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Schweizerisches Bundesblatt.

38. Jahrgang. III.

Nr. 46.

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6. November 1886.

Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die Ausführung der Artikel 31, 32, 32bis und Uebergangsbestimmung 6 der Bundesverfassung. (Erlaß eines Bundesgesetzes über die Herstellung und Besteuerung von Branntwein).

(Vom 8. Oktober 1886.)

Tit.

Am 25. Oktober 1885 sind sowohl von der Mehrheit der stimmenden Bürger, als von der Mehrheit der Kantone folgende Abänderungen der Bundesverfassung von 1874 angenommen worden*):

Art. 31.

Die Freiheit des Handels und der Gewerbe ist im ganzen Umfange der Eidgenossenschaft gewährleistet.

Vorbehalten sind : a. Das Salz- und Pulverregal, die eidgenössischen Zölle, die Eingangsgebühren von "Wein und andern geistigen Getränken, sowie andere vom Bunde ausdrücklich anerkannte Verbrauchssteuern, nach Maßgabe des Art. 32.

b. Die Fabrikation und der Verkauf gebrannter Wasser, nach Massgabe des Art. 32bis c. Das Wirthschaftswesen und der Kleinhandel mit geistigen Getränken, in dem Sinne, dass die Kantone auf dem Wege der Gesetzgebung die Ausübung des Wirthschaftsgewerbes und des Kleinhandels mit geistigen Getränken den durch das öffentliche Wohl geforderten Beschränkungen unterwerfen können.

*) Die zum Inhalt der alten Verfassung hinzugekommenen Revisionsbeschlüsse sind mit kursiver Schrift gedruckt. Beigefügt ist der gleichgebliebene, aber mit den abgeänderten Bestimmungen in Zusammenhang stehende Artikel 32.

Bnndesblatt. 38. Jahrg. Bd. III.

33

422 d. Sanitätepolizeiliche Massregeln gegen Epidemien und Viehseuchen.

e. Verfügungen über Ausübung von Handel und Gewerben, über Besteuerung des Gewerbebetriebes und über die Benutzung der Strassen.

Diese Verfügungen dürfen den Grundsatz der Handels- und Gewerbefreiheit selbst nicht beeinträchtigen.

Art. 32.

Die Kantone sind befugt, die im Art. 3l litt, a erwähnten Eingangsgebühren von Wein und andern geistigen Getränken unter folgenden Beschränkungen zu erheben: a. Bei dem Bezug derselben soll der Transit in keiner Weise belästigt.

und der Verkehr überhaupt so wenig als möglich gehemmt und mit keinen andern Gebühren belegt werden.

6. Werden die für den Verbrauch eingeführten Gegenstände wieder aus dem Kanton ausgeführt, so sind die Dezahlten Eingangsgebühren ohne weitere Belästigung zurückzuerstatten.

c. Die Erzeugnisse schweizerischen Ursprungs sind mit niedrigem Gebühren zu oelegen als diejenigen des Auslandes.

d. Eingangsgebübren von Wein und andern geistigen Getränken schweizerischen Ursprungs dürfen da, wo solche schon bestehen, nicht erhöht, und in Kantonen, welche noch keine beziehen, nicht eingeführt werden.

e. Die Gesetze und Verordnungen der Kantone über den Bezug der Eingangsgebühren sind der Bundesbehörde vor Vollziehung derselben zur Gutheissung vorzulegen, damit die Nichtbeachtung vorstehender Grundsätze verhindert werden kann.

Mit Ablauf des Jahres 1890 sollen alle Eingangsgebühren, welche dermalen von den Kantonen erhoben werden, sowie ähnliehe, von einzelnen Gemeinden bezogene Gebühren ohne Entschädigung dahinfallen.

Art. 32bls.

lier Sund ist befugt, im Wege der Gesetzgebung Vorschriften über die Fabrikation und den Verkauf gebrannter Wasser zu erlassen. Bei dieser Gesetzgebung sollen diejenigen Erzeugnisse, welche entweder ausgeführt werden oder eine den Genuss ausschliessende Zubereitung erfahren haben, keiner Besteuerung unterworfen werden. Das Brennen von Wein, Obst und deren Abfällen, von Enzianwurzeln, Wachholderbeeren und ähnlichen Stoffen fällt betreffend die Fabrikation und Besteuerung nicht unter die Bundesgesetzgebung.

Nach dem Wegfall der in Artikel 32 der Bundesverfassung erwähnten Eingangsgebühren auf geistigen Getränken kann der Handel mit solchen, welche nicht gebrannt sind, von den Kantonen keinen besondern Steuern unterworfen werden, noch andern
Beschränkungen als denjenigen, welche zum Schütze vor gefälschten oder gesundheitsschädlichen Getränken nothwendig sind. Jedoch bleiben hierbei in Betreff des Betriebes von Wirthschaften und des Kleinverkaufs von Quantitäten wnter zwei Liter die den Kantonen nach Artikel 31 zustehenden Kompetenzen vorbehalten.

Die aus der Besteuerung des Verkaufs gebrannter Wasser erzielten Reineinnahmen verbleiben den Kantonen, in welchen sie zum Beeug gelangen.

Die 'Reineinnahmen des Bundes aus der inländischen Fabrikation und aus dem entsprechenden Zollzuschlag auf eingeführte gebrannte Wasser werden unter die sämmtlichen Kantone nach Verhältniss der durch die jeweilige letzte eidgenössische Volkszählung ermittelten faktischen Bevölkerung,

423 vertheilt. Von den dalierigen Einnahmen haben die Kantone wenigstens 10 °/o zwr 'Bekämpfung des Alkoholismits in seinen Ursachen und Wirkungen zu, verwenden, Uebergangs Bestimmungen zur Bundesverfassung.

Art. 6.

Wenn vor Ende des Jahres 1890 ein Bundesgesetz im Sinne des Artikels 52bis eingeführt wird, so fallen schon mit dessen Inkrafttreten die von den Kantonen und Gemeinden nach Artikel 32 bezogenen Eingangsgebühren auf geistigen Getränken dahin.

Wenn in diesem Falle die auf die einzelnen Kantone und Gemeinden berechneten Antheüe an der zur Vertheilung kommenden Summe nicht hinreichen würden, um die dahingefallenen Gebühren auf geistigen Getränken nach dem durchschnittlichen jährlichen Nettoertrage in den Jahren 1880 bis und mit 1884 zu ersetzen, so wird den betroffenen Kantonen und Gemeinden bis Ende des Jahres 1890 der daherige Ausfall aus derjenigen Summe gedeckt, welche den übrigen Kantonen nach der Volkszahl zukommen lourde, und erst der Best auf die letztern nach ihrer Volkszahl vertheilt.

Ausserdem ist auf dem Wege der Bundesgesetzgebung \zu bewirken, dass denjenigen Kantonen oder Gemeinden, für welche das Inkrafttreten dieses Beschlusses eine fiskalische Einbusse zur Folge haben kann, diese Einbusse nicht auf einmal in ihrem vollen Umfange, sondern nur allmälig bis zum Jahre 1895 erwachse. Die hiezu erforderlichen Entschädigungssummen sind vorweg aus den in Artikel 32bi9, Alinea 4, bezeichneten Beineinnahmen zu entnehmen.

Diese Revision der Verfassung hatte zum Zweck, dem Bunde und den Kantonen zur Bekämpfung der überhandnehmenden Trunksucht und insbesondere zur Einschränkung des mißbräuchlichen Branntweingenusses auf gesetzgeberischem Gebiete eine Reihe neuer Kompetenzen zu verleihen.

Zur Durchführung der Maßregeln, welche in diesem Kampfe gegen den Alkoholismus speziell dem Bunde zugetheilt worden sind, haben wir nun die Ehre, Ihnen den Entwurf eines ·

Gesetzes betreffend die Herstellung und Besteuerung von Branntwein mit nachfolgender Botschaft zur Genehmigung vorzulegen* Wir beginnen damit, die Aufgabe genauer zu präzisiren, welche nach unserer Ansicht dem zu erlassenden Bundesgesetze zu stellen ist.

Dasselbe soll eine Erhöhung des Preises des Konsumbranntweins bewirken; eine bessere Qualität dieses Getränkes sichern;

424 die Uebelstände beseitigen, welche mit dem jetzigen Brennereibetriebe und Branntweinverkauf verbunden sind ; ein finanzielles Resultat ergeben, welches genügend ist, um den in Art. 32biB der Bundesverfassung und Art. 6 ihrer Uebergangsbestimmungen übernommenen Verpflichtungen zur Entlastung der nicht gebrannten Getränke gerecht zu werden.

Diesen Postulaten soll entsprochen werden bei möglichster Schonung der Finansquellen des Bundes; bei möglichster Wahrnehmung der in der Brennerei liegenden land- und industriewirthschaftlichen Interessen ; bei möglichst einfacher Gestaltung der Administration und möglichst sicherer Durchführbarkeit der Vorschriften.

Die Lösung endlich muß sich rechtfertigen können vor den Forderungen der allgemeinen Volkswirtschaft und sozialpolitischen Opportunität, Beobachtung der in den Handelsverträgen niedergelegten Verpflichtungen.

Bevor wir auf eine nähere Erläuterung dieser Anforderungen eintreten, halten wir es für angezeigt, einige Mittheilungen über die Verhältnisse der schweizerischen Brennerei zu machen. Da das Brenngewerbe aber nur in wenigen Kantonen und auch in diesen bloß in beschränktem Maße einer staatlichen Kognition unterliegt, können unsere bezüglichen Angaben weder auf Vollständigkeit, noch auf absolute Genauigkeit Anspruch machen.

Schon bei der Enquête von 1883 waren in die Erhebungsbogen Fragen nach der Zahl und Produktion derjenigen Brennereien und Spiritusfabriken aufgenommen worden, welche jährlich über 150 Liter gebrannter Wasser erzeugen. Die Antworten fielen indessen so offenbar lückenhaft aus, daß eine Zusammenstellung der; selben unterblieb!

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Eine im Jahre 1885/^6 angehobene Umfrage bei den Kantonsregierungen nach der Anzahl und dem jährlichen Produktionsquantum solcher Brennereien, welche in gewerbsmäßigem Betriebe aus mehlhaltigen Stoffen mehr als zwei Hektoliter Branntwein per Jahr herstellen und mit dem daherigen Produkt Handel treiben, ergab dagegen die in der Zusammenstellung auf Seite 426 und 427 reproduzirten Resultate.

425 Zu den nach dieser Zusammenstellung bestehenden 1022 Brennereien kommen hinzu die zahlreichen, der Bundesgesetzgebung nicht anheimfallenden Brennanstalten, welche vorzugsweise in den weinund obstbautreibenden Gegenden, meistens in primitiven Einrichtungen, mit dem Brennen von Wein, Obst und deren Abfällen sich befassen ; die der gleichen Kategorie angehörenden Betriebe, welche wildwachsende Beeren, Wurzeln etc. verarbeiten, und endlich die nicht unbeträchtliche Zahl solcher Brennereien mehlhaltiger Stoffe, welche in Erzeugung und Verkauf über die bei der erwähnten Umfrage angenommenen Minimalleistungen nicht hinausreichen. Bezüglich aller dieser Brennereien sind wir nicht in der Lage, weder hinsichtlich der Zahl, noch der Produktion verläßliche Daten zu geben.

Wie aus der auf den Seiten 426 und 427 mitgetheilten Tabelle ersichtlich ist, konzentrirt sich die bundessteuerpflichtige Brennerei im Wesentlichen auf diejenigen Kantone, welche die höchsten Grenzzolle haben.

Wenn wir absehen von den 37 Betrieben, bezüglich w.elcher keine Produktionsziffern erhältlich waren, so fallen von den übrigen 985 Brennereien mit einer Jahreserzeugung von 49,847 Hektolitern absoluten Alkohols 954 mit einer Produktion von 42,372 Hektolitern auf diejenigen 7 Kantone, welche auf gebrannten Wassern ausländischer u n d schweizerischer Provenienz Eingangsgebühren von 5 bis 43 Centimes per Liter oder Kilo Sprit erheben. Von den Ohmgeldkantonen sind einzig Uri, Unterwaiden, Glarus und Wallis durch keine Brennereien vertreten. Ein Gleiches ist mit den NichtOhmgeldkantonen Schwyz, Schaffhausen und Appenzell der Fall.

Die Nicht-Ohmgeldkantone Thurgau, Zürich, St. Gallen, Neuenburg und Genf, sowie der Kanton Zug, der nur auf Wein und Bier, nicht aber aufgebrannten Wassern Eingangszölle bezieht, produziren in 24 Brennereien zusammen bloß 332 Hektoliter Alkohol.

Eine nennenswerthe Produktion findet sich nur in der Mittelund Nordschweiz, in den 7 Kantonen Bern, Luzern, Solothurn, Freiburg, Aargau und den beiden Basel.

Was die Größe der Erzeugung bei den einzelnen Betrifebsstâtten betrifft, so sind unserer Aufstellung zufolge die meisten Brennereien Kleinbetriebe zu nennen. Wenn wir die Produzenten von weniger als 100 Hektolitern als Kleinbrenner, diejenigen mit einer Produktion von 100--1000 als Mittelbrenner und. die mehr erzeugenden als Großbrenner bezeichnen, so erhalten wir folgende Ausscheidung :

(Fortsetzung

des Textes auf Seite 428.)

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Zahl der bundessteuerpflichtigen Brennereien u. Produktion ders.

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Total Durchschnittserzeugung per Brennerei . " . .

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427

während des Brennjahres 1885/86 in Hektolitern absoluten Alkohols.

einer Jahresproduktion von

Anzahl.

50--100 hl.

10003002000- ', über 100--200 2004000 hl.

300 hl. 600hl. 2000 hl. 3000 hl.

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schweizerischer Provenienz Eingangsgebühren erheben.

1 1564 1 2309 2 5 299 2 357 8 527 4 483 1 280 21 1522 14 2054 1 210 1 490 7 476 9 1309 1 280 3 1225 1 2500 1 53 1 105

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592 124 78 89 18 4 49

24839 2723 5305 4496 2879 31 2099

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14 2 7127

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gebrannten Wassern EingangsgebUhren erheben.

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Gesammt-Total 1022.

245.0

428.8

1564.0

2404.5

20164 6721.3

160 70 88 8 6

24

332

985

49847

50.6

428

(Fortsetzung von Seite 425.)

Bundessteuerpflichtige Betriebe mit einer Jahresproduktion von unter 100 hl.

von 100-1000 hl.

über 1000 hl.

Anzahl

%

937 42 6

95 4 l

Produktionsquantum 15,817 7,493 26,537

°/o 32 15 53

Total 985 100 49,847 100 Diejenigen Kantone, die auf gebrannten Wassern keine Eingangsgebühren beziehen, haben nur Kleinbetriebe, ebenso die Ohmgeldkantone Graubünden, Waadt und Tessin. Die Mittelbetriebe treten insbesondere in den Kantonen Solothurn und Freiburg hervor.

Die Großbetriebe finden sich in Bern und den beiden Basel.

Bei den letztern liegt der Schwerpunkt der Fabrikation in der Verarbeitung ausländischer Getreidearten ; Kartoffeln in- und ausländischer Provenienz werden nur bei niedrigem Stand der Preise verwendet. Was die übrigen Betriebe-angeht, so bilden in den Kantonen Bern, Luzern und Freiburg selbstgepflanzte oder im Inland gekaufte Kartoffeln das Hauptmaterial der Brennerei. Cerealien werden mehr nur nebenher verwendet. In Solothurn wird außer der heimischen Kartoffel in bereits merklicher Weise auch fremdes Getreide gebrannt. Noch ausgesprochener tritt dieses Verhältniß in den Kantonen Aargau und Baselland hervor. In der Ostschweiz endlich hat die Verwendung in- und ausländischer Getreidearten über die Kartoffelbrennerei vollständig die Oberhand gewonnen.

Neben .der Getreide- und Kartoffelbrennerei bereitet eine größere Zahl von Bierbrauereien in beinahe allen Theilen des Landes, wo Bier erzeugt wird, aus Restbier, Glattwasser und andern Abfällen der Brauindustrie Branntwein. In einer Brennerei der Westschweiz wird Topinambur gebraucht. Rüben werden unseres Wissens in-der Schweiz nirgends zum Branntweinbrennen benutzt.

Auch die Melassebrennerei ist seit der technisch bessern Ausnützung dieses Stoffes durch die Zuckerfabrikation eingegangen.

In mehreren Spritfabriken und Branntweinbrennereien wird neben der Erzeugung gebrannter Wasser Preßhefe Bereitet.

Die Werthe der hauptsächlichsten Rohmaterialienvariirenn stark.

Bei den Brennkartoffeln gehen die Ansätze von -Fr. 3. 80 bis Fr. 5. 50 per Meterzentner. Als Durchschnitt einer längern Reihe von Jahren dürfen Fr. 5 betrachtet werden. Mais kömmt in den Klein- und Mittelbetrieben zur Zeit auf Fr15 1/2?.bis Fr. 20 zu stehen ; die Großbetriebe dagegen können sich dieses Material gegenwärtig zuTheiliJ schon zu Fr14 1/2V2 .beschaffen.

Plata-Maisais, eine zürn Brennen häufig verwendete Sorte, notirt zur Zeit, franko Station Genua, Fr. 11 Va bis 12 per q. Bruttogewicht.

429 Hinsichtlich der technischen Ausbildung sind zunächst zu unterscheiden Dampfbetriebe und Brennereien mit direkter Feuerung; bei den Dampfbetrieben sodann Fabriken mit kontinuirlichen und solche mit Blasen-Apparaten. Kontinuirliche Apparate sind uns 7 bekannt geworden : die 6 vorangeführten Großbetriebe mit einer Produktion von über 1000 hl., und l im Kanton Zürich belegëne, gegenwärtig außer Thätigkeit stehende Brennanstalt. Ueber die Zahl der übrigen Dampfbrennereien und über diejenige der Brennereien mit einfachen oder zusammengesetzten Apparaten zu direkter Feuerung sind wir nicht unterrichtet.

Die Alkoholstärke des fertigen Produkts geht in den Brennereien mit direkter Feuerung selten über 50 ° Tralles hinaus. Bei den Dampfblasenapparaten bewegt sie sich zwischen 65 und 80°. Der Rohspiritus der sechs Spritfabriken mit kontinuirlichen Apparaten zeigt eine Gradstärke von 75 bis 92°; in der Mehrzahl dieser Fabriken steigt er auf ziemlich viel über 80° an.

Eine regelmäßige Kektiflkation des Rohbrands wird nur in den Großbetrieben geübt und zwar in 4 der in Funktion stehenden Fabriken mit, in 2 ohne vorausgegangene Raffination mittelst Kohlenfiltern; durch sie wird der Spiritus auf eine Stärke von 95 bis 96%"gebracht.

Verbreiteter ist die Reinigung des Brennproduktes durch Kohlenfiltration allein. (Vergi. Seite 440.) Eine größere Zahl mittlerer und kleinerer Betriebe bedient sich in mehr oder minder regelrechter und regelmäßiger Weise dieses Reinigungsprozesses.

In vielen Brennereien geschieht derselbe allerdings blos in der Weise, daß in das Filzsäckchen, welches dem Ausfluß vorgelegt ist, Kohlenstücke reponirt werden, eine Operation, die für die Reinigung des Erzeugnisses nutzlos ist.

Bei einer nicht geringen Zahl von Betrieben findet weder eine Rektifikation noch eine Raffination statt; bei vielen werden die alkoholischen Uureinlichkeiten durch Zubrennen von Obst, Wachholder etc. maskirt.

Von welchem Einflüsse aber die verschiedene Behandlungsweise auf die Reinheit ist, mag aus folgenden Zahlen erhellen. Die uns zu Versuchen überlassenen Produkte unserer größten Spritfabriken zeigten, auf dem Traube'scheü Capillarorneter gemessen, folgenden Fuselgehalt: Rohspiritus 1,32% Rohspiritus, durch Kohlen filtrirt .

. 0,20 °/o ' Rohspiritus, rektifizirt .

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. 0,06 % Rohspiritus durch Kohlen filtrirt und rektifizirt 0,00% Ein von der bernisehen Gesundheitskontrole unbeanstandeter Kartofielbranntwein aus einer kleinem Dampfbrennerei des Kantons,

430

deren fertiges Produkt eine Alkoholstärke von 70° aufweist, hatte nach derselben Probe einen Fuselgehalt von 0,75%. Sanitätsrath Dr. Baer, eine anerkannte Autorität in der Alkoholfrage, stellt in einem im Jahre 1885 in Dresden gehaltenen Vortrage das Postulat, ein Branntwein, der mehr als 0,3 °/o an alkoholischen Verunreinigungen enthalte, sei nicht mehr zum Konsum zuzulassen.

Mit Bezug auf die Preise von Sprit und Branntwein ist Folgendes anzuführen.

Nach dem Preiscourant einer Basler Großhandelsfirma war 95 ° Feinsprit aus den schweizerischen Spritfabriken am 22. Juli dieses Jahres (in ganzen Fässern zu circa 600 Litern), ab Basel genommen, zu 58 l/2 -- 59 Va Franken per Hektoliter incl. Gebinde angeboten. Hiezu kommt, zu Lasten des Käufers, eine Eintrittsgebühr von Fr. 37. -- per Hektoliter im Kanton Bern, n 2 8 --- n ·n n D Luzern, ,, 24.50 ,, ,, ,, ,, Solothurn, i» 20- -n f, D Freiburg, fl fl

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Obwalden, Graubünden, und

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Nach Waadt und Wallis wird schweizerischer Peinsprit ab Basel zu Fr. 66 lk bis 67 per Hektoliter geliefert. Unsere Fabrikanten haben in diesen beiden Kantonen, die das ausländische Produkt mit 12 Franken Steuer mehr belasten, der fremden Konkurrenz gegenüber ein ziemlich ausschließliches faktisches Monopol. So kamen von den 998 q. Alkohol, die im Jahr 1885 nach dem Kanton Wallis gebracht wurden, 793 q., von den 8868 q., die in demselben Jahre nach der Waadt importirt wurden, 5544 q. aus den außerkantonalen Schweizerfabriken. Die Berner Spritfabrikauten verkaufen ihr Produkt im Kanton Bern selbst, franko auf die Eisenbahnstation, gebracht, au 90 bis 94 Franken excl. Faß.

Die Preise des gewöhnlichen, circa 50 ° starken Branntweins des Klein- und Mittelbetriebs bewegen sich, aus den Brennereien bezogen, in den Hauptproduktionscentren zwischen folgenden Grenzen : Bern .

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45 bis 60 Franken per Hektoliter, .Luzern .

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50 ,, 60 Baselland 45 ,, 60 ,, ,, ,, Aargau .

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431 Diese gegenüber den konkurrirenden Auslandssorten hohen Ansätze sind unseres Brachtens der Hauptsache -nach aus der dem fremden Sprit vielfach abgeneigten Geschmacksrichtung unserer Konsumenten zu erklären, die verhältnismäßig niedrigen Preise von Bern aus der starken innern Konkurrenz in diesem Kanton.

