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Bericht des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsrecht bei Strafurtheilen, die infolge Uebertretung der kantonalen Vollziehungsverordnungen zum Bundesgesetze über Jagd und Vogelschutz vom 17. Herbstmonat 1875 gefällt wurden.

(Vom 24. November 1888.)

Tit.

Der Große Rath des Kantons Aargau hat in seiner Sitzung vom 8. November 1887 sich inkompetent erklärt, Begnadigungsgesuche abzuwandeln, welche Fälle betreffen, die aus Anwendung des Bundesgesetzes über Jagd und Vogelschutz vom 17. Herbstmonat 1875 hervorgehen.

Infolge dessen sind Ihnen aus dem Kanton Aargau folgende Gnadengesuche eingereicht worden: 1) des Joh. Frei, Sohn, von Ober-Ehrendingen auf Petersberg, Gemeinde Gebenstorf; 2) des Cajetan S t o c k e r von Obermumpf zu Wallbach; 3) des Emil J e c k und Johann W u n d e r l i n von und in Zeiningen ; 4) des Heinrich F an z, Vater, in Zurzach; sämmtliche von den zuständigen Gerichten wegen Jagdfrevels bestraft.

Hinsichtlich derjenigen Fälle, in denen Bestrafungen von Uebertretungen der Gesetze des Bundes stattfanden, haben Sie am 24. April 1883 grundsätzlich beschlossen, daß das Begnadigungsrecht den Behörden des Bundes zu vindiziren sei, selbst da, wo die Ausübung der Strafgeriehtsbarkeit den kantonalen Behörden überlassen worden wäre.

In den vorliegenden Fällen ist die Sachlage insofern eine etwas andere, als die Bestrafung nicht unmittelbar auf Grund des angeführten Bundesgesetzes, sondern nach Maßgabe der zudienenden kantonalen Vollziehungsverordnung vom 4. August 1876 erfolgt ist und die Bußen, um deren Nachlassung die Petenten nachsuchen, in

769 Ausführung eines kantonalen Erlasses und nicht direkt des Bundesgesetzes gesprochen wurden.

Streng genommen und rein theoretisch ließe sich zwar vielleicht auch in diesen Fällen das Begnadigungsrecht für die Bundesbehörde beanspruchen, indem alle kantonalen Gesetze und Verordnungen zur Ausführung von Bundesgesetzen eidgenössisches Recht enthalten, da dieselben in Uebereinstimmung mit den Grundsätzen der Bundesgesetzgebung stehen müssen, somit aus einer eidgenössischen Rechtsquelle geflossen sind.

Immerhin ist nicht außer Acht zu lassen, daß den Kantonen durch genanntes Gesetz die Berechtigung eingeräumt wird, im Interesse der Jagd einzelne strengere Bestimmungen aufzustellen, als sio das Bundesgesetz vorsieht, und z. B. einzelne Gebietsteile oder Wildarten zeitweilig mit Jagdbann zu belegen. Bei Uebertretung flieser letztern Vorschriften müßten somit vom Kanton selbständig erlassene Strafbestimmungen zur Anwendung kommen, und stünde daher wohl nuch diesem allein das Begnadigungsrecht zu.

Wir halten aber dafür, die praktische Konvenienz verlange, daß derselbe Grundsatz auch mit Bezug auf die übrigen Bestimmungen jener Vollziehungsverordnungen angewendet werden sollte.

Wir beantragen: I. Das Begnadigungsrecht, soweit es sich am Strafurtheile handelt, die gestützt auf kantonale Vollziehungsverordnungen oder Gesetze zum Bundesgesetz über Jagd und Vogelschutz vom 17. Herbstmonat 1875 gefällt wurden, den Kantonen zuzuerkennen ; II. die Ihnen eingereichten obgenannten vier Begnadigungsgesuche behufs Erledigung durch die zuständige kantonale Behörde dem Regierungsrath von Aargau zu übermitteln.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 24. November 1888.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der V i z e p r ä s i d e n t :

Hammer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

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Bericht des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsrecht bei Strafurtheilen, die infolge Uebertretung der kantonalen Vollziehungsverordnungen zum Bundesgesetze über Jagd und Vogelschutz vom 17. Herbstmonat 1875 gefällt wurd...

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01.12.1888

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768-769

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