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Schreiben des

Bundesrathes an die Vereinigte Bundesversammlung, betreffend den zürcherischen Steueranspruch gegen die Schweizerische meteorologische Centralanstalt.

(Vom 21. Juni 1888.)

Herr Präsident, Hochgeachtete Herren !

Unser Justiz- und Polizeidepartement hat am 12. dieses Monats der Regierung des Kantons Zürich unsern Bericht vom 11. Juni über die Erbschaftssteuerstreitigkeit betreffend das der meteorologischen Centralanstalt angefallene Legat Brunner zur Kenntnißnahme zugesandt.

Die h. Regierung von Zürich nahm davon Veranlaßung, in einer neuen gedruckten Eingabe, vom 16. Juni 1888, sich an die Bundesversammlung zu wenden.

In diesem zweiten Memorial erklärt sich die Zürcher Regierung damit einverstanden, daß sie jetzt schon den Fall als einen Kompetenzkonflikt betrachten und denselben gemäß Art. 12 des eidgenössischen Garantiengesetzes entscheiden.

Daran reiht sich eine nähere Begründung des Standpunktes, von welchem aus die Regierung dazu kommt, die vom Staate Zürich geforderte Erbsehaftssteuer als keine direkte Steuer im Sinne von Art. 7 des Garantiengesetzes zu betrachten.

Wir haben bereits in unserm Berichte vom 11. Juni erklärt, daß wir Ihnen die Beurtheilung dieser Kontroverse vollständig überlassen, und wir wollen auch heute nicht in eine Erörterung derselben eintreten, so sehr auch die zürcherischen Ausführungen einer Entgegnung rufen.

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Nur daran möchten wir Sio bei diesem Anlaß erinnern, daß die eidgenössischen gesetzgebenden Räthe selbst, bei Berathung des Gesetzes gegen die Doppelbesteuerung, die Erbschaftssteuer den · d i r e k t e n Steuern beigezählt haben. Zu diesen rechnen sie auch die von der Zürcher Regierung auffallenderweise für i h r e Ansieht citirten Dr. Zürcher und Dr. P. Speiser in ihren bezüglichen Schriften, Ersterer, indem er sie geradezu eine direkte, nicht periodische Steuer nennt (S. 103 und 104 a. a. 0.), Letzterer, indem er sie mit der Vermögens- und Einkommenssteuer unter dem Begriffe der Subjektsteuern zusammenfaßt (S. 4, 5, 9, 25 a. a. 0.)Nicht mit Stillschweigen dürfen wir gewisse Bemerkungen des zweiten zürcherischen Memorials übergehen, die sich auf die Beurtheilung der vorliegenden Frage durch den Bundesrath beziehen.

Wir können es natürlich nicht verhindern , daß die h. Regierung des Standes Zürich hartnäckig fortfährt, dem bestehenden Steuerstreite einen civilrechtlichen Charakter beizumessen, obschon das Bundesgericht in seinem Urlheile vorn 1. Oktober 1887 erklärt hat: ,,Unzweifelhaft wäre auch nach der Gesetzgebung des Kantons Zürich die. vorliegende Erbschaftssteuerstreitigkeit nicht als Civil-, sondern als Verwaltungsstreitsache zu behandeln." Aber wenn die h. Kantonsregierung sich berechtigt glaubt, un« eines ,,schreienden Widerspruchs" zu zeihen, weil wir eventuell, im Hinblick auf § 9 des zürichischen Erbschaftssteuergesetzes, die Anrufung der Zürcher Gerichte zum Entscheid des Steuerstreites in Aussicht nehmen, so müssen wir denn doch eine derartige Beurtheilung unsers Standpunktes mit aller Entschiedenheit als eine durchaus haltlose und unbegründete zurückweisen.

Wir erblicken in der allegirten Bestimmung des Zürcher Gesetzes, die es ,,dem Steuerpflichtigen f r e i s t e l l t , über die Richtigkeit der an ihn gestellten Steuerforderung schließlich den Entscheid der Gerichteanzurufen",, die Oeffnung einer unparteiischen Oberinstanz gegenüber den Verfügungen der administrativen Steuerbehörden. Mag auch die Form, in der Steuerstreitigkeiten vor den Zürcher Gerichten verhandelt werden, annähernd oderganzz diejenige des Civilprozesses sein, in der Sache selbst handelt es sich doch nicht um eine Civilprozeßsache, sondern um die Nachprüfung einesAdministrativentscheides,, der als solcher
rechtskräftig ist, wenn nicht der davon Betroffene den gerichtlichen Entscheid anruft.