Die Preßhefe wird zu l Franken per Kilo abgesetzt.

Was die Schlempe betrifft, so wird dieselbe in den großen Spritfabriken zu Angenstein, Pruntrut, Hindelbank, Bern, Liestal und Basel theils überhaupt nur soweit verwerthet, als dieselbe an benachbarte Landwirthe verkauft werden kann, theils wird sie in den den Besitzern der Fabrik gehörenden landwirtschaftlichen oder mehr nur fabrikmäßigen Stallungen zum Füttern von Mast- oder Milchvieh gebraucht und bloß veräußert, soweit sie durch diesen Zweck nicht absorbirt wird. Die Fütterungsweise ist im Ganzen keine irrationelle. Die Fabriken in Angenstein und Bern kennen keine andere Benützung der Schlempe als den Verkauf: Angenstein zu 40, Bern zu durchschnittlich 75 Centimes per Hektoliter. Was nicht verkauft werden kann, wird unbenutzt laufen gelassen. Die Besitzer der Etablissements in Hindelbank und Liestal setzen die Brennereirückstände vorwiegend auf c ihren eigenen großen Gutswirthschaften um. Beim Verkauf werden circa 50 Centimes gelöst. Die Brennereien in Pruntrut und Basel endlich besitzen wohl auch eigenes Kulturland, aber keinen eigentlichen landwirtschaftlichen Betrieb, wie er uns in Liestal und Hindelbank entgegentritt. Sie führen, vorläufig noch mit dem kleinern Theil ihrer Schlempe, sogenannte Fabrikmast, halten auch einiges Milchvieh.

Der größere Theil der Schlempe wird je nach der Jahreszeit zu 50 bis 70 Centimes per Hektoliter an die Bauern der Umgegend verkauft. Ein Gleiches ist vom Dünger zu sagen. (Preis 3 Va--5 Fr.

per Cubm., loco Fabrik.)

In den meist bäuerlichen Mittel- und Kleinbetrieben werden die Rückstände der Brennerei ia der überwiegenden Mehrzahl der Fälle zu den Zeiten, wo das Grilnfutter fehlt, also zwischen Oktober und Mai, an das Milch- und Mastvieh des eigenen Heimwesens abgegeben. Diese Benützungsweise bringt sich deutlich in den kurzen Betriebszeiten der Brennereien zum Ausdruck. Zwar fehlen uns diesbezügliche Daten über die ganze Schweiz. Die nachfolgenden Angaben über die Brennereien des Kantons Bern können' aber in dieser Richtung als typisch betrachtet werden. In der Campagne 1885/86 hatten die bernischen Brennereien und Spritfabriken folgende Betriebsdauer:

432 0 -- 1 Monat

1--

2345-

Brennereien

15 2 Monate 35 3 ,, 56 4 ,, 82 5 ,, 95 6 ,, 174

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457

6-- 7 7-- 8 8-- 9 9 -- 10 10 -- 11 11 -- 12

63 28 15 4 5 19 134 Unbekannt 25

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Total 616 Brennereien.

Leider ist die Verwendung der Schlempe in den Mittel- und Kleinbetrieben nicht durchweg eine rationelle. Die..Irrationalität liegt entweder im Verfüttern zij, großer oder zu einseitig verabreichter Quantitäten oder in der Nichtbeobachtung der richtigen Temperatur oder endlich in der Benützung unreinlicher, saurer oder faul gewordener Schlempe. -- Neben den streng agrikolen Branntweinbrennereien gibt es eine Reihe von Betrieben, insbesondere solche mittleren Umfangs, die ihre ganze Schlempeerzeugung an Landwirthe der Gegend weitergeben. Die dabei erzielten Preise sind in den einzelnen Kantonen sehr verschieden. Wir konstatirtea in Freiburg Verkaufspreise von 80--100 Centimes, in Solothuru solche von 75---80 Centimes und in Baselland solche von nur 40--60 Centimes per Hektoliter.

Da die Anlagekosten, die Preise der Rohmaterialien, die Arbeitsverhältnisse und die technische Leistungsfähigkeit von Brennerei zu Brennerei starke Abweichungen zeigen, so sind die Produktionskosten der Mittel- und Kleinbetriebe sehr verschieden hoch. Immerhin glauben wir die nachstehende, der Hauptsache nach der Wirklichkeit entlehnte Rechnung über den Betrieb mittelgroßer Darnpfbrennereien in den Kantonen Bern und Zürich den erhaltenen Angaben gemäß als Durchschnitt der jetzigen Verhältnisse bezeichnen zu dürfen. Demnach betrügen die Produktionskosten im Kanton Zürich für 90 Hektoliter absoluten Alkohols Fr. 8152. 50 oder Fr. 90. 60 per Hektoliter, im Kanton Bern für 81 Hektoliter Fr. 7712. 50 oder Fr. 95. 20 per Hektoliter absoluten Alkohols.

433 A.iisg'atoen.

1. M.'iisclimalerial.

Bern Fr.

150 Brenntage mit je 6 Meterzentner Kartoffeln à Fr. 5 per Meterzentner .

150 Brenntage mit je 45 Kilo Grünmalz für Maische und Hefe à Fr. 17 per Meterzentner 150 Brenntage mit je 2 Meterzentner Mais à Fr. 15.75 per Meterzentner .

150 Brenntage mit je 40 Kilo Grünmalz à Fr. 16 per Meterzentner .

.

Zürich Fr.

4500. -- 1147. 50 4725. -- 960.--

2. Heizmaterial.

je l llz Meterzentner 3 per Meterzentner .

je l Va Meterzentner 3 per Meterzentner . '

675. --

3. Löhne.

l Arbeiter à Fr. 1. 50 per Tag; l Arbeiter à Fr. l per Tag .

.

.

.

Kost für 2 Arbeiter à Fr. 2. 50 per Tag .

l Arbeiter à Fr. 1. 65 per Tag; l Arbeiter à Fr. 1.20 per Tag .

.

. ' Kost für 2 Arbeiter à Fr. 2. 70 per Tag .

375. -- 375. --

4. Verzinsung und Amortisation des Baukapitals.

8 °/o von Fr. 8000 8 % v o n F r . 12,000.

. . . .

.

640. --

150 Brenntage mit Kohlen à Fr.

150 Brenntage mit Kohlen à Fr.

5. Verzinsung des Betriebskapitals, Reparaturen etc.

Da die Verzinsung und Amortisation des Baukapitals auch für die Zeit des Stillstands der Brennerei gerechnet worden; ist, obschon während dieses Stillstands eiü Theil der Gebäude und Geräthe zu andern als Brennereizwecken Verwendung findet, so wird unter dieser Rubrik als Ausgleich kein Betrag eingesetzt.

675. --

427.50 405. --

960.--

.

7712.50

,

8152. 50

434

Fr.

Uebertrag

7712.50

Fr.

8152.50

Einnahmen.

81 Hektoliter absoluten Alkohols à .

. Fr. 105 ab : Verkaufsspesen ,, 10 Fr.

95

7695. --

90 Hektoliter absoluten Alkohols à .

. Fr. 110 ab : Verkaufsspesen ,, 10 Fr. 100

9000.--

Gewinn in baarem Geld Verlust in baarem Geld

-- 17. 50

Schlempe.

1500 Hektoliter Kartoffelschlempe mit einem Futterwerth nach Prof. Krämer à Fr. 1.15 1400 Hektoliter Maisschlempe mit einem Futterwevth nach Prof. Krämer à Fr. 1. 95

1725. --

Totalgewinn

848. 50 --

2730. -- 1707.50

3578.50

Die Gründe für die höhere Rentabilität der ostschweizerischen Getreidebrennerei gegenüber der mittelschweizerischen Kartoffelbrennerei liegen im Wesentlichen in der jetzigen Wohlfeilheit des Getreides, der bessern Ausbeutung des Rohmaterials, den trotz geringern Schutzzolles nicht niedrigeren Branntweinpreisen und im größern Futterwerth der Maisschlempe.

Die Produktionskosten des Großbetriebs wurden von dessen Vertretern in einem an die nationalräthliche Alkoholkommission gerichteten Memorial vom Januar 1885 (wenn wir von dem dort mitberücksichtigten Schlempeerlös hier absehen) zu Franken 83. 85 für den Hektoliter 95 ° Feinsprits, also zu Fr. 88. 25 für den absoluten Alkohol angegeben. Die bezügliche Rechnung beruhte aber auf Voraussetzungen und insbesondere auf Rohmaterialpreisen, die heute nicht mehr als maßgebende dürfen betrachtet werden. Einer der besagten Industriellen hat denn in der That seine gegenwärtigen Produktionskosten auf Fr. 60. 25, ein Anderer bei günstigem Betrieb auf Fr. 55, bei ungünstigem auf 60--62, im Mittel auf Fr. 58 bis 59 beziffert.

Wir glauben diesen Mittheilungen gegenüber 60 Franken um so eher als Maximum annehmen zu dürfen, als die uns bekannten Verkaufspreise einen höhern Ansatz ausschließen. So lange die Fabri-

435 kation in einem Kanton, der nur einen Ohmgeldschutz von Fr. 3. 30 hat, fortgeführt wird, so lange die bernischen Spritfabriken mit einem Erlös von 90 Franken im Kanton Bern, von 66J/2 Franken in den Kantonen Wallis und Waadt und von 58x/2 Franken in der ganzen übrigen Schweiz bestehen, wobei in den letzten beiden Ansätzen überdieß noch der Geschäftsgewinn des Großhändlers inbegriffeu ist, so lange ist schwer anzunehmen, daß deren Produktionskosten über 60 Franken hinausgehen. Aus den angeführten 90 Franken muß der Berner Fabrikant überdieß die kantonale Fabrikationssteuer von durchschnittlich 12 Franken per Hektoliter decken; beim Export werden ihm 9/io der letztern von der OhmgeldVerwaltung zurückerstattet.

Nach unserer Zusammenstellung auf Seite 426 u. 427 produzirten die 985 Brennereien, deren Erzeugniß uns bekannt ist, im Brennjahr 1885/86 rund 50,000 Hektoliter absoluten Alkohols. Die bezüglichen Zahlen sind, ausgenommen für die größten Betriebe, als Minima zu betrachten. Wir glauben deßhalb nach Allem, was wir darüber in Erfahrung bringen konnten, nicht irre zu gehen, wenn wir die wirkliche Produktion der Mittel- und Kleinbetriebe auf 15,000 Hektoliter höher veranschlageu, als unsere Tabelle angibt. Bei dieser Annahme erhalten wir eine Gesammtproduktion von 65,000 Hektolitern. Hiezu kommen für die Berechnung unseres Landeskonsums außer der nicht ermittelbaren Produktionsmenge von 37 bundessteuerpflichtigen Brennereien und außer der namhaften Erzeugung aller nicht bundessteuerpflichtigen Betriebe die im Jahre 1885 aus dem Ausland zugeführten 97,760 Hektoliter absoluten Alkohols. Es gehen dagegen ab : die in's Ausland exportirten 1418 Hektoliter Branntwein und 2944 Meterzentner Liqueur, sowie die jedenfalls nicht unbeträchtlichen Mengen gebrannter Wasser, die neben den importirten 6149 Meterzentnern denaturirten Sprits zu gewerblichen Zwecken und zum Brennen in der Haushaltung Verwendung gefunden haben.

Unter Berücksichtigung aller Faktoren scheint uns der jährliche Trinkkonsum der Schweiz auf mindestens 150,000 Hektoliter, d. h.

auf 10 */2 Liter Branntwein pro Kopf, veranschlagt werden zu dürfen. In unserer Botschaft vom 20. November 1884 haben wir den jährlichen Branntweinverbrauch auf Grund der damaligen lückenhaften Kenntniß unserer inneren Produktion zu 9,4 Liter pro Kopf geschätzt. Die
berichtigte ZiÖ'er dieses Verbrauchs, welche unser Land in die ersten Reihen der branntweintrinkenden Staaten rückt, ist ein erneutes, ernstes Mahnzeichen für alle Elemente des öffentlichen und des privaten Lebens, die zur Mitwirkung an dem Kampfe gegen den Alkoholismus berufen sind.

436

Das führt uns wieder zurUck zu den Aufgaben, die in diesem Kampfe speziell dem Bunde gestellt sind, und zu der Lösung, welche wir diesen Aufgaben in unserem Gesetzesentwurf' zu geben versucht haben.

Die Erhöhung des Preises des Konsumbranntweins.

Wir sagen nicht : die Reduktion des Branntweinkonsums.

Diese ist freilich der Hauptzweck des ganzen Vorgehens; allein sie ist nur erzielbar durch das Zusammenwirken einer ganzen Reihe von Fakloreo, von denen ein großer Theil, wie wir dies in unserer Botschaft zu der Verfassungsrevision *) auseinandergesetzt haben, außerhalb der Aktionssphäre des Bundes liegt.

Die Vertheuerung des Branntweins wird unmittelbar und für sich allein kaum irgendwo viel zur Verminderung des unmäßigen Genusses beitragen. Eine unmittelbare Wirkung auf den Konsum ist überhaupt der Natur der Sache nach jedem System versagt, das nicht den Gebrauch geistiger Getränke überhaupt aufhebt. Dagegen wird die Erhöhung des Branntweinpreises, unserer Ueberzeugung nach, in Verbindung mit der durch unser Gesetz zu verwirklichenden Verbilligung der nicht gebrannten Getränke und in Verbindung mit der ethischen Wirksamkeit, welche die Verfassungsrevision von den Kantonen und den Privaten fordert, mittelbar zur Reduktion des Schnapsgenusses in namhafter Weise beitragen.

Wohl ist uns bekannt, daß in verschiedenen Ländern trotz bedeutender Steuererhöhung der Branntweinkonsum nicht abgenommen hat. Es wäre aber ganz falsch, daraus den allgemeinen Schluß zu ziehen, daß eine größere Belastung des Branntweins überhaupt ohne Wirkung sei. In Ländern, welche von eigentlichen Branntweinkrügen, Branntweinschenken wimmeln und wo sich der Hauptkonsum in diesen vollzieht, da wissen die Wirthe auch eine bedeutende Steuererhöhung durch Verdünnung des Getränks, durch Reduzirung ihres großen Gewinns, durch Steigerung ihres Absatzes zu pariren, und man kann es erleben, daß trotz der Steuererhöhung der Konsum der gleiche bleibt oder sogar noch anwächst. Ebenso wenig darf man sich über eine solche Erscheinung in den Ländern verwundern , welche für den Branntwein keinen Ersatz in andern geistigen Getränken zu bieten haben oder deren Gesetzgebung auch Wein, Bier, Kaffee, Thee etc. mit erheblichen Steuern belegt. Und wo gar beide Verhältnisse zusammentreffen, da ist es durchaus begreiflich, wenn eine höhere Branntweinbesteurung
zu keiner Konsumverminderung führt.

In unserm Lande dagegen, wo der Branntweinkonsum nicht hauptsächlich in den Schenken und Wirthshäusern zu Hause ist, *) Alkoholbotschaft vom 20. November 1884 (Bundesblatt 1884, IV, 369).

437

wo Wein, Bier, Most zur Disposition stehen, wo wir mit der Preiserhöhung des Branntweins gleichzeitig eine Entlastung jener gesundern geistigen Getränke verbinden, wird unter dem vereinigten Einfluß der verschiedenen Momente unzweifelhaft eine wirkliche Abnahme des Branntweinkonsums stattfinden. Und zwar wird sich diese Abnahme nicht so sehr im Wirthshauskonsum als im Hauskonsum vollziehen, in demjenigen Konsum, welcher für des Landes Wohlfahrt anerkanntermaßen am schädlichsten ist und welchen zu treffen uns am meisten angelegen sein muß.

Der Ihnen vorgelegte Gresetzesentwurf will die Erhöhung des Branntweinpreises mit den vom Brenner und vom Importeur erhobenen und von diesem auf den Großhandel, von diesem auf den Zwischenhandel, von diesem auf den Detailverkäufer und den Konsumenten übergewälzten Steuern erzielen.

Wenn wir nun für die Gestaltung der Preise im Innern die jetzigen Weltmarktsätze zuzüglich unserer Grenzsteuern im Wesentlichen als maßgebend betrachten, so ergeben sich für unsere künftigen Verkaufsverhältnisse folgende Anhaltspunkte.

Im Artikel Sprit beherrscht das deutsche Reich den Weltmarkt. Wie bekannt, ist es auch unser Hauptimporteur. Wir knüpfen deßhalb unsere Betrachtung an die Preise Deutschlands an.

Die deutschen Fabrikanten geben für unser Land gesonderte Preislisten aus, deren Ansätze um circa 15 Va Mark unter den deutschen Inlandsnotirungen stehen. Diese Differenz ist auf die Steuerrückvergütung von 16.116 Mark zurückzuführen, welche dem Exporteur seitens des deutschen Fiskus gewährleistet wird. Unter Berücksichtigung dieser Restitution können die heutigen Preise für Exportsprit exkl. Gebinde auf circa 24 Mark per 10,000 Literprozent beziffert werden. Ein zu diesem Satze, beispielsweise in Leipzig, erstandener- 95 ° Sprit wird bis zu unserer Grenze auf Fr. 39. 15 per Hektoliter zu stehen kommen; nämlich: l Hektoliter 95 ° Sprit à 24 M. per 10,000 Liter Prozent zum Kurse von Fr. 1. 24 per Mark .

.

. F r . 28. 30 Faß per Hektoliter Rauminhalt à 5Va Mark .

.

,, 6. 85 Fracht Leipzig-Basel .

.

.

.

.

,, 3. -- Anfuhr in Leipzig, Spesen, Ablad in Basel, Waaglohn, Camionnage etc. .

.

.

.

.

,, --. 25 Fr. 38. 40 ,, --. 75

Zuzüglich für 2 % Verlust auf der Reise .

Total Bundesblatt. 38. Jahrg. Bd. IU.

Fr. 39. 15 34

438

Hiezu kämen nun, sofern wir den Eingangszoll beispielsweise zu 30 Franken per Hektoliter absoluten Alkohols ansetzten, nach den Artikeln 8 und 9 unseres Entwurfs an Zoll und Zuschlagssteuer : ö 95/100 von Fr. 30 .

95/100 ,, ,, 85 .

.

.

Fr. 28. 50 ,, 80. 75

zusammen .

Fr. 109. 25

Danach würde also der Hektoliter 95 ° Auslandspiits ohne Einrechnung des Geschäftsgewinns unserer Groß- und Zwischenhändler auf Fr. 148. 40, der Hektoliter absoluten Alkohols auf Fr. 156. 20, der Hektoliter 50 ° Branntweins auf Fr. 78. 10 sich stellen. Mit Einrechnung des Gewinns der verschiedenen Ueberwälzungsstufen würde der künftige Preis des gewöhnlichen Konsumbranntweins hei dem obigen Zollsatz schwerlich unter 90 Centimes per Liter betragen.

Der Branntweinkonaum ist nun einerseits ein Wirthshaus- und Schenkenkonsum, anderntheils ein Hauskonsum, zu welchem wir auch den Gesellschaftskonsum außerhalb des Wirthshauses, sowie den Konsum auf Arbeitsstätten und dergleichen rechnen. Welche hervorragende und perniziöse Bedeutung der Hauskonsum in verschiedenen Theilen der Schweiz hat, ist in unserer frühern AlkoholBotschaft einläßlich besprochen. Hier sei ein Pendant aus Württemberg beigefügt, wo nach amtlichen Ermittlungen der neuesten Zeit der Konsum im Privathause den größern Theil des Gesamtntkonsums ausmacht und z. B. in Wangen 5/e, in Biberach 7 /io, in Ellwangen 6 /io, in Heidesheim 7/io desselben beträgt.

Der Schenken- und 'W irthshauskonsum geht in kleinern, einzelnen Quantitäten vor sich, Gläschen um Gläschen, Halbdeziliter um Halbdeziliter, wohl auch, wenn Mehrere zusammen sind, halbe Liter oder Liter.

Der regelmäßige Hauskonsum, der Konsum der Branntweingesellschaften außerhalb des Wirthshauses etc. erheischt Beschaffung größerer Quantitäten, größerer Vorräthe. Der Bauer, welcher für sich, seine Familie, sein Gesinde und seine Arbeitsleute Tag für Tag zu verschiedenen Malen Branntwein als Getränk verwendet, muß ein Fäßchen im Keller Haben. Der Arbeitgeber einer größeren Anzahl von Leuten braucht, wenn die Verabreichung von Branntwein als Zwischenmahlzeiten zu seinem Regime gehört, größerer» Vorrath, 50, 100 Liter vielleicht, etc.

Diese beiden Hauptarten des Konsums werden von einer Vertheuerung des Branntweins in sehr verschiedenem Maße und "Verhältnis betroffen.

439 Schwer erreichbar ist der stark fraktionirte Schenken- und Wirthsbauskonsum. Der Wirth kauft bei beseitigtem Ohmgeld den Liter SOgrädigen Branntwein leicht zu 40 Cts. und schenkt daraus wenigstens 30 Gläschen zu 10 Centimes. Sein Gewinn an dem Liter ist also brutto Fr. 2. 60, resp. 650 Prozent. Eine Vertheurung des Liters um 50 Cts. wird ihn noch nicht dazu bringen, das Gläschen theurer als 10 Cts. auszuschenken. Lieber begnügt er sich mit einem Gewinn von Fr. 2.10 per Liter, resp.

ca. 235 °/o, der ihm noch bleibt, als daß er seinen Absatz schmälert, wenn er nicht, sofern die Konkurrenz ihm dieß zuläßt, dazu greift, seinen Branntwein von den jetzt im Konsum üblichen 50 und mehr Graden auf 40 Grade zu verdünnen und auf diese Weise seinen Vortheil wahrzunehmen.*) An diesen Verhältnissen wird auch die Verkaufssteuer schwerlich etwas ändern, die wir in Art. 14 unseres Entwurfs vorgesehen haben.

Anders beim Hauskonsum. Wenn die Beschaffung von 50 Liter Branntwein statt einer Ausgabe von .50 X 40 Cts. = Fr. 20 eine solche von 50 X 90 Cts., resp. von Fr. 45 erheischt, so tritt die Frage sehr nahe, ob es nicht besser und profitabler sei, für' Fr. 30 bis 35 einen realen Wein anzuschaffen. Jedenfalls ist höchst wahrscheinlich, daß, wenn beim Branntwein geblieben und der hohe Preis dafür bezahlt wird, auf eine Reduktion des Verbrauchs Bedacht genommen werde.

So wird unseres Erachtens die Reform, die wir auf dem Boden der Bundesgesetzgebung anstreben, der verderblichsten Form des unmäßigen Schnapsgenusses, dem Haustrunke, in positiver Weise entgegenwirken. Beim Wirthshauskonsum wird sich ihr Einfluß dagegen mehr nur indirekt insoweit äußern, als der Geschmack der Trinker durch die Verbilligung von Wein, Most und Bier auf eine andere, bessere Bahn gelenkt wird. Um auch den Branntweinkonsum des Wirthshauses positiv in fühlbarer Weise zu treffen, müßten wir Ihnen eine Steuer vorschlagen, welcher vom steuertechnischen Standpunkt aus die schwersten Bedenken entgegenstehen würden.

