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Schweizerisches Bundesblatf.

XXV. Jahrgang. IV.

Nr. 57.

30. Dezember 1873.

J a h r e s a b o n n e m e n t (portofrei in der ganzen Schweiz): 4 Franken.

E i n r ü k n n g sge b ü h r per Zeile 15 Rp.-- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden« Druk und Expedition der Stämpflischen Buchdrukerei in Bern.

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Bericht des

Schweiz. Generalkonsuls in "Washington (Hrn. John Hitz, von Davos und Klostors) über das Jahr 1872.

(Vom 4. Juni 1873.)

An den hohen Schweiz. Bundesrath.

Lage im Allgemeinen.

Ungeachtet der im Laufe vergangenen Jahres stattgefundenen Präsidentenwahl und der ihr vorausgegangenen Agitation hat die Handelslage gegenüber derjenigen des vorigen Jahres keine wesentliche Veränderung erlitten, sondern ist langsam einer gesunden Entwicklung entgegengegangen. Wie sehr sich manchmal Politiker gegenüber einem einsichtsvollen Volke verrechnen, hat das letzte Jahr abermals genugsam bewiesen.

Somit hatten die gährenden politischen Tendenzen der Amerikaner ihr respektives Heil in sechs Präsidentschaftskandidaten gesucht, wovon, wie es sich denn bei der Wahl erwies (jim 5. November), Grant mit 30 von 37 Staaten und 3,579,793 von 6,457,315 Stimmen siegreich aus dem Kampfe hervorging. Diese entschiedene Bundesblatt. Jahrg. XXV. Bd. IV-

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Aussprache des Volkes für Grant und seine Verwaltungspolitik" hat unleugbar günstig auf die Handelsinteressen des Landes eingewirkt. Der Geschäftsmann fühlte sich beruhigt und sah für weitere vier Jahre eine sorgfältige Bundesverwaltung vor sich, die jedenfalls, den Handel und die industriellen Interessen beschützen werde, und, was die Geschäftswelt hier bei jeder Präsidentwahl zu befürchten hat, war dieses Mal keine den Handel wesentlich störende Gesetzgebung vorauszusehen.

Ferner hat der allenthalben bekannte Ausgang der Verhandlungen des internationalen Schiedsgerichts in Genf eine wohlthuende Wirkung nicht nur auf die diplomatischen Verhältnisse, sondern auch auf die Handelsbeziehungen zwischen der amerikanischen Union und den europäischen Staaten gehabt. Ein Gleiches kann gesagt werden hinsichtlich dçr hier befolgten Politik gegenüber den asiatischen Staaten China und Japan. Vorzüglich wird das einsichtsvolle Vorgehen der Amerikaner einen ersichtlichen Eindruck auf die Japanesen machen, welch' letztere sich schon ganz bedeutend die Kenntnisse derselben dadurch zu Nutze zu machen wußten, daß sie anerkannt tüchtige Kräfte wie Horace Capron, ehemaliger Vorsteher des hiesigen Agrikultur-Departements, Herrn Williams vom Steuerbüreau und eine ansehnliche Anzahl der besten Lehrer und Lehrerinnen und Professionisten bewegen haben, gegen gute Bezahlung nach Japan überzusiedeln ; und daß dieses Alles mit der Zeit einen wichtigen Einfluß auf die Handelsbeziehungen der zwei Nationen ausüben wird, ist nicht zu bezweifeln.

Im engern Kreise dieses Konsulats sind die letztes Jahr in Washington stattgefundenen Umgestaltungen so umfangreich gewesen, daß eine gedrängte Erläuterung derselben, als ein Beweis des Geistes der republikanischen Institutionen auch hinsichtlich der Verschönerung von Hauptstädten, geboten zu sein scheint. Um einem längst gefühlten Bedürfnisse abzuhelfen, nämlich die resp. Functionen der Stadt- und Bundes-Regierung einigermaßen in Harmonie zu bringen und dem bisher hier in Washington so unerklärlich existirenden Zwiste zwischen den Municipal- und Bundesbehörden endlich Einhalt zu thun, passirte der Kongreß am 21. Februar 1871 einen Akt, welcher vom 1. folgenden Juni an, die eigentliche bisher existirende Municipal-Regierungsform der Bundesstadt beseitigte und statt derselben eine
Regierungsform einsetzte, ähnlich derjenigen in den Bundesterritorien, nur mit einigen für die Bundesstadt angemessenen Zusätzen. Der District of Columbia, resp. der für den Regierungssitz auserkorne Bezirk, wurde ein politisch integraler Theil des Bundes, mit unmittelbarer Betheiligung der Bundesexecutive an der Verwaltung. Dem demokratischen Prinzip wurde ' in

731 soweit gehuldigt, daß dem Volke die Wahl eines Delegaten zum Bundeskongreß und die Erwählung der Mitglieder zum Großen Rathe (House of Delegates) des Bezirks zugestanden wurde. Die Ernennung jedoch des Gouverneurs, des Kleinen Rathes (Council or Senate), sowie der höchst wichtigen Adjunktoren der Executive, des Rathes der öffentlichen Bauten (Board of Public Works), des Bezirksgerichts, des Polizeiraths (Commissioners of Police) und des Sanitätsraths (Board of Health) behielt sich die Bundesregierung vor, und es wurde dieselbe dem Präsidenten unter Genehmigungsvorbeha.lt des Senates überwiesen. Der Vortheil dieser Aenderung in der Beziehung der Bundesregierung zur Bundesstadt hat sich denn auch bald erwiesen. In erster Linie bemühte sich der Baurath, ein umfangreiches System von öffentlichen Werken zu unterwerfen und in Angriff zu nehmen: Nivellirung und.Correction der Straßen, Ausbesserung und Ausdehnung der Kloaken und Wasserleitung, sowie der Gasbeleuchtung wurden nach allen Richtungen hin vor Legung des neuen Straßenpflasters besorgt. Die Unkosten von allzubreiten Straßenpflastern wurden auf mannigfache Weise beseitigt, theils durch Anlegung von freien Rasenplätzen (Parks) in der Mitte der Straßen, theils durch Vorschiebung des Trottoirs von den Häusern, so daß zierliche Rasenplätze oder Blumengärten den Eingang zu den Häusern verschönern; Geschäftsstraßen erlitten betreffs ihrer Dimensionen keine Veränderung. Die vielen freien Plätze, welche bei der ursprünglichen Anlegung der Stadt der Bundesregierung zufielen, sind bereits schon meistentheils von Kunstgärtnern in Arbeit genommen, und allenthalben ist der wundervolle Fortschrittsgcist einer aufgeklärten republikanischen Staalsregierung ersichtlich, und es ist nun keinem Zweifel unterworfen, daß noch innerhalb der jetzigen Decennien Washington als eine der schönsten und lieblichsten Residenzstädte der Welt anerkannt werden wird. Man sehe nur, was in den verflossenen achtzehn Monaten geschehen ist. So hat z. li. seit 1802 die Bundesregierung für Anlegung und Verbesserung von Straßen bloß Dollars 1,321,288. 31 verausgabt, während die Stadtregierung im nämlichen Zeitraum Doli. 13,921,767. 35 (der Bürger Geld) für benannten Zweck einlegte, trotzdem daß die Bundesregierung, abgesehen von dem Straßenareal, welches in Washington mehr als das
Doppelte der europäischen Residenzstädte Paris und Berlin ist (nämlich 45.5 per centum), vier Zehntel sämmtlichen Eigenthums besitzt. Der Totalwerth der Liegenschaften innerhalb des Territoriums des Districts Columbia ist mit 150,000,000 Dollars nicht überschätzt, und es fallen davon annähernd */io der Bundesregierung zu. Wie thätig der musterhafte Baurath gewesen, geht aus nachfolgender Zusammenstellung hervor:

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Durchschnittlich 15 Fuß breite Trottoirs gelegt 633,848 Quadratfuß oder ca. 30 Stunden in Länge; durchschnittlich 32 Fuß breites Straßenpflaster gelegt 1,419,625 Quadratfuß oder ca. 25 Stunden in Länge; (nahezu die Hälfte Holz und bereits ein Viertel Asphalt). Thonrohrkloaken 326,576 Fuß oder ca. 20 Stunden in Länge; größere Backsteinkloaken von 3--30 Fuß Durchmesser ca.

2 L /2 Stunden in Länge; Wasserleitung, größere und kleinere Röhren ca. 17 Stunden in Länge; Gasröhren in Straßen ca. 7 Stunden Länge.

Zier- und Schattenbäume wurden 2030 gepflanzt, und 17,000 sind zum Einsetzen bereit. Die hiefür gemachten Auslagen belaufen sich annähernd auf fünf Millionen Dollars, zu deren Bestreitung der Kongreß noch in den letzten Tagen des December sich bereit erklärt, einen Viertel zu übernehmen und also nahezu so viel zu bewilligen, als in den verflossenen siebenzig Jahren seitens des Bundes für gleiche Zwecke' verausgabt worden war. Und ferner noch ist aus den Debatten genugsam zu ersehen, daß künftighin die Bundeslegislatur der Hauptstadt jeden Vorschub leisten und jede thunliche Hülfe angedeihen lassen wird, so daß dieselbe von nun an Schritt halten kann und wird mit dem so vielfach gesegneten Staatenbunde. Aber es ist nicht nur die Straßeninstandsetzung, welche in Washington vorangeht; 1216 Gebäulichkeiten wurden von Privaten errichtet, im Gesammtwerthe von Dollars 3,209,250. Die Bundesregierung ist gegenwärtig in der Erstellung eines neuen Staatsgebäudes begriffen, welches bis zur Vollendung mindestens 6 Millionen Dollars kosten wird. Der Umsatz .von Liegenschaften in Washington im Verlaufe verflossenen Jahres weist eine Summe von mehr als 10 Millionen Dollars (Doli. 10,003,160) auf.

Zwei neue Eisenbahn-Verbindungslinien nach dem Innern sind im vergangenen Jahre vollendet worden; eine Anzahl anderer steht in nicht sehr entfernter Aussicht. -- Die unermeßlichen Wasserkräfte oberhalb der Stadt ziehen bereits vielfach die Aufmerksamkeit von Kapitalisten und Fabrikanten auf sich, und das gesunde Klima, die reine Luft und anmuthige Lage der Stadt nebst der Anziehung, welche ihre politischen Tournamente immer darbieten, machen Washington immer mehr auch zu einem wissenschaftlichen und socialen Mittelpunkt, der in nicht ferner Zukunft seines Gleichen in Amerika nicht wird aufweisen können.