Wir berufen uns diesfalls auf eine von Zürich, in seiner Eingabe vom 5. Mai, angerufene Interpretationsquelle, nämlich auf den bundesgerichtlichen Entscheid in Sachen Arth-Rigibahn gegen Schwyz (Sammlung der bundesgerichtl. Entsch. II, 157 und 158), welchem wiederum das Gegentheil der zürcherischen Behauptung

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betr. den civilprozessualischen Charakter der Sache zu entnehmen ist. Denn es sagt das Bundesgericht in Erwägung 4 seines bezüglichen Entscheides: ,,Es erscheinen daher alle Streitigkeiten, welche sich auf das Steuerrecht, bezw. die Auslegung und Anwendung des Steuergesetzes eines Kantons, beziehen, betreffen dieselben die Steuerpflicht oder die Steuerfähigkeit einer Person, nicht als privatrechtliche, sondern als Administrativstreitigkeiten, und es kann an dieser Auffassung nichts ändern, daß in verschiedenen Kantonen die Ausmittlung der Größe eines steuerbaren Vermögens in letzter Instanz den Gerichten als besonders unparteiischen Behörden überwiesen ist. Dadurch verlieren diese Streitigkeiten ihre Natur keineswegs, wie übrigens von den betreffenden Gesetzgebungen auch dadurch anerkannt wird, daß für solche Steuerprozesse nicht das gewöhnliche Civilprozeßverfahren, sondern insbesondere bezüglich der Beweislast ganz verschiedene Grundsätze gelten."

Wenn wir daher eventuell, unter gleichzeitiger Ablehnung jeder Anwendbarkeit des Bundesgesetzes vom 20. November 1850 be treffend den Gerichtsstand bei (Zivilklagen für oder gegen den Bund, uns bereit erklären, den kantonalen Richter, und zwar den zürcherischen, zur endgültigen Feststellung des Rechtes in dieser Steuersache anzurufen, so anerkennen wir damit keineswegs einen civilprozessualischen Charakter des Streites, und gerathen ebensowenig mit unsern eigenen Ausführungen über die Bedeutung und das Verhältniß der diversen Theile des Bundesgesetzes vom 20. November 1850 in Widerspruch, wie uns die Zürcher Behörde vorwirft. So viel sollte nachgerade aus den diesfälligen Erörterungen Jedermann klar geworden sein.

Wir glauben damit dargethan zu haben, daß auf unserer Seite keine ,,schreienden Widersprüche" zu finden sind.

Unserm Berichte vom 11. Juni haben wir im Weitern nichts beizufügen, so daß uns nur erübrigt, Sie, Tit., wiederholt unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 21. Juni 1888.

Im Namen des Schweiz. Bundessrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Hertenstein.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Eingier.

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Vorläufiger Bericht des

Bundesrathes an die Bundesversammlung betreffend die Kassa-Rechnung der Alkohol Verwaltung pro 1887.

(Vom 25. Juni 1888.)

Tit.

Das Bundesgesetz vom 23. Dezember 1886 betreffend gebrannte Wasser wurde am 27. Mai 1887 vom Bundesrathe in Kraft und vollziehbar erklärt in dem Sinne, daß der Beginn der Wirksamkeit für die einzelnen Theile des Gesetzes durch spätere Schlußnahme des Bundesrathes festzusetzen sei.

Am 15. Juli 1887 wurde mit dem Vollzug verschiedener Theile des Gesetzes der Anfang gemacht und successive, wie es die Verhältnisse wünschbar und erforderlich machten, mit der Durchführung weiterer Theile des erwähnten Gesetzes fortgefahren.

