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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Genehmigung eines Niederlassungs - und Handelsvertrags mit Russland.

(Vom 10. Juli 1873.)

· Tit.

Schon im Februar 1870 sezte die russische Gesandtschaft in Bern uns in Kenntniß, "daß ihre Regierung geneigt sei, mit der schweizerischen Eidgenossenschaft einen allgemeinen Handels- und Niederlassungsvertrag abzuschließen, welcher so ziemlich die nämlichen Gegenstände umfassen sollte, wie der anglo-schweizerische Vertrag.

Eine der Bedingungen, an welche die Unterhandlungen geknüpft sein sollten, bestand darin, daß s o w o h l das u n b e w e g l i c h e als das bewegliche in Rußland gelegene Vermögen von in der Schweiz niedergelassenen russischen S t a a t s a n g e h ö r i g e n h i e r n i c h t b e s t e u e r t werden sollte.

Am 16. Februar ermächtigten wir darauf unser politisches Departement, die Eröffnungen der russischen Gesandtschaft mit der Erklärung zu beantworten, wir seien bereit, auf Unterhandlungen mit ihr einzutreten. Wir beauftragten dasselbe des Weitern, die Wünsche der Kantonsregirungen und der in Rußland niedergelassenen Schweizer entgegenzunehmen und uns vor der Eröffnung der Unterhandlungen Berichte und Anträge zu hinterbringen.

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Im November 1870 legte uns das Departement ein Vertragsprojekt, welches grösteutheils von den schweizerischen Konsulaten in Rußland abgefaßt war, und den Entwurf zu einem Vertragszolltarif vor, \velchen unser Handels- und Zolldepartement auf Grund der von den Kantonsregierungen geäußerten Wünsche ausgearbeitet h^tte.

Nach Prüfung dieser Anträge adoptirten wir dieselben und theilten sie der russischen Gesandschaft mit (11. November 1870).

Die Angelegenheit blieb auf diesem Punkte stehen bis im Juli 1871, wo wir durch ein Postulat des Nationalraths eingeladen wurden, die schwebenden Unterhandlungen wieder aufzunehmen.

'

Erst im Juli 1872 indessen legte uns die russische Gesandtschaft ihren Antrag auf den Abschluß eines Handels- und Niederlassungsverti'ags wieder vor, wobei sie zugleich auch denjenigen eines Auslieferungsvertrags anregte. Wir wiederholten darauf unsere Antwort vom Jahr 1870, erneuerten für unser politisches Departement die Vollmacht betreffend die Unterhandlungen, und beauftragten zugleich das Justiz- und Polizeidepartement mit denjenigen für den Auslieferungsvertrag.

Die* Unterhandlungen nahmen sofort ihren Anfang und dauerten bis zu Ende des Jahres. Sie führten zur Unterzeichnung des nachstehenden Vertrags, welcher uns am 23. Dezember abhin zur Berathung unterbreitet wurde, seitens der beiden Bevollmächtigten.

Von Anfang an erklärte der russische Bevollmächtigte kategorisch, er könne sich nicht auf eine Diskussion über die Modifikationen des russischen Zolltarifs einlassen, "da Rußland Conventionaltarife nicht kenne und eine derartige Neuerung zu Gunsten der Schweiz nothwendigerweise ähnliche Maßnahmen auch gegen über den andern mit Rußland in Vertragsverhältnissen stehenden Staaten nach sich ziehen müßte, was eine radikale Umgestaltung des russischen Zoll- und Auflagensystems veranlaßen würde. Mehrfache Versuche, diese Frage wieder aufzunehmen, begegneten dem nämlichen Widerstand, auf den wir übrigens von vornherein gefaßt waren.

Bei den Unterhandlungen betreffend den Niederlassungsvertrag im engern Sinne bildete die Steuerfrage die Hauptschwierigkeit.

Wir haben schon oben des Wunsches von Rußland Erwähnung gethan, daß seine in der Schweiz niedergelassenen Angehörigen von ihrem in Rußland befindlichen unbeweglichen oder beweglichen Vermögen bei uns keine Steuern, sondern solche nur von dem in der Schweiz befindlichen Vermögen zu entrichten haben sollten.

