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Botschaft des

Bundesrathes an die geschehenden Räthe der Eidgenossenschaft, betreffend den Ankauf des Posthauses in Genf.

(Vom 17. November 1873.)

Tit!

Von allen Verwaltungen des Bundes sind die Post- und die Telegraphen-Verwaltung die einzigen, welchen vorn Bunde keinerlei Lokale geliefert werden und welche daher darauf angewiesen sind, sich die erforderlichen Diensträumlichkeiten durch Privat-Miethverträge zu beschaffen.

Während für die eidg. Zoll,- Pulver- und Militärverwaltungen wenigstens theilweise und in soweit es die dienstlichen Interessen jeweilen erheischten, von Bundes wegen Gebäulichkeiten erstellt oder angekauft wurden, während sowohl die Kantone als auch die Privat-Unternehmungen es für angemessen und vortheilhaft erachten, eigene Amtslokale und Gebäude zu besizen, während in andern Staaten vorzugsweise darauf Bedacht genommen wird, die Postverwaltung in Bezug auf die Dienstlokale unabhängig und selbstständig zu stellen, damit sie im Falle sei, jeweilen den wechselnden Interessen des Verkehrs folgen zu können, während endlich leicht nachgewiesen werden kann, daß der eigenthümliche Besiz von Dienstlokalen für die

431 ^ Verwaltungen mit ganz erheblichen finanziellen Vortheilen verbunden ist, so war dagegen in der Schweiz die Postverwaltung von jeher gerade diejenige Administration, welche diesfalls zurükgesezt und vollständig der Privatspekulation anheim gegeben wurde.

Die nachtheiligen Folgen eines solchen Verhältnisses sind denn auch nicht ausgeblieben und es machten sich dieselben namentlich in folgenden Richtungen fühlbar.

Im Postverkehr kommen stets Neuerungen und Verbesserungen vor. sei es durch Einführung neuer Dienstzweige, durch Eröffnung neuer Eisenbahnen oder anderer Verkehrswege, sei es durch Vergrößerung der Städte und Zunahme 8er Bevölkerung, sei es durch Einführung neuer Industriezweige u. s. w. Diese Neuerungen erheischen sehr oft Veränderungen, Vergrößerungen oder selbst' Verlegungen der Postlokale, können aber bei Abschluß der Miethverträge nicht vorausgesehen und dann entweder gar nicht oder in ungenügender Weise und jedenfalls nur mit unverhältnißmäßigen Opfern in Ausführung gebracht werden, denn die Vermiether sind entweder selbst zu großen Auslagen für Erwerbungder erforderlichen Rechte gezwungen, oder es liegt in der Natur der Sache, daß sie je nach den gegebenen Verhältnissen ihren Vortheil ausbeuten. Anders würde es sich ohne Zweifel in vielen Fällen gestalten, wenn die Postverwaltung direkte als Vertreterin der öffentlichen Interessen auftreten könnte, und selbst bei Verlegung der Lokale hätte sie nicht entfernt- so große Einbußen zu tragen, wenn sie ein Gebäude verlassen wollte, weil sich der Verkaufswerth mit der Zeit immer steigert, als wenn sie durch mehrjährigen Mietvertrag gebunden ist.

Einen weitern Uebelstand bildet der Unterhalt der Gebäulichkeiten. Es liegt ebenfalls in der Natur der Sache, daß eine Privatperson die Ausgaben nach Möglichkeit beschränkt und gegenüber, einer Verwaltung in der Regel glaubt weniger entgegenkommend sein zu sollen als gegenüber einer Privatperson. Die Thatsacbe ist durch den gegenwärtigen Zustand der Schweiz. Postgebäude hinlänglich konstatirt, denn dieselben lassen mancherorts in Bezug auf Sauberkeit und anständigen Unterhalt viel, zu wünschen übrig, selbst wenn die Verwaltung die Hauseigenthümer mit fortwährenden Reklamationen "nicht verschont.

Eine weitere und sehr ernstliche Beachtung erheischt der finanzielle Punkt. Der Werth der Gebäude
ist stets gestiegen und eine ähnliche Steigerung ist auch für die Zukunft anzunehmen.

