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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Fusion der Broyethalbahn und der auf dem Gebiete des Kantons "Waadt liegenden Transversalbahn einerseits mit den Eisenbahnen der Westschweiz andererseits mit der bernischen Jurabahn.

(Vom 1. Dezember 1873.)

Tit. !

Nachdem der Große Rath des Kantons Bern am 29. März d. J.

beschlossen hatte, den Finanzausweis der Broyethalbahn nicht zu genehmigen und für den Bau und Betrieb des auf bernischem Gebiet liegenden Theiles derselben (von Lyß bis zur Grenze bei Fräschelz) selbst zu sorgen, vereinbarten am 31. gì. Mts. die Direktionen der Broyethalbahngesellschaft (zugleich Inhaberin der Konzession finden auf Waadtländergebiet liegenden Theil der Eisenbahn FreiburgPayerne-Yverdon) und der Eisenbahngesellschaft der Westschweiz unter Ratifikationsvorbehalt einen Fusionsvertrag, dessen wesentlichste Bestimmungen folgende sind : Erstere Gesellschaft verpflichtet sich, die Longitudinal- (oder eigentliche Broyethal-) Bahn, mit Ausschluß des Betriebsmaterials, um den festen Preis von Fr. 9,400,000 zu erstellen. Die von den

503 betheiligten Kantonen und Gemeinden votirten Subventionen, die von Privaten gezeichneten Aktien und einige weitere Aktiven liefern An jenes Baukapital Fr. 4,700,000; 5 Millionen Franken hat ein Banksyndikat gegen Obligationen zu beschaffen versprochen; wenn dasselbe aus Anlaß der Fusion den Vertrag auflösen kann und wird, so tritt die Suisse Occidentale in seine Verpflichtung ein, immerhin nur bis auf den Betrag des wirklich einbezahlten und auf den Bau verwendeten Aktien- und Subventionskapitals. Wenn obige Bausumme nicht ausreicht, so macht die Suisse Occidentale ein ferneres Darleihen von höchstens 1 1/2t Millionen Franken, welches ganz zurükbezahlt werden soll, bevor die Aktien irgend eine Dividende beziehen können. Für jenes feste und dieses vorübergehende Anleihen ist die Bahn im ersten Range zu verpfänden. Weitere Darleihen darf die Gesellschaft nicht erheben. Wenn die Bahn vollendet ist, so liefert die Suisse Occidentale auf ihre Kosten und Gefahr das nöthige Betriebsmaterial, tauscht die Broyethalbahnaktien gegen eigene liberirte Aktien al pari ein, welch'lezteree jedoch nur serienweise nach und nach zum Dividendenbezüg berechtigt; werden, und wird dafür Eigenthümerin der gesammten Bahn.

Sollte die Streke Lyß-Fräschelz sich von der Broyethalbahn lostrennen, so ist leztere um Fr. 7,900,000, und wenn auch die Streke von Fräschelz bis zur Freiburgergrenze bei Pfauen nicht in die Fusion eintritt, so ist die Bahn von Palézieux bis Pfauen um Fr. 6,300,000 zu bauen. An diese reduzirte Bausumme trägt die Suisse Occidentale wiederum die Hälfte gegen Obligationen bei.

Was den waadtländischen Theil der Linie Freiburg-Yverdon betrifft, so tritt die Broyethalbahngesellschaft die bezügliche Konzession nebst den dafür votirten Subventionen an die Suisse Occidentale ab, wogegen leztere die Pflichten der Konzession übernimmt und für die subventionsweise bezahlten Beträge Aktien auf sich selbst abgibt, welche wiederum nur serienweise Anspruch auf Dividenden erwerben.

-Am 12. April fand die Generalversammlung der Broyethalbahngesellschaft statt. Der Verwaltungsrath stellte bezüglich der Fufson folgenden Antrag : ,,Le contrat de fusion signé sous date du 31 Mars 1873 entre la Direction de la Suisse Occidentale et la Direction de la Compagnie de la Broyé est ratifié eu ce qui concerne cette dernière
Compagnie, tel qu'il a été rédigé et communiqué aux actionnaires, sous les réserves et conditions ci-après: a. Pour ce qui concerne le tronçon dès la frontière fribourgeoise, de Fräschels à Lyß (partie bernoise), la concession en sera.