87 Nun läuft aber ein solcher Grundsaz allen unsern kantonalen tìeseagebungen so zuwider, daß die Kantonsregierungen auf die bezügliche Anfrage hin fast sämmtlich erklärten, sie wollten lieber auf den Vertrag verzichten, als jenen Grundsaz annehmen. Wirklich hätte auch eine derartige Bestimmung nicht nur die russischen Staatsangehörigen viel günstiger gestellt, als die Schweizerbürger selbst, sondern sie würde auch die Ausdehnung dieser Vergünstigung auf die Angehörigen aller derjenigen Staaten zur unmittelbaren Folge gehabt haben, welche von der Schweiz auf dem Fuße der meistbegünstigten Nation behandelt werden müssen. Im Verlauf der Unterhandlungen ließ indessen Rußland j.enen Standpunkt lallen und beschränkte sein Begehren auf die Erbschaftsgebühren. Von daher resultiti der Art. 4 des Vertrags, nach welchem Erbschaftsgebühren nur von dem in der Schweiz gelegenen Vermögen bezogen worden, wofern nämlich der Verstorbene nicht auf gesczliche Weise bei uns niedergelassen war.

Was die allgemeine Verpflichtung zur Steuerzahlung betrifft, so sezt das 3. Alinea des Art. 4 fest, daß die Angehörigen der beiden kontrahirenden Staaten auf dem nämlichen Fuße behandelt werden sollen wie die eigenen Angehörigen. Diese Klausel findet sich in den meisten von der Eidgenossenschaft abgeschlossenen Niederlassungsverträgen, z. B. im Art. 3 des Vertrags mit Italien von 1868, im Art. 4 des Vertrags mit Großbritannien von 1855 u. s. w.

Nach dem 2. Alinea von Art: 6 darf übrigens von einem Angehörigen eines der beiden paciscirenden Staaten, der sich auf dem Gebiete des andern befindet, keine höhere Steuer bezogen oder gefordert werden, als von einem Angehörigen der meist begünstigteil . Nation. Der Ausdruk ,,einem Angehörigen dei- meistbegünstigten Nation"- heißt übrigens praktisch so viel als ,,dem eigenen Staatsangehörigen"', da die Angehörigen der meistbegünstigten Nationen auf dem nämlichen Fuße behandelt werden wie (lie ,,eigenen Staatsangehörigena. Dies wurde z. B. im Vertrag mit Italien von 1868 (Art. 5), in demjenigen mit den Vereinigten Staaten von 1850 (Art. 2), in demjenigen mit Großbritannien vom Jahr 1855 (Art. 6) etc.

stipulirt, wo der Art. 6 des Vertrags mit Rußla'nd fast gleichlautend redigirt ist.

Als eine fernere materielle Abweichung zwischen unserm Entwurf und den Anträgen der kaiserlichen Regierung
müssen wir noch den Wortlaut des 1. Artikels hervorheben, nach welchem die russischen Staatsangehörigen in der Schweiz wie die Bürger ,,der andern schweizerischen Kantone" behandelt werden sollen. Rußland verlangte Behandlung seiner Angehörigen auf dem nämlichen Fuße

88 wie ,,die Schweize^-bürger1'. Diese Redaktion hätte zur Folge gehabt, daß sie in allen Kantonen die Rechte der Kantonsbürger erhalten hätten, ihnen also eine bessere Stellung eingeräumt worden wäre, als den Bürgern eines andern Kantons.

Die russische Regierung erkannte, welch' anormales Verhältniß dadurch geschaffen worden wäre und verzichtete daher auf die von -ihr vorgeschlagene Redaktion, um sich der von unserm Bevollmächtigten beantragten anzuschließen.

Diese und die Steuerfrage sind die einzigen Punkte, in denen unser Entwurf sich mit den russischen Vorschlägen in wesentlicher Nichtübereinstimmung befand. Die übrigen Abänderungen beziehen sich mehr auf den Wortlaut und die Reihenfolge der Artikel, ohne das Wesen der Sache zu berühren.

