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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Konzession für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von Bulle nach Thun.

(Vom 28. Juli 1873.)

Tit. !

Herr von St. Léger, aus Frankreich, niedergelassen in Freiburg, und Genossen (als welche sich unterzeichnet haben die Herren .J. R e b m a n n , Regierungsstatthalter in Wimmis, F. Reichenbach, Regierungsstatthalter in Saanen, Fritz Reichenbach, Holz- und Käsehändler in Saanen, Morier, Préfet in Château d'Oex, Louis Zulauf, Straßenmeister aux Moulins, Franz Moura, Großrath, Holzhändler, in Grand Villard, Jules Dupré, Notar und Gerichtsschreiber, in Bulle, F. Perrier, Ingenieur, in Freiburg) suchen um die Konzession nach zum Bau und Betrieb einer ungefähr 85 Kilometer langen, normalspurigen Eisenbahn von Bulle nach Thun über das Gebiet der Kantone Freiburg, Waadt und Bern.

Da auf den leztgenannten Kanton etwa 46 Kilometer fallen, so haben die Gründer sich veranlaßt gesehen, die Stadt Bern als Siz der Ge.Seilschaft zu bezeichnen. An den beiden Endpunkten der Bahn .gedenken die Unternehmer in die bereits bestehenden Bahnhöfe Bundesblatt. Jahrg. XXV. Bd. III.

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274 Bulle und Thun einzumünden, überdies sollen 14 Stationen errichte werden, nämlich in Wimmis, Erlenbach, Weissenburg-Reichenbach Boltigen-Reidenbach, Littisbach-Garstatt, Zweisimmen, Saanenmöser, Saanen, Rougemont, Château d'Oex, Rossinières, Montbovon, Grandvillard, Epagny. Der Kanton Bern erhielte sonach 8, Waadt 3 und Freiburg 3 Stationen. · Die Bahn soll, indem sie das Greyerzerland, das Pays d'Enhaut, das kleine und das ganze Niedersimmenthal, eine neue Verbindung zwischen einem Theile der Westschweiz, und dem Gotthard schaffen, nicht weniger aber dem bedeutenden Verkehr des Simmenthaïes in Holz, Vieh u. s. w. dienen. In Bezug auf Gefällsverhältnisse, Curvenradien, Betriebsmaterial, erklären die Unternehmer, nach den nämlichen Grundsäzen verfahren zu wollen, denen die Brünigbahn, welche sie sich überhaupt zum Vorbild nehmen, folge. Die Maximalsteigungen taxiren sie bei den Saanenmösern auf 4--5 °/0, den Minimalradius der Curven auf 200 Meter. Ein vorläufiger Kostenvoranschlag für das Projekt ist uns erst spät eingereicht worden. Er devisirt den Bau auf Fr. 12,441,620 das Betriebsmaterial auf ,, 1,290,000 was per Kilometer ausmacht : Bau Betriebsmaterial

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146,372 15,176

Nach Angabe der Herren de St. Leger und Perrier würde ein englisches Finanzkonsortium das Baukapital beschaffen.

Ueber den Konzessionsentwurf erlauben Sie uns 'folgende Bemerkungen : 1) In Uebereinstimmung mit den bisher durchberathenen Konzessionen wurde über das Schiksal der betreffenden Unternehmung nach Ablauf der 99 Jahre nichts aufgenommen, während die Delegationen der Regierungsräthe von Freiburg, Waadt und Bern einem Antrage beipflichteten, wonach die Eisenbahn auf jene Zeit in das Eigenthum der von ihr durchzogenen Kantone übergehen soll. Für die Interessen neuer Unternehmungen hielten wir die Schaffung eines den bisherigen Grundsäzen entgegenlaufenden Rechtes in dieser Hinsicht für bedenklich, und möchten es jedenfalls nur durch gesezliche Bestimmung, nicht aber durch einen Paragraphen einer einzelnen Konzession aufgestellt wissen.

2) Immer den Standpunkt konsequent festhaltend, daß der Bund es sei, von dem die Konzessionen ausgehen, mußten wir unr zum Antrag der freiburgischen Delegation ablehnend verhalten, des in §11 auch die Kantone berechtigen wollte, Ersezung von Be-

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amten und Bediensteten, die zu gegründeten Klagen über die Ausübung ihrer Dienstpflichten Stoff bieten, zu verlangen. Anzeigen der kantonalen Regierungen an den Bundesrath werden in gleicher Weise zum gewünschten Ziele führen.

