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Aus den Verhandlungen des Schweiz. Bundesrathes.

(Vom 24. Januar 1873.)

Infolge erhaltener Nachricht, dass in den brasilianischen Kolonien M o n i z und T h e o d o r o eine Ansiedlung für europäische Auswanderer, namentlich für d e u t s c h e L a n d w i r t he, unternommen werde, beschloss der Bundesrath, nachstehendes Kreisschreiben an sämmtliche eidgenössische Stände zu erlassen.

,,Tit. !

,,Von zuverlässiger Seite haben wir Mittheilungen über ein neues Unternehmen für Ansiedlung europäischer Auswanderer, namentlich deutscher Landbauern, in Moniz und Theodoro in der brasilianischen Provinz Bahia, sowie einen bezüglichen Prospekt erhalten.

,,Da diese Mittheilungen Sie vielleicht interessiren, so beehren wir uns, wie wir dies in einem ähnlichen Falle durch unser Kreisschreiben vom 29. April 1872 gethan haben,*) die wesentlichen Punkte derselben zu Ihrer Kenntniss zu bringen, damit Sie eintretendenfalls im Interesse derjenigen Ihrer Angehörigen davon Gebrauch machen können, welche durch die Versprechungen des fraglichen Prospekts versucht sein möchten, auszuwandern.

,,Die zwei Persönlichkeiten, welche an der Spize dieses Kolonisationsversuchs stehen, scheinen allerdings sehr ehrenwerthe Männer zu sein, die dabei mehr vom Wunsche, ihrem Lande nüzlich zu sein, als von Hoffnung auf Gewinn geleitet werden. Ohne daher ihre Absichten verdächtigen zu wollen, glaubt unser Gewährsmann doch, dass sie ihr Unternehmen lediglich vom Standpunkt Brasiliens aus auffassen und ohne die Lage eines Einwanderers bei seiner Ankunft in einem Lande zu berüksichtigen, dessen Sitten, Sprache, landwirtschaftliche Betriebsweise er nicht kennt, wo er von einem tropischen Klima darnieder gedrükt wird, und wo er Nahrungsmittel vorfindet, an die er in Europa selbst in den dürftigsten Verhältnissen nicht gewöhnt war.

*) Siehe Bundesblatt v. J. 1872, Band II, Seite 98.

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,,Unser Gewährsmann spricht es als seine Ueberzeugung aus, dass arme Einwanderer in wenigen Monaten dem Elende preisgegeben wären und den Entbehrungen und Krankheiten unterliegen würden. Zur Unterstüzung dieser Behauptung verweist er auf folgende Punkte : ,,Das Komite (Direktion der Colonie) gewährt den Neuangekommenen während drei Monaten Unterkunft. Während dieser Zeit 'soll der Ansiedler sein Haus bauen; dieselbe mag für einen Eingebornen, welchen dabei seine Erfahrung und seine Kenntniss der lokalen Gebräuche (Aushilfe der Nachbarn für gewisse Arbeiten) unterstüzen, genügen, wird aber kaum für einen Europäer ausreichen, der sich bei der Arbeit nicht zu behelfen wissen und namentlich während der ersten Wochen von der Hisse des Klimas zu leiden haben wird. Während dieser drei Monate soll er dann nicht nur seinen Lebensunterhalt verdienen, sondern auch Ersparnisse für später machen, da die Kolonisatiousgesellschaft ihm keine Lebensmittel liefert.

Neben dem Hauen und Zurichten des Holzes und dem Bauen des Hauses kann der Ansiedler sein Land nicht anbauen und wird geraume Zeit von seinen Vorräthen leben müssen. Krankheit, Hunger oder Schulden, endlich Entmuthigung erwarten ihn, wenn er ohne Hülfsmittel anlangt. Die Vorschüsse, welche das Komite ihm machen wird, muss er durch Arbeit wieder abverdienen (wie das Reglement sagt) ; seine Arbeitszeit wird ihm also beschränkt ; er kann seinen eigenen Grund und Boden nicht bebauen.

