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Bericht des

Schweiz. Konsuls in Valparaiso (Hrn. J. Nägeli von Horgen) über das Jahr 1872.

(Vom 31. Januar 1873.)

An den hohen Schweiz. Bundesrath.

I. Theil.

Lage im Allgemeinen und Handelsgesetzgebung.

Die gegenwärtige Lage von Chili kann nicht schmeichelhafter sein für seine Regierung : Vollkommener Friede, lebhafte Bewegung auf materiellem, industriellem und politischem Felde, durchdrungen von edeln und gemeinnützigen Ideen.

Die Grenzstreitigkeiten zwischen Bolivien und Chili sind im vergangenen Monat Dezember 1872 durch einen Vertrag beseitigt worden, laut welchem der 24° südlicher Breite bis zürn höchsten Grate der Ariden als die Grenze zwischen beiden Republiken anerkannt ist; was zwischen den Graden 23--25 ausgebeutet wird in Guano, Silber, Kupfer, Salpeter, Borax ist, bezüglich Erlös auf dem Guano und Ausgangszoll des Uebrigen, zu gleichen Hälften theilbar.

In Peru ist der Salpeter als Staatsmonopol erklärt worden und soll in 2 Monaten ins Leben treten. Peru zahlt den Produzenten $ 2. 40 per Zentner für Salpeter von 95 °/o Gehalt an die Küste

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geliefert und vertheilt den jährlichen Bedarf auf die jetzigen Produzenten. Im Jahr 1871 wurden 3 Millionen Zentner exportirt.

Für den Chilihandel ist obiges Monopol, da Valparaiso der wirkliche Markt für den Peru-Salpeter war, und auch die Ausbeutung mit chilenischem Kapital (wenigstens zu 3/5) geschieht, von großem Nachtheil.

Auch der Wechselcours zwischen Chili und Europa, der seit Jahren zwischen 3 und 6 % Verlust für Chili war, wird ungünstiger werden, denn ein Ausfall von ca. 8 Millionen Thaler in Ziehungen gegen Salpeter-Ladungen wird sich ergeben.

Man hofft immer noch, Peru werde besagtes Monopol wieder aufheben, was bei den häufigen Revolutionen zu erwarten steht.

Caracoles hat zur Zeit ca. 3000--4000 Einwohner.

Antofagasta (der Hafen) ,, 5000 ' ., Gegenwärtig werden wohl 30 à 40 Millionen Thaler engagirt sein in Caracoles, und sind bis jetzt ungefähr 7 Millionen in Silbererzen ausgeführt worden. Die Ausbeutung unter jetzigen Verhältnissen, wo alles Nöthige 4--5 mal theuerer ist als in Chili ist immer noch beschränkt auf die wenigen wirklich reichen Minen Minen, die in 04 Ztr. Erze 70 Marcos Silber enthalten, wären in Chili ein Reichthum, während sie in Caracoles keine Rechnung lassen.

Meiggs baut für Rechnung der bolivianischen Regierung eine Eisenbahn von Megillones nach dem Mineral ; erst wenn jene erstellt sein wird, und bis dahin können noch 3 bis 4 Jahre vergehen, wird letzteres wirklich großartige Resultate liefern, indem dann die Tausende von Minen, die nur einen Gehalt von 20--70 Marcos (per cajon de 64 quintales) abgeben, abgebaut werden können.

Eine Privatunternehmung ,,Compania de Salitreras y ferrobarril de Antofagasta" baut gegenwärtig eine Eisenbahn von Antofagasta nach Salinas, wo die Gesellschaft Salpeter ausbeutet; von Salinas nach Caracoles ist die Entfernung nur noch 15 léguas. Da die obige Staatsbahn ca. 7 Millionen, dagegen die von Antofagasta nur 2--2'/2 Millionen kostet, und Meiggs bis jetzt seine Bonos von Bolivien (zum Cours von 80, Zinsen 7'/2 % jährlich, Amortisation 2 % jährlich) in England nicht hat anbringen können, so liegt es in Frage, ob überhaupt Bolivien jene Bahn bauen wird.

Ein jüngstes Dekret der bolivianischen Regierung verbietet den Bau obiger Privatbahn von Antafogasta à Salinas.

883 Viele bedauern, sich so stark in Minen eingelassen zu haben, und ein gewisses Unbehagen im Geschäft im Allgemeinen ist gegenwärtig fühlbar.

Innere Staatschuld per 1. Januar 1872 .

$ 8,518,175 Aeussere ,, ,, 1.

,, ,, .

,, 27,079,500

Total

.

