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Bericht der

ständeräthlichen Kommission, betreffend Bestellung und Geltendmachung von Pfandrechten.

(Vom 29. Oktober 1873.)

Es kann vor Allem die Frage aufgeworfen werden, ob und gestützt auf welchen § der Bundesverfassung, der Bund sich eine · Competenz über das Gesetzgebungsrecht der Kantone erlauben darf.

Die Gesetzgebung über das Hypothekenwesen ist Sache der kantonalen Gesetzgebung, und es ist allerdings ein Eingreifen des Bundes in eine ihm bis jetzt nicht zugestandene Sphäre, wenn er betreffs der Pfandrechte an den Eisenbahnen ein Gesetz erläßt.

Dagegen ist eine einheitliche Gesetzgebung in dieser Beziehung so unbedingt vorgezeichnet und liegt so sehr in der Natur der Verhältnisse, daß gegen eine Regulirung dieser Frage durch die Bundesbehörden von keiner Saite Opposition gemacht wurde.

Die Macht der Verhältnisse und die zwingende Nothwendigkeit, die Verkehrsverhältnisse rationell zu ordnen, war stärker als alle Bedenken und sonst bindenden Schranken der Verfassung.

Es hat denn auch die Gesetzgebung der Eidgenossenschaft diese Frage bereits gelöst, ohne daß von irgend welcher Seite ernstlich Einwendung erhoben worden wäre.

§ 11 des Eisenbahngesetzes stellt fest: Ein Bundesgesetz wird über die Bestellung und Geltendmachung von Pfandrechten, sowie

335 über das im Falle der Zahlungsunfähigkeit einzuhaltende Verfahren das Nähere bestimmen.

Bei der Behandlung des Gesetzes sind zwei Verhaltnisse vor Allem in Berücksichtigung zu ziehen, welche eine sorgfältige Behandlung der Frage erheischen, und welche auf die Ausarbeitung des Entwurfes Einfluß ausüben müssen.

Es ist vorerst der Umstand, daß ein Gesetz geschaffen werden muß, das seine Ausführung findet in allen Kantonen, welche bis jetzt und in Zukunft über das Pfandrecht ganz verschiedene Bestimmungen haben. Diese kantonalen Bestimmungen über das Pfandrecht auf die Eisenbahnen anzuwenden, ist unmöglich. Die theilweise ganz widersprechenden Bestimmungen der kantonalen Gesetze können nicht auf ein Objekt ausgedehnt werden, das seiner ganzen Natur nach, je nach den Kantonsgrerizcn, nicht in verschiedene Theile zerstückelt werden kann.

Es fuhrt uns dieß auf das zweite Verhaltniß: Die Natur des zu verpfändenden Objektes. Es ist klar, daß eine Eisenbahn nicht wie ein Grundstück, das der Landwirtschaft oder andern Zwecken gewidmet ist, behandelt werden kann. Es muß die ganze Linie als solche, a l s g a n z e betrachtet werden. Es kann nicht nach Gemeinden, nicht nach Kantonen ausgeschieden werden, sondern es muß die Verschreibung des g e s a m m t e n Objektes als Ganzes stattfinden, weil ein Theil des Ganzen keinen Werth hatte, ja mit der Verpflichtung des Betriebes eine große Last wäre. Es muß sich die Verpfandung ferner auch ausdehnen auf das Betriebsmaterial der Gesellschaft. Es ließe sich zwar schon denken, daß die Bahn einzig als solche verpfändet und das Betriebsmaterial freigelassen wurde. Dagegen wäre dieß immerhin ein unnaturliches Verhaltniß. Das Betriebsmaterial gehört eigentlich doch zur Eisenbahn. Es bildet einen integrirenden Theil derselben, ist gleichsam Zubehorde zum Grundstuck, wie die festen Maschinen einer Fabrik als zum Grundstück gehörend betrachtet werden.

Es kann die Eisenbahn ohne das dazu passende Material nicht benutzt werden, und umgekehrt.