Etwelche Anhaltspunkte für den Mehrwerth der Gebäulichkeiten können in den von der Post- und Telegraphen-Verwaltung zu be-

432 zahlenden Miethzinsen gefunden werden. Die daherigen Ausgaben betrugen im Jahr 1870 noch netto Fr. 252,000, für das Jahr 1874 sind sie, nach Abzug der Einnahmen von Untermiethen, also ebenfalls netto, auf Fr. 364,000 büdgetirt. Allerdings sind die 1874 zu benuzenden Räumlichkeiten ausgedehnter als diejenigen, welche im Jahr 1870 benuzt wurden, allein der größere Theil der Differenz zwischen obigen beiden Summen ist gleichwol auf Rechnung der Steigerung der Miethpreise zu sezen. Damit ist wohl der Beweis geleistet, daß wenn sich die Eidgenossenschaft s. Z. auf Erwerbung eigenthümlicher Post- und Telegraphen-Lokale eingelassen hätte, dermalen die Ausgaben für Lokal miethzinse um mehr als hunderttausend Franken niedriger stünden, ganz abgesehen davon, daß sich der Bund die erforderlichen Gelder zu billigern Bedingungen hätte beschaffen können, als dies einem Privatmann, zumal in gewissen Theilen der Schweiz, möglich ist.

Da wie gesagt eine Steigerung des Miethzinses auch für die Zukunft anzunehmen ist, so darf es zur Stunde noch als den Interessen der Postverwaltung entsprechend erachtet werden, auf das System eigentümlicher Erwerbung von Post- und Telegraphenlokalen, insoweit es diejenigen der Hauptbüreaux und großen Ortschaften anbelangt, überzugehen, und zwar um so mehr, als die für den Postbetrieb und das Publikum günstigen Pläze immer mehr überbaut werden und es daher immer schwieriger wird, geeignete Lokale zu finden und die daherigen Opfer sich immerfort steigern.

Die vorstehenden allgemeinen Erörterungen finden in allen Beziehungen ihre volle Anwendung auf das Hautpostgebäude in Genf und es beschränkt sich dabei- der Bundesrath darauf, die finanziellen Resultate hervorzuheben, welche dessen Ankauf zur Folge hätte..

Dieser Ankauf ist in dem unterm 4. Januar 1865 mit den Herren Bachofen und Karelier über Erbauung und Miethe eines Posthauses in Genf abgeschlossenen Vertrage vorgesehen, indem der Art. 15 desselben wie folgt lautet: ,,Il est en tout temps réservé à la Confédération la faculté ,,d'acheter le bâtiment au prix de frs. 400,000.

Die Post- und Telegraphen-Verwaltungen bezahlen für die von ihnen benuzten Räumlichkeiten einen jährlichen Miethzins von Fr. 24,500.

Die Hauseigenthümer beziehen an weitern Miethzinsen für die übrigen von der Post- und Telegraphen-Verwaltung nicht benuzten Lokale die Summe von Fr. 6,165.

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Abgesehen davon, daß das Posthaus m Genf heute den Mittelpunkt eines bedeutenden kommerziellen Quartiers bildet, während es sich bei seiner Vollendung im Jahr 1866 ganz isolirt am Quai de la Coulouvrenière befand und die meisten Privatmiethzinse aus jener Zeit datiren, daß somit diese Miethzinse einer erheblichen Steigerung fähig sind, wirft dasselbe jezt schon einen jährlichen Totalmiethzins von Fr. 30,665 ab.

Wenn nun die Eidgenossenschaft das Gebäude ankauft, so stellt sich die Rechnung für die Postverwaltung wie folgt: Kaufsumme laut Vertrag .

.

.

. Fr. 400,000.

Handänderungsgebühr circa .

.

. ,, 4,000.

Total Verzinsung des Capitals à 41/2% .

.

.

Steuern circa Reinigung des Daches vom Schnee, und Zuschlag-Centimes für das Spital circa .

Unterhalt und Reparaturen 1/2% der K au fsumme circa .