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cédée, avec tous les droits et charges qui s'y rattachent àl'Etat de Berne ou à la Compagnie de son choix qui en aura, fait la demande.

b. Pour le cas où les autorisations nécessaires à la cession de la partie de la ligne sur territoire fribourgeois dès Fräschels à la frontière vaudoise près Faoug à une Compagnie qui sechargerait de la construction et de l'exploitation de cette partie, seraient obtenues, le Conseil d'administration est dèsà présent autorisé à faire cette cession.

c. (Auftrag an die Direktion, die Arbeiten auf der ganzen Linie fortsezen zu lassen.)

d. Les actes de cession et de fusion prévus ci-dessus .seront soumis à l'approbation et à la ratification des autorités fédérales, compétentes, à teneur des dispositions de la loi fédérale du 23 Décembre 1872."

Von 2192 Stimmen waren 2085 anwesend ; mit 1827 gegen l wurde obiger Antrag angenommen.

Nachdem die General Versammlung der bernischen Jurabahngesellschaft am 11. Mai erklärt hatte, den Bau und Betrieb des bernischen Stükes der Broyethalbahn als integrirenden Theil übernehmen zn wollen, nachdem der Große Rath des Kantons Bern, so viel an ihm, diese Uebertragung am 30. Mai genehmigt und der bernische Regierungsrath mit Eingabe vom 10. Juni um die Bundesgenehmigung für dieselbe nachgesucht hatte, beschloß am 6. Juli der Verwaltungsrath der Broyethalbahn mit 4 gegen 3 Stimmen, das Stük Fräschelz-Pfauen in die Fusion mit den Westbahnen einzuschließen.

Und am 7. August ratifizirte die Generalversammlung der Compagnie des chemins de fer de la Suisse Occidentale den Fusionsvertrag vom 31. März unter der ausdrüklichen Bedingung, daß die Fusion die ganze Broyethalbahn von Palézieux bis zur bernischen Grenze bei Fräschelz umfassen soll.

Mit Eingabe vom 22. August suchen nun die Direktionen der Broyethal- und der Westbahnen um Genehmigung dieser Fusion nach.

Von der Julisession der h. Bundesversammlung her ist noch das andere Gesuch um Genehmigung (resp. um Ermächtigung des Bundesrathes zur Genehmigung) der Uebertragung der bernischen Konzession (für die Streite Lyß-Fräschelz) pendent.

505 Gegen die Genehmigung der Fusion mit den Westbahnen, so weit sie auch das Murtner Stük der Broyethalbahn (Fräschelz-Faoug) einschließen soll, liegt eine Einsprache vor.

Hr. Fürsprecher J. F. Hafner in Murten, theils in eigenem Namen, als Mitglied der Minderheit des Verwaltungsrathes der Broyethalbahn, theils im Namen der die ursprüngliche Broyethalbahn subventionirenden Gemeinden des Murtenbietes, gestüzt auf eine Vollmacht, welche ihm hiefür zu ertheilen das murtnerische Bezirkskomite für die Broyethalbahn am 9. Juli beschlossen hat, protestili gegen die Rechtsgültigkeit des Beschlusses des Broyethalbahn-Verwaltungsrathes vom 6. Juli und stellt das Gesuch, daß umgekehrt die Fusion des Murtner Stükes der Broyethalbahn mit der bernischen Jurabahngesellschaft genehmigt werde. Ihm haben sich die zwei andern Mitglieder der Minderheit des Verwaltungsrathes angeschlossen.

