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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer schmalspurigen Eisenbahn von Visp nach Zermatt.

(Vom 6. Dezember 1886.)

Tit.

Mit Gesuch vom 21. Oktober 1886 bewarben sich die Basler Handelsbank in Basel und die HH. Masson, Chavannes & Cie, Bankiers in Lausanne, zu Händen einer zu gründenden Aktiengesellschaft, um die Konzession für eine schmalspurige Eisenbahn von Visp nach Zermatt und ließen diesem Gesuche unterm 12. November die gesetzlieh vorgeschriebenen weitern Vorlagen folgen.

Zur Begründung ihres Konzessionsbegehrens weisen die Petenten darauf hin, daß das Zermattthal schon gegenwärtig einen jährlichen Besuch von ungefähr 12,000 Reisenden aufzuweisen habe, dem füglich noch 2000, welche das Saasthal besuchen und die Eisenbahn von Visp bis Stalden benutzen werden, zugezählt werden dürften. Die gegenwärtige Verbindung zwischen Visp und Zermatt sei eine äußerst schlechte. Von Visp bis St. Nikolaus, auf einer Länge von ungefähr 18 km., führe nur ein Fuß- oder Saumweg; der ganze Weg von Visp nach Zermatt nehme wenigstens 8 bis 10 Stunden in Anspruch und veranlasse ganz bedeutende Kosten. Es stehe außer Zweifel, daß die mit der Erstellung einer Eisenhahn verbundene Verkehrserleichterung die Zahl der Besucher dieses interessanten Alpenthales, und zwar von Anfang an, um ein sehr Bedeutendes steigern werde. Ziehe man die Beförderung dieser Reisenden, ihres Gepäckes und der zu ihrem Unterhalt erforderliehen

1118 Lebensmittel in Rechnung, so müsse zugegeben werden, daß die projektirte Bisenbahn Existenzberechtigung habe und Aussicht auf Rendite des darauf zu verwendenden Kapitals biete.

Die Bahn wird in Visp beim Bahnhof der S. 0. S. oder in dessen unmittelbarer Nähe auf einer Höhe von 654 m. über Meer ihren Anfang nehmen und, theils auf dem rechten, theils auf dem linken Ufer des Vispbaches sich hinziehend, über Neubrücke, Stalden, Kalpetran, St. Nikolaus, Schmiederen, Mattsand, Bühl, Herbrigen, Breitenmatt, ira Lerch, Randa, Wildi, Fäseh, Zerrnettje und Egg nach Zermatt (1602 m. über Meer) gelangen. Eine genauere Beschreibung des Trace enthält der technische Bericht, auf den hier verwiesen wird und der nach Aufnahme der definitiven Studien möglicherweise einige Varianten an dem zunächst projektirten Trace vorsieht. Stationen sind in Aussicht genommen außer in Visp und Zermatt, in Stalden, St. Nikolaus, Randa und Pascli, und die Walliser Regierung verlangt noch die Einschaltung einer solchen hei Kalpetran. Die Gesammtlänge der Bahn beträgt 34,75 km., dürfte sich aber nach Aufnahme der genauem Studien noch etwas verändern.

Die Bahn soll schmalspurig angelegt werden, und zwar mit einer Spurweite von 75 cm., eventuell auch mehr. Auf einzelnen Strecken, nämlich zwischen Stalden und Mühlehaeh, Kalpetran und Kiefen, im Lerch und Randa, zusammen auf 1705 m. Länge, soll zur Ueherwindung von Steigungen über 50 °/oo eine Zahnstange eingelegt werden, während im üebrigen die Bahn als Adhäsionsbahn gebaut, wird, wobei sich Potenten immerhin vorbehalten, eventuell auf weitern Strecken die Zahnschiene zur Anwendung zu bringen.

Auf den Adhäsionsstrecken ist als Maximalsteigung 50 °/oo und als kleinster Kurvenradius 75m., auf den Zahnstangenstrecken 150'Yoo und ein Minimalradiiis von 200m. vorgesehen. Bei Adoptirung der Spurweite von 75 cm. behalten sich Petenten vor, ausnahmsweise auf Radien von bloß 60 bezw. 100 m. herabzugehen, während im Allgemeinen solche von 100 und 150 m. zur Anwendung kommen werden.

