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Schweizerisches Bundesblatt.

XXV. Jahrgang. L

Nr. 8.

22. Februar 1873.

J a h r e s a b o n n e m e n t (portofrei in der ganzen Schweiz): 4 Franken.

E i n r ü k u n g sge Mihr per Zeile 15 Bp. -- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden.

Druk und Expedition dor Stämpflischen Buchdrukerei in Bern,

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Kommissionalberichte betreffend

beanstandete Nationalrathswahlen im Kanton Tessin.

I.

Bericht der

nationalräthlichen Kommission über Anstände in den tessinischen Wahlkreisen 39 und 40 betreffend Nationalrathswahlen.

(Vom 8. Dezember 1872.)

Tit. !

Die Prüfung der Wahlergebnisse im 39. und 40. eidg. Wahlkreise, d. h. im .Kanton Tessin, ergibt leider ein keineswegs erfreuliches Bild, und es war für die Kommission, welche Sie mit dieser Prüfung beauftragt haben, ein in jedem Betracht b e m ü h e n des Geschäft, die massenhaft vorliegenden Beschwerden und Gegenbeschwerden zu durchgehen und sich daraus ein, wenigstens annähernd, richtiges Urtheil über die Sachlage zu gestalten.

Zunächst fragt es sich : wie stellt sich für die verschiedenen Candidaten die Zahl der erlangten Stimmen; welche von ihnen haben das absolute Mehr der stimmenden Wähler erhalten und sind also als gewählt zu betrachten, sofern m a t e r i e l l der. Wahlgang wegen Unregelmässigkeiten nicht angefochten werden kann.

Bundesblatt. Jahrg. XXV. Bd. I.

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326 Schon über diese Vorfrage erhob sich, zuerst ein-Streit. Es haben zwei nahezu gleich starke Parteien in beiden Wahlkreisen mit einander gerungen, und mit Ausnahme einer einzigen Wahl, nämlich derjenigen des Hrn. Pedrazzini, dessen Namen auf beiden Listen · figurirte, standen sich überall die Candidaten verhältnissmässig sehr nahe, und es lag daher.im Interesse beider Partheien, dafür zu sorgen, dass ihren Candidaten ja keine Stimmen entzogen werden, die ihnen von Rechtens wegen gebührten. Nun ergab es sich aber, dass in einzelnen Gemeinden oder Kreisen Stimmzedel als ungültig beseitigt worden waren, wenn sie bloss den Geschlechts-, nicht aber den Vornamen der betreffenden Candidaten trugen, und es erging daher an den Staatsrath eine Reihe von Reclamationen, welche eine solche Massregel als unstatthaft bezeichneten, und das bestimmte Verlangen stellten, dass jene Zedel denjenigen zugezählt werden, denen sie, nach der vorauszusezenden Absicht der "Wähler, ganz unzweifelhaft zugedacht waren. Die Regierung hielt dieses Begehren für begründet und entschloss sich daher zu einer Vérification der Stimmzedel auf Grundlageder Rechtsansicht, dass jeder Zedel, wenn er auch "nur den Familiennamen eines der allgemein bekannten, von den Partheien aufgestellten Candidaten trage, demselben zu Gunsten gesehrieben werden solle. Nur blieb man bei der Vollziehung auf halbem Wege stehen: man sichtete nämlich bloss diejenigen Zedel, welche, ausserhalb der versiegelten Pakete, als mangelhaft oder unzureichend zusammengelegt waren ; die Entsiegelung der Pakete und die Revision a l l e r Zedel war zwar in Aussicht genommen worden, wurde dann aber -- da ein heftiger Protest dagegen einlief -- wieder aufgegeben.

Auf Grund dieser, wenigstens theilweisen Rectification der von den Wahlbüreaux aufgestellten Ergebnisse, fand dann der Staatsrath, dass im 39. Kreise Stimmen abgegeben worden seien : 9836 ; abso' lûtes Mehr also : 4919 ; ' dass davon erhalten haben : Hr. Carlo Battaglini 5066, also 147 über das absolute Mehr.

,, Massim Magatti 4981, ,, 62 ,, ,, ,, Die dritte Wahl war nicht herausgekommen.

Im 40. Kreise waren gültige Stimmen abgegeben : 8032 ; das absolute Mehr betrug also 4017.

Stimmen haben erhalten : H r . Mich. Pedrazzini 5815,alsoc 1798 über d a s absolute Dann folgt noch: ..