Vorzüglich von
Wichtigkeit für den auswärtigen Handelsstand ist die endlich erzielte direkte Dampfschiffverbindung zwischen Norfolk und Liverpool, welche durch die trefflich gebauten großen Dampfer der Allan-Linie besorgt wird. Wohl ist vergangenes Jahr nur der Anfang gemacht worden, aber unter der umsichtigen Leitung des Agenten der Linie in Norfolk, Herrn Oberst William Lamb,

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ist es keinem Zweifel unterworfen, daß mit der Zeit nicht aur ein sehr lohnendes Frachtgeschäft sowohl für die Ein- als Ausfuhr (Tabak und Baumwolle) erzielt werden wird, sondern es bedient sich bereits schon jetzt eine ansehnliche Anzahl von Passagieren dieser direktesten Route nach. dem Innern der Mittel-, Süd- und Südwest-Staaten. Für Einwanderer, die sich in Liverpool einschiffen und nach Virginia, North Carolina, Tennessee, nach dem nördlichen Theile von Geòrgia, Alabama, Mississippi und selbst nach Kansas sich begeben wollen, bietet diese Route hinsichtlich der Kürze, Billigkeit und dem soliden Bau der Schiffe (deren eines vom Unterzeichneten besichtigt worden) unbestreitbare Vortheile dar, und es ist besonders der für Einwanderer sehr mäßige Fahrtentarif der Eisenbahnen, welche sich von Norfolk aus nach dem Innern erstrecken, ein empfehlenswerther Schritt in der rechten Richtung.

Zum Beweis dafür diene folgende Zusammenstellung: Lynchburg entfernt von Norfolk 203 englische Meilen $ 2.20 Christiansburg ,, ,, ,, 289 ,, ,, ,, 3.25 Bristol ,, ,, ,, 407 ,, ,, ,, 4.25 Knoxville ,, ,, ,, 537 ,, ,, ,, 6.00 Chattanooga ,, ,, ,, 647 ,, ,, ,, 7.00 Memphis ,, ,, ,, 956 ,, ,, ,, 10.75 Die aller Empfehlung würdigen Dampfschiffe des Norddeutschen Lloyd haben im vergangenen Jahre ihre regelmässigen zweiwöchentlichen Fahrten zwischen Bremen, Southhampton und Baltimore fortgesetzt, und es wäre Schweizern, welche nach oben bezeichneten Staaten bestimmt sind, unbedingt diese Route zur Seereise anzuempfehlen.

Die Schiffe sind von bester Bauart, die Offiziere und Mannschaft in jeder Hinsicht zuverlässig und unserer Landessprache grösstentheils kundig; an der Beköstigung ist für den Appetithabenden nichts auszusetzen. Der Landungsplatz Baltimore ist zweckentsprechend eingerichtet und der Ankömmling so weit als immer thunlich vor jedem Schwindel geschützt. Die Douanen-Beamten sind artig und zum Theil auch unserer Landessprache kundig; aber was man an der ganzen Sache entschieden auszusetzen hat, ist das Monopol der Weiterbeförderung, welches hier in den Händen der sprichwörtlich habgierig gewordenen Baltimore- und Ohio-Eisenbahn ist.

Dieser Eisenbahn-Gesellschaft gehören die bedeckten Werften des Ausschiffungsplatzes, und sämmtliche nach dem Innern reisende Einwanderer sind einzig auf die ihr angehörenden und
mit in Verbindung stehenden Eisenbahnen angewiesen. Für solche, die sich dieses gefallen lassen, stehen ältere Waggons geringeren Werthes auf dem Landungsplatze in Bereitschaft, und es werden dieselben meistentheils innert 24 Stunden nach Ankunft weiter befördert. Sind

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es aber Einwanderer, die vorhaben, nach dem Süden oder Südwesten zu gehen, so werden ihnen alle möglichen Hindernisse in den Weg gelegt. Will z. B. ein in Baltimore landender Einwanderer nach Chattanooga (Tennessee) reisen und lässt sich von dieser Gesellschaft befördern, so hat er entweder einen kostspieligen Umweg zu machen, oder ist in Washington und Lynchburg zwei misslichen Wagenwechseln ausgesetzt. Will er aber via Norfolk nach Chattanooga reisen, so ist er allerlei Unkosten und Widerwärtigkeiten unterworfen, bis er nach Norfolk umgeschifft und endlich dorten angelangt ist. Dieses Alles macht die oben bezeichnete BaltimoreRoute für südlich Reisende zu keiner enipfehlenswerthen. Für westlich Reisende hingegen bietet diese Route gegenüber vielen andern, weiter nördlich gelegenen entschiedene Vortheile. Würde nun der -Norddeutsche Lloyd seine Baltimore-Schiffe, ähnlich der Liverpool-flAllae^-Lime, in Norfolk bei Ab- und Herfahrt anlaufen lassen, so wäre derselbe für den immer mehr zunehmenden schweizerischen und süddeutschen Verkehr, sowie für die Auswanderung nach den südwestlichen Theilen von Virginia und Tennessee allen andern Routen vorzuziehen.

Erzeugnisse der Landwirthschaft, Bergwerke und der Industrie.

Der Ertrag von Bauin wolle für das den 31. August beendigte Jahr belief sich auf 2,974,351 Bales und 1,377,966 Bales weniger als die Produktion vorangegangenen Jahres. Verschifft wurden im Ganzen während obigem Zeitraum 1,957,314 Bales.

Tabak wurde im Jahre 1872 produzirt 203,000 Oxhoft 170,000 Kistsn gegen 233,000 Oxhoft und 180,000 Kisten im Jahr 1871.

Im Ganzen genommen wird der Ertrag von Waizen für das Jahr 1872 zu 240,000,000 Bushel angeschlagen und etwa eine Zunahme von 5 Prozent Ogegenüber 1871. -- Der ErtragO von O Welschkorn für das Jahr 1872 soll alles Dagewesene übertroffen haben und circa 8 Prozent mehr sein als im Jahr 1871. Die Preise waren in Folge des Ueberflusses so gedrückt, dass sich in einigen Gegenden bei der allzuhohen Fracht der Transport nicht lohnte, und man benutzte das Produkt als Brennmaterial. Hafer wurde circa 265,000,000 Bushel eingeheimst. Roggen ergab eine volle Ernte; Gerste jedoch etwas geringer und so auch Kartoffeln.

Hinsichtlich des Last- und Schlachtviehs ist der Bestand im Februar 1872 folgendermassen angegeben :

735 Pferde 8,990,900 Werth Maulthiere 1,276,300 ,, Ochsen und anderes Hornvieh 16,389,800 ,, Kühe 10,303,500 ,, Schafe 31,679,300 ,, Schweine 31,796,300 ,,

$ ,, ,, ,, ,, ,,

659,707,916 121,027,316 321,562,693 329,408,983 88,771,197 138,733,828

Der Staat Illinois hat die meisten Pferde; Alabama die meisten Maulthiere; Texas weitaus das meiste Hornvieh; New-York die meisten Kühe; Ohio zählt die meisten Schafe und Jowa die meisten Schweine. Die Schweinezucht und speziell diejenige, welche für den Handel bestimmt sind, hat in den letzten Jahren merklich zu·genommen ; es sind bereits schon diesen Winter geschlachtet oder .zum Schlachten bereit mindestens 5,300,000 Schweine, die einzig für den Handel bestimmt sind und entweder in eingesalzenem und geräuchertem Zustande zum grossen Theil einen ausländischen Markt finden müssen. -- Eines bedeutenden Erfolges erfreut sich die Einführung der höchst werthvollen Angora-Ziege (Capra hircus angorensis), welche auch syrische Kameel-Ziege genannt wird, und wovon eine jede nahezu 3 Pfund Wolle liefert. Schon sind circa 4000 Ziegen vorhanden, wovon die meisten in Texas; und man glaubt behaupten zu dürfen, dass das Vliess der hier gezogenen Thiere an Glanz und Feinheit das der importirten übertreffe.

Da dieses Thier von Castambul von den nördlichen Gebirgsregionen Kleinasiens herstammt, so dürfte es sich wohl lohnen, einen umfangreichern Versuch mit deren Einführung resp. Akklimatisation in der Schweiz vorzunehmen, indem, wenn das Züchten derselben gelingen würde, unseren Webstühlen ein vortreffliches einheimisches Produkt zu Gebote stehen würde. Hier verspricht man sich von der Einführung dieses wegen seines Vliesses profitablen Thieres eine äusserst lohnende Zukunft. . Warum sollten dieselben nicht auch auf den südlichen Abhängen unserer Alpen gedeihen?

Anfangs vergangenen Herbstes zeigte sich plötzlich eine bis jetzt noch nicht genügsam erklärte epidemische Krankheit unter den Pferden. Die ersten Anfälle der als Epizootie Catarrh auch Epihippic bezeichneten Krankheit zeigten sich zuerst in Canada und verbreiteten sich mit unerklärlicher Schnelligkeit nach den nördlichen und vorzüglich nordöstlichen Staaten, wo in den grössern Städten, wie Boston, New-York, Philadelphia, Baltimore und Washington, kaum mehr als 5 Prosent der Pferde gänzlich verschont blieben, was zur Folge hatte, dass während der jeweiligen Dauer von 10 bis 14 Tagen zum grossen Nachtheil des Handels- und Gewerbestandes so zu sagen völlige Einstellung alles Verkehrs vermittelst Pferden eintrat. Auch litten vielfach die Maulthiere an

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der Krankheit, und im fernen Westen sogar die wilden Rehe.

Dennoch erlag der Seuche verhältnissmässig ein geringer Prozentsatz der mit derselben · behafteten Thiere (kaum 5 Prozent der krank gewordenen), und es wäre daher der Kapitalverlust ein für dieses Land nicht erheblicher gewesen, wenn nicht die Geschäftsinteressen bei der herannahenden Wintersaison sehr merklichen Schaden erlitten hätten. Wohl suchte man sich zu behelfen mit dem eigenthümlicher Weise gänzlich verschont gebliebenen Hornvieh; aber die Aushülfe erwies sich für den rascheren Geschäftsverkehr der Städte als gänzlich ungenügend. Von den Südstaaten zog sich die Krankheit zum Theil nach den westlichen Staaten^ bis sie sich nun über Utah hinaus erstreckt, während sie östlich vom Mississippi gänzlich verschwunden ist. Es ist zu bedauern, dass nirgends seitens der Stadt- und Staatsbehörden amtlich Schritte gethan wurden, der Krankheit entgegenzutreten oder auch nur nach Eintretung derselben Sanitätsmassregeln zu treffen und schliesslich eine zuverlässige Statistik über deren Verlauf zu führen. In einem Lande, wo Lastthiere so genugsam vorhanden sind, hat die Thierheilkunde noch . wenig Anwendung gefunden, und · es existirt überhaupt eine Veterinär-Fakultät als solche noch gar nicht. Die vereinzelten Praktikanten in diesem Fach treiben zum grossen Theil das. Geschäft ohne irgend welche gründlich gemachten Studien, und anerkannt tüchtige Thierärzte stellen solche Forderungen, dass es sich durchschnittlich nicht zu lohnen scheint, bei der grossen Anzahl ordinärer Pferde, die hier gehalten werden, bei eintretender Krankheit sich solcher Aerzte zu bedienen.