Frei von einer Preiserhöhung durch Bundesgesetz müssen laut Verfassung diejenigen Spirituosen bleiben, welche ausgeführt werden *) Wir würden diese Form der Steuerabwälzung in hygienischer Richtung als einen Fortschritt betrachten, da der bei uns übliche hohe Alkoholgehalt wesentlich an die verderblichen Folgen des Branntweingenusses
beiträgt.

Im Königreich Preußen hat der ordinäre Trinkbranntwein nach einer neuern offiziellen Aufnahme eine Stärke von 26 bis 40° nach Trai les: bei uns wird der Schnaps in einer Stärke von 50 bis 55° getrunken. Die Differenz allein repräsentirt also weit mehr als den Alkoholgehalt des gewöhnlichen Weines.

440

oder eine den Genuß ausschließende Zubereitung erfahren haben ; ebenso die aus Wein, Obst und deren Abfällen, aus Enzianvvurzeln, Wachholderbeeren und ähnlichen Stoffen hergestellten Branntweine. Das Erstere ist dadurch tnotivirt, daß eine Besteuerung der exportirten oder denaturirten Waare nicht als eine Belastung unserer Trinker, sondern als eine durch nichts gerechtfertigte Erschwerung unserer Industrie und unseres Handels sich darstellen würde; das Letztere dadurch, daß die Spirituosen der gedachten Kategorien so wie so, ohne eine Auflage, so theuer sind, daß ein Mißbrauch derselben seltener stattfindet.

Sicherung einer bessern Qualität des Trinkbranntweins.

Unter der bessern Qualität verstehen wir einen von Fuselölen möglichst reinen Branntwein.

Jeder Rohbranntwein enthält eine mehr oder minder große Menge Fuselöle. Es gilt dies von dem Brennprodukt aus allen Materialien und gilt auch von dem Brennprodukt aller Destillationsapparate, der unvollkommenen wie der technisch guteingerichteten.

Der Unterschied ist nur quantitativ, je nach den Materialien, der Beschaffenheit der Hefe, der Führung der Gährung, der Destillationsmethode u. s. w.

Der größte Theil des zum Konsum kommenden Branntweins ist Rohbranntwein. Die verderblichen Wirkungen des Branntweintrinkens sind neben der Menge des Alkohols wesentlich den fuseligen Bestandtheilen desselben zuzuschreiben.

JU^Es ist deßhalb ein Hauptpostulat jedes Kampfes gegen die Branntweinpest, daß die besondern Schädlichkeiten des zum Konsum gelangenden Branntweins durch Eliminirung der gesundheitsschädlichen Mengen Fusel beseitigt werden.

Diese Reinigung ist möglich. Sie wird erzielt durch wiederholte Destillation, durch welche einerseits wässerige ßestandtheile des Rohspiritus beseitigt, andererseits auch die fuseligen Oele bis zu einem gewissen Grade ausgeschieden werden. Dies ist die sogenannte R e k t i f i k a t i o n . Ein weiterer Reinigungsakt ist die auf chemischem oder mechanischem Wege vollzogene R a f f i n a t i o n . Sie besteht gegenwärtig meistens darin, daß der zu raffinirende Spiritus auf 48--50 ° verdünnt und durch eine Reihe von Holzkohlenfiltern etrieben wird. Bei Vornahme beider Operationen verliert der piritus den Fusel ganz oder doch bis auf minime Volumentheile.

Wie weit jede Operation für sich allein wirksam ist, geht aus unsern ziffernmäßigen Angaben auf Seite 429 hervor.

f

441 Die vollständige Rektifikation undßaffination hat einen Volumenverlust von circa 3 °/o zur Folge und erheischt per Hektoliter zu reinigenden Spiritus einen Kostenaufwand von Fr. 4 bis 5.

Wenn bei größern periodischen Apparaten der sogenannte Vor- und Nachlauf von dem höherwerthigen Mittelprodukt sorgfältig abgetrennt und auch sonst beim Brennprozeß rationell verfahren wird, so resultirt nach den Mittheilungen von Fachmännern beim Kartoffelbrennen schon bei einer Leistungsfähigkeit des Apparats von 80 Grad Tralles, beim Maisbrennen erst bei einer solchen von 86--88 °, ein Endprodukt, das, ohne den charakteristischen Geruch und Geschmack seiner Provenienz verloren zu haben, auch ohne besondere Rektifikation oder Raffination nur noch wenig Fuselöl enthält.

Bei den kontinuirlichen Apparaten ist ein gleich günstiges Verhältniß nur da vorhanden, wo ein nicht über 88 ° haltender Spiritus erzeugt und überdies für die häufige direkte Reinigung der Destillirkolonne oder, durch Unterbrechung des Betriebs, indirekt für die Selbstreinigung derselben gesorgt wird. Unter diesen Umständen haben es unsere Fabriken mit kontinuirlichen Apparaten vorgezogen, ihr ganzes Erzeugniß zu rektifiziren ; mehrere derselben haben der Rektifikation auch noch die Raffination beigefügt. Mit welchem Erfolg, erhellt ebenfalls aus den Zahlen auf Seite 429.

Bei den Brennereien mit periodischen Apparaten ist, wie schon früher erwähnt, eine regelmäßige und geordnete Rektifikation selten eingeführt. Verbreiteter ist die Raffination. Doch wird auch diese, wie bereits angeführt, nicht durchgehends mit der nöthigen Sorgfalt und Sachkenntniß und auch nicht mit der erforderlichen Regelmäßigkeit betrieben.

Beinahe ebenso selten wie die Rektifikation ist bei den periodischen Apparaten ein so achtsamer Betrieb, wie wir ihn oben als Bedingung zur Erzielung eines nur mäßigen Fuselgehaltes skizzirt haben. Die Abtrennung des Vor- und Nachlaufs, wie sie ein derartiger Betrieb voraussetzt, wird übrigens, wie wir später werden darzulegen haben, durch die von uns als nothwendig erkannte Steuerkontrole wenn auch nicht unmöglich gemacht, so doch mit vermehrten Kosten und Umständlichkeiten belegt. (Vergi. S. 475.)

Es ist nach dem Gesagten nicht zum Verwundern, wenn eine aus kleinern Dampfbrennereien stammende Reihe von Kartoffel- und Mehlbranntweinen,
welche wir mit dem Traube'schen Capillarometer untersuchen ließen, Fuselgehalte von 0.35 bis O.oo °/o aufwiesen. Bemerkenswerther ist die bereits erwähnte Thatsache, daß ein nach kantonalem Gesetz unbeanstandeter Kartofl'elschnaps 0.?& n/o Fusel, d. h. eine Menge dieses Stoffes enthielt, die unbedingt als gesund-

442

heitsschädlich bezeichnet werden darf. Bin Branntwein, gegen den vor einigen Monaten seines hohen Fuselgehaltes wegen auf Grund des bernischen Dekrets von 1884 Klage erhoben worden war, zeigte auf der Traube'schen Probe l.s °/o Fusel.

Wir wollen mit diesen Zahlen keine Anklage gegen die kantonale Gesundheitspolizei führen. Der Capillarometer ist eine ganz neue Entdeckung ; die frühem Methoden zur Fuselbestimmung waren zu ungenau, zu umständlich und zu kostspielig, als daß sie regelmäßig und allgemein hätten zur Anwendung kommen und verläßliche Resultate ergeben können.

Bei der Lage der Dinge aber mußten wir es im Interesse unserer Volkswohlfahrt für absolut geboten erachten, den Brennern zur Pflicht zu machen, für die Reinigung des von ihnen produzirten und zum Konsum bestimmten Spiritus Sorge zu tragen. Wir hielten es auch für angemessen, die besondern Anstalten zur Reinigung von Sprit einer ständigen, auf die Sicherung ihres Zweckes hinzielenden Bundeskontrole zu unterstellen. (Art. 3 und 4 unseres Entwurfs ) Bei der den Brennern auferlegten Verpflichtung ist indessen an eine durchgehende, absolute Reinigung, wie wir sie als Resultat der vereinigten Rektifikation und Raffination gefunden haben, zunächst nicht gedacht. Eine solche absolute Reinigung hätte folgende Bedenken. Die Fuselöle geben dem Branntwein einen die Provenienz verrathenden, von den Trinkern sehr gesuchten Geruch uud Geschmack. Wir erinnern hier, unserer speziellen Landesverhältnisse wegen, besonders an den auf dem Amylalkohol beruhenden Erdäpflergout. Eine vollständige Reinigung entfernt diese Eigenschaften.

Nun wäre es außerordentlich schwierig, einem großen, seit Jahren an dieselben gewöhnten Konsumentenkreis von einem Tag auf den andern ein anderes Regime aufzuzwingen. Die Forderung der absoluten Reinigung, so sehr wir dieselbe als Ideal befürworten müssen, würde deshalb aller. Wahrscheinlichkeit nach dazu führen, daß, wie es bereits jetzt vereinzelt geschieht, Fuselöl als Kartoffelbranntweinessenz in den Handel käme, und daß der rektifizirte Sprit, um dem Geschmack der Trinker zu dienen, nachträglieh in unkontrolirter Menge wieder damit verunreinigt würde. Dieser Kalamität wäre auf dem Boden der noch unfertigen kantonalen Lebensmittelkontrole schwer zu begegnen. Nun bedarf es glücklicherweise einer sehr minimen Menge Fusel,
um den von den Konsumenten verlangten Geruch und Geschmack zu erzeugen, einer so minimen, daß dieselbe nicht mehr als geradezu gesundheitsschädlich bezeichnet werden darf. Nach vorgenommenen Proben genügen 0.2 °/o Fusel und noch weniger dem Zwecke.

443

Wir denken uns die Durchführung des Artikels 3 deshalb in der Weise, daß auf dem Verordnungswege eine tolerirte Grenze für den Fuselgehalt festgestellt und eine besondere Reinigung nur für diejenigen Erzeugnisse obligatorisch gemacht wird, welche in ihren unreinen Bestandteilen diese Grenze überschreiten. Einen Anhalt für letztere gibt uns die bereits erwähnte Arbeit von Dr. Baer, der einen Branntwein, welcher mehr als 0.3 °/o an alkoholischen Verunreinigungen enthält, nicht mehr zum Konsum zulassen will.

Das ganze Verfahren findet ein Analogen in bestehenden gesetzlichen Bestimmungen über das der Gesundheit auch nicht zuträgliche, aber in Produktion und Handel nicht zu eliminirende Gipsen der Weine, wonach der durch Umsetzung entstehende Gehalt an schwefelsaurem Kalium 2 Gramm im Liter nicht übersteigen darf.

Der Schutz unserer Konsumenten wäre ein unvollkommener, wenn wir nur für die im Inland produzirten gebrannten Wasser eine Reinigung vorschreiben würden. Wir haben deshalb in Artikel 5 unseres Entwurfes vorgesehen; daß, vorbehältlieh des Transits, alle zum Trinkkonsum dienenden, nach ihrem Alkoholgehalt zu verzollenden Spirituosen nur in gereinigtem Zustande und blos an denjenigen Eingangsstationen importirt werden dürfen, welche die Zollbehörde als Untersuchuugsstationen bestimmt. Die Durchführung dieser Maßregel speziell wird dadurch sehr erleichtert, daß schon heute nur wenige Eingnngs- und Depotstationen für Sprit bestehen.

Die Sicherung des ganzen Systems der Reinigung aber ist durch einen kürzlich von Dr. Traube in Hannover "erfundenen Fuselmeßapparat (Capillarometer) hinreichend garantir!. Dieser Apparat ermöglicht es, insbesondere seit Anbringung der vom heroischen Kantonschemiker, Dr. Schaffer, empfohlenen und vom Erfinder acceptirten Verbesserungen, nach einiger Uebung jedem Laien, einen Branntwein mit zureichender Sicherheit in wenigen Minuten bis zu Prozentbruehtheilen auf den Fuselgehalt zu untersuchen.

Die Beseitigung der Dabeistände, welche mit dem jetzigen Brennereibetriebe und Branntweinverkauf verbunden sind.

Wie aus unserer Aufstellung auf den Seiten 426 bis 428 hervorgeht, ist in unserem Lande die Kleinbrennerei die vorherrschende Form der Branntweinerzeugung.

Diese kleinen Betriebe haben bei uns, wie in andern Ländern, sehr ungünstig gewirkt. In vielen Fällen sind sie infolge ihrer räumlichen Verbindung mit der Wohnung, ihrer leichten Zugang-

444

lichkeit, der direkten Bethätigung der Familienglieder, zum Ansteckungsherd geworden, wo der Branntweingenuß einen Bewohner des Hauses nach dem andern ergriff, die Gewohnheit des Trunkes pflanzte und häufig genug, namentlich da, wo gleichzeitig Patente zum Kleinverkauf erlangt werden mußten, die Umgebung infizirte.

Ein anderer Uebelstand hängt mit der Art des Absatzes zusammen.

Meistens nicht marktfähig, muß der Branntwein in näherer und weiterer Umgebung bei Wirthen und, wo es nur immer sein kann, direkt untergebracht werden. Kunden werden gesucht und zum Bestellen überredet. Es erfolgt dann Frankolieferung in's Haus per Gespann auf Kredit, und gerade das so leicht und bequem erworbene oder richtiger erborgte große Quantum verpflichtet zu einem immer mehr sich verstärkenden Konsum. Durch Besuche werden kleine Abzahlungen und weitere Bestellungen herausgeholt.

Ein gewisser Schuldbetrag wird gerne offen gelassen, um den kleinen Kunden immer festzuhalten, und die Lösung des Verhältnisses wird für den Abnehmer eine stets schwierigere. Die Gewöhnung an den immer weniger eingeschränkten Braantweingenuß ist dann schon so groß geworden, daß, um nur immer reichlich davon im Hause zu haben, lieber an den notwendigsten Lebensbedürfnissen gospart wird. In ähnlicher Weise wirkt der Tauschhandel mit Branntwein und die Lohnabmachungen in Form dieses Getränkes.

' Diese folgenschweren Uebelstände sucht unser Entwurf ia zweierlei Weise zu beseitigen.

Einmal dadurch, daß wir in den Artikeln l und 2 bezüglich der Leistungsfähigkeit der Brennereien Normen aufstellten, welche über das hinausgehen, was die kleinsten und nach den oben geschilderten Richtungen deßhalb bedenklichsten Betriebe zu erfülleu im Stande sind. Die Vorschrift, daß ohne Bewilligung der kompetenten Behörde keine Brennerei errichtet und in Betrieb gesetzt werden darf; die in den Konzessionsbedingungen enthaltenen Anforderungen bezüglich technischer Einrichtung und Leistungsfähigkeit; das für die Besteurung aufgestellte System, nach welchem die ganze Menge des produzirten Spiritus Steuern zu zahlen hat, in Verbindung mit der hienach zu erörternden Anwendung des Kontrolmeßapparates -- diese zusammenwirkenden Vorschriften haben nothwendig zur Folge, daß die kleinsten Hausbetriebe versehwinden müssen, womit ohne Zweifel ein guter Theil der in der
gegenwärtigen Brennerei liegenden Uebelstände, die große Verbreitung der Brennblase in den Häusern, die Zugänglichkeit wohlfeilen Branntweins, der Konsum gänzlich unentfuselten Schnapses, beseitigt wird.

Sodann dadurchj, daß wir in Artikel 13 das Hausiren mit gebrannten Wassern, den Ausschank von solchen und den Klein-

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handel mit denselben in den Brennereien, sowie das Aufsuchen von Bestellungen in der Wohnung solcher Personen, in deren Gewerbebetrieb Branntwein keine Verwendung findet, des Gänzlichen verboten haben. Dieses Verbot ist im Wesentlichen der darin erprobten deutschen Gesetzgebung nachgebildet.

Das erforderliche finanzielle Ergebniß.

Unser Gesetzentwurf sieht in Artikel 6 eine nach dem jährlichen Produktionsquantum der Brennereien abgestufte innere Fabrikationssteuer und in Artikel 8 eine an der Grenze zu erhebende Importsteuer vor, welche in ihrem Betrage der höchst erhobenen Fabrikationssteuer im Innern entsprechen soll.

Nach den Anforderungen, die wir aus bereits besprochenen, wie aus später zu besprechenden Gründen in Artikel 2 an die Leistungsfähigkeit der zur Konzession zugelassenen Betriebe gestellt haben, werden die in Zukunft kleinstmöglichen Brennereien eine Jahreserzeugung von circa 200--300 Hektolitern absoluten Alkohols aufweisen. Die interne Steuer wird sich also nach den Vorschriften des vorzitirten Artikels 6 (Vergi. S. 466) zwischen 61 und 85 Franken per Hektoliter absoluten Alkohols bewegen, während die Importsteuer für dasselbe Quantum auf 85 Franken sich belaufen wird.

Der gegenwärtige Branntweinkonsum der Schweiz beziffert sich auf wenigstens 30 Millionen Liter. Wir nehmen an, der Einfluß der Reform werde so stark sein, daß er diesen Konsum schon während der ersten Jahre utn 6 Millionen Liter zu mindern vermöge ; der künftige Trinkverbrauch würde sich demnach auf 24 Millionen Liter Branntwein oder 120,000 Hektoliter absoluten Alkohols stellen.

Der heutige Konsum wird zu 2/s von der ausländischen, zu 1 la von der inländischen Produktion gedeckt. Wie sich dieses Verhältniß nach Erlaß des Gesetzes gestalten wird, ist schwer mit Genauigkeit voraus zu sagen. Um indessen für die Beurtheilung der fiskalischen Seite unseres Steuersystems einige Anhaltspunkte zu gewinnen, setzen wir annahmsweise den künftigen Import zu 65,000 Hektolitern, die innere Erzeugung zu 55,000 Hektolitern an.

Die vom Ausland bezogenen 65,000 Hektoliter haben eine Importsteuer von 85 Franken zu entrichten ; die im Inland produzirten 55,000 Hektoliter sollen je nach der Größe der Erzeugungsstätte mit 61 bis 85 Franken versteuert werden.

446

Nun supponiren wir nach Maßgabe der jetzt bestehenden Verhältnisse, die Großbetriebe und die umfangreicheren Mittelbetriebe ·würden auch in Zukunft ihre gegenwärtige Produktion von rund 30,000 Hektolitern aufrechterhalten; es blieben dann für die Kleinbetriebe 25,000 Hektoliter zu erzeugen übrig. Sofern diese Kleinbrennereien, was nach der Tendenz unseres Entwurfs und nach der bisherigen Gestaltung des ganzen Brennwesens der Schweiz wohl vorausgesetzt werden darf, in der kleinstzuläßigen, einer Produktion von jährlich 200--300 Hektolitern entsprechenden Form betrieben werden, so haben unseren Annahmen gemäß 30,000 Hektoliter der im Inland produzirten Alkoholmenge die höchste Steuer von Fr. 85, 25,000 Hektoliter die niedrigste von Fr. 61 zu leisten.

Unter allen diesen annehmbaren, wenn auch immerhin blos den Charakter der Wahrscheinlichkeit tragenden Voraussetzungen ergibt sich brutto folgende Neueinnahme: Import .

.

.

. 65,000 h l .

Erzeugniß des Großbetriebs 30,000 ,, Zusammen Erzeugniß des Kleinbetriebs

95,000 hl. à Fr. 85 = Fr. 8,075,000 25,000 ,, ,, ,, 61 = ,, 1,525,000

Total der Bruttoeinnahme Fr. 9,600,000 Was die Erhebungskosten betrifft, so sind nach Artikel 18 unseres Entwurfs zunächst 6 % der Importsteuer dem Bund als fixer Beitrag an die Zollverwaltung abzuliefern. Es macht dies Fr. 331,500. Dem Buud ist ferner der Aufwand für vermehrten Grenzschutz zu vergüten. Wir veranschlagen diesen Aufwand auf Fr. 43,500, die gesammte dem Bund zufließende Entschädigung für die Erhebung der Importsteuer also auf Fr. 375,000.

Wenn jede der kleinen Inlandsbrennereien jährlieh 250 Hektoliter erzeugt, so braucht es zur Aufarbeitung der dieser Kategorie zugewiesenen 25,000 Hektoliter 100 Kleinbetriebe. Die übrigen 30,000 Hektoliter können von den bestehenden 7 Spritfabriken und den 6, heute schon über 250 Hektoliter per Jahr produzirenden Dampfbrennereien, erzeugt werden. Im Ganzen hätte der Fiskus also mit höchstens 113 Brennstätten zu thun.

Die Kontrole der industriellen Großbetriebe wäre eine durch das ganze Jahr fortlaufende. Die landwirtschaftlichen Kleinbetriebe dagegen wären nur während weniger, zwischen Oktober und Mai fallender Monate regelmäßig zu beaufsichtigen. Wir nehmen deßhalb an, die Gesammtkontrole konzentrire sich auf sieben Monate. Soll

447

nun jede Brennerei von je zwei Beamten monatlich zwei Mal oder im Ganzen 14 Mal inspizirt werden, so kann die Inspektion, wenn die Kontroleure täglich gemeinschaftlich nur je eine Brennerei besuchen, während der 210 Tage des Betriebs durch circa 15 Beamte ausgeübt werden. Da die Aufsichtsbeamten indessen auch die Kontrole der Reinigungsanstalten und andere Funktionen kleinerer Art zu verrichten haben, berechnen wir ihre Gesammtzahl im Maximum auf 25 Personen. Die Centralbehörde hat aus höchstens 4--5 Beamten und Angestellten zu bestehen. Diese persönliche Kontrole wird für Gehalte, Reisekosten, Büreauauslagen etc. einen Jahresaufwand von höchstens Fr. 150,000 erfordern.

Die auf Bundeskosten für 113 Brennereien anzuschaffenden Kontrolmeßapparate werden (mit Einschluß der zur Untersuchung der Getränke an der Grenze und im Innern erforderlichen Capillare-, meter etc.) eine einmalige Auslage von circa Fr. 100,000 erheischen.

Wir belasten jedes Jahr mit Vio dieser Summe. Ein gleiches Verfahren beobachten wir für die rund eine Million Pranken, die zum Aufkauf der eingehenden Brennapparate nach Artikel 25 unseres Entwurfs, bei Berücksichtigung des geringen Werths der erworbenen Gegenstände à fonds perdu, aufgewendet werden müssen.

Für Magazine zum Einlagern von Sprit etc. büdgetiren wir keinen Posten, von der Annahme ausgehend, daß die interessirten Privaten solche Magazine entweder selbst zu errichten oder für die vom Bund errichteten eine zur Deckung der Kosten ausreichende Lagergebühr werden zu bezahlen haben.

Die Erhebungskosten rekapituliren sich nun, wie folgt : Aufsicht an der Grenze.

Entschädigung a n d e n Bund .

.

.

. F r . 375,000

Aufsieht im Innern.

Persönliche Kontrole .

Fr. 150,000 Meßapparate .

.