Der Betrieb wird mittelst Lokomotiven gemischten Systems stattfinden, die ebensowohl auf den Adhäsions- wie auf den Zahnstangenstrecken verkehren können. Zur Personenbeförderung sind Wagen mit nur zwei Klassen in Aussicht genommen.

Da die Bahn wesentlich bloß Touristenbahn sein wird, so ist nur Sommerbetrieb
vorgesehen und zwar vom 1. Juni bis "»30. September, vorbehalten frühere Eröffnung und spätere Einstellung, wenn die Witteruug es gestattet. Die Walliser Regierung

1119 stellt das Verlangen, daß der Betrieb regelmäßig auch auf die Monate Mai und Oktober ausgedehnt werde. Dieser Punkt wird unten einläßlich zu erörtern sein.

Die Kosten für die ganze Anlage sind auf Fr. 5,433,000 oder Fr. 156,345 per Kilometer veranschlagt und setzen sich aus folgenden Posten zusammen : Fr. 104,250 1) Vorarbeiten .

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417,000 2) Verwaltungskosten und Bauaufsicht n 260,000 3) Kapitalzinsen während des Baues ·n 347,500 4) Expropriationen T) 5 ) Erdarbeiten .

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fl 1,737,500 6 ) Kunstbauten .

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T) 1,042,500 173,750 1) Beschotterung .

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n 69,500 8) Weg- und Straßenverlegungen .

·n 69,500 9) Uferschutz und Flußkorrektionen ·n 34,750 1 0 ) Verschiedenes .

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·n 804,000 11) Geleise ·n 180,000 12) Hochbauten ·n 15,000 13) Signale und Telegraph ·n 15,000 14) Abschluß und Barrieren .

·n 15) Rollmaterial: Fr. 30,000] 5 Lokomotiven à 252,000 12 Personenwagen à ,, 6,000 ,, 3,000 J 10 Güterwagen à 15,000 16) Mobiliar und Gerätschaften Die Betriebskosten werden unter Voraussetzung des Betriebs während bloß 4 Monaten und 3 täglichen Zügen nach beiden Richtungen folgendermaßen berechnet: Fr. 35,000 1) Ordentlicher Bahnunterhalt und Bewachung 15,000 2) Außerordentlicher Unterhalt je im Frühling ·n 15,000 3) Stations- und Zugspersonal, 4 Monate ·n 4) Fahrdienst, incl. Personal (Fr. 1. 25 per Zugs31,500 kilometer) .

·n 8,000 5) Verwaltungskosten n Zusammen

Fr. 104,500

Dazu kommen 5 °/o Zinsen des Anlagekapitals von Fr. 5,433,000 mit Fr. 271,650, so daß zur Deckung der Betriebskosten und der Kapitalzinsen eine Bruttoeinnahme von wenigstens Fr. 376,150 erforderlich sein wird.

1120 Was die Einnahmen betrifft, so gehen die Petenten davon aus, daß schon jetzt die Zahl der Besucher von Zermatt circa 12,000 und des Saasthales circa 2000 Reisende betrage. Offenbar werde die große Verkehrserleichterung infolge Erstellung der Bahn diese Zahl bedeutend steigern, so daß 15,000 Reisende oder 30,000 Fahrten für Zermatt, und 3000 Reisende oder 6000 Fahrten für Stalden (Saas) in Berechnung kommen. Ferner wird vorausgesetzt, daß jeder Reisende im Durchschnitt 20 kg. Gepäck mitführe und der Güterverkehr, bestehend aus den Bedürfnissen der Hôtels, jährlich circa 400 Tonnen, 350 für Zermatt, 50 für Stalden (Saas), betragen werde. Unter Zugrundlegung der in die Konzession eingestellten Taxen ergibt die vorausgesehene Frequenz folgendes Resultat : R e i s e n d e für Zermatt : I. Klasse 5,000 zu Fr. 16 .