Sollte das Pferd sein Futter nicht nehmen, so gebe man ihm öfters dünnen Haferschleim mit einer Handvoll pulverisirter Ulmenrinde und Süssholzwurzel eingerührt. Wenn auf der Besserung, gebe man dem Pferde leichte Bewegung und reize den Appetit mit folgender Mischung ballenförmig eingegeben : Extract von EnzianJ 6 Drachmen, Pulverisirter Ingwer 2 ,, Eine Handvoll Holzasche gemischt mit etwas Salz zum Lecken in den Pferdetrog geworfen, wird dem Pferde sehr willkommen sein und wohlthuende Wirkung haben.

In der Stadt Washington und deren unmittelbarer Umgebung wurden seitens der Privaten und Thierärzte die mannigfachsten Heilmethoden angewandt, und vielfach wurde behauptet, dass dieses oder jenes Heilmittel ein Pferd gerettet u. s. w. Dem Schreiber dieses sind .etliche Fälle bekannt, wo bei Pferden eine homoeopatische

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Kur vorgenommen und glücklich durchgeführt wurde; andere wo Einreibung des Halses und der Brust mit Petroleum Linderung verschafften; andere, wo ein gleiches Resultat erzielt wurde mit leichten Abführungsmitteln, mit Einbinden .des Halses und zum Theil des Kopfes, sowie der untern Gelenke mit rother Flanelle und sehr massigem täglichem Gebrauch des Thieres, während es andererseits den geschicktesten Thierärzten nicht gelang, einige der vortrefflichsten und werthvollsten Pferde der Stadt zu retten. -- Schliesslich wird noch der Kurmethode erwähnt, welche von euïer der Stadteisenbahngesellschaften von Washington befolgt wurde, die circa 100 Pferde besitzt, wovon 80 einen Anfall der Seuche hatten, ohne dass ein einziges der Seuche unterlag : Stallung möglichst rein und trocken gehalten; frische Luft und wenn immer möglich Sonne zugelassen ; keine Räucherung vorgenommen. Sobald die üblichen Symptome der Krankheit : Husten und Laufen der Nase, bei einem Pferde sich zeigten, wurde dasselbe sofort aller Anstrengung enthoben und im Stalle bedeckt; sodann wurde demselben etwa l/z Pfund Specköl eingegeben und damit zweimal täglich für zwei bia drei Tage fortgefahren; war das Fieber sehr heftig, so wurde auch ein Löffel voll Chloride Potassium gegeben, bei leichterem Fieber einfach zweimal täglich Aconit Tinctur. Bei Thieren, deren Hals vorzüglich zu leiden schien, wurde derselbe mit warmem Essig eingerieben. Als Futter wurde Weizenkleie mit etwas pulverisirtem Harz, zur Abwechslung auch gedämpfter Haber gegeben. Keines der Pferde wurde sehr schlimm mitgenommen. Als dieselben auf der Besserung waren und für leichte Arbeit verwendet werden konnten, wurde streng darauf gesehen, die Thiere weder irgend welcher "Nässe noch Feuchtigkeit auszusetzen. Es hinterliess bei dieser Sorgfalt die Krankheit auch nicht die geringsten nachtheiligen Folgen bei den Thieren. Das Fahren der Pferdebahn wurde aber zwei Wochen gänzlich, zwei weitere Wochen aber nur bei schlechtem Wetter eingestellt.

Hinsichtlich der B erg w e r k e fehlen noch vielfach zuverlässige Angaben. So weit als ermittelt werden konnte, waren in dem mit dem 31. Mai 1870 zu Ende gegangenen Jahre die Produkte derselben in Dollars angegeben circa folgende :

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Asphalt Zinnober .

Kohlen Kupfer Eisen Blei .

.

Marmor Nickel Torf Petroleum Silber-Quarz Schiefer Stein .

.

Zink Gold

.

.

.

.

.

.

.

.

£ 450,000 ,,· 817,000 ,, 73,524,992 ,, 5,201,312 ,, 13,204,138 ,, 736,004 ,, 804,300 ,, 24,000 ,, 8,200 ,, 19,304,224 ,, 3,148,861 ,, 1,311,492 ,, 9,971,100 ,, 788,880 ,, 23,203,791

Total £ 152,598,994 Bezüglich der inländischen Industrie ist speciell schweizerischer Interesse halber zu erwähnen, daß die Käsefabrikation stets im Zunehmen begriffen ist. Es wurden im Jahre 1872 annähernd 200,000,000 Pfund Käse für den Verkauf fabrizirt. Die Butterproduktion belief sich auf 650,000,000 Pfund. Die Seidenindustrie entwickelt sich ebenfalls, und es trägt der beibehaltene hohe Zoll das Seinige dazu bei.

Verflossenes Jahr ist eine der größeren Fabriken abgebrannt in Patterson. Das ausgedehnteste Geschäft haben die Gebrüder Cheney in Hartford (Connecticut), welche in eben benannter Stadt und in Manchester unweit davon Gros grain, Futterzeug, Bänder, Poplin und Marceline von den verschiedensten Farben produziren.

Die allerfeinste Lyoner Waare ist noch nicht zu Stande gebracht worden, aber eine vortreffliche Qualität Seide, die dem hiesigen Bedarf im Allgemeinen entspricht, und unter der Angabe, es sei dieselbe importirte Waare, guten Absatz findet, vorzüglich die gangbarere Waare, welche von Fabrikanten für Sonnenschirme, Hutbänder etc. verwendet wird. Die Seidenzucht aber ist hier zu Lande noch nirgends gelungen als in Kalifornien, und dorten bis dato noch in sehr beschränktem Massstabe, so daß Fabrikanten für das Rohmaterial so zu sagen gänzlich auf das Ausland ange-, wiesen sind.

Hinsichtlich eines hier noch gänzlich mangelnden Industriezweiges der Fabrikation von Glace-Handschuhen, deren im Generalkonsulatsbericht für 1870 einläßlich Erwähnung gethan wurdei glaubt der Berichterstatter nochmals die Aufmerksamkeit der schwer

739 zerischen Gebirgskantone darauf lenken zu sollen. Von den circa neun Millionen Paar dieses Artikels, die jetzt hier jährlich eingeführt werden, sollten die Bewohner unserer Gebirgskantone einen bedeutenden Theil liefern können, und es würde die Einführung dieses Industriezweiges nebst dem Verdienst während der langen Winter auch bedeutend zur Instandhaltung der , Alpenweiden beitragen.

Hier wäre so zu sagen unbeschränkter Absatz zu finden, und es dürfte dieser Gegenstand ganz füglich auf die im vorbenannten Bericht gemachten Erörterungen hin ein interessantes Thema für eine Besprechung im Kreise unserer gemeinnützigen Gesellschaften und Behörden der Gebirgsregionen abgeben.

Einfuhr und Ausfuhr.

Der Gesammtwerth der Einfuhr (in Goldwährung) für das mit dem 30. Juni beendigte Jahr belief sich auf Dollars 640,337,540 oder gegenüber dem vorangegangenen Jahre eine Vermehrung von Dollars 98,843,832, die sich annähernd größtentheils auf folgende Produkte und Waaren vertheilt : Kaffee .

.

Mehreinfuhr 7 Millionen Dollars.

Zucker .

.

,, 18 ,, ,, Thee .

.

.

,, 6 Zinnblech .

.

,, 3 ,, ,, Wolle .

.

,, 17 ,, Roheisen .

.

,, 2 ,, ,, Eisenfabrikate .

,, 10 ,, ,, Baumwollenfabrikate ,, 5 ,, ,, Seidenfabrikate .

,, 4 ,, ,, .

Wollenfabrikate ,, 7 ,, 11 Der Gesammtwerth der Ausfuhr im gleichen Zeiträume belief sich auf Dollars 501,164,971 oder eine Verminderung gegenüber dem vorangegangenen Jahre von Dollars 13,298,933. Der Gesammtwerth der Ausfuhr in jedem Fabrikzweig hat sich jedoch gesteigert, mit einziger Ausnahme der Baumwollen- und Lederfabrikate ·und Schießwaffen, wovon Baumwollenfabrikate mit 11/4 Millionen Dollars Abnahme figuriren, Lederfabrikate mit etwas über

.

Schieß waffen

.

.

.

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740

Die übrige Abnahme vertheilt sich größtenteils auf folgende Produkte : Waizen und Waizenmehl mit 12 Millionen Dollars.

Rohe Baumwolle .

. ,, 37 ,,.

,, Gold und Silber .

. ,, 11 ,, . ,, Leuchtöl .

.

. ,, 3l/2 ,, ,, Rindfleisch . ,, 2 ,, ,, Es wird jedoch vom Bundesschatzamt behauptet, daß diese Zunahme der Einfuhr und Abnahme der Ausfuhr exceptionellen Charakters sei, deren Wiederholung muthmaßlich im laufenden Jahre nicht wieder vorkommen werde.

Einfuhr aus der Schweiz und Ausfuhr nach derselben.

Mit Ausnahme einiger weniger Sendungen von Uhren und Seidenwaaren, welche in Baltimore zeitweise eintreffen, wird sämmtlicher Bedarf von Schweizerprodukten und Fabrikaten dieses Konsulatsbezirks via New-York bezogen. Sollte die in Aussicht gestellte mehr direkte Dampfschiffsverbindung zwischen den Gewässern der Chesapeake-Bay und den der Schweiz zunächst gelegenen Häfen Havre und Antwerpen zu Stande kommen, so dürfte hierin wohl zum Vortheil unserer Fabrikate und Produzenten eine wesentliche Aenderung eintreten.

Die Gesammteinfuhr von der Schweiz während des Jahres 1872 war laut der beim hiesigen Schatzamt eingegangenen Konsulatsberichte folgender : Konsulatsbezirk Basel .

£ 7,881,119. 21 ,, Zürich .

,, 6,650,781. 21 ,, Genf .

,, 893,165. 84 Total £ 15,425,066. 26 Es ist anzunehmen, daß nebst diesen direkten Sendungen auch noch Schweizerfabrikate von Frankreich, England, Italien, Belgien, Holland und Deutschland durch zweite Hand ihren Weg nach den Vereinigten Staaten finden.

Vermehrung und Verminderung der Ein- und Ausfuhr.

Hinsichtlich Schweizerwaaren ist die Vermehrung oder Verminderung der Einfuhr solcher der nachstehenden Tabelle zu entnehmen.

Ausfuhr wie bereits schon erwähnt, ist nicht zu ermitteln.

Artikel.

1871.

Seidenwaaren .

.

.

