919

# S T #

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend die Bewilligung eines Kredites für die Erstellung von Zollgebäulichkeiten an der Elsässerstraße bei Lisbüchel-Basel.

(Vom 4. März 1902.)

Tit.

Schon in unserer Budgetvorlage pro 1899 haben wir auf die Notwendigkeit der Verlegung des bisherigen Zollamtes Lisbüchel bei Basel an die Landesgrenze hingewiesen und die Erstellung einer Neubaute daselbst beantragt, wofür ein Kredit von Fr. 90,000 nachgesucht und in der Folge bewilligt wurde. Die Ausführung der Baute mußte jedoch verschoben werden, weil über die Abtretung des benötigten Bauplatzes mit dem Eigentümer eine Verständigung nicht zu erzielen war und daher das Expropriationsverfahren zur Anwendung zu kommen hatte. Im Juli 1900 konnte endlich der Platz gegen Bezahlung eines Kaufpreises von Fr. 61,124 in Besitz genommen werden.

Infolge der ganz rapid gestiegenen Landpreise mußten also einzig für den Bauplatz volle zwei Dritteile des früher beantragten Gesamtkredites aufgewendet werden. Nebstdem hat die Zollverwaltung sich genötigt gesehen, im Hinblick auf die örtlichen Verhältnisse und die Entwicklung, welche der Verkehr daselbst genommen hat, das ursprünglich aufgestellte Bauprogramm zu

920

erweitern, so daß wir nun um Gewährung der erforderlichen weitern Mittel einkommen müssen. Zur Begründung ist folgendes zu bemerken : Das bisherige in den 1860er Jahren erstellte Zollhaus auf dem Lisbüchel ist cirka 750 m. von der Grenze entfernt an der Stelle, wo die Straßen von St. Ludwig und Großhilningen sich vereinigen. Diese anfänglich günstige Lage ist dadurch zu einer unhaltbaren geworden, weil in den letzten Jahren zwischen dem Zollamt und der Grenze an der Straße nach St. Ludwig zahlreiche Bauten mit Verkaufsmagazinen, industriellen und gewerblichen Betrieben entstanden sind. Infolge der Erstellung des neuen St. Johannbahnhofes, dessen Eröffnung kürzlich stattgefunden hat, ist das Quartier in mächtig emporstrebender Entwicklung 'begriffen.

° Lisbüchel ist seit jeher ein wichtiges Straßenzollamt mit regem, den ganzen Tag ununterbrochen andauerndem Verkehr, das an Bedeutung noch zugenommen hat, seitdem zwischen Basel und der elsäßischen Ortschaft St. Ludwig eine Straßenbahn besteht, welche im Sechsminutenbetrieb von morgens 6'/a Uhr bis 10 Uhr abends daselbst verkehrt. Im Jahre 1900 haben die Einnahmen bei 160,612 Abfertigungen Fr. 267,224 betragen.

Viele Basler Handelsgeschäfte pflegen ihre Waren per Bahn nach St. Ludwig kommen zu lassen, um sie von dort aus mit Fuhrwerk, Karren oder als Handgepäck über Lisbüchel einzubringen.

Die ungünstige Lage, in welcher sich nun das Zollamt befindet, erfordert einen besondern Überwachungsdienst dafür, daß die auf der Straße eingeführten Waren der Zollbehandlung nicht entzogen werden, bevor sie znm Zollamt gelangen. Das für diesen Dienst erforderliche Personal ist für die weitere Grenzbewachung nicht verfügbar, obschon es .bei der überall offenen und begehbaren Grenze zu ausgedehnterer Bethätigung dringend nötig wäre. Auch aus allgemeinen Gesichtspunkten ist es unerläßlich, daß an einer Verkehrsstraße von solcher Bedeutung das Zollamt sich unmittelbar an der Grenze befinde, wo es den Verkehr 'direkt überwachen und abfertigen kann. Die Notwendigkeit der Verlegung wird dadurch noch zu einer zwingenderen, weil eine von der Kantonsregierung bereits genehmigte und nach erhaltenen Aufschlüssen voraussichtlich innert zwei Jahren zur Ausführung gelangende neue Straßenanlage den größeren Teil der jetzigen Zollhausbesitzung in Anspruch nehmen wird, so daß das beosteheude Grenzwachthaus gänzlich weichen und auch vom Zollhaus ein Teil abgetragen werden muß.