Die Beschwerdegründe sind im Wesentlichen folgende : 1) Sobald die Idee einer Fusion mit den Westbahnen aufgetaucht, sei (gegen Ende des lezten Jahres), haben sich sofort die Berner und Murtner dagegen ausgesprochen und erklärt, sie würden sich eventuell von der übrigen Broyebahn lostrennen. Am 29. März sei unter Ratifikationsvorbehalt ein Vertrag mit der Direktion der bernischen Jurabahn in Punktation abgeschlossen worden, wonach die leztere Gesellschaft den Bau und Betrieb der Murtner Streite der- Broyethalbahn übernimmt, und die Subventionen der Gemeinden des Murtenbietes im Betrage von mindestens Fr. 685,000 ihr zufallen. Mit Rüksicht auf diese von vornherein eingenommene Stellung der Murtner und in Anerkennung des Grundsazes, daß kein Theil zur Fusion gezwungen werden solle, sei in die Anträge des Verwaltungsrathes an die Generalversammlung und in dem Beschlüsse der leztern vom 12. April der Vorbehalt b. aufgenommen worden.

Die dem Verwaltungsrathe ertheilte Ermächtigung habe den Sinn eines förmlichen Auftrages gehabt, u n d unter den,,autorisationss die Bundesbehörden. Lediglich von diesen also hange die Fusion des Murtner Stükes der Broyethalbahn noch ab. Ohne Aufnahme eines so verstandenen Vorbehaltes wäre für die Fusion eine Mehrheit nicht zu Stande gekommen. Jene autorisations können nicht die Genehmigung Seitens der Kantonsregierungen bedeuten, weil man zum voraus gewußt habe, daß die Staatsräthe von Freiburg und Waadt für die Suisse Occidentale einstehen.

2) Um die Zerstüklung der unter so großen Schwierigkeiten zu Stande gekommenen Broyethalbahnunternehmung zu erschweren,

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506 sei im Art. 20 der Berner und Freiburger Konzession, itn Art. 18 der waadtländischen Konzession und im Art. 2 der Statuten die Bestimmung aufgenommen worden-, daß ohne ausdrükliche Zustimmung jeder betheiligten Kantonsregierung die Gesellschaft sich nicht fusioniren oder den Betrieb ganz oder theilweise abtreten dürfe.

Durch die Weigerung der Regierung von Bern, in die Fusion einzutreten, sei diese unmöglich geworden.

3) Wenn aber die Gesellschaft sich auflöse, Bern sich abtrenne, so werden auch die Murtnergemeinden ihrer Gesellschaftspflichten ledig und können sich nach freier Wahl auf die eine oder die andere Seite schlagen. Sie haben auch deßhalb das Recht, sich von dem Unternehmen loszusagen, weil durch die Fusion mit den Westbahnen, der ganze Zwek desselben verändert worden sei. Die Murtnergemeinden haben nicht für die Westbahnen sich so große Opfer auferlegt, sondern um gegen dieselben durch eine unabhängige Bahn die nöthige wohlthätige Konkurrenz hervorzurufen.

4) Die Fusion bedeute den finanziellen Ruin des Unternehmens.

In Folge derselben sei das Banksyndikat bereits von dem Anleihensvertrage zurükgetreten. Die Gemeinden und Privaten des Murtenbietes heben ihre etwa Fr. 700,000 betragenden Zeichnungen auf.

Die Liquidation der gegen den frühern Generalunternehmer K u c h e n der Gesellschaft zustehenden Rechte werde nicht, wie man früher bei Leistung des Finanzausweises angenommen habe, Fr. 400,000, sondern höchstens Fr. 70--80,000 ergeben. Die den Westbahnen im Fusionsvertrage eingeräumte Bauaufsicht werde die Kosten bedeutend vermehren, welche durch den allgemeinen Preisaufschlag schon erheblich sich gesteigert haben. Die Gesellschaft werde die Bahn nicht um den bedungenen Preis bauen können, in Liquidation gerathen und den Westbahnen um einen geringen Preis zufallen.

5) Der Verkehr von Murten bewege sich hauptsächlich in der Richtung nach Bern. Die Westbahnen würden aber diese Tendenz nicht unterstüzen, sondern die Linie wesentlich für den Transitverkehr zu benuzen trachten.