. Fr. 42,928,017 Wollen- und Banmwollenwaaren 11 1,974,496 Stickereien .

.

.

. ·n 10,293,787 Stroh- und Haarflechterei 3,106,693 "n Uhren .

.

.

.

. 11 17,105,753 Musikdosen .

.

.

. 11 350,637 Käse .

.

.

.

. V) 1,688,322 701,374 Leder .

.

.

.

. T) Verschiedenes .

.

.

. 11 2,526,602 Total

Fr. 80,675,681

Fr.

V)

n V) T)

11 11 ï) ï>

1882..

40,760,941 2,648,277 11,457,174 1,324,750 18,312,511 441,852 2,229,213 446,879 1,879.566

Fr. 79,501,163

Vermehrung.

Fr.

673,781 V) n 1,163,387 -- n 1,206,758 n 91,215 T) 540,891 11 -- ·n 11 -- Fr. 3,676,032

Verminderung.

Fr. 2,167,076 n -- -- 11 1,781,943 ·n 7!

11 · r> ·n ·n

-- -- 254,495 647,036

Fr. 4,850,550

Total der Verminderung der Ausfuhr aus der Schweiz nach den Vereinigten Staaten :

Fr. 1,174,518.

--

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Es ist hier schliesslich noch zu bemerken, daß die gar zu vielfach befolgten kommissionsweisen Sendungen von Waaren aus der Schweiz keine andere Tendenz, haben als den Markt zu überfüllen, so daß nutzbringende Preise nicht erzielt werden können und die Fabrikanten sich sogar Schaden dadurch zufügen. So soll laut den zuletzt eingegangenen Berichten die Ausfuhr von schweizerischen Seidenwaaren nach den Vereinigten Staaten im Laufe des verflossenen Monats December mindestens die Höhe von 21/2 Millionen Franken erreichen. Daß, wenn dieses so fortfährt, der FrühjahrsSaison hinsichtlich der Preise Gewalt angethan wird, ist leicht einzusehen.

Die mathematischen Instrumenten-Industrie hätte sich unzweifelhaft dahier längst einen größeren Absatz gesichert, wenn gemachte Bestellungen prompter besorgt würden.

Veränderung in den Ansätzen des Zolltarifs.

Mit Ausnahme des den 1. Mai 1872 vom Kongress erlassenen.

Gesetzes, wodurch mit dem \. Juli 1872 Kaffee und Thee der Freiliste beigesetzt wurden, ist keine Veränderung in den Ansätzen des Zolltarifs eingetreten.

Die internen Bundessteuern hingegen sind vom Kongresse den 3. Juni 1872 mit Ausnahme derjenigen von Spirituosen, gegohrne Getränke, Tabak, Banken und Banquiers, sowie sämmtlicher Stempel gebühren (mit Ausnahme derjenigen von 2 Cents auf jede Bankanweisung) beseitigt worden, und es wurde gleichzeitig die Anzahl der Steuerbeamten um vollständig die Hälfte vermindert. Die Tragweite dieser Maßregel dürfte zum Theil ersichtlich sein aus der Angabe, daß die Totaleinkünfte der Bundesregierung von internen Steuern seit 'deren Einführung bis zum 30. Juni 1872 sich auf Dollars 13,004,413.550 belaufen, wovon in den letztverflossenen zehn Ja:hren (also seit Beginn des Bürgerkrieges) allein Dollars 9,269,693,165 oder annähernd 50,000 Millionen Franken von dem Volke einkassirt wurde.

Durchfuhr aus und nach der Schweiz.

Es liegt noch in der Zukunft, ob die Eisenbahnen, welche im Gebiet der Vereinigten Staaten den amerikanischen Kontinent von.

Meer zu Meer durchkreuzen, derartige Vortheile hinsichtlich Fracht, schneller Spedition und Zuverläßigkeit bieten werden, daß die Schweiz ihre von den orientalischen Seeküsten bis jetzt über andere Routen bezogenen Rohprodukte mittelst dieser sehr direkten Verbindungsstra.ßen kommen lassen, sowie auch gleichen Weges-

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ihre Fabrikate für die orientalischen Märkte spediren wird. Vorläufig noch ist dieses nur ausnahmsweise thunlich, indem die hohen Frachtansätze sowohl der Dampfschiffsgesellschaften als der eben bezeichneten Eisenbahnen die Benutzung dieser Route seitens der Schweiz als unzuläßig erscheinen lassen.

Eisenbahnen.

Im Jahre 1872 wurden laut Angabe der Eisenbahn-Revue 7925 Meilen Bahn gelegt, und bei 6742 Meilen waren Ende des Jahres die Vorarbeiten bis zur Legung der Schienen vorgerückt.

Die Beziehungen zwischen der Bundesregierung und den verschiedenen sogenannten Stamm- und Zweig-Pacific-Eisenbahnen, die von ersterer theilweise mit großartigen Landschenkungen oder Bürgschaftsleistungen subvenirt worden, werden wohl am Ende noch eine gerichtliche Regulirung erhalten müssen, ehe die betreffenden Gesellschaften ihren koncessionsmäßigen Bestimmungen getreue Folge leisten werden. Es wird der jetzige Status wohl noch innerhalb des kommenden Jahres zur Folge haben, daß die fraglichen Gesellschaften gerichtlich gezwungen werden, ihren Verpflichtungen gegenüber der Bundesregieäung nachzukommen, oder aber ihrer werthvollen Koncessionen enthoben zu werden. Die Bundesregierung ist in keinen Bahnen finanziell interessili als in den nachfolgend benannten, deren Geschäftsumfang und Verbindlichkeiten aus dem Bericht des Sekretärs des Innern folgendermaßen zu ersehen ist, was den vielen schweizerischen Aktionären von großem Interesse sein dürfte.

Die Angaben, welche der Bericht über nachstehendende Bahnen bringt : Union-Pacific . . . . . . Eisenbahnkompagnie, Central-Pacific ,, Central-Branch-Union-Pacific .

.;, Kansas-Pacific ,, Denver-Pacific Eisenbahn- und Telegraphenkompagnie, Sioux-City- und Pacific . . Eisenbahnkompagnie, Southern-Pacifice . . . .

.a Texas- u n d Pacific . . . .

,,, Atlantie- u n d Pacific . . .

,, Northern-Pacific .

;, Missouri-Kansas- und Texas .

,, Cairo- u n d Fulton . . . .

.,, Burlington- Missouri . . .

Oregon- und California . .

fl Oregon-Central ,,

744

sind zu weitläufig, um gedruckt zu werden ; die Personen, welche sich dafür interessiren, können sie beim eidgenössischen Handelssekretariat einsehen.

Die wichtigste, Eisenbahn dieses Konsularbezirks und eine der wichtigsten des ganzen Landes ist ihrer Vollendung innerhalb des kommenden Jahres sicher. Es ist dieses die Chesapeake- und OhioEisenbahn. Der Ursprung dieser Bahn datirt sich bis zum Jahre 1838 zurück, zuerst unter dem Namen ,,Louisaa-Bahn, dann ,,Virginia-Central"--Bahn, und es hatte der Staat Virginia zwei Fünftel des Aktienkapitals übernommen.

Auch baute der Staat den Tunnel durch die blauen Berge.

Zuerst wurde die Bahn von Richmond westlich gebaut. Der Bau der Strecke zwischen Covington und dem Ufer des Ohioflusses wurde ebenfalls vom Staat Virginia unternommen, und große Summen Geldes waren auf Tunnels und andere kostspielige Bauten verwendet worden, als beim Ausbruch des Krieges die Arbeiten eingestellt wurden. 1867 wurde die östliche und westliche Abtheilung mit einander unter dem jetzigen Namen Chesapeake- und Ohiobahn cönsolidirt. Der Staat leistete Verzicht auf seine Ansprüche für ausgeführte Bauten, und mit Unterstützung hervorragender New-Yorker Kapitalisten wurde der Weiterbau mit größter Energie wieder aufgenommen, und in weniger als drei Jahren wurde, mit Ausnahme der schwierigsten Stellen, die Bahn von Richmond mitten durch die Bergketten von Virginia bis an den Ohiofluß angelegt, und innerhalb zwei weiterer Jahre fahren schon so zu sagen auf der ganzen Strecke Waggons, und es ist somit eine lang ersehnte Hauptstraße vom Westen nach der hafenreichen Chesapeake Bai, resp. dem atlantischen Meere, dem Handelsverkehr eröffnet. Das Alleghany-Gebirg wurde ca. 3000 Fuß über dem Meeresspiegel überschritten, wobei jedoch nirgends eine Steigung von .60' per Meile vorzufinden ist. An den östlichen, sowie an den westlichen Abhängen anderer Gebirge ist s die größte Steigung bloß 30 ' per Meile. Auf Strecken der westlichen Hälfte der Bahn, über welche schwerbeladene Mineralzüge passiren werden, wurden Stahlschienen gelegt. Die verhältnißmäßig wenigen Brücken sind sämmtlich von Eisen, und es führt die größte davon in fünf eisernen' Bogen bei einer Länge von 650 Fuß über den New-River. Merkwürdig ist die Bahn durch die vielen Tunnels, vermittelst welchen die günstigen Steigungen
ermöglicht wurden.

Es gibt 26 Tunnels, die in Länge von 300 bis 6500 Fuß variiren und eine Gesammtlänge von 38,592 Fuß und nahezu 2 l /s Stunden (T1^ englische Meilen) aufweisen. Abgesehen davon, daß diese Bahn die kürzeste Route zwischen dem Ohiofluß und der atlantischen Küste bilden wird und somit auch die direkteste Route der Cin-

745 cinnati-Louisville und fernerer westlicher Bahnanschlüsse sein wird, läuft dieselbe auch durch einige der im Osten unübertrefflich großartigen und schönen Gebirgsgegenden und durchzieht das werthvolle Kohlenrevier des Kanawha-Thales seiner ganzen Breite nach, wo das zürn Schmelzen und für andere commercielle Interessen am besten geeignete Brennmaterial direkt aus dein Förderkasten in den Waggon geschüttet werden kann. Dieses trägt ebenfalls wesentlich dazu bei, nicht nur die Betriebskosten zu vermindern, sondern namentlich auch eine ausgedehnte Gruben-, Hütten- und FabrikIndustrie der ganzen Linie entlang ins Leben zu rufen; denn in unmittelbarer Nähe des Bahngeleises befinden sich kolossale Lager von Eisenerz, sowie auch ein beträchtliches Quantum von Kupfer-, Erz- und Goldgruben, die bereits schon eine Reihe von Jahren trotz der schwierigen Zufuhr von Brennmaterial in erfolgreichem Gange gewesen sind, und es wird vorzüglich diese nun hergestellte Verbindung zwischen den Kanawha-Kohlen- und den Eisen-Revieren von Virginia diesem letztern Industriezweige sofort einen neuen Impuls verleihen und zahlreiche Hüttenwerke entlang der Bahn in Gang setzen. Wo eigentlich die Bahn an der atlantischen Küste ihren Terminus haben wird, ist nur den Eingeweihten bekannt. Bis dato ist dieselbe bloß bis etliche Meilen östlich von Richmond abgesteckt, und man begnügt sich einstweilen mit letzterer Stadt als Terminus. Es hat diese Verzögerung der Bestimmung des eigentlichen Terminus bloß den O O O O Zweck, Zeit zu gewinnen, damit das zur Anlegung einer neuen Hafenstadt erforderliche Terrain möglichst billig angekauft werden könne. Es soll dann sofort mit Dampfschiffen bester Klasse von der Bahngesellschaft selbst eine direkte Verbindung zwischen Liverpool und andern europäischen Städten sowohl für Fracht als auch Passagieren hergestellt werden. Wo diese neue Hafenstadt angelegt wird, ist wie gesagt noch zu gewärtigen, vermuthlich aber irgendwo am Yorkfluß.