921 Die Zollverwaltung hat von jeher getrachtet, bei Neuerstellung von Zollhäusern an der Grenze auch für die Unterkunft des Zollpersonals zu sorgen, weil mit Rücksicht auf die auch außer den offiziellen Zollstunden vorkommenden Abfertigungen das Personal zu jeder Tages- und Nachtzeit zur Verfügung sein muß.

Bei der exponierten Lage des Zollamtes Lisbüchel zwischen einem großen inländischen Stadtgebiet und dem benachbarten deutschen Gebiet ist es doppelt nötig, daß das Zollpersonal daselbst sich in stetigem Kontakt mit dem Grenzverkehr befinde und daher in unmittelbarer Nähe wohnhaft sei. Wohnungen in der Nähe des neuen Zollamtes werden aber noch während längerer Zeit schwer erhältlich sein und teuer zu stehen kommen, weshalb darauf Bedacht genommen werden muß, solche in den neuen Gebäulichkeiten einzurichten, wie dies denn auch die deutsche Zollverwaltung in dem von ihr in unmittelbarer Nähe erstellten neuen Zollgebäude hat thun müssen.

Es hätte in Frage kommen können, die bisherigen alten Zolllokalitäten zu Wohnzwecken einzurichten und an das Zollpersonal zu vermieten. Die Eidgenossenschaft besitzt dort zwei Gebäulichkeiten, das eigentliche Zollhaus und ein kleines Grenzwächterhäuschen. Letzteres, in welchem gegenwärtig der Postenchef und fünf ledige Grenzwächter untergebracht sind, muß aber, wie erwähnt wurde, gänzlich entfernt werden, sobald die projektierte neue Straße zur Ausführung gelangt. Die Einrichtung und Verwendung des alten Zollhauses zu Mietwohnungen aber würde, abgesehen davon, daß dasselbe nur drei Wohnungen enthielte, bei Berücksichtigung aller Faktoren und namentlich des großen Verkaufswertes, den dasselbe repräsentiert, ebenso teuer zu stehen kommen, als die Einrichtung von Wohnungen in einem zu erstellenden Neubau, nebstdem daß letztere Lösung vom zolldienstlichen Standpunkt aus bei weitem vorzuziehen ist. Wir sind daher dazu gelangt, die alten Zollgebäulichkeiten gänzlich aufzugeben und in den erforderlichen Neubauten nebst den Amtslokalen auch Wohnungen für das Personal vorzusehen, immerhin nur in dem Maße, als das dienstliche Interesse und Bedürfnis es durchaus erheischt.

Die Kosten des Neubaues hätten sich um einiges reduzieren lassen, wenn für sämtliche Bedürfnisse durch Erstellung einer einzigen großen Gebäulichkeit gesorgt worden wäre. Wir haben hiervon jedoch Umgang
genommen, weil erfahrungsgemäß beim Zusammen wohn e n einer größern Zahl von Familien leicht Mißhelligkeiten entstehen, welche auch die dienstlichen Verhältnisse

922

angünstig beeinflussen können, und weil andererseits das Greu/wachtpersonal bei dem zu jeder Stunde in der Nacht vorkommenden Dienstwechsel die übrigen Bewohner in der Nachtruhe stören würde, was wieder zu Unfrieden Anlaß bieten könnte.

In Berücksichtigung dieser Verhältnisse haben wir die Erstellung zweier Gebäulichkeiten in Aussicht genommen, eines Hauptgebäudes für den Zolldienst und eines Nebengebäudes für den Grenzwachtdienst, wobei für letzteres auf die Möglichkeit einer eventuellen Erweiterung Rücksicht genommen worden ist, für den Fall, daß späterhin an diesem für die Instruktion geeignetsten Grenzpunkte ein Depot für die Grenzwächterrekruten des I. Zollgebietes errichtet werden sollte, ähnlieh denjenigen in Kreuzungen und Chêne-Bourg, mit welchen die Verwaltung günstige Erfahrungen gemacht hat. Dazu wäre ein Dependenzgebäude mit Waschküche, Badelokal und den nötigen Räumen für Auf bewahrung von Brennmaterial zu erstellen.

Das vorliegende Projekt ist diesen Bedürfnissen des Zolldienstes angepaßt und sieht vor: A. Ein H a u p t g e b ä u d e , folgende Räume enthaltend: Im U n t e r g e s c h o ß die erforderlichen Keller und Magazine.