. F r . 100,000 Aufkauf alter Apparate . ,, 1,000,000 Fr. 1,100,000 Hievon J/io

,, 110,000 ,, Gesammt-Total

260,000

Fr. 635,000

448

Hiezu kämen nun noch Steuerverluste, Entschädigungen an die Kantone für ihre Mitwirkung bei der Durchführung des Gesetzes, Auslagen für Eichung und Unterhalt der Meßapparate etc. Wir glauben diesen Faktoren und allen unvorhergesehenen Kosten sehr ausreichend Rechnung zu tragen, wenn wir schließlich den Gesammtaufwand für Verwaltung zu Fr. 780,000 ansetzen. Bei Verwirklichung dieser Annahme wird das Gesetz eine Nettoeinnahme von mindestens Fr. 8,820,000 oder rund Fr. 8.10 per Kopf der Bevölkerung einbringen.

Nach der auf Seite 449 gegebenen Detailaufstellung belief sich der jahresdurchsehnittliche Ohmgeld- und Octroi-Ertrag der 16 Kantone und 2 Gemeinden, die auf geistigen Getränken Eingangsgebühren erheben, in den Jahren 1880/84 auf netto Fr. 3,610,000. (Die bezüglichen Zahlen sind zumeist den kantonalen Rechenschaftsberichten entnommen; da die letztern aber die Erhebungskosten nicht immer klar ersichtlich machen, müssen wir für die spätere Abrechnung mit den Kantonen eine Verifikation der gegebenen Daten vorbehalten.)

Reinertrag der kantonalen und kommunalen Eingangsgebühren auf geistigen Getränken in den Jahren 1880/84.

Kantone.

Bern . . .

Luzern. . .

Uri Obwalden . .

Nidwaiden .

Glarus . . .

Zug . . .

Freiburg . .

Solothurn . .

Baselstadt .

Baselland . .

Graubünden .

Aargau Tessin . . .

Waadt. . .

Wallis. . .

Stadt Genf .

,, Carouge

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

1880.

1881.

1882.

Fr.

1,197,363 360,465 92,416 19,763 13,552 39,463 16,937 383,896 271,498 50,122 66,559 145,983 233,362 175,916 384,824 37,621 392,629 30,337

Fr.

1,185,416 420,307 82,839 20,637 14,527 39,817 18,505 388,864 258,910 46,876 60,370 167,121 198,540 180,685 343,386 44,581 397,812 27,446

Fr.

1,065,952 374,009 53,032 16,109 13,389 45,755 17,368 346,967 221,023 48,714 49,411 161,108 168,570 212,029 309,481 38,329 392,460 25,944

3,912,706

3,896,639

3,559,650

1883.

Fr.

937,928 380,107 49,124 19,313 13,230 51,590 17,666 325,794 213,529 47,820 39,093 134,794 178,697 179,714 296,304 29,516 374,305 26,246

3,314,770

1884.

Total.

Durchschnitt.

Fr.

Fr.

5,391,383 1,878,005 319,701 96,098 67,965 228,195 88,553 1,785,644 1,202,249 236,865 250,871 775,245 936,504 889,1 20 1,653,138 183,909 1,929,200 137,121

Fr.

1,078,277 375,601 63,940 19,220 13,593 45,639 17,710 357,129 240,449 47,373 50,174 155,049 187,301 177,824 330,628 36,782 385,840 27,424

3,366,001 18,049,766

3,609.953

1,004,724 343,117 42,290 20,276 13,267 51,570 18,077 340,123 237,289 43,333 35,438 166,239 157,335 140,776 319,143 33,862 371,994 27,148

450

Art. 6 der Uebergaugsbestimmungen der Verfassung garantirt den betroffenen Kantonen und Gemeinden wenigstens diesen Reinertrag bis zum Ende des Jahres 1890, und auch noch nach 1890 soll eine allfällige Einbuße auf demselben den in Frage kommenden Interessenten nicht auf einmal in vollem Umfange, sondern nur allmälig bis zum Jahr 1895 erwachsen. Da die Verhältnisse nach 1890 noch nicht genau übersehbar sind und Eile zur Regelung derselben nicht vorliegt, haben wir für die zur Verwirklichung der letztgenannten Bestimmung verfassungsgemäß vorgesehenen Vorschriften in unserem jetzigen Gesetzentwurf noch keine Sorge getroffen. Der Erlaß dieser Vorschriften kann um so eher auf eine spätere, besondere Vorlage verschoben werden, als aller Wahrscheinlichkeit nach nur für die Gemeinden Genf und Carouge, und auch für diese nur ia verhältnißmäßig beschränktem Umfang, besondere Maßnahmen sich als nothwendig erweisen werden.

Wenn wir in unserer Betrachtung von der Uebergangsperiode 1890/95 ganz absehen, so gibt uns die Verfassung im Art. 32bia, Alinea 4, und Art. 6 der Uebergangsbestimmungen für die Vert.heilung der Steuer folgende Wegleitung : Als allgemeine und dauernde Regel sollen sämrntliche Kantone nach Verhältniß der durch die jeweilige letzte Volkszählung ermittelten faktischen Bevölkerung am Reinertrag partizipiren. Reichen aber die nach diesem Maßstab berechneten Antheile nicht aus, um jedem Kanton und jeder Gemeinde die in vorstehender Tabelle wiedergegebenen Eingangsgebühren zu ersetzen, so sollen die übrigen Kantone bis zum Jahr 1891 im Verhältniß ihrer Bevölkerung zur Deckung des Defizits beitragen.

Dieser Wegleitung folgend, erhalten wir die hiernach aufgeführte Steuerrepartition.

Vertheilung eines Branntweinsteuerreinertrages

von rund Fr. 8,820,000.

Eingangsgebühren auf Vertheilung nach 1895 der Ohmgeld- Nichtohmgeld- Getränken im NichtohmgeldOhmgeldDurchschnitt der Kantone Kantone Kantone.

Kantone.

Jahre 1880/84.

im Jahre 1880.

Faktische Bevölkerung

Kantone.

Uri

.

.

Dnterwalden ob dem Wald . .

Unter walden nid dem Wald . .

Zu?

Appenzell I -Uh St Gallen . .

Tessin Waadt Wallis

.

.

. .

. . .

. .

. .

532,164 134,806 23,694 15,356 11,992 34,213 · 22,994 115,400 80,424 65,101 59,271

94,991 198,645 130.777 238,730 100,216

317,576

51,235

38,348 51,958 12,841 210,491 99,552

Fr.

Fr.

1,078,277 375,601 63,940

1,649,708 417,899 73,451

19,220 13,593 45,639 17,710 357,129 240,449 47,373 50,174

47,604 37,175 106,060 71,281 357,740 249,314 201,813 ·183,740

155,049 187,301

294,472 615,800

177,824 330,628 36,782

405,409 740,063 310,670

103,732 45,663

Genf ohne Genf und Carouge . .

Stadt Genf .

Carouge . . .

50,043 5,889

Schweiz

1,914,706

931,396

2,846,102

385,840 27,424

155,133 18,256

3,609,953

5,935,588

Fr.

984,486

158,829

118,879 161,070 39,807 652,522 > 308,611

Vertheiiun;; vor 1891 OhmgeldKantone.

Fr.

1,602,105 405,840 71,332 46,230 36,102 103,000 69,225 357,129 242,120 195,990 178,438 '

285,975 598,030 393,710 718,708 301,705

32) ,569 141,555

2,887,328

8,822,916

NichtohmgeldKantone.

Fr.

956,078

154,245

115,449 156,422 38,659 633,693 299,706

312,290 137,471

385,840 27,424 6,018,903

2,804,013

8,822,916

452 Aus dieser Berechnung geht hervor, daß die Ohmgeldkantone und Octroigemeinden vor 1891 zusammen circa Fr. 2,405,000, nach 1895 circa Fr. 2,325,000 über ihre bisherigen Bezüge hinaus erhalten.

Die Nichtohmgeldkantone empfangen vor 1891 circa Fr. 2,807,000, nach 1895 circa Fr. 2,887,000.

Von diesen Summen ist allerdings Vio nach Artikel 32biB, Alinea 4, für bestimmte Zwecke reservirt, und von den übrigen 9 /io muß ein hier nicht genau ermittelbarer, jedenfalls aber nicht unbedeutender Betrag zum Ersatz der mit dem Erlaß eines Bundesgesetzes in Wegfall kommenden kantonalen Branntweinfabrikationsgebühren und zur Ausgleichung derjenigen Steuern Verwendung finden, welche durch Alinea 2 des Artikels 32bis der Verfassung wegerkannt worden sind. Immerhin werden sich mit Ausnahme der Gemeinden Genf und Carouge alle Betheiligten mit Bezug auf ihre Participation an der Branntweinsteuer jetzt und später in einer annehmbaren Situation befinden.

Wir haben im Bisherigen blos von den kantonalen Finanzinteressen gesprochen. Es erübrigt una, auch der Verhältnisse des Bundesflskus Erwähnung zu thun.

Der Bund bezog an Eingangszöllen auf gebrannten Wassern brutto : Total.

Branntwein, Sprit etc.

Liqueur.

1883 1884 1885

Fr.

Fr.

Fr.

1,773,096 1,995,139 1,955,221

86,942 40,667 39,042

1,860,038 2,035,806 1,994,263

Durchschnitt 1,907,819 55,550 1,963,369 Die künftige Bundeseinnahme wird unter den auf Seite 438 und 445 gemachten Voraussetzungen betragen : Einfuhr 65,000 Hektoliter à Fr. 30 = .

. Fr. 1,950,000 ab: Zollrückvergütungen bei der Ausfuhr zirka 4000 Hektoliter à Fr. 15 = .

. ,, 60,000 (Art. 8 unseres Entwurfs).

Bleiben Fr. 1,890,000 Der nach dieser Rechnung sich ergebende Ausfall von rund 70,000 Franken wird zu einem guten Theil durch die in Folge der Zollerhöhungen auf Liqueuren und Branntwein in Flaschen resultirende Mehreinnahme (Vergi. Art. 9 unseres Entwurfs) gedeckt werden, so daß eine nennenswerthe Schmälerung der eidgenössischen Staatskasse unter den obigen Annahmen nicht eintritt.

453 Wir haben als Aufgabe der Bundesgesetzgebung in der Alkoholfrage bezeichnet: 1) die Verteuerung des Branntweins; 2) die Verbesserung seiner Qualität; 3) die Beseitigung der mit der Erzeugung und dem Vertrieb des Branntweins aus der Brennerei verbundenen Mißstände; 4) die Erzielung eines den Zwecken der Reform und den bestehenden Verhältnissen angepassten Finanzresultats.

Dieser Aufgabe will unser Entwurf nach dem Vorausgegangenen gerecht werden: 1) durch Erhebung einer von 61 bis auf 85 Franken per Hektoliter ansteigenden Fabrikationssteuer (Artikel 6) ; 2) durch Belastung der Einfuhr mit einem Zoll von Fr. 25--40 und einer Zuschlagssteuer von Fr. 85 per Hektoliter (Art. 8 und 9); 3) durch die Vorschrift einer zunächst kantonal festzustellenden Verkaufssteuer (Artikel 14); 4) durch die Einführung der obligatorischen Entfuselung für einheimische wie ausländische Waare (Art. 3, 4 und 5) ; 5) durch das Verlangen der Konzessionirung und durch die Aufstellung von Normen für die minimale Größe einer Brennerei, wie endlich durch das Verbot der Handelsformen, welche zur Ausbreitung der Schnapspest sich als besonders geeignet erwiesen haben (Artikel l, 2 und 13).

Wir haben nunmehr die Hauptinteressen zu betrachten, welche -durch die Ausführung dieser Aufgabe berührt werden.

Sicherung der bisherigen Bundeseinnahmen.

Der Bund, welchen die Reform mit der Aufgabe belastet, eine Steuer ein- und durchzuführen, welche den Kantonen zu gut kommt, darf dabei nicht an seinen eigenen Einnahmen geschmälert werden.

Die ihm obliegenden Aufgaben vertragen eine solche Verkürzung nicht und die Verfassung hat an eine solche Möglichkeit so wenig gedacht, daß sie besondere Vorsorge nicht getroffen hat. Wir stellen deßhalb den selbstverständlichen Grundsatz auf, es solle der Bund durch die vorliegende Gesetzgebung keine Einbuße in seinen Finanzen ÄU erleiden haben. Wir betrachten die bewegliche Zollscala, welche unser Entwurf in Artikel 9 vorsieht, als ein Mittel, um diesem Grundsatz durch die Sicherung der bisherigen Zolleinnahmen jederBundesblatt. 38. Jahrg. Bd. III.

35

454 zeit gerecht werden zu können. Wir haben im Vorausgegangenen; gezeigt, unter welchen Annahmen bei einem Grenzzoll von beispielsweise 30 Franken das Ziel einer ungeschmälerten Erhaltung der jetzigen Bundesintraden erreichbar ist. Auf andere als die dort gegebenen Voraussetzungen glauben wir an dieser Stelle rechnungsmäßig nicht eintreten zu sollen ; es scheint uns genügend, wenn die Interessen des Bundesfiskus irn Prinzipe gewahrt bleiben.

Wahrnehmung der in der Brennerei liegenden land- und industriewirtschaftlichen Interessen.

Die Brennerei hat ihren ursprünglichen und natürlichen Boden in der Landwirthschaft: diese liefert ihr die zu verarbeitenden Stoffe und bezieht von ihr Produkte zurück, welche sie zu gesteigerter Leistung befähigen.

Die besondere, volkswirtschaftliche Bedeutung der Branntweinerzeugung für die Agrikultur liegt im Wesentlichen darin : 1) daß die Brennerei landwirtschaftliche Erzeugnisse, deren Transport in unverarbeitetem Zustande nicht lohnt oder wegen der Gefahr des Verderbens nicht riskirt werden kann, in eine haltbare, verkehrsfähige Form bringt; 2) darin, daß sie durch ihre, ein billiges Viehfutter darstellenden Fabrikationsabfälle, die sogenannte Schlempe, eine größere Viehhaltung ermöglicht und durch die damit verbundene Vermehrung der Düngererzeugung in günstiger Weise auf die landwirtschaftliche Kultur einwirkt.

Diese Eigenschaften der Brennerei machen sich bei ihren verschiedenen Rohstoffen verschieden geltend. Beim Getreide, das als solches schon eine hohe Transportfähigkeit besitzt, tritt der Gesichtspunkt der Sehlempeproduktion, bei Rüben und Melasse der Gesichtspunkt der Verkehrserleichterung in den Vordergrund. Am intensivsten zeigt sich nach beiden Eichtungen hin die Wirkung der Brennerei bei der Kartoffel. Die Melasse wird durch die heutige Technik der Zuckelfabrikation in ihren spiritusgebenden Bestandtheilen so ausgenützt, daß sie der Brennerei wenig mehr bieten kann; ihre Schlempe hat zudem gar keinen Futter-, nur mäßigen Düngwerth. Die Rübe ist so wählerisch in ihrem Boden, daß da, wo sie gedeiht, auch andere Gewächse mit Vortheil gepflanzt werden können. Der Kartoffelbau dagegen ist für viele Gegenden nicht nur nützlich, sondern oft geradezu nothwendig. Er ist mancherorts mit der Landwirtschaft so eng verbunden, daß die Lösung des gegenseitigen Verhältnisses auch dann schwer wird,

455

wenn die Kartoffel eine eigentlich nutzbringende Verwendung nicht mehr bietet.

Bis zu welchem Grade diese allgemeinen Betrachtungen auch für die Schweiz gelten, welche der Pflege gewisser Kulturarten, insbesondere des Kartoffelbaus, unter ungünstigeren Umständen obliegt als andere Länder, kann erst durch die spätere Erfahrung in unanzweifelbarer Richtigkeit dargethan werden.

Die vorgeschilderten Verhältnisse, welche ökonomischelnteressen von großer Tragweite in sich schließen, erklären den Eifer, mit welchem die Landwirthschaft überall, insbesondere aber in Gegenden mit einem für den Kartoffelbau ausschließlich geeigneten Boden, hervortritt, wo Fragen, welche die Brennerei betreffen, auf den Traktanden gesetzgeberischer Behörden erscheinen. Wie ernst sie die Sache auch bei uns nimmt, hat sich schon bei der ersten Vorlage gezeigt, welche wir in Sachen der Branntweinfabrikation zu machen hatten. Die Verfassungsartikel, welche dem Bunde das Recht der Gesetzgebung über Fabrikation und Verkauf gaben, hatten einen großen Theil der Bevölkerung in einigen spezifisch agrikolen Kantonen nur deßhalb zu Gegnern, weil sie befürchtete, es werde das zu erlassende Gesetz ihren in der Brennerei liegenden landwirthschaftliehen Interessen nicht gebührende Rücksicht tragen. Die damalige Uebertreibung ihrer Ansprüche, die Zumuthung, es solle von jeder Reglirung und Einschränkung der Brennerei Umgang genommen und lediglich eine gehörige Erhöhung des Eingangszolls auf fremden Spiritus in's Auge gefaßt werden, die Rücksichtslosigkeit, mit welcher der dringend nöthig gewordenen Reform der Weg versperrt wurde, nöthigte, der landwirthschaftliehen Opposition ernstlich entgegenzutreten und ihr zu zeigen, daß auf dem gegenwärtigen Boden die ausschließliche Erhöhung des Eingangszolls auf Branntwein nur eine Verschlimmerung der beklagenswerten Zustände herbeiführen könne, und daß der prätendirte landwirtschaftliche Nutzen mit den von ihrem System zu erwartenden Schädigungen viel zu theuer erkauft würde. Nachdem nunmehr durch Annahme der Verfassungsartikel die Möglichkeit gegeben ist, die schädliche Gestaltung des Brennereigewerbes zu reformiren, wird unsere Stellung zu der Frage der Forterhaltung unserer inländischen Brennerei wesentlich verändert, und ist es uns erlaubt, diese Fragen unbedenklich in Erwägung zu ziehen.
Was aber die Postulate derjenigen Landwirthe betrifft, welche den Schutz der Brennerei verlangen, so entnehmen wir einer Eingabe, welche der Vorstand der ökonomischen Gesellschaft des Kantons Bern in Verbindung mit dem Ausschusse einer größern Versammlung

456 von Landwirthen unter dem 23. März 1886 an uns gerichtet hat, Folgendes: . .

,,Wenn wir", sagen die Petenten, ,,im Interesse der Volkswohlfahrt es nur begrüßen können, daß man den Preis des Branntweins durch eine ßesteurung desselben erheblich zu erhöhen beabsichtigt, sofern dabei nicht blos fiskalische, sondern auch gesundheitliche und sittliche Zwecke verfolgt werden, so erschiene es uns doch verkehrt, wenn durch jene Besteurung die einheimische Fabrikation und speziell die landwirthschaftliche Brennerei vollständig unmöglich gemacht werden sollte. Denn wir müssen es als eine irrige, mit den thatsächlichen Verhältnissen im Widerspruch stehende Theorie bezeichnen, daß die Brennerei keinen oder nur einen unerheblichen Nutzen für unsere Landwirtschaft bringe, so daß diese sie ohne Nachtheil entbehren könnte. Zur Widerlegung dieser vielgehörten Ansicht verweisen wir zunächst auf die jüngst erschienene Schrift : ,,Die Bedeutung der Spiritusindustrie für die schweizerische Landwirthschaft. Auf Veranlassung des Vorstandes der Gesellschaft schweizerischer Landwirthe herausgegeben von Dr. Krämer, Professor der Landwirthschaft am eidgenössischen Polytechnikum in Zürich11, und speziell auf dessen überzeugende Ausführungen über den hohen Werth der Schlempeproduktion für die Viehhaltung und in Folge dessen für die Ertragsfähigkeit des Bodens. Zahlreich sind ja in unserm Lande die Beispiele, wo durch den Betrieb einer Brennerei der Ertrag eines Gutes sich in wenigen Jahren gehoben, ja vielleicht sich verdoppelt hat. Diese Aufgabe kann aber wegen der topographischen Verhältnisse unseres Landes nicht durch einige wenige Spritfabriken, sondern lediglich durch kleinere landwirthschaftliche Brennereien, von denen aus die Abfuhr der Schlempe auf die benachbarten Gilter leicht zu bewerkstelligen ist, erfüllt werden.

,,Hiezu kommt aber noch ein Umstand, nämlich die hohe Bedeutung des Kartoffelbaues für den ganzen gegenwärtigen Betrieb der Landwirthschaft, ein Umstand, dem wir noch größere Wichtigkeit beimessen, als der Schlempeproduktion.

,,Seitdem der Getreidebau in Folge der leichten und billigen Zufuhr von Getreide aus Ungarn, Rußland und selbst Amerika unrentabel geworden, hat unsere Landwirthschaft immer mehr in der Viehzucht und der Milchwirthschaft und demgemäß in einem intensiven Futterbau ihren Gewinn,
ja ihre Existenzfähigkeit suchen müssen. Daher die Beschränkung des Getreidebaues auf das Maß des Streuebedürfnisses ; daher die Pflege des Kunstfutterbaues an der Stelle der nicht genügenden Naturwiesen ; daher der ausgedehnte Anbau der Kartoffel als der für die Zu-

457

bereitung des Bodens geeignetsten Vorfrucht, welche zugleich auch dem Landwirthe einen angemessenen Erlös verschafft, so lange er die Kartoffeln zu einem anständigen Preise zu verwerthen sicher ist. Dieses wird ihm gegenwärtig ermöglicht durch die landwirtschaftliche Kartoffelbrennerei, welche im Kanton Bern je nach den Ernte- und daherigen Preisverhältnissen jährlich circa 200,000--250,000 Doppelzentner Kartoffeln verarbeitet, während in Fehljahren in Folge des alsdann für die Brennerei zu hohen Preises der Kartoffeln dieselben meist für den Konsum auf den Markt kommen. So kommt in schlechten Jahren der ausgedehnte Kartoffelbau der konsumirenden Bevölkerung zu gut, während in guten Jahren dessen Ueberschuß in der Brennerei seine Verwendung findet, und dem Landwirthe wird auf diese Weise ein rationeller Wechsel der Kulturen, insbesondere ein intensiver Futterbau ermöglicht. Die Unterdrückung aller und jeder landwirthschaftlichen Brennerei müßte hingegen auch den Kartoffelbau bedeutend beschränken und damit eine solche Störung in den ganzen gegenwärtig gepflegten Betrieb der Landwirtschaft bringen, daß uns scheint, die Bundesbehörden sollten vor einem derartigen Schritte füglich zurückscheuen, u. s. w."

Wir können uns auf diese Behauptungen nicht ohne Weiteres einlassen. Es tritt vorerst die Frage entgegen, ob die Kartoffel ungebrannt der Landwirtschaft bezüglich Viehhaltung, Milch-, Fleisch- und Düngerproduktion, rationellen landwirthschaftlichen Betrieb nicht dieselben Dienste zu leisten vermöge? Würde diese Frage in bestimmter Weise bejaht werden können, so wäre man berechtigt, bei der Beurtheilung und Behandlung der Brennerei den landwirthschaftlichen Gesichtspunkt nach einer seiner wichtigsten Seiten hin von vorneherein ganz außer Acht zu lassen.