Hr. Giov. Jauch mit 3998, oder 19 unter dem absoluten Mehr.

32> Diese zahlenmässige Feststellung des Resulfates wurde endlich am 12. November, also 14 Tage nach der Wahl, vom Staatsrathe : beschlossen und sofort im Amtsblatt publizirt, und zwar in folgender eigentümlichen Form : die Herren Battaglini, Magatti und Pedrazzini wurden einfach als mit absoluter Mehrheit gewählt bezeichnet; für Herrn Vonmentlen wurde der Ausdruck gebraucht : er habe a n s c h e i n e n d (apparentemente) die absolute Mehrheit erlangt ; für Herrn Jauch endlich, der nach der obigen Aufstellung offenbar das absolute Mehr n i c h t erlangt hatte, erfand man die neue Formel : er habe, gegenüber den andern Kandidaten, die grösste Stimmenzahl auf sich vereinigt, und gestützt hierauf wurde dann auch richtig dem Hrn. Jauch ein förmliches Crediti v ausgestellt, um, wie es in dem- , selben heisst, ihm den sofortigen Einsitz im Nationalrath, nach Massgabe des Art. 29 im Gesetz vom 19. Juli 1872, , zu ermöglichen.

Indessen gab sich Hr. Jauch mit dieser Art halber Anerkennung nicht zufrieden ; er behauptet nämlich, bei richtiger Gruppirung der Zahlen, das absolute Mehr erreicht zu haben, und am Ende kam dann auch der Staatsrath, im Widerspruch mit seiner ursprünglichen Ansicht, zu dem nämlichen Schlusse. Er macht dabei folgende Berechnung : Das absolute Mehr war bisher zu 4017 angenommen, weil im" Ganzen 8032 Stimmende gezählt wurden; allein nachträglich ergibt sich, dass im Kreise Navegno 14 Unberechtigte gestimmt haben; zieht man diese Zahl von 8032 ab, so bleiben 8018 Stimmende, und demgemäss beträgt das absolute Mehr noch 4010. Nun hat · Hr. Jauch, nach obiger Aufstellung, erhalten .

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." 3998; dazu kommen ihm aber noch 12 Bürger von Airolo und 14 von Malvaglia zu statten, die ungesetzlicher Weise zum Stimmen nicht zugelassen worden sind, und die nun nachträglich erklären, sie würden dem Hrn. Jauch gestimmt haben; also diese .

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26 hinzugerechnet, sowohl zur Gesammtzahl der Stimmenden, die hiedurch auf 8044 (absolutes Mehr : 4023) ansteigt; alsauch zu der Stimmenzahl des Hrn. Jauch, welche dadurch die Ziffer von 4024 erreicht, ergibt sich, dass derselbe Eine Stimme über das absolute Mehr erhalten hat und somit als gewählt betrachtet werden kann.

' . - . . - . . .

v . 4024

328 Hr. Präsident, ineine Herren, Ihre Commission kann sich indessen mit dieser Berechnungsweise durchaus nicht einverstanden erklären ; sie. hält vielmehr an dem Cardimi lsatze fest, dass zur Construction eines Wahlergebnissos gar kein anderes Material verwendet werden darf, als die effectiv in die Stimmurnen eingelegten Stimmzedel, und dass demnach nachträglich abgegebene Erkläungen von Stimmberechtigten, die nun einmal, ganz gleichviel aus welchen Gründen, nicht wirklich gestimmt haben, in keiner Weise in Betracht gezogen werden können. Sind wirklich eine Anzahl Bürger unstatthafter Weise an der Ausübung ihres Stimmrechtes verhindert, andere ungerechtfertigt zum Stimmen zugelassen worden, so kann dies unter Umständen einen Grund zur Cassation des Wahlganges abgeben ; aber man kann nicht durch künstliche Combinationen die Resultate, die sieh aus der Zählung der eingelegten Zedel ergeben haben, zu ersetzen suchen. Es muss daher, nach der Ansicht ihrer Commission, bei déni ursprünglichen Urtheil der Regierung von Tessin sein Bewenden haben, dass Hr. Jauch nämlich im 40. Wahlkreise allerdings eine relative, aber nicht die, für einen ersten Wahlgang geforderte absolute Mehrheit erlangt habe.