,,Indem wir diese Aufschlüsse zu Ihrer Kenntniss bringen und Sie ermächtigen, davon den gutscheinenden Gebrauch zu machen, benuzen wir den Anlass, um Sie, getreue, liebe Eidgenossen, sammt uns in Gottes Machtschuz zu empfehlen."

.

*

(Vom 27. Januar 1873.)

Der Bundesrath hat in Betreff der Gesuche um Entlassungen aus dem französischen Fremdenregiment beschlossen, an sämmtliche Kantonsregierungen folgendes Kreisschreiben zu erlassen : ,,Tit.!

Es hat sich in neuester Zeit mehrmals ergeben, dass Gesuche um Entlassungen aus dem französischen Fremdenregiment schon dess-

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halb nicht berüksichtigt werden konnten, weil die Namen der zu Entlassenden auf den Regimentslisten sich nicht vorfanden, oder in den Anwerbungsschemen entstellt waren.

,,Zur Verhütung nachtheiliger Verzögerungen und zur Erleichterung des Nachschlagens wünscht das franz. Kriegsministerium, dass fortan die Matrikelnummer angegeben werde, unter welcher der Militär, dessen Befreiung nachgesucht wird, beim Fremdenregimente eingetragen ist.

,,Im Weitern entnehmen wir einem Schreiben unsers Konsuls in Marseille, dass die Verwaltung der Paris-Lyon-Mittelmeer-Bahn die bisher stattgehabte Begünstigung der Beförderung aus dem Fremdenregimente vor Ablauf der Dienstzeit entlassener Schweizer von Marseille nach Genf zum vierten Theil des gewöhnlichen Fahrtpreises als eine missbräuchliche und ungerechtfertigte betrachtet und daher vom 25. November v. J. ab nur noch die Ermässigung auf die Hälfte des gewöhnlichen Fahrtpreises einräumt, so dass inskünftig ein Fahrbillet III. Klasse von Marseille nach Genf zu Fr. 19. 30 zu lösen sein wird.

,,Wir ersuchen Sie, von obigen Mittheilungen, in Ergänzung unsers Kreisschreibens vom 23. Oktober 1872*), Vormerkung nehmen und vorkommendenfalles sich danach richten zu wollen.11

Der Bundesrath genehmigte das ihm vorgelegte Protokoll über die Verhandlungen der eidg. Pensionskommission, welche am 14. dies ihre ordentliche Sizung gehalten hat. Nach diesem Protokoll kommen auf das laufende Jahr 229 Pensionen, nämlich : 224 bisherige mit 5 neue ,, .

.

.

.

.

Fr. 48,220 ,, 2,730 Fr. 50,950

Die Pensionen wurden vermindert: 1) durch Absterben von Pensionirten um 2) ,, Streichung ,, ,, ,, 3) _, Reduktion um

*) Siehe Bundesblatt v. J. 1872, Band III, Seite 493.

. Fr.

. ,, . ,,

695 250 425

~Fr.

1,370

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Vermehrung der Pensionen fand statt : durch Erhöhung von 3 Tensionen um ,, 5 neue Pensionen .

.

,,

.

. Fr.

,,

290 2,730

Fr.

3,020

Somit eine Vermehrung von Fr. 1,650

Der Bundesrat hat der ihm von seinem Postdepartement vorgelegten revidierten I n s t r u k t i o n für die Postperdhalter die Genehmigung ertheilt.

(Vom 29. Januar 1873.)

Vom Bundesrathe sind gewählt worden : als Posthalter in Raron : Hr. Paul Romain R o t e n , Gutsbesizer, von und in Raron . (Wallis) ; ,, Telegraphist in St. Gallen : ,, Eduard St ah el, von Turbenthal (Zürich), patentirter Telegraphenaspirant, in St.Gallen.

(Vom 31. Januar 1873.)

Das Postdepartement ist vom Bundesrathe ermächtigt worden, mit der Regierung des Kantons Tessin wegen Errichtung eines Telegraphenbüreaus in C a v i g l i a n o einen Vertrag in üblicher Weise abzuschliessen.

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01.02.1873

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175-178

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