Die Berichte über die Erfahrungen, welche mit direkter Verfütterung der Kartoffel an Großvieh -- Verfütterung des Mais und des Getreides fällt ganz außer Betracht -- gemacht werden, lauten sehr verschieden. Seit der Spirituspreis auf eine Tiefe herabgesunken ist, welche kaum mehr die Anbaukosten der Kartoffel deckt, ist man, namentlich in den Produktionsgebieten Deutschlands, der Frage der direkten^ Verfutterung der Kartoffel ernsthaft näher getreten.

Auch in den Kartoffelgegenden der Schweiz ist diese Nutzbarmachung der gedachten Frucht mehreren
Ortes versucht worden. Vielfache Verfahren wurden vorgeschlagen und in Anwendung gebracht, und es liegen über deren Ergebnisse bereits ziemlich zahlreiche Berichte vor. Es geht aus denselben so viel als sicher hervor, daß die Verfütterung der rohen Kartoffel an Großvieh nichts taugt, ja geradezu schädlich ist ; daß die Kartoffel, wenn sie überhaupt als

458 Futtermittel an Großvieh gebraucht werden soll , einer sehr sorgfältigen, umständlichen, keineswegs kostenfreien und nicht Überall anwendbaren Bearbeitung bedarf; daß sie für Milchvieh schwere Schädigungen im Gefolge haben kann ; daß, wo günstigere Resultate auftreten, eine quantitativ bedeutende Beisetzung anderer werthvoller Futtermittel, wie Heu, Kraftfuttermittel, stattgefunden hat.

Wiewohl diese Ergebnisse durch die Auskunft bestätigt werden, welche uns von schweizerischen Landwirthen, die bei der Brennerei nicht interessirt sind, zukam, so müssen wir doch anderseits konstatiren, daß gewichtige Stimmen uns versichern, daß die direkte Verwendung der Kartoffeln als Viehfutter bei gewissen Vorsichtsmaßregeln vortheilhafter sei, als die Benutzung der Schlempe; so daß die Frage für uns zweifelhaft bleibt und fernerer Prüfung unterliegt.

Immerhin wollen wir bis auf genauere Information annehmen, daß das Brennen der Kartoffel für einzelne Gegenden der Schweiz wirklich von Wichtigkeit ist und nicht ohne Schaden in Wegfall kommen würde.

Hieraus ergibt sich für uns zunächst als erstes Zugeständniß an die Landwirtschaft: daß die Spiritusbrennerei in der Schweiz nicht unterdrückt werden solle.

Es ist nun im Weitern zu erfahren, ob das Jandwirthschaftliche Interesse eine bestimmte Form und Gestaltung der Brennerei in der Schweiz erheische.

Die oben auszuglich wiedergegebene Eingabe enthält über diesen Punkt, welcher für die Lösung unserer Aufgabe von großer Bedeutung ist, ein besonderes Postulat. Sie behauptet, daß das Interesse, welches die Landwirtschaft an der Brennerei habe, durch Spritfabriken mit industriellem Großbetrieb nicht gewahrt werde, dasselbe vielmehr den Bestand kleinerer, über das Land vertheilter, eigentlich landwirthschaftlicher Brennereien erfordere.

Wir wollen auch dieses Postulat nicht unberücksichtigt lassen.

Die nasse Schlempe, wie sie die Branntweinbrennerei liefert, ist ein wenig haltbares Viehfutter; sie geht sehr bald in Säuerung und Fäulniß über und wirkt dann nachtheilig auf "die Gesundheit der Thiere, denen sie verabreicht wird. Die Vorzüge der Schlempefütterung sind deshalb immer da am größten, wo die ganze Schlempeerzeugung einer Brennerei, am Tage der Erzeugung selbst, an Ort und Stelle oder doch in nächster Nähe der Brennerei aufgebraucht werden kann. Die Möglichkeit dieser Aufbrauchung hängt von der Größe des Viehstandes, dieser wieder vom Umfang

459 der Gutswirthschaft ab. Nuu herrscht bei uns bekanntlich der Kleinund Mittelgrund besitz vor. Es scheint hieraus in der That hervorzugehen, daß die für uns landwirtschaftlich rationellste Form der Brennerei in Betrieben zu suchen ist, welche ein dem Umfang unserer Güter entsprechendes, d. h. im Mittel genommen, nicht sehr .großes Quantum Schlempe erzeugen.

Nun hat allerdings die Erfindungskunst dem industriellen Großbetrieb Apparate zur Verfügung gestellt, welche eine Trocknung der Schlempe ohne Beeinträchtigung des Futterwerths und damit die Herstellung eines haltbaren und transportfähigen Kraftfuttermittels möglieh machen. (Systeme Burgdorf, Gontard, Theissen u. A.)

{Wenn der Hektoliter nasser Kartoffelschlempe einen Futterwerth von Fr. 1.15 hat (Krämer), so kommt dem Meterzentner Trockenschlempe, der aus 15 Hektolitern flüssiger Schlempe herzustellen ist, ein berechneter Werth von 171/* Franken zu. Die Herstellungskosten betragen Fr. 4. In der Zusammensetzung ist die Kartoffeltrockenschlempe den Malzkeimen sehr ähnlich; sie wird in Hamburg zur Zeit zu 15 Franken per Meterzentner verkauft.)

Dieses Trocknungsverfahren hat aber nur da Werth, wo zwischen ·der Erzeugung von flüssiger Schlempe und der momentanen lokalen Verwendung derselben ein Mißverhältniß vorhanden ist.

Wo ein solches fehlt, ist die direkte Fütterung der nassen Schlempe das Näherliegende und ökonomisch schon deswegen Rationellere, weil die Trocknung kostspielige Einrichtungen voraussetzt.

Die Kostspieligkeit der Trocknungsoperationen und die natürliche Ueberlegenheit der in zweckmäßig eingerichteten, agrikolen Brennereien erzeugten und an Ort und Stelle verwerthbaren nassen Schlempe sind denn auch die Hauptgründe für die Thatsache, daß die Trocknung nur wenig verbreitet ist. Von unsern schweizerischen Brennereien hat sich noch keine zur Herstellung von Trockenschlempe veranlaßt gesehen, und auch im Auslande hat das Verfahren, obschon es bereits eine Reihe von Jahren bekannt ist, nur sehr spärliche Anwendung erfahren.

Unter diesen Umständen scheint auch diese zweite Frage ererledigt, und es ergibt sich uns als weitere Konzession an die landwirtschaftlichen Interessen der Satz, daß in der schweizerischen Brennerei nicht ausschließlich auf fabrikationsmäßigen Großbetrieb hingesteuert werden solle.

Es ist nun im Weitern
selbstverständlich, daß der Nutzen der Brennerei für die Landwirthschaft vollkommen vernichtet würde, wenn sie sich unter Bedingungen gestellt sähe, welche das Futtermittel der Schlempe bedeutend belasten würden. Die letztere wird

460

aber verschieden belastet, je nach dem Preise, zu welchem das erste Produkt der Brennerei, der Spiritus, verkauft werden kann. Hat derselbe einen Preis, welcher das Rohmaterial nach seinem Marktpreise sammt den Auslagen für die Herstellung des Spiritus, incl. Verzinsung der Anlagekosten, Abnutzung u. s. w., deckt, so verbleibt der Brennerei ihr zweites Produkt, die Schlempe, kostenfrei. Je weniger das Brstere der Fall ist, desto theurer wird für sie die Schlempe, und es kann dies so weit gehen , daß letztere für die Landwirtschaft zu einem unverhältnismäßig theuern Futtermittel wird. Dann hört der Vortheil der Schlempefütterung, beziehungsweise der Brennerei für die Landwirthschaft, auf.

Als drittes Postulat muß also den beiden bereits festgestellten) nothwendigerweise das hinzugefügt werden , daß der Landwirthschaft, wenn nicht eine kostenfreie, doch eine möglichst billigeSchlempe gesichert werde.

Wir können unsere Betrachtungen über die landwirthschaftliche Bedeutung der Brennerei nicht schließen, ohne der schwerwiegenden Bedenken zu erwähnen, welche gegen die Verfütterung der Schlempe überhaupt gerichtet werden. Wir glauben diese Bedenken am besten durch die Worte eines hervorragenden ausländischen Fachmannes wiederzugeben. Wir zitiren die bezüglichen Aeußerungen um so lieber, als sie aus einem Lande stammen,, welches in milchwirthschaftlicher Hinsicht unser gefährlichster Konkurrent zu werden droht. Edward Egän, der ungarische Landesinspektor für Milchwirtschaft, spricht sich in seinem, an das Aekerbauministerium gerichteten Jahresbericht für 1883 folgendermaßen über die Schlempefütterung in der Milchwirthschaft aus: ,,Unter allen Fabrikabfällen ist unstreitig das gefährlichste Futtermittel die Branntweinschlempe.

,,Damit wir hier jedem Mißverständnisse, zugleich aber auch jeder Entgegnung zum .vornherein die Spitze nehmen, wird es nothwendig sein, wenn wir der in so großem Maßstabe als Futtermittel für das Rindvieh verwendeten Branntweinschlempe gegenüber offen unsern Standpunkt präzisiren, besonders da im Sinne der in letzterer Zeit in Paris gegen dieses Futtermittel initiirten Bewegung dasselbe meist direkt als giftig erklärt wird.

,,Wir theilen nicht die Ansicht des französischen Chemikers Girard (siehe ,,Journal de ragriculture a vom 20. September 1882), sondern im Gegensatze zu ihm glauben wir, daß die Schlempe als Fulter von Milchkühen a priori nicht schädlich ist, aber nur dann n i c h t :

461

1) Wenn dieselbe aus unverdorbenem Rohmaterial, also nicht, aus verfaulten Kartoffeln, schimmeligem Mais u. s. w. erzeugt ist; 2) wenn die Destillation mit solcher Vorsicht durchgeführt ist, daß nicht eine Spur von Branntwein und nicht eine Spur des, wie wir wissen, sehr giftig wirkenden Fuselöls, auch nicht eine Spur von einer schädlichen Säure in die Schlempetibergegangen ist, welche Gefahren bei unseren meist altea Apparaten in hohem Grade vorhanden sind ; 3) wenn die Schlempe vollständig frisch ist und in noch weder gesäuertem, verschimmeltem, noch verfaultem Zustande dea» Thiere geboten wird ; 4) wenn die Schlempe in einer, ein gewisses Maximum nicht überschreitenden täglichen Quantität den Kühen geboten wird (das normale Durchschnittsquantum dürfte 40--50 Liter sein) ; 5) wenn die Schlempe nicht über einen gewissen Temperaturgrad hinaus (die mittlere Normaltemperatur kann mit.37° C. = 30° R. angenommen werden") zur Verfütterung gelangt.

,,Wir sind ganz davon überzeugt, daß alle Fälle, wo entweder die Kühe selbst, oder die mit der Milch dieser Kühe sich nährenden Menschen infolge von Schlempefütterung nachweisbar vergiftet wurden, oder aber in Krankheit verfielen (was durch zahllose Fälle klargestellt ist, in denen die schwere Erkrankung oder auch der Tod Einzelner sowohl als ganzer Familien auf diese Veranlaßung zurückgeführt worden ist), in de r R e g e l durch Außerachtlassung einer oder mehrerer der a u f g e z ä h l t e n f ü n f B e d i n g u n g e n veranlaßt wurde.

,,Weil aber die Vermeidung der obigen Gefahren zwar einzelnen intelligenten Landwirthen ausnahmsweise manchmal gelingen kann, eine auf zahlreiche Ställe sich ausdehnende Kontrole jedoch in dieser Richtung, wie mir jeder praktische Landwirth zugestehen wird, vollständig undurchführbar ist, es somit, sobald die Verfutterung von Schlempe an Milchkühe erlaubt ist, gar kein Mittel gibt, um die Einhaltung oder Nichteinhaltung der obigen fünf Vorbedingungen für die Gefahrlosigkeit dieses Futtermittels zu kontroliren -- infolge dieser Umstände halten wir dafür, daß solche Ställe^ in denen Schlempe gefüttert wird, unbedingt als zur Erzeugung einer gesunden normalen Milch untauglich erklärt werden müssen und durch die Gesundheitsbehörde der Verkauf dieser Milch polizeilich verhindert werden muß. Ebenso wenig wie ein praktischer Landwirth daran zweifelt, daß bei einer aus-

462 schließlich oder vorwiegend durch Schlempe erzeugten Kuhmilch von einer blühenden Kälberzucht keine Rede sein kann -- möge man sich darüber wundern, daß an solchen Orten, wo die den größten Theil des Konsums deckende Milch vorwiegend nach Schlempefutter gewonnen wird, die Kindersterblichkeit erschreckende Dimensionen angenommen hat."

So scharf sich unser Gewährsmann in diesem Citât gegen die i r r a ti on e l l e Verwerthung der Schlempe in der Milchwirthschaft ausspricht, so sehr betont er in einem an unser statistisches Bureau gerichteten Schreiben, daß das besagte Futtermittel bei frischer und nicht allzu einseitiger Verwendimg zu Mast- und zu Milchproduktions«wecken sich nirgendwo als u n vorteilhaft erwiesen habe.

Das obige Verdikt gegen die Schlempe -- erwachsen aus der energischen, zielbewußten Reaktion gegen eingewurzelte lokale Mißbrauche -- ist hart, zu hart vielleicht.

Immerhin müssen wir es solchen Aeußerungen gegenüber auch fiir unser Land, das so bedeutend in der Käsefabrikation und in andern Milchprodukten interessirt ist und das bei der noch massenhaften Einfuhr von Mastvieh auch in der Mästung eine lukrative Beschäftigung vor sich sieht, in hohem Maße für wünschbar halten, daß die Schlempe nicht in unzweckmäßiger und schädigender Weise zur Verfütterung gelange.

Da direkte gesetzliche Vorschriften in dieser Richtung uns inopportun schienen, glaubten wir durch technische Anforderungen, wie sie unser Entwurf namentlich in Artikel 2 an die Brennerei stellt, und durch den ganzen Habitus, welcher der künftigea Brennerei durch das Gesetz gegeben wird, am besten einer Gestaltung der Verhältnisse Vorschub zu leisten, die eine zweckdienliche Verwerthung der Brennereirückstände und damit ein Vermeiden der oben geschilderten Mißstände sicherstellt.

Die gegenwärtige schweizerische Brennerei steht technisch auf allen möglichen Stufen. Während wir einige wirklich gut eingerichtete und geleitete Etablissemente haben, arbeiten neben diesen viele mangelhaft und zahlreiche geradezu schlecht eingerichtete Brennstätten.

Von diesen geht nicht nur ein schlechter Spiritus und Branntwein aus, nicht nur ist viel Materialverschwendung und ungenügende Ausbeute bei ihnen vorhanden, auch die Qualität 0 der von ihnen produzirten Schlempe entspricht den Anforderungen nicht.

Ein Gesetz, welches den Fortbestand und die Ausdehnung einer solchen Brennerei ermöglichte, würde seine Aufgabe nach einer sehr wichtigen Seite hin nicht erfüllen. Es muß gewerblich-

v

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technischen Fortschritt bringen. Die schlechten und mangelhaften Brennereibetriebe müssen verschwinden, technisch vollkommenere und leistungsfähigere Einrichtungen müssen in dem Gewerbe Platz greifen.

Dieses Postulat erheischt aber keineswegs geradezu die Umwandlung des ganzen Gewerbes in industriellen Großbetrieb. Eine vollständig rationelle Einrichtung der Brennerei kann in verschiedenen Größen erstellt werden, auch in einer Größe, welche den Landwirthen unserer Verhältnisse, insbesondere da, wo sie sich genossenschaftlich organisiren, das Gewerbe zugänglich macht. Wir glauben diese zugängliche" und zugleich rationelle Größe in Artikel 2 .unseres Entwurfs zutreffend bestimmt zu haben.

Wie von dem landwirtschaftlichen, so werden wir auch von dem industriewirthschaftlicheu Gesichtspunkt darauf hingewiesen, die schweizerische Brennerei nicht ohne Weiteres preiszugeben, sondern ihr, unter dem Vorbehalt der Hauptpostulate, welche an das Gesetz zu stellen sind und bereits früher berührt wurden, einen angemessenen Fortbestand zu sichern. Wir erhalten dadurch einer nicht ganz geringen Zahl von Arbeitskräften direkt Arbeit und lohnenden Erwerb. Wir fördern indirekt Arbeit und Verdienst aller der Gewerbe, welche bei der Erstellung und dem Unterhalt der nothwendigen Gebäude und Magazine, der mechanischen Apparate, der Transportmittel u. s. w. Verwendung finden.

,,Den gesammten G-ewerbestand11, sagt Prof. Krämer in seiner auf Seite 456 genannten Schrift, ,,durchzieht seit einiger Zeit die immer lauter werdende Klage, daß so manche inländische Industrie nicht mehr prosperiren wolle, die eine an Blutarmuth zu leiden habe, die andere nicht aufkommen könne und selbst einzelne der ehemals bestsituirten technischen Unternehmungen in's Wanken gerathen.

Und damit hängt es ja auch zusammen, daß man bei besondern Anläßen immer wieder dazu aufforderte, Mittel und Wege ausfindig zu maelîen, wie die Erwerbsfähigkeit gehoben werden könne u. s. w.41 Es ist dies ganz richtig und verdient auch bei unserer Frage beherzigt zu werden, wenn gleich von vorneherein zugegeben werden muß, daß die Brennerei im Verhältniß zu dem Werth ihrer Produktion weniger Arbeiter beschäftigt, als andere Industrien. Denn wir haben keinen Ueberfluß an Arbeit und keine große Auswahl lohnender Erwerbsarten und deshalb auch keine Veranlaßung, die Möglichkeit einer stehenden und sichern Verwendung von mehreren

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hundert Arbeitern in einer nicht übersetzten Branche und damit die Existenzerleichterung einer entsprechenden Zahl von Familien gering zu achten.

Fassen wir die berechtigten Ansprüche von Agrikultur und Industrie zusammen, so ergibt sich uns: 1) daß, so lange die Erfahrung nicht das Gegentheil dargethan hat, die Wünsche für den Fortbestand der inländischen Brennerei zu berücksichtigen seien, namentlich im Hinblick auf die landwirtschaftlichen Interessen, immerhin jedoch nur innerhalb der im Gesetzesentwurf gezogenen Schranken ; 2) daß an die gesammte Brennerei technische Anforderungen zu stellen seien, welche alle Mißbräuche thunlichst ausschließen.

Wir haben bereits gezeigt, in welcher Weise unser Entwurf den zweiten dieser Punkte zu erfüllen sucht; wir haben nun noch zu erörtern, wie derselbe dem ersten gerecht zu werden trachtet.

Der Spiritus ist für seine Herstellung und Konservirung nicht, wie etwa Wein und Bier, an bestimmte klimatische Verhältnisse gebunden. Er kann aus den manigfaltigen, von der Natur beinahe überall gebotenen Stoffen gewonnen werden, die gährungsfähige Zucker- oder Stärkemehlbestandtheile enthalten. Diese Universalität macht die Spiritusproduktion zu einer einfachen Rentabilitätsfrage. Wo die zum Brennen besonders geeigneten Materialien, wo Kartoffeln und Getreide, sowie die zur Fabrikation benöthigten Steinkohlen am billigsten erhältlich'sind, da ist der natürliche Standort einer großen Spiritusindustrie. In der That sind die hauptsächlichsten Spiritusexportländer der Gegenwart, Deutschland, Oesterreich-Ungarn und Rußland, zugleich Exporteure von Getreide, Mais oder Kartoffeln, und Sitze einer großen Kohlenausbeute, während die derzeitigen Spiritusimportländer, Spanien, Portugal, die Schweiz, auch noch Italien, gleichzeitig Getreide- oder Kartofielimportländer, zum Theil auch Kohlenimportstaaten sind. Deutschland, Rußland, Ungarn und Oesterreich besitzen ausgedehnte Gebiete von geringerem allgemeinem Kulturwerth, aber von außerordentlicher Tauglichkeit für den Anbau von Kartoffeln oder Getreide. Schon hiedurch und durch den billigen Bezug von Heizmaterialien im Vorsprunge, sind sie es noch mehr in Folge ihrer großen, zusammenhängenden Gutswirthschaften, welche in Verbindung mit den allgemeinen Arbeitsverhältnissen die Massenproduktion zu geringern Kosten gestatten,
und infolge endlich des besondern staatlichen Schutzes, welcher der Brennindustrie schon seit Langem zugewendet wird.

Die Superiorität der gedachten Länder zeigt sich deutlich in den Preisverhältnissen. Wie bereits früher angeführt, kommt der

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Hektoliter deutschen Sprits zu rund Fr. 40 an unsere Grenze. Die Herstellung schweizerischen Sprits kostet heute nach den Angaben auf Seite 434 ohne Einrechnung eines G-eschäftsgewinns Fr. 60 ; mit Einrechnung eines solchen stellt sie sich auf etwa Fr. 65.

Zum reinen Ausgleich dieser in- und ausländischen Produktionsbedingungen wäre ein Zollschutz von Fr. 25 ausreichend. Mit Rücksicht auf die vermehrten Anforderungen, welche die Durchführung der Steuerbestimmungen etc. an die Fabrikanten stellen wird, mit Rücksicht auch auf die wechselnden Conjunkturen des Weltmarkts glaubten wir uns indessen die Erhöhung dieses Satzes innerhalb der Grenzen von Fr. 25--40 vorbehalten zu sollen (Artikel 9 unse?es Entwurfs).

Das Gesagte gilt nur für die Großindustrie. Die landwirtschaftlichen Betriebe, deren Erhaltung wir uns ebenso sehr, wenn nicht mehr, müssen angelegen sein lassen, arbeiten unter so wesentlich ungünstigem Verhältnissen, daß wir gezwungen sind, zu ihrem Schutz besondere Maßnahmen zu ergreifen.

In verschiedenen Staaten des Auslandes wird, um die Brennerei und insbesondere die agrikole Brennerei lebensfähig zu erhalten, so verfahren, daß die nominelle Steuer indirekt durch allerhand dienliche Berechnungen und Begünstigungen für den internen Produzenten ansehnlich reduzirt wird, während sie auf dem importirten Produkt voll und ganz zum Bezüge kommt. So wird z. B. beim Spiritus dem erstem bei der Feststellung seiner Steuer ein unter der Wirklichkeit stehendes Ausmaß oder eine mindere Gradhaltigkeit, als der produzirte Spiritus wirklich hat, zu Grunde gelegt und überdies von der zu versteuernden Menge unter dem Titel ,,Schwund" ein den thatsächliehen, durch Verdunstung u. dergl. entstehenden Stoffverlust bedeutend übersteigender Abzug gemacht, wodurch sich für den internen Produzenten die Steuer pro Hektoliter absoluten Alkohols, welche von dem importirten Alkohol voll und ganz bezogen wird, um viele Franken reduziren kann.

