirenden Leistungen, wie Terrainabtretung, Holzlieferung u. s. w., bezahlen die Gemeinden Klosters und Davos eine Baarsubvention von Fr. 500,000 -- Anspruch machen zu dürfen. Ferner heben Patenten hervor, daß der Betrieb einer bis auf eine Höhe von 1560 m. über Meer gehenden Bahn, der schwierigen Schneeverhältnisse wegen, im Winter nur mit den größten Anstrengungen ermöglicht werden könne und daher ganz enorme Kosten verursache. Was die verlangten Taxansätze im Einzelnen betrifft, so werden dieselben hienach bei den Konzessionsbedingungen näher zu erörtern sein.

Das vorliegende Konzessionsgesuch ist nach gesetzlicher Vorschrift der Regierung des Kantons Graubünden zur Vernehmlassung überwiesen worden und es haben sich deren Vertreter anläßlieh der konferenziellen Verhandlungen, welche am '27. November stattfanden, zu Gunsten der Konzessionirung ausgesprochen und mit den im angefügten Beschlußentwurf enthaltenen Bedingungen einverstanden erklärt.

Wir beantragen Ihnen, dem Konzessionsgesuch unter Aufstellung nachstehender Bedingungen zu entsprechen, zu denen wir uns folgende Bemerkungen gestatten.

In Art. 3 ist den nachträglich geäußerten Wünschen der Petunten gemäß als Gesellschaftssitz Davos-Platz angegeben.

1254 Die Petenten haben in der Konzessionskonferenz den Wunsch geäußert, es möchte im Art. 8 die Spurweite definitiv festgesetzt werden in dem Sinne, daß die aufzustellende Norm dann für a l l e schmalspurigen Bündnerbahnen Geltung hätte. Man einigte sich indessen, in der vorliegenden Konzession (wie dies auch in den Entwürfen für Thusis-Filisur und Maloja-Samaden von uns beantragt ist) von Festsetzung der Spurweite abzusehen, um später, nach weiterer Prüfung, in Gemeinschaft mit den Konzessionären der andern bündnerischeu Schmalspurbahnen und der Regierung für das ganze Schmalspurbahnnetz des Kantons eine einheitliche Spurweite aufzustellen.

Im gleichen Artikel ist auf Wunsch der Petenten der Zusatz ,,wenn nöthig tt aufgenommen, wogegen nichts einzuwenden ist.

Die Bestimmung in Art. 12, daß nur zwei tägliche Züge nach beiden Richtungen auf der ganzen Linie zu führen sind, ist im Hinblick auf die sehr bedeutenden Schwierigkeiten, welche der Betrieb einer bis 1633m. über Meer sich erhebenden und gerade auf den höchstgelegenen Strecken mit Zahnrad betriebenen Bahn im Winter bietet, nicht zu beanstanden, um so weniger, wenn auf der Thalstrecke Landquart-Küblis ein dritter Zug geführt wird. Es dürfte diese Bedienung dem Bedürfniß genügen und ist von der Standeskommission von Graubünden nicht beanstandet worden.

Im Art. 14 ist, wie bei andern ähnlichen Unternehmungen (z. B. Malqja-Castasegna, Maloja-Samaden), das Wagensystem nicht festgesetzt, um den Konzessionären offen zu lassen, eventuell von der Bestimmung im letzten Alinea des Art. 29 des Eisenbahngesetzes Gebrauch zu machen und ein anderes als das amerikanische Wagensystem einzuführen.

Was die Taxen in Art. 15, 17 und 18 anbetrifft, so verlangten die Petenten in ihrem Gesuche in erster Linie, zum Bezüge e i n h e i t l i c h e r Taxen für die ganze Linie ermächtigt zu werden, und zwar bis zum Betrag folgender Ansätze: Personen: I. Klasse 35 Rp. per Kilometer,

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Gepäck : 16 Rp. per 100 kg. und Kilometer, Güter: "

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Diese Taxen sind für die Thalbahn sehr hoch, während sie dagegen für die Bergstrecke noch etwas erhöht werden dürften.