$ 35,597,675~~

Wenn aber der Staat Chili seine vollständige Bilanz ziehen würde, so würden die Activen in Eisenbahnen, die gegenwärtig ca. 2 Millionen per Jahr eintragen, obige Passiven weit übersteigen.

Staatseinkünfte.

1871.

Zölle 6 Millionen.

Tabaksmonopol und Spielkarten l1/^ ,, Staatseisenbahnen .

.

.l4/» ,, 1 Handelspatente .

.

.

/s ., 2 Landsteuer /a ., 1 Guano in Megillones .

.

/s ^ Verschiedenes .

.

.

.

l ., Total

.

11^2 Millionen.

1872 in 9 Monaten.

Die Einkünfte bis 31. Oktober zeigen eine Zunahme von l*/2 Million, so daß mit Sicherheit dieselbe per Ende Dezember auf 2 Millionen anzuschlagen ist.

Erzeugnisse der Landwirthschaft, der Bergwerke und Industrie.

a . A u s f u h r i m J a h r 1871.

Kupfer, Erze, Silber (wovon gemünztes Gold und Silber 8 /io Mili.)

16 Millionen.

s Kohlen, Guano, Kobalt .

.

.

.

.

/io ,, Weizen, Gerste, Mehl 9 ,, Bauholz, Häute, Wolle, Leinsamen, Kartoffeln Ì ,,8, Sohlleder, Honig, Bohnen, Hornvieh, Heu, Wachs | ' 10 " b. B e m e r k u n g e n .

Die 3 Hauptprodukte des Ackerbaues : Weizen, Mehl und Gerste, zeigen eine Zunahme von 3J/2 Millionen gegen 1870. Die Ernte

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war um 64x/2 Millionen Litres größer als im Jahre 1870 und der Ertrag ein neunfältiger (9 für 1), so daß sie nicht nur für den Selbstverbrauch im Lande genügte, der auf 104 Kilogramm per Kopf anzuschlagen ist, sondern einen Ueberschuß von 200 Millionen Kilogramm ergab.

In Folge der hohen Kohlenpreise (die aber gegenwärtig wieder auf ihr früheres Niveau sinken) wurden neue Kohlenminen von mehreren anonymen Gesellschaften bearbeitet.

Die Ernte 1872/73 wird als eine ausnahmsreiche bezeichnet.

Totaleinfuhr.

1871 in runder Summe SS^/i Blilliouen.

Totalausfuhr.

1871 in runder Summe 367/io Millionen.

a. B e m e r k u n g e n zur E i n f u h r .

Es ergibt sich eine Abnahme von 2 2 /io Millionen Thaler, wovon auf Frankreich allein !1/2 Millionen fallen, von wo aus des Krieges wegen weniger Waaren spedirt und exportirt wurden.

b. B e m e r k u n g e n zur A u s f u h r .

Gegen 1870 erzeigt sich eine Zunahme von 5 Millionen Pesos, wovon 3'/2 Millionen auf Weizen, Mehl und Gerste fallen. Da die Ernten in England und Frankreich nicht genug für den Bedarf ergaben, und der große Stapelplatz in Mehl, Chicago, abgebrannt war, so konnte Chili seinen Ueberschuß mit Vortheil nach Europa, ausführen.

Einfuhr aus der Schweiz.

Nichts zu erfahren. Man kann sie auf 2 l /2 Millionen Franken schätzen in Uhren, Bijouterie, Seidenzeugen, Seidenbändern, Listoncs (breite Seidenbänder), baumwollenen Foulards, Mousseline, gewichsten und lakirten Kalbsfellen, Schweizerkäse, Damenstiefeln, Strohhüten, wollenen und halbwollenen Bratten, Musikdosen, Ginghams, Indiennes und Jaconats.

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Teräuderungen in den Ansätzen der Ein- und AusfuhrZolltarife.

a. Einfuhr-Zolltarif.

Erhöhungen.

Vom 24. April 1873 an zahlen goldene und silberne Uhren, Bijouterie und Juwelen 8 °/o mehr, nämlich 10 °/o statt 2 °/o auf Facturawerth ; Seidenwaaren, Spitzen, Tüll 10 °/o mehr, nämlich 25 °/o statt 15 °/o.

Cigarren und Schnupftabak . . . statt $ 1.65 per Kil. zahlen $ 2. -- per Kil.