Ein fernerer Umstand, der beim Gesetz in Betracht gezogen werden muß, ist, daß bei Eisenbahnanlehen gewohnlich nicht ein einziger Creditor auftritt, sondern Mehrere mit Partialtiteln, welche alle gleiche Rechte haben, und von denen keiner von irgend einem Kanton bevorrechteter behandelt werden soll, als die andern.

Dieß sind die
Hauptgesichtspunkte, welche den Erlaß eines gemeinsamen Gesetzes begründen und welche auch seine Natur bedingen. Es geht schon aus diesen kurzen Andeutungen hervor,

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daß die Bestimmungen des gewöhnlichen Pfandrechtes Pfandrechte an Eisenbahnen keine Anwendung finden

auf die

Gehen wir nach diesen allgemeinen Bemerkungen auf die Bestimmungen des Gesetzes über.

Es fragt sich vorerst, wie soll das Pfandrecht bestellt werden.

Hierüber ist die Bestimmung aufgestellt, daß die Bewilligung des Bundesrathes zur Begründung des Pfandrechtes iiöthig ist, welcher zu untersuchen hat, ob das aufzunehmende Geld für die Förderung des Unternehmens verwendet wird.

Es ist dieß nach zwei Richtungen hin begründet. Einerseits muß der Bund vermöge des Eisenbahngesetees darüber wachen, daß die Eisenbahnuntemehmung in einem Stande erhalten bleibe, der den Interessen des Verkehrs entspricht. So gut als der Bund den Finanzausweis zu prüfen hat, ebenso gut jmuß er prüfen, ob die später aufgenommenen Gelder im Interesse des Unternehmens verwendet werden. Das Unternehmen ist ein öffentliches, dem ein Verkehrsmonopol anvertraut wurde, und dem der Staat gewisse gesetzliche Privilegien verleiht. Es kann ihm von diesem Standpunkte aus nicht gleichgültig sein, wenn die einem solchen Unternehmen zum Zwecke der Förderung des Unternehmens anvertrauten Gelder zu andern Zwecken verwendet würden.

Andererseits hat der Staat den Creditoren im Interesse des öffentlichen Crédites zu schüzen, daß nicht die Gelder auf leichtfertige Weise verwendet werden. Der Gläubiger geht von der Ansicht und Voraussetzung aus, daß die von ihm dargeliehenen Gelder auf das Objekt verwendet werden, welches ihm zum Pfand dargeboten wird. Der Werth dieses Objektes und dadurch seine Sicherheit sollen vermehrt werden.

Die Bewilligung des Bundesrathes überhaupt ist erforderlich, weil durch einen amtlichen Akt constatirt werden muß, daß das Pfandrecht begründet wird. Der Sinn von § l und § 3 besteht darin, daß mit der Bewilligung des Bundes das Pfandrecht begründet wird, und für den Fall in Rechtskraft tritt, daß das Anleihen abgeschlossen wird, und zwar geschieht dieß, ohne daß später noch fernere Formalitäten zur Begründung des Pfandrechtes nöthig werden.

Bei derartigen Anleihen wird gewöhnlich eine öffentliche Zeichnung stattfinden, und es erhalten bereits durch die Genehmigung des Bundes die Uebernehmer der Partialtitel das Pfandrecht. Allerdings ist in § 10 eine Eintragung in ein Pfandbuch vorgesehen.

Diese Eintragung begründet jedoch das Pfandrecht nicht, sondern

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gilt nur zur Contrôle. Es ist hier nicht der in vielen Hypothekargesetzgebungen geltende Grundsatz der Oeffentlichkeit angenommen, daß das Pfandrecht nur dann und insoweit Kraft hat, bis und als es im Hypothekenbuch eingetragen ist. Der Grundsatz der Spezialität und Oeffentlichkeit ist überhaupt im Gesetzesentwurfe nicht durchgeführt.

