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Bericht des

Bundesrathes über das Postulat betreffend Unterstellung der Pulverfabrikation unter die eidg. Militärverwaltung.

(Vom 22. Oktober 1873.)

Tit. !

Mit der Uebersendung des Gesezes betreffend Ergänzung des Bundesgesezes über das Pulverregal, welches die Räthe infolge Botschaft vom 13. November 1872 unterm.26. Juli 1873 angenommen haben, ist seitens des hohen Ständerathes die Einladung verbunden worden : ,,zu untersuchen und zu berichten, ob nicht die Aufsicht ,,über die Fabrikation des Schießpulvers und den Handel mit dem, ,,selben der Militärverwaltung zu unterstellen sei.'

(A, S. XIS. 254.)

Die Begründung dieses Postulates in der ersten Berathung des Gesezes beruhte auf der Voraussezung, die Fabrikation des Finanzoder Handelspulvers werde durch die Freigebung desjenigen der Sprengfabrikate, nämlich durch die Verwendung von Dynamit, Massip'schen und andern Surrogaten quantitativ abnehmen, und es könne daher die Kontrolle über Produktion und Verkauf des Kriegspulvers ausschließlich der Militärverwaltung übertragen werden.

Das Postulat wurde demnach in der Annahme gestellt, daß die in der ersten Berathung angestrebte vollständige Freigebung aller Sprengfabrikate grundsäzlich anerkannt werde, und daß folgerichtig die Ergebnisse der Pulverfabrikation nicht mehr wie bisher

201 sich zu einer bedeutenden Staatseinnahme gestalten würden, in welchem Falle allerdings die militärischen Interessen sofort in den Vordergrund getreten wären und die angeregte Frage bejahend hätte beantwortet werden müssen.

Nachdem nun durch das Ergänzungsgesez vom 26. Juli 1. J.

die Freigebung der Sprengfabrikate auf solche, welche nicht als Schießpulver verwendbar sind, limitirt worden ist, könnten wir füglich die Prüfung der Angelegenheit bis zu dem Zeitpunkt verschieben, wo die künftige Gestaltung der Fabrikationsverhältnisse sich abgeklärt haben wird.

Wenn wir gleichwohl auf dieselbe eintreten, so geschieht dies deßhalb, weil schon jezt mit ziemlicher Bestimmtheit behauptet werden darf, daß eine Abnahme der Fabrikation von Handelspulver auf längere Zeit um so weniger in Aussicht steht, als immer noch zu gewissen Zweiten die Verwendung von gutem, reinem Sprengpulver allen Surrogaten vorgezogen wird und große Quantitäten desselben vom Auslande bezogen, werden müssen, um den inländischen Bedürfnissen entsprechen zu können, wie dies die diesjährigen Bezüge, welche bis Jahresschluß zirka 350,000 Kilogramm betragen werden, am besten nachweisen.

Die Pulververwaltung, welche laut Staatsrechnung von 1872 nach Dekung des Ausfalls auf der Kriegspulverfabrikation eine Reineinnahme von Fr. 154,000 erzielt hat, lieferte im Jahr 1872 ein Quantum von 557,496 Kilogramm Finanzpulver und 109,130 Kil.

Kriegspulver, d. h. vier bis fünf Mal mehr Handels- als Kriegspulver. Im laufenden Jahre wird der Bedarf an ersterem voraussichtlich zirka 600,000 Kilogr., an lezterem etwa 120,000 Kilogr.

erreichen, so daß statt einer Abnahme eine allerdings kleine Zunahme bereits konstatirt werden kann. Wir müssen gleich darauf aufmerksam machen, daß beide Jahre und wahrscheinlich noch künftiges Jahr in Bezug auf den Kriegspulverbedarf keine Normaljahre sind, und daß nach Erstellung der in Aussicht genommenen Vorräthe das Verhältniß beider Pulversorten sich noch mehr zu Gunsten der Fabrikation'von Ha'ndelspulver gestalten wird.

Eine Verbrauchsabnahme dieses Leztern ist vorderhand deßhalb unwahrscheinlich, weil dasjenige Sprengmaterial, welches allein im Stande ist, dem Pulver ernstlich Konkurrenz zu machen, das Dynamit nämlich, schon längst im Gebrauche steht, ohne daß es bisher gelungen wäre, durch dieses Surrogat das
Sprengpulver zu verdrängen. Obige Ziffern berechtigen daher zur Annahme, daß selbst mit Beibehaltung des bisherigen Bedarfes an Kriegspulver eine erhebliche Aenderung in dem zu erstellenden Finanz- und ·

Bundesblatt.Jahrg.XXV.Bd.lv.

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Kriegspulver kaum eintreten wird. Abgesehen hievon fabrizirt die Pulververwaltung seit einigen Jahren ebenfalls Sprengmaterialien, und zwar zu einem Preise, den die Privatindustrie kaum billiger wird erstellen können.