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Aus der Vernehmlassung der Direktion der Broyethalbahn heben wir hervor: Ad 1. Als die Generalunternehmer K u c h e n und Na p i e r die Broyethalbahn im Stich gelassen, habe sie die aus der Verlegenheit rettenden Offerten der Westbahnen zu berüksichtigen allen Grund erhalten. Bern und Murten, lezteres aber nur aus allgemein politischen Gründen, haben von Anfang an Front gegen diese Fusion gemacht. Daher sei im Fusionsvertrage die Eventualität der Abtrennung auch des Stükes Faoug-Fräschelz vorgesehen worden. In

507 dem Antrag an die Generalversammlung habe die Minderheit des Verwaltungsrathes den Vorbehalt b. ähnlich fassen wollen wie a., habe jedoch nachgegeben, als sie erfahren, daß der Generalrath von Murten sich am 10. April prinzipiell für die Fusion mit den Westbahnen ausgesprochen. Durch jene Klausel sei dem Verwaltungsrath die volle Freiheit gelassen worden, unter den konkurrirenden Gesellschaften zu wählen, selbst wenn für den Anschluß an die Jurabahn die Bedingungen erfüllt worden wären. Unter ,,autorisations nécessaires" sei, wie sich aus Litt., d des Beschlusses vom 12. April und aus den in der Verwaltungsrathssizung vom 28. April von der Minderheit selbst gestellten Anträgen ergebe, die Zustimmung der Regierung von Freiburg und der Murtner Gemeinden verstanden.

Am 6. Juli sei von der erstem nicht nur keine Bewilligung, sondern eine Protestation gegen die Ablösung der Streke Faoug-Fräschels von der Gesammtlinie vorgelegen, und es haben von mehreren Gemeinden zustimmende Beschlüsse gemangelt, so von Fräschelz, Courlevon, Salvagny und vor Allem von Murten. -- Die Aktionäre von Murten und Aarberg und der Stadt Bern mit ihren 1,400,000 Fr.

hätten kaum den übrigen Betheiligtenmit 2,950,000 Fr. das Gesez machen können. (Nach den Statuten sind für eine Fusion beschlagende Beschlüsse 2 /3 der anwesenden Stimmen nöthig.)

Ad 4. Als die Gesellschaft 79 Kilometer mit 9,400,000 Fr.

hätte bauen sollen, das auf 1,600,000 Fr. veranschlagte Betriebsmaterial inbegriffen, da habe Herr Hafner den Finanzausweis für genügend gehalten. Jezt, wo sie nur 68 Kilometer ohne Betriebsmaterial bauen müsse und 9,400,000 Fr. dafür erhalte, und ein weiteres Darleihen von 11/2 Millionen Franken ihr zugesichert sei, werde sie vom Konkurse bedroht! Die Murtner Gemeinden werden ihre Subventionen bezahlen, jezt um so leichter und lieber, wo der Kanton Frei bürg denen, welche sich der Suisse Occidentale anschließen, die Hälfte abnimmt; im Weigerungsfälle werden sie zahlen müssen.

O o Die Liquidation der Rechte gegen Kuchen, wenn sie auch nicht die erwarteten 600,000 Fr. ergebe, werde immerhin 400,000 Fr. abwerfen, werde übrigens durch die Fusion weder besser noch schlechter.

Der Generalrath von Murten erklärt den Rekurs des Herrn Hafner, soweit er Namens der Gemeinde Murten eingelegt worden, für gesezwidrig; denn in dieser
Eisenbahnsache sei einzig er, der Generalrath (Vertreter der Bürger und stimmberechtigten Niedergelassenen) und nicht der den Herrn Hafner bevollmächtigende Gemeinderath (Vertreter bloß der Bürger) zu entscheiden kompetent:, und er sehe sich nicht veranlaßt, gegen den Beschluß des Verwaltungsrathes der Broyethalbahn irgendwie aufzutreten.