Wir müssen hier noch einiger neuer Punkte in dem Theile des Vertrags gedenken, welche von der Organisation und der Stellung der Konsulate handelt. Im Art. 8, welcher großentheils dem Vertrage von 1868 mit Italien entnommen ist, haben wir ein drittes Alinea aufgenommen, welches neu ist, und nach welchem diejenigen Konsuln, welche sich dem Handel widmen, sich den nämlichen Gesezen und Gebräuchen wie ihre übrigen Landsleute zu unterziehen haben.

Auch der Art. 9 ist eine Neuerung; er flxirt die Stellung derjenigen Konsuln, welche einen der beiden paciscirenden Staaten aus Angehörigen des andern, in welchem er seine Funktionen auszuüben berufen ist, gewählt hat.

Sie werden stetsfort als. Unterthanen oder Bürger derjenigen Nation betrachtet, der sie angehören, und sind daher am Orte ihrer Niederlassung den nämlichen Gesezen unterworfen, wie die eigenen Angehörigen, ohne daß indeß diese Verpflichtung irgendwie sie in der Ausübung ihrer Funktionen behindern oder der Unverlezbarkeit der Konsulararchive Eintrag thun könnte.

Die Artikel 16 und 17 des Vertrags mit Italien vom Jahr 1868 bestimmen die Kompetenzen eines Konsuls als Notar oder als Civilstandsbeamter. Auf das Begehren Rußlands haben wir darauf verzichtet, jene Bestimmungen auch in den in Unterhandlung befindlichen Vertrag aufzunehmen. Sie haben in der That auch keine große Bedeutung. Die Befugnisse der · Konsuln sind nicht durch einen. Vertrag, sondern durch ein Konsularreglement zu flxiren.

Indem der Vertrag derselben nicht erwähnt, bleibt es jedem der kontrahirenden Staaten frei, diese Materie nach Gutdünken zu regeln ; er räumt den fremden Konsuln auf seinem Gebiete die nämlichen

89 Befugnisse ein, welche er für die seinigen im Auslande zu erhalten wünscht, und wenn er sein Konsularreglement oder die Stellung der fremdenKonsuln auf seinem Gebiete zu ändern wünscht, so sind ihm die Hände nicht durch einen Vertrag gebunden. Aus diesen Rüksichten haben wir beschlossen, jene Artikel fallen zu lassen, welche, wie gesagt, viele Inconvenienzen für wenige Vortheile bieten.

Im Allgemeinen sind die Grundsäze, welche dem Vertrage zu Grunde liegen, denjenigen analog, welche wir in den gleichartigen Verträgen der Schweiz mit andern europäischen Staaten statuirt haben. Wir glauben daher, ohne in weitere Ausführungen einzutreten, Ihnen mit gutem Gewissen deren Genehmigung beantragen zu dürfen.

lu der Hoffnung also, der vorliegende Vertrag werde, indem er die schon jezt zwischen den beiden Staaten bestehenden guten Beziehungen weiter entwikelt, auch die friedlichen und freundschaftlichen Verhältnisse zwischen ihren Regierungen noch enger knüpfen, schließen wir unsern Bericht mit dem Antrage, den nachstehenden Beschlußentwurf anzunehmen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

B e r n , den 10. Juli 1873.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Ceresole.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Schiess.

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Bundesbeschluss betreffend

den Niederlassungs- und Handelsvertrag mit Russland.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 10. Juli 1873 und nach Prüfung des am 26/14 Dezember 1872 in Bern abgeschlossenen Niederlassungs- und Handelsvertrags zwischen der schweizerischen Eidgenossenschaft und Rußland, beschließt: 1. Dem vorerwähnten Vertrag wird die vorbehaltene eidgenössische Ratifikation ertheilt.

2. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Niederlassung»- und Handelsvertrag zwischen

der Schweiz und Russland.

(Vom 26.

Dezember 1873.)