Noch heute aber sind einzelne Artikel des Alkoholgesetzes nicht wirklich in's Leben getreten, sei es, daß überhaupt noch nicht an deren Vollzug gegangen werden konnte, sei es, daß die Wirkungen des Vollzugs noch nicht zur Geltung oder doch nicht zur vollen Geltung zu kommen vermochten. Letzteres ist namentlich der Fall hinsichtlich des Verkaufes von Monopolwaare, da die Resultate dieses Verkaufs durch das Vorhandensein von verhältnißmäßig großen Vorräthen in den Händen der Privaten paralysirt wurden und noch werden. Aber auch andere VorKchriften des Gesetzes sind entweder noch gar nicht oder doch erst gegen Ende des vorigen Jahres in Wirksamkeit getreten.

Diese Umstände, verbunden mit den besondern ausnahmsweisen Maßnahmen, welche der rasche Uebergang in neue Verhältoisse naturgemäß nothwendig machte, lassen es erklärlich scheinen, wenn das Geschäfts- und Rechnungsjahr 1887 kein normales Bild aufweist.

Der Bundesrath ist deßhalb der Meinung, daß es irreführend wäre, aus den Rechnungsergebnissen des Jahres 1887. welche in wichtigen Punkten nicht über die Zeit von 4 Monaten hinaus sich erstrecken, eine eigentliche G e w i n n - und V e r l u s t r e c h n u n g

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abzuleiten und diese Gewinn- und Verlustrechnung zur Basis für die Répartition der Reineinnahmen unter die Kantone zu machen.

Der Bundesrath glaubt vielmehr, daß es angezeigt sei, für die Berechnung von Gewinn und Verlust die Resultate des Bruchtheiles des Jahres 1887 mit den Jahresresultaten von 1888 zu verschmelzen und an dieser Stelle Ihnen bloß die im Anschlüsse an diesen Bericht zusammengestellten Ergebnisse der K a s s e n r e e h n u n g pro 1887 zur Kenntniß zu bringen. Mit diesem Vorgehen schließt sich ' der Bundesrath dem Verfahren an, welches neugegrüudete größere Geschäfte allgemein einschlagen, wenn ihre erste Wirksamkeit nur wenige Monate eines Jahres umfaßt.

Was die muthmaßliehen finanziellen Ergebnisse des Monopols überhaupt betrifft, so ist der Bundesrath der Anschauung, daß, wenn nicht außerordentliche Vorkommnisse dazwischentreten, die Erträgnisse der nächsten Jahre jedenfalls vollständig ausreichen werden, um die Ausfälle zu decken, welche die Ohmgeldkantone und Oktroigemeinden durch den verfassungsmäßigen Wegfall der Eingangsgebühren auf geistigen Getränken erlitten haben, resp. bis Ende 1890 erleiden werden.

Der Bundesrath hat deßhalb, in Ausführung von Art. 6 der Uebergangsbestimmungen der Bundesverfassung, vorgreiflich der Aufstellung einer wirklichen Gewinn- und Verlustrechnung der Alkoholverwaltung, den durch diesen Wegfall betroffenen Kantonen für die dahingefallenen Gebühren aus dem Ertrag des Monopols und aus den Mitteln der aufgenommenen Anleihen vorschußweise pro 1887 einen ganzen, pro 1888 einen zunächst auf 1/8 normirten, theilweisen Ersatz geleistet. Von diesen Ersatzsummen sind 3/4 des Kontingents pro 1887 im Rechnungsjahr 1887, der Rest im Jahr 1888 verrechnet.

Indem Ihnen der Bundesrath hiemit die mehrerwähnte Kassenrechnung zur Kenntnißnahme mit dem Beifügen unterbreitet, daß nach Schluß des laufenden Jahres Ihnen die Gewinn- und Verlustrechnuug der Alkoholverwaltung nebst Belegen für den Zeitraum vom 1. September 1887 bis zum.31. Dezember 1888 zur Prüfung vorgelegt werden soll, benutzt er den Anlaß, Sie, Tit., seiner vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 25. Juni 1888.

Im Namen des schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Hertenstein.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Ringier

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Kassa-Rechnung der

Alkoholverwaltung pro 1887.

Einnahmen.

Verkauf von Monopolwaare:

Fr.

Ct.

Rohspiritus 2,003 Feinsprit 15,321 Meterzentner à 2.759,239. 73 Primasprit 3,681 95 Grad Tralles Weinsprit 329 M o n o p o l g e b ü h r e n a u f e i n g e f ü h r t e n Qual i t ä t s s p i r i t u o s e n und Ue bergangssteuern auf anläßlich der Grenzsperre angeh a l t e n e n I m p o r t w a a r en .