Mit der Bewilligung des Bundes soll untersucht werden, ob bereits ein älteres Pfandrecht besteht. Ist dieses der Fall, so soll dieß vorgemerkt werden, und übereinstimmend mit sämmtlichen Grundsätzen des Hypothekarrechtes, erhält dieses ältere Pfandrecht den Vorzug.

· lieber das Vorrecht nicht pfandberechtigter Titel, in welchen jedoch die Bestimmung aufgenommen wurde, daß keine gleich oder besser berechtigten Titel aufgenommen werden dürfen, wird der rechtlich und moralisch allgemein geltende Grundsatz festgehalten, daß die Bestimmungen des früheren Vertrages oder Versprechens aufrecht erhalten werden sollen.

Es hat Ihre Commission hier die Aenderung vorgenommen, daß sie auch der BestimmungO NacbachtungO verschaffen will,/ welche in vorher gemachten Anleihen aufgenommen wurde, und welche dahin geht, .,,daß später zu errichtende Titel kein gleiches Recht erhalten sollen", während der bimdesräthliche Entwurf nur die Bestimmung von ^besser berechtigten Titeln11' aufgenommen hat. Mit demselben Recht, mit dem man das vorausbedungene Recht wahrt, wenn es heißt, nkeine besser berechtigten Titel," muß man auch das noch weitergehende Versprechen wahren, daß keine gleich berechtigten Titel aufgenommen werden dürfen. Die sogenannten Obligationen ersten Ranges, in denen bestimmt ist, daß keine g l e i c h oder besser berechtigten Titel errichtet werden dürfen, müssen in ihrem Rechte, wie es ausbedungen wurde, ebenfalls gewahrt und gesichert werden, wenn nicht der Crédit des Landes empfindlich darunter leiden soll.

Es existiren gegenwärtig derartige Titel in dei- Schweiz, und wenn es nun einer Bahngesellschaft entgegen dem früher ausbedungenen Versprechen einfallen würde, das Versprechen, keine gleich berechtigten Titel einzuführen, zu andern und mit den alten gleich berechtigten neue Pfandtitel errichten wollte, so wäre dieß eine Schädigung der Rechtsverhältnisse und eine Unbilligkeit, welche die Gesetzgebung hindern muß. Dagegen treten für die Gesellschaft erleichternde
Bestimmungen für den Fall ein, wenn von der Gesellschaft ein Verzicht auf frühere Rechte verlangt wird. Es wird dieß in dem Fall geschehen, wenn die Gesellschaft in bedrängte

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Geldvei'hältnisse geräth, und ^sich durch ein neues Anleihen behelfen muß, ihre Existenz zu fristen. In diesem Falle ist es ge%vöhnlich auch im Interesse der erstberechtigten Gläubiger der Gesellschaft, ihren Fortbestand zu ermöglichen. Es wird in diesem Falle eine Versammlung der Titelsinhaber angeordnet. Spricht diese den Verzicht aus auf ihr Vorrecht, so wird ein Einspruchsrecht gegen diesen Beschluß gestattet, und nur diejenigen behalten ihre frühern Rechte, welche von diesem Einspruchsrecht wirklichen Gebrauch machen.

Was den Umfang des Pfandrechtes anbelangt, so bezieht es sich entgegen den Grundsätzen des Hypothekarrechtes auf das unbewegliche und b e w e g l i c h e Vermögen der Gesellschaft. Es stellt den Grundsatz einer Generalhypothek auf das gesammte Vermögen auf.

Nach dem bundesräthlichen Entwürfe können Veränderungen im Grundbesitze der Bahn ohne Einspruch der Pf'andgläubiger vorgenommen werden. Ihre Commission hat hier eine Beschränkung eintreten lassen. Sie glaubt, daß die Gesellschaft nicht befugt sein soll, ohne Zustimmung der Pfandgläubiger einzelne Strecken der Eisenbahn selbst zu veräußern. Es wäre dieß eine Schädigung des Pfandrechtgläubigevs, dessen Sicherheit durch Verkauf seines Pfandobjektes rein illusorisch gemacht werden könnten.