II. Klasse 25,000 zu Fr. 10 .

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. Fr. 80,000 . ,, 250,000

R e i s e n d e für Stalden (Saas): I. Klasse 1,500 zu Fr. 3.20 II. Klasse 4,500 zu Fr. 2 .

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,, ,,

4,800 9,000

G e p ä c k und G ü t e r für Zermatt: 30,000 X 20 + 350,000 = 950,000 kg., zu 15 Rp. per 100 kg. und km. d. h. 0,15 X 35 X 9,500=

,,

49,875

G e p ä c k und G ü t e r für Stalden (Saas): 6,000 x 20 + 50,000 = 170,000 kg., zu 15 Rp.

per 100 kg. und km., d. h. 0,15 X 8 X 1,700= .

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,,

2,040

Einnahmen Total

Fr. 395,715

Dieser Betrag genügt, um die oben auf Fr. 376,150 veranschlagten Betriebskosten und Kapitalzinsen (incl. Aktiendividende) zu decken. Die Petenten ziehen aus diesen Zahlen den Schluß, daß die von ihnen verlangten Taxen absolut nothwendig seien, um zur Verzinsung des Anlagekapitals gelangen zu können.

Das vorliegende Konzessionsgesuch ist zur Vernehmlassung der Regierung von Wallis mitgetheilt worden, deren Vertreter sich bei den am 20 November abgehaltenen konferenziellen Verhandlungen zwar zu Gunsten des Projektes aussprachen, aber eine Reihe von Begehren in Betreff der den Petenten aufzuerlegenden Verpflichtungen stellten, wovon hienach im Einzelnen die Rede sein wird.

1121 Wir beantragen Ihnen, dem Konzessionsgesuche, nnter Aufstellung der im nachstehenden Beschlußentwurfe enthaltenen Bedingungen zu entsprechen, die nur in einzelnen Punkten von der üblichen Form abweichen.

Im Art. 12 ist regelmäßiger Betrieb mit zwei täglichen Zügen nach beiden Richtungen blos für die Sommermonate Juni, Juli, August und September vorgeschrieben. Eine frühere Eröffnung beziehungsweise spätere Einstellung des. Betriebs wollen die Konzessionsbewerber fakultativ übernehmen, je nachdem die Witterung es jeweilen gestatten werde, während die Walliser Regierung bei der Konzessionskonferenz dos bestimmte Begehren stellte, daß der Betrieb wenigstens während sechs Monaten stattfinde und demgemäß die Monate Mai und Oktober noch umfasse, immerhin die Fälle faktischer Unmöglichkeit infolge Schneefalles oder dgl. vorbehalten.

Wir halten das Verlangen der Regierung für gerechtfertigt. In der That kann nicht gestattet werden, daß bei einer Bahn, welche auf eine Länge von 35 km. ein, wenn auch nicht dicht, so doch immerhin bevölkertes Thal durchzieht, ausschließlich nur der fremde Touristenverkehr in's Auge gefaßt, die Interessen der einheimischen Bevölkerung dagegen gänzlich außer Acht gelassen werden. Den letztern muß in billiger Weise entgegengekommen und darf daher verlangt werden, daß die Gesellschaft den Betrieb so bald eröffne und so lange ausdehne, als das Bedürfniß ea erheischt und die Witterungsverhältnisse es gestatten. Von Betrieb auch während der Wiutermonate kann bei den klimatischen Verhältnissen und der Lage der berührten Gegend nicht wohl die Rede sein, wie denn auch die Walliser Regierung ihr Begehren auf einen sechsmonatlichen Betrieb beschränkt hat. Auf der andern Seite ist nicht zu verkennen, daß bei besonders ungünstigen Witterungsverhältnissen, wie später Schneeschmelze, beziehungsweise frühem Schneefall, Lawinengefahr u. dgl,, der Betrieb schon in den Monaten Mai und Oktober nicht allein mit unverhältnißmäßigen Kosten, sondern auch mit Gefahr für das Leben des Personals wie der Reisenden verbunden sein kann. In solchen Fällen verstellt es sich, daß die Gesellschaft nicht zum Betrieb gezwungen werden soll. Es kann ferner der Fall eintreten, daß nur ein Theil der Linie unfahrbar ist, oder auch, daß ein Bedürfniß des Betriebs blos für eine Theilstreeke vorliegt und nicht
für die ganze Linie, sowie daß z. B. ein Zug nach jeder Richtung vollständig genügt.