'Tllce -n -n---55 -n -n r> -n ~ · 65 n i> Weiße Weine in Flaschen. . . ,, ,, 1.25 ,, Dtz.Fl. ,, ,, 2.- ,, ,, Rothweine . . . . ,, ,, ! . -- ,, ,, ,, ,, 1.50 ,, ,, Weiße Weine in Fässern . . . ,, ,,--.10 ,, Liter ,, ,,--.15 ,, ,, Rothe Weine in Fässern ,, ,, --. 7 ,, ,, ,, ,,--.10 ,, ,, Wachholderbranntwein ,, ,, 2.50 ,, 1 2 Fl. ,, ,, 3. -- ,, ,, Kaffee, der 25 °/o vom Werthe zahlte, unterliegt dem spezifischen Zoll von 10 Ct. per Kilo.

b. Z o l l v e r m i n d e r u n g auf Einfuhr.

Zu den bereits zollfreien Artikeln sind folgende zugefügt worden: Guano, Rohsalpeter, .Steinkohlen, Eisenketten, Messing- und .Kupfernägel für Schiffe, Mühlsteine, Blutegel, Schmelztiegel, Schiffskompasse, Weltkarten und Kugeln.

Es zahlen s t a t t 2 5 % nur 15 °/o folgende Artikel: Bleiiafeln und Barren, Drathseile, leere Säcke.

c. A u s f u h r t a r i f .

Kupfererze zahlen per Zentner 4T/2 bis 45 Cts., je nach deren Gehalt.

d. Verschiedene neue Gesetze b e z ü g l i c h des Zoll wesens.

Der Hafen Punta Arenas, chilenische Kolonie in der Magelhansstraße, wurde als Freihafen erklärt. Die Lagermiethe auf Waaren im Zollhause ist erhöht worden.

Eisenbahnen und Terkehrswege.

Für die projectirte Eisenbahn von Curico, bis wohin seit Jahren von Valpaiaiso über Santiago Eisenbahnverbindung besteht, nach gundesblatt Jahrg. XXV. Bd. III.

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Angol in Aranco haben die Kammern bereits ihre Genehmigungertheilt und sie autorisirt, die hiezu erforderlichen 8'/2 Millionen aufzunehmen in oder außer dem Lande. Verschiedene Zweigbahnen sind in Arbeit. Wir haben jetzt monatlich 12 Ankünfte von Dampfschiffen (von 2--4000 Tonnengehalt) von Europa.

Postwesen.

Im Jahre 1870 wurden 10l/3 Millionen, in 1871 11 ^2 Millionen Briefe befördert. Die Briefkarten wurden in diesem Jahre eingeführt; sie kosten 2 centavos (10 centimes) durch ganz Chili, gegen 5 centavos, was einfache geschlossene Briefe zahlen.

Telegraph.

Chili besitzt 56,015 englische Meilen in Telegraphen. Der alte Tarif, wo nach Entfernung bezahlt wurde, ist dahin abgeändert, daß eine einfache Depesche von l bis 15 Worten durch ganz Chili nur 30 centavos kostet. Chili zahlt jährlich § 8000 Subvention aa die Gesellschaft ,,Telegrafo Transandinoa.

Banken.

Eine neue ,,Banco Sud Americano"1 wurde gegründet mit einem Kapital von 17 Millionen Thalern, wovon 15 °/o einbezahlt sind bis 15. Januar 1873. Folgende Banken haben ihr Kapital erhöht: Banco Nacional de Chili von 10 auf 15 Millionen, ·n r, n Bolivia ,, 3 ,, 7 ,, ,, de Valparaiso ,, 6 ,, 18 ,, Ferner wurde gegründet Banco Alianza in Santiago mit einem Kapital von 2J/2 Millionen.

Laut Gesez darf jede Bank bis 50 °/o vom Betrage des eingezahlten Kapitals in Bankbilleten ausgeben. In allen bedeutenden Orten: Concepcion, Chillan, Talea, Serena, Copiapo, Cinico, sind nun Filialen von obigen Banken.

Zins- und Discontofuss.

Zinsen für Depositen: in laufender Rechnung . . 4 °/o pro Jahr, bei Sicht 4 °/o .n ,, fester Termin v. l à 2 Monaten 4'/ 2 °/o ., .,

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10 Tage Aufkündigung . . 4!/2 % pro Jahr, fester Termin v. 2 à 6 Monaten 5 °/o ,,, ., ,n .n auf 6 Monate . 6 °/o .n ,, Disconto 7 °/o pro Jahr auf Papier auf 30 Tage Zeit, 8 ·n °/° v> -n -n -n v 60 -n ;i ·r, 9% ,, -, ;·> -n ,, 180 ,, ,, Vorschüsse in Conto Corrent 8 °/o pro Jahr.