Der Bundesrath der schweizerischen Eidgenossenschaft und

Seine Majestät der Kaiser aller Reussen, von dem gemeinschaftlichen Wunsche beseelt, die Niederlassung der Angehörigen des einen auf dem Gebiete des andern Landes zu erleichtern und die Handelsbeziehungen zwischen den beiden Staaten zu fördern, haben beschlossen, einen Niederlassungs- und Handelsvertrag abzuschließen, und zu diesem Ende zu ihren Bevollmächtigten ernannt Der B u n d e s r a t h der schweizerischen Eidgenossenschaft: Herrn Emil W e l t i , Bundespräsident und Vorsteher des eidgenössischen politischen Departements, und Seine Majestät der Kaiser aller Reussen: Seine Hoheit den Fürsten Michael Gortehacow, Seinen außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister bei f

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der schweizerischen Eidgenossenschaft, Seineu Kammerherrn und Wirklichen Staatsrath, Ritter des russischen St. Wladimirordens III. Klasse, des preußischen Rothen Adlerordens II. Klasse mit dem Stern, sowie des Kronenordens H. Klasse, des persischen Löwen- und Sonnenordens II. Klasse mit dem Stêrn, Commandeur des Ordens der französischen Ehrenlegion, des Württembergischen Friedrichsordens T. Klasse mit dem Stern und des Württembergischen Kronenordens, des italienischen Ordens der Heiligen Mauritius und Lazarus, des dänischen Danebrog-, des griechischen Erlöser-, des portugiesischen Christus-, des bayerischen Michaels- und des hessen-darmstädtisehen Ludwigs-Ordens, des Ordens für die Unabhängigkeit Montenegro u. s. w., welche nach gegenseitiger Mittheilung ihrer, in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten über Nachstehendes sich geeinigt haben : Artikel 1.

Zwischen der schweizerischen Eidgenossenschaft und dem russischen Kaiserreich soll gegenseitige Niederlassungs- und Handelsfreiheit bestehen. Die Schweizerbürger dürfen auf dem Gebiete des russischen Kaiserreichs unter den nämlichen Bedinguno'en und auf ·~ ~ dem nämlichen Fuße sich aufhalten, wie die russischen Staatsangehörigen ; ebenso dürfen die Unterthanen Seiner Majestät des Kaisers aller Reußen sich in jedem schweizerischen Kanton unter den nämlichen Bedingungen und auf dem nämlichen Fuße aufhalten wie die Bürger der andern schweizerischen Kantone.

Infolge dessen können die Bürger und die Unterthanen jedes der beiden kontrahirenden Staaten, sowie ihre Familien, xvenn sie den Gesezen des Landes nachkommen, in jedem Theile des Staatsgebietes des Andern frei eintreten, sich aufhalten, wohnen und sich niederlassen. Sie können zum Wohnen und zum Handelsbetrieb Häuser und Magazine in Miethe oder Besiz nehmen, in Gcmäßheit der Geseze des Landes jede Art von Handwerk oder Gewerbe ausüben, mit den vom Geseze gestatteten" Artikeln Handel im Großen und im Detail sowohl selbst als durch .Kommissionäre oder Agenten treiben, welch' leztere sie anzustellen für gut finden, immerhin unter der Voraussezung, daß diese Kommissionäre oder Agenten für ihre Person die für die Gestattung des Aufenthalts im Lande erforderlichen Eigenschaften besizen. In Allem, was das Domizil, die Niederlassung, die Pässe, die Gestattung des Auf, enthalts, der Niederlassung und des Handelsbetriebs, sowie in Allem-

was die Ermächtigung, ihren Beruf auszuüben, Geschäfte zu macheu und eine Industrie zu betreiben, betrifft, darf von ihnen keine Taxe, Auflage oder Bedingung gefordert werden, die schwerer oder lästiger wäre als sie Bürgern oder Unterthanen desjenigen Landes, in welchem sie wohnen, auferlegt wird. Sie genießen in allen diesen Beziehungen alle Rechte, Vergünstigungen, Befreiungen, welche den Bürgern oder Unterthanen des eigenen Landes. oder den Bürgern und Unterthanen der meistbegünstigten Nation zuO O O stehen.

Dabei bleibt indessen verstanden, daß die vorstehenden Bestimmungen : en in jedem der beiden Staaten bestehenden besondern Gesezen, Verfügungen und Reglementen über Handel, Industrie und Polizei, die auf alle Fremden überhaupt ihre Anwendung linden, keinen Eintrag thun.

Artikel 2.