Alle diese billiger Weise in Betracht zu ziehenden Faktoren lassen sich kaum in einer Konzessionsbestimmung zusammenfassen ohne Gefahr, nach der einen oder andern Seite zu weit zu gehen.

Wir beantragen Ihnen daher, für den Betrieb während der Monate

1122 Mai und Oktober die Festsetzung der Fahrordnung, d. h. die Verfügung, ob, auf welchen Strecken und wie viel Züge gefahren werden müssen, dem Bundesrath in die Hand zu geben, welcher dann jeweilen unter Berücksichtigung aller Verhältnisse und nach Anhörung der Gesellschaft entscheiden wird. Diese Lösung entspricht ganz den von Wallis geäußerten Wünschen, während es hingegen die Petenten der Gesellschaft anheimgestellt wissen wollten, ob sie jeweils den Betrieb vor dein 1. Juni eröffnen und über den 30. September ausdehnen wolle oder nicht.

Auf Wunsch der Petenten ist im gleichen Art. 12 von der Festsetzung der Fahrgeschwindigkeit Umgang genommen und dieselbe auf den Zeitpunkt der Betriebseröffnung dein Bundesrathe vorbehalten worden. Es erscheint dies ganz am Platze, da sich über die einzuhaltenden Geschwindigkeiten passende Normen erst mit Sicherheit aufstellen lassen, wenn die technischen Grundlagen der Bahn bekannt und eventuell Versuche vorangegangen sein werden. Uebrigens ist die vorgeschlagene Bestimmung eine bei Spezialbahnkonzessionen übliche.

Im Art. 13 wird die Gesellschaft grundsätzlich dem allgemeinen Transportreglement unterworfen, vorbehaltlich immerhin, mit Genehmigung des Bundesrathes Abänderungen treffen zu können.

Art. 14 sieht nur zwei Wagenklasseu vor, wogegen im Hinblick auf den Charakter der Bahn als einer Touristenbahn Einwendungen nicht zu erheben sind. Die Regierung von Wallis hat die Einführung einer dritten Elusse verlangt, urn die Benützung der Bahn z,u niedrigem Taxen der einheimischen Bevölkerung möglich zu machen, an diesem Begehren aber nicht weiter festgehalten, nachdem man sich in der Konzessionskonferenz darüber geeinigt, den Bewohnern der von der Bahn berührten Gegend wesentliche Taxermäßiguugen zuzugestehen.

Die in Art. 14 vorgesehenen Gesammttaxen von Fr. 16 und 10 für die ganze Fahrt Visp-Zermatt dürfen für eine Touristenbahn im Vergleich zu den bei andern ähnlichen Unternehmungen admittirten Ansätzen als nicht zu hoch bezeichnet werden. Sie sind aber auch hoch genug, um eine angemessene Rendite des auf die Bahnanlage verwendeten Kapitals zu ermöglichen, was um so eher angenommen werden darf, als bei der von den Konzessionsbewerbern aufgestellten Rentabilitätsberechnung nur eine Frequenz von 30,000, beziehungsweise 35,000 Reisenden angenommen ist,
eine Zahl, die sieh in Wirklichkeit oieht unbedeutend höher stellen dürfte. Das Nämliche gilt von dem in Anschlag gebrachten Gepäck- und Güterverkehr. Sollten sich übrigens diese Annahmen

1123 später als unrichtig herausstellen, so ist durch Art. 21 das nöthige Korrektiv gegeben, um einerseits eine angemessene Erhöhung der Taxen eintreten zu lassen, wenn die Einnahmen unzureichend sind, wie auf der andern Seite eine Herabsetzung zu verlangen, wenn die Reineinnahmen 6 % übersteigen. Die eingestellte Gepäcktaxe von 15 Rp. per 100 kg. und krn. empfehlen wir, zu belassen.

