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Botschaft des

Bundesrathes an die gesezgebenden Räthe der Eidgenossenschaft, betreffend den mit Portugal abgeschlossenen Auslieferungsvertrag.

(Vom 31. Oktober 1873.)

Tit. !

Herr Vicomte de Santa lsabel, Gesandter Portugals, hat von seiner Regierung den Auftrag erhalten, mit der Schweiz einen Handels- und einen Auslieferungsvertrag abzuschließen. Die Unterhandlungen über den erstem sind noch nicht abgeschlossen, wohl aber ist der Auslieferungsvertrag von den beiden Bevollmächtigten unterzeichnet und von uns mit Vorbehalt der Ratifikation durch die h. Bundesversammlung genehmigt worden.

Wir übermachen Ihnen diesen Vertrag mit dem Ansuchen, demselben die Ratifikation zu ertheilen.

Obwohl die Fälle sehr selten sein werden, wo dieser Vertrag seine Anwendung finden wird, und vielleicht Decennien vergehen, ehe einer der kontrahirenden Staaten im Falle sein wird, an den andern ein Auslieferungsgesuch zu stellen, so haben wir doch keinen Anstand genommen, dem Wunsche einer befreundeten Regierung entgegenzukommen und einen solchen Vertrag abzuschließen.

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Was den Vertrag selbst anbetrifft, so bietet derselbe zu wenigen Bemerkungen Anlaß, er ist so ziemlich nach dem Muster der neuesten Verträge dieser Art abgefaßt.

In Art. 3 sind die Verbrechen aufgezählt, wegen welchen die Auslieferung auf gestelltes Begehren vom andern Staate bewilligt werden muß. Da die Schweiz kein einheitliches Strafgesezbuch besizt, so hält man sich bei der Aufzählung der die Auslieferung begründenden Verbrechen meistens an die Vorschläge des andern Kontrahenten, wobei immerhin einige Rüksicht darauf genommen wird, ob die beiden Staaten näher oder entfernter von einander liegen.

Im erstem Falle wird gewöhnlich eine größere Zahl von Verbrechen aufgenommen, im leztern eine geringere, weil die Auslieferung größere Kosten verursacht und nicht so leicht wegen geringern Verbrechen Auslieferung nachgesucht wird.

Eine ganz neue Bestimmung, welche in keinem Auslieferungsvertrag, den die Schweiz mit andern Staaten abgeschlossen hat, enthalten ist, findet .sich im zweiten Paragraph des dritten Artikels.

Es ist nämlich bestimmt, daß wenn ein Angeschuldigter oder Verurtheilter ein Verbrechen begang-en hat,) auf welches nach der o O Gesezgebung des reklamirenden Staates die Todesstrafe gesezt ist, die Auslieferung nur dann stattfinden soll, wenn die Zusichcrung gegeben wird, daß diese Strafe in eine andere werde umgewandelt werden.

In den meisten Kantonen der Schweiz enthalten die Strafgesezbücher noch die Todesstrafe; indessen ist diese Strafart schon in mehreren Kantonen abgeschafft und wird wahrscheinlich in andern Kantonen entweder mehr beschränkt oder auch ganz abgeschafft werden. Es darf auch die Erscheinung nicht unbeachtet gelassen werden, daß in neuerer Zeit die Großen Räthe die durch den Richter ausgesprochene Todesstrafe in den meisten Fällen umgewandelt ha'ien, so daß in Wirklichkeit eine Exekution sehr selten mehr stittfindet.

Wir habe i daher keinen Anstand genommen, diese Bestimmung im Inteivsse der fortschreitenden Humanität in den Vertrag aufzunehmen.

Bei Art. 11 mußte ein etwas langer Termin angenommen werden, einerseits, weil die Verhandlungen über den Durchtransport durch andere Staaten immer etwas Zeit" in Anspruch nimmt.

Im schweizerisch-bclgidchen Vertrage wurde für diesen Fall gar keine Zeitfrist angesezt, sondern nur gesagt, es müsse dem die Auslieferung verlangenden Staate die nöthige Zeit gelassen werden,

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um mit den Zwischenstaaten die Verhandlungen darüber zum Abschluß zu bringen. Indeß schwerer als diese Transportfrage durch zwischenliegende Staaten scheint die weite Entfernung der portugiesischen Provinzen in die Waagschale zu fallen.

Die übrigen Artikel bieten zu keinen Bemerkungen Anlaß.

Wir ersuchen Sie, Tit., diesem Vertrage die Ratifikation zu ertheilen und den Bundesrath mit der Auswechslung der Ratifikationsurkunden zu beauftragen.

Wir benuzen den Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 31. Oktober 1873.

Im Namen des schweizerischen Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Ceresole.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Schiess.

(Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

den Auslieferungsvertrag zwischen der Schweiz und Portugal.

Die B u n d e s v c r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 31. Oktober 1873, beschließt:

Art. 1. Dem zwischen der Schweiz und Portugal unterm 30. Oktober 1873 zu Bern abgeschlossenen Vertrage, betreffend gegenseitige Auslieferung von Verbrechern, wird hiemit die vorbehaltene Ratifikation ertheilt.

Art. 2. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Botschaft des Bundesrathes an die gesezgebenden Räthe der Eidgenossenschaft, betreffend den mit Portugal abgeschlossenen Auslieferungsvertrag. (Vom 31. Oktober 1873.)

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29.11.1873

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