3) Auf Vorschlag der Delegation des Kantons Bern erklärte sich Herr von St. Léger bereit, die Personentaxen in der Weise zu normiren, daß die erste Klasse 15 statt 10 Rappen, ,, zweite ,, 8 ,, 7 ,, ,, dritte ,, 4 ,, 5 ,, per Person und Kilometer bezahle. Da hierdurch die am stärksten frepuentirte Klasse eine billigere Taxe als auf den übrigen Linien erhält, wollten wir den guten Absichten der Konzessionsbewcrber nicht entgegentreten.'

4) Für den Transport von Langholz verlangte das Komite einen Rappen (statt 0,8) per Kilometer und 50 Kilogramm. Da aber für das Verladen von Langholz ohne Zweifel besondere Gebühren zugestanden werden müssen, fanden wir nicht für angezeigt, dem einzigen Artikel höhere Taxen einzuräumen.

5) Dem Antrage der Abordnung des freiburgischen Staatsrathes, wonach jeder Kanton für sich berechtigt sein soll, den auf seinem Gebiet befindlichen Theil der Eisenbahn zurükzukaufen, stimmten auch die Repräsentanten von Waadt und Bern bei. Wir glauben jedoch nicht, daß die Konzession hiefür eines Zusazes bedürfe, denn wir halten dies Recht der einzelnen Kantone schon durch den Art. 27 des Eisenbahngesezes als gewährleistet. y,Die gleichen Gründe", sagte unsere Botschaft vom 16. Juni 1871 zum Geseze, ,,welche einen Kanton veranlaßen können, zum Mittel des Sclbstbaues einer Linie zu schreiten, mögen gestüzt auf gemachte Erfahrungen in noch viel höherm Grade vorhanden sein, um sich einer bisherigen Eisenbahnverwaltung zu entledigen und sich die Freiheit der Disposition wieder zu verschaffen.a 6) Einige andere ergänzende Vorschläge, welche von der Abordnung der Regierung des Kantons Freiburg ausgingen, wie bezüglich Steuerbefreiung der Gesellschaft, Genehmigung der Statuten, Kautionsleistung, Verhältniß der Reservefonds beim Rükkauf, finden sich entweder in unserer Botschaft vom 10. Juli (Normalkonzession) besprochen oder durch das Gesez ausreichend behandelt.

276 Wir haben die Ehre, Ihnen, Tit., die Annahme des beigefügten Beschlußentwurfes zu empfehlen und Sie unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 28. Juli 1873.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der V i z e p r ä s i d e n t : Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Schiess.

(Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend die Konzession zum Bau und Betrieb einer Eisenbahn von Bulle nach Thun.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1) eines Konzessionsgesuches des Herrn von St. Léger und Genossen (ohne Datum) und zweier darauf bezüglicher Drukschriften von Herrn F. Perrier, Ingenieur in Freiburg, vom 26. Jänner und 28. Februar H lb 0 Ì3.TÌU ' 5 2) einer Botschaft des Bundesrathes vom 28. Juli 1873, beschließt:

277 Dem Herrn von St. Léger, aus Frankreich, niedergelassen in Freiburg, als Vertreter eines Initiativkomite, wird zuhanden einer zur Ausführung des Unternehmens zu gründenden Gesellschaft die Konzession für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von Bullo nach Thun unter den in nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen ertheilt.

Art. 1. Es sollen die Bundesgeseze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von neunundneunzig Jahren, vom 1. August 1873 an gerechnet, ertheilt.

Art. 3. Der Siz der Gesellschaft ist in Bern.