Sind nun zwar die von den Konzessionsbewerbern verlangten Taxen für den T o u r i s t e n v e r k e h r nicht zu beanstanden, so sind sie dagegen für die einheimischen Bewohner der berührten o O Gegend zu hoch und würden die letztern von der Benutzung der Bahn ausschließen. Der Bundesrath hält aber dafür, daß die Bewohner der von einer 35 Kilometer langen Bahn durchzogenen Landesgegend ein Recht darauf haben, das vorhandene Verkehrsmittel gleichfalls benutzen zu können, und daß daher für diesen Theil der einheimischen Bevölkerung eine angemessene Reduktion der obigen Taxen Platz greifen muß. Die Regierung von Wallis hat denn auch bei der Konferenz ein förmliches dahin zielendes Begehren gestellt, dem sieh die Konzessionsbewerber grundsätzlich und in dem Umfang nicht widersetzten, daß den Bewohnern des Bezirkes Visp billigere Taxen berechnet werden sollen, sobald dies unter vor Mißbrauch schützenden Bestimmungen geschehen könne. In Bezug auf die Art und Weise der Durchführung gelangten in der Konferenz verschiedene Vorschläge zur Sprache, ohne daß man sich über die Form in abschließlicher Weise einigte. Wir halten es nicht für zweckmäßig, in dieser Beziehung detaillirte Vorschriften in die Konzession aufzunehmen, sondern für geboten, diese Frage noch näherer Prüfung und späterer definitiver Regelung vorzubehalten, zu welchem Zwecke wir Ihnen beantragen, nur eine allgemein lautende Bestimmung aufzunehmen, welche für den Lokalverkehr niedrigere Taxen vorsieht und die Festsetzung derselben dem Bundesrathe anheimstellt, der sich dabei an die bei der Konferenz erzielte materielle Einigung halten und die Begünstigung auf die Bewohner der von der Bahn durchzogenen Gegend beschränken wird, wie dies zur Zeit bezüglich der Posttaxen auf den Alpenstraßen deiFall ist.

Ist in dieser Weise für den Verkehr der Einheimischen die nothwendige Erleichterung gesichert, so mag dagegen der Gesellschaft die Verpflichtung zur Ausgabe von
Retour- und Abonnementsbilleten mit reduzirten Taxen erlassen werden.

Der Art. 17 setzt zunächst fest, daß nur solche Güter zur Beförderung angenommen werden müssen, welche den Dimensionen der Wagen entsprechen, eine Bestimmung, die auch bei andern ähnlichen Unternehmungen aufgestellt wurde. Damit soll aber

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selbstverständlich die Gesellschaft nicht der Verpflichtung zur Anschaffung von eigentlichen Güterwagen enthoben werden.

Was die der Gepäcktaxe gleichgestellte allgemeine Gütertaxe von 15 Rp. per 100 kg. und km. betrifft, so erscheint dieselbe allerdings hoch. Die Konzessionsbewerber hielten an derselben namentlich mit der Begründung fest, daß den Touristen die bei niedrigerer Gütertaxe naheliegende Umgehung der Gepäcktaxe durch Spedition ihres Gepäckes als gewöhnliches Gut verunmöglicht werden müsse. Sie erklärten sich anderseits bereit, für Lebensrnittel, landwirtschaftliche Erzeugnisse u. dgl. einen billigem Spezialtarif mit einem Ansatz von bloß 6 Rp. per 100 kg. und km. aufzustellen.

Damit ist der einheimische Güterverkehr, welcher nur die genannten Waaren umfaßt, der höhern Taxe enthoben und glaubea wir aus diesem Grunde die allgemeine Gütertaxe nicht beanstanden zu sollen.

Was die übrigen Begehren der "Walliser Regierung, betreffend Einschaltung einer weitern Station bei Kalpetran, Beibehaltung des Trace zwischen km. 25 und 29 auf dem rechten Vispufer und Verbindung der Uferverhauung mit der Bahnanlage anbelangt, so ist die Entscheidung nicht schon in der Konzession, sondern später anläßlich der Prüfung und Genehmigung der Ausfuhrungspläne zu treffen.