Die Bürger oder die Unterthanen des einen der beiden kontrahirenden Staaten, welche im Gebiete des andern wohnhaft oder niedergelassen sind und die wieder in ihre Heimat zurükkehren wollen oder die durch gerichtliches Urtheil, gesezliche Polizeimaßnahmen oder gemäß den Gesezen über die Armen- oder Sittenpolizei in dieselbe zurükgeschikt werden, sollen sammt ihren Familien jederzeit und unter allen Umständen in ihrem Heimatland wieder aufgenommen werden, vorausgesezt, daß sie nach den dortigen Gesezen ihre Heimatrechte beibehalten haben.

Artikel 3.

Die Bürger und die Unterthanen der einen dar beiden hohen kontrahirenden Parteien haben auf dem Gebiete der andern freien Zutritt zu den Gerichten, zur Verteidigung und Verfolgung ihrer Rechte. Sie genießen in dieser Beziehung die gleichen Rechte und Begünstigungen, wie die Unterthanen oder Bürger des eigenen Landes und dürfen wie diese in allen Fällen zur Besorgung ihrer Rechtssachen sich Advokaten, Bevollmächtigte oder Agenten aus denjenigen Personen . bestellen, die nach den Landesgesezen zur Ausübung dieser Berufsarten befugt sind.

Artikel 4.

Die Bürger und die Unterthanen jeder der beiden kontrahirendeu Parteien genießen auf dem Gebiete der andern volle Freiheit, jede Art von Grundeigentum zu erwerben, zu besizen und zu

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veräußern, -welche die Geseze des Landes Ausländern, welcher Nation sie auch angehören mögen, zu erwerben und zu besiaen gestatten. Sie dürfen solches erwerben und darüber verfügen durch Kauf, Verkauf, Schenkung, Tausch, Heirat, testamentarische oder Intestaterbfolge oder auf irgend welche andere Art unter den nämlichen Bedingungen, welche die Landesgeseze für alle Fremden n O ?

o feststellen. Ihre Erben und deren Vertreter können in eigener Person oder durch Bevollmächtigte auf die gleiche Weise und iii der gewöhnlichen gest-zlichen Form wie die Bürger oder die Unterthanen des Landes dieses Eigenthuin antretet und in Besiz nehmen.

In Abwesenheit solcher Erben oder Vertreter wird das Eigeuthum auf die gleiche Weise behandelt, wie unter ähnlichen Umständen dasjenige eines Unterthaneu oder Bürgers des Landes.

In keinem der vorgenannten Fälle dürfen von dem Werthe des Eigenthums andere oder lästigere Steuern, Auflagen oder Gebühren bezahlt werden, als von den Bürgern oder'Unterthanen des Landes selbst gefordert werden.

In der Schweiz darf vom Vermögen eines russischen Unterthanen, der dort wohnte, aber nicht gesezlich niedergelassen war und im russischen Kaiserreich von demjenigen eines in analoger Lage befindlichen Schweizerbürgers, ' soweit es durch Erbrecht erworben ist und sich in seinem Heimatlande befindet, keine Erbschaftsgebühr erhoben werden.

In allen Fällen dürfen die Bürger und die Unterthanen der beiden kontrahirenden Parteien ihr Vermögen frei außer Landes schaffen, nämlich die russischen Unterthanen aus dem Gebiete der Schweiz und die Schweizerbürger aus demjenigen von Rußland und ohne in ihrer Eigenschaft als Fremde eine Gebühr bezahlen und ohne andere oder höhere Gebühren entrichten zu müssen, als die Unterthanen oder die Bürger des eigenen Landes zu entrichten haben.

Artikel 5.

Die Bürger oder Unterthanen einer jeden der beiden koulrahirenden Parteien, die im Gebiete des andern niedergelassen sind, sind vom obligatorischen Militärdienste jeder Art befreit, sowohl in der Landarmee und in der Mariné, als in der Nationalgarde oder der Miliz (époltschenia). Sie sind gleicherweise von allen Geld- oder .Naturai- · leistungen, welche als Ersaz für den persönlichen Militärdienst auferlegt werden, sowie von 'militärischen Requisitionen befreit.