Mit Vorbehalt der in dieser Konzession enthaltenen Beschränkungen untersteht die Eisenbahngesellschaft den allgemeinen Gesezen und Verordnungen des Bundes, resp. der Kantone Freiburg, Waadt und Bern.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrathes oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohrisiz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 5. Binnen einer Frist von zwölf Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrathe die im Titel II (Art. 7--19) der Verordnung betreffend die erforderlichen Nachweise bei Gesuchen um Eisenbahnkonzessionen u. s. w., vom 20. Februar 1873, angeführten technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Vor dem 1. Mai 1875 ist, der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Bis zum 1. Mai .1879 ist die ganze konzessionirte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Der Bundesrath ist berechtigt, zur Wahrung der Sicherheit und der öffentlichen Interessen auch nach Genehmigung der Baupläne Aenderungen des Trace zu verlangen. Die Gesellschaft hat den bezüglichen Begehren und Vorschriften Folge zu leisten.

Art. 8. Die Bahn wird mit einspurigem Unterbau erstellt. Bei jeder Station sind in Zahl und Länge dem Verkehr entsprechende Ausweichgelcisc anzubringen.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten z^i Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigenthum desjenigen Kan-

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tons, auf dessen Gebiet sie gefunden worden sind, und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Ueberwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Theilen der Bahn und des Materials zu gestatten und das zur Untersuchung nöthige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrath kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu gegründeten Klagen Anlaß geben, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nöthigenfalls entlassen werden.

Art. 12. Die Beförderung von Personen soll vom 1. Mai bis 31. Oktober täglich mindestens dreimal, vom 1. November bis 30. April täglich mindestens zweimal nach beiden Richtungen von einem Endpunkt der Bahn zum andern und unter Anhalt bei allen Stationen erfolgen.

Personenzüge haben mit einer mittlern Geschwindigkeit von mindestens 24 Kilometern in einer Zeitstunde zu fahren, das Anhalten bei den Zwischenstationen (Knotenpunkte ausgenommen) und den daherigen Aufenthalt Inbegriffen. Eine geringere Fahrgeschwindigkeit darf nur in Folge besonderer Bewilligung des Bundesrathes zur Anwendung gelangen.

Dem Bundesrath bleibt vorbehalten, bei eintretendem Bedürfniß die Bahngesellschaft anzuhalten, besondere Züge mit erhöhter Fahrgeschwindigkeit einzuführen.

Art. 13. Das mindestens drei Monate vor der Betriebseröffnung dem Bundesrathe vorzulegende Transportreglement soll nicht vor ausgesprochener Genehmigung in Vollzug gesezt werden. Jede Aenderung desselben unterliegt ebenfalls der Zustimmung des Bundesrathes.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung verschiedene Wagenklassen nach amerikanischem System aufstellen.

In der Regel sind allen Personenzügen Wagen aller Klassen beizugeben; Ausnahmen kann nur der Bundesrath gewähren-. Die sogenannten gemischten Züge mögen ohne Wagen erster Klasse kursiren.

Die Gesellschaft hat stets ihr Möglichstes zu thun, damit alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden durch denselben, und zwar auf Sizpläzen befördert werden können. Auf Verlangen des Bundesrathes sind auch mit Waarenzügen Personen zu befördern.

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27* Ait. 15. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen mittelst der Personenzüge Taxen bis auf den Betrag folgender Ansäze zu beziehen: in der ersten Wagenblasse 15 Rappen; in der zweiten Wagenklasse 8 Rappen; in der dritten Wagenklasse 4 Rappen .per Kilometer der Bahnlänge.

Die Taxen für die mit Waarenzügen beförderten Personen sollen um mindestens 20 °/o niedriger gestellt werden.

Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sizplaz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurükgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in allen Wagenklassen zu zahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepäks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreiseaden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäk der Reisenden kann die nämliche Taxe wie für Waaren, die mit Personenzügen Beförderung erhalten (Eilgut) bezogen werden.

Für Hin- und Riikfahrt am gleichen oder folgenden Tage sind die Personentaxen 20 °/0 niedriger anzusezen, als für einfache und einmalige Fahrten.

Für AbonnementsbiUets zu einer mindestens 12maligen Benuzung der gleichen Bahnstreke für Hin- und Rükfahrt während drei Monaten wird die Gesellschaft einen weitern Rabatt bewilligen.

Art. 16. Arme, welche als solche durch Zeugniß zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimiren, sind zur Hälfte der Personentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spediren.

Ein vom Bundesrathe nach Anhörung der betheiligten Kantone und der Gesellschaft zu erlassendes Reglement wird die Detailbestimmungen über den Transport der Armen und der Arrestanten enthalten.