Es muß der Gesellschaft zwar schon das Recht eingeräumt werden, über Betriebsmaterial, Vorräthe, Gebäude, Landparzellen, die erworben werden mußten, frei zu verfügen. Ihr jedoch zu gestatten, Theile der' Bahn selbst zu veiüußsrn, wäre nach der Ansicht der Commission zu weit gegangen, und mit dem Wesen und der Natur des Pfandrechtes nicht mehr vereinbar.

Eine fernere Aenderung, welche die Commission Ihnen vorschlägt, besteht darin, daß in dem Pfandbuch die verpfändeten Bahnlinien in ihrem Bestand genau zu verzeichnen sind. Es ist die.ß nöthig, urn allfällige Aenderungen constatiren zu können. So gut als in jedem Hypothekenbuch das einzelne Grundstück genau zu verzeichnen ist, eben so gut soll im Pfandbuch der Eisenbahnen auch das zu Pfand gegebene Objekt bezeichnet werden. Es wird dieß zur Constatirung des Rechtszustandes wesentlich beitragen.

Beim Begehren für Liquidation gilt der Grundsatz, daß jedes Anleihen, auch wenn es in Partialtitel zerfällt, ein Ganzes, eine einheitliche Forderung bildet. Es kann hier keine Trennung der verschiedenen
Titel stattfinden, und es entscheidet deßhalb die vom Bundesrath auf Begehren einberufene Versammlung der Hypothekargläubiger-mit absolutem Mehr der vertretenen Titel, ob sie die Li-

339 quidation verlange. Dieß Wort: ,,Titel" muß offenbar in Summen umgewandelt werden, indem es sich denken läßt, daß Titel von verschiedenen Größen, z. B. von 500 und von 1000 Fr., ausgegeben worden sind.

Naeh dem Antrage des Bundesrathes würde sodann der Bundesrath der Gesellschaft eine Frist bestimmen, innert welcher sie ihren Verpflichtungen nachzukommen hat. Ihre Commission schlägt vor, diesen Termin zu fixiren und zwar mit allseitiger billiger Berücksichtigung auf 6 Monate. Es ist immerhin schwierig für eine administrativbehörde, wenn sie berufen wird, in Civilstreitigkeiten zwischen zwei Parteien zu interveniren und einen Entscheid zu fassen, bei welchem leicht diese und jene Rüksichten vermuthet oder untergeschoben werden, wenn sie auch nicht vorhanden sind.

Das Recht soll so viel möglich präzis und für alle gleich sein, ohne daß eine Administrativbehörde berechtigt wäre, es in diesem Falle so, in einem andern anders anzuwenden. Es hätte dieß entschieden seine Uebelstände. Wir sehen auch nicht ein, warum nicht ein bestimmter Termin bereits im Gesetz aufgestellt werden könnte. So verschieden sind denn doch die Verhältnisse nicht.

Namentlich ist eine bestimmte Frist um so vorgezeichneter, da in § 16 dem Bundesrath das Recht zugestanden wird, die Frist aus zureichenden Gründen zu verlängern.

Die Bestimmung, daß die Steigerung immer in der Bundesstadt abgehalten werden soll, schien der Kommission nicht ganz zweckmäßig. Wenn dieß auch die Regel sein wird, so mag es doch zweckmäßiger sein, wenn dem Bundesrathe die Fakultät anheimgestellt wird, hierüber zu entscheiden.

Bleibt das höchste Angebot unter der Schätzung des Experten, so sollen nach der Ansicht Ihrer Commission die Gläubiger ebenfalls einvernommen werden, wie die Kantonsregierungen, ob das Angebot anzunehmen oder eine zweite Steigerung anzuordnen sei.

Es sind hier die Gläubiger hauptsächlich interessili, und es sollen diese über ihre Ansicht angefragt werden.