Handelte es sich also bloss um die f o r m a l e Zählungsfrage und die Ausmittelung derjenigen Candidaten, welche formell, durch Erlangung einer absoluten Stimmenmehrheit, als gewählt zu betrachten seien, so müsste das Verdict dahin lauten, dass in jedem der beiden Wahlkreise nur zwei Wahlen zu Stande gekommen seien, und zwar im 39. die der Herren Battaglini und Magatti, im 40. die der Herren Pedrazzini und Vonmentlen. Was Hrn. Jauch anbelangt, so würde aus dem Angebrachten folgen, dass er sich einfach und sofort einem zweiten Wahlgange zu .unterziehen habe, da «r aber im ersten die absolute Mehrheit nicht, auf sich zu vereinigen vermochte. Allein, wenn der allgemeine Untersuch angeordnet wird, welchen Ihnen die Commission am Schlüsse beantragen wird, ·so dürfte es doch angezeigt sein, auch die Frage des Hrn. Jauch vorläufig ganz unpräjudizirt dastehen zu lassen : die Pakete der Wahlzedel sind noch nicht eröffnet und revidirt, und bei der geringen Stimmenzahl,welche Hrn. Jauch zum absoluten Mehr fehlt, ist es doch sehr gedenkbar, dass eine Revision jener Pakete noch Resultate ergeben kann, welche ein j e t z t
ausgefälltes Urtheil als voreilig und unrichtig erscheinen liesse, zumal voraussichtlich eine ziemliche Anzahl von Stimmenzedel sich als nur mit Einem oder zwei Namen (statt dreien) ausgefüllt erzeigen werden und dann noch die Frage zu losen bleibt, wie man dieselben -- Angesichts den Bestimmungen von § 19 , Alinea 2 des Wahlgesezes -- taxiren will.

320 Wenn dann aber im Weitern der Staatsrath von Tessin bei Hrn. Vonmentlen die Anmerkung macht, derselbe habe a n s eh ein e n d die Mehrheit überschritten und es müsse der Ausgang der gegen die Wahl erhobenen Beschwerden vorbehalten bleiben, so gilt dies im Grunde für a l l e Wahlen; denn das absolute Mehr bildet nur das f o r m a l e Requisit für das Zustandekommen der Wahl; es muss aber, falls die Wahl vollständig in Ordnung sein soll, weiterhin noch das m a t e r i e l l e Erfordernis erfüllt sein, dass dem Wahlgang keine Mangel ankleben, wodurch er, weil der wirkliche freie Wille der Wähler nicht zum Ausdrucke gekommen, von Anfang an als nichtig und ungültig erschiene.

Leider aber liegen nun gegen die Wahlvorgänge in b e i d e n Kreisen eine Menge von Beschwerden vor, welche nach d i e s e r Richtung die Ergebnisse zum Mindesten in einem zweifelhaften Lichte erscheinen lassen. Wir halten es weder für nothwendig, noch auch für erspriesslich, · Ihnen diese Beschwerden einzeln vorzuführen; es mag vielmehr genügen, den wesentlichen Inhalt und Charakter derselben summarisch zu berühren. Es wird, gegenseitig von beiden Partheien, der Vorwurf erhoben, da ss nicht bloss unerlaubte Beeinflussung der Wahlen -- insbesondere durch die Geistlichkeit, dann aber auch von dein Militärbüreau in Lugano aus -- stattgefunden habe; sondern dass, wie schon erwähnt, Stimmberechtigte am Stimmen verhindert, Unberechtigte dagegen zugelassen worden seien ; ferner, dass in ganzen Gemeinden die Ortsbehörden sich haben beigehen lassen, den Wählern bereits ausgefüllte Stimmzedel zuzustellen ; dass anderwärts die Wähler gezwungen worden seien, ihre Zedel, bevor sie dieselben in die Urne legten, vorzuweisen; dass endlich ·-- und dies ist nicht nur der schlimmste, sondern leider auch der am häufigsten erhobene Beschwerdegrund -- in umfassender Weise das Mittel der Bestechung und des Stimmenkaufes zur Anwendung gebracht worden sei.