.

.

.

.

.

Fr. 404,000.

Fr. 18,180.

,, 1,000.

,,

200.

.

2,000.

Brutto-Ausgabe der Postverwaltung Fr.

Ab vorerwähnte weitere Miethzins-Einnahmen . ,,

21,380.

6,165.

Netto-Ausgabe der Postverwaltung .

. Fr. 15,215.

Wenn also das Posthaus in Genf durch die Eidgenossenschaft käuflich erworben wird, so reduzirt sich der bisher für ' dasselbe bezahlte Miethzins von Fr. 24,500.

auf beiläufig ,, 15,215.

also um circa Fr.

9,285.

Dieses Resultat bedarf kaum einer weitem Erörterung, hinge gen sind obige Ansäze vielleicht noch etwelchen Nachweises bedürftig.

Was die Einnahmen an Privatmiethen und die Ausgaben an Handänderungsgebühren, Kosten und Abgaben anbelangt, so beruhen die daherigen Angaben auf den durch die Kreispostdirektion Genf gemachten Erhebungen.

Die Kosten für Unterhalt und Reparatur sind von derselben nur zu Fr 850 per Jahr veranschlagt worden, während sie hievor mit Fr. 2000 in Ansaz gebracht sind.

In der That dürfte in der Regel 1/4% der Kaufsumme genügen, allein der gegenwärtige vernachläßigte Zustand des Gebäudes wird im ersten Jahre eine erheblich größere Ausgabe erforden, Bundesblatt.Jahrg.XXV.Bd.IV.

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434 weßhalb auch mit Rüksicht auf den hienach erwähnten Expertenbericht angemessen befunden wurde, die Kosten des Unterhaltes mit 1/2°/o der Kaufsumme in Aussicht zu nehmen.

Der Bundesrath hat nicht ermangelt, den Zustand des Gebäudes durch einen Experten genau untersuchen zu lassen. Der Bericht desselben konstatirt, daß die Bedachung in gutem Zustande, und daß das Gebäude gut und solid fundamentirt sei, sowie daß die Mauern, obwohl etwas dünn, keinerlei Spuren ungenügender Stärke zeigen. Im Uebrigen hebt der Bericht hei-vor, da.ß das Gebäude möglichst einfach und wohlfeil erstellt worden sei und vieler Reparaturen bedürfe. Im Ganzen macht der Bericht den Eindruk, daß die Konstruktion des Gebäudes nach der in Genf für den Bau gewöhnlicher Häuser bestehenden Uebung ausgeführt sei.

Der Bundesrath hat ferner die Beschaffung des Kapitals in Erwägung gezogen ; diesfalls hat es keinerlei Anstand, hiefür vorübergehend, wie dieß für die Erweiterung der Schußlinie in Thun deiFall war, den Grenus-Invalidenfond in Anspruch zu nehmen, für welchen alljährlich theils in Folge Kapital-Rükzahlungen, theils in Folge Kapitalisirung seiner Zinse neue Verwendungen gemacht werden müssen. Die Tilgung der vorgeschossenen Summe würde gemäß dem nachfolgenden Antrage in 5 Jahren stattfinden und unterdessen das Kapital zu 41/2°/o verzinset werden.

Gestüzt auf vorstehende Auseinandersezungen stellt der Bundesrath den Antrag auf Annahme des nachfolgenden Beschlußentwurfes.

-"O Genehmigen Sie, Tit., die erneuerte Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 17. November 1873.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Ceresole.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Schiess.

H 435

(Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

den Ankauf des Postgebäudes in Genf.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 17. November 1873, beschließt: Es wird dem Bundesrathe zum Ankauf des Postgebäudes in Genf ein Kredit von Fr. 404,000 bewilligt, welche Summe in fünf gleichmäßigen Raten von Fr. 80,800 in den jeweiligen Voranschlag des Finanzdepartementes aufzunehmen ist.

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Botschaft des Bundesrathes an die gesezgebenden Räthe der Eidgenossenschaft, betreffend den Ankauf des Posthauses in Genf. (Vom 17. November 1873.)

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29.11.1873

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