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Kreisschreiben des

Bundesrathes an die Regierungen der Kantone des Bisthums Basel, betreffend eine Uebereinkunft zwischen der Schweiz und dem heil. Stuhl über die endgültige Regelung der kirchlichen Verhältnisse des Kantons Tessin.

(Vom 3. April 1888.)

Getreue, liebe Eidgenossen!

Wir beeilen uns, Ihnen den Wortlaut der Uebereinkunft mitzutheilen, welche am 16. vor. Mts. von unseren Abgeordneten und demjenigen des heil. Stuhles zu dem Zwecke abgeschlossen wurde, die kirchlichen Verhältnisse des Kantons Tessin in endgültiger Weise zu regeln. Diese Uebereinkunft; durch welche Tessin mit einem schweizerischen Bisthum verbunden wird, ist als glückliches Ergebniß einer von den Bundesbehörden seit Jahren befolgten Politik zu begrüßen. (Zu vergl. insbesondere: Botschaft des Bundesrathes vom 15. Juni 1859 und Bundesbeschluß vom 22. Juli 1859 im Bundesblatt 1859,. II, 81 und in der eidgenössischen Gesetzessammlung, ältere Folge, VI, 300.) Sie verdankt ihr Zustandekommen dem versöhnlichen Geiste, den die Vertragsparteien, wie auch die Tessiner Regierung, an den Tag gelegt haben.

Bei der Frage, welchem Bisthum Tessin anzuschließen sei, sind für uns die allgemeine Sachlage und die Möglichkeit leichten Verkehres maßgebend gewesen. Wir haben gefunden, diese Vereinigung ohne Ihre förmliche Ermächtigung zum Gegenstande der Verhandlungen machen zu können, da sie thron Rechten nicht zu nahe tritt und weder ihre eigenen Lasten, noch diejenigen Ihres

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Bischofs vermehrt. Ueber einen einzigen Punkt -- es ist dies die Theilnahme von Tessin an der Wahl des Diözesanbischofs -- haben wir formell Ihre Zustimmung vorbehalten, ohne jedoch die Inkraftsetzung und volle Anwendung der übrigen Vertragsbestimmungen davon abhängig zu machen. Wenn Sie, wie wir hoffen zu dürfen glauben, grundsätzlich nicht dagegen sind, daß Tessin an den aus dem Vertrage vom 26. März 1828 betreffend die Wahl des Bischofs abzuleitenden Befugnissen partizipire, so wird es dann Sache einer weitern Vereinbarung sein, die Modalitäten der Theilnahme von Tessin an diesem Wahlakte zu regeln.

Die Verknüpfung von Tessin mit einem schweizerischen Bisthume bildet ein weiteres Band zwischen diesem Kanton und der Eidgenossenschaft. Bei Ihrer bundesfreundlichen Gesinnung werden Sie, wie wir gerne annehmen, unsere Anstrengungen, dieses Band immer enger zu knüpfen, unterstützen, und zu dieser innigeren Verbindung wird es beitragen, wenn diesem Kanton in Bezug auf die Wahl des beiden kirchlichen Verbänden gemeinsamen Bischofs ein Platz an Ihrer Seite eingeräumt wird.

Im Jahre 1884 hat Tessin zu einer Lösung Hand geboten, welche die Regelung der Ihr Bisthum betreffenden Fragen wesentlich erleichterte. Wir wünschen lebhaft, daß wir nun auch von Ihrer Seite in den Stand gesetzt werden, die neue Vereinbarung in vollem Umfange durchzuführen. Nachdem die Eidgenossenschaft beinahe ein Jahrhundert lang bemüht gewesen ist, Tessin von jeder ausländischen geistlichen Gerichtsbarkeit loszutrennen, würde es uns zu hoher Befriedigung gereichen, diesen Kanton mit einem Landesbisthum unlöslich verbunden zu sehen.

Indem wir Sie ersuchen, uns demnächst Ihre diesfällige Entschließung zur Kenntniß zu bringen, benutzen wir gerne auch diesen Anlaß, Sie, gelreue, liebe Eidgenossen, sammt uns in den Machtschutz Gottes zu empfehlen.