Wir zogen es, nach Analogie des Vorgehens in OesterreichUngarn und Bayern, vor, die Lastenparität zwischen Groß- und Kleinbetrieb durch einen direkten, klar umschriebenen Nachlaß an der allgemeinen Steuer herzustellen. Wir bestimmten die Höhe dieses Nachlasses in Artikel 6 des Entwurfs auf so viel mal Fr. 3, als das Jahreserzeugniß einer Brennerei um volle 100 Hektoliter hinter 1000 Hektolitern zurückbleibt. Dieser Bestimmung zu Folge haben per Hektoliter Alkohol an Steuern zu entrichten :

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Brennereien mit einer Jahresproduktion von: über 1000 hl. absoluten Alkohols per Jahr Fr. 85 zwischen 900 u. 1000 ,, ,, ,, ,, ,, ,, 82 ,, 800 ,, 900 ,, ,, ,, ,, ,, ,, 79 ,, 700 ,, 800 ,, ,, ,, ,, ,, 76 .,, 600 ,, 700 ,, ,, ,, ,, ,, ,, 73 500 ,, 600 ,, ,, ,, ,, ,, ,, 70 ,, 400 ,, 500 ,, ,, ,, ,, 67 ,, 300 400 ,, ,, ,, ,, 64 200 300 ,, ,, ,, ,, . ,, 61 Dadurch werden die kleinstmöglichen Brennereien gegenüber den größten um Fr. 24 per Hektoliter günstiger gestellt, eine Protektion der Kleinbetriebe gegen den in- und ausländischen Großbetrieb, die uns in den schwierigeren Produktionsverhältnissen derselben genügend begründet erscheint. Die Betriebskosten einer Kartoffelbrennerei kleinster Dimension, welche aber immerhin den technischen Anforderungen unseres Entwurfes entspricht und im Uebrigen in ausschließlich landwirtschaftlichem Interesse gehalten wird, werden nämlich, wenn wir von der Kostenvermehrung durch die Kontrolmaßregeln etc. hier zunächst absehen, unter Annahme einer Betriebszeit von 5 Monaten oder 150 Tagen und einer Alkoholausbeute von 52 1/2 per Kilo Stärkemehl ungefähr wie folgt sich gestalten : 150 X 15 = 2250 Meterzentner Kartoffeln à Fr. 5 . Fr. 11,250 150 x 0,6 90 ,, Gerste ,, ,, 17 . ,, 1,530 565 ,, Kohle ,, ,, 3 . ,, 1,695 Löhne (die Arbeiter sollen außer dem Lohn als Tantième allen Sprit erhalten, den sie über 52 1/2 des Stärkemehlgehalts der Rohmaterialien erzeugen) .

. ,, 1,200 Verzinsung des Baukapitals, 5 % von Fr. 40,000 . ,, 2,000 Amortisation der Anlagekosten von Gebäude und maschinellen Einrichtungen; 2 «/o von Fr. 25,000 500 6 % ,, ,, 15,000 900 Reparaturen u n d Verschiedenes .

.

.

.

.

1,205 Total

Fr. 20,280

Erzeugt werden 253 Hektoliter absoluten Alkohols, wovon indeß circa 13 1/2 Hektoliter durch Schwund etc. in Verlust kommen.

Die Herstellung der übrigen 240 Hektoliter kostet ohnEinrechnungng eines Gewinns per Hektoliter Fr. 84Va, also F r 2 4 1/2/2 mehr als im Industriebetrieb. Diesen Thatsachen gegenüber erachten wir die

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beantragten Nachlässe für ein ausreichendes und billiges Hülfsmittel, um die kleinen Brenner neben den großen existenzfähigzu erhalten.

Wir haben bereits früher angedeutet, daß wir unter der Herrschaft unseres Entwurfes eine annähernd gleichmäßige Vertheilung' der Produktion unter die größten und kleinsten Brennanstalten meinen voraussetzen zu dürfen. Auf die Befürchtungen, welche gegen die Beibehaltung der kleinen Brennerei überhaupt geäußert und mit in die Wagschale gelegt werden, können wir keine Rücksicht nehmen. Diese BefürchtiiDgen gehen von den jetzigen Zuständen und von der Voraussetzung aus, daß die schweizerische Kleinbrennerei uureformirt dieselbe bleibe, wie sie ist. Diese Voraussetzung ist unrichtig: denn es ist, wie wiederholt gesagt, eine Hauptaufgabe des zu erlassenden Gesetzes, welche es unter allen Umständen lösen muß, die Uebelstände, welche bei der Kleinbrennerei zu Tage treten, so gründlich als möglich zu beseitigen, eiue Aufgabe, welche unseres Erachtens durch die Anforderungen des Ihnen vorgelegten Entwurfs auch wirklich als gelöst betrachtet werden kann.

Gegen die Begünstigungen, welche wir für die agrikole Brennerei vorgesehen haben, wird man einwenden, daß in einigen wenigen Kantonen, welche kein Ohmgeld beziehen, zur Zeit einzelne rein landwirtschaftliche Brennereien arbeiten, welche gegen das ausländische Produkt nur durch den eidgenössischen Zoll von Fr. 20 per Meterzentner absoluten Alkohols geschützt sind ; allein die Lebensfähigkeit dieser übrigens sehr schwach vertretenen Betriebe (S. 426 und 427) ist sehr aleatorisch. Sie beruht im Wesentlichen lediglich darauf, daß in jenen Gegenden, wo eben kein namhafter Verbrauch ist, von Seiten des Auslandes bis jetzt eine ernsthafteKonkurrenz nicht gemacht worden ist. Solche ist aber mit Rücksicht auf die bedeutend höhern Preise, welche von jenen inländischen Brennereien für keineswegs bessere Waare gefordert werden u n d , wie wir aus ihren eigenen Rechnungen nachweisen können,, gefordert werden müssen, jederzeit mit Erfolg möglich.

Unser Entwurf macht zum Schutz der einheimischen Brennerei einen Grenzzoll von wenigstens Fr. 25 per Hektoliter nöthig.

Nun fallen aber mit dem Inkrafttreten des zu erlassenden Gesetzes verfassungsgemäß die von den Kantonen und Gemeinden nach Art. 32 der Bundesverfassung bezogenen Eingangsgebühren auf geistigen Getränken, und zwar nicht nur die Gebühren von nicht destillirten Getränken, wie Wein und Bier, sondern auch die Ohmgelder

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und Oktrois auf Spiritus und Branntwein, dahin. Infolge dessen würde der Schutz oder der Vorsprung der inländischen Brennerei gegenüber dem importirten ausländischen Produkt nach den gegenwärtig in Kraft stehenden Handelsverträgen für das ganze schweizerische Gebiet blos noch in dem eidgenössischen Eingangszoll bestehen, welcher zur Zeit nur Fr. 20 per Meterzentner absoluten Alkohols beträgt.

Um für die Ausgestaltung unserer Gesetzgebung völlig freie Hand zu bekommen, sahen wir uns deshalb veranlaßt, mit dem maßgebenden Vertragsstaate, Frankreich, bezüglich einer Erhöhung des schweizerischen Eingangszolles in Unterhandlung zu treten.

Dieselbe führte zu einer Konvention, der zufolge der genannte Staat in eine, mit dein Wegfall der Ohmgelder und Oktrois in Kraft tretende Erhöhung des bisherigen schweizerischen Einfuhrzolles von Fr. 20 auf Fr. 40 per Meterzentner absoluten Alkohols einwilligt, welcher Tarifsatz infolge der Meistbegünstigungsklausel auch für ·den Spiritusimport Deutschlands und anderer Länder gilt.

/Wir haben schon ausgeführt, daß wir dieses Zugeständniß zunächst nicht vollständig auszunützen brauchen.

Der Verzicht auf die volle Inanspruchnahme der erlangten Konzession ermöglicht es uns auch, die interne Begünstigung der Kleinbrenner mit dem internationalen Grundsatz der Lastenparität zwischen interner Steuer- und Zollzuschlag annähernd in Einklang ÄU bringen. Wenn 30,000 Hektoliter der innern Produktion Fr. 85, 25,000 Hektoliter nur Fr. 61 Steuer zahlen, so beträgt die Durchschnittsbelastung Fr. 74. 10 per Hektoliter. Der Import hat nach unsern bisher gewählten Suppositionen an Zoll- und Zuschlagsfiteuer 30 -|- 85 oder Fr. 115 per Meterzentner zu entrichten. Die Differenz entspricht ziemlich genau dem französischen Zugeständniß einer Mehrbelastung des ausländischen Produkts von Fr. 40.

Wir haben im Vorausgegangenen nur von der Brennerei gesprochen. Die Zollerhöhung, welche wir zu Gunsten dieses Gewerbes erwirkt haben, berührt aber noch die Interessen einer andern Industrie : ·der meist für den Export arbeitenden Fabrikation von Liqueur, Absinthe etc. Wir würden diese Industrie, welche ihre Produkte vorwiegend aus ausländischem Feinsprit herstellt, schwer schädigen, wenn wir durch die Vermehrung des Zollschutzes ihren Rohstoff ohne Kompensation beträchtlich vertheuern würden. Um
dem vorzubeugen, haben wir in Art. 8 bei der Ausfuhr nicht nur die Rückgabe der bezahlten Inlandssteuer, sondern auch der Hälfte des entrichteten Zolles vorgesehen. ^Vergl. S. 452.)

469 Wir haben nun noch zwei weitere Punkte zu berühren, welche als Richtungssignale für das zu erlassende Gesetz aufgestellt werden müssen : Die Forderung, daß die Administration sich thunlichst einfach gestalte und daß das Gesetz möglichst sicher durchfuhrbar sei.

Wir treffen in den Staaten, welche die Branntweinfabrikation besteuern -- es sind dies die meisten Kulturstaaten -- bezüglich ·der Administration sehr verschiedene Einrichtungen und Zustände.

Auf dieselben hier näher einzutreten, glauben wir um so mehr unterlassen zu dürfen, als die bei Anlaß der Verfassungsrevision von unserm statistischen Bureau bearbeitete und zu den Akten gegebene ,,Vergleichende Darstellung der Gesetze und Erfahrungen -einiger ausländischer Staaten tt , auf welche Schrift wir zu verweisen uns erlauben, alle wünschbaren Nachweise gibt. Man wird kaum irren, wenn man annimmt, daß eine nicht unerhebliche Zahl derer, welche die Verfassungsartikel betreffend die Fabrikalion gebrannter "Wasser verworfen haben, bei ihrem negativen Votum durch die Furcht vor einem büreaukratischen, komplizirten, zahlreiches Beamtenpersonal erfordernden Kontrolmechanismus geleitet worden sind, wie ja die ,,rats de cavea in der Oppositionsdiskussion eines Theiles der Schweiz eine große Rolle gespielt haben. In der württembergischen Kammer, welche sich letztes Jahr mit einem neuen Branntweinsteuergesetz beschäftigte, machte ein Redner auf
Was hat denn das Gesetz von 1852 so verhaßt gemacht, daß es nach 13 Jahren schon wieder abgeschafft werden mußte? Gar nichts Anderes, als die ganze Art und Weise, wie die Kontrole gehandhabt wurde, zum Meisten aber auch der Uebereifer der niedern Diener und Beamten der Steuervervvaltung. lx Das Wesen der Branntweinsteuerkontrole hängt ab von der Wahl des Steuersystems.

Da diese Wahl auch wichtige volkswirtschaftliche Fragen involvirt, halten wir es für angezeigt, auf die maßgebendsten Bestimmungsgründe derselben in Kürze einzutreten.

Wir haben dabei nur die innere Fabrikationsbesteuerung im Auge, da eine eidgenössische Verkaufssteuer einstweilen von uns nicht vorgeschlagen ist und die Steuererhebung an der Grenze der Hauptsache nach in der bisherigen Form der Verzollung stattzuBundesblatt. 38. Jahrg. Bd. III.

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finden hat. In unserer Darstellung folgen wir im Wesentlichen einem in der schweizerischen Zeitschrift für Statistik kürzlich erschienenen Referate.

Das Branntweinbrennen vollzieht sich in seiner weitläufigste» Betriebsart in drei getrennten Hauptvorgängen : 1) in der Maischung, d. h. in der Umwandlung des im Rohmaterial enthaltenen Stärkemehls in gährungsfähigen Zucker durch Beigabe von gekeimter Gerste (Malz) ; . 2) in der Gährung, d. h. in der Umsetzung des Zuckers in Alkohol und Kohlensäure durch Beisatz von Hefe; 3) in der Destillation, d. h. in der Abscheidung des Alkohols aus der vergohrenen Flüssigkeit durch Erhitzung und in der Verdichtung der so gewonnenen geistigen Dämpfe zu tropfbarer Flüssigkeit durch Abkühlung.

Ist in dem zu verarbeitenden Material Alkohol schon enthalten,, wie etwa im Wein, so ist von den geschilderten Vorgängen nur mehr der dritte nothwendig. Enthält das Material bereits gährungsfähigen Zucker wie z. B. die Melasse, so sind nur Gährung und Destillation durchzuführen. Bei der wichtigsten und für uns fast ausschließlich in Betracht fallenden Kategorie von Rohstoffen aber, bei den stärkemehlhaltigen Materialien, wie Getreide und Kartoffelnr kommen alle drei Operationen in Betracht.

An diese hauptsächlichsten Fabrikationsvorgänge lehnen sich nun zwei verschiedene Steuertypen an : 1) die Besteuerung nach Produktionsschätztungen; 2) die Besteuerung des thatsächlichen Produkts.

Die Besteuerung der ersten Ordnung knüpft sich entweder a an die Menge und Art der verwendeten Rohmaterialien (Materialsteuer, Malzsteuer) oder b/ an den Inhalt und die Leistungsfähigkeit der Gährgefäße oder des Destillirapparates (Maisch-, resp.

Brenn-Raumsteuer). Die Maisch- und Brenri-Raumsteuern hinwiederum werden entweder für jede Maischung bezw. jeden wirklich durchgeführten Brand oder für längere Maisch- und Brennperioden ohne Rücksicht auf die wirkliche Zahl der Maischungen und Brände erhoben ; in den letztern beiden Fällen spricht man von Maischraumpauschalirung resp. Brennraumpauschalirung (Blasenzins}.

Die Besteuerung der zweiten Ordnung kann echt oder unecht sein. Echt ist sie, wenn sie neben der Menge des fertigen Produkts auch dessen effektive Gradhaltigkeit berücksichtigt (Fabrikat-

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Steuer); unecht, wenn sie das letztere Moment durch die Annahme durchschnittlicher Gradstärken ersetzt (Fabrikatsteuerpauschalirung).

Streng genommen sollte die Fabrikatsteuer auch die Qualität de.i Erzeugnisses in Betracht ziehen. Da aber die Bundesbesteurung und die Praxis unseres Landes nur auf solche Spirituosen sich erstrecken, die in der Qualität bedeutende Abweichungen nicht aufweisen, SD kann dieses Postulat in unserer Gesetzgebung von vorneherein füglich vernachläßigt werden. Geschieht es doch selbst in allea Staaten, welche nach den oben gezeichneten zwei Richtungen nicht in gleich günstiger Lage sind.

Die Steuerarten der ersten Ordnung haben den gemeinsamen Nachtheil, daß sie die die Masse und Qualität des Erzeugnisses beeinflussende Verschiedenheit der in Benutzung gezogenen Rohmaterialien und die Ungleichheit der technischen Einrichtung und Fertigkeit nicht in ausreichendem Maß erfassen können. Sie begünstigen diejenigen Betriebe, welche das ergiebigste Material verwenden oder mit Hülfe einer sich fortwährend entwickelnden Technik eine größere Ausbeute erzielen können, als sie der Fiskus als Grundlage der Besteurung voraussetzt. Sie verschärfen also die Konkurrenz, welche das ohnehin mehr und mehr hervortretende Drängen nach Wissenschaftlichkeit und kaufmännischem Gebahren im Brennereigewerbe zwischen Groß- und Kleinbetrieb geschaffen hat. Sie haben, insbesondere dann, wenn sie in einem Lande bei niedrigem Stand der Technik eingeführt werden, durch den "Wettlauf, den. sie zwischen Industrie und Fiskus heraufbeschwören, allerdings eine mächtige edukatorische Wirkung auf die industrielle Entwicklung der Brennerei; aber sie bewirken auch, daß wenig ergiebige Rohmaterialien, die keine andere Verwendung als zum Brennen finden können, unbenutzt bleiben, und daß in der Landwirtschaft ein einseitiges Streben nach der Produktion des größten Ergiebigkeitsfaktors, des Stärkemehlgehalts in der Pflanze, hervortritt; sie können den Anlaß geben, daß im Interesse der größern Ausbeute Rohmaterial verschwendet und an sich unproduktive Arbeit geleistet wird. Dies wird dann der Fall sein, wenn der Ertrag der Brennerei trotz der Vergeudung von Material und Arbeit mit Hülfe des zu erzielenden Steuergewinns ciuf eine höhere Summe gebracht werden kann, als dies bei streng rationellem Betrieb möglich wäre. Sie
fungiren dadurch wirthschaftlich für einen Theil der Privatwirtschaft, aber unwirthschaftlich in der Volkswirtschaft. Die komplizirte Steuerkoutvole, welche alle Steuerarten der ersten Ordnung nöthig machen, ist vom privatwirthschaftlichen wie fiskalischen Standpunkt aus ein schwacher Punkt des Systems. Sie ist kostspielig und vermag es doch nicht, die Defraudo unbedingt hintanzuhalten. Zu diesen schwachen

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Punkten ist endlich noch zu rechnen die Unmöglichkeit, bei der Ausfuhr oder bei der Verwendung gebrannter Wasser zu technischen Zwecken eine der wirklichen Besteuerung entsprechende Steuerrestitution zu gewähren. Da die thatsächJiche Steuerlast bei jedem Kontribuenten eine andere sein kann, ist die Restitution entweder mehr oder weniger ungenügend oder sie erhält den Charakter einer industriellen Prämie. Als solche verschärft sie das, was neben der Schwierigkeit und Intoleranz des Kontrolverfahrens den Hauptfehler der Steuerarten erster Ordnung bildet: die Steuerungleichheit.

Wohl ist es möglich, durch Maischraumpauschalirung und Blasenzins die Härten des Kontroiverfahrens zu mildern, aber nur um den Preis, damit die Steuerungleichheit noch zu vergrößern.

Diese Steuerungleichheit hängt unter den Steuern zweiter Ordnung der, Fabrikatsteuerpauschalirung, wenn auch in vermindertem Grade, ebenfalls an. Dagegen ist die echte Fabrikatsteuer, ihre Durchführbarkeit vorausgesetzt, frei von allen Unzulänglichkeiten dieser Art. Sie hält sieh an Menge und Alkoholstärke des fertigen Produkts, bleibt aber passiv gegen die Art des verwendeten Materials, von einem gewissen Punkt an passiv gegen den Umfang des Betriebs, passiv auch gegen den Stand der Technik.

Alle diese Gründe mußten uns bestimmen, die reine, auf Ermittlung der thatsächlichen Menge und Stärke basirte Fabrikatsteuer zum Ziel unserer Gesetzgebung zu nehmen. Wir mußten dies, speziell vom administrativen Standpunkt aus, um so mehr thun, als die Ermittelung der steuerbaren Produktion bei der Fabrikatsteuer immer durch automatisch wirkende Einrichtungen geschieht, die einen guten Theil der stets als besonders lästig empfundenen, bei uns bereits durch die Bezeichnung ,,rats de cavea diskreditirten persönlichen Kontrole überflüssig machen.

Aber auch dem volkswirtschaftlichen Gesichtspunkt nach konnte uns nur die Verwirklichung der Fabrikatsteuer dienlich sein. Wollen wir doch mit unserem Entwurf nicht einen kapitalistischen Kampf zwischen Groß- und Kleinbetrieb heraufbeschwören, einen Kampf, der nach allen Erfahrungen nur mit einer Niederlage der Kleinen enden kann, sondern im Gegentheil zielbewußt die finanziell zwar inferiore, aber uns landesökonomisch werthe Kleinund Mittelbrennerei neben der Großindustrie lebensfähig erhalten.

Nun sind allerdings
alle die automatisch wirksamen Einrichtungen zur Sicherung der Fabrikatsteuer so umfangreich und insbesondere so kostspielig, daß sie auf ganz kleine Brennereien keine Anwendung finden können.

473

Die Erstellung derartiger Brennereien ist aber durch die technischen Anforderungen unseres Gesetzesvorschlags von allem Anfang an ausgeschlossen; diese technischen Anforderungen sind so gewählt, daß sie die Benützung eines von uns speziell in's Auge gefaßten Kontrolrnechanisraus auch in ihrer minimsten Verwirklichung noch möglich machen.

Eine Umschau unter den verschiedenen ausländischen Vorkehrungen zur Ermittlung des fertigen Erzeugnisses und seiner Gradhaitigkeit führte uns dazu, eine Kombination der österreichischungarischen Kontrolmeßapparate von Dolainski & Beschorner als die verläßlichste und für unsere Verhältnisse tauglichste Form der mechanischen Kontrole in Aussicht zu nehmen. Es möge hier eiue kurze Beschreibung der genannten Kontrolen Platz finden. Die Apparate können in verschiedenen Größen erstellt werden. Unsere Beschreibung ist den Dimensionen angepaßt, welche die von uns zur Erprobung angekauften und in dieser Erprobung bewährten Exemplare aufweiseu.

Die Hauptbestandtheile beider Apparatensysteme sind : 1) eine Meßtrommel mit Zählwerk ; 2) Reservevorrichtungen zur Fortführung der Kontrole bei Stillstand der Meßtrommel ; 3) besondere Sicherheitsvorrichtungen.

Die Meßtrommeln bestehen aus Cylindern mit vier kongruenten Fächern von je fünf Liter Gehalt. Der Spiritus wird bei seinem Austritt aus dem Kühler des Destillationsapparates durch den sogenannten Alkoholometerständer an die Mitte der Meßtrommel geführt, wo er in eines der Trommelfächer einfließt. Ist dieses gefüllt, so tritt der Spiritus in das nächstfolgende links darüber liegende Fach ein. Das dadurch bewirkte Uebergewicht bringt die Trommel in eine Drehung nach links, das erste Fach entleert sich durch eine nunmehr unter das Niveau der Trommelfüllung sinkende Seitenöffnung am Umfang der Trommel und das zweite Fach tritt an seine Stelle. Bei einer ganzen Umdrehung der Trommel müssen 20 Liter durchgeflossen sein. Die Trommelaxe ist mit einem Zählwerk verbunden, das die Ausschüttungen anzeigt. Drehungen der Trommel nach rechts sind durch Sperrungen verunmöglicht.