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Und der Staatsrath von Freiburg, indem er sich entschieden gegen den Anschluß von Faoug-Fräschelz an die Jurabahn erklärt, bestreitet dem Herrn Hafner überhaupt das Recht, Namens irgend welcher Gemeinden zu handeln, weil Beschlüsse der in Rede stehenden Art nur. mit seiner (des Staatsrathes) Zustimmung gültig gefaßt werden können.

Wir finden und beantragen, es sei die Fusion der Linie LyßFräschelz mit der bernischen Jurabahn und die Fusion der Linie Palézieux-Fräschelz mit der Suisse Occidentale zu genehmigen und daher den abweichenden Begehren der Herren Hafner und Genossen keine Folge zu geben.

Was vor Allem die Legitimation der Rekurrenten betrifft, so ist jeder irgendwie bei einem der Bundesgenehmigung unterstellten Geschäfte Interessirte berechtigt, darauf aufmerksam zu machen, daß gewisse Erfordernisse nicht erfüllt seien. Die Berechtigung zur Stellung eines selbständigen Begehrens (um Genehmigung der Fusion des Stükes Faoug-Lyß mit der bernischen Jurabahn) ist nicht weiter zu untersuchen, weil die Genehmigung der Fusion mit der Suisse Occidentale die Abweisung jenes Gesuches in sich schließt.

Bei der Untersuchung, ob die zur Uebertragung einer Konzession erforderlichen Requisite vorhanden seien, stellt sich als Hauptfrage die heraus, ob der Beschluß des Verwaltungsrathes der Broyethalbahn vom 6. Juli sich im Einklang belinde mit dem Beschluß der Generalversammlung vom 12. April. Wenn das nicht der Fall wäre, so könnte, wenigstens zur Zeit, die Fusion mit den Westbahnen nicht genehmigt werden, weil auf Seite der Broyethalbahngesellschaft der Wille, die Konzession auch für das Stük Fräschelz-Faoug an die Suisse Occidentale zu übertragen, nicht vorhanden resp. nicht deutlich ausgesprochen wäre, auf der andern Seite ober die Suisse Occidentale den Willen nicht hat, das Stük Palézieux-Faoug allein zu erwerben.

Die in erster Linie streitigen und entscheidenden Worte ,,Pour le cas où les autorisations nécessaires seraient obtenues" können nicht das heißen, was Herr Fürsprecher Hafner meint: Die Genehmigung des Bundes. Denn diese wird für alle gemäß jenem Beschlusse eintretenden Cessionen in Litt, d ausdrüklich erwähnt und vorbehalten; zweimal wollte kaum das Gleiche gesagt werden.

Ueberdies ist die Bundesgenehmigung der lezte Akt bei einer Konzessionsübertragung. Es war ganz unmöglich, daß
der Verwaltungsrath die Konzession erst abtrete, nachdem die Bundesgenehmigung eingeholt gewesen wäre, weil eben die Abtretung der leztern nothwendig vorangehen muß.

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Daß unter jenen ,,autorisations nécessaires1'- vielmehr die zustimmenden Beschlüsse der Regierungen der betheiligten Kantone und der subventionirenden Gemeinden verstanden sind, ist nach den oben mitgetheilten Bestimmungen der Konzessionen und Statuten sehr einleuchtend und wird unterstüzt divrch die Thatsache, daß die zu den Akten gebrachten, die Zustimmung zum Anschluß an die Jurabahn erklärenden Beschlüsse der Gemeinden des Murtner Bezirkes zwischen dem 24. April und 2. Mai gefaßt wurden. Mit lezterer Thatsache stimmt dann zusammen die dem Protokoll entsprechende Darstellung der Direktion der Broyethalbahn, wonach auf Verlangen des Hrn. Hafner der Verwaltungsrath am 28. April versammelt worden ist und Herr Hafner den Antrag gestellt hat, das murtner Stük abzutreten, sobald die subventionirenden Murtner Gemeinden sich in diesem Sinne ausgesprochen haben und noch einige weitere Bedingungen erfüllt sein würden.