Art. 17. Für den Transport von Vieh mit Waarenzügen dürfen Taxen bis auf den. Betrag folgender Ansäze bezogen werden : Per Stük und per Kilometer.

Für Pferde, Maulthiere und über ein Jahr alte Fohlen 16 Rappen; fl Stiere, Ochsen, Kühe, Rinder, Esel und kleine Fohlen 8 Rappen^ ,, Kälber, Schweine, Schafe, Ziegen und Hunde 3 Rappen.

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Für die Ladung ganzer Transportwagen mindestens 20 °/0 zu ermäßigen.

sind die Taxen um

Art. 18. Waaren sind nach Klassen zu taxiren, wovon die höchste nicht über 0,8 Rp., die niedrigste nicht über 0,5 Rappen., per 50 Kilogramm und- per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) von Waaren hat gegenüber den Stüksendungen Anspruch auf Rabatt.

Die der Landwirtschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Düngungsmittel u. s. w. in Wegenladungen sollen möglichst niedrig taxirt werden.

Für den Transport von baarem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklarirtem Werthe soll die Taxe so berechnet werden, daß< für 1000 Franken per Kilometer höchstens l Rappen zu bezahlen ist.

Wenn Vieh und Waaren in Eilfracht transportirt werden sollen, so darf die Taxe für Vieh um 40 °/,, und diejenige für Waaren um 100 °/0 des gewöhnlichen Ansazes erhöht werden.

Traglasten mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche inBegleitung der Träger, wenn auch in besonderen Wagen, mit den Personenzügen transportirt und am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 25 Kilo nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe mit 0,8 Rappen per Kilometer und 50 Kilo zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist berechtigt, zu bestimmen, daß Waarensendungen bis auf 25 Kilo Gewicht stets in Eilfracht befördert werden sollen, ebenso für den Transport von Fahrzeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen Taxen nach eigenem Ermessen festzusezen.

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stükes kann auf 40 Rappen festgesezt werden.

Art. 19. Bei eintretenden Nothständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Theuerung der Lebensmittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Spezialtarif einzuführen, dessen Bedingungen vom Bundesrathe nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesezt werden.

Art. 20. Bei Erhebung der Taxen werden Bruchtheile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet, Sendungen bis auf 25 Kilo für volle 25 Kilo. Das Mehrgewicht wird berechnet

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bei Eilgut und Reisendengepäk nach Einheiten von je fünf Kilo, bei gewöhnlichem Gut von 25 bis 50 Kilo für 25 Kilo und über 50 Kilo hinaus ebenfalls nach je fünf Kilo, wobei jeder Bruchtheil von fünf Kilo für volle fünf gilt. Bei Geld- und Werthsendungen.

repräsentiren Bruchtheile von Fr. 500 volle 500 Franken.

Die Taxen sind jeweilen auf 5 Rappen abzurunden, so daß Bruchtheile von l--5 Rappen für volle 5 Rappen gelten.

Art. 21. Die in den Artikeln 15, 17 und 18 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station iu Station. Die Waaren sind von den Aufgebern an die Stationsladpläze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Auf den Hauptstationen hat jedoch die Gesellschaft von sich aus die gehörigen Einrichtungen für das Abholen, und die Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers oder desAdressaten zu treffen. Das Auf- und Abladen der Waaren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hievon sind unter Zustimmung des Bundesrathes zuläßig für einzelne Klassen von, Wagenladungsgütern, für lebende Thiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 22. Für die Einzelnheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife umzustellen.

Art. 23. Die sämmtlichen durch diese Konzesssion geforderten Tarife sind mindestens sechs Wochen, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundewathe zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 24. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nach einander einen acht Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zuläßige Maximum der Transporttaxen gemäß einer zwischen dem Bundesrathe und der Gesellschaft zu treffenden Vereinbarung herabzusezen.

Art. 25. Insofern die Gesellschaft eine grundsäzliche Aenderung der Tarife vorzunehmen beabsichtigen sollte, hat sie ihr daheriges Projekt sammt dem neuen Tarif dem Bundesrathe aur Genehmigung vorzulegen.