Steht die Meßtrommel aus irgend einem Grunde still, so läuft der Spiritus beim Apparat Dolainski aus dem untersten Trommelfach in das erste Fach eines aus- zwei Abtheilungen von je einem Liter Gehalt bestehenden, um eine Axe oscillirenden Gefäßes. Ist, die erste Abtheilung gefüllt, so kippt sie durch ihre Schwere um und es kömmt die zweite Abtheilung in Funktion, dann wieder die

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erste, und so fort. Die geschilderte zweitheilige Schaukel ist ebenfalls mit einem Zählwerk und außerdem mit einer Allarmglocke verbunden, welche den Stillstand der eigentlichen Meßtrommel der Außenwelt anzeigt. Beim Apparat Beschorner ist die Reserveschaukel Dolainski's durch eine der Hauptmeßtrommel gleich konstruirte, ebenfalls eichfähige Reservetrommel ersetzt, welche gleichfalls mit einem Zählwerk und einem Glockeusignal in Verbindung ist. Die Dauer des etwaigen Stillstandes beider Trommeln wird durch einen Schwimmer annähernd angegeben Während die Reservetrommel die durchgelaufene Flüssigkeit mit derselben Genauigkeit registrili wie die Haupttrommel, weist die Dolainski'sche Schaukel nach hier gernachten Proben nicht unbeträchtliche Fehler auf. Diese Fehler erklären sich der Hauptsache nach daraus, daß die Funktion der Schaukel nicht auf dem Volumen, sondern auf dem Gewicht beruht; letzteres variirfc aber nach der Gradhaltigkeit des durchfließenden Alkohols. Dafür ist der Dolainski'sche Apparat dem Beschorner'schen in einem andern Punkte überlegen.

Während der letztere nämlich bloß das durchgeflossene Quantum zu ermitteln gestattet, fallen beim Umdrehen der Dolainski'schen Trommel aus jedem sich bewegenden Trommelfach einige Tropfen Spiritus in ein nur dem Fiskus zugängliches Probegefäß, aus welchem der Steuerbeamte mitteist des Alkoholometers in beliebigen Zeiträumen die durchschnittliche Alkoholstärke des erzeugten Produkts, wenn auch nicht absolut genau, so doch in ausreichender Richtigkeit nachmessen kann.

Da wir dieser Gradmessung in unserm Steuersystem nicht entrathen können, so sind wir genöthigt, wenn wir anderseits die Vorzüge der Beschorner'schen Reservetrommel uns erhalten wollen, auf eine Kombination beider Systeme Bedacht zu nehmen.

Diese Kombination ist unschwer durchführbar. Sie wird bei der anerkannten Verläßlichkeit unserer Beamten alle Bedingungen zur richtigen Durchführung der Fabrikatsteuer in sich tragen.

Die besonderen Sicherheitsvorrichtungen beider ApparateuSysteme bestehen im Wesentlichen in leeren Gefäßen, welche bei einer zur Hinderung des Trommelwerkes vorgenommenen Stauung im Apparatenkasten oder bei Einführung von Wasser zur Verdünnung des Probesprits u. s. w. mit Spiritus oder Wasser sich füllen und damit dem Fiskus die vorgefallenen Ungesetzlichkeiten
verrathen ; sodann aus Maxirnal-Thermometern und aus mit Sprit gefüllten Gefäßen, welche durch ihre Temperaturangaben resp. durch Verdampfung ihrer Füllung anzeigen, daß der Brenner zur Beseitigung des ihn verrathenden Inhalts der durch illegale Manipulationen gefüllten Sicherungsgefäße Dampf in den Apparat eingeführt

475

hat. Die übrigen Sicherungsmaßregeln der geschilderten Kontrolmeßapparate sind gegen die Anbohvung des die Meßvorrichtungen umgebenden, amtlich plombirten Apparatenkastens und seines Blechmantels gerichtet. Der Apparat von Dolainski kostet loco Wien 390 Gulden, der von Beschorner 375 Gulden.

Um die volle Garantie dafür zu erlangen, daß wirklich das ganze Erzeugnis aus dem Kühler in den Meßapparat eingeleitet wird, müssen die Destillationsapparate und deren Verbindungen mit dem Meßapparat wenigstens von dem Punkte an unter amtliche Plomben genommen werden, wo die Kondensation der alkoholischen Dämpfe beginnt.

Die persönliche Kontrole beschränkt sich im Wesentlichen auf das Ablesen der Kontroimeßuhren, auf die Konstatirung der fortdauernd genauen Thätigkeit des Apparats und des intakten Bestehens der Plombirungen.

Wie unser Budget auf 8. 447 ausweist, sind zur Erfüllung dieser Aufgabe für die ganze Schweiz höchstens 25 Beamte nothwendig.

Wir wollen nicht ermangeln, an dieser Stelle der allerdings nicht schwer ins Gewicht fallenden Schranken Erwähnung zu thun, welche für die Anwendung von Kontrolmeßapparaten bestehen. Wir haben schon erwähnt, daß der Kleinbetrieb diese Anwendung der Kosten wegen ausschließt. Ausgeschlossen ist dieselbe ferner von .solchen Betrieben, welche den Destillationsapparat durch Vornahme von Doppelbränden zur Rektifikation benützen, weil in diesem Fall dasselbe Quantum zweimal registrirt würde. Ein weiterer Nachtheil der Meßapparate besteht darin, daß sie in gewissem Umfang der Unreinheit des Produkts Vorschub leisten. Das Ergebniß jeder Destillation besteht aus Vorlauf, Mittelprodukt und Nachlauf. Vorund Nachlauf sind der in ihnen enthaltenen unreinen Bestandtheile wegen wesentlich minderwertiger, als das Mittelprodukt, und werben deßhalb in der Regel von dem letzteren getrennt. Bei Verwendung eines Meßapparates wird nun durch das Passiren des Vorlaufes und durch das nach jedem Brand vorkommende Sitzenbleiben eines Theiles des Nachlaufes im Alkoholometerständer und in der Meßtrommel etwelche, allerdings sehr unwesentliche qualitative Benachtheiligung des Mittelproduktes bewirkt. Der erste Anstand ist durch die ganze Tendenz unseres Entwurfs erledigt. Die beiden letztgenannten Hindernisse könnten nöthigeufalls durch die Verwendung von je 2 statt l Meßapparat beseitigt
werden. Wir glauben aber von dieser, im Verhältniß zum Resultat zu kostspieligen Maßregel füglich Umgang nehmen zu können, weil die Konsumenten vor den Unreinlichkeiten des Produktes durch die Bestimmungen des Art. 3 unseres Entwurfes hinreichend geschützt sind.

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Im ganzen Großen dürfen wir jedenfalls die Annahme der Kontrolmeßapparate bei unsern Volksgewohnheiten als Garantie einer einfachen und sichern Durchführung des Steuergesetzes im Innern betrachten.

Wie wichtig eine solche Garantie ist, mag aus der Betrachtung naheliegender ausländischer Verhältnisse erhellen.

Deutschland hat hauptsächlich die Maischraumsteuer, welche eine Menge von Vorschriften, komplizirte Kontrole und entsprechend vielerlei Strafbestimmungen nöthig macht. Ueber die dort im Jahr 1884/85 anhängig gewordenen und theilweise abgewandelten Brauntweinsteuerprozesse gibt nachstehende Zusammenstellung Auskunft..

Ordnungswidrigkeiten.

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318

Was schließlich den Schmuggel an der Grenze betrifft, so hat unser Gesetz mit der Steuerbelastung zu rechnen, welcher der Branntwein in den Nachbarländern unterliegt, in Verbindung mit den dortigen Herstellungskosten. Von den uns umgebenden Staaten belegt Frankreich den Hektoliter absoluten Alkohol mit einem Droit de consommation von Fr. 156; Italien mit einer Steuer von Fr. 100 5 Oesterreich von Fr. 27. 50; Bayern von Fr. 37. 50; Baden von Fr. 23. 65; Württemberg von Fr. 7. 40. Es sind also hauptsächlich Oesterreich und die deutschen Staaten, von denen aus

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selbst der richtig versteuerte Branntwein in die Schweiz mit Vortheil wird eingeschmuggelt werden können, wenn eine Belastung von, Fr. 85 per Hektoliter eintritt. Indessen ist in den deutschen Staaten eine bedeutend erhöhte Belastung in Aussicht genommen, und wasOesterreich anbetrifft, so wird eine, wenn nöthig, verstärkte schweizerische Zollhut einzutreten haben. Wir glauben auch in dieser Richtung die Zusicherung geben zu können, daß unsere Verwaltung nicht mit unüberwindlichen Schwierigkeiten AU thun haben wird..

Wir haben im Bisherigen den Nachweis zu erbringen getrachtet, daß die Aufgaben, welche die Verfassung dem Bunde stellt, durch unsern Gesetzentwurf unter Wahrung der hauptsächlichsten privaten und öffentlichen Interessen wirtschaftlicher Naturili allseitig befriedigender Weise lösbar seien.

Es ist nun aber -- und damit treten wir in eine letzte Serie von Betrachtungen ein -- nicht jede Lösung der Aufgabe, auch wenn sie den bis jetzt erörterten Postulaten entspricht, als annehmbar und gerechtfertigt anzusehen. Jede Lösung hat sich vielmehr noch vor einigen weitern maßgebenden Instanzen zu verantworten, von denen wir als wichtigste bezeichnet haben die a l l g e m e i n e V o l k s w i r t h s c h a f t , die sozialpolitische Opportunità^ die in den H a n d e l s v e r t r ä g e n n i e d e r g e l e g t e n Verpflichtungen.

Hinsichtlich der Forderungen der allgemeinen Volkswirthschaft und der sozialen Politik können wir uns kurz fassen.

Die einläßlich besprochenen Schutz-Maßnahmen, welche wir zu Gunsten der land- und industriewirthschaftlichen Interessen adoptirt haben, bedingen, wie jeder derartige Schutz, gewisse, schließlich von den Konsumenten des geschützten Artikels aufzubringende Opfer.

Die im Allgemeinen freihändlerischen Tendenzen unserer Volkswirthschaft beruhen im Wesen darauf, daß wir im Interesse einer natürlichen nationalen Lastenvertheilung und im Interesse unseres internationalen Verkehrs Austand nahmen, von einem Theile unseres Volkes zum ausschließlichen Wohle eines andern und zum Schaden des Ganzen solche mehr oder minder schwere Opfer zu verlangen.

Wir sind vom Getreidebau zurückgelreten und haben ihn nicht geschützt, weil wir ein Interesse hatten, dem Lande wohlfeiles Brod zu erhalten. Wir haben vom Hanf- und Flachsbau abgelassen,,

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weil Flanderns Boden denselben viel besser und wohlfeiler produzirl und wir diese Waare nicht durch hohen Zollschutz dein Lande theurer machen wollten.

Beim Spiritus und Branntwein ist dieses Interesse nicht vorhanden. Wir haben vielmehr Gründe des allgemeinen Volkswohles, den Branntwein weniger zugänglich zu machen, und erblicken ein Mittel hiefür in der Erhöhung des Preises. Was auch sonst prinzipiell Berechtigtes gegen hohen Zollschutz, wie gegen hohe Besteuerung überhaupt gesagt werden mag, hier trifft es nicht zu.

Allerdings soll dieser Zollschutz und diese Besteuerung nicht so weit gehen, daß der arme Mann bei mäßigem, durch seine Lage legitimirtem Genuß mit einer unverhältnißmäßigen Preissteigerung belastet wird.

Wie wir bereits auseinanderzusetzen Gelegenheit hatten, wird aber eine solche Belastung des mäßigen Verbrauchs bei dem von uns in Aussicht genommenen Steuersystem nicht eintreten (vergi. S. 439).

Die thatsächlich bewirkte Belastung ist überdies sozialpolitisch dadurch gerechtfertigt, daß ihr Ertrag fiskalisch zur Entlnstung von Konsumartikeln verwendet wird, die als Surrogate des belasteten Artikels dienlich sind. Ist doch die durch die Verfassungsrevision eingeführte Branntweinbesteuerung nicht eine neue Steuer zu allen bereits bestehenden, sondern eine Steuer au der Stelle von theilweise bereits bestehenden, eine gleichmäßige Steuer an der Stelle einer ungleichmäßigen, eine heilsam wirkende Steuer auf einem gefahrlichen Genußrnittel an deiStelle einer für das Volk verderblieh gewordenen Steuer auf gesunden Genußmitteln, ein Akt zugleich, welcher geeignet ist, das Land von einem, in der Bestätigung und Verallgemeinerung des kantonalen Ohrngeldsystems drohenden schweren Rückschritt zu bewahren.

Wie unser Steuervorschlag aber vom Standpunkte des Konsums sozial gerechtfertigt erscheint, so ist er es auch von demjenigen der Produktion, indem er nach Möglichkeit zu verhindern sucht, daß im Brennereigewerbe der spekulative, großkapitalistische Betrieb auf den Ruinen aller kleinern Betriebe sich aufbaut oder in der Fabrikation oder im Verkauf Monopole zu .Gunsten Einzelner sich bilden können.

Handelsverträge.

Nachdem die Hindernisse, welche sieh unter diesem Titel dem vorgeschlagenen Gesetz entgegengestellt hätten, durch den bereits erwähnten Nachtragsvertrag mit Frankreich vom Ende Juli 1886 beseitigt worden sind, haben wir bezüglich der Stellung unserer

479 Vorlage zu den Beziehungen mit den Vertragsstaaten hier nichts mehr zu bemerken. Ueber den erwähnten Nachtragsvertrag soll Ihnen zugleich mit dieser Botschaft besonderer Bericht und Antrag vorgelegt werden.

Wir haben die allgemeine Begründung, welche wir unserem Gesetzesentwurf zu geben haben , abgeschlossen und treten nun noch auf einige Spezielle Bemerkungen zu den Einzelbestimmungen desselben ein.

Art. 1. Die hier stipuliate Pflicht zur Erlangung einer Bundeskonzession bezieht sich auf alle Betriebe, die mehlhaltige Stoffe, Rüben, Melasse und andere nicht ausdrücklich durch Alinea l von Artikel 32bis der Bundesverfassung von der Fabrikationssteuer ausgenommene Materialien zu Spiritus verarbeiten. Bei den gegenwärtig bestehenden Verhältnissen der schweizerischen Brennerei kommen in praxi zunächst ausschließlich Kartoffeln und Getreide in Betracht. Der Artikel beschlägt auch die beim Inkrafttreten des Gesetzes bereits bestehenden Brennstätten.

Von der Konzessionspflicht befreit sind die nach Artikel 15 der kantonalen Beaufsichtigung zugewiesenen Brennereien, die aus Wein, Obst und deren Abfällen, aus Enzianwurzeln, Wachholderbeeren und ähnlichen Stoffen geistige Getränke herstellen.

Art. S. Die verlangte Minimalerzeugung von zwei Hektolitern 80 ° ßohspiritus erfordert einen Materialverbrauch von circa fünfzehn Meterzentnern Kartoffeln oder fünf Meterzentnern Mais. Die rationelle Neuerstellung einer Brennerei zur vorschriftsgemäßen Verarbeitung dieses Quantums kostet unter Einrechnung der Baufläche und des Neubaues im Maximum 40,000 Franken. Die maschinellen Einrichtungen allein kommen auf nicht mehr als 15,000 Franken zu stehen.

Bei dieser Höhe der Anlagekosten ist das Brenngewerbe dem einzelnen Landwirth, insbesondere aber den bäuerlichen Brennereigenossenschaften hinreichend zugänglich gemacht, um so mehr, als die erforderlichen Gebäude oder Lokalitäten zur Installation der

480

Brennerei häufig schon vorhanden sind, es sich also vielfach bloß noch um die Beschaffung der Destillationsapparate handeln wird.

Die gestellten Anforderungen an die technische Leistungsfähigkeit sollen einen rationellen Brennbetrieb fördern, der Reinheit des Produkts Vorschub leisten, der Herstellung einer gesunden Schlempe, wie einer zweckentsprechenden Verwerthung derselben dienen, das ganze Gewerbe auf einen kaufmännisch gesunden Boden stellen und die Mißbräuche in der Brennerei beseitigen helfen, die der ungehinderte Zutritt zum fertigen Destillat und die unkontrollirbare Verkaufsweise heute mit sich bringen. Auch haben sie den Zweck, durch eine Beschränkung der Betriebe, die Steuerkontrole zu erleichtern.

Beim Entzug der Gewerbsbewilligung ist, abgesehen von der Insolvabilität der Unternehmer, wesentlich an die Fälle von Vorbestrafungen nach Titel V gedacht ; bei der vorbehaltenen Verweigerung der Gewerbsbewilligung an die Fälle, wo der Steuerbezug durch die Projektirung einer Brennerei hart an der Landesgrenze oder durch die Erstellung einer solchen in Verbindung mit Geschäften, die gebrannte Wasser berufsmäßig verwenden, gefährdet erschiene. Bei. dieser Verbindung ist insbesondere ein den Steuerbezug allfällig beeinträchtigender gleichzeitiger Betrieb einer Brennerei und einer Reinigungsanstalt in's Auge gefaßt.

Art. 4. Die Bestimmung hat den Doppelzweck, für die Ueberwachung des wirklichen Vollzugs der obligatorisch vorgeschriebenen Reinigung und für die Kontrole der Reinigungsanstalten, deren Rektifikationsapparate ihrer Konstruktion nach auch zur Destillation verwendet werden könnten, eine Handhabe zu gewinnen.

Art. 6. Der Abzug von 5 % entspricht dem faktischen Verluste, der durchschnittlich aus Schwund, Reinigung, Umschüttung etc. resultirt, hat also nicht den Charakter irgendwelcher Begünstigung.

Art. 7. Alinea l bezieht sich blos auf die Steuerfestsetzung.

Für die allgemeine Kontrole des Betriebs ist die Verwaltung selbstverständlich nicht an Monatstermine gebunden.

Alinea 2 bringt dem Brenner de facto einen bis zum Verkauf des Produkts sich erstreckenden, allerdings auf dessen eigene Kosten fallenden Steuerkredit.

Art. 8. Die mit Sprit hergestellten Produkte des Auslandes, wie z. B. feine Seifen und Parfümerien, können den Grundsätzen der Handelsverträge zufolge bei der Einfuhr nur dann mit der

481 Zuschlagssteuei1 belegt werden, wenn für den zur Herstellung des analogen Artikels im Inlande verwendeten Sprit nicht nach Artikel 10 eine Rückerstattung der Steuer bewilligt würde. Es bezieht sich die Vorschrift von Alinea l demnach, soweit sie nicht eigentliche Getränke betrifft, blos auf Produkte, hinsichtlich welcher eine Steuerrückvergütung im Innern wegen der Unmöglichkeit der Denaturirung nicht gewährt werden kann.

Art. 9. Der denaturirt importirte Sprit hat, wie bisher, Fr. 7 per Meterzentner Zoll zu bezahlen.

Art. ÌO. Bei der Wahl der Denaturirungsmittel wird der Bundesrath den Verhältnissen der verschiedenen Industrien thunlichst Rechnung tragen.

Art. 12. Bei den meist sehr kleinen Brennereien der Bierbrauer wäre die Anbringung eines Kontrolmeßapparats in den weitaus seltensten Fällen angezeigt. Auch wäre es bei der geringen Qualität des aus Restbier und Glattwasser hergestellten Schnapses nicht billig, eine hohe Besteuerung eintreten zu lassen. Bei dem Vorhandensein anderer, zum Brennen sehr geeigneter Stoffe in der Brauerei aber und bei der Anwesenheit von dem Brennzweck sehr dienlichen Gefäßen ist es immerhin gerathen, die Brauereibrennereien einer gewissen Aufsicht zu unterstellen.

Art. 15. Bei einer Steuer von 85 Franken per Hektoliter liegt die Gefahr nahe, daß die der Buudesgesetzgebung nicht unterstellten Brennereien illiciter Weise Rohstoffe verarbeiten, die der Besteuerung unterliegen sollten.

Solchen Manipulationen vorzubeugen, ist zunächst Sache der finanziell interessirten und zu legislatorischem Eingreifen befugten Kantone. Sie werden aber an den besteuerten Brennern natürliche und unbesoldete Wächter der Gesetzgebung finden.

Art. 46. Dem Bund erwachsen im Wesentlichen folgende Aufgaben : Die Konzessionirung der Brennereien mit den damit verbundenen Untersuchungen.

Die periodische Feststellung -- nach den Anzeigen des Kontrolmeßapparates -- der Produktion der einzelnen Brennereien und, damit verbunden, des schuldigen Steuerbetrags.

Die fortlaufende Kontrole der Meßapparate und der amtlichen Plomben.

482 Die Sicherstellung des Steuerbetrags, wenn nicht sofort bezahlt wird, 'durch amtliche Verwahrung des noch nicht versteuerten Spiritus.

Der Steuereinzug und die Abrechnung mit den einzelnen Brennereien.

Die Kontrole betreffend die vorgeschriebene Rektifikation.

Die Untersuchung des eingehenden fremden Spiritus auf dessen Reinheit.

Die Erhebung der Zuschlagssteuer.

Die Besorgung der Rückvergütung.

Die Denaturirung.

Die Abrechnung mit den Kantonen.

Art. 17. Die Hauptpflichten der Brenner werden im Halten der vorgeschriebenen Bücher, in Anzeigen bezüglich des Betriebs und der Unterbrechungen desselben und in der Duldung der nöthigen amtlichen Verschlüsse bestehen. Für ihre Angestellten haften sie nach Art. 22. Mißbräuchliche Benützung der zu Kontroizwecken ertheilten Aufschlüsse durch die Beamten ist durch Art. 53 des Bundesstrafrechts ausgeschlossen. Da die Kontrolmeßapparate ausschließlich Steuerzwecken dienen, ist es billig, ihre Anschaffungskosten zu Lasten des Fiskus zu übernehmen.

Art. 18. Wir haben geglaubt, den Beitrag der Kantone an die Zollverwaltung auf 6 °/o ansetzen zu dürfen. Die Kantone Bern, Wallis und Waadt bezahlen dem Bund für seine Beihülfe in der Ohmgeldverwaltung zur Zeit ebenfalls 6 °/o der Bruttoeinnahme.

Art. 20124. Die Strafen sind im Allgemeinen nach Analogie der Zollbußen behandelt. Die Hauptgefahr einer Umgehung des Gesetzes liegt in der heimlichen Brennerei, und es dient namentlich der Umstand, daß das Brennen von Wein und Obst und deren Abfällen, von Enzianwurzeln, Wachholderbeeren und ähnlichen Stoffen durch den Art. 32bi" der Buudesgesetzgebung entzogen ist, zur Erschwerung der Durchführung des Verfassungsartikels. Den Kantonen überlassen, haben diese, wie schon bei Art. 15 erwähnt, dafür zu sorgen, daß solche Brennereien, die übrigens ihr Geschäft während einer bestimmten kurzen Zeit des Jahres ausführen und für irgend eine namhafte Verarbeitung stärkemehlhaltiger Stoffe nicht eingerichtet sind, den Kreis ihrer Befugnisse nicht tiberschreiten, welche kantonale Aufsicht durch die eidgenössische Strafbestimmnng unterstützt wird, daß, wer unbefugter Weise -- also durch unkonzessionirtes Brennen mehlhaltiger Stoffe -- Spiritus erzeugt,

4b3 einer Geldbuße unterliegt, welche das Fünf- bis Dreißigfache der dem Bunde unterschlagenen Summe beträgt.

Der bei Artikel 21 vorbehaltene Artikel 47 des Bundesstrafrechts handelt von der Bestrafung des gewaltsamen Widerstands gegen die Behörden mit Gefängniß. Es schien uns nicht zuläßig, einen solchen Widerstand bloß mit einer Geldhuße zu bedrohen.