Ohne Zweifel enthielten sich die Aktionäre des Murtenbietes der Abstimmung bei der Generalversammlung vom 12. April. So erklärt sich die .bei unserer Interpretation der Stelle ,,où les autorisations nécessaires" . . . auffallende Thatsache, daß nur eine einzige Stimme gegen die so formulirten Fusionsanträge des Verwaltungsrathes war. · Nun lagen weder am 6. Juli, noch liegen heute die ,,autorisations nécessaires"1 vor.

Der Staatsrath von Freiburg sprach sich in der am 25. April an den Verwaltungsrath der Broyethalbahn gerichteten Zuschrift und spricht sich heute entschieden gegen die Abtretung der Streke FaougFräschelz an die Jurabahn aus. Und neben andern Gemeinden hat Murten schon am 10. April und neuerdings der Fusion mit den Westbahnen zugestimmt. Allerdings ist das freiburgische Gesez vom 30. November vorigen Jahres, wonach der Generalrath von Murten in vorwürfiger Frage der allein kompetente Vertreter der Gemeinde Murten ist, als verfassungswidrig angefochten; wir sehen uns aber zu einer Abänderung unseres Entscheides vom 8. August, durch welchen wir den diesfälligen Rekurs abgewiesen haben, um so weniger veranlaßt, als der gegen unsern Entscheid ergriffene Rekurs vom Ständerathe einstimmig als unbegründet erklärt worden ist.

Waren sonach am 6. Juli die Voraussezungen, unter denen der Verwaltungsrath das Stük Fräschelz-Faoug an eine andere Gesellschaft abzutreten ermächtigt war,
nicht erfüllt, so wird es überflüssig, zu prüfen, ob der Ausdruk: ,,est autorisé11 ,,ermächtigt"' oder ,,beauftragt" bedeute.

Der Beschluß vom 6. Juli muß gemäß den vorstehenden Erwägungen als mit der Willensmeinung der Generalversammlung der Broyethalbahn in Einklang stehend angesehen werden.

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Es herrscht also zwischen den beteiligten Eisenbahngesellschaften Uebereinstimmung darüber, daß der Theil der Broyethalbahn von Palézieux bis Fräschelz an die Suisse Occidentale, der Theil von Fräschelz bis Lyß an die bernische Jurabahn abzutreten sei.

Nicht minder sind die Regierungen der drei betheiligten Kantone einig, diese Scission der Boyethalbahn zu befürworten. Diejenige von Bern speziell erklärt, daß sie mit dem Moment, wo (durch die Bundesgenehmigung) das Stük Lyß-Fräschelz mit der Jurabahn vereinigt sein werde, den Kanton Bern als aus der Broyethalbahngesellschaft ausgeschieden betrachte.

Nach den gewöhnlich bei derartigen Angelegenheiten beobachteten Grundsäzen wäre hiemit ohne Zweifel der Antrag, die nachgesuchten Uebertragungsgenehmigungen zu ertheilen, genügend begründet. Die Argumentation der Beschwerdeführer erheischt aber im vorliegenden Falle, weiter zu untersuchen, ob besondere Verhältnisse vorhanden seien, welche gemäß Art. 10 des Eisenbahngesezes die Bundesbehörden bestimmen könnten, ihre Genehmigung zu versagen.

Ob das Auseinandergehen der Broyethalbahngesellschaft an sich schon die Murtner berechtige, ihrerseits den Austritt zu erklären und nach eigenem Belieben sich zur einen oder andern Partei zu schlagen, bedarf hier keiner weitern Untersuchung.

Gegen eine allfällig versuchte Vernachläßigung des Murtnerverkehrs von Seite der Suisse Occidentale sollte Art. 33 des Eisenbahngesezes genügenden Schuz gewähren.

Im Uebrigen hätten die O O Murtner, wenn sie solchen Eventualitäten vorbeugen wollten, entweder selbstständig eine Konzession auswirken oder ihre Subventionen an besondere Bedingungen knüpfen oder in den Statuten Garantien fordern sollen.