Versicherungs-Gesellschaften sind 2 neue inländische gegründet worden. Außer den 5 inländischen existiren in Valparaiso ca. 15 Agenturen von ausländischen Compagnien.

Neue Erfindungen.

Es ist in's Unwesen ausgeartet, daß auf Erfindungen, die im Auslande gemacht wurden, Privilegien in Chili genommen werden von irgend einer Person, die weiter kein Verdienst dabei hat, als daß sie die Erfindung importirt.

II. Theil.

Einwanderung.

Um die Einwanderung zu befördern, hat die Regierung die Angelegenheit der ,,Sociedad National de Agricultuva"1 übertragen, welche nun ein Hauptbüreau für Einwanderung errichtet. Es werden noch Jahre darüber hingehen, bis eine ununterbrochene Einwanderung nach Chili erzielt sein wird. Die Vorbedingungen sind: Es müssen die anzusiedelnden Ländereien vermessen werden und muß die nach Aranco zu erstellende Eisenbahn fertig sein, und Chili die Ueberfahrtspreise zum Theil, z. B. bis zum Niveau der Passage nach den Vereinigten Staaten über sich nehmen. In Chili sind ca. 120 Schweizer, wovon ca. 60 Köpfe auf Valparaiso fallen.

Jüngere Kaufleute und Ingenieurs würden gegenwärtig leicht zu placiren sein.

Schwei/ergesellschaften.

Der hiesige schweizerische Hülfsverein zählt nur 28 Mitglieder, welche Zahl für 1873 auf 34 ansteigen wird, und hat ein Kapital

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per 31. Dezember 1872 von Fr. 7126 20 Ct., wovon $ 1300 (Fr. 6500) im Banco Nacional de Chili deponirt sind, verzinslich zu 6 °/o per Jahr.

Verschiedenes.

In Tome besteht eine Tuchfabrik, die 185 Arbeiter beschäftigt: sie verarbeitet inländische Wolle, benöthigt aber für feinere Wolle von Montevideo. Die Fabrikeigner haben bereits $ 400,000 Kapital verwendet, ohne bis jetzt (sie existirt ca. 3 Jahre) zu verdienen, obgleich die Zeuge wirklich gut und schön sind.

Eine erste Papierfabrik wird in der Nähe von Valparaiso erstellt, ebenfalls eine Zuckersiederei, beide auf Actien gegründet.

Die Wallschifffahrt beschäftigt 7 Schiffe.

Valdivia liefert fertige Holzhäuser für Antofagasta und Caracoles.

Am 20. Januar 1873 hat die Regierung eine Anleihe gemacht bei den Banken Banco Nacional de Chili und Oriental Bank Corporation in London von 107/io Millionen Thalern, zum Cours von 90 mit Zinsen zu 58/io °/o jährlich. Besagtes Anleihen ist bestimmt für die zu bauende Eisenbahn von Curico nach Angol (Grenze Arancanien) und andere Staatsbauten.

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Bericht des

Schweiz. Konsuls in St. Louis (Hrn. C. F. Mathey von Lode über das Jahr 1872.

(Vom 25. Februar 1873.)

An den hohen Schweiz. Bundesrath.

Tit. !

Mit Gegenwärtigem habe ich die, Ehre, Ihnen meinen fünften Jahresbericht zu übersenden, und es gereicht mir zur großen Genugthuung, im Stande zu sein, Ihnen auch dieses Mal betreffs des wachsenden Wohlstandes von Missouri, insbesondere aber von St.

Louis, günstige Nachrichten geben zu können. Nicht sei hier der Ort, mich betreffs Boden- und climatischer Verhältnisse in Weitläufigkeiten zu ergehen, indem ich Ihnen bereits in meinem ersten, Ihnen für das Jahr 1868 eingesandten Bericht hierüber eingehend geschrieben. In einer möglichst kurzen und genauen Schilderung des Fortschritts in Handel, Bauten etc. beabsichtige ich, Ihnen darzulegen, wie sehr St. Louis und in Folge dessen Missouri berechtigt ist, in Zukunft in diesem Welttheile eine bedeutende Rolle zu spielen.

, Die meisten im Laufe des Jahres 1872 an unserer Börse abgewickelten Geschäfte waren in Getreide und Colonialwaaren, und es hat sich namentlich in ersterer Branche ein großer Aufschwung bemerkbar gemacht. Die Verschiffung an Getreide und Mehl be-

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Bericht des Schweiz. Konsuls in Valparaiso (Hrn. J. Nägeli von Horgen) über das Jahr 1872. (Vom 31. Januar 1873.)

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1873

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3

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44

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04.10.1873

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881-889

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