1255 Aus diesem Grunde würde eine Trennung zwischen Thal- und Bergstrecke, und Aufstellung besonderer Taxen für die eine und andere am Platze sein. Die Petenten haben aber zur Rechtfertigung der von ihnen als nothwendige Voraussetzung einer bescheidenen Rendite hingestellten Eioheitstaxe geltend gemacht, daß die bei hohen Einheitstaxen zu Ungunsten der Thalgemeinden entstehende Ungleichheit dadurch kompensirt sei, daß die Berggemeinden außer den von allen Gemeinden gleichmäßig zu prästirenden Leistungen eine Baarsubvention von Fr. 500,000 an das Unternehmen votirt haben, und daß auf Grundlage dieses Ausgleichs die Thalgetneinden gegen die Einheitstaxe nichts einzuwenden haben.

Feraer falle in Betracht, daß nicht eine Spekulation bezweckende Unternehmung, sondern die G e m e i n d e n es seien, welche die Konzession verlangen. Im Hinblick auf diese Vereinbarung aller betheiligten Gemeinden, sowie den Umstand, daß das Konzessionsgesuch von den Gemeinden ausgeht, und ferner, daß auch die Standeskommission sich einverstauden erklärt hat, beantragen wir, den Wünschen der Petenten zu entsprechen und die Aufstellung von Einhe.itstaxen nicht zu beanstanden.

Was zunächst die Personentaxen (Art. 15) anbelangt, so haben sich sowohl die Petenten als die Standeskommission mit den in den Entwurf eingestellten Ansätzen von 30, 20 und 10 Rappen einverstanden erklärt und es geben dieselben, sobald man sich für eine Einheitstaxe entscheidet, keinen Grund zur Beanstandung.

Deno nach den in der Botschaft betreffend Taxerhöhungen für Eisenbahnstrecken mit höhern Steigungen vom 11. September 1873 niedergelegten Grundsätzen wäre für die Thalbaho, bei 39,is %o Steigung auf einer größern Strecke und unter der Vorausseizung, daß nach dieser größten Steigung der Betrieb eingerichtet werden müßte, die Anwendung eines Koeffizienten von 2,39 (beziehungsweise, wenn bis 50 °/oo Steigungen eingeführt werden, sogar von 3) zuläßig, und es würden sich in diesem Fall die Ansätze von 23,9, 16,7 und 11,9 Rappen für die 3 Klassen ergeben. Für die Bergstrecke mit Steigungen bis 100 °/oo und Zahnradbetrieb dürften die Taxen wesentlich erhöht werden, was bei Aufstellung von Einheitataxen zu berücksichtigen ist. Nun bleibt der für den einheimischen Verkehr wichtigste Ansatz der III. Klasse mit 10 Rappen unter dem oben erwähnten Maximum
für die Thalstrecke, während die Ansätze von 30 und 20 Rappen für I. und II. Klasse als ein nicht zu hoch gegriffenes Mittel zwischen Thal- und Bergbahntaxen bezeichnet werden dürfen. Es entsprechen diese Personentaxen den für Maloja-Castasegna admittirten, welche Unternehmung ähnlich wie Landquart-Davos eine Thalstrecke und eine Zahnvadrampe mit 100 °/oo Steigung aufweist.

1256 Für den Gepäcktransport verlangten die Patenten im Konzessionsgesuche eine Taxe von 16 Rappen per 100 kg und km. beziehen zu dürfen, und hielten an diesem Begehren sowohl in der Konzessionskonferenz als in einer nachträglichen Eingabe vom 1. Dezember mit Nachdruck fest, indem sie namentlich geltend machen, daß diese Taxe fast ausschließlich dea fremden Touristenverkehr und nicht die einheimische Bevölkerung treffe, und daß die Gesellschaft darauf angewiesen sei, gerade auf diesem Posten namhafte Einnahmen zu erzielen. Zudem seien es ja die Gemeinden, welche diesen Ansatz verlangen, und nicht Spekulanten. Wir halten aber dafür, daß eine Taxe von 12 Rappen (2,4 Mal die normale), welche die Zustimmung der Standeskommission hatte und welche bisher nur für Touristenbahnen überschritten wurde, wie bei Maloja-Castasegna (s. auch St. Gallen-Gais, wo 121/2 Rappen admittirt wurden, Eisenbahnaktensammlung VIII, 167), hoch genug ist, und daß mit Rücksicht auf andere Unternehmungen nicht wohl über diesen Ansatz o hinaus gegangen werden kann. Wir müssen es daher Ihnen anheimstellen, ob Sie die von den Petenten für einen hohem Ansatz vorgebrachten Gründe, namentlich die schwierigen Betriebs Verhältnisse im Winter, für hinreichend erachten wollen, um die Taxe von 16 Kp. zu begründen.