Banken.

N a ti o n al b a n k o n. Das Nationalbanksystem erfreut sich noch immer des Zutrauens beim Publikum. Wohl sind hie und da einige Mängel an den Tag getreten, aber im Wesentlichen hat sieh das System als zweckentsprechend erwiesen und ist jedenfalls dem ehemals bestehenden Staats- und Privatbankensystem weit vorzuziehen.

Die Nationalbanknoten durch Substiuirung eines gleichen Betrags von Vereinigten Staaten- oder Bundesbanknoten als Circulationsmittel möchte ernste Nachtheile mit sich bringen. Hingegen ist die Emittirung eines zinstragenden Schuldscheines oder einer Bundesbanknote, die bis zur Einlösung, etwa 3 % Zins tragen würde (interest Bundesblatt. Jahrg. XXV. Bd. IV.

52

746

hearing certificate« of deposit) vielseitig angerathen, indem solche als zusätzliches Circulationsmittel gebraucht werden könnten und von Banken als eine sehr wünschbare Reserve gehalten werden, indem nach jetzigem System die Nationalbanken gezwungen sind, ihre Reservefonds, 28 u/o des Kapitals, gänzlich in Legal-TenderNoten oder unverzinsten Bundesbanknoten zu halten. Man will behaupten, daß wenn die Banken auf diese Weise von ihrem Reservefond einiges Einkommen erhalten würden, dieselben auch veranlaß werden sollten, den Zinsfuß verhältriißmäßig herabzusetzen. Der Schatzamtssekretär in seinem letztjährigen Bericht spricht sich folgendermaßen über das Nationalbanksystem aus : 1) Die Natipnalbanken halten nahezu Doli. 400,000,000 "Vereinigte Staaten-Obligationen, welche sonst in den Markt gebracht und dadurch einheimisches Kapital absorbiren würden, oder, wenn für das Ausland angekauft, durch die jährlichen Interessen die jährliche Bilanz unseres Conto-Currents mit andern Ländern zu uusern Ungunsten vermehren würde.

2) Eine Bank sammelt das Kapital von kleinen Besitzern an, und liefert dadurch die Hülfsmittel für wichtige commercielle Unternehmen, nicht nur in den Centralpunkten, sondern auch in den entlegenen und neu angesiedelten Theilen des Landes.

o O 3) Die Nationalbanken werden zur Hiilfe der Regierung verwendet, wozu sonst eine bedeutende Vermehrung in der Zahl ihrer Depositarien und eine verhältnißmäßige Vermehrung der öffentlichen Ausgaben ohne irgend welchen Vortheil erforderlich sein würde.

4) Sie erleichtern den Austausch zwischen den verschiedenen Theilen des Landes und vermindern dadurch die Unkosten der commerciellen Transactionen.

5) Sie sind im Allgemeinen weniger als Privatleute geneigt, übermäßige Zinsen zu verlangen.

.~ O Die Circulation jeder Bank ist willkürlich durch ein Regulativ bestimmt. Die Gesarnmtcirculation umfaßt demnach eine gewisse Summe, und folglieh besteht praktisch keine Reserve, um der vergrößerten Nachfrage nach Geld zu begegnen, welche aus außergewöhnlichen Ereignissen im Inlande oder Auslande entspringt und periodisch mit dem Beginn der Ernte entsteht. Das alte StaatsbankenSystem wird zuweilen seiner Elastizität wegen empfohlen, aber diese Eigenschaft jenes Systems war die Hauptursache von finanziellem Unheil. Unter jenem System würde, bei dem Mangel an augenblicklicher Nachfrage nach Münze, die Ausgabe von Papiergeld praktisch keine Grenzen haben.

747

Die Vermehrung der Circulationsmittel brachte mit sich Erhöhung von Preisen, übermäßigen Import, eine daraus entspringende Nachfrage nach Münze aus den Banken, um ausländische Bilanzen zu decken, eine gleichzeitige Réduction des Papiergeldes und eine daraus entspringende Noth der Kaufleute und Banquiers.

Da die Circulation der Bank eine Quelle des Gewinnes ist, und da die Verwalter gewöhnlich geneigt sind, ihren Kunden durch Darlehen und Soulagements gefällig zu sein, so kann es niemals klug sein, den Banken oder Leuten, welche pekuniäre Interessen im Spiele haben, es zu überlassen, den Umfang der Circulationsmittel des Landes nach ihrem Belieben zu vergrößern und zu verringern. Auch finde ich in der Lage der Dinge kein Gesetz oder keine Regel, auf welche wir uns sicher verlassen können. Aus diesen Ansichten gelange ich zu der Schlußfolgerung, daß die Circulation den Banken bestimmt und begrenzt sein sollte, und daß die Macht, den Umfang der Circulationsmittel zu verändern, innerhalb gewisser, durch Gesetze bestimmten Grenzen, dem Schatzamt a iheimgestellt werden sollte.

Ein gewisser Grad von Elastizität in dem Volumen der Circulationsmittel ist aus zwei Gründen nothwendig: 1) Das Geschäft der Departemente kann nicht gehörig geführt werden, wenn ein Limitum festgesetzt ist, und dem Schatzamt die Macht, die Circulation über das Limitum auszudehnen oder unter dasselbe zu reduciren, verweigert wird.

Eine derartige Regel würde den Finanzminister zwingen, einen großen Bestand von Papiergeld anzuhäufen und zu halten; da andernfalls der Kredit der Regierung, in Deckung der gewöhnlichen, täglichen Ansprüche an sie, von der Gnade jeder ernstlichen geschäftlichen und politischen Störung in den Vereinigten Staaten oder Europas abhängig sein würde.

Besonders würde dies jetzt der Fall sein, wo unsere gewöhnlichen Papiergeldausgaben unsere derartigen Einkünfte bedeutend überschreiten.

2) In jedem Herbste ist die Notwendigkeit vorhanden, die Ernten ohne Aufenthalt vom Süden und Westen nach der Küste zu mobilisireu, so daß sie, wenn der Export und Consum ihrer bedarf, bei der Hand sind. Diese Arbeit sollte größtentheils vorüber sein, bevor die Seen, Kanäle und Flüsse geschlossen sind, und es kann nicht bewerkstelligt werden, ohne die Verwendung großer Beträge von Circulationsmitteln.

In den Sommermonaten findet eine Anhäufung von Circnlationsmitteln ari den Central-Punkten statt, aber das Wiederaufleben des

748

Geschäfts im August und September nimmt große Summen in Anspruch und läßt wenig oder nichts zur Mobilisirung der Ernten im Oktober und November übrig.

Auch würde diese Schwierigkeit durch eine permanente Vermehrung oder permanente Reduktion der Circulationsrnittel nicht eintreten können. Die Schwierigkeit entspringt aus dem natürlichen Verlauf der Dinge und .vergrößert sich mit der Prosperität des Landes, wie aus dem Reichthum seiner Ernten hervorgeht. -- Die Ernten können im Allgemeinen nicht vermittelst Bank-Bilanzen, Checks und Oeclitbriefen rnobilisirt werden, sondern nur vermittelst Banknoten und Ver. Staaten Noten, welche sofort an den Produzenten bezahlt werden. Dieses Geld findet schnell seinen Weg in die Handelskanäle und kommerziellen Centralpunkte; aber wenn man demselben gestatten wollte,o in allgemeinem Gebrauch 7.11 verbleiben, nachdem die Ursache seiner Aufgabe aufgehört hat, so würde der Umfang der Circulationsmittel dadurch permanent vergrößert worden sein und im darauffolgenden Jahre wieder derselbe Prozeß sich mit denselben Resultaten wiederholen, und das Land würde mehr und mehr von der Politik der Aufnahme der Baarzahlung abweichen.

Das Problem besteht demnach dajin, einen Weg zu finden, die Circulationsmittel zu vergrößern, um die Ernten zu mobilisireu und eine sofortige Verminderung nach Vollendung dieser Arbeit eintreten zu lassen. Dieses ist eine nothwendige Arbeit, und da sie den Banken nicht anvertraut werden kann, wem kann diese Machtbefugnis verliehen werden als dem Schatzamt?

Während die Papiergeld-Einkünfte die gleichartigen Ausgaben überstiegen, war es praktikabel, große Bilanzen im Schatzamt während des Sommers anzuhäufen, urn, wenn nöthig, im Herbst für den Ankauf von Bonds verwendet zu werden und dadurch der gewöhnlichen Nachfrage nach Circulationsmitteln während dieser Saison des Jahres zu begegnen.

Von jetzt an müssen derartige Anhäufungen mittelst Goldverkäufc erzielt werden und Goldverkäufe in großen Beträgen während des Sommers, wenn das Geschäft am wenigsten aktiv ist, wögen nicht immer mit den besten Interessen · des Landes in Einklang zu bringen sein. Es ist daher kein Verlaß in die Fähigkeit des Schatzamtes, eine Papiergeld-Reserve während jedes Jahres für den angedeuteten Zweck anzusammeln.

Da.s Argument zu Gunsten einer Papiergeld-Circulation, theilweise aus Ver. Staaten-Noten und theilweise aus National Banknoten bestehend, wird noch verstärkt durch die Hülfe, welche

749

dadurch der Rückkehr zur und Aufrechthaltung von Baarzahlung geleistet werden kann. In der Ansicht, die ich jetzt ausspreche, schließe ich die Idee aus, daß die Regierung jemals die Ausgabe von National-Bunknoten aufgeben und an ihrer Stelle die Ausgabe von Ver. Staaten-Noten unternehmen wird. Das Resultat einer solchen Politik kann vorhergesehen werden. Das Volk, der durch die Banken gewährten GeschäftseFacilitäten beraubt, würde Hülfe bei Staats-instituten suchen, und der Kongreß würde letzteren ohne Aufschub das Recht zusprechen, Noten in Umlauf zu setzen. Diese Concession würde die Aufgabe der Kontrolle, welche die allgemeine Regierung über die Papiergeld-Circulation des Landes besitzt, nach sich ziehen.