Ebensowenig geht es an, dem Wunsche des großen Rathes von Wallis betreffend Berücksichtigung einheimischer Arbeitskräfte beim Bau und Betrieb der Bahn durch eine Bestimmung in der Konzession zu entsprechen.

Die übrigen Bestimmungen des Konzessionsentwurfes, den wir Ihnen nachstehend zur Annahme empfehlen, veranlaßen uns zu keinen weitern Bemerkungen.

Wir benützen auch diesen Anlaß, um Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 6. Dezember 1886.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Deucher.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

1125 (Entwurf)

Bundesbeschluß betreffend

Konzession einer schmalspurigen Eisenbahn (streckenweise Zahnradbahn) von Yisp nach Zermatt.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1) einer Eingabe der B a s l e r H a n d e l s b a n k in B a s e l und der HH. M a s s e n , C h a v a n n e s & C i e . , Bankiers in L a u s a n n e , vom 21. Oktober 1886; 2) einer Botschaft des Bundesrathes vom 6. Dezember 1886, beschließt: Der B a s l e r H a n d e l s b a n k in Basel und den Herren M a s s o n , C h a v a n n e s & Cie., Bankiers in Lausanne, zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft, wird die Konzession für den Bau und Betrieb einer schmalspurigen Bisenbahn (streckenweise Zahnradbahn) von Vi s p nach Z e r m a t t unter den in nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bestimmungen ertheilt.

Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von achtzig Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, ertheilt.

Art. 3. Der Sitz der Gesellschaft ist in L a u s a n n e .

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrathes oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Bundesblatt. 38. Jahrg. Bd. III.

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1126 Ar. 5. Binnen einert Frist von 12 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrathe die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert sechs Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiteri für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Innert 2'/2 Jähren nach stattgefundener Plangenehmigung ist die ganze konzessionirte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu Übergeben.

Art. 7. Der Bundesrath ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit schmalspurigem Unterbau erstellt, unter Binlegung einer Zahnstange, M'O die Steigungen dies nothwendig machen.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigenthum des Kantons Wallis und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Ueberwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Theilen der Bahn und des Materials zu gestatten und das zur Untersuchung nöthige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrath kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu gegründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nöthigenfalls entlassen werden.

Art. 12. Der Betrieb kann auf die Zeit vom 1. Mai bis 30. Oktober beschränkt werden. Vom 1. Juni bis 30. September soll die Beförderung von Personen täglich mindestens zwei Mal nach beiden Richtungen von einem Endpunkt der Bahn zum andern und unter Anhalt bei allen Stationen' erfolgen.

Für den Betrieb während der Monate Mai und Oktober setzt jeweilen der Bundesrath unter Berücksichtigung der Verhältnisse und nach Anhörung der Gesellschaft die Fahrordnung fest.

1127 Daa Maximum der Fahrgeschwindigkeit wird vom Bundesrathe bestimmt.

Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterwerfen. Wenn sie Aenderungen nothwendig findet, so können dieselben nur nach eingeholter Genehmigung des Bundesrathes eingeführt werden.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach amerikanischem System mit zwei Klassen aufstellen. In der Regel sind allen Personenzügen Wagen beider Klassen beizugeben ; Ausnahmen kann nur der Bundesrath gewähren.

Die Gesellschaft hat stets ihr Möglichstes zu thun, damit alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können.

Auf Verlangen des Bundesrathes sind auch mit Waarenzügen Personen zu befördern. In diesem Falle findet die Vorschrift von Art. 12, Absatz 2, keine Anwendung.

Art. 15. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen von einem Endpunkt der Bahn zum andern folgende Taxen zu beziehen: in der zweiten Wagenklasse 16 Franken, in der dritten Wagenklasse 10 Franken.

Für den Verkehr von und nach den Zwischenstationen sind die Taxen auf Grundlage dieser Ansätze im Verhältniß zu der Fahrlänge festzustellen.

Für Kinder unter 3 Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in beiden Wagenklassen zu zahlen.

5 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 15 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Für den Lokalverkehr wird der Bundesrath ermäßigte Taxen festsetzen.