Dies sind im Wesentlichen die Vorwürfe, die hüben und drüben erhoben werden, und welche sich in den zahlreichen, bei den Actenliegenden Beschwerdeschriften beider Partheien vorfinden. Sind sie begründet? In welchem Umfang sind sie begründet? haben sie vermocht, auf das Ergebniss der Wahl einen Einfluss zu üben? das sind Fragen, zu deren Beantwortung die Acten ein irgendwie genügendes Material
nicht darbieten. Denn, wenn auch einzelne dieser Schriftstücke ganz detaillirt Angaben über einzelne Vorgänge enthalten und namentlich uns einigermassen mit den, beim Stimmenkauf angewendeten Tarifen vertraut machen, so finden sich anderwärts nur sehr allgemein gehaltene Anklagen, in der Regel mit der Bitte um genauen Untersuch und der Anerbietung näherer Nachweise. Dass die Beschwerden nicht völlig

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aus der Luft gegriffen seien, darf wohl aus dem Umstände ge.schlössen werden, dass die Organe der Regierung, die Regierungsstatthalter in amtlichen ' Berichten an ihre Oberbehörde viele der schlimmsten Anschuldigungen bestätigen und dass die Regierung 'selbst in der Schlussstelle ihres Schreibens an den Bundesrath vom 23. November, welche wir nachher Ihnen textuell vorzuführen gedenken, in ganz entschiedener Weise sich für die unumgängliche Nothwendigkeit genauer Untersuchung ausspricht. Dagegen mangelt uns allerdings vollständig ein genügende)' Anhaltspunkt zu einem Urtheil über den Umfang und die Bedeutung der vorgekommenen Unregelmässigkeiten, und es -ist eben deshalb auch absolut unmöglich, mit Bestimmtheit zu sagen : ob und inwieweit die Wahlergebnisse im Allgemeinen oder wenigstens einzelne derselben dadurch beeinflusst worden seien. Nach den, im Eingänge des gegenwärtigen Berichtes gemachten Zahlenangaben, ist es einleuchtend, dass wenigstens bei dreien unter den formell zu Stande gekommenen Wahlen, die Zahl der Stimmen ü b e r dem absoluten Mehr, welche die betreffenden Candidaten erhalten haben, so unbedeutend ist, dass "es in der That Unregelmässigkeiten von ziemlich bescheidenem Umfange bedurfte, um wirklich das Ergebniss in Frage zu stellen.

Anders verhält sich dies bei der ersten Wahl im 40. Kreise , wo Hr. Pedrazzini nahezu 1800 Stimmen über das absolute Mehr auf sich vereinigte und wo auch ein M o t i v zu anormaler Thätigkeit deshalb nicht vorlag, weil b e i d e Partheien diesen Candidaten auf den Schild gehoben haben. Man darf es daher wohl als aus sero r d e n t l i c h w a h r s c h e i n l i c h bezeichnen, dass die Unregelmässigkeiten, welche im 40. Kreise vorgekommen sein mögen, die Wahl des Hrn. Pedrazzini überhaupt nicht zum Gegenstande hatten und jedenfalls das für ihn bestehende Stimmenverhältniss nicht in einem Masse zu alteriren vermochten, dass ihm das absolute Mehr bestritten werden könnte. Von diesem Standpunkte aus könnte man zu dem Schlüsse kommen, wenigstens d i e s e Wahl schon von heute aus zu validiren; gleichwohl ist die-Commission der Ansicht, es sollte auch mit Bezug hierauf das Urtheil suspendirt werden. -- Sollte es sich nämlich herausstellen, dass der Wahlvorgang im 40.

Kreise in seinem Ganzen von schweren Umtrieben und unstatthaften Einwirkungen getrübt
war, so dürfte es doch wohl das Beste sein, ihn auch als ein Ganzes zu cassiren und dadurch die Partheien zu jiöthigen, noch einmal, aber diesmal in regelmässiger Weise, ihre Kräfte mit einander zu messen.

; Bei dieser Sachlage und auf das Angebrachte gestützt, kann daher die Commission" zu keinem andern Schlüsse kommen, als zu einem Non liquet. Angesichts der erhobenen und -wenigstens bis zu einem gewissen Grade wahrscheinlich gemachten Vorwürfe, ist