Die wahre Politik wird darin bestehen, mit dem NationalbankenSystem fortzufahren, ohne indessen den Forderungen um eine bedeutende Vermehrung des Papiergeldes im Verhältniß zu dem bereits in Umlauf befindlichen nachzugeben.

Daß ein Drang für ein ferneres Circulationsmittel faktisch besteht, ist aus den vorangehenden Bemerkungen des Schatzamtsekretärs leicht ersichtlich, und seine Finanzpolitik, hinsichtlich einer Wiederkehr zur und Aufnahme der Baarzahlung, wiederstrebt einer solchen grundsätzlich. Um diesem Bedürfniß nun einigermaßen zu entsprechen, bedient sich der hiesige Handelsstand vielfältig des Gebrauchs von Checks und Deposit-Certification, wovon letztere je nach Abkömmniß zinstragend sind und immer mehr in Aufnahme kommen.

Schließlich nun noch ein gedrängter Ueberblick dés Geschäftsertrages dieser Nationalbanken für das mit dem 31. August 1872 zu Ende gegangene halbe Jahr: Zahl der Banken.

Kapital.

Durchschnittlicher Ueberschuß (surplus).

1852

$ 465,676,023

$ 105,181,942

Dividenden.

Reiner Gewinn.

$ 23,827,289 $ 30,572,891 .

Dviden- Gewinn den zürn z. Kapital ; Kapital. & surplus.

5,12

%

5,30 °/0

S t a a t s b a n k e n sind solche, die von den einzelnen Staaten ihren Freibrief erhalten, und wenn auch durch Staatsverordnungen scheinbar beschränkt, dennoch befähigt sind, Bankgeschäfte in ihrem ganzen Umfange zu betreiben, mit Ausnahme der Emittirung von Banknoten, welche allein dem Bundesschatzamt für die Nationalbanken und sich selbst erlaubt ist. Dennoch machen die Staatsbanken den Nationalbanken vielfach erfolgreiche Konkurrenz. Es befinden sich darunter sehr solide Institute, und in der Stadt New-York allein gibt es deren ca. 30, wovon 7 je über eine Million Dollars oder mehr verfügen und Gesammtdepositeu von nahezu 40 Millionen Dollars aufweisen.

S c-

751

S p a r b a n k e n . Von allen Bank-Instituten haben die sogenannten S p a r k a s s e n in den letzten Jahren am Wesentlichsten sich vermehrt. Es zahlen dieselben Interessen auf Depositen unter den verschiedenartigsten Bedingungen. Indem der Bund die Sparkassen als Lokal-Institute betrachtete, deren Wirkungskreis sich auf eine gewisse Lokalität beschränkte, so hat man nie versucht, dieselben einer Bundeskontrolle zu unterwerfen. Nur einzig hier in Washington glaubte der Bundesbank-Kontroleur, die Operationen der Sparkassen einer genauem Prüfung unterwerfen zu sollen, und es wurde denn ein specieller Akt des Kongresses erwirkt, welcher ihn dazu ermächtigte.

Es stellte sich heraus,' daß die hier in WasO hington bestehenden 4 Sparkassen, «-eichen Depositen im Betrage von ca. 2'/2 Millionen Dollars anvertraut sind, auf die mannigfachste Weise Anlagen machen und Zins zahlen, was schließlich den Koutroleur zu der Ueberzeugnng brachte, daß, wenn auch gerade jetzt an der Solidität der hiesigen Sparbanken nichts auszusetzen sei, dennoch für die Zukunft eine bessere Ordnung in das Sparkassenwesen gebracht werden sollte, und zwar von Seite des Bundes, und daß jedenfalls hier in Washington ein einheitlicheres System eingeführt werden müsse, um dem Publikum für alle Zukunft den gebotenen Schutz in dieser Richtung sichern zu können. 'Es wird daher vermuthlich schon im nächsten Kongreß ein Versuch gemacht werden, auch die Sparbanken und in erster Linie diejenigen von Washington unter Bundeskontrolle zu bringen. Der Erfolg der Sparkassen in diesem Lande ist vielfach der zunehmenden Einwanderung von Europäern, sowie auch der durchgängig strengen Kontrolle zuzuschreiben, welche die verschiedenen Staaten über diese Institute führen. Es scheint beinahe, als ob der Amerikaner das Depositum in einer Sparbank, wo es Interesse bringt, als ein heiligeres Eigenthum ansehe, als das nicht zinstragende Kapital, welches den National- und Staatsbanken anvertraut wird. Es fehlt leider die gewünschte Statistik, um ein zusammenhängendes Bild des Wachsthums dieser Instituten geben zu können. In den Ncw-England Staaten jedoch schenkt man diesen Instituten die gehörige Aufmerksamkeit. So bestanden z. B. im Staate Massachusetts Anno Sparkassen D e p o s i t o r e n D e p o s i t e n D u r c h s c h n i t t e 1835 27 27,232 $ 3,921,370
$ 144. -- 1850 45 78,823 ,, 13,660,024 fl 174. 57 1860 89 230,068 ,, 45,054,236 ,, 195. 83 1871 160 561,201 ,, 163,704,077 ,, 291. 52 Der Staat New-York liefert ebenfalls Beweis von dem Zutrauen, welches die dortigen Sparbanken genießen. Am Schluße dieses Jahres (1872) waren laut Bericht des Staatskontroleurs von 822.642

752

Depositoren $ 285,286,621 in den Sparkassen des Staats deponirt, also $ 346. 76 auf jeden Depositor, ein Beweis, daß ca. 20 Prozent der Bevölkerung Depositen in den Sparbankcn haben. Da jedock der Umfang der Einlagen eines und desselben Depositors nicht statuarisch auf ein Maximum von höchstens $ 500 beschränkt ist, wie z. B. im Staate Pennsylvania, so ist obige Darstellung nicht ganz stichhaltig, indem derzeit die soliden Sparkassen, z. B. gerade in Washington, wo theilweise der Betrag der einzelneu Depositen nicht beschränkt ist, auch von Kapitalisten mit größern Einlagen betraut werden, indem 6°, o Zins erhältlich sind, was unbedingt vortheilbafter ist als Bundesobligationen zum jetzigen hohen Kurs -von 116--121 zu kaufen. Es ist den Nationalbanken nicht untersagt, Zinsen auf Depositen zu zahlen; sie thun es aber durchgängig nicht und nur ausnahmsweise für größere Bankdepositen; sie behaupten, da sie dem Publikum discontiren, so sei dieser Vortheil hinlänglich gegenüber den Sparbanken, von denen nur auf Hinterlagen und Hypotheken Gelder erhältlich seien. Das stete und rasche Zunehmen der Sparkassen scheint dieses nicht zu bestätigen.

P r i v a t b a n k e n . Das Privatbank-Geschäft jedoch ist von den Mational-Spar- und Staatsbanken so ziemlich verdrängt worden und beschäftigt sich vorzüglich mit Absatz von Eisenbahn- und sonstigen Obligationen, s°owie mit ausländischen Wechselgeschäften und Goldmäklerei. Vorzüglich in Städten wie New-York figuriren die Vorsteher dieser Banken vielfach bei spekulationssüchtigeren National-Staatsbanken bei Ankauf von Wertpapieren als Zwischenpersonen.

Zins- und Discontofuss.

Es dürfte für unsere Banquiers und Kapitalisten nicht unerwünscht sein, unter dieser Rubrik in gedrängter Form eine genaue Darstellung der noch ausstehenden, aber nun erloschenen zinstragenden, sowie der dermalen noch zinstragenden Schuldscheine der Bundesregierung zu erhalten, indeiu es dem Schreiber dieses schon mehrmals zur Kenntniß gelangt ist, daß Europäer verfehlt haben, Zins erloschener Schuldscheine einzusenden, und überhaupt hinsichtlich der hiesigen Bundesobligationen mangelhaft unterrichtet zu sein scheinen. Nachstehende Tabellen stützen sich auf den amtlichen Ausweis vom 31. Dezember 1872.

A

N i c h t z i n s t r a g e n d e O b l i g a t i o n e n.

Ausstehender Betrag.

1 Juli 17., 1861 Alte Zahlungsanweisungen, !

\ Februar 12., 1862 G-esezliche Zahlungsanweisungen (Legal Tender Notes), Deposit-Certifikate

.

.

Kleines Papiergeld (Fractional Currency)

Gold-Certifikate

.

.

(

·

,

.

.

.

. $

84,387. 50

i Februar 25., 1862

Juli 11.,

1862

März 3.,

1863

Juni 8.,

1872

Juli 17.,

1862

März 3.,

1863

Juni 30.,

1864

März 3.,

1863

Ausgabe vor 1869 $ 101.013,103. -- Serie von 1866 ,, 257.544,804. --

$ 358.557,907. -

"

·

·

·

.

Erste Ausgabe $ 4.377,254. 40 ,, 3.180,685. 44 Zweite ·n ,, 3.669,335. 09 Dritte n ,, 34.494,786. 69 Vierte ·n .

· $

25.370,000. --

$ 45.722,061.62

· · · · $ 23.263,000. Nicht zinstragendes Total § 452.997,356. 12

-a

üt W

B. S c h u l d s c h e i n e , w o r a u f d e r Z i n s s e j t E i n b e r u f u n g e r l o s c h e n .

^ £>.

Titel.

Zinsfuß.

Alte Schuld . 4-6 °/o MexecanischesRriegsentschädigungs5% , .

Anleihen .

6% Anleihen von 1847 6 7« Landanweisungen für Handgeld Texanisches Kriegsentschädigungs.

, 5% Anleihen 5 7« Anleihen von 1860 f t .

6 /0 Fünf Zwanziger 1862 Schatzamts-Noten vor 1846 1-10, 6 !T 1-10, 6 > ,, von 1846 6 1847 V) 11 > 1857 .

3-6 > ·n -n 1861 6 °/o fi "n Sieben Dreißiger ,, 1861 . 3-10 °/o Einjährige Noten ,, 1863 5 °/o 5 °/o Zweijährige Noten ,, 1863 6 °/o Zinseszins-Noten .

Sieben Dreißiger von 1864 u. 65 . 3-10% Schuldscheine 6 Temporäres Anleihen .

. 4-6 °/o 3°/o Certificate .

3% :;

Datum der Einberufung.

Noch ausstehender Betrag.

Unter verschiedenen Daten vor Januar 1837 ,, ,, Dezember 31., 1867 Juli 1., 1849 .

,, · Anno 1851u. 52 .

t

,

,

t

Dezember 31., 1864 .