So lange aus dem Pulverregal eine Staatseinnahme erzielt wird, und selbst dann noch, wenn der Ertrag desselben nur die Mehrkosten 'der Kriegspulverfabrikation deken sollte, scheint es daher zwekmäßiger, die Verwaltung demjenigen Departement zu belassen, das den größern Verbrauch vermittelt,' abgesehen von der ungleichen Arbeitstheilung zwischen dem Finanz- und dem Militärdepartement, welch' lezteres bereits eines der umfangreichsten der Bundesverwaltung geworden ist.

Eine Unterstellung der Pulververwaltung unter das Militärdepartement bietet übrigens in Bezug auf deren jezige Organisation keine besondern Vortheile und würde an derselben nicht viel ändern.

Der Aufsichtsdienst in den Pulvermühlen wird gehörig gehandhabt und das Arbeitspersonal ist, seitdem seine Stellung finanziell verbessert worden, gut und fleißig. Der Dienst in denselben wird so gut als in den übrigen Etablissementen des Bundes versehen und es könnte daher eine Uebertragung an das Militärdepartement aus diesem Grunde nicht gerechtfertigt werden, zumal das Finanzdepartement den Reklamationen des Erstem jeweilen thunlichst zu entsprechen sucht.

Zur Wahrung der Interessen der Militärverwaltung hat diese einen Pulverkontroleur, der alles Schießpulver nach Maßgabe einer für die Untersuchung und Erprobung aufgestellten Instruktion untersucht, und · der keine Lieferungen annimmt resp. plombirt, wenn dieselben nicht den Vorschriften entsprechen. Wenn auch hie und da nicht alle kontrollirten Partien stets in gleicher Qualität sich zeigen und gleiche ballistische Leistungen aufweisen, so ist nicht zu übersehen, daß derartige Differenzen auch dann vorkommen würden, wenn die Fabrikation unter dem Militärdepartement stünde.

Sowohl das Finanzdepartement, als das Militärdepartement haben sich seit Jahren beflissen, die seiner Zeit von den Kantonen im primitivsten Zustande übernommenen Pulvermühlen zu verbessern,und es wird, sofern überhaupt beim jezigen System der Pulverfabrikation verblieben werden soll, in dieser Hinsicht nicht mehr zu erreichen sein.

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Die Qualität des Kriegspulvers hat sich übrigens in den lezten Jahren und namentlich in jüngster Zeit in Wirklichkeit der Art verbessert, daß die Klagen über dessen Beschaffenheit verstummt sind und man denselben das Prädika-t eines' vorzüglichen Pulvers geben muß.

Auch die Pulvervorräthe werden mittelst monatlicher Ausweise kontrolirt, welche dem Militärdepartement vorgelegt werden, so daß dasselbe jederzeit das Vorhandensein der für seine Zweke erforderlichen Quantitäten konstatiren kann und Gelegenheit hat, diesfallsige Wünsche anzubringen.

In den lezten Jahren kam es vor, daß diese Vorräthe nicht immer dem Bedarf entsprachen. Daran war aber nicht etwa die Wahrung der finanziellen Interessen allein Schuld, sondern wesentlich der Umstand, daß in Folge der Umänderung unserer Bewaffnung große Massen kontrollirten Pulvers umgearbeitet werden mußten, weil dasselbe den Anforderungen, welche an die Hinterladungsmunition gestellt werden, nicht mehr entsprach. Ein weiterer Gi-und, warum die Vorräthe dem Bedarf nicht entsprachen, lag in der Erstellung der Depotmunition für die neue Infanterie- und Artilleriebewaffnung, die mit einer nicht vorauszusehenden Raschheit A'ollzogen wurde. Die Erstellung dieser Depotmunition ist nun beinahe vollendet oder wird es jedenfalls im Laufe des nächsten Jahres, so daß dann inskünftig die Leistungen der Fabrikation, nebst Dekung des normalen Friedensbedarfs, auch die Ergänzung der Vorräthe ermöglichen werden, welche vorhanden sein müssen, damit allen Eventualitäten ruhig entgegengesehen werden kann.

Der Bestand dieser Vorräthe, welcher schon nach der G-rcnzbesezung von 1857 im Verhältniß zu der damaligen Bewaffnung mit dem Finanzdepartement vereinbart wurde, ist nun in jüngster Zeit im Einverständniß mit dem Oberst Artillerieinspektor, auf mindestens 60,000 Kilogr.' Artilleriepulver Nr. 5 und 30,000 Kilogr.

Infanteriepulver Nr. 4 festgesezt worden, ein Bestand, welcher nur noch in Bezug anf das Artilleriepulver mit zirka 700 Zentner resp.

35,000 Kilogr. zu ergänzen bleibt, was im Budget pro 1874 vorgesehen ist. Die Aufbewahrung dieser Vorräthe geschieht in den vorhandenen Räumlichkeiten, welche mehr als genügen.