Außer den im bundesräthlichen Bericht angeführten Gründen O werden Angebote nur von solchen Personen angenommen werden, welche sich vorher beim Bundesrathe ausgewiesen haben, daß sie für Erfüllung der Verbindlichkeiten hinlänglich Garantien bieten; führen wir noch an, daß es der Schweiz nicht gleichgültig sein kann, wer eine Bahn übernimmt, namentlich in welches Verhältniß
sie in dieser Beziehung zu auswärtigen Bahngesellschaften oder Staatsbahnen zu stehen kommt. Es soll in dieser Beziehung, was auch im Artikel 24 ausgesprochen ist, dem Bundesrath die Voll-

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macht ertheilt werden, die nöthigen Garantien a l l s e i t i g zu prüfen, was wir hier ausdrücklich hervorheben. Aenderungcn an der Coucession jedoch, zu welchen der Bundesrath sich veranlaßt sieht, sollen nach der Commissionsansicht analog unserm Eiscnbahngesetz der Genehmigung der B u n d e s v e r s a m m l u n g unterstellt, werden.

Bei der Liquidation geht die Commission nicht einig mit dem bundesräthlichen Entwürfe darin, welche Gläubiger Vorzugsrechte haben sollen. Der Bundesrath schlägt vor, daß die Gegenstände, welche zum Bau und Unterhalt der Bahn verwendet wurden, vor den Pfandgläubigern ein Vorrecht haben sollen. Abgesehen davon, daß dieß allen Grundsätzen des Pfandrechtes widerspricht, und daß mit einer derartigen Bestimmung leicht; Mißbrauch zum Schaden der Pfandgläubiger durch leichtfertige Käufe getrieben werden könntej sind auch die im Bericht angeführten Gründe für Aufnahme einer solchen Bestimmung nicht stichhaltig. Es soll mit dieser Bestimmung der ungestörte Betrieb gesichert werden; nun aber sind im bundesräthlichen Entwürfe gerade die nöthigsten Lieferungen für den Beti-ieb, wie Kohlen, nicht als bevorzugt aufgenommen. Der angeführte Grund, es trage auch die Unterhaltung zur Erhöhung des Werthes der Bahn bei, und das Produkt der Leistung soll den Pfandgläubigern ohne Entgeld nicht zufließen, ist ebenfalls nicht richtig. Der Pfandgläubiger hat nach allgemeinem Pfandrecht sowohl, als nach Billigkeitsrücksichten das Recht zu verlangen, daß das Pfandobjekt in dem Zustande erhalten werden soll, den ein guter Familienvater an wenden würde. Was für den Unterhalt verwendet wird, ist nur ein Ersatz des Abganses. Durch den Gebrauch nimmt der Werth des Pfandobjektes ab, und würde eine Gesellschaft während einer Reihe von Jahren mit Rücksicht auf das Vorrecht von den Lieferanten Termine erhalten, so könnte das Recht des Pfandgläubigers rein illusorisch werden.

Es fließt dem Pfandgläubiger auch kein besonderer Vortheil zu, sondern es bleibt ihm annähernd wenigstens sein Recht auf ein wirkliches Pfandobjekt, wie es zur Zeit der Vertragsschließung ausbedungen war.

Wir machen auch auf die Schwierigkeit der Ausmittlung aufmerksam, dessen, was zum Bau und Unterhalt und dessen, was zum Betrieb der Bahn verwendet wurde, und auf die Mißbräuche, welche allseitig hiebei vorkommen könnten.

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Wir sind mit der Ansicht des Bundesrathes zwar ganz einig, daß die Grundsatze des gewöhnlichen Pfandrechtes auf die Eisenbahnen nicht angewendet werden können. Wir erlauben uns jedoch dennoch das Beispiel anzuführen, daß ein derartiges Vorrecht gleich wäre, wie wenn man den Lieferanten und Bauunternehmern für Reparaturen an einem Hause ein Vorrecht vor den Pfandgläubigern einräumte, was gewiß überall als unstatthaft angesehen würde.