Art. 26. Die Gesellschaft ist verpflichtet, den vom Bundesrathe mit der Kontrole über die Fahrtordnung beauftragten Organen freien Zutritt in den Bahnhöfen und die unentgeltliche Be nuzung eines geeigneten Lokals zur Abfassung und zum Auflegen ihrer Rapporte zu gewähren.

282 Art. 27. Für die Geltendmachung des Rükkaufsrechtes des Bundesrathes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, der betheiligten Kantone, gelten nachfolgende Bestimmungen: · a. Der Rükauf kann frühestens auf 1. Mai 1903 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rükkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritt desselben Kenntniß zu geben.

b. Im Rükkaufe ist begriffen., daß die Eisenbahn mit allen Aktiven, einschließlich der Erneuerungs-, Reserve-, Pensionsund Unterstüzungs-Fonds, und Passiven in das volle Eigenthum des Bundes, resp. der Kantone Freiburg, Waadt und Bern übergehe. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rükkauf erfolgen mag, ist die Bahn sammt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande dem Bund, resp. den Kantonen abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungsund Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnißmäßiger Betrag von der Rükkaufsumme ,in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rükkauf beträgt, sofern lezterer bis 1. Mai 1933 rechtskräftig wird, den fünfundzwanzigfachen Werth des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkt, in welchem der Rükkauf der Gesellschaft notiflzirt wird, unmittelbar vorangehen ; sofern der Rükkauf zwischen dem 1. Mai 1933 und 1. Mai 1948 erfolgt, den 221/2fachen Werth ; wenn der Rükkauf zwischen dem 1. Mai 1948 und 1. Mai 1957 sich vollzieht, den 20fachen Werth ; wenn endlich der Rükkauf erst zwischen dem 1. Mai 1957 und dem Ablauf der Konzession vor sich geht, den IGfachen Werth des oben beschriebenen Reinertrages, immerhin iu der Meinung, daß die Entschädigungssumme in keinem Falle weniger als die nachgewiesenen erstmaligen Anlagekosten der bestehenden Einrichtungen betragen darf. Bei Ermittlung der Anlagekosten und des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedirte Eisenbahnunternehmung mit Aussschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesammten Ueberschuß der Verwaltungs- (Betriebs-) Einnahmen über die Verwaltungsausgaben, zu welch' leztern sämmtliche Schuldzinsen und diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Ab-

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Schreibungsrechnung getragen oder einem Reservefond einverleibt wurden.

e. Streitigkeiten, die über den Rükkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Ait. 28. Haben die Kantone Freiburg, Waadt und Bern den Rükkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichts desto weniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 27 definirt worden, jederzeit auszuüben, und die Kantone haben unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie lezterer dies von der konzessionirten Gesellschaft zu fordern kompetent gewesen wäre.

Art. 29. Der Bundesrath ib+. mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Ermächtigung zur Genehmigung der Uebertragung der Konzession für den auf Bernergebiet liegenden Theil der Broyethalbahn.

(Vom 28. Juli 1873.)

Tit.!

Unterin 29. März d. J. beschloß der Große Rath des Kantons Bern, den Finanzausweis der Broyethalbahn (Palezieux-Lyß) nicht zu genehmigen und für den Bau und Betrieb des auf Bernergebiet liegenden Theils derselben (von Lyß bis zur Grenze bei Fräschelz) selbst zu sorgen.

Am 31. gl. Mts. wurde unter Ratifikationsvorbehalt zwischen den Direktionen der Broyethalbahngesellschaft und der Compagnie des chemins de fer de la Suisse occidentale ein Fusionsvertrag abgeschlossen, wonach die erstere Gesellschaft die Bahn unter eventueller finanzieller Mithilfe der Suisse occidentale für eine feste Summe baut, leztere aber nach Vollendung derselben das nöthige Betriebsmaterial liefert, das Baukapital (die emittirten Aktien und Obligationen) durch eigene Aktien und Obligationen zurükbezahlt und in das Eigenthum der Broyethalbahn eintritt.

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Konzession für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von Bulle nach Thun. (Vom 28. Juli 1873.)

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1873

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3

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35

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

02.08.1873

Date Data Seite

273-284

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10 007 781

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