Nach der io Artikel 23 citirten Vorschrift des Zollgesetzes würde bei der Vertheilung von Geldbußen, die auf Grund der Anzeigen von Zollbeamten bezogen werden, dem Bund an Stelle der Gemeinde lls des Betrages zufallen.

Art. 25. Infolge der technischen Anforderungen, welche unser Entwurf an den Betrieb einer Brennerei stellt, muß eine ganze Menge der heute im Land bestehenden, zum Theil sehr primitiv ausgerüsteten Brennereien, sofern dieselben nicht zu einem Umbau ihrer Einrichtungen sich verstehen wollen, auf die fernere Ausübung des jetzigen Gewerbes Verzicht leisten, es sei denn, daß die Apparate inskünftig ausschließlich zur Herstellung solcher Spirituosen verwendet würden, deren Rohstoff der Bundesgesetzgebung nicht unterstellt ist.

' Den hiedurch verletzten Interessen glaubten wir, ohne Anerkennung rechtlicher Ansprüche, durch Aufkauf der außer Betrieb gesetzten Apparate eine billige Entschädigung zuwenden zu sollen, um so mehr, als es auch im Interesse des Bundes Hegt, auf Grund dieser Entschädigung eine möglichst große Zahl solcher primitiven Brennanstalten eingehen zu sehen.

Art. 26. Die Einführung einer neuen beträchtlichen Bundessteuer auf Alkohol wird, wie die Einfuhrung beinahe jeder indirekten Steuer, die Wirkung haben, unmittelbar vor ihrem Inkrafttreten eine namhafte, auf Ersparung der Steuer gerichtete Vermehrung der Produktion und des Imports au provoziren. Diese Vermehrung kann bei einer Waare, die gegenwärtig im Ausland unter so gedrückten Preisverhältnissen steht, wie der Alkohol, so bedeutende Dimensionen annehmen, daß dadurch der fiskalische Zweck der neuen Steuer für die ersten Finanzjahre fast vollständig vereitelt /.u werden vermag.

In unserem Fall würde die antizipirt eingeführte oder produzirte Munge nicht nur der neuen Besteuerung entgehen, sondern es könnten die im Lande angesammelten unversteuerten Vorräthe dem Fiskus auch dadurch noch zum Schaden gereichen, daß für sie bei der Wiederausfuhr oder bei der technischen Verwendung die gesetzlich vorgesehene Rückvergütung für einen Betrag beansprucht und geleistet würde, der in Wahrheit dem Staate nie erlegt worden ist.

484

Insbesondere ist die Einfuhr aus dem Auslande zu befürchten, wie sie die Spekulation zwischen dem gesetzgebenden Beschluß der Bundesversammlung und dem Ablauf der Referendumsfrist, beziehungsweise dem Volksentscheid, aller Wahrscheinlichkeit nach in größerm Maßstabe inszeniren würde.

Da der Grenzzoll nach den Handelsverträgen erst erhöht werden kann, wenn die innere Produktion mit einer Steuer von demselben Betrag belastet ist, hielten wir nach dem Vorgang anderer Staaten ·die Auflage einer Debergangssteuer für das verläßlichste Mittel, um der drohenden Einbuße entgegenzuarbeiten und zu entgehen.

Wir sind am Schluß unserer Motivirung angelangt.

Die Zwecke, welche die Verfassungsrevision vom 25. Oktober 4885 verfolgt, können auf verschiedenen Wegen erfüllt werden.

Wir haben uns aber überzeugt, daß die Lösung der Aufgabe, ·welche wir Ihnen empfehlen, andern Vorschlägen gegenüber von mehrfachen Gesichtspunkten aus vorzuziehen ist. Wir erlauben uns deshalb, Ihnen den nachfolgenden Gesetzesentwurf zu unterbreiten und zur Genehmigung zu empfehlen.

B e r n , den 8. Oktober 1886.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Deucher.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

485

((Entwurf)

Bundesgesetz betreffend

die Herstellung und Besteuerung von Branntwein.

Die Bundesversammlung der .schweizerischen Eidgenossenschaft, 1) nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 8. Oktober 1886; 3) in Anwendung der Art. 31, 32 und 32 bis der Bundesverfassung und Art. 6 ihrer Uebergangsbestimmungen, beschließt: Titel I.

Befugniss zur Herstellung, Einfahr und Reinigung gebrannter Wasser.

Art. 1. Wer behufs Erzeugung gebrannter Wasser aus .solchen Stoffen, deren Brennen durch Art. 32bi der Bundesverfassung der Bundesgesetzgebung unterstellt, ist, eine Brennerei zu betreiben beabsichtigt, hat bei der zuständigen Bundesbehörde, unter Vorlage der auf dem Verordnungswege verlangten Ausweise, eine Gewerbsbewilligung auszuwirken.

Art. 2. Die Gewerbsbewilligung wird nur für solche "Brennereien ertheilt, welche im Stande sind, während eines 12 stündigen Brenntages in einmaliger Destillation ein Gesammtquantum von zwei Hektolitern Rohspiritus von durchschnittlich 80 ° Alkoholgehalt nach Tralles zu erzeugen.

Bundesblatt 38. Jahrg. Bd. III.

37

486

Der Bundesrath ist befugt, die Gewerbsbewilligung zum Betrieb einer Brennerei zu verweigern, oder eine bereits ertheilte Bewilligung zu entziehen, wenn der Bezug des Einfuhrzolles oder der durch dieses Gesetz vorgeschriebenen Steuer durch die örtliche Lage oder den Betrieb der Brennerei, durch Zahlungsunfähigkeit oder wiederholte Zahlungssäumniß der Geschäftsunternehmer gefährdet ist.

Art. 3. Die Brenner haben für die Reinigung des durch sie erzeugten und 'Dicht denaturirten Spiritus zu sorgen.

Die nähern Bestimmungen über das Verfahren sind auf dem Verordnungswege festzusetzen.

Art. 4. Wer eine Anstalt zur Reinigung von Spiritus betreiben will, hat hiefür bei der zuständigen Bundesbehörde, unter Vorlegung der auf dem Verordnungswege verlangten Ausweise, eine Gewerbsbewilligung auszuwirken.

Die Gewerbsbewilligung wird nur ertheilt und aufrecht erhalten, wenn der Nachweis geleistet ist, daß die technischen Einrichtungen und die Gebäulichkeiten den mit Rücksicht auf deren Zweck zu stellenden Anforderungen vollkommen entsprechen.

Art. 5. Die nach ihrem Alkoholgehalt zu verzollenden Spirituosen dürfen nur in gereinigtem Zustande und bloß an denjenigen Eingangsstationen importirt werden, welche die Zollbehörde als Untersuohungsstationen erklärt. Vorbehalten bleibt der Transit von Rohspiritus und die Einfuhr der an der Grenze denaturirten Spirituosen.

Titel II.

Besteuerung gebrannter Wasser.

Art. 6. Die Herstellung gebrannter Wasser in den diesem Gesetz unterworfenen Brennereien (Art. 1) unterliegt einer Steuer, welche 85 Franken von jedem Hektoliter absoluten Alkohols beträgt.

487

Die zu versteuernde Menge wird festgestellt auf Grund der Anzeigen von amtlich geeichten Kontrolmeßapparaten.

Für Verluste durch Schwund, Reinigung etc. wird an .der ermittelten Menge Rohspiritus ein Abzug von 5 °/o berechnet.

Wenn die Jahresproduktion einer Brennerei unter 1000 Hektolitern absoluten Alkohol? bleibt, aber 900 Hektoliter erreicht, so werden für jeden versteuerten Hektoliter drei Franken rückvergütet; wenn die Produktion 800 Hektoliter erreicht, aber unter 900 Hektolitern bleibt, so betragt die Rückvergütung sechs Franken per Hektoliter und so fort, indem die Rückvergütung sich um je drei Franken für jedes volle hundert Hektoliter erhöht, um welches die Produktion unter jenen Ziffern zurückbleibt.

Art. 7. Unmittelbar nach Verfluß eines jeden Monats wird der Betrag der zu entrichtenden Steuer festgestellt.

Die Steuer soll binnen Monatsfrist nach Zustellung des Steuerzeddels bezahlt werden.

Wenn die Zahlung nicht erfolgt, so hat die Bundesbehörde das Fabrikat, für welches die Steuer nicht entrichtet wurde, oder eine gleichwerthige Menge andern Alkohols mit Beschlag belegen und auf Kosten und Gefahr des Fabrikanten in die ,,Verfügung des Bundes bringen zu lassen, sei es durch Einlagerung in besondern Räumlichkeiten, sei es auf andere Weise. An dem beschlagnahmten Alkohol steht dem Bunde ein Ketentionsrecht zu, das er nach Maßgabe der Art. 224 und ff. des Obligationenrechts ausüben wird.

Art. 8. Für Sprit, Spiritus, Trinkbranntweine, Liqueure und mit Sprit oder Spiritus hergestellte Produkte, die in die Schweiz eingeführt werden, ist an der Grenze, außer den Einfuhrzöllen, eine Zusehlagssteuer zu entrichten, welche der inländischen Bundessteuer (Art. 6, Alinea 1) entspricht.

Andererseits 'wird bei der Ausfuhr von Produkten der angeführten Art für den darin enthaltenen Alkohol eine dieser inländischen 'Besteuerung entsprechende Summe, sowie die Hälfte des bezahlten Einfuhrzolles (Art. 9) zurückvergütet.

488

Die Zuschlagssteuer und die Rückvergütung werden je nach der Art der Produkte durch den Bundesrath bestimmt, wobei auf die Fabrikations Verhältnisse jedes Produktes, soweit möglieh, Rücksicht zu nehmen ist. Für Quantitäten unter 20 Litern werden keine Rückvergütungen geleistet.

Art. 9. Die Einfuhrzölle betragen: per q. Bruttoa. für Liqueure in Fässern, Flaschen gewicht.

oder Krügen .

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. F r . 20. -- bis 24. -- b. für Weingeist, Alkohol, Trinkbranntwein und andere mit Alkohol (Sprit oder Spiritus) berges teilte Getränke in Fässern für jeden hunderttheiligen Grad absoluten Alkohols .

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,, --. 25 b i s -- . 4 0 c. für Trinkbranntweine und andere mit Alkohol hergestellte Getränke in Flaschen oder Krügen ohne Unterschied des Stärkegrades ,, 20. -- bis 24. -- Der Bundesrath hat das Recht, innerhalb der vorstehenden Grenzen den Betrag des Zolles festzustellen und jederzeit abzuändern.

Art. 10. Spirituosen, welche bei der Einfuhr vorschriftsgemäß denaturirt werden, sind der Zuschlagssteuer (Art. 8) enthoben.

Für Sprit, der im Inland zürn Trinkgebrauch untauglich gemacht (denaturirt) worden ist, wird eine der inländischen Besteuerung (Art. 6, Alinea 1) entsprechende Rückvergütung geleistet.

Der Bundesrath wird die Bedingungen und das Verfahren feststellen, denen die Denaturirung unterworfen ist.

Art. 11. Die Steuerrückvergütungen (Art. 8 und 10) werden mittelst Anweisungen geleistet.

Die nähern Bestimmungen über das Verfahren der Rückvergütung sind auf dem Verordnungswege festzusetzen.

489 Art.

Bier und von den schriften

12. Mit Bezug auf das Brennen von verdorbenem Glattvvasser kann der Bundesrath, in Abweichung Titeln I und II dieses Gesetzes, besondere Vorerlassen.

Titel III.

Handel mit gebrannten Wassern jeder Art.

Art. 13. Das Hausiren mit gebrannten Wassern jeder Art, sowie der Ausschank von solchen und der Kleinhandel mit denselben in Brennereien, in Spezereihandlungen und andern Geschäften, in denen der besagte Ausschank oder Kleinhandel nicht in natürlichem Zusammenhang mit dem Verkauf der übrigen Handelsartikel stehen würde, sind verboten.

Dem Hausiren gleichgestellt wird das Aufsuchen von Bestellungen von gebrannten Wassern in der Wohnung bei Personen, in deren Gewerbe solche keine Verwendung finden.

Vorbehalten bleibt der Kleinhandel mit denaturiertem Sprit.

Art. 14. Der Handel mit gebrannten Wassern in Lieferungen von über 40 Litern ist ein freies Gewerbe (Großhandel). Der Handel mit kleinern Quantitäten zerfällt in : 1) den Ausschank zum Genuß an Ort und Stelle; 2) den Kleinverkauf über die Gasse.

Die Bewilligungen zum Kleinhandel und Ausschank werden von den kantonalen Behörden ertheilt und sind an eine der Größe und dem Werthe des Umsatzes entsprechende Verkaufssteuer zu knüpfen, welche bis zum Erlaß eines Bundesgesetzes von den Kantonen festgesetzt wird.

Die Gefäße der Schankstellen sind eichpflichtig.

490

Titel TV.

Steneraufsicht, Kontrolmaßregeln und Abrechnung.

Art. 15. Die Kantone sind verpflichtet, die Aufsicht über den Handel mit gebrannten Wassern jeder Art und über diejenigen Brennereien zu üben, welche sich mit der Verarbeitung nicht bundessteuerpflichtiger Rohstoffe befassen.

Art. 16. Die Durchführung des Gesetzes in seinen übrigen Theilen liegt dem Bundesrathe ob, welcher hiefür die nöthigen Vollziehungsverordnungen erlassen und die erforderlichen Organe bezeichnen wird. Der Bundesrath kann die Mitwirkung der Kantone beanspruchen, in welchem Falle denselben nachgewiesene Kosten zu vergüten sind.

Art. 17. Die Inhaber von Brennereien und Reinigungsanstalten sind verpflichtet, allen Vorschriften nachzukommen, welche der Bundesrath hinsichtlich der Beaufsichtigung ihres Gewerbes aufstellen wird.

Insbesondere sind sie gehalten, den mit dem Vollzug des Gesetzes beauftragten Organen Einsieht in ihre Geschäftsbücher zu gestatten, sowie denselben bei ihren Amtshandungen die nöthigen Hülfsarbeiten zu leisten oder leisten zu lassen. Die Brenner sind verpflichtet, ihre Brennvorrichtungetf mit dem vorschriftsgemäßen Kontrolmeßapparat so zu verbinden, daß die Menge und Stärke des gewonnenen Erzeugnisses an Rohspiritus zuverläliig ermittelt werden kann.

Die Anschaffungskosten des Apparates werden den BrennereiInhabern durch Abzug an den ersten Steuerbetreffnissen zurückerstattet, womit der Apparat in's Eigenthum des Bundes übergeht.

Art. 18. Die Abrechnung mit den Kantonen im Sinne von Artikel 32bl" der Bundesverfassung und Artikel 6 ihrer Übergangsbestimmungen findet jeweilen auf den 31. Dezember statt.

Der Betrag der Reineinnahmen wird vom Buudesrath unter Abzug der Kosten festgestellt, welche durch die

491 Steuerverwaltung veranlaßt werden. Ueberdieß ist an die Zollverwaltung ein Beitrag an die Verwaltungskosten in der Höhe von 6 °/o des Bruttoertrages der an: der Grenze bezogenen Bundessteuer zu leisten und der Aufwand für Vermehrung des Grenzschutzes zu vergüten, welche allfällig zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlich wird.

Die in Artikel 24 festgesetzte Uebergangssteuer ist nach Maßgabe des letzten Alinea von Artikel 32bla der Bundesverfassung unter die Kantone zu vertheilen. Dooh soll den einzelnen Kantonen für ihre Mitwirkung an der Feststellung der Uebergangssteuer auf ihren Territorien vorweg eine Vergütung gewährt werden, die nach der Zahl der Steuerpflichtigen und nach der Gesammthöhe der Steuersumme zu bemessen ist.

Art. 19. Sollte ein Kanton der im letzten Satz von Art. 32bls der Bundesverfassung enthaltenen Bestimmung nicht nachkommen, so hat der Bundesrath das Recht, den nicht verwendeten Betrog bei der nächsten Zahlung zurückzubehalten.

Titel V.

Strafbestimmungen.

Art. 20. Wer den Bestimmungen dieses Gesetzes zuwiderhandelt, indem er sich in rechtswidriger Weise der Besteuerung (Titel II und VI) entzieht, oder sich eine ungerechtfertigte Steuerrückvergütung zuwendet, oder steuerfrei erklärte Spirituosen zu andern als den gestatteten Zweckea verwendet, ist wegen Steuerunterschlagung mit einer Geldbuße zu belegen, welche das Fünf- bis Dreißigfache der in Frage kommenden Steuersumme beträgt.

Kann die letztere nicht ermittelt werden, so tritt Geldbuße von Fr. 200--10,000 ein.

492 Befindet sich der Fehl bare im Rückfalle oder bestehen?

erschwerende Umstände, so kann die Geldbuße verdoppelt und überdieß auf Gefangniß bis zu sechs Monaten erkannt, werden.

Der Versuch der Steuerunterschlagung wird der Steuerunterschlagung gleich geachtet.

Art. 21. Außer den im vorigen Artikel genannten Fällen1 wird jede Uebertretung dieses Gesetzes oder der zur Ausführung desselben erlassenen Verordnungen mit Geldbuße von Fr. 20--500 bestraft. Die Geldbuße beträgt Fr. 50--1000,, wenn der Fehlbare die Vornahme der amtlichen Kontrolezu verhindern gesucht hat. Vorbehalten bleibt Artikel 47, des Bundesstrafrechts.

Art. 22. Die Geschäflsunternehtner sind für die ihrenAngestellten, auferlegten Geldbußen persönlich und solidarisch haftbar, wenn sie nicht nachweisen, daß sie alle erforderliche.

Sorgfalt angewendet haben, um Uebertretungen von Gesetz und Verordnungen zu verhüten.

Art. 23. Von den Geldbußen, welche auf Grund diesesGesetzes bezogen werden, kommt ein Dritttheil dem Verleider, ein Drjtttheil dem Kanton und ein Dritttheil der Gemeinde zu, in welcher die Widerhandlung stattgefunden hat.

Wo kein Verleider ist, fällt auch der Verleiderantheil in die Kantonskasse. In Fällen, in denen die Uebertretung durch Beamte oder Bedienstete der Zollverwaltung ermittelt, wird, geschieht die Vertheilung der Bußen nach Artikel 57 des Zollgeaetzes vom 27. August 1851.

Art. 24. Mit Bezug auf das Verfahren bei Uebertretungeu dieses Gesetzes oder der zur Durchführung desselben erlassenen Verordnungen gilt das Buudesgesetz vom 30. Juni 1849 betreffend das Verfahren bei Uebertretungen fiskalischer und polizeilicher Gesetze.

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0

493

Titel VI.

Uebergangs- und Schlußbestimmnngeii.

Art. 25. Den Besitzern von vor dem 25. Oktober 1885 entstandenen Brennereien, welche die Anforderungen dieses Gesetzes nicht zu erfüllen im Stande und auch nicht gewillt sind, ihre Brenneinrichtungen inskünftig zur ausschließlichen Herstellung von der Bundesgesetzgebung nicht unterliegenden Spirituosen zu verwenden, wird, ohne Anerkennung eines Rechtsanspruchs, durch den Ankauf der metallenen Bestandtheile ihrer Brenneinrichtungen zum Apparatenwerth eine billige Entschädigung gewährt werden. Die Bestimmung des bezüglichen Kaufpreises ist dem endgültigen Beschlüsse des Bundesrathes vorbehalten.

Art. 26. Der Bundesrath hat das Recht, die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes im Lande vorhandenen, je über Va Hektoliter betragenden Vorräthe an Spiritus und Sprit oder an daraus bereiteten, aromatisirten oder versüßten Trinkbranntweinen mit einer Uebergangssteuer von Fr. 85 per Hektoliter absoluten Alkohols zu belegen. Die Besitzer solcher Vorräthe sind zur Anmeldung derselben verpflichtet. Bei Festsetzung der Uebergangssteuer sind die auf den Vorräthen bereits entrichteten kantonalen Steuern in billige Berücksichtigung zu ziehen. Im Falle der Denaturirung oder Ausfuhr wird der nachgewiesenermaßeu bezahlte Betrag der Uebergangssteuer zurück vergütet.

Für Vorräthe an gebrannten Wassern, betreffs welcher geltend gemacht wird, daß sie der Uebergangsbesteuerung nicht zu unterwerfen seien, ist die Steuer gleichwohl zu bezahlen, wenn der Inhaber nicht im Stande ist, die Richtigkeit seines Anspruchs auf Steuerfreiheit nachzuweisen.

Art. 27. Der Bundesrath hat den Beginn der Wirksamkeit der einzelnen Theile dieses Gesetzes so festzustellen, daß der Uebergang aus den bestehenden Verhältnissen thunlichst erleichtert wird.

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Die von den Kantonen und Gemeinden nach Art. 32 ·der Bundesverfassung bezogenen Gebühren auf geistigen Getränken fallen auf den Zeitpunkt dahin, von welchem an die in Titel II dieses Gesetzes vorgesehenen Steuern zur Erhebung gelangen.

Art. 28. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung des gegenwärtigen Bundesgesetzes beauftragt.

Art. 29. Der Bundesrath ist beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874, betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, die Bekanntmachung dieses Gesetzes zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzusetzen.

495

# S T #

Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung betreffend die Trennung der handelsstatistischen Abtheilung der Oberzolldirektion von der Zollrevision.

(Vom 26. Oktober 1886.)

Tit.

Durch Ihren Beschluß vom 30. Juni / 1. Juli dieses Jahres ist der Bundesrath eingeladen worden: ,,zu untersuchen, ob nicht eine Trennung der handels,,statistischen Abtheilung von der Zollrevision im Sinne ,,größerer Selbstständigkeit der ersteren, aber auch der AusDehnung ihres Geschäftskreises durchgeführt werden sollte."

Indem wir, diesem Beschlüsse nachkommend, vorausschicken, daß derselbe den Absichten unseres Zolldepartements begegnete, welches im Begriffe war, mit einer diesbezüglichen Anregung einzukommen, haben wir die Ehre, uns über die gestellte Frage in Folgendem näher auszusprechen und Ihnen zugleich einen Gesetzentwurf vorzulegen.

Gleichzeitig mit der am 1. Januar 1885 erfolgten Einführung eines neuen schweizerischen Zolltarifs ist auch die Aufnahme einer Statistik des Waarenverkehrs der Schweiz mit dem Auslande, gemäß einer vom Bundesrath, in Vollziehung von Art. 4 und 5 des Tarifgesetzes vom 26. Juni 1884, und in weiterer Vollziehung des eidgenössischen Zollgesetzes vom 27. August 1851 unterm 10. Oktober 1884 (siehe eidg. Gesetzsammlung neue Folge, Band VII, Seite 597) erlassenen Verordnung, in' Werk gesetzt worden.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die Ausführung der Artikel 31, 32, 32bis und Uebergangsbestimmung 6 der Bundesverfassung. (Erlaß eines Bundesgesetzes über die Herstellung und Besteuerung von Branntwein). (Vom 8. Oktobe...

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Jahr

1886

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3

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46

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06.11.1886

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421-495

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