Die ira Art. 17 übereinstimmend mit der Konzession für MalojaCastasegna auf die doppelte normale Höhe festgesetzten Viehtransporttaxen wurden von keiner Seite beanstandet und sind als den Verhältnissen angemessen zu betrachten.

Was die Gütertaxen betrifft., so wünschen die Petenten zunächst, daß nur eine allgemeine Waarenklasse, aufgestellt und der Taxausatz dafür auf 6 Rappen per 100 kg. und km. normirt werde.

Ferner wird Weglassung der üblichen Bestimmung, wonach die der Landwirthschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie f o s s i l e Ko h 1 en , H o l z , Erze, Eisen, Salz, Steine, Düngungsmittel u. s. w. in Wagenladungen möglichst niedrig taxirt werden sollen, verlangt. Die Gesuchsteller erklären sich dagegen bereit, für die Bedürfnisse der Landwirf hschaft, wie Heu, Stroh, Viehfutter, Salz, Düngungsmittel in Wagenladungen einen Spezialtarif von 4 Rappen per 100 kg. und km. einzuführen.

Zur Begründung dieser Begehreu wird auf die zum Theil schon oben erörterten besondern Verhältnisse des Unternehmens
verwiesen und namentlich der schwierige und kostspielige Betrieb im Winter, der zum Unterschied von Maloja-Castasegna in regelmäßiger Weise vorgesehen sei, ferner die Unentbehrlichkeit hoher Taxen für Realisirung des Unternehmens und die auch bei hohen Sätzen immer noch sich ergebende Verminderung der Frachtkosten gegen-

1257 über dem Transport per Wagen betont. In Bezug auf die verlangte Streichung des Alinea 3 führen die Gesuchsteller an, daß die Gesellschaft dem Steinkohleakonsum, welcher im Interesse von Davos als Luftkurort möglichst vermieden werden müsse, nicht durch niedrige Tarifirung entgegenkommen und andererseits mit Rücksicht auf den einheimischen Holzhandel durch niedere Holztarife nicht auf die Holzpreise drücken dürfe. Letzteres Begehren wird aber in der nachträglichen Eingabe vom 1. Dezember nicht aufrecht erhalten.

Wir können diese Wünsche der Potenten nur theilweise zur Berücksichligung empfehlen und beantragen Ihnen, neben der höchsten Waarenklasse zu ß Rp. auch eine niedrigste vorzuschreiben, und für letztere, statt wie bei Maloja-Castasegna bloß 3, hier 4 Rp.

zu gewähren, ein Ansatz, den Sie in der letzten Session auch für Lausanne-Ecriallens und Echallens-Bercher (3,9 Rp.)i sowie für GenfVeyrier adrnittirten.

Ferner halten wir dafür, daß die in alle neuern Konzessionen, außer für reine Touristenbahnen, aufgenommene Bestimmung der Normalkonzession betreffend niedrigere Tarifirung der der Landwirthschaft und Industrie zudienenden Rohstoffe, ohne Zulassung von Ausnahmen, aufgenommen werden sollte, wenn man nicht die Anwendung der allgemeinen Tarifgrundstäze und speziell des Reformtarifs auf die Bahn Landquart-Davos, welche denn doch nicht bloß dem fremden Touristenverkehr, sondern auch der einheimischen Bevölkerung mit ihren im Laufe der Zeit sich ändernden Bedürfnissen zu dienen hat, in Frage stellen oder unmöglich machen will.

Uie übrigen Bestimmungen des nachstehenden Entwurfs schließen sich durchaus der Normalkouzession und den in letzter Zeit ertheilten Konzessionen an und bedürfen daher keiner weitern Erörterung.

Wir benutzen auch diesen Anlaß, um Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 10. Dezember 1886.

Im Namen des schweizerischen Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e u t :

Dencher.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Ringier.