Von den Militärbehörden ist auch die Frage in Erwägung gezogen worden, ob es nicht zwekmäßig wäre, eine der vorhandenen Pulvermühlen ausschließlich zur Fabrikation von Kriegspulver zu

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benuaen oder eine neue Mühle zu errichten und dieselbe der Militär Verwaltung zu unterstellen.

Obwohl unstreitig die Verwirklichung dieser Idee die fiskalischen und militärischen Interessen ausscheiden würde, haben wir uns dennoch bewogen gefunden, derselben keine Folge zu geben und zwar aus nachstehenden Gründen: Einmal würde die Verwendung einer der bestehenden Pulvermühlen zur ausschließlichen Kriegspulverfabrikation noch keine Garantie für besseres Fabrikat bieten und hätte im Fernern den wesentlichen Nachtheil, daß die übrigen Mühlen, welche naturgemäß sich nur noch auf die Fabrikation von Händeispulver verlegen würden, nach und nach ein Arbeitspersonal bekämen, welches mit der Erstellung von Kriegspulver weniger vertraut wäre, so daß, wenn die Verhältnisse die Mitwirkung sämmtlicher Mühlen zur Fabrikation von Kriegspulver erfordern würden, die Qualität dieses Leztern unzweifelhaft darunter leiden müßte.

Bei ausschließlicher Verwendung einer einzigen der Mühlen zu militärischen Zweken entstünde ferner der Nachtheil, daß das Etablissement seine Dienste gerade in dem Momente versagen könnte, wo seine größte Thätigkeit am nöthigsten wäre, so daß im Kriegsfalle die Armee durch einen derartigen Unfall einigermaßen wehrlos würde.

Mit dem gegenwärtigen Sj'stem der Beiziehung aller Mühlen zur Kriegspulverfabrikation werden diese Uebelstände umgangen und ist zudem die Möglichkeit noch gegeben, im Nothfalle die Leistungen derselben durch Sistirung der Handelspulverfabrikation bedeutend zu vermehren.

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Von der Errichtung einer besondern, wenn auch mit den neuesten Einrichtungen versehenen Kriegspulvermühle ist schon aus obigen Motiven zu abstrahiren, zu denen übrigens noch finanzielle kommen. Es müßte einem solchen Etablissement, wenn es dem Zweke in jeder Beziehung entsprechen soll, eine solche Ausdehnung gegeben werden, daß das hiezu erforderliche Anlagekapital, sowie das große Arbeiterpersonal, die besondere Administration u. s. w. die Erstellungskosten des Kriegspulvers resp. dessen Preis auf eine Höhe bringen würde, welche die mit der Fabrikation des Handelspulvers erzielte bedeutende Staatseinnahme vollständig aufzehren müßte, was weder im Interesse unseres Heerwesens noch in demjenigen un-.

seres Schüzcnwesens läge.

205 Wir sind daher der Ansicht, daß das der jezigen Organisation der Pulverfabrikation zu Grunde liegende System unsern Verhältnissen am besten entspricht und kommen zu dem Schlüsse, die uns zur Untersuchung vorgelegte Frage zu verneinen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommensten Hochachtung, Bern, den 22. Oktober 1873.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Ceresole.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

ScMess.

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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Fristverlängerung für die Eisenbahn von Kloten nach Zürich oder Neumünster.

(Vom 29. Oktober 1873.)

Tit. !

Unterm 20. August 1872 wurde vom zürcherischen Kantonsrath der Direktion der Eisenbahn Winterthur-Singen-Kreuzlingen und dem leitenden Ausschuß der Tößthalbahngesellschaft die Konzession ertheilt für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von Kloten nach Zürich oder. Neumünster. Der Bundesbeschluß vom 21. Dezember 1872, durch welchen sie genehmigt wurde, sezte eine Frist von l Jahr für den Beginn der Erdarbeiten und die Leistung des Finanzausweises fest (Eisenbahnaktensammlung VIII. 25, 35).

Mit Eingabe vom 25. August abhin suchte das Präsidium der Tößthalbahngesellschaft um angemessene, mündlich auf l Jahr fixirte Fristverlängerung nach, unter der Begründung, daß die Linie KlotenNeumünster oder Seebach-Neumünster, oder wie sie s. Z. des Genauem ausfallen werde, in ihrer dereinstigen Realisirung durchaus bedingt sei von der Linie Winterthur-Baden, eventuell vom Zustandekommen der angestrebten Nationalbahn, das Schiksal der leztgenannten Bahnen aber bis in die jüngste Zeit hin und her geschwankt habe.

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Bericht des Bundesrathes über das Postulat betreffend Unterstellung der Pulverfabrikation unter die eidg. Militärverwaltung. (Vom 22. Oktober 1873.)

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1873

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08.11.1873

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200-206

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