331 es ihr unmöglich, die sofortige Validation der Wahlen zu beantragen; Angesichts der Unsicherheit, die über Umfang und Bedeutung, der thatsächlich vorgekommenen Unregelmässigkeiten zur Stunde noch waltet, ist es ihr ebenso unmöglich, sofort eine Cassation vorzuschlagen. Das Eine wie das Andere wäre ein Urtheil ohne Prozess und Beweisaufnahmen in einer keineswegs einfachen oder klaren Streitsache. Es bleibt daher, so unangenehm dies in vielen Beziehungen sein mag, nach der Auffassung Ihrer Commission nichts Anderes übrig, als eine V e r s c h i e b u n g j e d e s E n t s c h e i d e s und ungesäumte A n b a h n u n g e i n e s U n t e r suc h s. Die redlichen Elemente beider Partheien im Canton Tessin müssen es wünschen und sogar dringend verlangen, dass die W a h r h e i t , nichts als die Wahrheit, die ganze Wahrheit an den Tag komme; die Eidgenossenschaft als Ganzes muss dasselbe wünschen, nicht bloss um die unentbehrliche Grundlage für einen Entscheid über die Validationsfrage zu erhalten, sondern eben so sehr, um zu erfahren, wie man im Canton Tessin das freie Wahlrecht bei eidgenössischen Wahlen versteht, und um gegebenen Falls, d. h. wenn sich schwere Versündigungen gegen dasselbe ermitteln lassen, die Schuldigen zur Strafe zu ziehen und damit vor aller Welt den Beweis zu leisten, dass die Republik nirgends Zustände dulden will, welche mit den Grundlagen eines gesunden politischen Lebens unvereinbar sind.

Könnte man übrigens noch im Zweifel darüber sein, ob ein Untersuch erforderlich sei, oder nicht : die Sprache der tessinischen Regierung in dem schon erwähnten Schreiben an den Bundesrath müsste ihn vollends heben. Hören wir, wie dieselbe sich ausspricht : Soll nun aber ein Untersuch angehoben werden, so fragt es sich: auf welche Weise und durch wen dies zu geschehen habe.

Das Nächstliegende und Einfachste wäre es allerdings, die Aufgabe lediglich der Kantonsregierung zuzuscheiden ; allein, wie sich aus den Acten unzweifelhaft ergibt, wünschen im Kanton die Bürger durchgängig einen e i d g e n ö s s i s c h e n Untersuch; die Regierung selbst schliesst sich diesem Begehren an und auch von einem ganz objectiven Standpunkte wird man zum nämlichen Schlüsse gelangen müssen. Allerdings wird auch für den Bundesrath, beziehungsweise dessen Commission, die Aufgabe keine ganz leichte sein,
so lange nach dem Wahltage ein sicheres Ergebniss herauszubringen; allein der V e r s u c h wird wenigstens gewagt werden müssen, und e i n i g e r m a s s e n wird dem Nationalrath doch ein klarerer Ein. blick in die Sachlage dadurch verschafft werden.

332 Der Antrag, den wir Ihnen für heute zu stellen haben, ist demnach folgender : 1. Der Entscheid über die Gültigkeit der am 27. October 1872 getroffenen Wahlen im 39. und 40. eidgenössischen Wahlkreis · wird für einmal vertagt; 2. Der Bundesrath ist eingeladen, mit thunlichst Beförderung und in der ihm zweckmässig scheinenden Weise einen genauen Untersuch über die bei den fraglichen Wahlvorgängen angeblich vorgekommenen Unregelmässigkeiten verschiedener Art anzuordnen, und über dessen Ergebnisse dem Nationalrath bei seinem nächsten Zusammentritte Bericht zu erstatten.

B e r n , den 8. Dezember 1872.

Mit Hochachtung, ..

,-.,

Namens der Commission:

Dr. J. Heer.

Hiezu ein P o s t u l a t , allgemeinerer Natur : ,,Der Bundesrath ,ist eingeladen, die Frage in Erwägung zu ziehen, ob es nicht, zur Herstellung eines überall gleichmassigen Verfahrens, erforderlich wäre, den §19 des Gesetzes vom 19. Juli 1872, betreffend die eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen, durch eine besondere Vorschrift über Behandlung derjenigen Stimmzedel, welche weniger Namen tragen, als Stellen zu besetzen sind, angemessen zu ergänzen und hierüber Bericht und Antrag vorzulegen."

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Kommissionalberichte betreffend beanstandete Nationalrathswahlen im Kanton Tessin. I.

Bericht der nationalräthlichen Kommission über Anstände in den tessinischen Wahlkreisen 39 und 40 betreffend Nationalrathswahlen. (Vom 8. Dezember 1872.)

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22.02.1873

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325-332

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