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1258 (Entwurf)

Bundesbeschluß betreffend

Konzession einer Schmalspurbahn von Landquart bis Davos.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft,.

nach Einsicht 1) einer Eingabe der Herren W. J. Holsboer in Davos und Peter Salzgeber-Rofler, Regierungsrath in Luzein, namens eines Exekutivkomite's, vom 15. Oktober 1886; 2) einer Botschaft des Bundesrathes, vom 10. Dezember

1886,

beschließt: Den Herren W. J. Ho l s beer in D a v o s und Peter S a l z g e b e r - R o f l e r , Regierungsrath in L u z e i n , handelnd namens eines Exekutivkomites, zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft, wird die Konzession für den Bau und Betrieb einer Schmalspurbahn von L a n d q u a r t nach D a v o s unter den in nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bestimmungen ertheilt.

Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen, jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von achtzig Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, ertheilt.

Art. 3.

Der Sitz der Gesellschaft ist in Davos-Platz.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrathes oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

1259 Art. 5. Binnen einer Frist von 24 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrathe die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert sechs Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Brdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Innert drei Jahren nach Beginn der Brdarbeiten, ist die ganze konzessionirte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 6. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betrieb erforderlichen Einrichtungen, darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrathe vorgelegt und von diesem genehmigt sein müssen.

Art. 7. Der Bundesrath ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird schmalspurig, wenn nöthig streckenweise mit Zahnradschienen, und eingeleisig erstellt.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigenthurn des Kantons Oräubünden und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Ueberwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Theilen der Bahn und des Materials zu gestatten und das zur Untersuchung nöthige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrath kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu gegründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nöthigenfalls entlassen werden.

Art. 12. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens zweimal nach beiden Riehtungen von einem Endpunkt der Bahn zum andern und unter Anhalt bei allen Stationen erfolgen. Zwischen Landquart und Küblis ist ferner ein dritter Zug täglich in beiden Riehtungen zu führen.

1260 Dem Bundesrrtth bleibt vorbehalten, die Geschwindigkeit ZUM "o zu bestimmen.

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Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglemeut der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Abänderungen dürfen nur mit Genehmigung des Bundesrathes eingeführt werden.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen mit drei Klassen aufstellen. In der Re«;el sind allen Personenzileen O O Wagen aller Klassen beizugeben; Ausnahmen kann nur der ßundesrath gewähren. Die sogenannten gemischten Züge mögen ohne Wagen erster Klasse kursiren.

Die Gesellschaft hat stets ihr Möglichstes zu thun, damit alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden durch denselben, und z«~ar auf Sitzplätzen, befördert werden können.

Auf Verlangen des Bundesrathes sind auch mit Waarenzügen Personen zu befördern. In diesem Falle findet die Vorschrift von Art. 12, Absatz 2, keine Anwendung.

Art. 15. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze zu beziehen : in der ersten Wagenklasse 30 Rappen, in der zweiten Wagenklasse 20 Kappen, in der dritten Wagenklasse 10 Rappen per Kilometer der Bahnlange.

Die Taxen für die mit Waarenzügen beförderten Personen sollen um mindestens 20 % niedriger gestellt werden.

Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in allen Wagenklassen zu zahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 12 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Für Hin- und Rückfahrt sind die Personentaxen mindestens 20°/o niedriger anzusetzen, als für einfache und einmalige Fahrten.

1261 Für Abonriementsbillets zu einer mindestens 12maligen Benutzung der gleichen Bahnstrecke für Hin- und Rückfahrt während drei Monaten wird die Gesellschaft einen weitern Rabatt bewilligen.

Art. 16. Arme, welche als solche durch Zeugniß zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimiren, sind zur Hälfte der Personentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spediren. Der Bundesrath wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 17. Für den Transport von Vieh mit Waarenzügen dürfen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze bezogen werden: Per Stück und per Kilometer für : Pferde, Maulthiere und über ein Jahr alte Fohlen 32 Rp. ; Stiere, Ochsen, Kühe, Kinder, Esel und kleine Fohlen 16 Rp. ; Kälber, Sehweine, Schafe, Ziegen und Hunde 6 Rp.