Dabei sind immerhin ausgenommen die Einquartierungen und Lieferungen, welche nach Landesgebrauch von Bürgern und Ausländern

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für Truppen auf dem Marsche gleichmäßig gefordert werden, sowie die Lasten, welche am Besiz von Grundstüken oder an Mieth-.

vertragen haften, sowie die militärischen Leistungen und Requisitionen, zu deren Tragung alle Unterthanen des Landes als Grundbesizer oder Pächter angehalten werden können.

Artikel 6.

Weder in Friedens- noch in Kriegszeiten dürfen auf das Eigenthum eines Bürgers oder Unterthanen der einen der beiden kontrahirenden Parteien in dem Gebiete der andern höhere Taxen, Gebühren, Auflagen, Abgaben gelegt oder davon gefordert werden, als auf das gleiche Eigenthum gelegt oder daran gefordert würden, wenn es einen Bürger oder Unterthanen der meistbegünstigten Nation angehören würde.

Dabei ist übrigens verstanden, daß einem Bürger oder Unterthanen einer der beiden kontrahirenden Parteien in dem Gebiete der andern nicht irgend eine andere oder höhere Abgabe auferlegt oder von ihm erhoben werden darf, als solche einem Bürger oder Unterthanen der meistbegünstigten Nation auferlegt oder von demselben erhoben wird, oder auferlegt und erhoben werden könnte.

Artikel 7.

In Allem, was den Handel, die Niederlassung und die Ausübung industrieller Berufsarten anbetrifft, geloben sich die beiden hohen paciscirenden Parteien einem dritten Staate kein Vorrecht, keine Vergünstigung oder Immunität zu gewähren, welche nicht auch und sofort auf ihre respektiven Unterthanen und Bürger ausgedehnt würde, und zwar unentgeltlich, wenn das Zugeständniß zu Gunsten des dritten Staates unentgeltlich erfolgt und gegen den nämlichen Entgelt, oder gegen ein mit beiderseitiger Zustimmung bestimmtes Aequivalent, wenn jenes Zugeständniß an Bedingungen geknüpft war.

Artikel 8.

Jede. der hohen kontrahirenden Parten hat das Recht, in den Städten und Seehäfen der Staaten und Besizungen der andern Generalkonsuln, Konsuln, Vizekonsuln oder Konsularagenten aufstellen. Die gedachten Agenten werden auf Vorweisung der ihnen nach den in den betreffenden Ländern bestehenden Regeln und Formalitäten ausgestellten Patente gegenseitig angenommen und anerkannt. Nach der Ertheilung des Exequaturs von Seite der Re-

96 gierung, bei welcher diese Agenten akkreditirt sind, wird die Oberbehörde ihres Konsularsizes sofort die erforderlichen Maßnahmen treffen, damit sie die Pflichten ihres Amtes ausüben und die mit ihren Posten verbundenen Vorrechte genießen können.

Immerhin wahrt sich jede der beiden hohen kontrahirenden Parteien das Recht, diejenigen Orte zu bezeichnen, wo es ihr nicht konvenirt, Konsuln zuzulassen, wobei verstanden ist, daß die beiden Regierungen in dieser Hinsicht sich keine Beschränkungen entgegenstellen werden, welche auf ihrem Gebiete nicht für alle Nationen, selbst für die meistbegünstigten, bestehen.

Im Falle, daß einige dieser Agenten Handelsgeschäfte betreiben wollten, haben sie sich den nämlichen Gesezen und Gebräuchen zu unterziehen, welchen Private ihrer Nation und db Unterthanen der .

meistbegünstigten Staaten mit Beziehung auf ihre Handelsgeschäfte unterworfen sind.

Artikel ü.

Wenn eine der beiden hohen kontrahirenden Parteien zu ihrem Konsul oder Konsularagenten in einem Hafenort oder einer Stadt der andern Partei einen Unterthan oder Bürger der leztern wählt, so wird dieser Konsul oder Agent fortwährend als Unterthan oder, Bürger derjenigen Nation, der er angehört, betrachtet, und unterliegt daher den Gesezen und Reglementen, welche die Verhaltnisse der eigenen Staatsangehörigen an seinem Konsularsiz regeln, ohne daß indess diese Verpflichtung irgendwie der Ausübung seiner Funktionen Schaden oder der Unverlezlichkeit derKonsulararchive.. Eintrag thun könnte.

