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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsgesuch des Eugen Spechbach, von Miecourt (Bern).

(Vom 11. Dezember 1888.)

Tit.

Am 28. Februar 1886 um 10 Uhr Abends wurde E u g e n ; S p e c h b a c h , von Miécourt, von zwei Grenzwächtern betroffen, als er mit Wagen und Pferd auf einem für den Verkehr mit zollpflichtigen Waaren verbotenen Wege zwei Faß Sprit nach dem Dorfe Mieeourt brachte, ohne dieselben bei der Zollstätte zur Verzollung angemeldet zu haben.

Die zollamtliche Verifikation der Ladung ergab eine Zollumgehung von Fr. 63. 75, nebst einer Ohmgeldvevschlagniß von Fr. 128. 20. Bei der Protokollaufnahme erklärte Spechbach freiwillige und bedingungslose Unterziehung unter den Strafentscheid der Zollbehörde.

Das Zolldepartement erkannte in Anwendung von Art. 51 des Zollgesetzes (A. S. II, 535) auf den dreißigfachen Betrag des umgangenen Zolles, und zwar in Anbetracht: 1) daß der Schmuggel zur Nachtzeit nach Schluß der reglementarischen Zollstunden und auf einem für den Verkehr mit zollpflichtigen Waaren verbotenen Wege ausgeführt wurde; 2) daß Eugen Spechbach von frühern Straffällen her als gewerbsmäßiger Schmuggler bekannt war.

1309 Nach Gesetz kann gegenüber rückfälligen Schmugglern eine Buße bis auf den sechzigfachen Betrag des umgangenen Zolles ausgesprochen werden.

Fuhrwerk und Ladung waren in Ermangelung genügender Sicherheit für den muthmaßlichen Betrag der Buße von der Zollstätte Miécourt beschlagnahmt (Art. 2 des Fiskalstrafgesetzes vom 30. Juni 1849, A. S. I, 87) und gelangten in der Folge zur Versteigerung.

Vom Nettoerlös, im Betrage von Fr. 369. 90, erhielt zunächst der eidgenössische Fiskus Fr. 63. 75 als umgangene Zollgebühr und der Staat Bern Fr. 128. 26 als umgangenes Ohmgeldbetreffniß; den Rest von Fr. 177. 95 behändigte die Zollverwaltung auf Rechnung der Zollbuße im Betrage von Fr. 1912. 50. Für dea Rest der Buße (Fr. 1734. 55) wurde hingegen nach Ablauf der gesetzlichen Zahlungsfrist, gestützt auf Art. 28 des Fiskalstrafgesetzes, beim Regierungsstatthalteramt Pruntrut Strafumwandlung in Gefängniß verlangt. Die genannte Amtsstelle entsprach dem Gesuche und notifizirte dem Eugen Spechbach unterm 21. April das auf 289 Tage Gefangenschaft lautende Urtheil, dessen Vollzug jedoch um acht Tage verschoben wurde, die der Herr Regierungsstatthalter als letzte Zahlungsfrist eingeräumt hatte.

Als dann, wie vorauszusehen, keine Zahlung erfolgte, erließ das Regierungsstatthalteramt unterm 3. Mai den Verhaftsbefehl.

Inzwischen hatte sich aber Spechbach durch Uebersiedlung auf elsäßisches Gebiet, wo er sich unter Deponirung von Ausweisschriften in Courtavon niederließ, der Strafe entzogen.

Das Schmuggelgewerbe scheint er aber auch von seinem neuen Aufenthaltsort aus betrieben zu haben. In der Nacht vom 26./27. Mai 1886 fuhr ein Individuum in scharfem Trabe mit einer Ladung Sprit bei der Nebenzollstätte Chamoille vorbei und wurde circa 300 m. vom Zollbüreau entfernt von einem Grenzwächter angehalten, der, um des Fuhrmannes habhaft zu werden, auf das Renkscheit des Wagens sprang. Der Fuhrmann aber versetzte dem Grenzwächter mit einem Knüttel einen so wuchtigen Hieb auf deo Kopf, daß der Getroffene unter den Wagen fiel, der über ihn wegfuhr, woraufhin der Erstere auf das Pferd einhieb und im sehnelisten Galopp davonsprengte.

Der Grenzwächter, der bedeutende Verletzungen davongetragen hat und infolge dessen längere Zeit dienstunfähig war, will in dem Fuhrmann den Eugen Spechbach genau erkannt haben.

Erst am 12. Juni 1888 gelang es zwei G-renzwächtern, den Spechbach auf schweizerischem Gebiet zu verhaften und an das

1310 Regierungsstatthalteramt Pruntrut abzuliefern. Indessen mußte die gegen ihn angehobene Klage auf Körperverletzung fallen gelassen werden, weil der betreffende Grenzwächter es nicht glaubte verantworten zu können, seine Aussage, daß er in jenem Fuhrmann den Spechbach erkannt habe, eidlich zu bekräftigen.

Dagegen wurde Speehbaeh in Haft behalten, um seine Gefängnißstrafe wegen der am 28. Februar 1886 begangenen Zollübertretung abzusitzen.

Mit Schreiben vom 27- November dieses Jahres hat nun, Namens des Antoine (recte Eugen) Speehbaeh, Hr. Advokat Balimann in Pruntrut dem Bundesrathe zu Händen der Bundesversammlung ein Strafnachlaßgesuch eingereicht, welches damit begründet wird, daß ein längeres Verbleiben im Gefängniß der Gesundheit Spechbachs unzuträglich sei.

Der Bundesrath ist nicht im Falle, dieses Gesuch befürworten zu können.

Speehbaeh ist einer der berüchtigsten und verwegensten Schmuggler im Berner-Jura, der nach seinen Antezedenzien eine besondere Nachsicht nicht beanspruchen kann. Eine Begnadigung würde nicht verfehlen, das Schmuggelgewerbe noch zu ermuthigen, das in der Gegend von Pruntrut ohnehin infolge des Alkoholmonopols so (iberhand genommen, daß die Verstärkung der dortigen Grenzwachmannschaft um volle 16 Mann nothwendig geworden ist.

Die Begründung des Gesuchs durch Hinweis auf die gesundheitsschädlichen Folgen der Haft kann kaum in Betracht fallen, zumal kein ärztliches Zeugniß diese Behauptung bestätigt.

Beiläufig sei noch bemerkt, daß bei Festnahme Spechbachs die ihm vom Staate Bern auferlegte Buße wegen Ohmgeldverschlagniß, im Betrage von Fr. 1282, bereits verjährt war.

Wir sehließen mit dem Antrage, es sei das Strafnachlaßgesuch abzuweisen.

Genehmigen Sie, Tit., die erneuerte Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

B e r n , den 11. Dezember 1888.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der V i z e p r ä s i d e n t :

Hammer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

Note. Die Bundes Versammlung hat am 13. Dezember 1888 das Begnadigungsgesuch von Speehbaeh abgewiesen.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsgesuch des Eugen Spechbach, von Miecourt (Bern). (Vom 11. Dezember 1888.)

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22.12.1888

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