B e r n , den 3. April 1888.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Hertenstein.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: ßingier.

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Uebersetzung.

Uebereinkunft zwischen

der Schweiz und dem heiligen Stuhle, betreffend die endgültige Regelung der kirchlichen Verhältnisse des Kantons Tessin.

(Vom 16. März 1888.)

Der schweizerische Bundesrath, in seinem eigenen Namen und im Namen des Kantons Tessin, -- und Der heilige Stuhl, in Vollziehung der Uebereinkunft vom 1. September 1884 ; in der Absicht, die kirchlichen Verhältnisse des Kantons Tessin endgültig zu regeln, haben zu ihren diesfälligen Abgeordneten ernannt: Der schweizerische Bundesrath: Herrn Numa D r o z , Chef des Departements des Auswärtigen, und Herrn Louis R u c h o n n e t , Chef des Justiz- und Polizeidepartements ; Der heilige Stuhl: Monseigneur Dominique F e r r a t a , Erzbischof von Tessalonich, apostolischen Nuntius in Brüssel;

153 welche Bevollmächtigten, nach Austausch und Richtigbefund ihrer Vollmachten, unter Ratifikationsvorbehalt folgende Artikel vereinbart haben: Art. 1. Auf den Zeitpunkt, in welchem diese Uebereinkunft in Kraft tritt, wird die Pfarr- und Stiftskirche zum hl. Laurentius in Lugano zur Kathedralkirche des ganzen Gebietes des Kantons Tessin erhoben, und diese Kirche wird kanonisch als gleichberechtigt der Kirche von Basel zugetheilt, deren Ordinarius fortan den Titel Bischof von Basel und Lugano führen wird.

Art. 2. Für die Verwaltung der zugetheilten Kathedralkirche wird der hl. Stuhl im Einverständniß mit dern Diözesanbischof einen apostolischen Administrator ernennen, welcher aus der Zahl der dem Kanton Tessin angehörenden Priester zu wählen ist.

Der apostolische Administrator wird bischöflichen Charakter haben, im Kanton Tessin residiren und den Titel apostolischer Administrator des Tessin führen.

Art. 3. Die Bestimmungen der Uebereinkunft vom 26. März 1828, betreffend die Ernennung des Bischofs von Basel, werden, insofern 'die übrigen Vertragsparteien sich damit einverstanden erklären, auf die zugetheilte Kathedralkirche ausgedehnt.

Art. 4. Die Bestimmung des Art. 4 der Konvention vom 1. September 1884, sowie die Verkommnisse, welche auf Grund derselben getroffen wurden, erleiden keinerlei Aenderung.

Mit Rücksicht auf den Umstand, daß der Kanton Tessin die Kosten seiner gesonderten Administration zu tragen hat, wird dieser Kanton, wie auch sein Administrator, weder an die Kosten der Tafelgelder des Diözesanbischofs, noch an die übrigen Kosten der gemeinsamen Administration der Diözese einen Beitrag leisten.

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Art. 5. Der gegenwärtige Administrator bleibt im Genuß seiner Bestallung, wie sie vom hl. Stuhle am 20. September 1887 erfolgt ist.

Art. 6. Die Ratifikationen dieser Uebereinkunft sind in Rom binnen vier Monaten auszutauschen und sechs Monate nach diesem Austausch tritt die Uebereinkunft in Kraft.

Sch.luss-I'rotokoll.

Es gilt als vereinbart: 1. Die zugetheilte Kathedralkirche hat an der Verwaltung der Diözese Basel keinen andern Antheil, als denjenigen, der in Art. 3 erwähnt ist.

2. Diese Uebereinkunft tritt in Kraft und soll zur Durchführung gelangen, gleichviel ob die in Art. 3 vorgesehene Ausdehnung der Uebereinkunft vom 26. März 1828 eintritt und von der daraus herfließenden Befugniß Gebrauch gemacht wird, oder nicht.

B e r n , den 16, März 1888.

(L. S.) (Gez.) Droz.

(L. S.) (Gez.) Dominique Ferrata, ,, ,, L. Ruchonnet.

Erzbischof von Tessalonich, apostolischer Nuntius in Brüssel.

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07.04.1888

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