Artikel 10.

Die russischen Konsularbeamten in der Schweiz und die schweizerischen in Rußland genießen, unter Vorbehalt der "Reziprozität, alle Vorrechte, Befugnisse, Freiheiten und Immunitäten, welche den Konsularbeamten des nämlichen Grades der meistbegünstigten Nation gewährt sind, oder in Zukunft gewährt werden könnten.

Sie dürfen über -dem Eingange des Konsulatsgebäudes einen Schild mit den Wappen ihrer Nation und der Inschrift ,,Generalkonsulat", ,,Konsulat" oder ,,Vizekonsulat von " anbringen.

Diese Auszeichnungen dürfen niemals so gedeutet werden, als ob sie ein Asylrecht gewährten, sondern sie sollen vor Allem dazu dienen, den Landsleuten die Konsulatswohnung zu bezeichnen:

97 Artikel 11.

Die Konsulararchive sind unverlezlich, und die Ortsbehörden dürfen unter keinem Verwände noch in irgend einem Falle die Schriften derselben untersuchen.

Diese Schriften müsseu immer von den Büchern oder Schriften, die auf den Handel oder das Gewerbe sich beziehen, welche die betreffenden Generalkonsuln, Konsuln oder Vizekonsuln betreiben .könnten, vollständig getrennt gehalten werden.

Artikel 12.

Der gegenwärtige Vertrag bleibt zehn Jahre lang in Kraft, vom Tage des Austausches der Ratifikationen an gerechnet.

Würde eine der beiden hohen paciscirenden Parteien nicht zwölf Monate vor Ablauf der genannten Periode von zehn Jahren ihre Absicht, denselben aufzuheben, kundgeben, so würde er bis zum Ablauf eines Jahres vom l'age an, an dem der eine oder der andere Theil ihn kündigen würde, in Kraft bestehen.

Der gegenwärtige Vertrag soll ratifizirt und die Ratifikationen sobald als möglich in Bern ausgewechselt werden.

Zur Urkund dessen haben die beiderseitigen Bevollmächtigten den gegenwärtigen Vertrag unterzeichnet und demselben ihr Wappensiegel beigedrükt.

ch hi · Bndi sechs und zwanzigsten D.

, 0 So geschehen m Bern den i ,--7----- Dezember im 0 . vierzehnten

Jahre des Heils eintausend achthundert und zweiundsiebenzig.

(L. S.) (Sig.) · Welti.

Bundesblatt Jahrg. XXV. Bd. III.

(L. S.) (Sig.)

Gortschacow.

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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Eisenbahn von Croy nach Gingins und an die Grenze von Frankreich, mit einer Abzweigung nach Aubonne-Allaman.

(Vom 10. Juli 1873.)

Tit.!

Die Gemeinden l'lsle, Montricher, Mollens-, Berolles, Ballens, Bière, Saubraz, Gimel, Aubonne, St. Oyens, St. Georges, Longirod, Marchissy und Gingins suchen um die Konzession nach zum Bau und Betrieb einer Eisenbahn, welche bei Croy, einer Station der Linie Eclépens-Jougne, abzweigt und sich längs des Südostabhanges der Jurakette durch die oben genannten Gemeinden bis an die Grenze Frankreichs zwischen Grassier und la Rippe zieht. (Es ist beabsichtigt, von der französischen Grenze aus die Fortsezung durch das Pays de Gex zu suchen und auf einem Punkte an der Linie Versoix-Genf in die Westbahn einzumünden). Von Au Toleure führt eine Zweigbahn nach Aubonne und Allaman, Station der Westbahn. Im Auge behalten wird auch die nördliche Fortsezung von Arnex, Station der Jougnebahn, über Orbe nach Yverdon. Vor Allem aber sollen die Streken Allaman-Gimel und Croy-Gingiris gebaut werden und nur für diese wird heute die Konzession begehrt.

Eine Drukschrift über Anlage der Bahn, deren Bedürfniß, muth-

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Genehmigung eines Niederlassungs- und Handelsvertrags mit Russland. (Vom 10. Juli 1873.)

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1873

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34

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

26.07.1873

Date Data Seite

85-98

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