.

.

.

210,835. 52 Anleihen

2,200,000. -- Total Einnahmen

5,170,075. 25

-A-usg-atoen.

Ankauf von ausländischem Spiritus oder Sprit (inklusive Gebinde): Fr.

Ct.

Rohspiritus 1,984 Feinsprit 13,368 Meterzentner àa j.ucbcizjeuiuci 1,268,234. 30 Primasprit 11,632 95 Grad Tralles Weinsprit 903 Ankauf von inländischem Spiritus oder Sprit (inklusive Gebinde") : Rohspiritus 2,671 Meterzentner à 594,423. 06 Feinsprit 5,898 95 Grad Tralles Einfuhrzoll und Frachten 519,594. 09 Lagerspesen u n d Assekuranz .

.

.

.

6,151. 1 2

Uebertrag Fr. 2,388,402. 57

662 Uebertrag Fr. 2,388,402. 57 Centralverwaltung : Besoldungen Fr. 21,183. 80 Büreaukosten ,, 14,126. 93 Reisespesen . ,, 528. 25 Kommission und Expertisen . ,, 13,215. 10 49,054. 08 Brennerei- u n d Dépôtkontrole .

.

.

.

Entschädigung an die Zollverwaltung für Besorgung des Grenzdienstes Verzinsung und Emissionskosten der Anleihen .

16,552. 4 5 11,547. 17 57,234. 25 2,522,790. 52

Inventaranschaffungen, Brennerei- und Dépôteinrichtungen .

.

.

. F r . 106,661. 0 3 Expropriationen u. Entschädigungen ,, 1,762. 20 108,423. 23 Total Ausgaben -AJbschlixss.

Einnahmen Ausgaben

.

.

. Fr. 5,170,075. 25 . ,, 2,631,213. 75

2,631,213. 75

Fr.

Ct.

E i n n a h m e n ü b e r s c h u ß 2,538,861. 50 Hievon wurden zur Deckung von circa 8/4 des den Ohmgeldkantonen und Octroigemeinden pro 1887 zukommenden Ersatzes für wegfallende Eingangsgebühren vertheilt mit 1,396,750. -- Bleibt S a l d o ü b e r t r a g auf die Kassa-Rechnung pro 1888 1,142,111. 50

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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Fristverlängerung und Abänderung der Konzession für eine Drahtseil- und elektrische Bahn von Lauterbrunnen nach Murren.

(Vom 25. Juni 1888.)

Tit.

Die Inhaber der Konzession für eine D r a h t s e i l - und e l e k t r i s c h e E i s e n b a h n v o n L a u t e r b r u n n e n nach M u r r e n (s. BAS. IX, 284 ff.) stellten mit Eingabe vom 29. Mai 1888 das Gesuch um einjährige Verlängerung der konzessionsmäßigen Frist für Einreichung der finanziellen und technischen Vorlagen, sowie der Statuten, und ließen diesem Gesuch unterm 15. Juni d. J. ein weiteres folgen, mit welchem die Erwirkung der Abänderung einiger Bestimmungen der Konzession bezweckt wird.

Die letztere Eingabe führt aus, daß das Projekt in Finanzkreisen zwar eine günstige Beurtheilung fand, daß aber der Abschluß der Finanzirung einigen Aufschub erlitt durch die allgemeine politische Lage, weßhalb sich die Konzessionäre genöthigt fanden, um eine Fristverlängerung nachzusuchen.

Diesen Anlaß möchten sie benutzen, um auch die Abänderung einzelner Konzessionsbestimmungen zu erwirken.

Die Konzessionäre seien heute noch von der Zweckmäßigkeit und Sicherheit des für die zweite Sektion angenommenen Systems des elektrischen Betriebs um so mehr überzeugt, als die von der vortheilhaft bekannten Maschinenfabrik Oerlikon für die Ausführung

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Schreiben des Bundesrathes an die Vereinigte Bundesversammlung, betreffend den zürcherischen Steueranspruch gegen die Schweizerische meteorologische Centralanstalt.

(Vom 21. Juni 1888.)

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Jahr

1888

Année Anno Band

3

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29

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

30.06.1888

Date Data Seite

656-663

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