Entweder muß der Unternehmer oder derjenige Gläubiger verlieren, der im Vertrauen auf das Objekt und mit Zusicherung auf dasselbe sein Geld dem Unternehmen anvertraut hat, und da scheint es uns billiger und angemessener, wenn dem Letztern Rücksicht getragen wird, namentlich auch, weil wir eine Schwächung des Crédites der Bahnen befürchten, wenn derartige weitgehende Vorzugsrechte vor den Pfandgläubigern gestattet werden.

Dagegen würden wir, wie für die Arbeitslöhne, so auch für den Angestellten der Bahn ein Vorzugsrecht beanspruchen. Es sind auch unter den" Angestellten kaum Rentiers zu suchen, und es ist gewiß, wenn irgendwo, so hier im Interesse des unausgesetzten Betriebs der Bahn, daß denselben ihre Löhnung zugesichert bleibt.

Es ist auch eine Forderung der Billigkeit, daß sie für ihre Arbeit, die sie dem Betriebe widmen, und womit sie die Einnahmen der Bahn ermöglichen, ihren Lohn erhalten.

Bei den Forderungen, welche von Amtswegen eingetragen werden sollen, hat Ihre Commission das Wort ,,größerea vor Anleihen gestrichen. Es ist dieß ein unbestimmter Begriff, bei welchem der Gläubiger im Zweifel sein kann, was er zu bedeuten hat.

Derartige dehnbare und unbestimmte Aeußerungen, welche später zu Zwistigkeiten führen, müssen in Gesetzen vermieden werden.

Entweder sollen alle Anleihen mit Partialobligationen von Amtswegen ins Schuldenverzeichniß eingetragen werden oder dann keine.

Gegen den Entscheid des Abgeordneten des Bundesrathes über die Vertheilung des Vermögens ertheilt der Entwurf den Betheiligten das Recht, an den Bundesrath zu rekurriren, der Bundesrath kann den Rekurs von sich aus erledigen oder an das Bundesgericht überweisen. Ihre Commission war der Ansicht, daß derartige Fälle, welche immer civilrec'htlicher Natur sein werden, ohne Zwisohenvennittlung des Bundesrathes an die richterliche Behörde gewiesen werden sollen. Sie gibt zu, daß Fälle eintreten können, wo dieses Verfahren mit einigen Convenienzen verbunden ist, dagegen glaubt

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sie, daß doch auch in der Schweiz der Grundsatz der Gewaltentrennung seine Anerkennung haben sollte, und daß Abweichungen davon immer zu Mißverhältnissen und unrichtigen Stellungen der Behörden führen.

Im Uebrigen erklärt sich die Commission mit den Vorschlägen des bundesräthlichen Entwurfes einverstanden.

B e r n , den 29. Oktober 1873.

Der Berichterstatter: Wilh. Vigier.

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Bericht des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Veröffentlichung der Verhandlungen über die Bundesrevision.

(Vom 12. November 1873)

Tit.!

Durch Beschluß vom 3. dies hat der Nationalrath uns eingeladen, beförderlichst über die Frage Bericht und Antrag einzubringen, ob und in welcher Weise eine Publikation der Verhandlungen der Bundesversammlung ü b e r die B u n d e s revision stattzufinden habe.

Ihrem Auftrage nachkommend, beehren wir uns, zuvörderst zu bemerken, daß der nachfolgende Bericht unsere Botschaft an die hohe Bundesversammlung über die Frage der Veröffentlichung der Verhandlungen der eidg. Räthe vom 3. November nicht berührt.

Jene Botschaft bespricht die ordentliche, regelmäßige Veröffentlichung der Verhandlungen beider Räthe, und wenn unser dortiger sachbezüglicher Antrag den Beginn dieser Veröffentlichungen erst von der nächsten Session der Bundesversammlung an in Aussicht nimmt, so hat dies seinen Grund darin, daß mit der Genehmigung jenes Antrages Veränderungen in der Behandlung des Bundesblattes

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Bericht der ständeräthlichen Kommission, betreffend Bestellung und Geltendmachung von Pfandrechten. (Vom 29. Oktober 1873.)

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1873

Année Anno Band

4

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51

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

22.11.1873

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334-343

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10 007 952

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