Für die Ladung ganzer Transportwagen sind die Taxen um mindestens 20 °/o zu ermäßigen.

Art. 18. Im Tarif für den Transport von Waaren sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste nicht über 6 Rappen, die niedrigste nicht über 4 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine gan/.e Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stücksendungen Anspruch auf Rabatt.

Die der Landwirthschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Düngungsniittel u. s. w., in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxirt werden.

Für den Transport von baarem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklarirtem Werthe soll die Taxe so berechnet werden, daß für 1000 Fr. per Kilometer höchstens l Rappen zu bezahlen ist.

Wenn Vieh und Waaren in Eilfracht transportirt werden sollen, so darf die Taxe für Vieh um 40 % und diejenige für Waaren um 100 °/o des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Traglasten mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besonderen Wagen, mit den Personeiizügen transportirt und am Bestimmungsort sogleich wieder

1262 in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 25 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waaren in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist berechtigt, für den Transport von Fahrzeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen besondere Taxen festzusetzen.

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stückes kann auf 40 Rappen festgesetzt werden.

Art. 19. Bei eintretenden Nothständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Theuerung der Lebensmittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Spezialtarif einzuführen, dessen Bedingungen vom Bundesrathe nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 20. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchlheile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

In Betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchtheil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Bei Geld- und Werthsendungen repräsentiren Bruehtheile von Fr. 500 volle Fr. 500.

Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest theilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 21. Die in den Art. 15, 17 und 18 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station.

Die Waaren sind von den Aufgehern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen.

Auf den Hauptstationen hat jedoch die Gesellschaft von sich aus die gehörigen Einrichtungen für das Abholen und die Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers, beziehungsweise des Adressaten, zu treffen. Das Auf- und Abladen der Waaren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hievon sind nur unter Zustimmung des Bundesrathes zuläßig für einzelne Klassen von Wagenladungsgiltern, für lebende Thiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 22. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

1263 Art. 23. Uie sämmtlichen Tarife sind mindestens sechs Wochen, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrathe zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 24. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nach einander einen 6 % übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zuläßige Maximum der Transporttaxen verhältnißmäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrathe und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrath eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 25. Die Gesellschaft hat für Aeuffnung eines genügenden Reserve- und Erneuerungsfonds zu sorgen und eine Kranken- und Unterstützungskasse für das Personal einzurichten. Die darüber aufzustellenden Bestimmungen unterliegen der Genehmigung des Bundesrathes.

Art. 26. Die Gesellschaft ist verpflichtet, den vom Bundesrathe mit der Kontrole über den Betrieb beauftragten Organen freien Zutritt in den Bahnhöfen und die unentgeltliche Benutzung eines geeigneten Lokals zu gewähren.

Art. 27. Für die Geltendmachung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kautons Graubünden, gelten folgende Bestimmungen: a. Der Rückkauf kann frühestens auf 1. Mai 1903 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntniß zu geben.

h. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigenthümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu weichern Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn sammt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande dem Bunde, beziehungsweise dem Kanton Graubünden abzutreten.

Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

Bundesblatt. 38. Jahrg. Bd. III.

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1264 e. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1918 rechtskräftig wird, den 25fachen Werth des durchschnittlichen .Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifizirt wird, unmittelbar vorangehen; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1918 und 1. Mai 1933 erfolgt, den 221/2fachen Werth ; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1933 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Werth des oben beschriebenen Reinertrages , -- immerhin in der Meinung, daß die Entschädigungssumme in keinem Falle weniger als die nachgewiesenen erstmaligen Anlagekosten der bestehenden Einrichtungen, jedoch unter Abzug des Betrages des Erneuerungs- und Reservefonds betragen darf.

Bei Ermittlung der Anlagekosten und des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedirte EisenbahnUnternehmung mit Ausschluß aller andern etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesammten Ueberschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch' letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefond einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende F ragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art 28. Hat der Kanton Graubünden den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Artikel 27 definirt worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton Graubünden hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie Letzterer dies von der konzessionirten Gesellschaft zu fordern kompetent gewesen wäre.

Art. 29. Der Bundesrath ist mit dem Vollzug der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tag ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Schmalspurbahn von Landquart nach Davos. (Vom 10. Dezember 1886.)

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