Art. 16. Arme, welche als solche durch Zeugniß zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimiren , sind zur Hälfte der Personentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kan-

1128 tonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn y.u spediren. Dei- Bundesrath wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 17. Güter werden nur befördert, soweit die Wageneinrichtung es gestattet.

Die Gesellschaft kann für den Gütertransport eine Taxe von 15 Rappen per 100 kg. und km. beziehen.

Für Lebensrnittel, landwirtschaftliche Erzeugnisse u. dgl. soll jedoch die Taxe nicht über 6 Rappen per 100 kg. und km. betragen.

Art. 18. Bei Festsetzung der Taxen werden ßruehtheile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

In Betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder ßruchtheil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Bei Geld- und Werthsendungen repräsentiren Bruchtheile von Fr. 500 volle Fr. 500.

Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest theilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Die in den Art. 15 und 17 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station. Die Waaren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen.

'S 0

Art. 19. Für die Einzelheiten des Transportdieusles sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 20. Die sämmtlichen Tarife sind mindestens sechs Wochen, ehe die Bisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrathe zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 21. Wenn die Bahnunteruehmung drei Jahre nach einander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zuläßige Maximum der Transporttaxen verhältnißmäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrathe und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Beicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, /.u decken, so kann der Bundesrath eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

1129 Art. 22. Die Gesellschaft ist verpflichtet, den vom Bundesrathe mit der Kontrole über den Betrieb beauftragten Organen freien Zutritt in den Bahnhöfen und die unentgeltliche Benutzung eines geeigneten Lokals zu gewähren.

Art. 23. Die Gesellschaft wird für die Aeuffnung eines gehörigen Erneuerungs- und Reservefonds sorgen und eine Krankenund Unterslützungskasse für ihr Personal einrichten. Die darüber aufzustellenden besondern Vorschriften sind dem ßundesrath zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 24. Für die Geltendmachung des Rückkaufrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Wallis, gelten folgende Bestimmungen: a. Der Rückkauf kann frühestens auf 1. Mai 1903 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntniß zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigenthümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn sammt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande dem Bunde, beziehungsweise dem Kanton Wallis, abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte auch die Verwendung des Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnißmäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1918 rechtskräftig wird, den 25fachen Werth des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifizirt wird, unmittelbar vorangehen ; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1918 und 1. Mai 1933 erfolgt, den 22 a /2fachen Werth; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1933 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht,, den 20fachen Werth des oben beschriebenen Reinertrages, -- immerhin in der Meinung, daß die Entschädigungssumme in keinem Palle weniger als die nachgewiesenen erstmaligen Anlagekosten der bestehenden Einrichtungen, jedoch unter Abzug des Betrages des Erneuerungs- und Reservefonds betragen darf.

1130 Bei Ermittlung der Anlagekosten und des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedirte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesammten Ueberschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch' letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefond einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Prägen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 25. Hat der Kanton Wallis den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichts desto weniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Artikel 24 definirt worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton Wallis hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie Letzterer dies von der ' konzessionirten Gesellschaft zu fordern kompetent gewesen wäre.

Art. 26. Der Bundesrath ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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Bundesgesetz betreffend

den Landsturm der Schweiz. Eidgenossenschaft.

(Vom 4. Dezember 1886.)

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 19, Alinea 3, der Bundesverfassung und nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 21. Mai 1886, beschließt: Art. 1. Der Landsturm bildet neben dem Auszug und der Landwehr (Art. 6 der Militärorganisation) einen Theil der gesetzlich organisirten Wehrkraft der schweizerischen Eidgenossenschaft.

Art. 2. Jeder wehrfähige Schweizerbürger vom zurückgelegten 17. bis zum vollendeten 50. Altersjahr, der nicht im Auszug oder in der Landwehr eingetheilt oder nach Art. 2 der Militärorganisation dienstfrei ist, hat die Pflicht, im Landsturm zu dienen.

Im Landsturm können auch Freiwillige Aufnahme finden, welche das 17. Altersjahr noch nicht erreicht oder das 50. Altersjahr überschritten haben.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer schmalspurigen Eisenbahn von Visp nach Zermatt. (Vom 6. Dezember 1886.)

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11.12.1886

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