Im Erdgeschoß: das Zollbureau, das Revisionslokal, das Wachtlokal, eine Wohnung von 3 Zimmern und Küche.

Im i. und 2. S t o c k zusammen: 2 Wohnungen von je 4 Zimmern und Küchen, 2 Wohnungen von je 3 Zimmern und Küchen.

Im 3. S t o c k eine Wohnung von 4 Zimmern und Küche.

Im D a c h s t o c k Kammern für die Wohnungen.

B. Ein N e b e n g e b ä u d e für Grenzwächterwohnungen, enthaltend : Im U n t e r g e s c h o ß die nötigen Keller.

J m E r d g e s c h o ß eine Wohnung von 3 Zimmern und Küche; einen Raum, der im Falle der späteren Erweiterung der Gebäulichkeit als Küche zu dienen hätte, bis dahin aber zu ändern Zwecken verwendbar ist.

923 Im 1. und 2. Stock-: je eine Wohnung von 3 Zimmern und Küche; eine dieser Wohnungen würde für die ledigen Grenzwächter (7 bis 8 Mann) bestimmt.

2 Bureaux.

Im . D a c h s t o c k Kammern.

C. Ein D e p e n d e n z g e b ä u d e mit Waschküche, Badelokal und 6 Holzschöpfen.

Die Gebäude umfassen somit außer den eigentlichen Dienstlokalen Raum für 9 Wohnungen von 3--4 Zimmern. Die Ausstattung der Bauten soll, wie dies aus den Plänen hervorgeht, in einfachsten Rahmen gehalten werden, unter Vermeidung von jeglichem mit deren Bestimmung im Widerspruch stehenden Luxus.

Nach Maßgabe der detaillierten Voranschläge ergeben sich für die Baukosten folgende Summen : A. Hauptgebäude Fr. 155,000 B. Nebengebäude ,, 60,000 C. Dependenzgebäude 8,000 Zusammen

Fr. 223,000

Wenn auch dieser Betrag auf den ersten Blick etwas hoch erscheinen mag, so ist zu bemerken, daß der Ausgabe der Wert der bisherigen Zollhausliegenschaft entgegensteht, für welche die Verwaltung alsdann keine Verwendung mehr hat, so daß sie veräußert werden kann. Mit Rücksicht auf die äußerst günstige Lage beim neuen Güterbahnhof St. Johann und an einer Straßenkreuzung dürfte sich dafür ein die offizielle Schätzung weit übersteigender Erlös erzielen lassen, der zum mindesten auf Fr. 115,000 zu beziffern ist, wobei wir noch bedeutend unter der Wertung eines kompetenten Fachmannes bleiben.

Sodann darf auch noch der Mietzinsertrag in Berechnung gebracht werden, welcher aus der Vermietung der Wohnungen in den projektierten neuen Gebäulichkeiten an Beamte, Aufseher und Grenzwächter zu erzielen ist.

Bei Berechnung dieses Mietziriserträgnisses sowie des Erlöses aus der alten Zollhausbesitzung werden die Kosten der neuen Zollgebäulichkeiten den üblichen Rahmen nicht übersteigen und jedenfalls im Verhältnis zur Wichtigkeit dieses Zollamtes nicht zu groß sein.

924

Wir möchten Ihnen daher den nachfolgenden Beschlußentwurf zur Annahme angelegentlich empfehlen, und benützen diesen Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 4. März 1902.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Vizepräsident: Deucher.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

925 (Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Bewilligung eines Kredites fUr die Erstellung von Zollgebäulichkeiten an der Elsässerstrasse bei Lisbüchel-Basel.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 4. März 1902, beschließt: 1. Für den Bau von Zollgebäulichkeiten an der Elsässerstraße bei Lisbüchel-Basel wird ein Kredit von Fr. 223,000 eröffnet.

2. Dieser Beschluß, als nicht allgemein verbindlicher Natur, tritt sofort in Kraft.

3. Der Bundesrat ist mit dessen Vollziehung beauftragt.

Bundesblatt. 54. Jahrg. Bd. I.

63

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend die Bewilligung eines Kredites für die Erstellung von Zollgebäulichkeiten an der Elsässerstraße bei LisbüchelBasel. (Vom 4. März 1902.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1902

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

10

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

05.03.1902

Date Data Seite

919-925

Page Pagina Ref. No

10 019 970

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.