Wesentlich das Gleiche gilt mit Bezug auf die finanziellen Gründe, welche gegen die Fusion mit der Suisse Occidentale angeführt werden mögen. Wenn wir auch grundsäzlich nicht negiren wollen, daß unter Umständen Erwägungen, wie die Rekurrenten sie hier aufstellen, den Anträgen der Minderheit zum Siege verhelfen könnten, so sehen wir im Spezialfalle nicht ein, daß durch Berüksichtigung der Wünsche der rekurrirenden Partei die finanzielle Lage der Broyethalbahn eine bessere würde, namentlich wenn ins Auge gefaßt wird, daß die Beschwerdeführer nicht die Scission der Gesellschaft überhaupt, sondern nur eine Modalität derselben hindern
wollen.

Wenn wir sonach dazu gelangen, Ihnen, Tit., die von der Direktion der Broyethalbahn nachgesuchte Genehmigung der dop-; pelseitigen Fusion und folglich die Abweisung des Gesuches der Herren Hafner und Genossen, gemäß dem nachstehenden Beschluß-

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entwurf zu empfehlen, finden wir uns durch die bei Anlaß des Streites über die Fusion von den Parteien gemachten Erörterungen über die finanziellen Folgen derselben veranlaßt, Ihnen weiter die Ansezung einer Frist zu beantragen, innerhalb welcher sowohl die Suisse Occidentale als die bernische Jurabahn sich über den Besiz der zur gehörigen Fortführung des Baues der übernommenen Theile der Broyethalbahn nöthigen Mittel auszuweisen haben.

Denn seitdem wir (am 17. Februar d. J.) den von der Broyethalbahn geleisteten Finanzausweis als genügend anerkannt haben, sind die finanziellen Grundlagen des Unternehmens gänzlich verändert worden. Die Subventionen der Kantone und Gemeinden gruppiren sich neu; an die Stelle des Bankkonsortiums tritt die Suisse Occidentale, also die ausweispflichtige Gesellschaft selbst; das Produkt der Liquidation mit Herrn Kuchen berechnet sich anders u. s. w. .

Wie die Fristansezung gegenüber der ursprünglichen Gesellschaft von Ihnen ausgegangen ist, so werden auch gegenüber den neuen Konzessionären Sie die Frist zu bestimmen haben.

Nachdem die Broyethalbahn in ihrer bisherigen Gestalt (als für sich bestehende einheitliche Unternehmung) dem Bunde gegenüber den Finanzausweis geleistet hat, so kann ein neuer Finanzausweis nicht unter der Androhung des Verlustes der Konzession gefordert werden, sondern die Folge der Nichtleistung desselben nur der Dahinfall der Uebertragungsgenehmigung sein.

Und da der Anschluß des einen Stükes an die Jurabahn innig zusammenhängt mit dem Anschluß des andern Stükes an die Suisse Occidentale und umgekehrt, so muß das Schiksal jedes Thelles auch ferner noch, bis jeder für sich die gesezlichen Bedingungen der selbstständigen Existenz erfüllt hat, von demjenigen des andern abhängig bleiben.

Durch unsern jezigen Antrag fällt natürlich der durch unsere Botschaft vom 28. Juli d. J. gestellte, betreffend Ermächtigung zur Genehmigung der Uebertragung der Berner Konzession, dahin.

Wir ergreifen auch diesen Anlaß, um Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 1. Dezember 1873.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Ceresole.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schiess.

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(Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

die Fusion der Broyethalbahn und der auf dem Gebiete des Kantons Waadt liegenden Transversalbahn einerseits mit der Suisse Occidentale andererseits mit der bernischen Jurabahn.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1) eines Gesuches der Direktionen der Broyethalbahn und der bernischen Jurabahn, d. d. 17. Juli 1873, und eines dasselbe unterstüzenden Gesuches des Regierungsrathes des Kantons Bern, d. d. 10. Juni 1873; 2) eines Gesuches der Direktionen der Broyethalbahn und deiCompagnie des chemin de fer de la Suisse Occidentale, d. d. 22.