Januar 1., 1871 Dezember 1., 1871 und März 7., 20., 1872 Unter verschiedenen Daten von 1838-44 .

,, ,, ,, Anno 1847 u. 48 ,, 1848 T) 49 n 11 n ,, 1858 lì 59 n t> -n .

März 1., 1863 .

August 19. und Oktober 1., 1864 .

Unter verschiedenen Daten, Anno 1865 .

,, 1866 .

V) V) · T) Juni 10., 1867 und Mai 15., 1868 August 19., 1867 u. Juni 15. u. Juli 15., 1868 Unter verschiedenen Daten, Anno 1866 .

.

.

Oktober 15., 1866 .

Monatlich seit Dezember 31., 1870 .

· Total-Betrag des erloschenen Zinses seit Einberufung

>

f

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$

57,655. --

fi ·fl fi

1,104. 91 1,650. -- 3,900. --

·fì 174,000. -- 10,000. --.

·n 11 1.280,250. -- 82,575. 35 "1t 6,000. -- TI 950. -- f) 2,000. --.

fi 3,150. -- f) 19,450.

fi -- 93,795. -- n 62,350. -- 11 fi 532,920. -- ·n 303,900. -- 5,000. -- VI 78,560. -- 11 r> 1.365,000. --

$ 4.084,220. 26

C. Schuldscheine, worauf der Zins in C o u r a n t oder Papiergeld bezahlt wird.

Titel.

Zinsfuß. Datum, wann einlösbar oder zahlbar.

Datum, wann Interessen fällig.

Noch ausstehender Betrag.

3 °,.o Certificate .

Marine Pensionsfond

. 3% Zahlbar auf Verlangen Bei Wiedereinlösung der Certificate § 2.780,000 . 3% Interessen nur verIm Januar und Juli ,,14.000,000 wendbar für Pensionen ,, 678,000 Schuldscheine v. 1870 4 °/u Zahlbar 1. Sept. 1875 Im März und September Zins in gesezlibhem Geld

$ 17,458,000

D. Z i n s t r a g e n d e E i s e n b a h n - O b l i g a t i o n e n , w o f ü r der B u n d h a f t e t u n d welche z a h l b a r sind in C o u r a n t oder P a p i e r g e l d .

Name der Eisenbahn.

Akt der Ausgabe.

1. Juli 1862 u. 2. Juli 1864 Central Pacific idem Kansas Pacific idem Union Pacific ff ·n Central Brauch U. Pac. ,, ·n Western Pacific . . ,, fi Sioux City and Pacific ,, fi

Zinsfuß.

Datum der Einlösung.

Datum der Zinszahlung.

6°/o fi ·n fi fi

Nach 30 Jahren idem fi 'n fi

Januar u. Juli idem ·n

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Ausstehender Betrag.

$ 25.885,120 _ 6.303,000 ., 27.236,512 ^ 1.600,000 _ 1.970,560 ,, 1.628,320

Total $ 64.623,512 -a OT

w

E. O b l i g a t i o n e n , d e r e n Z i n s e n i n G o l d b e z a h l t w e r d e n m ü s s e n : Titel.

Zinsfuß.

Datum, wann einlosbar und zahlbar.

Ausstehender Betiag.

Anleihen v o n 1858 .

.

.

. 5°/o $ 20.000,000 Einlosbar nach dem 1. Januar 1874 Anleihen vom Februar 1861 6°/o _ 18.415,000 Zahlbar 31. Dezember 1880 .

Oregon Kriegsschuld 6% 945,000 Znhlbar 1. Juli 1881 Anleihen vom Juli und August L861 6> ;, 189 321,350 Einlosbar nach dem 30. Juni 1881 | Einlosbar nach dem 1. Mai 1867] Fünf Zwanziger von 1862 6% ,, 267.289,400 1 Zahlbar 1. Mai 1882 j Anleihen von 1863 ^ 75.000,000 6°/u Einlosbar nach dem 30. Juni 1881 | Einlosbar nach dem 1.

März 1874) Zehn Vierziger von 1864 ,, 194.000,000 5°/o 1 Zahlbar 1. März 1904 f 1 Einlosbar nach dem 1. Nov. 1869\ Fünf Zwanziger vom März 1864 ,, 2.298,000 6°/o (Zahlbar 1. November 1884 / (Einlosbar nach dem 1. Nov. 18691 Fünf Zwanziger vom Juni 1864 ,, 68.974,650 6°/o 1 Zahlbar 1. November 1884 J (Finlosbar nach dem 1. Nov. 1870) Fünf Zwanziger von 1865 6°/o fl 156.186,150 1 Zahlbar 1. November 1885 | 1 Einlosbar nach dem 1.

Juli 1870l Consols v o n 1865 .

.

.

. 6°/o ,, 209.142,200 1 Zahlbar 1. Juli 1885 [ | Einlosbar nach dem 1. Juli 18721 Consols v o n 1867 .

.

.

. 6% ,, 315.874,000 1 Zahlbar 1. Juli 1887 j (Emlosbar nach dem 1. Juli 1873l Consols von 1868 .

.

.

6% ,, 38.638,400 \ Zahlbar 1. Juli 1888 1 a. Amortisationsfond von 1881 ,, 200.000,000 5% Einlosbar nach dem 1. Blai 1881 -- 4'/2 °/0 b.

,, ,, 1886 ·n n « n r> ^86 4°/o -- c.

,, ,, 1901 ·n n n v -n l"0l Total $ 1,756.651,450

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757 Diesen durchschnittlich hohen Zinsfuß suchte die Bundesregierung vergangenes Jahr durch Ausgabe der in obiger Tabelle E. Litt, a, b und c angeführten Obligationen zu erleichtern. Die 5% Obligationen ließen sich auch größtenteils durch ein von Jay Cooke und Mc. Cullogh und Cie. geleitetes Syndikat in Europa anbringen und es wurde ermöglicht, die 6°/o oder Fünf Zwanziger, sowie, wenn erhältlich, die 1881ger durch Obligationen zu ersetzen.

Hingegen die Litt, b und c 4 und 4 1 /2°/o Obligationen ließen sich bis dato nicht zu annehmbaren Bedingungen anbringen, und es wird vermuthlich laufendes Jahr in dieser Richtung abermals ein Versuch gemacht werden, indem jeder, der einigermaßen mit den Resourcen und jetzigen Finanzgrundsätzen der herrschenden Partei vertraut ist, erkennen muß, daß es unverantwortlich ist, für einen so centralisirten Bundesstaat wie die Ver. Staaten nun seit dem letzton Bürgerkrieg geworden sind, 6°/o oder auch nur lange mehr 5°/o als Zinsfuß seiner Obligationen gelten zu lassen. Selbst wenn eine noch so mangelhafte Finanzverwaltung eintreten sollte, so sind die BundesObligationen so gesichert, daß kein Land bessere Hinterlagen vorweisen kann. Durch den i. J. 1865 beendigten Bürgerkrieg und die erlebten Folgen ist dieses hier jedem einsichtsvollen Finanzmann ganz klar geworden.

Hinsichtlich der Privat- und Geschäftsobligationen und Schuldscheine besteht kein vom Bunde bestimmter Zinsfuß. Es ist die Regulirung und das Bestimmen denselben den Staatsregierungen überlassen, und dasselbe ist daher sehr verschiedenartig. In den Staaten dieses Konsulatsbezirkes ist der gesetzliche Zins- und Diskontofuß wie folgt: Buße bei Uebertretung.

Delaware 6°.'o . . . Verlust der ganzen Schuld, -,* l d 16°/o . . . Kontrakt unstichhaltig Maryland |g n/o (Speziell bei Tabaks-Kontrakten), Virginia 6°/o . . . Doppelter Betrag der Ueberforderung.

Dist.ofColumbia6°/ü--10°/o Je nach Abkommniß.

Ungefähr der gleiche Zinsfuß gilt in Arkansas, Mississippi, Missouri und Texas, wahrend in Ilinois und Jowa derselbe bis auf 12°/u steigt und Wisconsin von einem gesetzlich bestimmten Zinsoder Diskontofuß gänzlich abstrahirt. Der hohe Zinsfuß (10°/o), welcher hier im District Columbia bei Hypothekanlagen Geltung findet, hat auch Kapitalisten der nördlichen Staaten vielfach veranlaßt, ihre Kapitalien dahier
anlegen zu lassen; und wo nicht ganz zuverläßige und erfahrne Agenten damit betraut worden.l O O O haben solche auch in letzteren Jahren bittere Erfahrungen machen müssen. Die Provisionen, welche hier von Zwischenpersonen von

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den Geldborgenden verlangt werden, sind unverantwortlich und betragen durchschnittlich 2 ] /2 °/o. Es werden die emporkommenden Sparkassen diesen Herern jedoch das Handwerk ziemlich legen und das Publikum gegen deren Uebergriffe zu schützen wissen.

Versicherungswesen.

Hinsichtlich des Versicherungswesens hat der Bund sich enthalten, Verordnungen zu treffen, befasste sich a,ber in den letzten Jahren damit, die erforderliche Statistik zu sammeln, um, wenn es einmal geboten werden sollte, die Bundeshand anzulegen, genau unterrichtet zu sein.

Wie bereits schon im letzten Berichte dieses Konsulats erwähnt, ist der Umfang der ausländischen Gesellschaften noch nicht anders als nur muthmaßlich ermittelt worden, und es beziehen sich selbstverständlich vorstehende Tabellen und Angaben bloß auf einheimische Versicherungsanstalten. In Washington scheint anbetrachts der breiten Strassen und des genügenden Wasservorraths ein besonders günstiges Feld für Feuerversicherungs-Gesellschaften zu sein, deren in den zwei letzten Jahren allein sich drei mit einem Kapital von circa $ 200,000 organisirt haben. Zudem ist seit Einführung der Dampffeuerspritzen und der Feuer-Telegraphen das Feuerwehrwesen so vervollkommnet worden, daß in einer Stadt wie Washington eine größere Feuersbrunst schon Jahre lang nicht stattgefunden und eine Verheerung wie diejenige von Chicago und Boston sozusagen unmöglich erscheint.

Neue Erfindungen.

In den Vereinigten Staaten trägt nichts so dazu bei, den Erfindungsgeist zu wecken und in Thätigkeit zu erhalten, als das von dem Unterzeichneten wiederholt besprochene vortreffliche Patentsystem , welches sich hier nun nahezu ein halbes Jahrhundert zum Vortheil des Staates sowohl als auch der verdienstvollen und strebsamen Klasse der Erfinder und Arbeiter bewährt hat. Der durch hiesige Patentverordnungen erwachsene Nutzen überwiegt alle die angeblichen Nachtheile in dem Maaße, daß hier zu Lande kein vernünftiger Arbeiter und kein einsichtsvolles Staatsdepartement auch nur an deren Abschaffung denkt, geschweige denn eine solche empfehlen würde. Seit 1836 sind nicht minder als 200,000 Patentgesuche eingelangt, von denen circa 133,000 gewährt wurden.

Der Umfang der Geschäfte des Patentamtes ist aus dem Bericht des den 30. September 1872 zu Ende gegangenen Geschäftsjahres zu ersehen. Es wurde in dem verflossenen Zähre von 19,587 Ge-

759 suchen 13,626 Patente gewährt, 233 Patentverlängerungen, 556 Scheine und Fabrikzeichen bewilligt und 3100 Patentvorbehalte registrirt. Die im Jahre eingelaufenen Gebühren betrugen $700,954. 86, die Totalausgaben $ 623,653. 90, für das Land also ein Reingewinn von $ 77,400. 96.

Der Mangel eines Patentgesetzes in Oestreieh war in erster Linie der Hauptgrund, warum Fabrikanten und selbst der Handelsstand sich gegenüber der Wiener Weltausstellung so lau stellten.

Erst nachdem Verordnungen getroffen wurden, diesen Umstand zu beseitigen, zeigte sich eine rege Theilnahme seitens hiesiger Industriellen. Anläßlich dieser Hinweisung auf die Wiener Weltausstellung glaubt Unterzeichneter jetzt schon bemerken zu sollen, daß der hiesige Kongreß schon in vorletzter Sitzung beschlossen, es solle anno 1876 zur hundertjährigen Feier der Unabhängigkeitserklärung eine großartig Weltausstellung in der Stadt Philadelphia abgehalten werden. Bereits sind die vom Präsidenten bezeichneten Beamten seit geraumer Zeit mit den Vorarbeiten emsig beschäftigt, und es ist das von Privaten und Korporationen (außer der Bundesregierung) verlangte Kapital von fünfzig Millionen Franken '·') schon zugesichert. Haben angesichts der großen Wienerausstellung schweizerische Aussteller speziell, sowie auch die Industriellen der Schweiz überhaupt, und vorzüglich die Tit. Behörden der Eidgenossenschaft durch umsichtiges Vorgehen so viel dazu beigetragen, die schweizerische Betheiligung zu einer gelungenen und für das Vaterland ehrenvollen zu machen, so sollte unbedingt die Schweiz angesichts ihres regen Handelsverkehrs mit den Vereinigten Staaten und dem ferneren Umstände, daß sich da eine außergewöhnliche Gelegenheit bieten wird, sich neue Absatzquellen zu sichern, sowie auch dem republikanischen Entwicklungsgeistc unseres Landes auch hier die gebührende Achtung zu verschaffen, jetzt schon darauf bedacht sein, i. J. 1876 auch hier in Amerika dem Schweizernamen Ehre zu machen, und' zwar auf einem Felde, wo unsere Nachkommenschaft der lebenskräftigsten Konkurrenz entgegenzusehen hat, und daher ein mangelhaftes Auftreten für die schweizerischen Handelsinteressen die nachtheiligsten Folgen haben dürfte.

Einwanderung.

Unter den nahezu 400,000 gelandeten Fremden im Verlaufe des Jahres 1872 befinden sich wohl nahezu 6000 Schweizer, indem allein 4678 im Hafen von New-York ausgeschifft wurden. Wohl *) Man schätzt jedoch, daß ein Gesammtkapital von Fr. 250,000,000 erforderlich sein wird.

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sind im vergangenen Jahre mehrere Versuche gemacht worden, die schweizerische Auswanderung nach Nord-Amerika zu centralisiren ; es haben aber die Bemühungen in dieser Richtung noch wenig gefruchtet, theils wegen Unzuläßigkeit der Lokalität und theils wegen Mangel an Stabilität und Mittel der sich dafür Intercssirenden, theils auch wegen ungenügender Einsicht und Erfahrungen der sich darum Bewerbenden. Zuerst präsentirte sich das Projekt, Florida (unter Bundesobhut) zu einein Reiseziel der Auswanderungslustigea zu machen. Nähere Prüfung des Projektes erwies bald die absolute Unzuläßigkeit dieser vorgehabten Spekulation einiger New-Yorker Spekulanten. ' Die für ähnlichen Zweck angebotene Landschenkung in Texas scheint von den Anregern des Projektes bei Wahrnehmung des einsichtsvollen Vorgehens der schweizerischen Bunclesbehörden hinsichtlich des Florida-Angebots ebenfalls fallen gelassen zu sein.

Ein auf Einladung des Gouverneurs von Tennessee von Hr.

Nationalrath Dr. Joos abgestatteter Besuch schien anfänglich ein für den Zweck erfolgreiches Resultat in Aussicht zu stellen.

Zwistigkeiten unter den Einwanderungskommissären des Staates, ungenügende Einsicht der dortigen Staatsmänner, Mittellosigkeit der sich für die Sache Intercssirenden, sowie Kurzsichtigkeit derjenigen, die den Andeutungen des Hrn. Nationalrath Joos Vorschub hätten leisten können, haben auch in dieser Richtung vorläufig verfehlt, ein befriedigendes Resultat zu Tage zu fördern.

Im engern Kreise dieses Konsulats sind immerhin die gebirgigem Gegenden der Staaten Maryland und Virginia wegen ihrer günstigen Lage und ihres gesunden Klimas für bemitteltere Auswanderer zu empfehlen, während weniger bemittelte Auswanderer eben wie bis dato auf Gegenden angewiesen sind, wo vorangegangene, zuverlässige, Bericht erstattende Freunde sich vorfinden.

Schweizerische

Gesellschaften.

Anschließend an frühere Berichte in Bezug auf solche schweizerirsch-amerikanische Verbindungen habe mitzutheilen, daß sich in diesem Konsulatsbesirk nur zwei in Washington selbst etablirte Vereine befinden : 1) die 1866 gegründete schweizerische Wohlthätigkeitsgesellschaft mit 16 Mitgliedern und einem Ausgaben-Etat von zirka
761 Es wird kaum nöthig sein, die Zwecke und Tendenzen dieser amerikanisch-schweizerischen Verbindung nochmals des Nähern anzuführen ; ein vorgehender Jahresbericht dieses Konsulats hat aus den Statuten das Nähere mitgetheilt. Aber erfreulich ist es zu erwähnen, daß dieser Bund von Eidgenossen im Adoptiv-Vaterlande von Jahr zu Jahr an Stärke und Gehalt zunimmt und durch gemeinsame Handlungen in Wohlthätigkeitszwecken einen ehrenhaften Namen zu erlangen bestrebt ist. In letzter Zeit (im November 1872) wurde ein Institut einzuführen beschlossen, welches den Angehörigen der Mitglieder zu großem Nutzen gereichen wird, nämlich eine gegenseitige Sterbe-Unterstützungskasse, welcher der passende Name ,,Winkelriedstiftung"1 beigelegt wurde. Durch Bildung eines Reservefonds und durch Beiträge, welche je nach Zahl der Mitglieder erhöht oder erniedrigt werden, soll es ermöglicht werden, den Hinterlassenen oder Erbberechtigten eines mit Tod abgehenden Thcilnehmers die Summe von $ 500 als Beisteuer zu entrichten.

Hoffentlich wird diese gemeinnützige Anstalt bald zur Ausführung gelangen. Doch aller Anfang ist schwer; es wird Geduld und Ausdauer von Seite der Leiter bedürfen, die Sache in richtigen Gang zu bringen und zu gedeihlichen Resultaten führen zu können.

Wie eben bemerkt, erfreut sich der nordamerikanische Grütli-Bund einer steten Vermehrung von Vereinen und Mitgliedern. Derselbe zählte am Schlüsse des Jahres 1872 riac).folgende Vereine und Mitglieder, besaß Vermögen und entrichtete Unterstützungen :

Bnndesblatt. Jahrg. XXV. Bd. IV.

.

53

762 Ort.

Mitgliederzahl.

40 23 48 80 94 . . . . 40 40 30 25 24 21 30 . . . . 96 58 23.

. . . . 82

Boston, Mass Bridgeport, Conn Buffalo, N. Y Chicago, llls Cincinnati, Ohio Columbus, Ohio Detroit, Mich Evansville, Ind Highland, llls Kansas City, Mo Knoxville, Tenn Laneaster, Penna Louisville, K y .

Memphis, Tenn Nash ville, Tenn Newark, N. Y. .

New- York 82 Pittsburgh u. Alleghenny, Penna. 65 Rochester, N . Y .

. . . . 51 St. Louis, Mo. (Grütli-Verein) 185 ,, (Helvetia Club) 19 Seranton, Penna 51 Syracuse, N. Y 32 Tell City, Ind 33 Toledo, Ohio 37 Troy, N. Y 13 Utica, N. Y 41 Washington D. C 72 Williamsburgh N. Y. . . , 40

Vermögen.

$ 243 ,, 194 ,, 1,873 ,, 1,413 ,, 4,598 l 654 " 255 ,, 246 * ?

,, 136 ,, 155 ,, 152 ,,1,714 ,,1,574 l 716 ,, 1,584 ,, 1,073 ,, 1,186 ,,1,697 ,, 4,859 ,, 192 ,,1,216 ,, 599 ,, 856 ,, 473 ,, 164 ,, 745 ,,1,845 ,, 571

Unterstützungen.

8 $ f) f)

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144 499 260 64 -- 17 ?

15 186

11

636 160 145 fi 185 fi fi -- 208 fi 191 7) fi 1,298 4 fi 175 f) 138 f> 96 f) 34 f) 42 fi 154 f) 255 fi 70 f) V)

T)

29 Vereine, mit einer Mitgliederzahl von 1,475, circa $ 31,000 u. circa $ 5,000 GesammtUntervermögen, " stüzungen.

763

Wahrscheinlich wird das Jahr 1873 noch weitere Zunahme berichten, in Nord und Süd, Ost und West der Vereinigten Staaten und auf solche Weise eine Nachahmung der schweizerischen Eidgenossenschaft in der westlichen Hemisphäre entstehen. Gewiß ist, daß diese Verbindung dem schweizerischen Namen in Amerika Achtung verschaffen wird. Das Bestreben, Großes und Nützliches zu leisten, ist vorhanden, und dieses Bestreben wird, wenn auch langsam, dennoch gute Früchte tragen.

# S T #

Aus den Verhandlungen des Schweiz. Bundesrathes.

(Vom 29. Dezember 1873.)

Der Bundesrath wählte zum Posthalter in Garns (St. Gallen) Hrn. J. R. K u b l i , Fabrikant, von Netstal (Glarus), in Garns.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Schweiz. Generalkonsuls in Washington (Hrn. John Hitz, von Davos und Klosters) über das Jahr 1872. (Vom 4. Juni 1873.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1873

Année Anno Band

4

Volume Volume Heft

57

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

30.12.1873

Date Data Seite

729-763

Page Pagina Ref. No

10 008 014

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