August 1873; 3) der Vernehmlassungen der Regierungen von Waadt, Freiburg und Bern, d. d. 29. August, 16. September und 5. November 1873; 4) eines Gesuches der Minderheit des Verwaltungsrathes der Broyethalbahn d. d. 11. Juli, 21. August und 2. September 1873; 5) einer Botschaft des Bundesrathes vom 1. Dezember 1873, ;

beschließt:

1. Die Uebertragung folgender Konzessionen: a. der Konzession, welche für eine Eisenbahn von einem zu bestimmenden Punkte der Linie Lausanne-Freiburg über Moudon, Payerne, Avenches an die waadtländische Grenze bei

513 Faoug und von dort über Murten zum Anschluß an die bernische Staatsbahn vom Großen Rath des Kantons Waadt am 1. September 1869 dem interkantonalen Comité der Broyethalbahn durch Ratifikation der Uebereinkunft vom 28. August 1869 und des zugehörigen Lastenheftes ertheilt, durch Bundesbeschluß vom 18. Juli 1871 genehmigt und durch Bundesbeschlüsse vom 23. Dezember 1872 verlängert worden ist; b. der Konzession, welche für die unter a bezeichnete Eisenbahn auf freiburgischem Gebiete, auf Grund des Bundesbeschlusses vom 18. Heumonat 1871 betreffend den Broyethalbahnkonflikt vom Großen Rathe des Kantons Freiburg am 17. November 1871 dem interkantonalen Comité der Broyethalbahn durch Genehmigung der Uebereinkunft vom 20.

Oktober 1871 ertheilt, durch Bundesrathsbeschluß vom 11.

Dezember 1871 genehmigt und durch Bundesbeschluß vom 23. Dezember 1872 verlängert worden ist;
Juni 1872 und dem zugehörigen Pflichtenheft ertheilt, durch Bundesbeschluß vom 19. Juli 1872 genehmigt und durch Bundesbeschluß vom 26. Juli 1873 verlängert worden ist, ·an die Compagnie des chemins de fer de la Suisse Occidentale wird genehmigt.

2, Die Uebertragung der Konzession, welche für eine Eisenbahn von der Staatsbahn bei Lyß über Aarberg bis zur freiburgischen ·Grenze bei Fräschelz vom Großen Rathe des Kantons Bern am 12. Januar 1870 dem interkantonalen Comité der Broyethalbahn ertheilt, durch Bundesbeschluß vom 18. Juli 1871 genehmigt und durch Bundesbeschlüsse vom 23. Dezember 1872 und 26.

Juli 1873 verlängert worden ist, an die bernische Jurabahngesellschaft wird genehmigt.

3. Auf das Gesuch der Minderheit des Verwaltungsrath.es der Broyethalbahn, dahin gerichtet, daß die Abtretung der Streke von der bernisch-freiburgischen Grenze bei Fräschelz bis zur waadtländisch-freiburgischen Grenze bei Pfauen an die bernische Jurabahn genehmigt werde, wird nicht eingetreten.

Bundesblatt. Jahrg. XXV. Bd. IV.

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4. Aus Grund der erfolgten Abtretung soll die Rechnung der Anlage- und Betriebseinrichtungskosten der Bahn in keiner Weise belastet werden und dem Bunde die Befugniß einläßlicher Prüfung derselben in dieser und jeder andern Richtung gewahrt bleiben.

5. Innerhalb 4 Monaten, vom Datum dieses Beschlusses an, hat die Compagnie des chemins de fer de la Suisse Occidentale mit Bezug auf die in Dispositiv l, a und b, und die bernische Jurabahngesellschaft mit Bezug auf die in Dispositiv 2 genannte Linie sich über den Besiz genügender finanzieller · Mittel für die gehörige Fortführung der Unternehmung auszuweisen, in der Meinung, daß wenn auch nur eine der beiden Gesellschaften den Ausweis nicht beibrächte, gegenwärtige Bundesgenehmigung für die Uebertragung aller drei, die Broyethalbahn betreffenden Konzessionen (Dispositiv l, a, b und 2) dahinfallen würde.

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1873

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53

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

06.12.1873

Date Data Seite

502-514

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10 007 980

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